Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 KA 6295/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 4310/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.09.2015 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 1.337,08 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig zwischen den Beteiligten sind die Kosten eines Widerspruchsverfahrens und die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten.
Die Kläger sind ausweislich des vom Nachlassgericht Sch. G. Gmünd ausgestellten Erbscheins vom 02.11.2015 die Rechtsnachfolger des am 14.09.2015 verstorbenen Dr. U. B., der als Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen war (im Folgenden: der Vertragsarzt).
Im Honorarbescheid vom 15.01.2010 kürzte die Beklagte das Honorar des Vertragsarztes für das Quartal 3/2009 um einen Betrag in Höhe von 4.618,81 EUR (10 %) gemäß § 95d Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht. Hiergegen legte der Kläger am 12.02.2010 Widerspruch ein.
Mit Honorarbescheid vom 16.04.2010 kürzte die Beklagte auch das Honorar für das Folgequartal 4/2009 aufgrund der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht um 10 % (Kürzungsbetrag 5.950, 42 EUR).
Im Widerspruchsverfahren gegen den Honorarbescheid für das Quartal 3/2009 legte der Vertragsarzt ein Schreiben der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 28.05.2010 vor, nach welchem er die zur Ausstellung des Fortbildungszertifikates erforderliche Mindestpunktzahl von 250 Punkten bis zum 30.06.2009 erreicht habe. Da sein Zertifikatsantrag jedoch erst nach Ablauf der Frist (30.06.2009) am 27.05.2010 eingegangen sei, könne das Zertifikat erst auf den 27.05.2010 ausgestellt werden.
Am 31.05.2010 legte der Vertragsarzt sodann - über seinen Prozessbevollmächtigten - Widerspruch auch gegen den Honorarbescheid betreffend das Quartal 4/2009 ein.
Mit Bescheid vom 11.06.2010 half die Beklagte den Widersprüchen gegen die Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 und 4/2009 ab und erstattete das einbehaltene Honorar nach. Der Vertragsarzt habe seine Fortbildungsverpflichtung zum 30.06.2009 erfüllt. Das entsprechende Fortbildungszertifikat liege inzwischen vor.
Mit Schreiben vom 02.07.2010 legte der Prozessbevollmächtigte des Vertragsarztes seine Kostennoten für die Widerspruchsverfahren betreffend die Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 und 4/2009 vor und beantragte die Erstattung der hierfür entstandenen Kosten in Höhe von jeweils 668,54 EUR.
Mit Bescheid vom 20.07.2010 stellte die Beklagte fest, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für die Widerspruchsverfahren gegen die Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 und 4/2009 als nicht notwendig erachtet werde. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens seien vom Vertragsarzt zu tragen. Dieser sei bereits im Vorfeld über die Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte nach § 95d SGB V umfassend informiert gewesen. Die Abhilfe sei aufgrund des Fortbildungsnachweises vom 28.05.2010 der Landesärztekammer Baden-Württemberg erfolgt. Diesen Nachweis hätte der Kläger auch ohne rechtsanwaltliche Hilfe einreichen können.
Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigten des Vertragsarztes in dessen Namen am 25.08.2010 Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, die Notwendigkeit der Zuziehung im Vorverfahren sei danach zu beurteilen, ob der Widerspruchsführer im Zeitpunkt der Beauftragung seines Bevollmächtigten es habe für erforderlich halten dürfen, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden. Dies sei der Fall, wenn es möglich erscheine, dass schwierige Sachverhalte oder Rechtsfragen eine Rolle spielten. Hierfür sei es ausreichend, wenn die Angelegenheit nicht von völlig untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung für den Arzt sei oder wenn schwierige Rechtsfragen zu beantworten seien. Im vorliegenden Fall liege die wirtschaftliche Bedeutung des Klägers auf der Hand, nachdem eine Kürzung von 10% pro Quartalsabrechnung für 4 Quartale und ab dem 5. Quartal in Höhe von 25% angedroht worden sei. Die Abzugsbeträge betrügen in den einzelnen Quartalen schon 10% und somit immerhin circa 4.600,00 EUR. Die Höhe des Kürzungsbetrages indiziere insoweit die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2012 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Vertragsärzte, die am 30.06.2004 zugelassen gewesen seien, seien gesetzlich verpflichtet, erstmals bis zum 30.06.2009 einen Nachweis zu erbringen, dass sie in dem zurückliegenden 5-Jahres-Zeitraum ihrer Fortbildungsverpflichtung nachgekommen seien (§ 95d SGB V). Da der Beklagten der Fortbildungsnachweis des Vertragsarztes zum 30.06.2009 nicht vorgelegen habe, sei eine 10%-ige Kürzung des Honorars der Quartale 3/2009 und 4/2009 erfolgt. Auf das Schreiben der Landesärztekammer vom 28.05.2010 hin sei man dem Vertragsarzt entgegengekommen und habe im Wege der Abhilfe die einbehaltenen Honorare zurückbezahlt, obwohl die verletzte Frist eine gesetzliche Ausschlussfrist (§ 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V) sei. Zwar habe das Bundessozialgericht -BSG- entschieden (Urteil vom 09.05.2012 -B 6 KA 19/11 R-, in juris), dass bei Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes zwar nicht generell, aber jedenfalls immer dann zu bejahen sei, wenn das Verfahren für den geprüften Arzt von nicht unerheblicher wirtschaftlicher Tragweite sei. Allerdings habe der Kläger seine Verpflichtung, die Fortbildung gegenüber der Beklagten nachzuweisen, gekannt. Er sei mehrfach über Anschreiben und über Rundschreiben hierauf hingewiesen worden. So habe er seine Fortbildungspflicht bis zum 30.06.2009 auch, wie vorgeschrieben, erfüllt und hätte die Fortbildungsnachweise nur rechtzeitig einreichen müssen. In diesem Fall wären ihm keine Honorarkürzungen entstanden. Dazu werde kein Rechtsbeistand benötigt, weshalb die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht für notwendig erachtet werden könne.
Am 19.11.2012 erhob der Vertragsarzt Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung führte er aus, ein Vertragsarzt dürfe nach der Rechtsprechung des BSG immer dann eine anwaltliche Hilfe als notwendig erachten, wenn seine eigene Kenntnis nicht ausreiche und wenn dem Verfahren zumindest eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukomme. Das Schreiben der Beklagten (Geschäftsbereich Qualitätssicherung) vom 28.01.2010 enthalte den Hinweis auf die Fortbildungsverpflichtung des Klägers nach § 95d SGB V und unter der Überschrift "Nachholung der Fortbildung" die Erläuterung, dass keine Anrechnung der nachgeholten Punkte auf den folgenden 5-Jahreszeitraum stattfinde und das abgerechnete Honorar des Klägers ab dem 3. Quartal 2009 für die folgenden 4 Quartale um 10% und für die darauf folgenden Quartale um 25% gekürzt werde. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts ergebe sich bereits daraus, dass mit den bereits durchgeführten Kürzungen erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Vertragsarzt verbunden gewesen seien. Dem Vertragsarzt sei klar gewesen, dass er die fehlenden Fortbildungspunkte absolviert habe. Die Notwendigkeit gegen die ergangenen Kürzungsbescheide Widerspruch einzulegen, um deren Bestandskraft zu verhindern und die in Aussicht gestellten Kürzungen zu vermeiden, habe der Vertragsarzt in rechtlicher Hinsicht nicht ohne eine Beratung durch den Prozessbevollmächtigten verstehen können. Es habe sich um komplexe rechtliche Fragen im Zusammenhang mit den angegebenen wirtschaftlichen Verlusten gehandelt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte im Wesentlichen geltend, schwierige Rechtsfragen seien hinsichtlich der Honorarkürzungen wegen des Nichterfüllens der Fortbildungspflicht nicht zu beantworten gewesen. Der Vertragsarzt habe seine Fortbildungspflicht erfüllt und hätte dies lediglich rechtzeitig gegenüber der Beklagten nachweisen müssen. Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, habe es keines Rechtsanwaltes bedurft. Zudem habe der Vertragsarzt seine Unterlagen auch selbst bei der Ärztekammer eingereicht und das Fortbildungszertifikat vom 27.05.2010 der Beklagten vorgelegt, woraufhin die Abhilfeentscheidung ergangen sei. Eines rechtlichen Beistandes habe es nicht bedurft. Der Sachverhalt sei vielmehr mit wenigen Sätzen klarzustellen gewesen. Der Vertragsarzt habe selbst rechtzeitig Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal 3/2009 erhoben und sich darin gegen die Kürzung wegen der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht gewandt. Somit sei ihm sehr wohl bekannt gewesen, dass er gegen die streitgegenständlichen Honorarbescheide Widerspruch habe einlegen müssen, um deren Bestandskraft und die Kürzungen zu verhindern.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 09.09.2015 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Widerspruchsverfahren gegen die Bescheide der Beklagten vom 15.01.2010 und 16.04.2010. Die Kostenentscheidung der Beklagten im Bescheid vom 20.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2012 sei rechtmäßig und verletze den Vertragsarzt nicht in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Die Beklagte habe die Abhilfeentscheidung betreffend die Honorarkürzungen in den Quartalen 3/2009 und 4/2009 nicht im Hinblick auf den Widerspruch des Vertragsarztes erlassen, sondern aufgrund des nach Erlass der Kürzungsbescheide zu den Akten gegebenen Fortbildungszertifikats der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 28.05.2010. Die vom Vertragsarzt bzw. dessen Prozessbevollmächtigten erhobenen Widersprüche vom 12.02.2010 und 31.05.2010 seien nicht ursächlich für die dem Kläger günstige Entscheidung der Beklagten geworden. Grundlage für den Erlass des Abhilfebescheides vom 11.06.2010 sei allein die Mitwirkungshandlung des Klägers, sodass die geltend gemachte Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen, wie von der Beklagten zutreffend festgestellt, nicht in Betracht komme (BSG, Urteil vom 21.07.1992 - 4 RA 20/91 -, in juris; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.10.2012 - L 12 AS 425/12 B -, in juris). Die vom Kläger begehrte Feststellung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten in den Widerspruchsverfahren habe vor diesem Hintergrund einer bereits fehlenden Kostenerstattungspflicht der Beklagten nicht ausgesprochen werden können. Das SG verwies hierzu nach § 136 Abs. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 16.10.2012.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Vertragsarztes am 14.09.2015 zugestellte Urteil haben die Kläger als Rechtsnachfolger des am 14.09.2015 verstorbenen Vertragsarztes am 14.10.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, in dem Abhilfebescheid vom 11.06.2010 sei ausgeführt, den Widersprüchen werde abgeholfen. Der Vertragsarzt habe seine Fortbildungsverpflichtung zum 30.06.2009 erfüllt. Diese Entscheidung sei aufgrund der eingelegten Widersprüche erfolgt und nicht aus Gründen der nachträglich erfüllten Mitwirkungspflicht des Vertragsarztes. Im Widerspruch dazu stehe, dass die Beklagte im Ablehnungsbescheid vom 20.07.2010 ausgeführt habe, die Abhilfe sei aufgrund des Fortbildungsnachweises vom 28.05.2010 erfolgt. Hierin sei dem Vertragsarzt die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung zum 30.06.2009 bestätigt worden. Offensichtlich habe die Beklagte den Widersprüchen abgeholfen, obwohl die Fortbildungszertifikate vom Vertragsarzt nicht vorgelegt worden seien. Für die Kostenübernahme sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 18.02.2010 darauf hingewiesen habe, dass das Honorar ab dem Quartal 3/2009 für die ersten vier Quartale um jeweils 10 % gekürzt werden müsse und danach eine Kürzung für die folgenden Quartale von 25 % erfolge und nach dem achten Quartal ein Antrag auf Zulassungsentzug gestellt werden müsse.
Die Kläger beantragen -sachdienlich gefasst-,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.09.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 zu verurteilen festzustellen, dass ihnen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen in den Widerspruchsverfahren gegen die Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 und 4/2009 erstattet werden und dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in den genannten Widerspruchsverfahren notwendig war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend und führt aus, der abhelfende Bescheid vom 11.06.2010 sei gerade nicht im Hinblick auf die Widersprüche des Klägers erlassen worden, sondern allein aufgrund des nach Erlasses der Kürzungsbescheide zu den Akten gegebenen Fortbildungszertifikates der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 28.05.2010. Ausschließlich die Nachholung der dem Kläger gesetzlich auferlegten Nachweispflicht habe zur Aufhebung der Honorarkürzung geführt. Die Widersprüche seien deshalb nicht ursächlich für die dem Kläger günstige Entscheidung gewesen. Eine Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen nach § 63 SGB X scheide deshalb aus. Im Übrigen sei die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren auch nicht notwendig gewesen. Die Hinzuziehung sei dann notwendig, wenn nicht ohne weiteres zu klärende bzw. nicht einfach gelagerte Sach- und/oder Rechtsfragen eine Rolle spielten und deshalb im Zeitpunkt der förmlichen Beauftragung des Bevollmächtigten der Widerspruchsführer sich gemessen an seinem Bildung- und Erfahrungsstand vernünftigerweise eines Rechtsanwalts bediene. Zudem sei die Bedeutung der Streitsache für den Widerspruchsführer einschließlich der wirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichtigen. Bei einfach gelagerten Sachverhalten, in denen eine Klarstellung mit wenig Aufwand erfolgen könne, bedürfe ein mit Abrechnungsfragen notwendigerweise vertrauter Vertragsarzt bei der gebotenen, am betroffenen Personenkreis orientierten Beurteilung keines Rechtsanwalts im Verfahren gegen die Kassenärztliche Vereinigung. Um einen solchen einfach gelagerten Sachverhalt handele es sich hier. Schwierige Rechtsfragen, ob Honorarkürzungen berechtigt seien, wenn Fortbildungsnachweise nicht vollständig und rechtzeitig vorgelegt würden, seien entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Kläger nicht zu beantworten. Der Vertragsarzt habe seine Fortbildungspflicht erfüllt gehabt und hätte die Nachweise lediglich rechtzeitig bei der Beklagten vorlegen müssen. Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, habe es keines Rechtsanwaltes bedurft. Schließlich habe der Vertragsarzt seine Nachweise selbst bei der Ärztekammer eingereicht. Im Zeitpunkt der Einreichung des Widerspruchs durch den Prozessbevollmächtigten des Vertragsarztes am 31.05.2010 sei im Übrigen die Widerspruchsfrist für das Quartal 3/2009 längst abgelaufen gewesen. Der Honorarbescheid wäre zu diesem Zeitpunkt bestandskräftig gewesen, hätte nicht der Vertragsarzt selbst Widerspruch erhoben.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 17.12.2015 darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und dass diese Vorgehensweise beabsichtigt sei. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Kläger haben noch vortragen lassen, dass im Hinblick auf die Höhe der Honorarkürzung für das Quartal 3/2009 von immerhin 4.618,81 EUR und der darin liegenden wirtschaftlichen Bedeutung objektiv ausreichend Anlass für den Vertragsarzt bestanden habe, sich eines Rechtsanwaltes zu bedienen. Es handele sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um eine einfach gelagerte Sach- und/oder Rechtsfrage, bei der sich ein Bürger mit dem Bildung-und Erfahrungsstand des Vertragsarztes vernünftigerweise nicht eines Rechtsanwalts hätte bedienen dürfen.
Die Berichterstatterin hat die Kläger mit Schreiben vom 26.02.2016 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, an der mit Schreiben vom 17.12.2015 mitgeteilten Verfahrensweise festzuhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung der Kläger durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden hierzu angehört.
Die Berufung der Kläger ist gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässig und im Hinblick auf den in Streit stehenden Anspruch auf Erstattung von Kosten i.H.v. 1.337,08 EUR, mit dem der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) überschritten ist, auch ohne Zulassung durch das SG statthaft.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat zu Recht mit Bescheid vom 20.07.2010 dem Vertragsarzt die Kosten der Widerspruchsverfahren auferlegt und die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als nicht notwendig erachtet. Das SG hat zutreffend und umfassend ausgeführt, dass eine Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 SGB X von der Beklagten zu Recht abgelehnt worden ist, weil nicht die eingelegten Widersprüche, sondern der Nachweis der Erfüllung der Fortbildungspflicht durch den Vertragsarzt zur Abhilfe durch die Beklagte geführt hat. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Lediglich im Hinblick auf den Vortrag im Berufungsverfahren ist ergänzend noch Folgendes auszuführen:
Selbst wenn es sich um eine die Kostenpflicht der Beklagten auslösende Abhilfeentscheidung aufgrund der vom Vertragsarzt eingelegten Widersprüche gehandelt hätte, wäre eine Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten nicht festzustellen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 09.05.2012 - B 6 KA 19/11 R -, in juris m.w.N.) kann in vertragsarztrechtlichen Streitverfahren die Notwendigkeit der Zuziehung eines Anwalts nicht generell, sondern nur differenziert beurteilt werden. Für Verfahren der Zulassungsentziehung hat das BSG zwar die Zuziehung eines Bevollmächtigten allgemein für notwendig gehalten und sie für Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung zumindest dann bejaht, wenn nicht nur medizinische Fragen von Bedeutung sind. Ein Vertragsarzt darf immer dann anwaltliche Hilfe als notwendig erachten, wenn seine eigenen Hinweise auf offensichtliche Fehler der KÄV, Klarstellungen zum Abrechnungsverhalten oder rein medizinische Erläuterungen zum Behandlungsumfang aus seiner Sicht nicht ausreichen, um das Widerspruchsverfahren mit Aussicht auf Erfolg durchzuführen, und dem Verfahren zumindest eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Das BSG hat für die Frage, ob ein Vertragsarzt im Hinblick auf Abrechnungsstreitigkeiten sich vernünftigerweise eines Rechtsanwalts bedienen darf, darauf abgestellt, ob der Vertragsarzt kraft seines Berufes und der mit ihm einhergehenden Informationspflichten nähere Kenntnisse über die streitgegenständliche Materie hat (Urteil vom 31.05.2006 - B 6 KA 78/04 R -, in juris).
Diese Voraussetzungen für die Erforderlichkeit anwaltlicher Hilfe lagen aus der ex-ante-Sicht des Vertragsarztes nicht vor. Anders als in Abrechnungsstreitigkeiten, in denen es um Fragen der Abrechnung selbst geht, war die vorliegende prozentuale Honorarkürzung allein aus Sanktionsgründen wegen des nicht vorgelegten Nachweises über die Erfüllung der Fortbildungspflicht des Vertragsarztes erfolgt. Es bestand auch kein Streit über die Notwendigkeit der Erfüllung der Fortbildungspflicht. Über all das war sich der Vertragsarzt auch ohne anwaltlich Hilfe selbst im Klaren, was sich schon daraus ergibt, dass er ohne Einschaltung eines Anwalts gegen den Honorarbescheid für das Quartal 3/2009 Widerspruch eingelegt und anschließend für die Ausstellung des Fortbildungsnachweises durch die Ärztekammer gesorgt hat. Diesen hat er selbst der Beklagten unmittelbar nach dessen Ausstellung am 28.05.2010 vorgelegt und damit seine Nachweispflicht erfüllt. Für die Einlegung des Widerspruchs gegen den Honorarbescheid für das Quartal 4/2009 am 31.05.2010 mit dem Ziel, lediglich den Eintritt der Bestandskraft auch dieses Honorarbescheids zu verhindern, hätte es deshalb keines Rechtsanwaltes bedurft.
Auch die von den Klägern geltend gemachte wirtschaftliche Bedeutung der Honorarkürzungen, die mit den Widersprüchen angegriffen worden waren, kann hier die Hinzuziehung des Bevollmächtigten nicht rechtfertigen. Die Honorarkürzung um jeweils 10 % bewegt sich nicht in einer Größenordnung, die für eine Arztpraxis von so erheblicher wirtschaftlicher Tragweite ist, dass deren Existenz gefährdet wäre (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 09.05.2012 - B 6 KA 19/11 R -, in juris). Auch aus diesem Grund bestand für den Vertragsarzt daher aus der ex-ante Sicht keine Veranlassung, sich anwaltlicher Hilfe zu bedienen.
Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Höhe des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Kläger tragen die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 1.337,08 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig zwischen den Beteiligten sind die Kosten eines Widerspruchsverfahrens und die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten.
Die Kläger sind ausweislich des vom Nachlassgericht Sch. G. Gmünd ausgestellten Erbscheins vom 02.11.2015 die Rechtsnachfolger des am 14.09.2015 verstorbenen Dr. U. B., der als Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen war (im Folgenden: der Vertragsarzt).
Im Honorarbescheid vom 15.01.2010 kürzte die Beklagte das Honorar des Vertragsarztes für das Quartal 3/2009 um einen Betrag in Höhe von 4.618,81 EUR (10 %) gemäß § 95d Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht. Hiergegen legte der Kläger am 12.02.2010 Widerspruch ein.
Mit Honorarbescheid vom 16.04.2010 kürzte die Beklagte auch das Honorar für das Folgequartal 4/2009 aufgrund der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht um 10 % (Kürzungsbetrag 5.950, 42 EUR).
Im Widerspruchsverfahren gegen den Honorarbescheid für das Quartal 3/2009 legte der Vertragsarzt ein Schreiben der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 28.05.2010 vor, nach welchem er die zur Ausstellung des Fortbildungszertifikates erforderliche Mindestpunktzahl von 250 Punkten bis zum 30.06.2009 erreicht habe. Da sein Zertifikatsantrag jedoch erst nach Ablauf der Frist (30.06.2009) am 27.05.2010 eingegangen sei, könne das Zertifikat erst auf den 27.05.2010 ausgestellt werden.
Am 31.05.2010 legte der Vertragsarzt sodann - über seinen Prozessbevollmächtigten - Widerspruch auch gegen den Honorarbescheid betreffend das Quartal 4/2009 ein.
Mit Bescheid vom 11.06.2010 half die Beklagte den Widersprüchen gegen die Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 und 4/2009 ab und erstattete das einbehaltene Honorar nach. Der Vertragsarzt habe seine Fortbildungsverpflichtung zum 30.06.2009 erfüllt. Das entsprechende Fortbildungszertifikat liege inzwischen vor.
Mit Schreiben vom 02.07.2010 legte der Prozessbevollmächtigte des Vertragsarztes seine Kostennoten für die Widerspruchsverfahren betreffend die Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 und 4/2009 vor und beantragte die Erstattung der hierfür entstandenen Kosten in Höhe von jeweils 668,54 EUR.
Mit Bescheid vom 20.07.2010 stellte die Beklagte fest, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für die Widerspruchsverfahren gegen die Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 und 4/2009 als nicht notwendig erachtet werde. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens seien vom Vertragsarzt zu tragen. Dieser sei bereits im Vorfeld über die Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte nach § 95d SGB V umfassend informiert gewesen. Die Abhilfe sei aufgrund des Fortbildungsnachweises vom 28.05.2010 der Landesärztekammer Baden-Württemberg erfolgt. Diesen Nachweis hätte der Kläger auch ohne rechtsanwaltliche Hilfe einreichen können.
Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigten des Vertragsarztes in dessen Namen am 25.08.2010 Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, die Notwendigkeit der Zuziehung im Vorverfahren sei danach zu beurteilen, ob der Widerspruchsführer im Zeitpunkt der Beauftragung seines Bevollmächtigten es habe für erforderlich halten dürfen, im Vorverfahren durch einen Rechtsanwalt unterstützt zu werden. Dies sei der Fall, wenn es möglich erscheine, dass schwierige Sachverhalte oder Rechtsfragen eine Rolle spielten. Hierfür sei es ausreichend, wenn die Angelegenheit nicht von völlig untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung für den Arzt sei oder wenn schwierige Rechtsfragen zu beantworten seien. Im vorliegenden Fall liege die wirtschaftliche Bedeutung des Klägers auf der Hand, nachdem eine Kürzung von 10% pro Quartalsabrechnung für 4 Quartale und ab dem 5. Quartal in Höhe von 25% angedroht worden sei. Die Abzugsbeträge betrügen in den einzelnen Quartalen schon 10% und somit immerhin circa 4.600,00 EUR. Die Höhe des Kürzungsbetrages indiziere insoweit die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2012 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Vertragsärzte, die am 30.06.2004 zugelassen gewesen seien, seien gesetzlich verpflichtet, erstmals bis zum 30.06.2009 einen Nachweis zu erbringen, dass sie in dem zurückliegenden 5-Jahres-Zeitraum ihrer Fortbildungsverpflichtung nachgekommen seien (§ 95d SGB V). Da der Beklagten der Fortbildungsnachweis des Vertragsarztes zum 30.06.2009 nicht vorgelegen habe, sei eine 10%-ige Kürzung des Honorars der Quartale 3/2009 und 4/2009 erfolgt. Auf das Schreiben der Landesärztekammer vom 28.05.2010 hin sei man dem Vertragsarzt entgegengekommen und habe im Wege der Abhilfe die einbehaltenen Honorare zurückbezahlt, obwohl die verletzte Frist eine gesetzliche Ausschlussfrist (§ 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V) sei. Zwar habe das Bundessozialgericht -BSG- entschieden (Urteil vom 09.05.2012 -B 6 KA 19/11 R-, in juris), dass bei Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes zwar nicht generell, aber jedenfalls immer dann zu bejahen sei, wenn das Verfahren für den geprüften Arzt von nicht unerheblicher wirtschaftlicher Tragweite sei. Allerdings habe der Kläger seine Verpflichtung, die Fortbildung gegenüber der Beklagten nachzuweisen, gekannt. Er sei mehrfach über Anschreiben und über Rundschreiben hierauf hingewiesen worden. So habe er seine Fortbildungspflicht bis zum 30.06.2009 auch, wie vorgeschrieben, erfüllt und hätte die Fortbildungsnachweise nur rechtzeitig einreichen müssen. In diesem Fall wären ihm keine Honorarkürzungen entstanden. Dazu werde kein Rechtsbeistand benötigt, weshalb die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht für notwendig erachtet werden könne.
Am 19.11.2012 erhob der Vertragsarzt Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung führte er aus, ein Vertragsarzt dürfe nach der Rechtsprechung des BSG immer dann eine anwaltliche Hilfe als notwendig erachten, wenn seine eigene Kenntnis nicht ausreiche und wenn dem Verfahren zumindest eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukomme. Das Schreiben der Beklagten (Geschäftsbereich Qualitätssicherung) vom 28.01.2010 enthalte den Hinweis auf die Fortbildungsverpflichtung des Klägers nach § 95d SGB V und unter der Überschrift "Nachholung der Fortbildung" die Erläuterung, dass keine Anrechnung der nachgeholten Punkte auf den folgenden 5-Jahreszeitraum stattfinde und das abgerechnete Honorar des Klägers ab dem 3. Quartal 2009 für die folgenden 4 Quartale um 10% und für die darauf folgenden Quartale um 25% gekürzt werde. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts ergebe sich bereits daraus, dass mit den bereits durchgeführten Kürzungen erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Vertragsarzt verbunden gewesen seien. Dem Vertragsarzt sei klar gewesen, dass er die fehlenden Fortbildungspunkte absolviert habe. Die Notwendigkeit gegen die ergangenen Kürzungsbescheide Widerspruch einzulegen, um deren Bestandskraft zu verhindern und die in Aussicht gestellten Kürzungen zu vermeiden, habe der Vertragsarzt in rechtlicher Hinsicht nicht ohne eine Beratung durch den Prozessbevollmächtigten verstehen können. Es habe sich um komplexe rechtliche Fragen im Zusammenhang mit den angegebenen wirtschaftlichen Verlusten gehandelt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte im Wesentlichen geltend, schwierige Rechtsfragen seien hinsichtlich der Honorarkürzungen wegen des Nichterfüllens der Fortbildungspflicht nicht zu beantworten gewesen. Der Vertragsarzt habe seine Fortbildungspflicht erfüllt und hätte dies lediglich rechtzeitig gegenüber der Beklagten nachweisen müssen. Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, habe es keines Rechtsanwaltes bedurft. Zudem habe der Vertragsarzt seine Unterlagen auch selbst bei der Ärztekammer eingereicht und das Fortbildungszertifikat vom 27.05.2010 der Beklagten vorgelegt, woraufhin die Abhilfeentscheidung ergangen sei. Eines rechtlichen Beistandes habe es nicht bedurft. Der Sachverhalt sei vielmehr mit wenigen Sätzen klarzustellen gewesen. Der Vertragsarzt habe selbst rechtzeitig Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal 3/2009 erhoben und sich darin gegen die Kürzung wegen der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht gewandt. Somit sei ihm sehr wohl bekannt gewesen, dass er gegen die streitgegenständlichen Honorarbescheide Widerspruch habe einlegen müssen, um deren Bestandskraft und die Kürzungen zu verhindern.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 09.09.2015 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Widerspruchsverfahren gegen die Bescheide der Beklagten vom 15.01.2010 und 16.04.2010. Die Kostenentscheidung der Beklagten im Bescheid vom 20.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2012 sei rechtmäßig und verletze den Vertragsarzt nicht in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Die Beklagte habe die Abhilfeentscheidung betreffend die Honorarkürzungen in den Quartalen 3/2009 und 4/2009 nicht im Hinblick auf den Widerspruch des Vertragsarztes erlassen, sondern aufgrund des nach Erlass der Kürzungsbescheide zu den Akten gegebenen Fortbildungszertifikats der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 28.05.2010. Die vom Vertragsarzt bzw. dessen Prozessbevollmächtigten erhobenen Widersprüche vom 12.02.2010 und 31.05.2010 seien nicht ursächlich für die dem Kläger günstige Entscheidung der Beklagten geworden. Grundlage für den Erlass des Abhilfebescheides vom 11.06.2010 sei allein die Mitwirkungshandlung des Klägers, sodass die geltend gemachte Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen, wie von der Beklagten zutreffend festgestellt, nicht in Betracht komme (BSG, Urteil vom 21.07.1992 - 4 RA 20/91 -, in juris; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.10.2012 - L 12 AS 425/12 B -, in juris). Die vom Kläger begehrte Feststellung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten in den Widerspruchsverfahren habe vor diesem Hintergrund einer bereits fehlenden Kostenerstattungspflicht der Beklagten nicht ausgesprochen werden können. Das SG verwies hierzu nach § 136 Abs. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 16.10.2012.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Vertragsarztes am 14.09.2015 zugestellte Urteil haben die Kläger als Rechtsnachfolger des am 14.09.2015 verstorbenen Vertragsarztes am 14.10.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, in dem Abhilfebescheid vom 11.06.2010 sei ausgeführt, den Widersprüchen werde abgeholfen. Der Vertragsarzt habe seine Fortbildungsverpflichtung zum 30.06.2009 erfüllt. Diese Entscheidung sei aufgrund der eingelegten Widersprüche erfolgt und nicht aus Gründen der nachträglich erfüllten Mitwirkungspflicht des Vertragsarztes. Im Widerspruch dazu stehe, dass die Beklagte im Ablehnungsbescheid vom 20.07.2010 ausgeführt habe, die Abhilfe sei aufgrund des Fortbildungsnachweises vom 28.05.2010 erfolgt. Hierin sei dem Vertragsarzt die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung zum 30.06.2009 bestätigt worden. Offensichtlich habe die Beklagte den Widersprüchen abgeholfen, obwohl die Fortbildungszertifikate vom Vertragsarzt nicht vorgelegt worden seien. Für die Kostenübernahme sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 18.02.2010 darauf hingewiesen habe, dass das Honorar ab dem Quartal 3/2009 für die ersten vier Quartale um jeweils 10 % gekürzt werden müsse und danach eine Kürzung für die folgenden Quartale von 25 % erfolge und nach dem achten Quartal ein Antrag auf Zulassungsentzug gestellt werden müsse.
Die Kläger beantragen -sachdienlich gefasst-,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.09.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 zu verurteilen festzustellen, dass ihnen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen in den Widerspruchsverfahren gegen die Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 und 4/2009 erstattet werden und dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in den genannten Widerspruchsverfahren notwendig war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend und führt aus, der abhelfende Bescheid vom 11.06.2010 sei gerade nicht im Hinblick auf die Widersprüche des Klägers erlassen worden, sondern allein aufgrund des nach Erlasses der Kürzungsbescheide zu den Akten gegebenen Fortbildungszertifikates der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 28.05.2010. Ausschließlich die Nachholung der dem Kläger gesetzlich auferlegten Nachweispflicht habe zur Aufhebung der Honorarkürzung geführt. Die Widersprüche seien deshalb nicht ursächlich für die dem Kläger günstige Entscheidung gewesen. Eine Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen nach § 63 SGB X scheide deshalb aus. Im Übrigen sei die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren auch nicht notwendig gewesen. Die Hinzuziehung sei dann notwendig, wenn nicht ohne weiteres zu klärende bzw. nicht einfach gelagerte Sach- und/oder Rechtsfragen eine Rolle spielten und deshalb im Zeitpunkt der förmlichen Beauftragung des Bevollmächtigten der Widerspruchsführer sich gemessen an seinem Bildung- und Erfahrungsstand vernünftigerweise eines Rechtsanwalts bediene. Zudem sei die Bedeutung der Streitsache für den Widerspruchsführer einschließlich der wirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichtigen. Bei einfach gelagerten Sachverhalten, in denen eine Klarstellung mit wenig Aufwand erfolgen könne, bedürfe ein mit Abrechnungsfragen notwendigerweise vertrauter Vertragsarzt bei der gebotenen, am betroffenen Personenkreis orientierten Beurteilung keines Rechtsanwalts im Verfahren gegen die Kassenärztliche Vereinigung. Um einen solchen einfach gelagerten Sachverhalt handele es sich hier. Schwierige Rechtsfragen, ob Honorarkürzungen berechtigt seien, wenn Fortbildungsnachweise nicht vollständig und rechtzeitig vorgelegt würden, seien entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Kläger nicht zu beantworten. Der Vertragsarzt habe seine Fortbildungspflicht erfüllt gehabt und hätte die Nachweise lediglich rechtzeitig bei der Beklagten vorlegen müssen. Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, habe es keines Rechtsanwaltes bedurft. Schließlich habe der Vertragsarzt seine Nachweise selbst bei der Ärztekammer eingereicht. Im Zeitpunkt der Einreichung des Widerspruchs durch den Prozessbevollmächtigten des Vertragsarztes am 31.05.2010 sei im Übrigen die Widerspruchsfrist für das Quartal 3/2009 längst abgelaufen gewesen. Der Honorarbescheid wäre zu diesem Zeitpunkt bestandskräftig gewesen, hätte nicht der Vertragsarzt selbst Widerspruch erhoben.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 17.12.2015 darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und dass diese Vorgehensweise beabsichtigt sei. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Kläger haben noch vortragen lassen, dass im Hinblick auf die Höhe der Honorarkürzung für das Quartal 3/2009 von immerhin 4.618,81 EUR und der darin liegenden wirtschaftlichen Bedeutung objektiv ausreichend Anlass für den Vertragsarzt bestanden habe, sich eines Rechtsanwaltes zu bedienen. Es handele sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um eine einfach gelagerte Sach- und/oder Rechtsfrage, bei der sich ein Bürger mit dem Bildung-und Erfahrungsstand des Vertragsarztes vernünftigerweise nicht eines Rechtsanwalts hätte bedienen dürfen.
Die Berichterstatterin hat die Kläger mit Schreiben vom 26.02.2016 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, an der mit Schreiben vom 17.12.2015 mitgeteilten Verfahrensweise festzuhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung der Kläger durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden hierzu angehört.
Die Berufung der Kläger ist gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässig und im Hinblick auf den in Streit stehenden Anspruch auf Erstattung von Kosten i.H.v. 1.337,08 EUR, mit dem der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) überschritten ist, auch ohne Zulassung durch das SG statthaft.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat zu Recht mit Bescheid vom 20.07.2010 dem Vertragsarzt die Kosten der Widerspruchsverfahren auferlegt und die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als nicht notwendig erachtet. Das SG hat zutreffend und umfassend ausgeführt, dass eine Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 SGB X von der Beklagten zu Recht abgelehnt worden ist, weil nicht die eingelegten Widersprüche, sondern der Nachweis der Erfüllung der Fortbildungspflicht durch den Vertragsarzt zur Abhilfe durch die Beklagte geführt hat. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Lediglich im Hinblick auf den Vortrag im Berufungsverfahren ist ergänzend noch Folgendes auszuführen:
Selbst wenn es sich um eine die Kostenpflicht der Beklagten auslösende Abhilfeentscheidung aufgrund der vom Vertragsarzt eingelegten Widersprüche gehandelt hätte, wäre eine Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten nicht festzustellen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 09.05.2012 - B 6 KA 19/11 R -, in juris m.w.N.) kann in vertragsarztrechtlichen Streitverfahren die Notwendigkeit der Zuziehung eines Anwalts nicht generell, sondern nur differenziert beurteilt werden. Für Verfahren der Zulassungsentziehung hat das BSG zwar die Zuziehung eines Bevollmächtigten allgemein für notwendig gehalten und sie für Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung zumindest dann bejaht, wenn nicht nur medizinische Fragen von Bedeutung sind. Ein Vertragsarzt darf immer dann anwaltliche Hilfe als notwendig erachten, wenn seine eigenen Hinweise auf offensichtliche Fehler der KÄV, Klarstellungen zum Abrechnungsverhalten oder rein medizinische Erläuterungen zum Behandlungsumfang aus seiner Sicht nicht ausreichen, um das Widerspruchsverfahren mit Aussicht auf Erfolg durchzuführen, und dem Verfahren zumindest eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Das BSG hat für die Frage, ob ein Vertragsarzt im Hinblick auf Abrechnungsstreitigkeiten sich vernünftigerweise eines Rechtsanwalts bedienen darf, darauf abgestellt, ob der Vertragsarzt kraft seines Berufes und der mit ihm einhergehenden Informationspflichten nähere Kenntnisse über die streitgegenständliche Materie hat (Urteil vom 31.05.2006 - B 6 KA 78/04 R -, in juris).
Diese Voraussetzungen für die Erforderlichkeit anwaltlicher Hilfe lagen aus der ex-ante-Sicht des Vertragsarztes nicht vor. Anders als in Abrechnungsstreitigkeiten, in denen es um Fragen der Abrechnung selbst geht, war die vorliegende prozentuale Honorarkürzung allein aus Sanktionsgründen wegen des nicht vorgelegten Nachweises über die Erfüllung der Fortbildungspflicht des Vertragsarztes erfolgt. Es bestand auch kein Streit über die Notwendigkeit der Erfüllung der Fortbildungspflicht. Über all das war sich der Vertragsarzt auch ohne anwaltlich Hilfe selbst im Klaren, was sich schon daraus ergibt, dass er ohne Einschaltung eines Anwalts gegen den Honorarbescheid für das Quartal 3/2009 Widerspruch eingelegt und anschließend für die Ausstellung des Fortbildungsnachweises durch die Ärztekammer gesorgt hat. Diesen hat er selbst der Beklagten unmittelbar nach dessen Ausstellung am 28.05.2010 vorgelegt und damit seine Nachweispflicht erfüllt. Für die Einlegung des Widerspruchs gegen den Honorarbescheid für das Quartal 4/2009 am 31.05.2010 mit dem Ziel, lediglich den Eintritt der Bestandskraft auch dieses Honorarbescheids zu verhindern, hätte es deshalb keines Rechtsanwaltes bedurft.
Auch die von den Klägern geltend gemachte wirtschaftliche Bedeutung der Honorarkürzungen, die mit den Widersprüchen angegriffen worden waren, kann hier die Hinzuziehung des Bevollmächtigten nicht rechtfertigen. Die Honorarkürzung um jeweils 10 % bewegt sich nicht in einer Größenordnung, die für eine Arztpraxis von so erheblicher wirtschaftlicher Tragweite ist, dass deren Existenz gefährdet wäre (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 09.05.2012 - B 6 KA 19/11 R -, in juris). Auch aus diesem Grund bestand für den Vertragsarzt daher aus der ex-ante Sicht keine Veranlassung, sich anwaltlicher Hilfe zu bedienen.
Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Höhe des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
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