L 5 KA 5246/15 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 KA 5137/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 5246/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Beigeladenen werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass auch die sofortige Vollziehung der dem Antragsteller am 17.03.2010 erteilten Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a SGB V angeordnet wird.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beigeladenen zu 1) und zu 2) - untereinander als Gesamtschuldner - und die Antragsgegnerin jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsteller aufgrund der ihm erteilten Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen (In-Vitro-Fertilisation, IVF) nach § 121a Sozialgesetzbuch (SGB) V weiterhin vorläufig tätig sein darf.

Der Beigeladene zu 2), Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, ist mit Vertragsarztsitz in St. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und betreibt dort ein "Kinderwunschzentrum". Auch die Beigeladene zu 1) ist als Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung in St. zugelassen und Betreiberin eines "Zentrums für Reproduktionsmedizin" in St. Die Antragsgegnerin hat den Beigeladenen hierzu jeweils Genehmigungen zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a Abs. 2 SGB V erteilt.

Mit Bescheid vom 17.03.2010 erteilte die Antragsgegnerin auch dem Antragsteller, der seit 01.01.2008 als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung ebenfalls in St. zugelassen ist, die Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V. Hiergegen wandten sich der Beigeladene zu 2) und die Beigeladene zu 1) mit getrennten Widersprüchen vom 17.03.2011, die die Antragsgegnerin jeweils mit Bescheid vom 27.07.2011 zurückwies. Die Beigeladenen seien nicht in eigenen Rechten verletzt. § 121a SGB V habe keinen drittschützenden Charakter. Der Vorstand der L. habe es deswegen abgelehnt, Bedarfskriterien festzulegen. Dagegen erhoben die Beigeladenen jeweils Anfechtungsklagen zum Sozialgericht Stuttgart (SG; S 11 KA 4783/11 für den Beigeladenen zu 2) ( als beendet gewertet ) und S 10 KA 4965/11, nach Wiederanrufung noch anhängig unter dem Az.: S 10 KA 4662/14 für die Beigeladene zu 1)).

Mit Bescheid vom 26.04.2012 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Genehmigung des Antragstellers mangels Erfolgsaussichten der Konkurrentenklage an, da keine drittschützende Norm betroffen sei. Eine Interessen- und Folgenabwägung falle zu Gunsten des Antragstellers aus. Dieser habe Investitionen in die von ihm vorzuhaltende Ausstattung getätigt. Ohne sofortigen Vollzug der Genehmigung drohten irreparable wirtschaftliche Schäden.

Einem Antrag des Beigeladenen zu 2) auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gab das SG in der Folge statt (Beschluss vom 23.07.2012 - S 11 KA 2883/12 ER). Auf die dagegen erhobene Beschwerde des Antragstellers hob das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) den Beschluss des SG mit Beschluss vom 05.12.2012 (Az. L 5 KA 3720/12 ER-B) auf und lehnte den Antrag des Beigeladenen zu 2) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage mangels Erfolgsaussichten ab. Die defensive Konkurrentenklage werde schon deshalb erfolglos bleiben, weil § 121a SGB V allein objektives Recht enthalte und Inhabern bestehender IVF-Genehmigungen keine subjektiv-öffentlichen (Abwehr-) Rechte zuweise.

Im Hinblick auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.10.2013 (Az. B 6 KA 5/13 R, in juris) stellte der Beigeladene zu 2) am 01.07.2014 erneut beim SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, um den Beschluss des LSG vom 05.12.2012 abzuändern und die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Genehmigung der Antragsgegnerin vom 17.03.2010 anzuordnen (S 11 KA 3635/14 ER). Sein Suspensivinteresse begründete er damit, dass er im Gegensatz zum Antragsteller Alleininvestor sei, der in seiner etablierten Praxis sämtliche Risiken selbst trage und auf eine gleich bleibende Patientenzahl angewiesen sei. Eine Überschwemmung des Marktes mit weiteren Kinderwunschpraxen würde den ohnehin stagnierenden Markt so weit zerstören, dass ihm ein wirtschaftlicher Praxisbetrieb nicht mehr möglich sei. Vor 2010 hätten seine Umsätze bei 2,6 Mio. EUR gelegen. Nach 2010, also seit der Gründung der Praxis des Antragstellers, habe sich der Jahresumsatz trotz des leicht wachsenden Gesamtmarktes lediglich auf durchschnittlich 1,4 Mio. EUR belaufen; die Umsätze hätten sich also halbiert. Mit der Aufrechterhaltung der Genehmigung entstehe ihm ein beträchtlicher und anhaltender Verlust. Der Antragsteller habe hingegen keinerlei Existenzgefährdung nachgewiesen. Es bestünden vielmehr erhebliche Zweifel daran, ob die Verluste seiner Praxis überhaupt von ihm selbst zu tragen seien. Das Kinderwunschzentrum St. kooperiere mit dem Kinderwunschzentrum U. unter der Leitung von Dr. G ... Es sei zu vermuten, dass die Investitionen bzw. die Verluste und der gesamte Betrieb der Praxis ausschließlich von diesem getragen würden und der Antragsteller selbst sich in einer risikolosen Vergütungsposition mit geregelten monatlichen Bezügen befinde. Die Antragsgegnerin führte seinerzeit aus, dass die Entscheidung in der Hauptsache nach dem seinerzeitigen Verfahrensstand offen sei. Es müssten Kriterien im Benehmen mit der kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) abgestimmt werden, um die vom BSG auferlegte Ermittlung des Auslastungsgrades der Praxis des Beigeladenen zu 2) durchzuführen. Hierzu lägen bislang keine Informationen der KVBW vor. Der Antragsteller trat dem damaligen Antrag des Beigeladenen zu 2) dahingehend entgegen, dass aus der Entscheidung des BSG lediglich folge, dass die Antragsgegnerin den Leistungsbedarf und seine Deckung durch bereits tätige Leistungserbringer zu prüfen habe. Die Antragsgegnerin habe die Durchführung der vom BSG geforderten Bedarfsplanung bereits in die Wege geleitet; diese werde voraussichtlich kurzfristig erfolgen. Es sei dem Beigeladenen zu 2) daher zumutbar, die Bedarfsprüfung abzuwarten. Der Antragsteller selbst habe erhebliche Investitionen getätigt und sei im Falle eines Erfolges des Antrags in seiner Existenz gefährdet. Die Bedarfsprüfung werde zudem voraussichtlich positiv ausfallen. In St. seien lediglich drei kleine IVF-Praxen vorhanden. Der Beigeladene zu 2) und eine weitere Inhaberin einer Genehmigung nach § 121 a SGB V seien jeweils in Einzelpraxen tätig. Sie könnten den Bedarf im Großraum St. nicht abdecken. In anderen Großstädten seien sehr viele Praxen mit mehreren Reproduktionsmedizinern vorhanden. Das Einzugsgebiet der IVF-Praxen in der zentral gelegenen L. St. sei zudem riesig. Es wohnten fast 5 Millionen Menschen in der Nähe von St. Weitere IVS-Zentren befänden sich nahe der Landesgrenze von Baden-Württemberg. Bei drei Zentren in der L. könne eine Überversorgung nicht angenommen werden. Das SG wies den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs mit Beschluss vom 29.07.2014 ab. Bei der erforderlichen Folgenabwägung sei weder die vom Antragsteller noch die vom Beigeladenen zu 2) behauptete Existenzgefährdung zu berücksichtigen, da weder die eine noch die andere glaubhaft gemacht worden sei. Da nicht auszuschließen sei, dass die Durchführung der vom BSG geforderten Bedarfsgerechtigkeitsprüfung positiv ausfalle und die dem Antragsteller erteilte Genehmigung letztlich Bestand behalte, wäre eine vorübergehende Suspension der Genehmigung lediglich aufgrund der fehlenden Bedarfsgerechtigkeitsprüfung unverhältnismäßig. Insoweit seien die Grundrechte des Antragstellers und des Beigeladenen zu 2) aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in die Abwägung einzustellen. Eine Suspension der Genehmigung stelle einen einschneidenden Eingriff in die verfassungsrechtlich gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers dar. Für die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene Güterabwägung entnehme das Gericht einen grundrechtlichen Vorrang der Berufsausübung im freien Wettbewerb vor der Beschränkung der Berufsausübung zum Zwecke des Konkurrenzschutzes. Insofern stelle es einen schwereren Grundrechtseingriff dar, eine bereits erteilte Genehmigung zu entziehen oder auch nur zu suspendieren, als die Berufsausübung des Beigeladenen zu 2) der Konkurrenz durch den Antragsteller auszusetzen. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Beigeladenen zu 2) wies der erkennende Senat mit Beschluss vom 12.01.2015 zurück (L 5 KA 3675/14 ER-B). Nach der vorzunehmenden summarischen Prüfung seien die Erfolgsaussichten des erneut zu bescheidenden Widerspruchs des Beigeladenen zu 2) als offen anzusehen. Sie hingen von dem Ergebnis der von der Antragsgegnerin durchzuführenden Prüfung der Bedarfsgerechtigkeit ab. Prognosen hierüber vermöge der Senat nicht anzustellen, sodass die Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufgrund einer Folgenabwägung zu treffen sei. Ob für das Versorgungsangebot des Antragstellers tatsächlich ein Bedarf im Raum St. bestehe oder die Praxis des Beigeladenen zu 2) nach ihrem Auslastungsgrad tatsächlich vor hinzutretenden Konkurrenten zu schützen sei, habe die im Widerspruchsverfahren vorzunehmende Bedarfsprüfung zu ergeben. Ohne hinreichend belastbares Zahlenmaterial sei dies derzeit nicht absehbar. Die Angaben des Beigeladenen zu 2) zu den seit 2010 eingetretenen wirtschaftlichen Nachteilen seiner Praxis seien dazu nicht geeignet, sie seien weder glaubhaft gemacht, noch könne eine Kausalität im Verhältnis zu der dem Antragsteller erteilten Genehmigung ohne weiteres festgestellt werden. Andererseits habe dieser auf der Grundlage seiner Genehmigung vom 17.03.2010 eine Kinderwusch-Praxis mit erheblichem wirtschaftlichem Investitionsbedarf eingerichtet. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des vom Beigeladenen zu 2) erhobenen Widerspruchs würde zu einer vorläufigen Einstellung des Praxisbetriebes führen. Neben den wirtschaftlichen Nachteilen für den Antragsteller erachte der Senat hierbei insbesondere auch die Interessen der vom Antragsteller behandelten Patientinnen und Patienten für schützenswert. Im Rahmen einer laufenden Behandlung würde die vorläufige Einstellung des Praxisbetriebes für diese zwingend einen Behandlerwechsel mit sich bringen. Dem Interesse dieser Patienten an einer Behandlungskontinuität messe der Senat angesichts der sehr hohen Sensibilität der IVF-Behandlung erhebliche Bedeutung bei. Deswegen komme den - lediglich behaupteten - wirtschaftlichen Nachteilen des Beigeladenen zu 2) ein geringes Gewicht zu. Diesem sei es zuzumuten, jedenfalls bis zur Vorlage des Ergebnisses der individuellen Bedarfsprüfung durch die Antragsgegnerin seine Praxis gegebenenfalls auch in eingeschränkterem Umfang weiterzuführen. Sollte die derzeit laufende Prüfung hingegen zugunsten des Antragstellers ausfallen, führte eine - nur vorübergehende - Schließung seines Praxisbetriebes nicht nur zu einer völlig unwirtschaftlichen Belastung mit den Unterhaltungskosten einer nicht nutzbaren Praxiseinrichtung und der Entlassung sämtlichen Personals, sondern auch zu massiven Beeinträchtigungen der laufenden Behandlungen. Insbesondere dieses Gemeinwohlinteresse an einer vorläufigen Erhaltung der Behandlungskontinuität erfordere nach Auffassung des Senats die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs der dem Antragsteller erteilten Genehmigung nach § 121a SGB V. In zeitlicher Hinsicht gehe der Senat dabei davon aus, dass die Antragsgegnerin in überschaubarer Zeit eine Entscheidung treffen werde, zumal zureichende Gründe für eine verspätete Entscheidung nach Aktenlage nicht ersichtlich seien und die Frage nach vorläufigem Rechtsschutz sich im Lichte der erfolgten Bedarfsprüfung der Antragsgegnerin neu stellen könne.

Bereits mit Schreiben vom 21.07.2014 teilte die von der Antragsgegnerin ausdrücklich befragte KVBW mit, dass der Auslastungsgrad der Praxen der Beigeladenen zu 1) und 2) im Rahmen der vorzunehmenden Prüfung der Bedarfsgerechtigkeit als schwach einzustufen sei. Grundlage für diese Beurteilung sei die Betrachtung sämtlicher Ärzte in Baden-Württemberg, welche bereits eine Genehmigung im Zusammenhang mit der Leistungserbringung der EBM-Ziffern 08540 bis 086561 erhalten und die entsprechenden Leistungen innerhalb von vier Quartalen im Jahr 2013 erbracht hätten. Hierbei handele es sich um 13 in Baden-Württemberg bestehende IVF-Zentren. Diese speziellen Leistungen stellten insoweit den Schwerpunkt von reproduktionsmedizinisch ausgerichteten Praxen dar, die sich darin deutlich von einer gynäkologischen Praxis abgrenzten und folglich in der Betrachtung einer etwaigen zu schützenden Konkurrenzsituation zu berücksichtigen seien. Ausgangspunkt für die weitere Kategorisierung der Beurteilung der Auslastung der einzelnen Praxis sei nun die durchschnittliche Anzahl dieser insgesamt von allen IVF-Zentren innerhalb von vier Abrechnungsquartalen des Jahres 2013 erbrachten speziellen Leistungen, sodass dieser Durchschnittswert als Mittel- bzw. Referenzwert für die Beurteilung der jeweiligen Auslastung der einzelnen IVF-Praxen zugrunde gelegt worden sei. Hierbei seien Praxen als normal ausgelastet einzustufen, die mit einer Bandbreite von 30% um diesen Referenzwert abgerechnet hätten. Bei einem Leistungsanteil einer Praxis von unter 70% dieser Bandbreite zum Referenzwert sei nach Auffassung der KVBW indes von einer schwach ausgelasteten Praxis auszugehen. Sowohl bei der Praxis der Beigeladenen zu 1) als auch bei der Praxis des Beigeladenen zu 2) handele es sich bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe um schwach ausgelastete Praxen, sodass davon auszugehen sei, dass insoweit Kapazitäten für diese speziellen Leistungen bestünden. Dieses Schreiben lag dem seinerzeit erkennenden Senat zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 12.01.2015 (L 5 KA 3675/14 ER-B) nicht vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2014 hob die Antragsgegnerin ihre an die Beigeladenen zu 1) und 2) gerichteten Widerspruchsbescheide jeweils vom 27.07.2011 sowie die dem Antragsteller mit Bescheid vom 17.03.2010 erteilte Genehmigung nach § 121a SGB V auf. Zur Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, dass die Antragsgegnerin ihre Bereitschaft erklärt habe, erneut über die Widersprüche gegen die dem Antragsteller erteilte Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen zu entscheiden, wobei die Rechtsauffassung der Entscheidung des BSG vom 30.10.2013 (B 6 KA 5/13 R, in juris) berücksichtigt werde. Das BSG habe insoweit entschieden, dass das Merkmal "bedarfsgerecht" die Prüfung einschließe, ob andere Leistungserbringer schon in ausreichendem Maße die infrage stehenden Leistungen erbringen würden. Insoweit sei den gemäß § 121a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 4 SGB V zuständigen Behörden ein Beurteilungsspielraum entsprechend der Rechtsprechung zu Bedarfsprüfungen bei Zweigpraxen, Sonderbedarfszulassungen und Ermächtigungen eingeräumt. Dabei habe das BSG herausgestellt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 121a SGB V unter anderem das Ziel verfolgt habe, die Zahl der Leistungserbringer zu begrenzen und so ein Absenken der Indikationsschwelle für Maßnahmen der Reproduktionsmedizin zu verhindern. Da die Antragsgegnerin bislang keine Überprüfung der Bedarfsgerechtigkeit der dem Antragsteller erteilten Genehmigung in diesem Sinne vorgenommen habe, habe diese weitergehende Prüfung nunmehr nachgeholt werden müssen. Mit Schreiben vom 21.07.2014 habe die KVBW zum Auslastungsgrad der Praxen der Beigeladenen mitgeteilt, dass diese jeweils als schwach ausgelastet einzustufen seien. Eine darüber hinausgehende Bereitstellung von Abrechnungsdaten habe die KVBW aus datenschutzrechtlichen Gründen abgelehnt. Da die Beigeladenen in St. schon in ausreichendem Maße die in Frage stehenden Leistungen erbringen würden und nicht ausgelastet seien, bestehe kein Anlass die Zahl der Leistungserbringer zu erhöhen. Auch dieser Bescheid lag dem erkennenden Senat zum Entscheidungszeitpunkt nicht vor.

Hiergegen erhob der Antragsteller unter dem 15.01.2015 Klage zum SG (S 24 KA 475/15).

Mit Bescheid vom 18.05.2015 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2014 an und erklärte die Vollziehung der Genehmigung vom 17.03.2010 für beendet. Der Entscheidung des LSG vom 12.01.2015 (L 5 KA 3675/14 ER-B) habe der Widerspruchsbescheid vom 18.12.2014 insofern nicht zugrunde gelegen, da dieser nicht rechtzeitig zu den Akten des LSG gelangt sei. Im Rahmen der zunächst vorzunehmenden Bewertung der Erfolgsaussichten der vom Antragsteller erhobenen Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 18.12.2014 sei zu berücksichtigen, dass die durchgeführte Bedarfsprüfung für genehmigungspflichtige Leistungen der künstlichen Befruchtung nach § 121a SGB V ergeben habe, dass in St. kein Bedarf für eine weitere Genehmigung bestehe. Die Erfolgsaussichten der Klage seien daher als gering einzuschätzen. Ein Interesse am Fortbestand des Genehmigungsbescheides vom 17.03.2010 sei insoweit nicht erkennbar, da dieser - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG - aufzuheben gewesen sei. Im Rahmen der Interessenberücksichtigung der Beteiligten sei zudem zu würdigen, dass die Genehmigung zu keinem Zeitpunkt bestandskräftig geworden sei, sodass auch kein Schutz für das Interesse des Antragstellers erkennbar sei, dass die auf dieser Basis getätigten Investitionen sich weiter amortisierten. Im Übrigen bestehe weiterhin die Möglichkeit, die Praxis im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit in Bereichen der nicht nach § 121a SGB V genehmigungspflichtigen Leistungen auch zur Betreuung gesetzlich Versicherter zu nutzen und darüber hinaus auch die nicht gesetzlich versicherten Personen zu versorgen. Auf der anderen Seite sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen Praxen mit einer schwachen Auslastung führten und deshalb die vom Antragsteller zukünftig nicht mehr zu betreuenden Patienten übernehmen könnten. Es gebe zudem in Baden-Württemberg weitere Praxen, die nur mäßig ausgelastet seien und somit weitere Patienten betreuen könnten.

Unter dem 16.09.2015 stellte der Antragsteller beim SG den vorliegenden "Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage vom 15.01.2015 nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)" (S 24 KA 5137/15 ER). Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung des öffentlichen Interesses am sofortigen Vollzug der Behördenentscheidung und dem privaten Interesse an der Aussetzung der Vollziehung sei zunächst das gesetzliche Regel-Ausnahmeverhältnis von aufschiebender Wirkung und Sofortvollzug zu beachten. Liege wie hier Drittbetroffenheit vor, sei eine Interessenabwägung in dreifacher Hinsicht durchzuführen: Es seien die Interessen des Adressaten (des Antragstellers) mit den Interessen des/der Drittbetroffenen (Konkurrenten) sowie das öffentliche Interesse gegeneinander abzuwägen. Für die Abwägungsentscheidung maßgeblich seien in der Regel die Erfolgsaussichten der Hauptsache. Mit Blick hierauf sei der angefochtene Bescheid vom 18.12.2014 bereits formell zu beanstanden. Auf den Antrag auf die Gewährung von Akteneinsicht sowie die Verlängerung der Stellungnahmefrist bis zum 08.12.2014 habe die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine denkbar kurze Frist bis zum 24.11.2014 gewährt, ohne Akteneinsicht zu gewähren. Zudem habe es die Antragsgegnerin unterlassen, die Gesichtspunkte, die der Bedarfsermittlung zugrunde gelegt worden seien, mitzuteilen. Daher sei eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör nach § 25 SGB X gegeben. Der Bescheid sei auch in materieller Hinsicht zu beanstanden, da die durchgeführte Bedarfsprüfung nicht unter Zugrundelegung von belastbarem Zahlenmaterial erfolgt sei. Die Erfolgsaussichten der Hauptsache seien daher zumindest als offen anzusehen. Es bleibe daher bei der Interessenabwägung, die im Ergebnis zur Annahme eines überwiegenden Suspensivinteresses des Antragstellers führe. Es bestehe ein öffentliches Interesse an der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers, was sich im Bestreben nach Behandlungskontinuität für die Versicherten manifestiere. Inwiefern die wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen durch die Genehmigung für den Antragsteller konkret betroffen seien, hätten diese bis heute weder dargetan noch substantiiert glaubhaft gemacht. Ferner sei zu berücksichtigen, dass auch vor dem 17.03.2010 schon drei zur Durchführung künstlicher Befruchtungen berechtigte Gynäkologen im betreffenden Gebiet vorhanden gewesen seien. Der vormals neben den Beigeladenen in St. tätige dritte Genehmigungsinhaber, Dr. M., habe zum 30.09.2011 seine vertragsärztliche Praxis aus Altersgründen beendet. Es erscheine daher kaum plausibel, dass mit Aufhebung der Genehmigung des Antragstellers nunmehr zwei IVF-Zentren ausreichen sollten. Außerdem falle ins Gewicht, dass sich die Praxis des Antragstellers, im Gegensatz zu denen der Beigeladenen, ausschließlich mit Kinderwunschbehandlungen und Maßnahmen der künstlichen Befruchtungen befasse. Ärztliche Leistungen auf dem konventionellen Gebiet der Gynäkologie würden hingegen nicht erbracht. Die Beigeladenen erbrächten insoweit aber gerade auch andere gynäkologische vertragsärztliche Leistungen in erheblichem Umfang, was deren Internetpräsenz zu entnehmen sei, wonach ihr Leistungsspektrum unter anderem auch ambulante und stationäre Geburtshilfe, ambulante und stationäre Operationen, Mammasonografien, onkoplastische Operationen, Traditionelle chinesische Medizin und Akupunktur beinhalte. Der Behauptung, dass die Behandlungsfallzahlen in den Praxen der Beigeladenen aufgrund der Genehmigungserteilung an den Antragsteller zurückgegangen seien, fehle es insoweit schon an einer Konkretisierung dahingehend, ob Behandlungsfallzahlen aus dem Bereich der Kinderwunschbehandlung und künstlichen Befruchtungen betroffen seien, oder ob ein genereller Rückgang zu verzeichnen sei. Dem Interesse der Konkurrenten stehe das Interesse des Antragstellers entgegen, der seine vertragsärztliche Tätigkeit nach § 121a SGB V vollständig einzustellen hätte. Bleibe die Genehmigung - jedenfalls bis zur Entscheidung der Hauptsache - außer Kraft, so habe dies das wirtschaftliche Aus für den Praxisstandort St. zur Folge. Ausgehend von dem letztjährigen Jahresumsatz der St. Praxis in Höhe von 1.903.077,85 EUR ergebe sich ein monatlicher Umsatz von 158.647,90 EUR. Diesem Umsatz stünden aktuelle monatliche Kosten in Höhe von 107.848,19 EUR entgegen. Ausweislich der von der KVBW sowie den gesetzlich versicherten Patienten übernommenen Kosten belaufe sich der Betrag, der allein aufgrund der Genehmigung nach § 121a SGB V erzielt werden könne, auf insgesamt 553.187,55 EUR (305.634,00 EUR Erstattung durch die KV im Jahre 2014 und 246.636,26 EUR durch den übernommenen Eigenanteil der Patienten). Monatlich entspreche dies einem Betrag 46.098,96 EUR. Wenn man diese Beträge aus den Gesamteinnahmen des Antragstellers herausrechne und sie mit den dargestellten Kosten saldiere, verbleibe alleine ein Betrag von 4.211,75 EUR, sodass auf der Hand liege, dass die Praxis in St. ohne die Genehmigung des Antragstellers nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könne.

Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen. Ein weiteres Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2014 sei nicht gegeben, da seine Klage im Hauptsacheverfahren keinerlei Aussicht auf Erfolg habe. Insoweit fehle es bereits an einer Glaubhaftmachung der vom Antragsteller behaupteten Zahlen und Tatsachen. Eine Verbindung zwischen dem Antragsteller und dem Zentrum des mit ihm in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft verbundenen Dr. G. bestehe insofern nicht, als die Herrn Dr. G. erteilte Genehmigung nicht aufgehoben worden sei und dieser weiterhin in vollem Umfang davon Gebrauch machen könne. Sofern behauptet werde, dass auch ein Standort in R. betroffen sei, werde dies schon durch den eigenen Internetauftritt der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft widerlegt, in dem ausdrücklich festgehalten sei, dass eine IVF-Behandlung am Standort U. durchgeführt werden könne. Ferner sei für den Standort R. eine Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a SGB V zu keinem Zeitpunkt erteilt worden, was auch nicht einmal der Antragsteller behaupte. Auch die Einlassung des Antragstellers, wonach diesem keine Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden sei, sei im Hinblick auf die Verfahrensakte zu widerlegen. Insofern sei es die Entscheidung des Antragstellers gewesen, die Frist zur Stellungnahme bis zum letzten Tag auszuschöpfen und erst dann ein Gesuch auf Akteneinsicht zu stellen. Diese sei ihm auch gewährt bzw. der Inhalt der Akte zur Kenntnis gegeben worden, soweit er für die Entscheidung relevant gewesen sei. Im Übrigen sei die Akteneinsicht auch im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens S 11 KA 965/15 ER nachgeholt worden. Auch der Vortrag, wonach der Entscheidung der Antragsgegnerin kein vollständiges Zahlenwerk zugrunde gelegt worden sei, sei nicht nachzuvollziehen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass eine Bedarfsplanung von der Antragsgegnerin nicht durchgeführt werden könne und eine solche auch nicht vom BSG auferlegt worden sei. Es fehle im Übrigen an einer gesetzlichen Grundlage zur Übermittlung weiterer Daten durch die KVBW an die Antragsgegnerin. Lediglich durch Richterrecht sei der KVBW auferlegt worden, den Auslastungsgrad der betroffenen Praxen zu ermitteln und der Antragsgegnerin zu nennen. Diesem Auftrag sei die KVBW nachgekommen. Die Antragsgegnerin habe bei den betroffenen Praxen der Beigeladenen die Informationen zur Erbringung der Leistungen Nr. 08540 bis 08561 des EBM erhoben und die dort genannten Aufnahmekapazitäten mit der Einschätzung der KVBW abgeglichen. Da diese übereinstimmten und auch die Gesamtzahl von Einwohnern je Zentrum auf Landesebene niedriger als auf Bundesebene sei, sei kein Bedarf für ein weiteres Zentrum erkennbar. Auch der Hinweis auf die Praxis des Dr. M. verfange nicht, da dieser schon seit geraumer Zeit keine Patienten mehr versorgt habe und eine etwa entstandene Versorgungslücke durch neue Zentren anderenorts geschlossen worden sei. Der Antragsteller habe zuletzt mit Zugang des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2014 Veranlassung dazu gehabt, Dispositionen zu treffen, die eine Ausrichtung des Zentrums auf die Behandlung gesetzlich Versicherter ohne Genehmigung nach § 121a SGB V bzw. der nicht genehmigungspflichtigen privatärztlichen Behandlungen ermöglicht hätten. Ferner habe der Antragsteller Abrechnungsdaten der KVBW nicht zur Glaubhaftmachung vorgelegt, weshalb bereits nicht glaubhaft sei, dass überhaupt eine nennenswerte Umsatzgröße durch den Wegfall der Vollziehbarkeit der Genehmigung nach § 121a SGB V betroffen sein könnte. Selbst wenn die Behauptungen des Antragstellers insoweit zutreffen sollten, sei ein Anordnungsanspruch aber in keinem Falle gegeben. Die Rechtslage zur Erteilung von Genehmigungen nach § 121a SGB V sei insofern durch das Urteil des BSG vom 30.10.2013 geklärt. Die Widerspruchsführer bzw. klagenden Konkurrenten hätten Anspruch auf Berücksichtigung des Auslastungsgrades ihrer Praxen und insofern auch einen Anspruch auf Schutz vor Konkurrenz. Da sich die Zentren in der gleichen Stadt befänden, sei insofern auch vom Vorliegen einer Drittbetroffenheit auszugehen. Eine "Lücke" bei der Versorgung von Patienten im Bereich der künstlichen Befruchtung sei nicht zu erwarten; die durch den Antragsteller bislang versorgten Patienten könnten von den bereits in St. vorhandenen Praxen weiterversorgt werden. Im Übrigen gebe es weitere Praxen in der Umgebung, so beispielsweise in T., E., L. und Pf., die für Patienten aus St. zumutbar zu erreichen seien.

Mit Beschluss vom 06.10.2015 lud das SG Professor Dr. U. F. (Beigeladene zu 1)) und Dr. D. M.-E. (Beigeladener zu 2)) notwendig bei, weil diese an dem Rechtsverhältnis derart beteiligt seien, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen könne.

Der Beigeladene zu 2) teilte mit Schreiben vom 29.10.2015 mit, dass er sich den Ausführungen der Antragsgegnerin anschließe. Zudem habe der Antragsteller, der bereits seit fünf Jahren auf der Grundlage eines nicht bestandskräftigen Verwaltungsaktes praktiziere, in dieser Zeit die Möglichkeit gehabt, beispielsweise die Kündigungsfrist für den Mietvertrag zu verkürzen und andere Entscheidungen zu treffen, um hohe Investitionskosten einzudämmen. Anstatt die Praxis isoliert auf Kinderwunschbehandlungen auszurichten, wäre es möglich gewesen, allgemeine gynäkologische Leistungen zu erbringen und abzurechnen. Stattdessen vertrauten der Antragsteller und seine Kollegen in U. auf den nicht bestandskräftigen Verwaltungsakt, was den eingeforderten Vertrauensschutz relativiere.

Die Beigeladene zu 1) stimmte den Ausführungen der Antragsgegnerin ebenfalls zu.

Mit Beschluss vom 27.11.2015 stellte das SG die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (S 24 KA 475/15) vom 15.01.2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.12.2014 wieder her. Die erhobene Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.12.2014, mit dem die dem Antragsteller zuvor erteilte und vorläufig vollziehbare Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen aufgehoben worden sei, habe nach § 86a Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG zunächst aufschiebende Wirkung gehabt. Deshalb habe die Antragsgegnerin am 18.05.2015 die sofortige Vollziehung des genannten Bescheides angeordnet und die sofortige Vollziehung der Genehmigung des Antragstellers für beendet erklärt. Hiergegen richte sich der vorliegende Antrag auf die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes, der gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zulässig und begründet sei. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfalle die aufschiebende Wirkung in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten sei und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden habe, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesse an der sofortigen Vollziehung anordne.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde sei in formeller Hinsicht zunächst nicht zu beanstanden, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit einer schriftlichen Begründung versehen sei. Mit den in der Vollziehungsanordnung genannten Gründen lasse sich ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung der Genehmigungsaufhebung zur Überzeugung der Kammer jedoch nicht rechtfertigen. Zur Rechtfertigung der sofortigen Vollziehbarkeit der Aufhebungsentscheidung käme für die Antragsgegnerin mithin alleine der von ihr zusätzlich bemühte Einwand in Betracht, dass die Anfechtungsklage des Antragstellers nach der erfolgten Bedarfsprüfung keinerlei Aussicht auf Erfolg haben könne. Dies allein könne jedoch das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung nicht begründen. Das überwiegende Abstellen auf die Erfolgsaussichten des zu suspendierenden Rechtsbehelfes in der Hauptsache könne allenfalls dann zur Annahme eines sofortigen Vollzugsinteresses führen, wenn sich der angegriffene Bescheid nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung als ganz offensichtlich rechtmäßig darstelle. Vorliegend verblieben jedoch Zweifel, die der Klärung im Hauptsacheverfahren unter dann jedenfalls einfacher Beiladung der KVBW und ggfs. auch der Auswertung des relevanten Zahlenmaterials vorbehalten bleiben müssten.

Vorliegend spreche zwar einiges dafür, dass die Antragsgegnerin den an sie gestellten Anforderungen durch die Nachfrage bei der KVBW vom 27.06.2014 sowie die Anfragen bei den betroffenen Praxen der Beigeladenen nachgekommen sei, zumal der Antragsgegnerin insoweit ein Beurteilungsspielraum zukomme und sich die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung beschränke, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liege. Allerdings obliege es dem gerichtlichen Verfahren zu prüfen, ob die Entscheidungsgremien die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes "Bedarfsgerechtigkeit" ermittelten Grenzen eingehalten hätten und ob sie ihre Erwägungen so verdeutlicht und begründet hätten, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar sei. Vorliegend sei die Durchführung des Hauptsacheverfahrens mit dann vorzunehmender (jedenfalls einfacher) Beiladung der KVBW und ggfs. auch unter Vorlage - jedenfalls zur Einsichtnahme durch das Gericht - der die Bedarfsprüfung begründenden Datengrundlagen in Form der zugrunde gelegten Abrechnungszahlen unerlässlich. Weitere Zweifel an der Bedarfsgerechtigkeitsprüfung der Antragsgegnerin würden sich für das Gericht überdies daraus ergeben, dass die KVBW ausweislich ihrer Mitteilung an die Antragsgegnerin im Rahmen der Ermittlung der Auslastungsgrade der betroffenen Praxen vor allem auf die Abrechnungszahlen der Leistungserbringungen der EBM-Ziffern 08540 bis 086561 abgestellt habe. Insoweit stelle sich für das Gericht jedoch die Frage, ob die von der KVBW zur Verneinung eines weiteren Bedarfes herangezogenen Praxen, die nicht ausnahmslos reproduktionsmedizinische Leistungen, sondern - wie die Beigeladenen - auch andere, beispielsweise gynäkologische Leistungen erbringen würden, zwar bezogen auf den von der KVBW betrachteten reproduktionsmedizinischen Teil unter Umständen nicht vollends ausgelastet sein mögen, aber in Zusammenschau mit den übrigen Leistungen doch von einer Auslastung der zur Verfügung stehenden Ärzte ausgegangen werden könne.

Die Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei daher aufgrund einer Folgenabwägung zu treffen. Zu berücksichtigen seien die jeweiligen Folgen für den Antragsteller und die Beigeladenen bei Fortbestand des Sofortvollzugs der Aufhebung der dem Beigeladenen (richtig: Antragsteller) erteilten Genehmigung im Vergleich zu den jeweiligen Folgen bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers. In Fällen konkurrierender Vertragsärzte sei in die Folgenabwägung zudem auch stets das Gemeinwohlinteresse an einer gesicherten vertragsärztlichen Versorgung einzustellen. Die Beigeladenen könnten hierbei grundsätzlich für sich in Anspruch nehmen, dass ihnen als Inhaber bereits zuvor erteilter Genehmigungen Schutz vor einem Verdrängungswettbewerb durch neu hinzutretende Konkurrenten zu gewähren sei. Auch insoweit bleibe es jedoch dabei, dass die Angaben der Beigeladenen, wie auch die Antragsgegnerin selbst ausgeführt habe, nicht dazu geeignet seien, einen eingetretenen wirtschaftlichen Nachteil, der sich gerade auf die Tätigkeit des Antragstellers zurückführen ließe, glaubhaft zu machen. Andererseits habe der Beigeladene (richtig: Antragsteller) auf der Grundlage seiner Genehmigung vom 17.03.2010 eine Kinderwunsch-Praxis mit erheblichem wirtschaftlichen Investitionsbedarf eingerichtet. Die sofortige Vollziehung der Aufhebung dieser Genehmigung würde insofern zu einer vorläufigen Einstellung des Praxisbetriebes führen. Neben den wirtschaftlichen Nachteilen für den Antragsteller erachte die Kammer hierbei insbesondere auch die Interessen der vom Beigeladenen (richtig: Antragsteller) behandelten Patientinnen und Patienten für schützenswert. Deswegen komme den - lediglich behaupteten - wirtschaftlichen Nachteilen der Beigeladenen nach wie vor nur ein geringes Gewicht zu. Diesen sei es weiterhin zuzumuten, jedenfalls bis zur Klärung der Hauptsache ihre Praxen gegebenenfalls auch in dem von ihnen behauptetem eingeschränkteren Umfang weiterzuführen. Sollte das Klageverfahren hingegen zugunsten des Antragstellers ausfallen, würde eine - nur vorübergehende - Schließung seines Praxisbetriebes nicht nur für diesen zu einer völlig unwirtschaftlichen Belastung mit den Unterhaltungskosten einer nicht oder nur sehr beschränkt nutzbaren Praxiseinrichtung, sondern auch zu massiven Beeinträchtigungen der laufenden Behandlungen führen. Gerade dieser Gesichtspunkt werde in der hier streitgegenständlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Antragsgegnerin verkannt, wenn diese zur Begründung ihrer Anordnung darauf verweise, dass die Beigeladenen Praxen mit einer schwachen Auslastung führten und deshalb die vom Antragsteller zukünftig nicht mehr zu betreuenden Patienten übernehmen könnten.

Der Beschluss wurde dem Vertreter der Beigeladenen zu 1) und dem Vertreter des Beigeladenen zu 2) am 30.11.2015 jeweils mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.

Hiergegen richten sich die am 29.12.2015 bzw. 22.12.2015 zum LSG erhobenen Beschwerden der Beigeladenen zu 1) bzw. des Beigeladenen zu 2).

Die Beigeladene zu 1) weist darauf hin, dass das SG keine eigene Folgenabwägung vorgenommen habe, sondern ungeprüft die Abwägung im Verfahren L 5 KA 3675/14 ER-B übernommen habe. Die vorliegende Situation unterscheide sich jedoch grundlegend, da zwischen der Entscheidung der Antragsgegnerin und dem Erlass der Entscheidung des SG über mehrere Monate bereits keine Patienten mehr hätten behandelt werden können. Dem Gesichtspunkt der Behandlungskontinuität könne daher vorliegend kein maßgeblicher Gesichtspunkt beigemessen werden. Im Übrigen sei eine Existenzgefährdung der Praxis des Antragstellers aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich. Dies gelte umso mehr, als der Antragsteller außerhalb der Reproduktionsmedizin in beträchtlichen Maße weitere Leistungen anbiete. Schließlich würden aber auch die Ausführungen des SG hinsichtlich der offensichtlichen Erfolglosigkeit der Klage nicht verfangen. Dies gelte umso mehr, als der Antragsteller bislang noch keine Klagebegründung abgegeben habe. Im Hinblick darauf, dass die Honorare zwischen 2008 bis 2014 um 53,7% gesunken seien, sei der Beigeladenen zu 1) der Weiterbetrieb der Praxis des Antragstellers nicht zumutbar und eine Ausweichung in andere Gebührenziffern gleichzeitig widerlegt.

Der Beigeladene zu 2) trägt zur Begründung vor, dass das SG eine fehlerhafte Folgenabwägung vorgenommen habe. Eine Existenzgefährdung des Antragstellers müsse angezweifelt werden, auch wenn kein Einblick in die aktuellen Gesellschaftsverträge und die internen Finanzierungsvereinbarungen vorläge. Hierfür würde das Rentenalter des Antragstellers sowie die enge Verbindung zum Kinderwunschzentrum U. sprechen. Der Beigeladene zu 2) sei demgegenüber Alleininvestor und auf den wirtschaftlichen Betrieb angewiesen. Durch die Tätigkeit des Konkurrenten sei die Praxis allerdings zwischenzeitlich in eine erhebliche Schieflage geraten. Sowohl die Zahl der Erstgespräche als auch die Anzahl der Punktionen sei seit 2008 (412 Punktionen bzw. 500 Erstgespräche) drastisch gesunken (303 Punktionen bzw. 333 Erstgespräche). Der Umsatz sei zwischen 2008 bis 2012 von 2.362.200,00 EUR auf 1.580.400,00 EUR gesunken. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass Zweifel an den Erfolgsaussichten der Hauptsache bestünden, nachdem die Antragsgegnerin die Genehmigung mangels Bedarf "zurückgewiesen" habe.

Die Antragsgegnerin beanstandet den Beschluss des SG ebenfalls. Die Klage des Antragstellers sei ohne Aussicht auf Erfolg. Die Erwägungen des SG zur Datengrundlage seien spekulativ. Im Übrigen verkenne das Gericht seine Kontrollmöglichkeit. Dies gelte umso mehr, als die vom SG verlangte Datendichte über den Übermittlungsanspruch der Antragsgegnerin gegenüber der KVBW hinausgehe und vom BSG nicht verlangt werde. Die Antragsgegnerin habe daher ihren Beurteilungsspielraum auf der Basis eines zutreffend ermittelten Sachverhalts ausgeübt. Die von den Beigeladenen mitgeteilten Gesamtumsätze seien erläuterungsbedürftig.

Die Beigeladenen sowie die Antragsgegnerin beantragen - teilweise sachdienlich gefasst -,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.11.2015 aufzuheben und den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zutreffend habe das SG die erhobene Datengrundlage kritisch hinterfragt und daher die Erfolgs-aussichten als offen bezeichnet. Auch die hiernach vorzunehmende Folgenabwägung sei nicht zu beanstanden. Im Fall des Antragstellers drohe eine Existenzgefährdung und der Verlust der getätigten Investitionen, wobei es unerheblich sei, ob diese überwiegend durch den Antragsteller oder den BAG-Partner, Dr. G., erfolgt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Antragsgegnerin, des SG und des Senats sowie die Akten der Verfahren S 11 KA 4783/11, S 10 KA 4965/11, L 5 KA 1794/12 ER-B, S 11 KA 2883/12 ER, L 5 KA 3720/12 ER-B, S 11 KA 3635/14 ER, L 5 KA 3675/14 ER-B, S 10 KA 4662/14 und S 24 KA 475/15 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerden der Beigeladenen sind gem. §§ 172 ff. SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie sind aber nicht begründet.

1. Dem erneuten Ersuchen um vorläufigen Rechtsschutz stehen die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 05.12.2012 und 12.01.2015 in den Verfahren L 5 KA 3720/12 ER-B und L 5 KA 3675/14 ER-B nicht entgegen. Nach der Aufhebung der erteilten Genehmigung und der hiermit im Zusammenhang stehenden Anordnung der sofortigen Vollziehung und Beendigung des Sofortvollzugs der Genehmigung durch die Antragsgegnerin begehrt der Antragsteller nunmehr einstweiligen Rechtsschutz im Sinne des § 86b Abs. 1 SGG.

Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich hier nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG. Die Klage des Antragstellers gegen den im Widerspruchsverfahren ergangenen Aufhebungsbescheid der Antragsgegnerin entfaltet nach der Anordnung des Sofortvollzugs vom 18.05.2015 keine aufschiebende Wirkung mehr. Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung der Klage auf der Grundlage von § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG ganz oder teilweise anordnen. Die Vorschrift ist - im Sinne einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung - auch dann anzuwenden, wenn bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung auf den Widerspruch des Konkurrenten im Widerspruchsverfahren eine Abhilfeentscheidung zu seinen Gunsten erfolgt ist. Der bisherige Genehmigungsinhaber muss dann gegen die Abhilfeentscheidung mit der Anfechtungsklage vorgehen, wobei es der vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens nicht bedarf. Insoweit findet der Rechtsgedanke des § 79 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und des § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechende Anwendung (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 78 Rn 8 mwN; zur - alleinigen - Statthaftigkeit der Anfechtungsklage in Fällen der vorliegenden Art auch Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. § 79 Rn 7).

Der auch im Übrigen zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abhilfeentscheidung der Antragsgegnerin hat zum Ziel, die erteilte Genehmigung wieder vollziehen zu können. Allerdings entfalten die ursprünglich dagegen erhobenen Widersprüche der Beigeladenen, nachdem die Antragsgegnerin mit der Sofortvollzugsanordnung vom 18.05.2015 zugleich die Anordnung des Sofortvollzugs der Genehmigung beendet hat, erneut aufschiebende Wirkung, so dass im Sinne eines Annex zu dem vorgenannten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage auch über die sofortige Vollziehung der Genehmigung gem. § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG erneut zu entscheiden ist, damit der Antragsteller - entsprechend seinem Begehren, welches für die Auslegung des Antrags maßgeblich ist (§ 123 SGG) - ggf. in die Lage versetzt wird, den Betrieb seiner Praxis vorläufig weiter fortzusetzen. Von dem so gefassten Ziel des vorläufigen Rechtschutzbegehrens des Antragstellers gehen ersichtlich auch die Beigeladenen und die Antragsgegnerin aus.

Das Gericht hat im Rahmen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung für die Bewertung und Abwägung der widerstreitenden Interessen zunächst auf die Erfolgsaussichten des gegen den Verwaltungsakt in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs abzustellen, je nach Fallgestaltung aber auch andere Belange zu berücksichtigen. Danach wird ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts jedenfalls dann nicht anzunehmen sein, wenn der gegen ihn eingelegte Rechtsbehelf des anderen Beteiligten voraussichtlich erfolgreich sein und daher zur Aufhebung des Verwaltungsakts führen wird. Andererseits kann die voraussichtliche Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs für sich allein die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht rechtfertigen, da das dafür notwendige besondere Interesse damit noch nicht dargetan ist. Hinzukommen muss vielmehr, dass dem Begünstigten gegenüber die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung unbillig erscheint. Können die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung nicht hinreichend sicher beurteilt werden, sind die widerstreitenden Interessen der Beteiligten davon unabhängig abzuwägen. Stehen diese gleichwertig nebeneinander, bleibt es beim gesetzlichen Regelfall der aufschiebenden Wirkung. Schließlich darf das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die sofortige Vollziehung bei späterer Aufhebung des Verwaltungsakts einerseits gegenüber der Versagung des Sofortvollzugs bei späterer Bestätigung des Verwaltungsakts andererseits führen würde.

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Erfolgsaussichten der Klage gegen den Aufhebungsbescheid vom 18.12.2014 vorliegend offen, weshalb eine Interessenabwägung erforderlich ist (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 86b RN 12f).

Die Antragsgegnerin war und ist zur Entscheidung über Anträge auf Genehmigungen zur Durchführung von Maßnahmen der Reproduktionsmedizin zuständig. Dies folgt aus § 121a Abs. 4 SGB V iVm § 1 KBefruGenV BW. Die somit zur Entscheidung berufene Antragsgegnerin hätte jedoch auf der Grundlage der aktuell bekannten Datengrundlage das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 121a SGB V nicht verneinen und die Genehmigung vom 17.03.2010 nicht aufheben dürfen. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung ist auch aus Sicht des Senats veranlasst.

In welchem Umfang die behördliche Entscheidung über eine Genehmigung gemäß § 121a SGB V gerichtlicher Nachprüfung unterliegt, ist differenziert zu bestimmen (BSG, Urteil vom 30.10.2013, - B 6 KA 5/13 R -, in juris). Das BSG hat in seinem Urteil vom 28.09.2005 bereits ausgeführt, dass es sich bei der Genehmigung um einen Verwaltungsakt handelt, auf den ein Rechtsanspruch besteht (BSG, Urteil vom 28.09.2005, - B 6 KA 60/03 R -, in juris). Das BSG hat auch dargelegt, dass die Regelung des § 121a SGB V in Abs. 1 und Abs. 2 zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe enthält ("erhöhtes Risiko", "notwendige diagnostische und therapeutische Möglichkeiten", "wissenschaftlich anerkannte Methoden", "bedarfsgerecht", "leistungsfähig", "wirtschaftlich"). Der Begriff der Leistungsfähigkeit ist dabei vorliegend uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Das Merkmal "bedarfsgerecht" schließt die Prüfung ein, ob andere Leistungserbringer schon in ausreichendem Maße die in Frage stehenden Leistungen erbringen; insoweit ist - entsprechend der Rechtsprechung des BSG zu Bedarfsprüfungen bei Zweigpraxen, Sonderbedarfszulassungen und Ermächtigungen - den gemäß § 121a Abs. 1 Satz 1 iVm Abs. 4 SGB V zuständigen Behörden ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (BSG, Urteil vom 05.06.2013, B 6 KA 28/12 R -, in juris mwN). Bei der Bedarfsbeurteilung ist mit zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 121a SGB V unter anderem das Ziel verfolgt hat, die Zahl der Leistungserbringer zu begrenzen und so ein Absinken der Indikationsschwelle für Maßnahmen der Reproduktionsmedizin zu verhindern (vgl BSG, Beschluss vom 16.08.2000, - B 6 SF 1/00 R -, in juris und die dort zitierte BT-Drucks 11/6760 S 16 = BR-Drucks 65/90 S 39).

Die Überprüfung unter den Gesichtspunkten der Leistungsfähigkeit und der Bedarfsgerechtigkeit ergibt, dass derzeit offen ist, inwieweit der Antragsteller diese beiden - kumulativ erforderlichen - Voraussetzungen erfüllt.

Die Leistungsfähigkeit im Sinne des § 121a Abs. 2 Nr. 2 SGB V, die für die Erfüllung der personellen, sachlichen und organisatorischen Voraussetzungen steht, die für die vorgesehenen Maßnahmen erforderlich sind (vgl BT-Drucks 11/6760 S 16 = BR-Drucks 65/90 S 39), ist im Falle des Antragstellers zu bejahen. Dies wird weder von den Beigeladenen noch der Antragsgegnerin in Frage gestellt. Auch aus den vorliegenden Unterlagen ergeben sich für den Senat insoweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte.

Die Bewertung der Antragsgegnerin, dass für die Durchführung künstlicher Befruchtungen am Standort St. kein weiterer Bedarf bestehe, erscheint auf der derzeitigen Datengrundlage aber als mangelhaft. Das Merkmal "bedarfsgerecht", bei dem - wie bereits ausgeführt - den gemäß § 121a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 SGB V zuständigen Behörden ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, ist nicht auf die Prüfung zu reduzieren, ob die Zulassung weiterer Leistungserbringer die Gefahr birgt, dass die Indikationsschwelle für Maßnahmen der Reproduktionsmedizin sinkt. Vielmehr gehört zur Beurteilung der Bedarfsgerechtigkeit auch die Prüfung, ob andere Leistungserbringer schon in ausreichendem Maße die in Frage stehenden Leistungen erbringen. Anhand dieses Kriteriums haben die Tatsacheninstanzen und die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall die Bedarfsgerechtigkeit zu ermitteln.

Dem ist die Antragsgegnerin auch unter Berücksichtigung des ihr eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Zutreffend hat das SG darauf hingewiesen, dass aufgrund der derzeitigen Datenlage eine Prognose über die Bedarfsgerechtigkeit nicht getroffen werden kann. Der Senat lässt hierbei offen, ob die Gerichte entsprechend der Rechtsansicht des SG verpflichtet sind, von Amts wegen die Datengrundlage der Antragsgegnerin zu hinterfragen. Der Entscheidung des BSG (Urteil vom 30.10.2013, - B 6 KA 5/13 R -, in juris) ist eine solche Verpflichtung nicht zu entnehmen. Auch der der Antragsgegnerin vom BSG eingeräumte Beurteilungsspielraum spricht nicht für die vom SG geforderte Prüfdichte. Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, denn das SG hat zutreffend angenommen, dass die isolierte Betrachtung der EBM-Ziffern 08540 bis 086561 zu kurz greift. Dies gilt nach Auffassung des Senats jedenfalls dann, wenn die Konkurrenten neben den Leistungen der genannten Gebührenziffern in erheblichem Umfang noch weitere Leistungen erbringen. Hiervon ist vorliegend auszugehen, da der entsprechende Vortrag des Antragstellers von den Beigeladenen nicht bestritten wurde. Auch der Internetauftritt der Beigeladenen spricht hierfür. In diesem Fall aber ist für die Prüfung der Auslastung der Praxen der Beigeladenen nicht nur auf einen Teil der abrechnungsrelevanten Daten zurückzugreifen, sondern die Prüfung ist unter Berücksichtigung aller Daten vorzunehmen. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als etwa die von dem Beigeladenen zu 2) vorgelegten Daten im Zeitraum 2009 bis 2012 im Bereich der Erstgespräche einen Rückgang von nur 13% belegen. Die Zahl der im Rahmen der Kinderwunschbehandlung durchgeführten Punktionen ging in diesem Zeitraum sogar nur um 3,5 % zurück. Vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin eine Spannbreite von 30% über bzw. unter dem Durchschnitt als "Normalauslastung" akzeptiert, scheint dieser Rückgang nicht ohne weiteres für eine geringe Auslastung der konkurrierenden Praxis und damit für einen mangelnden Bedarf zu sprechen. Dabei übersieht der Senat keineswegs, dass die Beigeladenen in der Summe erhebliche Gewinn- bzw. Einnahmerückgänge geltend machen. Ohne eine entsprechende Auswertung aller von den Beigeladenen abgerechneten Gebührenziffern vermag der Senat jedoch allein aus den dargelegten Umsatzrückgängen keine weiteren Schlüsse auf die Auslastung der Praxen der Beigeladenen zu ziehen. Dies gilt umso mehr, als die Beigeladenen maßgeblich mit Umsatzrückgängen bereits ab dem Jahr 2008 argumentieren. Die Angabe der Beigeladenen zu 1), ihre über die KVBW abgerechneten Honorare seien in der Zeit von 2008 bis 2014 um 53,7 % gesunken, kann schon nicht für die maßgebliche Entwicklung ab dem Jahr 2010 näher aufgeschlüsselt werden. Denn die Praxis des Antragstellers erhielt erst im März 2010 die streitige Genehmigung. Auch die Umsatzzahlen des Beigeladenen zu 2), die jeweils für die Jahre 2008 bis 2012 angegeben wurden, ergeben keinen Aufschluss über Rückgänge nach der Art der Leistung (IVF-Leistungen bzw. Leistungen des sonstigen gynäkologische Behandlungsspektrums). Bei einer Betrachtung der Erstgespräche und Punktionen in den Jahren ab 2009 relativiert sich - wie dargelegt - die Behauptung eines erheblichen Rückgangs seiner IVF-Behandlungen jedoch. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin selbst mitgeteilt, dass die Beigeladenen "nur" für IVF-Zentren eine unterdurchschnittliche Auslastung aufweisen. Offen bleibt insoweit, auf welcher Grundlage die Antragsgegnerin davon ausgeht, dass es sich bei den Praxen der Beigeladenen um entsprechende Zentren handelt, in deren Mittelpunkt die Abrechnung der Ziffern EBM-Ziffern 08540 bis 086561 stehen sollte. Dies mag für eine Praxis, die ausschließlich im Bereich der IVF tätig ist, unter Umständen auf der Hand liegen. Nachdem die Beigeladenen jedoch unbestritten auch zahlreiche weitere Leistungen erbringen, sind allein die Aussagen der Beigeladenen, dass es sich bei ihren Praxen um "Kinderwunschzentren" handelt, nicht ausreichend. Vielmehr sind ihre Behauptungen nach der zitierten Rechtsprechung des BSG durch die Datenlage zu validieren.

Soweit die Antragsgegnerin darauf hinweist, dass weitere Daten aus Datenschutzgründen von der KVBW nicht übermittelt werden können, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30.10.2013 - B 6 KA 5/13 R - in juris) hat die Antragsgegnerin die maßgeblichen Daten zur Bedarfssituation über die KVBW zu ermitteln. Eine Begrenzung auf die Auslastung bzgl. einzelner EBM-Ziffern sieht das Urteil nicht vor. Entscheidend ist vielmehr die Gesamtheit der Daten zur Bestimmung des Auslastungsgrades.

3. Sind daher die Erfolgsaussichten als offen zu bezeichnen, so ist eine Folgenabwägung vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind die jeweiligen Folgen für den Antragsteller und die Beigeladenen bei vorläufiger Vollziehung der Genehmigung im Vergleich zu den Folgen bei Aufrechterhaltung des Suspensiveffekts der Widersprüche der Beigeladenen. In Fällen konkurrierender Vertragsärzte ist in die Folgenabwägung zudem auch stets das Gemeinwohlinteresse an einer gesicherten vertragsärztlichen Versorgung einzustellen. Der Senat nimmt insoweit auf die den Beteiligten bekannten Entscheidungsgründe aus dem Verfahren L 5 KA 3675/14 ER-B Bezug.

Hiernach können die Beigeladenen grundsätzlich für sich in Anspruch nehmen, dass ihnen als Inhaber einer bereits zuvor erteilten Genehmigung Schutz vor einem Verdrängungswettbewerb durch neu hinzutretende Konkurrenten zu gewähren ist. Hierbei ist freilich zu beachten, dass die Angaben der Beigeladenen zu den seit 2010 eingetretenen wirtschaftlichen Nachteilen ihrer Praxis nicht dazu geeignet sind, eine Kausalität im Verhältnis zu der dem Antragsteller am 17 ...03.2010 erteilten Genehmigung glaubhaft zu machen (vgl. oben).

Andererseits hat der Antragsteller auf der Grundlage seiner Genehmigung vom 17.03.2010 eine Kinderwunsch-Praxis mit erheblichem wirtschaftlichen Investitionsbedarf eingerichtet. Die Verweigerung von einstweiligem Rechtsschutz würde zu einer vorläufigen Einstellung des Praxisbetriebes führen. Hierbei kann offenbleiben, ob diese wirtschaftlichen Folgen allein den Antragsteller treffen. Denn neben den wirtschaftlichen Nachteilen erachtet der Senat insbesondere die Interessen der vom Antragsteller behandelten Patientinnen und Patienten für schützenswert. Im Rahmen einer laufenden Behandlung würde die vorläufige Einstellung des Praxisbetriebes des Antragstellers für diese zwingend einen Behandlerwechsel mit sich bringen. Dem Interesse dieser Patienten an einer Behandlungskontinuität misst der Senat angesichts der sehr hohen Sensibilität der IVF-Behandlung erhebliche Bedeutung bei. Etwas anderes lässt sich auch nicht darauf stützen, dass der Antragsteller erst vier Monate nach Beendigung der Vollziehung seiner Genehmigung den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt hat. In dieser Zeit dürfte es noch zu keinem Behandlerwechsel gekommen sein. Anhaltspunkte dafür, dass der Praxisbetrieb des Antragstellers in dieser Zeit eingestellt war, bestehen auch vor dem Hintergrund der in nicht unerheblichem Umfang eigenanteilsfinanzierten IVF-Behandlungen nicht. Den Beigeladenen ist es zuzumuten, jedenfalls bis zur Vorlage des abschließenden Ergebnisses der individuellen Bedarfsprüfung durch die Antragsgegnerin ihre Praxen gegebenenfalls auch in eingeschränkterem Umfang weiterzuführen. Sollte die abschließende Prüfung hingegen zugunsten des Antragstellers ausfallen, führte eine - nur vorübergehende - Schließung seines Praxisbetriebes nicht nur für den Antragsteller zu einer völlig unwirtschaftlichen Belastung mit den Unterhaltungskosten einer nicht nutzbaren Praxiseinrichtung und der Entlassung sämtlichen Personals, sondern auch zu massiven Beeinträchtigungen der laufenden Behandlungen. Insbesondere dieses Gemeinwohlinteresse an einer vorläufigen Erhaltung der Behandlungskontinuität erfordert nach Auffassung des Senats - nach wie vor - die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs der dem Antragsteller erteilten Genehmigung nach § 121a SGB V. Der Beschluss des Sozialgerichts war insoweit zur Klarstellung zu ergänzen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1, 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Senat setzt für die Hauptsache einen Streitwert von 60.000 EUR an (Auffangstreitwert von 5.000 EUR/Quartal (§ 52 Abs. 1 GKG) für 3 Jahre); für das vorläufige Rechtsschutzverfahren ist die Hälfte dieses Betrags angemessen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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