Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1105/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1318/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Januar 2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf 15.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Veranlagung des klägerischen Unternehmens zur Gefahrtarifstelle 10 im Gefahrtarif 2011 der Beklagten.
Der Kläger ist ein 1995 gegründeter gemeinnütziger Verein, dessen satzungsgemäßer Zweck es ist, durch konkretes, basisbezogenes und anwaltschaftliches Handeln Kinder und deren Rechte aktiv zu schützen, zu verteidigen und zu fördern. Dabei gilt die besondere Aufmerksamkeit des Vereins Kindern in Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa. Priorität hat das Engagement in Afrika. Zur Verwirklichung dieser Ziele betreibt der Verein nach seiner Satzung eine aktive Öffentlichkeitsarbeit unter Wahrnehmung einer anwaltschaftlichen Funktion für Kinder, wirbt um personelle Mitarbeit, Unterstützung und Spenden, fördert Programme, Projekte und Maßnahmen von Kindern, beschafft finanzielle Mittel hierfür und sucht eine enge Zusammenarbeit mit deutschen und internationalen Organisationen mit ähnlicher Zielsetzung.
Die Beklagte veranlagte den Kläger erstmals im Jahr 1996 nach dem damals gültigen Gefahrtarif unter der Unternehmensart "Organisation zur Betreuung, Unterstützung im sozialen Bereich" mit der Gefahrklasse 3,8 und in den folgenden Gefahrtarifen wiederum unter dieser Unternehmensart mit der Gefahrklasse 2,05 (1998 bis 2000), 2,46 (2001), 2,77 (2002 bis 2006), 3,39 (2007 bis 2010). Den 2007 eingelegten Widerspruch gegen die Veranlagung zum Gefahrtarif 2007 mit dem Ziel, anstelle der Zuordnung zur Unternehmensart "Organisation zur Betreuung, Unterstützung im sozialen Bereich" eine Zuordnung zur Unternehmensart "wirtschaftliche und politische Interessenvertretung" zu erreichen, nahm der Kläger wieder zurück.
Mit Bescheid vom 03.11.2010 veranlagte die Beklagte das klägerische Unternehmen ab 01.01.2011 wiederum unter der Unternehmensart "Organisation zur Betreuung, Unterstützung im sozialen Bereich" zur Gefahrtarifstelle 10 des Gefahrtarifs 2011 mit der Gefahrklasse 4,27. Der weiterhin gültige Gefahrtarif 2011 sieht außerdem u.a. die Gefahrtarifstelle 05 mit der Unternehmensart "Beratung und Auskunft, Interessenvertretung und Religionsgemeinschaft" mit der Gefahrklasse 0,59 vor.
Gegen seine Veranlagung ab 01.01.2011 legte der Kläger Widerspruch ein. Seine Mitarbeiter seien vor allem fachlich administrativ tätig, würden schriftlich um Spenden und finanzielle Mittel für Projekte in Afrika werben. Sie würden bei Spendern und institutionellen Gebern um Unterstützung bitten, Anträge schreiben und Abrechnungen erstellen. Kontakt zu den afrikanischen Partnern hätten sie per Telefon und über das Internet, sie würden Vorstandssitzungen und Pressekonferenzen organisieren. In Deutschland würden sie niemanden betreuen, hätten daher auch keine Besucher und würden keine Bedürftigen oder Hilfesuchenden unterstützen. Gelegentlich würden sie mit der Bahn zu ihren Finanzgebern in Deutschland und in Europa reisen. All dies sei mit einem Minimum an Gefahren verbunden. Zutreffend wäre eine Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 05.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2011 zurück mit dem Hinweis, der Gefahrtarif sei gewerbezweig- bzw. branchenbezogen und nicht tätigkeitsbezogen. Zur Unternehmensart "Organisation zur Betreuung, Unterstützung im sozialen Bereich" würden solche Organisationen veranlagt, die vorwiegend soziale Zwecke verfolgten. Im Rahmen der betreuenden und unterstützenden Aktivitäten würden sich solche Organisationen mit den individuellen Problemen und Fragen Betroffener befassen und Hilfeleistungen anbieten. Die Art und Weise dieser Hilfeleistungen sei hierbei in einem weiten Spektrum möglich. Der Satzungszweck des Klägers benenne die Unterstützung und Förderung von Kindern, z.B. durch konkretes, basisbezogenes Handeln. Hierunter falle auch das Sammeln und Weiterleiten von Spenden.
Der Kläger hat am 02.03.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren vertieft.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Maßgeblich sei der Vereinszweck an sich und nicht die Zielgruppe der zu unterstützenden Personen. Zur angestrebten Unternehmensart "Beratung und Auskunft, Interessenvertretung und Religionsgemeinschaft" würden u.a. solche Unternehmen veranlagt, die Beratungsdienstleistungen erbringen würden, was bedeute, dass die Dienstleistung des Unternehmens an sich als Honorarberatung am Markt erbracht werde, das Unternehmen somit für erbrachte Beratungsdienstleistungen honoriert werde. Im Bereich Interessenvertretung seien Unternehmen erfasst, die die Interessen der Mitglieder bzw. Gesellschafter im allgemeinen vertreten. Beides treffe auf den Kläger nicht zu.
Mit Urteil vom 30.01.2014 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, diese sei zulässig, jedoch nicht begründet. Es ergebe sich kein Anhaltspunkt für die Rechtswidrigkeit des von der Beklagten erstellten und von der Aufsichtsbehörde genehmigten, ab 01.01.2011 in Kraft getretenen Gefahrtarifs. Die Beklagte habe den Kläger zutreffend der Gefahrtarifstelle 10 zugeordnet. Die nach der Vereinssatzung vorgesehene Tätigkeit des Klägers lasse sich als Betreuungs- und Unterstützungsarbeit im sozialen Bereich erfassen. Die Zuordnung zu einer anderen Gefahrtarifstelle im Gefahrtarif scheide damit aus. Insbesondere komme eine Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 05 nicht in Betracht.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 17.02.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 17.03.2014 eingelegte Berufung des Klägers. Die Aufstellung des Gefahrtarifs sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Die Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 10 stelle eine beachtenswerte Ungleichbehandlung dar. Nicht nur die zu einer Tarifstelle gehörenden Gewerbezweige, sondern grundsätzlich auch die den Gewerbezweig bildenden Unternehmen und Unternehmensarten müssten untereinander hinsichtlich der Unfallgefahren vergleichbar sein. Die Betrachtung dürfe nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränkt werden, sondern müsse alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Januar 2014 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2011 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, den Kläger für die Zeit ab 1. Januar 2011 zur Gefahrtarifstelle 05 zu veranlagen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der streitige Gefahrtarif sei für den Zeitraum ab 01.01.2011 erlassen und vorher unter Vorlage der notwendigen Unterlagen und des Zahlenmaterials durch das Bundesversicherungsamt als zuständiger Aufsichtsbehörde am 26.07.2010 genehmigt worden. Die Veranlagung eines Unternehmens erfolge ausschließlich nach Art und Gegenstand des Unternehmens. Unternehmen mit dem gleichen oder ähnlichen Zweck wie dem satzungsgemäßen Vereinszweck des Klägers würden im streitigen Gefahrtarif der Gefahrtarifstelle 10 zugeordnet. Dabei komme es gerade nicht darauf an, dass konkrete Hilfs-, Betreuungs- oder Pflegeleistungen durch das Unternehmen/den Verein durchgeführt würden. Hierfür würde bereits die Zuständigkeit der Beklagten fehlen. Es würden vielmehr den betroffenen Personen konkrete Hilfs- oder Unterstützungsmaßnahmen z.B. durch das Sammeln von Spenden ermöglicht, gleich ob die Spenden durch Aufrufe oder auf der Straße gesammelt würden und ob es direkten Kontakt mit dem zu unterstützenden Personenkreis gebe. Die Zuordnung zu einer spezielleren Unternehmensart gehe der Zuordnung zu einer allgemeinen Unternehmensart vor. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor. Alle in der Unternehmensart zusammengefassten Unternehmen hätten einen ähnlichen Unternehmensgegenstand und würden daher gleich behandelt. Auch sei die Aufstellung des Gefahrtarifs für alle der Beklagten zuzuordnenden Unternehmensarten nach dem gleichen Prinzip erfolgt. Die Beklagte habe für jede Gefahrtarifstelle eine individuelle Gefahrklasse zu erstellen. Hierbei würden für jede Unternehmensart die Entschädigungsleistungen und die Entgelte und Versicherungssummen in Beziehung gesetzt. Hierzu hat die Beklagte die Angaben aus dem Beobachtungszeitraum 2006 bis 2008 für die streitige Gefahrtarifstelle 10 mitgeteilt. Einzelne Härten seien bei der Veranlagung durch die Unternehmen hinzunehmen und stünden dem Gleichheitsprinzip nicht entgegen.
In einem mit der Berichterstatterin am 03.02.2016 durchgeführten Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Veranlagung des klägerischen Unternehmens für die Zeit ab 01.01.2011 zur Gefahrklasse 10 des Gefahrtarifs 2011 der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Veranlagung in der Gefahrklasse 05.
Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaften, den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen, § 153 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Um eine Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede Berufsgenossenschaft einen Gefahrtarif aufstellen.
Gefahrtarife sind vom Unfallversicherungsträger als autonomes Recht festzusetzen, und in ihnen sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen, § 157 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VII. Sie sind nach Gefahrtarifstellen zu gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist, § 157 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SGB VII. In den Tarifstellen sind Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs zu bilden, § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII. Die Gefahrtarife und jede Änderung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, § 158 Abs. 1 SGB VII.
Hierbei sind Gefahrtarife durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit überprüfbar, als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 157 SGB VII, §§ 33 ff Viertes Buch Sozialgesetzbuch) allerdings nur daraufhin, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar sind. Den Unfallversicherungsträgern ist als ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt vielmehr den Unfallversicherungsträgern. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihnen ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen. Die Bildung des Gefahrtarifs muss allerdings auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 28.11.2006 - B 2 U 10/05 R - und vom 24.06.2003 - B 2 U 21/02 R - jeweils Juris).
Der Gefahrtarif 2011 der Beklagten ist nach diesen Maßstäben rechtlich nicht zu beanstanden. Er wurde durch deren Vertreterversammlung beschlossen, öffentlich bekannt gemacht, von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt und steht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben der §§ 157, 158 SGB VII. Die Beklagte hat in diesem Gefahrtarif als Anknüpfungspunkt für die Bildung der Gefahrtarifstellen die Gewerbezweige gewählt. Ein solcher Gewerbezweigtarif basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und der Gewerbezweig deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar, wie das BSG in zahlreichen Entscheidungen zur Rechtslage nach der RVO und nunmehr auch nach dem SGB VII entschieden hat (BSG, Urteile vom 28.11.2006 - B 2 U 10/05 R - und vom 05.07.2005 - B 2 U 32/03 R - jeweils Juris).
Dies setzt voraus, dass eine sachgerechte Abgrenzung der Gewerbezweige und ihre korrekte Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen stattgefunden hat, denn die Veranlagung nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten (BSG, Urteil vom 28.11.2006, a.a.O.; Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 04.03.1982 - 1 BvR 34/82 - jeweils Juris). Da ein Gewerbezweigtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken; sie muss vielmehr alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen. Angesichts der Entwicklung der modernen Arbeitswelt zu einer Dienstleistungsgesellschaft verlieren zwar klassische technologische Abgrenzungskriterien immer mehr an Bedeutung; dennoch bleiben für den Zuschnitt der Gewerbezweige auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben (BSG, Urteile vom 28.11.2006 - B 2 U 10/05 R - und vom 24.06.2003 - B 2 U 21/02 R - jeweils Juris).
Die von der Gefahrtarifstelle 10 des Gefahrtarifs 2011 der Beklagten erfassten Organisationen zur Betreuung und Unterstützung im sozialen Bereich sind nach diesen Kriterien in zulässiger Weise als eigener Gewerbezweig umschrieben. Sie waren bereits in allen seit 1996 gültigen Gefahrtarifen der Beklagten als eigener Gewerbezweig umschrieben. Gegenstand aller zusammengefassten Unternehmensarten ist dabei die Verfolgung sozialer Zwecke. Im Rahmen der betreuenden und unterstützenden Aktivitäten befassen sich diese Organisationen mit den individuellen Problemen und Fragen Betroffener und bieten Hilfeleistungen. Hierzu gehören nach den Hinweisen zur Branchenzuordnung und Abgrenzung der Gefahrengemeinschaften zum Gefahrtarif 2011 der Beklagten auch Partnerschaftsberatungen, Seelsorge, Selbsthilfegruppen, Sozialberatungen und Transfergesellschaften. Dass dabei die allen gemeinsame betreuende und unterstützende Hilfeleistung durch die Unternehmen auf verschiedene Art und Weise erfolgt, steht einer Zusammenfassung der Unternehmen in einem einzigen Gewerbezweig nach Auffassung des Senats nicht entgegen. Wie bereits dargelegt, gibt es regelmäßig innerhalb eines jeden Gewerbezweiges unterschiedliche Tätigkeiten mit unterschiedlichen Gefährdungsrisiken; diese Risikomischung auf der Ebene des jeweiligen Gewerbezweiges ist eine Konsequenz eines Gewerbezweigtarifs und damit eine Entscheidung, die der Selbstverwaltung der Beklagten vorbehalten ist (BSG, Urteile vom 28.11.2006, a.a.O. und vom 24.06.2003, a.a.O. jeweils Juris).
Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist es auch nicht zu beanstanden, dass er diesem Gewerbezweig zugeordnet wurde. Denn auch der klägerische Verein bietet betreuende und unterstützende Hilfeleistung in diesem Sinne an, indem er nach seiner Satzung durch konkretes, basisbezogenes und anwaltschaftliches Handeln Kinder und deren Rechte aktiv schützt, verteidigt und fördert, hierzu eine aktive Öffentlichkeitsarbeit ausübt, um personelle Mitarbeit, Unterstützung und Spenden wirbt, Programme, Projekte und Maßnahmen von Kindern fördert, finanzielle Mittel hierfür sammelt und eng mit Organisationen mit ähnlicher Zielsetzung zusammenarbeitet. Dass dabei der Kontakt der Mitarbeiter vorrangig zu möglichen bzw. tatsächlichen Unterstützern und Spendern sowie Partnerorganisationen und nur in geringerem Umfang unmittelbar zu den zu unterstützenden Personen besteht, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn dies ändert nichts am Gegenstand des Unternehmens. Wie die sonstigen in dem Gewerbezweig zusammengefassten Unternehmen verfolgt der klägerische Verein soziale Zwecke und befasst sich unterstützend mit den Rechten und Problemen der Kinder in Afrika, wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat. Insoweit ist auch auf die Ausführungen der Beklagten zu verweisen, dass es bei dieser Unternehmensart gerade nicht darauf ankommt, dass konkrete Hilfs-, Betreuungs- oder Pflegeleistungen durch das Unternehmen erbracht werden, da hierfür bereits die Zuständigkeit der Beklagten nicht bestehen würde. Vielmehr werden durch die Gewinnung von Spenden und Unterstützung von Maßnahmen und Programmen den betroffenen Personen konkrete Hilfs- oder Unterstützungsmaßnahmen ermöglicht.
Die vom Kläger angestrebte Zuordnung zur Unternehmensart "Beratung und Auskunft, Interessenvertretung und Religionsgemeinschaften" kann hingegen nicht erfolgen. Wie sich aus dem Vorbringen der Beklagten und den Hinweisen zur Branchenzuordnung zur Abgrenzung der Gefahrgemeinschaften des Gefahrtarifs 2011 der Beklagten ergibt, sind zur Unternehmensart "Beratung und Auskunft" Unternehmen zusammengefasst, die Beratungsdienstleistungen in der Form erbringen, dass die Dienstleistung des Unternehmens an sich als Honorarberatung am Markt erbracht wird, dass Unternehmen somit für erbrachte Beratungsdienstleistungen honoriert werden. Zur Unternehmensart "Interessenvertretung" sind Unternehmen zusammengefasst, die die Interessen ihrer Mitglieder bzw. Gesellschafter im allgemeinen vertreten. Beides trifft auf den Kläger nach seinem satzungsmäßigen Zweck und der Wege zur Verwirklichung dieses Zwecks eindeutig nicht zu. Damit scheidet aber eine Zuordnung des Klägers zur Gefahrtarifstelle 05 anstelle der Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 10 aus.
Auch soweit der Kläger geltend gemacht, in der Gefahrtarifstelle 10 nicht risikoadäquat zugeordnet zu sein, kann er hiermit unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen keinen Erfolg haben, da dies gerade nicht auf den Gewerbezweig und dessen Risikopotential abhebt, sondern ausschließlich auf die einzelne Tätigkeit.
Bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss zwar geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbstständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, "passenderen" Gewerbezweig folgen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2006, a.a.O., m.w.N). Aber den Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung von Gewerbezweigen sind Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs ergeben. Eine Unternehmensart kann nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen, § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft ausgewiesenen Gewerbezweige zugeordnet werden. Nach der einem Gewerbezweigtarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde. Insofern unterscheiden sich die Vorgaben für die Zusammenstellung von Gewerbezweigen von denjenigen bei der Bildung der Gefahrtarifstellen, in denen durchaus auch technologisch nicht verwandte Gewerbezweige nach dem Belastungsprinzip zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst werden können (BSG a.a.O., m.w.N.).
Die Forderung eines Unternehmens, wegen eines erheblich abweichenden Grades der Unfallgefahr einem anderen Gewerbezweig zugeteilt zu werden, kann danach überhaupt nur mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden, wenn der Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft mehrere für die betreffende Unternehmensart in Betracht kommende Gewerbezweige ausweist und unklar ist, welchem von ihnen sie nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist. Steht dagegen die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann die Zugehörigkeit zu dem Gewerbezweig nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation in Frage gestellt werden. Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezweigzugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (BSG, Urteil vom 28.11.2006, a.a.O., m.w.N.). Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den Berufsgenossenschaften reicht. Der Gesichtspunkt, dass in einer Gefahrengemeinschaft nur annähernd gleiche Gefährdungsrisiken nach § 157 Abs. 2 S 1 SGB VII zusammengefasst werden dürfen, kommt nur dann zum Tragen, wenn mehrere Gewerbezweige in einer Gefahrtarifstelle zusammengefasst werden (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2003, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 12.12.1985 - 2 RU 40/85 - und BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.07.2007 - 1 BvR 1696/03 - jeweils Juris).
Die streitige Regelung der Gefahrklasse 10 des Gefahrtarifs 2011 verletzt auch nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Da die Regelungen des Gefahrtarifs nicht an persönliche Eigenschaften der Unternehmer anknüpfen, sondern an der Art des Unternehmensgegenstands, sind die Gliederungen im Gefahrtarif der Beklagten nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG nur daraufhin überprüfbar, ob der Satzungsgeber sich in den Grenzen einer zulässigen, den Bedürfnissen einer Massenverwaltung genügenden Typisierung gehalten hat (vgl. BSG, Urteil vom 11.04.2013 - B 2 U 8/12 R - Juris, Rn. 53; BVerfG, Beschlüsse vom 04.03.1982 - 1 BvR 34/82 und vom 03.07.2007 a.a.O., jeweils Juris). Für die Bildung der Gefahrtarifklasse 10 im Gefahrtarif 2011 der Beklagten sind sachfremde oder willkürliche Erwägungen nicht erkennbar. Der Gefahrtarif wählt eine an Sachkriterien orientierte und langfristig anerkannte Anknüpfung, indem er sich in dem hier streitigen Teil nach Gewerbezweigen gliedert. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei Erlass des Gefahrtarifs eine gemäß Art. 3 Abs. 1 GG unzulässige Typisierung getroffen hat, indem sie davon ausging, dass Unternehmen, die sozialen Zwecken dienen, zumindest ähnliche Risiken für den Eintritt von Versicherungsfällen und vergleichbare Präventionserfordernisse haben.
Daher ist die Berufung zurückzuweisen.
Das Verfahren ist nach §§ 197a Abs. 1 Satz 1, 183 Satz 2 SGG gerichtskostenpflichtig. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. 154 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Auf dieser Grundlage ist auch die Kostenentscheidung des SG, die sich nach dem Kostenausspruch an §§ 193, 183 SGG orientiert, abzuändern. Im Falle eines erfolglos eingelegten Rechtsmittels bleibt die Kostenregelung der Vorentscheidung grundsätzlich gültig. Jedoch ist das Rechtsmittelgericht zu einer Abänderung oder Ergänzung der Kostenentscheidung der Vorinstanz befugt ( Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 197a Rn. 12 m.w.N.).
Der Streitwert ist nach § 197a SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 3 GKG ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung richtet sich bei einem Streit über die Veranlagung eines Unternehmens zum Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft der Streitwert nach der Höhe der mit der Klage erstrebten Beitragsersparnis. Anzusetzen ist das Zweifache des Differenzbetrags zwischen dem nach der bisherigen Veranlagung zu zahlenden und dem bei einem Erfolg der Klage zu erwartenden Jahresbeitrag, mindestens aber der dreifache Auffangstreitwert (vgl. BSG, Beschluss vom 03.05.2006 – B 2 U 415/05 B – juris). Hier steht angesichts der andauernden Fortgeltung des Gefahrtarifs 2011 ein noch nicht abgeschlossener Zeitraum im Streit, so dass die Beitragsersparnis nicht vollständig konkret bestimmt werden kann. Die bislang bezifferbare Beitragsersparnis bleibt hinter dem dreifachen Auffangstreitwert zurück. Damit ist der endgültige Streitwert auf 15.000 Euro für beide Rechtszüge festzusetzen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf 15.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Veranlagung des klägerischen Unternehmens zur Gefahrtarifstelle 10 im Gefahrtarif 2011 der Beklagten.
Der Kläger ist ein 1995 gegründeter gemeinnütziger Verein, dessen satzungsgemäßer Zweck es ist, durch konkretes, basisbezogenes und anwaltschaftliches Handeln Kinder und deren Rechte aktiv zu schützen, zu verteidigen und zu fördern. Dabei gilt die besondere Aufmerksamkeit des Vereins Kindern in Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa. Priorität hat das Engagement in Afrika. Zur Verwirklichung dieser Ziele betreibt der Verein nach seiner Satzung eine aktive Öffentlichkeitsarbeit unter Wahrnehmung einer anwaltschaftlichen Funktion für Kinder, wirbt um personelle Mitarbeit, Unterstützung und Spenden, fördert Programme, Projekte und Maßnahmen von Kindern, beschafft finanzielle Mittel hierfür und sucht eine enge Zusammenarbeit mit deutschen und internationalen Organisationen mit ähnlicher Zielsetzung.
Die Beklagte veranlagte den Kläger erstmals im Jahr 1996 nach dem damals gültigen Gefahrtarif unter der Unternehmensart "Organisation zur Betreuung, Unterstützung im sozialen Bereich" mit der Gefahrklasse 3,8 und in den folgenden Gefahrtarifen wiederum unter dieser Unternehmensart mit der Gefahrklasse 2,05 (1998 bis 2000), 2,46 (2001), 2,77 (2002 bis 2006), 3,39 (2007 bis 2010). Den 2007 eingelegten Widerspruch gegen die Veranlagung zum Gefahrtarif 2007 mit dem Ziel, anstelle der Zuordnung zur Unternehmensart "Organisation zur Betreuung, Unterstützung im sozialen Bereich" eine Zuordnung zur Unternehmensart "wirtschaftliche und politische Interessenvertretung" zu erreichen, nahm der Kläger wieder zurück.
Mit Bescheid vom 03.11.2010 veranlagte die Beklagte das klägerische Unternehmen ab 01.01.2011 wiederum unter der Unternehmensart "Organisation zur Betreuung, Unterstützung im sozialen Bereich" zur Gefahrtarifstelle 10 des Gefahrtarifs 2011 mit der Gefahrklasse 4,27. Der weiterhin gültige Gefahrtarif 2011 sieht außerdem u.a. die Gefahrtarifstelle 05 mit der Unternehmensart "Beratung und Auskunft, Interessenvertretung und Religionsgemeinschaft" mit der Gefahrklasse 0,59 vor.
Gegen seine Veranlagung ab 01.01.2011 legte der Kläger Widerspruch ein. Seine Mitarbeiter seien vor allem fachlich administrativ tätig, würden schriftlich um Spenden und finanzielle Mittel für Projekte in Afrika werben. Sie würden bei Spendern und institutionellen Gebern um Unterstützung bitten, Anträge schreiben und Abrechnungen erstellen. Kontakt zu den afrikanischen Partnern hätten sie per Telefon und über das Internet, sie würden Vorstandssitzungen und Pressekonferenzen organisieren. In Deutschland würden sie niemanden betreuen, hätten daher auch keine Besucher und würden keine Bedürftigen oder Hilfesuchenden unterstützen. Gelegentlich würden sie mit der Bahn zu ihren Finanzgebern in Deutschland und in Europa reisen. All dies sei mit einem Minimum an Gefahren verbunden. Zutreffend wäre eine Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 05.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2011 zurück mit dem Hinweis, der Gefahrtarif sei gewerbezweig- bzw. branchenbezogen und nicht tätigkeitsbezogen. Zur Unternehmensart "Organisation zur Betreuung, Unterstützung im sozialen Bereich" würden solche Organisationen veranlagt, die vorwiegend soziale Zwecke verfolgten. Im Rahmen der betreuenden und unterstützenden Aktivitäten würden sich solche Organisationen mit den individuellen Problemen und Fragen Betroffener befassen und Hilfeleistungen anbieten. Die Art und Weise dieser Hilfeleistungen sei hierbei in einem weiten Spektrum möglich. Der Satzungszweck des Klägers benenne die Unterstützung und Förderung von Kindern, z.B. durch konkretes, basisbezogenes Handeln. Hierunter falle auch das Sammeln und Weiterleiten von Spenden.
Der Kläger hat am 02.03.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren vertieft.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Maßgeblich sei der Vereinszweck an sich und nicht die Zielgruppe der zu unterstützenden Personen. Zur angestrebten Unternehmensart "Beratung und Auskunft, Interessenvertretung und Religionsgemeinschaft" würden u.a. solche Unternehmen veranlagt, die Beratungsdienstleistungen erbringen würden, was bedeute, dass die Dienstleistung des Unternehmens an sich als Honorarberatung am Markt erbracht werde, das Unternehmen somit für erbrachte Beratungsdienstleistungen honoriert werde. Im Bereich Interessenvertretung seien Unternehmen erfasst, die die Interessen der Mitglieder bzw. Gesellschafter im allgemeinen vertreten. Beides treffe auf den Kläger nicht zu.
Mit Urteil vom 30.01.2014 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, diese sei zulässig, jedoch nicht begründet. Es ergebe sich kein Anhaltspunkt für die Rechtswidrigkeit des von der Beklagten erstellten und von der Aufsichtsbehörde genehmigten, ab 01.01.2011 in Kraft getretenen Gefahrtarifs. Die Beklagte habe den Kläger zutreffend der Gefahrtarifstelle 10 zugeordnet. Die nach der Vereinssatzung vorgesehene Tätigkeit des Klägers lasse sich als Betreuungs- und Unterstützungsarbeit im sozialen Bereich erfassen. Die Zuordnung zu einer anderen Gefahrtarifstelle im Gefahrtarif scheide damit aus. Insbesondere komme eine Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 05 nicht in Betracht.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 17.02.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 17.03.2014 eingelegte Berufung des Klägers. Die Aufstellung des Gefahrtarifs sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Die Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 10 stelle eine beachtenswerte Ungleichbehandlung dar. Nicht nur die zu einer Tarifstelle gehörenden Gewerbezweige, sondern grundsätzlich auch die den Gewerbezweig bildenden Unternehmen und Unternehmensarten müssten untereinander hinsichtlich der Unfallgefahren vergleichbar sein. Die Betrachtung dürfe nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränkt werden, sondern müsse alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Januar 2014 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2011 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, den Kläger für die Zeit ab 1. Januar 2011 zur Gefahrtarifstelle 05 zu veranlagen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der streitige Gefahrtarif sei für den Zeitraum ab 01.01.2011 erlassen und vorher unter Vorlage der notwendigen Unterlagen und des Zahlenmaterials durch das Bundesversicherungsamt als zuständiger Aufsichtsbehörde am 26.07.2010 genehmigt worden. Die Veranlagung eines Unternehmens erfolge ausschließlich nach Art und Gegenstand des Unternehmens. Unternehmen mit dem gleichen oder ähnlichen Zweck wie dem satzungsgemäßen Vereinszweck des Klägers würden im streitigen Gefahrtarif der Gefahrtarifstelle 10 zugeordnet. Dabei komme es gerade nicht darauf an, dass konkrete Hilfs-, Betreuungs- oder Pflegeleistungen durch das Unternehmen/den Verein durchgeführt würden. Hierfür würde bereits die Zuständigkeit der Beklagten fehlen. Es würden vielmehr den betroffenen Personen konkrete Hilfs- oder Unterstützungsmaßnahmen z.B. durch das Sammeln von Spenden ermöglicht, gleich ob die Spenden durch Aufrufe oder auf der Straße gesammelt würden und ob es direkten Kontakt mit dem zu unterstützenden Personenkreis gebe. Die Zuordnung zu einer spezielleren Unternehmensart gehe der Zuordnung zu einer allgemeinen Unternehmensart vor. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor. Alle in der Unternehmensart zusammengefassten Unternehmen hätten einen ähnlichen Unternehmensgegenstand und würden daher gleich behandelt. Auch sei die Aufstellung des Gefahrtarifs für alle der Beklagten zuzuordnenden Unternehmensarten nach dem gleichen Prinzip erfolgt. Die Beklagte habe für jede Gefahrtarifstelle eine individuelle Gefahrklasse zu erstellen. Hierbei würden für jede Unternehmensart die Entschädigungsleistungen und die Entgelte und Versicherungssummen in Beziehung gesetzt. Hierzu hat die Beklagte die Angaben aus dem Beobachtungszeitraum 2006 bis 2008 für die streitige Gefahrtarifstelle 10 mitgeteilt. Einzelne Härten seien bei der Veranlagung durch die Unternehmen hinzunehmen und stünden dem Gleichheitsprinzip nicht entgegen.
In einem mit der Berichterstatterin am 03.02.2016 durchgeführten Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Veranlagung des klägerischen Unternehmens für die Zeit ab 01.01.2011 zur Gefahrklasse 10 des Gefahrtarifs 2011 der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Veranlagung in der Gefahrklasse 05.
Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaften, den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen, § 153 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Um eine Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede Berufsgenossenschaft einen Gefahrtarif aufstellen.
Gefahrtarife sind vom Unfallversicherungsträger als autonomes Recht festzusetzen, und in ihnen sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen, § 157 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VII. Sie sind nach Gefahrtarifstellen zu gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist, § 157 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SGB VII. In den Tarifstellen sind Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs zu bilden, § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII. Die Gefahrtarife und jede Änderung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, § 158 Abs. 1 SGB VII.
Hierbei sind Gefahrtarife durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit überprüfbar, als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 157 SGB VII, §§ 33 ff Viertes Buch Sozialgesetzbuch) allerdings nur daraufhin, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar sind. Den Unfallversicherungsträgern ist als ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt vielmehr den Unfallversicherungsträgern. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihnen ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen. Die Bildung des Gefahrtarifs muss allerdings auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 28.11.2006 - B 2 U 10/05 R - und vom 24.06.2003 - B 2 U 21/02 R - jeweils Juris).
Der Gefahrtarif 2011 der Beklagten ist nach diesen Maßstäben rechtlich nicht zu beanstanden. Er wurde durch deren Vertreterversammlung beschlossen, öffentlich bekannt gemacht, von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt und steht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben der §§ 157, 158 SGB VII. Die Beklagte hat in diesem Gefahrtarif als Anknüpfungspunkt für die Bildung der Gefahrtarifstellen die Gewerbezweige gewählt. Ein solcher Gewerbezweigtarif basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und der Gewerbezweig deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar, wie das BSG in zahlreichen Entscheidungen zur Rechtslage nach der RVO und nunmehr auch nach dem SGB VII entschieden hat (BSG, Urteile vom 28.11.2006 - B 2 U 10/05 R - und vom 05.07.2005 - B 2 U 32/03 R - jeweils Juris).
Dies setzt voraus, dass eine sachgerechte Abgrenzung der Gewerbezweige und ihre korrekte Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen stattgefunden hat, denn die Veranlagung nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten (BSG, Urteil vom 28.11.2006, a.a.O.; Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 04.03.1982 - 1 BvR 34/82 - jeweils Juris). Da ein Gewerbezweigtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken; sie muss vielmehr alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen. Angesichts der Entwicklung der modernen Arbeitswelt zu einer Dienstleistungsgesellschaft verlieren zwar klassische technologische Abgrenzungskriterien immer mehr an Bedeutung; dennoch bleiben für den Zuschnitt der Gewerbezweige auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben (BSG, Urteile vom 28.11.2006 - B 2 U 10/05 R - und vom 24.06.2003 - B 2 U 21/02 R - jeweils Juris).
Die von der Gefahrtarifstelle 10 des Gefahrtarifs 2011 der Beklagten erfassten Organisationen zur Betreuung und Unterstützung im sozialen Bereich sind nach diesen Kriterien in zulässiger Weise als eigener Gewerbezweig umschrieben. Sie waren bereits in allen seit 1996 gültigen Gefahrtarifen der Beklagten als eigener Gewerbezweig umschrieben. Gegenstand aller zusammengefassten Unternehmensarten ist dabei die Verfolgung sozialer Zwecke. Im Rahmen der betreuenden und unterstützenden Aktivitäten befassen sich diese Organisationen mit den individuellen Problemen und Fragen Betroffener und bieten Hilfeleistungen. Hierzu gehören nach den Hinweisen zur Branchenzuordnung und Abgrenzung der Gefahrengemeinschaften zum Gefahrtarif 2011 der Beklagten auch Partnerschaftsberatungen, Seelsorge, Selbsthilfegruppen, Sozialberatungen und Transfergesellschaften. Dass dabei die allen gemeinsame betreuende und unterstützende Hilfeleistung durch die Unternehmen auf verschiedene Art und Weise erfolgt, steht einer Zusammenfassung der Unternehmen in einem einzigen Gewerbezweig nach Auffassung des Senats nicht entgegen. Wie bereits dargelegt, gibt es regelmäßig innerhalb eines jeden Gewerbezweiges unterschiedliche Tätigkeiten mit unterschiedlichen Gefährdungsrisiken; diese Risikomischung auf der Ebene des jeweiligen Gewerbezweiges ist eine Konsequenz eines Gewerbezweigtarifs und damit eine Entscheidung, die der Selbstverwaltung der Beklagten vorbehalten ist (BSG, Urteile vom 28.11.2006, a.a.O. und vom 24.06.2003, a.a.O. jeweils Juris).
Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist es auch nicht zu beanstanden, dass er diesem Gewerbezweig zugeordnet wurde. Denn auch der klägerische Verein bietet betreuende und unterstützende Hilfeleistung in diesem Sinne an, indem er nach seiner Satzung durch konkretes, basisbezogenes und anwaltschaftliches Handeln Kinder und deren Rechte aktiv schützt, verteidigt und fördert, hierzu eine aktive Öffentlichkeitsarbeit ausübt, um personelle Mitarbeit, Unterstützung und Spenden wirbt, Programme, Projekte und Maßnahmen von Kindern fördert, finanzielle Mittel hierfür sammelt und eng mit Organisationen mit ähnlicher Zielsetzung zusammenarbeitet. Dass dabei der Kontakt der Mitarbeiter vorrangig zu möglichen bzw. tatsächlichen Unterstützern und Spendern sowie Partnerorganisationen und nur in geringerem Umfang unmittelbar zu den zu unterstützenden Personen besteht, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn dies ändert nichts am Gegenstand des Unternehmens. Wie die sonstigen in dem Gewerbezweig zusammengefassten Unternehmen verfolgt der klägerische Verein soziale Zwecke und befasst sich unterstützend mit den Rechten und Problemen der Kinder in Afrika, wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat. Insoweit ist auch auf die Ausführungen der Beklagten zu verweisen, dass es bei dieser Unternehmensart gerade nicht darauf ankommt, dass konkrete Hilfs-, Betreuungs- oder Pflegeleistungen durch das Unternehmen erbracht werden, da hierfür bereits die Zuständigkeit der Beklagten nicht bestehen würde. Vielmehr werden durch die Gewinnung von Spenden und Unterstützung von Maßnahmen und Programmen den betroffenen Personen konkrete Hilfs- oder Unterstützungsmaßnahmen ermöglicht.
Die vom Kläger angestrebte Zuordnung zur Unternehmensart "Beratung und Auskunft, Interessenvertretung und Religionsgemeinschaften" kann hingegen nicht erfolgen. Wie sich aus dem Vorbringen der Beklagten und den Hinweisen zur Branchenzuordnung zur Abgrenzung der Gefahrgemeinschaften des Gefahrtarifs 2011 der Beklagten ergibt, sind zur Unternehmensart "Beratung und Auskunft" Unternehmen zusammengefasst, die Beratungsdienstleistungen in der Form erbringen, dass die Dienstleistung des Unternehmens an sich als Honorarberatung am Markt erbracht wird, dass Unternehmen somit für erbrachte Beratungsdienstleistungen honoriert werden. Zur Unternehmensart "Interessenvertretung" sind Unternehmen zusammengefasst, die die Interessen ihrer Mitglieder bzw. Gesellschafter im allgemeinen vertreten. Beides trifft auf den Kläger nach seinem satzungsmäßigen Zweck und der Wege zur Verwirklichung dieses Zwecks eindeutig nicht zu. Damit scheidet aber eine Zuordnung des Klägers zur Gefahrtarifstelle 05 anstelle der Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 10 aus.
Auch soweit der Kläger geltend gemacht, in der Gefahrtarifstelle 10 nicht risikoadäquat zugeordnet zu sein, kann er hiermit unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen keinen Erfolg haben, da dies gerade nicht auf den Gewerbezweig und dessen Risikopotential abhebt, sondern ausschließlich auf die einzelne Tätigkeit.
Bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss zwar geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbstständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, "passenderen" Gewerbezweig folgen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2006, a.a.O., m.w.N). Aber den Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung von Gewerbezweigen sind Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs ergeben. Eine Unternehmensart kann nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen, § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft ausgewiesenen Gewerbezweige zugeordnet werden. Nach der einem Gewerbezweigtarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde. Insofern unterscheiden sich die Vorgaben für die Zusammenstellung von Gewerbezweigen von denjenigen bei der Bildung der Gefahrtarifstellen, in denen durchaus auch technologisch nicht verwandte Gewerbezweige nach dem Belastungsprinzip zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst werden können (BSG a.a.O., m.w.N.).
Die Forderung eines Unternehmens, wegen eines erheblich abweichenden Grades der Unfallgefahr einem anderen Gewerbezweig zugeteilt zu werden, kann danach überhaupt nur mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden, wenn der Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft mehrere für die betreffende Unternehmensart in Betracht kommende Gewerbezweige ausweist und unklar ist, welchem von ihnen sie nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist. Steht dagegen die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann die Zugehörigkeit zu dem Gewerbezweig nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation in Frage gestellt werden. Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezweigzugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (BSG, Urteil vom 28.11.2006, a.a.O., m.w.N.). Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den Berufsgenossenschaften reicht. Der Gesichtspunkt, dass in einer Gefahrengemeinschaft nur annähernd gleiche Gefährdungsrisiken nach § 157 Abs. 2 S 1 SGB VII zusammengefasst werden dürfen, kommt nur dann zum Tragen, wenn mehrere Gewerbezweige in einer Gefahrtarifstelle zusammengefasst werden (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2003, a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 12.12.1985 - 2 RU 40/85 - und BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.07.2007 - 1 BvR 1696/03 - jeweils Juris).
Die streitige Regelung der Gefahrklasse 10 des Gefahrtarifs 2011 verletzt auch nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Da die Regelungen des Gefahrtarifs nicht an persönliche Eigenschaften der Unternehmer anknüpfen, sondern an der Art des Unternehmensgegenstands, sind die Gliederungen im Gefahrtarif der Beklagten nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG nur daraufhin überprüfbar, ob der Satzungsgeber sich in den Grenzen einer zulässigen, den Bedürfnissen einer Massenverwaltung genügenden Typisierung gehalten hat (vgl. BSG, Urteil vom 11.04.2013 - B 2 U 8/12 R - Juris, Rn. 53; BVerfG, Beschlüsse vom 04.03.1982 - 1 BvR 34/82 und vom 03.07.2007 a.a.O., jeweils Juris). Für die Bildung der Gefahrtarifklasse 10 im Gefahrtarif 2011 der Beklagten sind sachfremde oder willkürliche Erwägungen nicht erkennbar. Der Gefahrtarif wählt eine an Sachkriterien orientierte und langfristig anerkannte Anknüpfung, indem er sich in dem hier streitigen Teil nach Gewerbezweigen gliedert. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei Erlass des Gefahrtarifs eine gemäß Art. 3 Abs. 1 GG unzulässige Typisierung getroffen hat, indem sie davon ausging, dass Unternehmen, die sozialen Zwecken dienen, zumindest ähnliche Risiken für den Eintritt von Versicherungsfällen und vergleichbare Präventionserfordernisse haben.
Daher ist die Berufung zurückzuweisen.
Das Verfahren ist nach §§ 197a Abs. 1 Satz 1, 183 Satz 2 SGG gerichtskostenpflichtig. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. 154 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Auf dieser Grundlage ist auch die Kostenentscheidung des SG, die sich nach dem Kostenausspruch an §§ 193, 183 SGG orientiert, abzuändern. Im Falle eines erfolglos eingelegten Rechtsmittels bleibt die Kostenregelung der Vorentscheidung grundsätzlich gültig. Jedoch ist das Rechtsmittelgericht zu einer Abänderung oder Ergänzung der Kostenentscheidung der Vorinstanz befugt ( Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 197a Rn. 12 m.w.N.).
Der Streitwert ist nach § 197a SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 3 GKG ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung richtet sich bei einem Streit über die Veranlagung eines Unternehmens zum Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft der Streitwert nach der Höhe der mit der Klage erstrebten Beitragsersparnis. Anzusetzen ist das Zweifache des Differenzbetrags zwischen dem nach der bisherigen Veranlagung zu zahlenden und dem bei einem Erfolg der Klage zu erwartenden Jahresbeitrag, mindestens aber der dreifache Auffangstreitwert (vgl. BSG, Beschluss vom 03.05.2006 – B 2 U 415/05 B – juris). Hier steht angesichts der andauernden Fortgeltung des Gefahrtarifs 2011 ein noch nicht abgeschlossener Zeitraum im Streit, so dass die Beitragsersparnis nicht vollständig konkret bestimmt werden kann. Die bislang bezifferbare Beitragsersparnis bleibt hinter dem dreifachen Auffangstreitwert zurück. Damit ist der endgültige Streitwert auf 15.000 Euro für beide Rechtszüge festzusetzen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
Rechtskraft
Aus
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