S 4 KA 2628/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KA 2628/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist des § 45 Abs. 1 Zahnärzte-ZV für die Zahlung der Widerspruchsgebühr ist ausgeschlossen, da es sich um eine Ausschlussfrist im Sinne von § 27 Abs. 5 SGB X handelt.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außer-gerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selber tragen. 3. Der Streitwert des Verfahrens wird endgültig auf 60.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Entziehung einer Zulassung zur kassenzahnärztlichen Versorgung im Streit.

Der am geborene Kläger ist Zahnarzt und besaß eine Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung, die jeweils zur Hälfte auf die beiden Sitze in (Regierungsbezirk K.) und in (Regierungsbezirk ) aufgeteilt war.

Mit Beschluss vom 28.02.2014 entzog der Zulassungsausschuss für Zahnärzte (ZA) dem Kläger die hälftige Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung für den Praxissitz , wobei die sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Diese Entscheidung wurde auf eine Verurteilung wegen Betruges in sechs Fällen vom 20.07.2012, eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tatmehrheit mit Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen vom 21.06.2012 und auf eine Verurteilung wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit vom 08.06.2012 gestützt.

In der Rechtsbehelfsbelehrung des Beschlusses wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch als zurückgenommen gilt, wenn eine Gebühr in Höhe von 200,- EUR für das Widerspruchsverfahren nicht bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf der Widerspruchsfrist an die Geschäftsstelle des beklagten Berufungsausschusses entrichtet wird, dessen Kontoverbindung in der Rechtsbehelfsbelehrung angegeben wurde. Der Beschluss wurde am 28.02.2014 ausgefertigt, der bevollmächtigten Rechtsanwältin des Klägers vorab per Fax zur Kenntnis zugesandt und danach am 03.03.2014 förmlich gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.

Mit Schreiben vom 21.03.2014, eingegangen beim Berufungsausschuss für Zahnärzte (BA) am 24.03.2014, legte die Bevollmächtigte Widerspruch ein, wozu sie eine aktuelle Vollmacht vorlegte und Akteneinsicht beantragte.

Die zu Ziff. 6 beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung B. übersandte mit Schreiben vom 09.04.2014 eine Kopie der Verwaltungsakte an die Klägerbevollmächtigte.

Bis zum 30.04.2014 ging beim beklagten BA weder ein weiteres Schreiben der Rechtsanwältin noch des Klägers ein. Auch wurde die Gebühr in Höhe von 200,- EUR für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens bis zu diesem Datum nicht eingezahlt.

Mit Schreiben vom 30.04.2014 an die Klägerbevollmächtigte vertrat der Beklagte die Auffassung, dass wegen Nichtzahlung der Gebühr gemäß § 45 Abs. 1 der Zahnärzte-Zulassungsverordnung (Zahnärzte-ZV) die Widerspruchsfrist am 03.04.2014 abgelaufen, die Gebühr in Höhe von 200,- EUR am 17.04.2014 letztmalig fällig und bis zum Tag des Schreibens kein Eingang der Widerspruchsgebühr festgestellt werden könne, weswegen der Widerspruch als zurückgenommen gelte.

Die Klägerbevollmächtigte meldete sich erst wieder mit Schreiben vom 12.05.2014, eingegangen bei dem Beklagten am 14.05.2014, mit welchem sie die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Widerspruchsgebühr beantragte. Es sei aufgrund eines bedauerlichen Irrtums und Versehens der hierfür allein zuständigen Kanzleimitarbeiterin S. versäumt worden, die Frist zu notieren. Zwar habe sie den Kläger mit Schreiben vom 04.03.2014 zur Zahlung der Gebühr aufgefordert, doch wäre es erforderlich gewesen, den Kläger angesichts der derzeit schwierigen und belastenden Umstände nochmals auf die mit der Fristversäumnis verbundenen Gefahren der Rücknahmefiktion hinzuweisen. Dies sei aufgrund des Versehens der Kanzleimitarbeiterin nicht erfolgt. Das Versehen sei trotz der sonst korrekten und sehr zuverlässigen Arbeitsweise und Tätigkeit der Mitarbeiterin passiert, nachdem diese nach einer einwöchigen Erkrankung ihre Arbeit am Montag, 03.03.2014, wieder aufgenommen habe. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sei der Fehler der Kanzleikräfte des Prozessbevollmächtigten dem vertretenen Mandanten nicht zuzurechnen.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung waren eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin S., eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für diese vom 21.02. bis 25.02.2014, sowie das Abschlusszeugnis der S. über die bestandene Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten mit der Durchschnittsnote 1,0 beigefügt. In der eidesstattlichen Versicherung führte die Mitarbeiterin S. aus, dass sie "typischerweise" auch für die Eintragung von Fristen sowohl in elektronischen Fristkalender als auch in den ergänzend handschriftlich geführten Fristenkalender zuständig sei. Nach Zustellung etwaiger Bescheide, Beschlüsse oder Urteile berechne sie daher die Fristen und trage diese sorgfältig in die beiden genannten Kalender ein. Sie habe auch gegen den Beschluss des ZA vom 28.02.2014, eingegangen am 03.03.2014 die im Bescheid benannte Rechtsbehelfsfrist eingetragen. Dementsprechend habe ihre Arbeitgeberin auch fristgerecht den Widerspruch für den Kläger eingelegt und anschließend mit Schreiben vom 04.03.2014 den Kläger ausdrücklich auch auf die Widerspruchsgebühr hingewiesen. Trotz eines ausdrücklichen Hinweises ihrer Arbeitgeberin im entsprechenden Diktat habe sie es leider versäumt, die im Bescheid genannte weitere Frist für die Zahlung der Widerspruchsgebühr von 200,- EUR einzutragen, damit der Kläger hieran nochmals erinnert werden könne. Sie bedauere ihr Versäumnis, eine solche rechtlich bedeutsame Frist einzutragen. Ein solcher Fehler sei ihr noch nicht unterlaufen. Sie könne sich dies nur dadurch erklären, dass sie in der Woche zuvor aufgrund einer sehr schweren Erkältung krankgeschrieben gewesen sei.

Mit Beschluss ohne mündliche Verhandlung vom 03.07.2014 lehnte der beklagte BA den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab und stellte fest, dass der Widerspruch vom 21.03.2014 als zurückgenommen gilt. Der Widerspruch sei zwar fristgerecht erhoben, allerdings sei die Widerspruchsgebühr nicht in der gesetzlichen Frist eingezahlt worden, weswegen der Widerspruch als zurückgenommen gelte. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei bereits unzulässig, da es sich bei der Frist nach § 45 Abs. 1 Zahnärzte-ZV um eine Ausschlussfrist handele, in welche nach § 27 Abs. 5 SGB X keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könne (mit Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen vom 19.12.2009 - L 3 KA 117/08). § 45 Abs. 1 Zahnärzte-ZV sei mit anderen Regelungen vergleichbar, welche eine fristgebundene Mitwirkungshandlung des Rechtsbehelfsführers verlangten und nach fruchtlosem Fristablauf die Rücknahme des Rechtsbehelfs fingierten, etwa § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG. In diesen Fällen werde überwiegend angenommen, dass eine Wiedereinsetzung allenfalls in Fällen höherer Gewalt möglich sein könne (mit Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht vom 15.01.1991 - 9 C 96/89 -). Dafür, dass der Widerspruchsführer infolge höherer Gewalt nicht in der Lage gewesen sei, die Gebühr innerhalb der gesetzten Frist zu zahlen, bestünden jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Darüber hinaus sei der Antrag auf Wiedereinsetzung auch unbegründet, da ein fehlendes Verschulden des Widerspruchsführers weder dargetan noch ersichtlich sei. Nach dem Vortrag der Bevollmächtigten habe der Widerspruchsführer selbst für die fristgerechte Zahlung Sorge tragen sollen. Zur Zahlung der Widerspruchsgebühr für den Fall der Einlegung eines Widerspruchs sei bereits im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung aufgefordert worden. Auf die Zahlungsfrist sei der Widerspruchsführer dann auch nochmals von der Bevollmächtigten hingewiesen worden. Die Tatsache, dass die Kanzleimitarbeiterin der Bevollmächtigten den Widerspruchsführer nicht nochmals an die Zahlungsfrist erinnert habe, lasse ein Verschulden des Widerspruchsführers nicht entfallen. Aus welchem Grund die Zahlung vom Widerspruchsführer nicht geleistet worden sei, sei nicht vorgetragen. Der bloße allgemeine Vortrag auf die "derzeit schwierigen und belastenden Umstände" lasse nicht erkennen, dass den Widerspruchsführer kein Verschulden treffe. Der Beschluss wurde am 03.07.2014 ausgefertigt und der Bevollmächtigten am 07.07.2014 zugestellt.

Die Klägerbevollmächtigte hat am 06.08.2014 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Der Rechtsansicht des Beklagten, es handele sich um eine Ausschlussfrist ohne Möglichkeit der Wiedereinsetzung, könne bereits deswegen nicht gefolgt werden, weil die Frist nicht gemäß § 27 Abs. 5 SGB X ausdrücklich als solche bezeichnet sei. Angesichts der erheblichen Folgen für den Kläger sei auch im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG unter Berücksichtigung von Art. 12 GG eine Auslegung vorzunehmen, wonach eine Wiedereinsetzung grundsätzlich möglich sein müsse.

Erstmalig wird im Klageverfahren vorgetragen, dass dem Kläger die Zahlung der Widerspruchsgebühr auch deswegen nicht möglich gewesen sei, weil er das erste Hinweisschreiben der Bevollmächtigten vom 04.03.2014 nicht erhalten habe. Die Klägerbevollmächtigte hat hierzu eine eidesstattliche Versicherung des Klägers vom 12.09.2014 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 03.07.2014 aufzuheben, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und die Sache zur Verhandlung über den Widerspruch an den Berufungsausschuss zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Frist nach § 45 Abs. 1 Zahnärzte-ZV unzulässig sei (mit Hinweis auf BSG vom 05.02.2003 - B 6 KA 27/02 R -). Dies ergebe sich auch daraus, dass es sich bei der vorliegenden Frist nicht um eine gesetzliche Frist im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X handele, sondern um eine behördlich vorgegebene Frist (mit Hinweis auf Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, 1. Auflage 2008, § 38 Abs. 2 Seite 24/26; Siefert in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 26 Rn. 5). Vorschriften, welche eine Vorschusspflicht des Rechtssuchenden vorsehen, seien mit Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich auch dann vereinbar, wenn sie für den Fall der Nichteinzahlung anordnen, dass der entsprechende Rechtsbehelf als zurückgenommen gelte (mit Hinweis auf BVerfG vom 14.12.1988 - 1 BvR 1578/88 -). Soweit der Kläger auf das Grundrecht der Berufsfreiheit abstelle, sei festzustellen, dass der Kläger nach wie vor berechtigt sei, auf Basis von Privatliquidationen tätig zu sein. Insoweit sei allerdings auch auf das inzwischen vom Regierungspräsidium Stuttgart angeordnete Ruhen der Approbation als Zahnarzt hinzuweisen (Bescheid vom 29.07.2014).

Schließlich sei auch darauf hinzuweisen, dass die Gebühr zur Einleitung des Verfahrens nicht nur durch den Kläger, sondern auch durch die Bevollmächtigte hätte beglichen werden können. Dass der Bevollmächtigten das Ausstehen der Gebühr und die belastenden Umstände um die Person des Klägers bewusst gewesen seien, sei bekannt. Die Frage, ob die Gebühr von dem Kläger oder der Bevollmächtigten zu entrichten gewesen wäre, wäre allerdings auch bei unstreitigem Zugang des Schriftstücks vom 04.03.2014 (Anlage K3) offengeblieben. Der Kläger sei somit nicht zweifelsfrei von seiner Bevollmächtigten auf die Pflicht zur Begleichung der Kostenschuld hingewiesen worden, wobei ebenfalls von einem Verschulden der Bevollmächtigten auszugehen sei, welches dem Kläger nach § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB X zuzurechnen sei. Soweit nun erstmals im Prozess vorgetragen werde, dass der Kläger dieses Schreiben überhaupt nicht erhalten habe, werde Verspätung gerügt. Gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X sei ein Wiedereinsetzungsantrag innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Diese Frist gelte auch für die Darlegungen der Tatsachen zur Begründung des Fristversäumnisses gelte.

Im Übrigen seien dann, wenn die fristgerechte Absendung eines Schreibens wie auch eines Schriftsatzes behauptet werde, konkrete Angaben darüber zu machen, wer das Schreiben wann abgesandt und wie die Fristenkontrolle organisiert gewesen sei. Auch dies sei bis zum heutigen Tage weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden. Auf dem Schreiben der Bevollmächtigten vom 04.03.2014 finde sich eine Faxnummer des Klägers; es sei daher nicht auszuschließen, dass dieses Schreiben gegebenenfalls zusätzlich auch per Fax versandt worden sei. Die Ehegattin des Klägers habe in einem Disziplinarverfahren bei der der KVBW im Jahre 2013 vorgetragen, dass sie in der Praxis seit über einem Jahr mit der Post im Rückstand sei, und dass stapelweise ungeöffnete Post herumliege, wobei dies auch Schreiben mit amtlichem Charakter, Klageschriften und sogar mit Postzustellungsurkunde zugestellte Schriftstücke betreffe (Anlage B2). Die nicht rechtzeitige Zahlung der Widerspruchsgebühr sei deshalb, ohne dass es darauf ankäme, unter keinem Gesichtspunkt zu entschuldigen.

Mit Beschluss der Kammer vom 12.08.2014 sind die aus dem Rubrum ersichtlichen Beiladungen erfolgt. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakte und die Akten des SG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Beschluss des Beklagten vom 03.07.2014 ist rechtmäßig.

Die Entscheidung erging aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG.

Im Verfahren vor dem Berufungsausschuss für Zahnärzte gilt nach § 45 Abs. 1 Zahnärzte-ZV der Widerspruch als zurückgenommen, wenn die Gebühr nach § 46 Zahnärzte-ZV nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet ist. Die Gebühr beläuft sich auf 200,- EUR und ist mit Einlegung des Widerspruchs fällig. Entscheidend ist die Einzahlung der Gebühr, welche vorliegend unstreitig nicht in der gesetzlichen Frist erfolgt ist.

Hier hat bereits der Zulassungsausschuss die Gebühr nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d) Zahnärzte-ZV für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 200,- EUR zutreffend ermittelt, den richtigen Gebührengläubiger benannt und in zutreffender Weise und in unmissverständlicher Form auf die Folgen einer Nichteinhaltung der Zahlungsfrist hingewiesen. Diese Informationen sind dem Kläger und seiner Bevollmächtigten auch mit der Zustellung des Beschlusses des ZA vom 28.02.2014 zugegangen (vgl. die vollständige und zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung auf S. 20 des Beschlusses). Die Klägerbevollmächtigte hat auch vorgetragen, dass ihr die Frist bekannt gewesen ist, wobei ihr Wissen dem Kläger entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen ist (BGH, Urteil vom 08. Januar 2015 – IX ZR 198/13 –, Rn. 13, juris).

Da Wiedereinsetzungsgründe nicht durchgreifen, sind die Voraussetzungen der Rücknahmefiktion in § 45 Abs. 1 S. 1 Zahnärzte-ZV erfüllt.

Die Kammer geht ebenso wie der Beklagte davon aus, dass die Frist des § 45 Abs. 1 S. 1 Zahnärzte-ZV eine Ausschlussfrist im Sinne von § 27 Abs. 5 SGB X ist und deswegen eine Wiedereinsetzung bereits dem Grunde nach nicht gewährt werden kann. Die Wiedereinsetzung ist nach dieser Vorschrift unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist. Für eine in diesem Sinne absolut wirkende Ausschlussfrist muss entweder der Ausschluss ausdrücklich bestimmt sein oder die Auslegung der Bestimmung anhand ihres Sinnes und Zwecks muss klar ergeben, dass die Regelung "mit der Frist steht und fällt" (vgl. grundlegend BSGE 64, 153, 156 f = SozR 1300 § 27 Nr. 4 S. 6 f.; BSGE 72, 80, 82 f. = SozR 3-1300 § 27 Nr. 3 S. 4 f; BSGE 85, 231, 239 = SozR 3-7833 § 6 Nr. 20 S. 126 f.; BSG, Urteil vom 05. Februar 2003 – B 6 KA 27/02 R –, SozR 4-2500 § 95 Nr. 3, SozR 4-1300 § 27 Nr. 1, Rn. 20).

Ein ausdrücklicher Ausschluss der Wiedereinsetzung lässt sich der Regelung in § 45 Abs. 1 S. 1 Zahnärzte-ZV nicht entnehmen. Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 S. 1 Zahnärzte-ZV ist jedoch mit anderen Regelungen vergleichbar, die eine fristgebundene Mitwirkungshandlung des Rechtsbehelfsführers verlangen und im Interesse der Verfahrensbeschleunigung nach fruchtlosem Fristablauf die Rücknahme des Rechtsbehelfs fingieren (vgl. z.B. § 102 Abs. 2 S. 1 SGG). In derartigen Fällen wird überwiegend angenommen, dass eine Wiedereinsetzung allenfalls in Fällen höherer Gewalt gewährt werden könnte (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. August 2015 – L 16 KR 224/15 B –, Rn. 11; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.10.2012 - L 19 AS 1437/12 B, juris, Rn. 17; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 09. Dezember 2009 – L 3 KA 117/08 –, Rn. 33, juris; Wehrhahn in Breit-kreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 102 Rn. 12; Bienert, NZS 2009, 554, 557; vgl. auch zu § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO BVerwG, Beschluss vom 25.11.2002 - 8 B 112/02, juris, Rn. 2 m.w.N.; BVerwG -, Urteil vom 15. Januar 1991, Az.: 9 C 96/89, NVwZ-RR 1991, 443).

Soweit die Gegenmeinung (Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, 7. Aufl. 2009, § 45 Rn. 5; Lief in Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, Stand Juni 2007, § 45 Ärzte-ZV E-45-1) lediglich auf die Entscheidung des BSG vom 05. Februar 2003 ( B 6 KA 27/02 R, SozR 4-2500 § 95 Nr. 3) verweist, vermag dies nicht zu überzeugen, weil diese Entscheidung eine andere Verfahrensfrist betrifft. Auch der weitere Hinweis von Schallen (a.a.O.), dass sich aus § 38 (Zahn)Ärzte-ZV kein Ausschluss einer Wiedereinsetzung ergebe, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Aus dem Regelungszusammenhang und der Stellung der Vorschriften im Gesetz ergibt sich, dass § 45 Abs. 1 Zahnärzte-ZV eine vorrangige Sonderregelung für die nicht fristgemäße Einzahlung der Widerspruchsgebühr enthält. Insbesondere ergibt sich auch aus den jeweils einschlägigen Überschriften des Gesetzes, dass § 38 Zahnärzte-ZV das Verfahren vor dem KZA (Abschnitt IX Ziffer 1, Verfahren vor den Zulassungsausschüssen für Ärzte) regelt, wohingegen § 45 Abs. 1 Zahnärzte-ZV in einem eigenen Unterabschnitt für das Widerspruchsverfahren (Abschnitt IX, Ziffer 2) enthalten ist. Dementsprechend verweist die Terminologie in § 38 Zahnärzte-ZV auch ausdrücklich (nur) auf "Anträge" und nicht wie § 45 Abs. 1 Zahnärzte-ZV auf "Widersprüche".

Dafür, dass der Kläger infolge höherer Gewalt nicht in der Lage gewesen ist, die Gebühr innerhalb der gesetzten Frist zu zahlen, ist Nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.

Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Zahnärzte-ZV ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 9. Juni 1999, Az: B 6 KA 76/97 R, SozR 3-5520 § 44 Nr. 1) ist das Verfahren vor dem Berufungsausschuss kein Widerspruchsverfahren gemäß §§ 78, 83 ff. SGG, sondern ein besonderes Verwaltungsverfahren. Die Möglichkeiten, ein solches Verwaltungsverfahren anders auszugestalten, sind jedoch nicht unbegrenzt. Vielmehr müssen sich die Sonderregelungen am höherrangigen Recht messen lassen, insbesondere daran, ob sie den Rechtsschutz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken oder unverhältnismäßig erschweren (BSG a.a.O.). Auch wenn bei Sonderregelungen zu beachten ist, dass die Verfahren der Ausschüsse in Zulassungsangelegenheiten gemäß § 98 Abs. 2 Nr. 3 SGB V entsprechend den Grundsätzen des Vorverfahrens in der Sozialgerichtsbarkeit zu regeln sind, sind Abweichungen in Einzelpunkten, soweit diese sachlich gerechtfertigt sind, zulässig (BSG a.a.O. mit Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Mai 1991, Az.: L 11 KA 46/91, Breithaupt 1992, 174, 175).

Mit diesen Vorgaben ist die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Zahnärzte-ZV in der hier vertretenen Auslegung vereinbar. Eine Verschärfung im Vergleich zu den Regelungen des SGG über das Vorverfahren liegt vor, weil der Widerspruch gebührenpflichtig ist und die nicht innerhalb der Zahlungsfrist entrichtete Widerspruchsgebühr dazu führt, dass der Widerspruch als zurückgenommen gilt. Dem Personenkreis, der von Entscheidungen in Zulassungsangelegenheiten betroffen ist - den Vertrags(zahn)ärzten -, ist die Zahlung der Widerspruchsgebühr in der angegebenen Frist aber möglich und zumutbar. Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber seit 2002 auch für das gerichtliche Verfahren im Vertragsarztrecht die grundsätzlich gegebene Gerichtskostenfreiheit aufgehoben hat (vgl. § 197 a Abs. 1 S. 1 SGG). Die Gebühr ist vorliegend mit 200,- Euro auch so moderat bemessen gewesen, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, warum es den Vertrags(zahn)ärzten nicht möglich sein sollte, diesen Betrag fristgerecht aufzubringen (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 09. Dezember 2009 – L 3 KA 117/08 –, Rn. 32, juris).

Vorschriften, die eine Vorschusspflicht des Rechtssuchenden vorsehen, sind mit Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich auch dann vereinbar, wenn sie für den Fall der Nichteinzahlung anordnen, dass der entsprechende Rechtsbehelf als zurückgenommen gilt (so bereits BVerfG, Beschluss vom 12.01.1960, 1 BvL 17/59 = BVerfGE 10, 264, 268 f., vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14.12.1988, 1 BvR 1578/88, juris, Rn. 7). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass gerade die besonderen Umstände des § 45 Abs. 1 Satz 1 Zahnärzte-ZV ein Abweichen von diesen Grundsätzen rechtfertigen. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Rechtsschutzmöglichkeiten des von § 45 Abs. 1 Satz 1 Zahnärzte-ZV betroffenen Adressatenkreises scheidet schon deswegen aus, weil sich die Gebühr der Höhe nach in einem Rahmen hält, der die finanziellen Möglichkeiten dieses Personenkreises nicht übersteigt (SG Aachen, Urteil vom 03. März 2010 – S 7 KA 2/09 –, Rn. 18, juris).

Der Beklagte hat auch zu Recht hilfsweise darauf hingewiesen, dass Wiedereinsetzungsgrün-de im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB X nicht vorliegen. Bereits über die Rechtsbehelfsbelehrung in dem Beschluss vom 28.02.2014 waren sowohl der Kläger als auch seine Bevollmächtigte über das Erfordernis der fristgerechten Einzahlung der Gebühr informiert. Sofern die Bevollmächtigte darauf abstellt, dass der Kläger das diesbezügliche Erinnerungsschreiben der Kanzlei vom 04.03.20214 nicht erhalten habe, handelt es sich um nach § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB X verspäteten Vortrag, da dieses Argument erstmalig im Klageverfahren vorgebracht wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger selbst zweifach, nämlich über die Rechtsbehelfsbelehrung in dem Beschluss vom 28.02.2014 und über das Erinnerungsschreiben der Kanzlei vom 04.03.2014, über die erforderliche fristgebundene Einzahlung informiert gewesen ist.

Eine Wiedereinsetzung stünde im Übrigen auch entgegen, dass die Klägerbevollmächtigte im Rahmen ihres anwaltlichen Mandatsverhältnisses und bei der Wahl des sichersten Weges die Einzahlung der 200,- EUR auch selbst hätte vornehmen können. Angesichts der Bedeutung der Sache für den Kläger, der Höhe des Streitwerts und auch angesichts der Tatsache, dass der Klägerbevollmächtigten die Unzuverlässigkeit des Klägers in behördlichen Angelegenheiten bekannt war, hätte es nach Auffassung der Kammer nahegelegen, dass die Bevollmächtigte die Widerspruchsgebühr selbst einzahlt und die Gebühr dann im Rahmen der Honorarberechnung beim Kläger geltend macht. Der Vortrag der Klägerbevollmächtigten, der Kläger habe lediglich ein weiteres Mal an die Gebühr erinnert werden müssen, erscheint insofern nicht überzeugend, weil dies im konkreten Fall auch nicht mit Sicherheit zur Einzahlung der Widerspruchsgebühr geführt hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens trägt. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht zusätzlich auf § 154 Abs. 3 VwGO, wonach dem Beigeladenen Kosten nur auferlegt werden können, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beigeladenen haben keinerlei Anträge gestellt und auch keine substantiierten Schriftsätze eingereicht, weswegen die Übernahme ihrer außergerichtlichen Kosten durch einen der anderen Beteiligten des Verfahrens nicht angezeigt erscheint.

Gehört – wie im vorliegenden Fall – in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, werden gemäß § 197a Abs. 1 S. 1 SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes GKG erhoben; die §§ 184 bis 195 SGG finden keine Anwendung, und die §§ 154 bis 162 der VwGO sind entsprechend anzuwenden. Die danach erforderliche Festsetzung des endgültigen Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die endgültige Kostenfestsetzung erfolgt von Amts wegen durch Beschluss, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG); er darf nicht über 2.500.000,00 EUR angenommen werden (§ 52 Abs. 4 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG). Im vorliegenden Fall lässt sich die Bedeutung des Verfahrens insgesamt entsprechend den Ausführungen in der vorläufigen Streitwertfestsetzung mit 60.000 EUR bewerten (12 Quartale à 5.000 EUR; vgl. BSG, Beschluss vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B -; BSG, Urteil vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R -).
Rechtskraft
Aus
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