L 7 R 793/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 1348/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 793/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten (nur noch) über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. November 2011 bis 30. September 2013.

Der am 1962 geborene Kläger, t. Staatsangehöriger, hat keinen Beruf erlernt und zog nach eigener Angabe im Jahr 1977 in das Bundesgebiet zu. Im Jahr 1978 absolvierte er eine zweimonatige Qualifizierung zum Schweißer. Von 1980 an war er als Metallhilfsarbeiter und sodann ab Oktober 1991 als Maschinenarbeiter bei der Firma K. A.-T. GmbH, N., sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete im Jahre 2011 auf Wunsch des Klägers durch Aufhebungsvertrag. Seitdem ist er ohne Beschäftigung. Ab dem 16. Juni 2009 war der Kläger - nach einem Sturz vom Kirschbaum - arbeitsunfähig erkrankt und bezog zuletzt Arbeitslosengeld in der Zeit vom 10. Mai bis 25. Dezember 2011. Bei ihm besteht ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 seit November 2009. Außerdem sind die Nachteilsausgleiche "G" und "B" festgestellt. Der Kläger erhält seit Oktober 2009 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I und seit einem Schlaganfall am 20. März 2013 nach der Pflegestufe II.

Unter dem 30. November 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Seinen Antrag begründete er unter Aufzählung diverser Diagnosen mit seinem Unfall im Juni 2009. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen - u.a. das sozialmedizinische Gutachten des Dr. S. (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) B.-W.) vom 1. Oktober 2010, das Gutachten nach Aktenlage der Ärztin Dr. F. (Ärztlicher Dienst der A. f. A. H.) vom 16. November 2010, den Entlassbericht des Orthopäden Dr. P. (S. Gesundheitszentrum, Abteilung Orthopädie, B. W.) vom 19. Mai 2010 über die ganztägig ambulante Rehabilitationsmaßnahme des Klägers in der Zeit vom 27. April bis 18. Mai 2010, das sozialmedizinische Gutachten der Dr. G. (MDK) vom 17. Juni 2010, das sozialmedizinische Gutachten des Dr. L. (MDK) vom 3. September 2010 sowie das Pflegegutachten der Pflegefachkraft F.-O. (MDK) vom 15. März 2010 - erhob die Beklagte das Gutachten des Sozialmediziners Dr.S. vom 9. Januar 2012. Dr. S. gelangte beim Kläger nach persönlicher Untersuchung am 22. Dezember 2011 zu folgenden Diagnosen: Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom nach Fraktur des zwölften Brust- und ersten Lendenwirbelkörpers im Juni 2009 ohne Funktionsstörung und ohne neurologische Defizite, Halswirbelsäulenfraktur mit degenerativen Veränderungen und Bandscheibenverlagerungen ohne sensomotorische Ausfälle sowie Diabetes mellitus Typ II mit medikamentöser Behandlung. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten seien dem Kläger unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen noch mehr als sechs Stunden täglich möglich. Es bestünden beim Kläger erhebliche Verdeutlichungstendenzen. Das Pflegegutachten des MDK vom 15. März 2010 müsse kritisch hinterfragt werden. Daraufhin lehnte die Beklagte den klägerischen Rentenantrag mit Bescheid vom 13. Januar 2012 als unbegründet ab, da die medizinischen Voraussetzungen nicht vorlägen. Der dagegen erhobene Widerspruch des Klägers vom 20. Januar 2012 hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 28. März 2012).

Dagegen hat der Kläger unter dem 23. April 2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Auskunft des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 2. August 2012 (Blatt 46 und 47 der SG-Akte), der Hals-Nasen-Ohrenärztin B. vom 18. Juli 2012 (Blatt 48 bis 50 der SG-Akte) sowie auf die Auskunft des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. E. vom 8. August 2012 (Blatt 51 bis 53 der SG-Akte) verwiesen. Außerdem hat das SG beim Hausarzt des Klägers Allgemeinmediziner Dr. I. den Befundbericht vom 25. Juli 2012 (Blatt 26 und 27 der SG-Akte) beigezogen. Sodann hat es von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden, Unfallchirurgen und Sozialmediziners Dr. T. vom 23. Januar 2013 erhoben. Dr. T. nennt in seinem Gutachten nach persönlicher Exploration des Klägers am 7. Januar 2013 folgende Gesundheitsstörungen: beginnende degenerative Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule, kernspintomographisch nachgewiesener Bandscheibenvorfall C5-C6 sowie C6-C7 mit allenfalls endgradiger Funktionseinschränkung ohne radikuläre Ausfallsymptomatik, arterielle Hypertonie (medikamentös behandelt), insulinabhängiger Diabetes mellitus sowie polyarthrotische Beschwerden mit ausgeprägter Verdeutlichungstendenz ohne nachweisbare Funktionseinschränkung. Der Kläger könne unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen noch leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Es sei von einer deutlichen Aggravation des Klägers auszugehen. Nachdem der Kläger am 20. März 2013 einen Schlaganfall erlitten hatte, hat die Beklagte den Klageanspruch mit Schriftsatz vom 13. September 2013 teilweise anerkannt und dem Kläger - ausgehend vom Eintritt des versicherungsrechtlichen Leistungsfalls am 20. März 2013 - mit Bescheid vom 9. Oktober 2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober 2013 befristet bis 30. September 2016 bewilligt. Im Hinblick auf das aufrechterhaltene Begehren des Klägers, Rente wegen Erwerbsminderung auch für die Zeit von November 2011 bis September 2013 zu erhalten, hat das SG sodann auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten nach Aktenlage des Allgemeinmediziners Dr. I. vom 24. Oktober 2014 erhoben, nachdem es den Kläger darauf hingewiesen hatte, dass ein Gutachten auf fachorthopädischem Gebiet angezeigt und dass der hausärztlichen Einschätzung möglicherweise ein geringerer Beweiswert zukommen könne. Dr. I. zählt in seinem Gutachten vom 24. Oktober 2014 (Blatt 180 und 181 der SG-Akte) diverse Diagnosen auf und hält den Kläger bereits für die Zeit vor November 2011 nur noch für unter drei Stunden täglich leistungsfähig. Zu dem Gutachten hat sich die Beklagte durch Internistin und Sozialmedizinerin Dr. Pfister geäußert (sozialmedizinische Stellungnahme vom 12. November 2014 (Blatt 202 der SG-Akte)).

Mit Urteil vom 14. Januar 2015, dem klägerischen Prozessbevollmächtigten unter dem 23. Januar 2015 zugestellt, hat das SG die Klage abgewiesen. Über das von der Beklagten abgegebene und vom Kläger angenommene Teilanerkenntnis hinaus sei die Klage unbegründet. Zu Recht habe die Beklagte dem Kläger erst auf Grundlage des am 20. März 2013 eingetretenen Leistungsfalls Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit mit Bescheid vom 9. Oktober 2013, der nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei, bewilligt. Ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente für die Zeit ab Antragstellung bestehe nicht, da eine rentenberechtigende Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens vor dem am 20. März 2013 erlittenen Schlaganfall nicht vorgelegen habe. Dies ergebe sich zur Überzeugung der Kammer zum einen aus dem Rehabilitationsentlassbericht vom 19. Mai 2010, zum anderen aus dem Gutachten des Dr. S. vom 9. Januar 2012 und aus dem Gutachten des Dr. T. vom 23. Januar 2013. Den entgegenstehenden Ausführungen des Dr. I. (Gutachten vom 24. Oktober 2014) könne schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sein Gutachten bereits in methodischer Hinsicht nicht den an eine medizinische Begutachtung zu stellenden Anforderungen genüge. Sein Gutachten überzeuge zudem auch in der Sache nicht, weil er unkritisch die anamnestischen Angaben des Klägers zugrunde lege. Nämliches gelte hinsichtlich der Einschätzung des Dr.E. (Auskunft vom 8. August 2012), der überdies lediglich Diagnosen mitgeteilt habe.

Hiergegen hat der Kläger am 23. Februar 2015 beim SG Berufung eingelegt, die unter dem 3. März 2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingegangen ist. Mit ihr macht der Kläger geltend, dass ihm bereits ab 1. November 2011 bis 30. September 2013 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren sei. Das SG habe die Einschätzungen des Dr. I. und des Dr. E. zu Unrecht nicht als genügend angesehen. Auch der M. (Gutachten des Dr. S. vom 1. Oktober 2010) habe bereits im Oktober 2010 eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit angenommen. Zur weiteren Begründung verweist der Kläger auf diverse - bereits aktenkundige - medizinische Befundunterlagen sowie auf die "Ärztliche Bescheinigung" des Dr. I. vom 24. März 2015 (Blatt 25 der Senatsakte).

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Januar 2015 und unter Abänderung des Bescheids vom 13. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. März 2012 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. November 2011 bis 30. September 2013 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält ihre Entscheidung für zutreffend, verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil und auf die sozialmedizinische Stellungnahme des Internisten, Rheumatologen und Sozialmediziners Dr. L. vom 25. Juni 2015 (Blatt 30 der Senatsakte).

Im Erörterungstermin am 21. März 2016 hat der Berichterstatter die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und dass beabsichtigt ist, demgemäß zu verfahren. Die Beteiligten haben daraufhin übereinstimmend erklärt, keine weitere Stellungnahme zum Verfahren mehr abgeben zu wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die Terminsniederschrift vom 21. März 2016 (Blatt 39 bis 41 der Senatsakte) Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere liegt der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht vor (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Gegenstand des Rechtsstreits ist nur noch die Frage, ob der Kläger (auch) für die Zeit vom 1. November 2011 (Beginn des Monats der Rentenantragstellung am 30. November 2011) bis 30. September 2013 von der Beklagten Versichertenrente wegen Erwerbsminderung beanspruchen kann, nachdem ihm die Beklagte mit Bescheid vom 9. Oktober 2013 in Ausführung des am 13. September 2013 abgegebenen Teilanerkenntnisses Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis 30. September 2016 bewilligt hat. Der Kläger hat sein Begehren in der Berufungsinstanz zuletzt ausdrücklich auf den Zeitraum vom 1. November 2011 bis 30. September 2013 - insoweit unter Erweiterung und gleichzeitiger Einschränkung seines beim SG gestellten Antrags (dort noch "ab Dezember 2011"), wobei auch im Berufungsverfahren zunächst Rente wegen Erwerbsminderung ab Dezember 2011, freilich erst bis (lediglich) 20. März 2013 begehrt wurde - beschränkt und das Teilanerkenntnis der Beklagten vom 13. September 2013 - jedenfalls mit Berufungsschriftsatz vom 20. Februar 2015 - (konkludent) angenommen. Insoweit ist der Rechtsstreit in der Hauptsache durch das angenommene Teilanerkenntnis erledigt (§ 101 Abs. 2 SGG, vgl. dazu auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 6. Mai 2010 - B 13 R 16/09 R - (juris Rdnr. 18)). Der Senat hat daher nicht (mehr) zu prüfen, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis 30. September 2016 und für die Zeit danach Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.

Streitgegenständlich ist nach alledem nur der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 13. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. März 2012 (§ 95 SGG) bezogen auf das Rentenbegehren für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis 30. September 2013. Für die Zeit ab dem 1. Oktober 2013 ist der Rechtsstreit - wie dargelegt - in der Hauptsache erledigt, so dass der (Ausführungs-)Bescheid vom 9. Oktober 2013 bereits aus diesem Grund nicht (mehr) Gegenstand des Verfahrens ist. Der Kläger wendet sich auch gar nicht gegen die mit Bescheid vom 9. Oktober 2013 verfügte Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis 30. September 2016. Über die Zeit vom 1. November 2011 bis 30. September 2013 hat der Bescheid keine (eigenständige) Regelung im Sinne einer erneuten, konstitutiven Bestätigung der ursprünglichen Ablehnung (Bescheid vom 13. Januar 2012, Widerspruchsbescheid vom 28. März 2012) für den gesamten zurückliegenden Zeitraum ab Rentenantragstellung getroffen; er führt lediglich das abgegebene (Teil-)Anerkenntnis für die Zeit ab Rentenbeginn am 1. Oktober 2013 aus, so dass lediglich eine neue Entscheidung für einen anderen Zeitraum - nämlich dem ab dem 1. Oktober 2013 - getroffen wurde (vgl. zum Regelungscharakter von Ausführungsbescheiden BSG, Beschluss vom 18. September 2003 - B 9 V 82/02 B - (juris Rdnrn. 6 ff.); Urteil vom 29. Januar 1992 - 9a RV 2/91 - (juris Rdnr. 13)). Ausweislich der Überschrift des Bescheids vom 9. Oktober 2013 handelt es sich allein um die Bewilligung einer Rente aufgrund des Anerkenntnisses, wenn auch (erst) mit Rentenbeginn ab dem 1. Oktober 2013. Dies zeigt, dass es für die Zeit davor ohne erneute Sachprüfung bei der bisherigen Ablehnung und damit dem Bescheid vom 13. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. März 2012 verbleiben sollte. Nichts anderes folgt aus den Ausführungen auf Seite 2 des Bescheids vom 9. Oktober 2013 zum Rentenbeginn. Denn diese Ausführungen enthalten einzig die Begründung für den verfügten Rentenbeginn und stellen keine gesonderte Regelung für die Zeit davor dar (vgl. dazu bereits LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Mai 2014 - L 10 LW 1427/13 - (juris Rdnr. 14)).

Der Bescheid vom 9. Oktober 2013 ist unter Zugrundelegung dessen - entgegen der Annahme des SG - auch nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klage- und anschließenden Berufungsverfahrens geworden. Denn er hat den Bescheid vom 13. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. März 2012 weder abgeändert noch ersetzt, was voraussetzt, dass die Beschwer des Betroffenen gemindert oder vermehrt wird (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Mai 2014 - L 10 LW 1427/13 - (juris Rdnr. 14); Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 96 Rdnr. 4b m.w.N.). Hier aber hat die Beklagte die Beschwer des Klägers - Ablehnung seines Rentenantrags - durch den Bescheid vom 9. Oktober 2013 für die Zeit ab dem 1. Oktober 2013 in vollem Umfang beseitigt; ein derartiger Abhilfebescheid wird nur dann nach § 96 Abs. 1 SGG (teilweise) Gegenstand des Klageverfahrens, wenn für die Zeit vor dem verfügten Rentenbeginn ein Rentenanspruch erneut abgelehnt worden wäre (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Mai 2014 - L 10 LW 1427/13 - (juris Rdnr. 14) m.w.N.; siehe auch BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 20/06 R - (juris Rdnr. 12); LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. März 2015 - L 4 P 2196/14 - (juris Rdnrn. 32 ff.) m.w.N.). Dies ist vorliegend indessen - wie bereits dargelegt - nicht der Fall. Bei einem Leistungsablehnungsbescheid handelt es sich gerade nicht um einen Dauerverwaltungsakt, der über den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe hinaus Wirkungen erzeugt. Bei der Ablehnung eines Leistungsantrags wird die Rechtslage vielmehr nur einmalig gestaltet und das Bestehen eines Leistungsverhältnisses gerade verneint (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. März 2015 - L 4 P 2196/14 - (juris Rdnr. 33) m.w.N.).

Der Senat lässt dahinstehen, ob die Klageänderung im Berufungsverfahren in Gestalt der Erweiterung - begehrter Rentenzeitraum nunmehr 1. November 2011 statt 1. Dezember 2011 bis 30. September 2013 statt 20. März 2013 - zulässig ist (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 SGG). Denn der Kläger hat in der Sache weder einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit von Dezember 2011 bis März 2013, noch für die Zeit von November 2011 bis September 2013. Der Bescheid vom 13. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. März 2012 ist insoweit rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Wegen der rechtlichen Grundlagen der begehrten Rente und der Beweiswürdigung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG). Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger bis zu seinem Schlaganfall am 20. März 2013 - aufgrund dessen ihm die Beklagte sodann mit nicht streitbefangenem Bescheid vom 9. Oktober 2013 beginnend ab dem 1. Oktober 2013 (§ 101 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI)) befristet Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt hat - medizinisch nicht erwerbsgemindert war, weil er in diesem Zeitraum noch mindestens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen verrichten konnte und weil auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorlag. Dies ergibt sich auch für den Senat schlüssig und nachvollziehbar aus dem Gutachten des Orthopäden, Unfallchirurgen und Sozialmediziners Dr. T. vom 23. Januar 2013, aus dem - urkundenbeweislich verwertbaren - Gutachten des Sozialmediziners Dr. S. vom 9. Januar 2012 sowie aus dem Entlassbericht des Orthopäden Dr. P. vom 19. Mai 2010.

Das SG hat darüber hinaus zutreffend ausgeführt, dass das Gutachten des Allgemeinmediziners Dr. I. vom 24. Oktober 2014 keine anderen Beurteilung zu rechtfertigen vermag. Auch dem schließt sich der Senat an. Bis zum Erleiden des Schlafanfalls am 20. März 2013 standen beim Kläger orthopädische Gesundheitsstörungen ganz im Vordergrund. Dies entnimmt der Senat dem Entlassbericht des Dr. P. vom 19. Mai 2010, dem Gutachten des Dr. S. vom 9. Januar 2012, dem Gutachten des Dr. T. vom 23. Januar 2013, der Auskunft des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 2. August 2012 und auch der Auskunft des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. E. vom 8. August 2012. Dr. I. vertritt hingegen als Allgemeinmediziner nicht das maßgebliche medizinische Fachgebiet der Orthopädie/Unfallchirurgie, so dass seine fachfremden Ausführungen bereits aus diesem Grund nicht geeignet sind, die schlüssige und nachvollziehbare Einschätzung des Dr. P. (Entlassbericht vom 19. Mai 2010) und die des Dr. T. (Gutachten vom 23. Januar 2013) zu erschüttern. Darüber hinaus besteht das knapp anderthalbseitige Gutachten des Dr. I. vom 24. Oktober 2014 im Wesentlichen alleine aus einer Aufzählung von Diagnosen. Für die Frage, ob ein Versicherter wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeitstäglich in dem von § 43 SGB VI geforderten Umfang erwerbstätig zu sein, sind aber nicht Diagnosen entscheidend, sondern alleine Funktionsbeeinträchtigungen anhand objektiv-klinischer Befunde (Senatsurteil vom 17. März 2016 - L 7 R 1752/14 - (n.v.); LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. September 2012 - L 13 R 6087/09 - (juris Rdnr. 22)). Dazu verhält sich das Gutachten indes nicht. Ebenso wenig wird die Leistungseinschätzung näher begründet. Eine Auseinandersetzung mit den Vorgutachten respektive mit den übrigen aktenkundigen Äußerungen aus dem streitgegenständlichen Zeitraum findet ebenfalls nicht statt, wozu aber besonderer Anlass bestanden hätte, nachdem sowohl Dr. P. (Entlassbericht vom 19. Mai 2010) als auch die Dres. S.(Gutachten vom 9. Januar 2012) und T. (Gutachten vom 23. Januar 2013) übereinstimmend beim Kläger erhebliche Beschwerdeverdeutlichungstendenzen beschrieben haben. Davon abgesehen hat der Senat auch erhebliche Zweifel an der gebotenen Neutralität und Objektivität (vgl. dazu nur Knittel, SGb 2016, S. 124, 130 f.) des Dr. I. - darauf hat das SG in Erfüllung seiner prozessualen Fürsorgepflicht vor Einholung des Gutachtens zutreffend hingewiesen -, nachdem dieser bereits in seinem "Ärztlichen Attest" vom 24. Oktober 2011 (Blatt 163 der SG-Akte) unter Hinweis auf die bevorstehende Rentenantragstellung ohne weitere Begründung und unter bloßer Aufzählung von Diagnosen eine volle "Erwerbsunfähigkeitsrente" befürwortet hat. Ferner zeigen sich Widersprüche zu seiner Bescheinigung vom 24. März 2015, weil dort für Ende Dezember 2011 eine Reduzierung des klägerischen Leistungsvermögens angenommen wird, während im Gutachten vom 24. Oktober 2014 insoweit von der Zeit vor November 2011 die Rede ist.

Schließlich überzeugt den Senat mit dem SG auch die Auskunft des Dr. E. vom 8. August 2012 nicht. Er zählt ebenfalls nur Diagnosen auf und begründet seine Leistungseinschätzung nicht weiter.

Der Kläger kann auch aus dem Gutachten des Dr. S. vom 1. Oktober 2010 nichts für ihn Günstiges herleiten. Aus der von Dr. S. angenommenen erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit kann schon nicht geschlossen werden, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt tatsächlich in seiner rentenrechtlichen Leistungsfähigkeit quantitativ gemindert war. Dem steht im Übrigen die Einschätzung der Dr. F. vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit H. (Gutachten vom 16. November 2010) sowie des Dr. S. (Gutachten vom 9. Januar 2012) entgegen. Beide haben den Kläger überzeugend noch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig erachtet. Auch der Umstand, dass dem Kläger bereits im Oktober 2009 Pflegeleistungen nach der Pflegestufe I zuerkannt wurden, führt schon deshalb zu keiner anderen Bewertung, weil sich der Begriff der Pflegebedürftigkeit vom rentenrechtlichen Begriff der Erwerbsminderung unterscheidet.

Nach alledem steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger vor Eintritt des Leistungsfalls am 20. März 2013 medizinisch nicht erwerbsgemindert war und daher weder für die Zeit von Dezember 2011 bis März 2013, noch für die Zeit von November 2011 bis September 2013 Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Für eine Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung besteht kein Anlass. Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt, dass eine teilweise Kostenbelastung der Beklagten nicht der Billigkeit entspricht. Darauf wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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