L 4 KR 281/16 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 KR 6637/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 281/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger ist seit Jahren Mitglied der beklagten Krankenkasse, ab 20. Mai 2011 als versicherungspflichtiges Mitglied im Rahmen der so genannten Auffangversicherung und ab 28. April 2015 als versicherungspflichtiges Mitglied wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld. Der Kläger wendet sich seit Jahren mit einer Vielzahl von Verfahren gegen die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Die Beklagte zu 1) setzte zugleich im Namen der Beklagten zu 2) mit Bescheid vom 29. November 2012 für die Zeit ab 1. Januar 2013 die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf EUR 152,27 (Krankenversicherung EUR 133,85; Pflegeversicherung EUR 18,42) sowie mit Bescheid vom 13. März 2013 ab 1. Februar 2013 in derselben Höhe wie im Bescheid vom 29. November 2012 fest. Der gemeinsame Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 29. November 2012 zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2013). Eine hiergegen vom Kläger erhobene Klage (S 19 KR 3099/13) wies das SG mit Urteil vom 23. Juli 2015 ab. Die dagegen vom Kläger eingelegte Berufung ist beim Senat unter dem Aktenzeichen L 4 KR 3862/15 anhängig. Mit einer weiteren am 19. Oktober 2015 beim SG erhobenen Klage (S 27 KR 5691/15) begehrte der Kläger festzustellen, dass u.a. der Bescheid vom 13. März 2013 rechtswidrig sei. Diese Klage wies das SG mit Urteil vom 2. Dezember 2015 als unzulässig ab. Die dagegen vom Kläger eingelegte Berufung ist beim Senat unter dem Aktenzeichen L 4 KR 280/16 anhängig.

Am 9. Dezember 2015 erhob der Kläger beim SG Klage (S 17 KR 6636/15) und begehrte festzustellen, der "Leistungsbescheid der Beklagten (anonyme interne Berechnung vom 13. März 2013 als Vollstreckungstitel)" sei rechtswidrig bzw. nichtig. Eine Mitarbeiterin der Beklagten habe das anonyme und nichtige Schriftstück vom 13. März 2013 dem SG vorgelegt. Die Beklagten hätten darin zu Unrecht entschieden, dass er angeblich freiwillig krankenversichert sei. Da der vorgetragene Sachverhalt unrichtig und das Recht bei Erlass des Bescheides unrichtig angewandt worden sei, sei der Bescheid rechtswidrig bzw. nichtig. Auch verstoße er gegen die guten Sitten. Die Beklagte zu 1) habe am 17. Juni 2013 wiederholt bestätigt, dass er im Jahre 2013 versicherungspflichtiges Mitglied gewesen sei. Des Weiteren wiederholte der Kläger sein Vorbringen in anderen Klageverfahren, es werde zu Unrecht vollstreckt.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. Dezember 2015 als unzulässig ab. Das SG verwarf das vom Kläger gegen die Kammervorsitzende gerichtete Ablehnungsgesuch (Beschluss vom 28. Januar 2016 - S 10 SF 188/16 AB -) sowie den Antrag auf mündliche Verhandlung (Beschluss vom 10. Februar 2016).

Den zugleich mit der Klageerhebung gestellten Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage (S 17 KR 6636/15) festzustellen, lehnte das SG ab (Beschluss vom 18. Dezember 2015). Der Antrag sei wegen mehrfacher Rechtshängigkeit unzulässig. Es führte - wie auch im Gerichtsbescheid vom 29. Dezember 2015 - aus, mit Urteil vom 2. Dezember 2015 habe es die Klage S 27 KR 5691/15 wegen doppelter Rechtshängigkeit als unzulässig abgewiesen. Der Beitragsbescheid vom 13. März 2013 sei Gegenstand des Klageverfahrens S 19 KR 3099/13 gewesen. Diese Klage habe es mit Urteil vom 23. Juli 2015 abgewiesen. Über die vom Kläger eingelegte Berufung (L 4 KR 3862/15) sei noch nicht entschieden. Die mehrfache Rechtshängigkeit dauere bis zur Rechtskraft dieser Berufungsentscheidung.

Gegen den ihm am 23. Dezember 2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 30. Dezember 2015 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung seiner Beschwerde macht er - wie teilweise bereits in mehreren Berufungs- und Beschwerdeverfahren - geltend, das SG habe sein tatsächliches und rechtliches Vorbringen inklusive der Klage-, Beweis- und andere Anträge nicht zur Kenntnis genommen und erwogen. Der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2015 sei weder Gegenstand des Klageverfahrens S 19 KR 3099/13 noch des Klageverfahrens S 27 KR 5691/15. Zu Unrecht sei im "Grundbescheid" vom 29. November 2012 entschieden worden, er sei ab 1. Februar 2013 freiwillig krankenversichert. Die Zwangsvollstreckung werde widerrechtlich fortgesetzt.

Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),

den Beschluss des SG vom 18. Dezember 2015 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 9. Dezember 2015 (S 17 KR 6636/15) anzuordnen.

Die Beklagten haben im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten, die Akten des SG sowie die von den Beklagten zu den Rechtsstreiten des Klägers vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde des Klägers ist zulässig. Der Kläger hat die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Denn in der Hauptsache bedürfte die Berufung nicht der Zulassung. Bei einem monatlichen Beitrag von EUR 152,27 ergibt sich für die Zeit von Februar bis Dezember 2013 bereits ein Betrag von EUR 1.674,97, so dass der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 überschritten ist.

2. Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die - bei sachgerechter Auslegung (§ 123 SGG) des Begehrens des Klägers - aufschiebende Wirkung der Klage vom 9. Dezember 2015 (S 17 KR 6636/15) anzuordnen.

a) Das Begehren des Klägers ist sachgerecht (§ 123 SGG) dahin auszulegen, dass er nicht die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage vom 9. Dezember 2015 (S 17 KR 6636/15) begehrt, sondern die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Denn zulässige Klage wegen des Beitragsbescheids vom 13. März 2013 ist die Anfechtungsklage (§ 54 SGG). Diese hat keine aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG).

b) Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 9. Dezember 2015 (S 17 KR 6636/15) scheidet schon deshalb aus, weil das SG diese Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. Dezember 2015 abwies und dieser Gerichtsbescheid rechtskräftig ist. Der Kläger legte gegen diesen Gerichtsbescheid keine Berufung ein.

Des Weiteren scheidet die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 9. Dezember 2015 (S 17 KR 6636/15) aus, weil der mit dieser Klage angefochtene Bescheid vom 13. März 2013 bestandskräftig ist. Dieser Bescheid wurde nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens S 26 KR 3311/12, später S 26 KR 506/13. Denn er ersetzte den vorangegangenen Bescheid vom 29. November 2012 für die Zeit ab 1. Februar 2013. Bereits der Bescheid vom 29. November 2012 wurde nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens S 26 KR 3311/12, später S 26 KR 506/13, weil dessen Gegenstand die zuvor ergangenen Beitragsbescheide waren. Der Bescheid vom 29. November 2012 änderte den zuvor ergangenen Beitragsbescheid vom 28. Juni 2012 für die Zeit ab 1. Januar 2013 und ersetzte diesen auch ab diesem Zeitpunkt. Das Klageverfahren S 26 KR 3311/12, später S 26 KR 506/13 ist aufgrund des Gerichtsbescheids vom 10. Januar 2014, gegen welchen der Kläger keine Berufung einlegte, rechtskräftig abgeschlossen. Dass das SG über die zuvor genannten Bescheide in dem Gerichtsbescheid vom 10. Januar 2014 nicht entschied, weil es davon ausging, der Kläger wende sich nur noch gegen das angeordnete Ruhen seiner Leistungsansprüche, steht der Bestandskraft nicht entgegen. Insoweit liegt ein verdecktes Teilurteil vor (siehe hierzu bereits LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Oktober 2014 - L 5 KR 2931/14 ER-B -, nicht veröffentlicht). Daran ändert auch nichts, dass die Beteiligten entgegen der ihnen nach § 96 Abs. 2 SGG obliegenden Pflicht, die weiteren Beitragsbescheide dem SG unaufgefordert vorzulegen, nicht nachkamen. Denn die Rechtsfolgen des § 96 Abs. 1 SGG treten kraft Gesetzes ein.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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