Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 212 SO 3049/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 SO 356/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2015 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Sozialgerichts (Ziffer III.) wird abgeändert. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und für das Verfahren vor dem Sozialgericht auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2015 ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat das Begehren der Antragstellerin, den Antragsgegner vorsorglich zur Unterlassung bestimmter Äußerungen gegenüber Empfängern von Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), die von der Antragstellerin erbracht wird, zu verpflichten, im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Antragsteller müssen glaubhaft machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO), dass sie einen Anspruch auf die geltend gemachte Leistung haben (Anordnungsanspruch) und dass das Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren für sie mit schweren und unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der Antrag der Antragstellerin ist bereits wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig.
Der vorliegend streitgegenständliche Antrag vom 17. November 2015,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache zu untersagen, gegenüber den Pflegekunden der Antragstellerin wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, a. es habe sich herausgestellt, dass der Pflegedienst M H & S GmbH in einer Vielzahl von Fällen schwere Verstöße gegen seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Sozialhilfeträger begangen habe, die auch dem Schutz der Pflegebedürftigen dienen; b. der Pflegedienst M H & S GmbH sei unzuverlässig; c. die Gesundheit der Pflegebedürftigen sei durch die unvollständige, unsachgemäße und nicht vertragsgemäße Versorgung des Pflegdienstes M H & S GmbH unmittelbar gefährdet. 2. dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache zu untersagen, die Antragstellerin dadurch in ihrer unternehmerischen Tätigkeit zu behindern, dass er das Wahlrecht der Hilfeempfänger aus § 9 SGB XII für den Fall einer Beauftragung der Antragstellerin einschränkt sowie 3. dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Regelungen ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000,- EUR anzudrohen.
ist wortgleich mit dem Antrag vom 2. November 2015 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG Berlin - S 92 SO 2913/15 ER -, das derzeit im Beschwerdeverfahren vor dem Senat zum Az. L 23 SO 347/15 B ER anhängig ist.
Der vorliegende Antrag verstößt somit bereits gegen das in § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) verortete Verbot der doppelten Rechtshängigkeit, d.h. dass während der Rechtshängigkeit des ersten Verfahrens (hier S 92 SO 2913/15 ER - L 23 SO 347/15 B ER) kein inhaltsgleiches Verfahren vor einem Gericht anhängig gemacht werden darf.
Doppelte Rechtshängigkeit liegt nicht etwa deswegen nicht vor, weil sich die Anträge einmal gegen das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin, und das andere Mal gegen das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Mitte von Berlin, richten.
Örtlicher und überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist das Land Berlin (§ 1 AG-SGB XII), dieses ist Antragsgegner. Die Bezirke sind Selbstverwaltungseinheiten Berlins ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt sind ihre Organe (§ 2 BzVwG). Dabei nehmen die Bezirke alle Aufgaben der Verwaltung wahr, die nicht als Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung der Hauptverwaltung zugewiesen sind (§ 3 Abs. 2 Bezirksverwaltungsgesetz - BzVwG - i.V.m. § 3 Abs. 2 Allgemeines Zuständigkeitsgesetz - AZG). Die Bezirksämter vertreten das Land Berlin in Angelegenheiten der Bezirksverwaltungen (§ 25 Abs. 1 AZG, § 36 Abs. 2a BzVwG), sie sind nicht selbst Antragsgegner.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist für jede Instanz ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist auch für die erste Instanz der Streitwert in dieser Höhe nur einmal festzusetzen und nicht für jeden einzelnen der formulierten Anträge gesondert. Denn es handelt sich um ein einheitliches Begehren, das lediglich auf zwei Anträge aufgespaltet wurde; nämlich es dem Antragsgegner zu untersagen, das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsempfänger bezüglich ihres Leistungserbringers mit den unter der Ziffer 1 des Antrags genannten Begründungen einzuschränken und daher dem Antragsgegner die unter der Ziffer 1 des Antrags genannten Aussagen zu untersagen.
Der Senat hatte die im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Streitwertfestsetzung insoweit abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Gründe:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2015 ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat das Begehren der Antragstellerin, den Antragsgegner vorsorglich zur Unterlassung bestimmter Äußerungen gegenüber Empfängern von Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), die von der Antragstellerin erbracht wird, zu verpflichten, im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Antragsteller müssen glaubhaft machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO), dass sie einen Anspruch auf die geltend gemachte Leistung haben (Anordnungsanspruch) und dass das Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren für sie mit schweren und unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der Antrag der Antragstellerin ist bereits wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig.
Der vorliegend streitgegenständliche Antrag vom 17. November 2015,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache zu untersagen, gegenüber den Pflegekunden der Antragstellerin wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, a. es habe sich herausgestellt, dass der Pflegedienst M H & S GmbH in einer Vielzahl von Fällen schwere Verstöße gegen seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Sozialhilfeträger begangen habe, die auch dem Schutz der Pflegebedürftigen dienen; b. der Pflegedienst M H & S GmbH sei unzuverlässig; c. die Gesundheit der Pflegebedürftigen sei durch die unvollständige, unsachgemäße und nicht vertragsgemäße Versorgung des Pflegdienstes M H & S GmbH unmittelbar gefährdet. 2. dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache zu untersagen, die Antragstellerin dadurch in ihrer unternehmerischen Tätigkeit zu behindern, dass er das Wahlrecht der Hilfeempfänger aus § 9 SGB XII für den Fall einer Beauftragung der Antragstellerin einschränkt sowie 3. dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Regelungen ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000,- EUR anzudrohen.
ist wortgleich mit dem Antrag vom 2. November 2015 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG Berlin - S 92 SO 2913/15 ER -, das derzeit im Beschwerdeverfahren vor dem Senat zum Az. L 23 SO 347/15 B ER anhängig ist.
Der vorliegende Antrag verstößt somit bereits gegen das in § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) verortete Verbot der doppelten Rechtshängigkeit, d.h. dass während der Rechtshängigkeit des ersten Verfahrens (hier S 92 SO 2913/15 ER - L 23 SO 347/15 B ER) kein inhaltsgleiches Verfahren vor einem Gericht anhängig gemacht werden darf.
Doppelte Rechtshängigkeit liegt nicht etwa deswegen nicht vor, weil sich die Anträge einmal gegen das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin, und das andere Mal gegen das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Mitte von Berlin, richten.
Örtlicher und überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist das Land Berlin (§ 1 AG-SGB XII), dieses ist Antragsgegner. Die Bezirke sind Selbstverwaltungseinheiten Berlins ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt sind ihre Organe (§ 2 BzVwG). Dabei nehmen die Bezirke alle Aufgaben der Verwaltung wahr, die nicht als Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung der Hauptverwaltung zugewiesen sind (§ 3 Abs. 2 Bezirksverwaltungsgesetz - BzVwG - i.V.m. § 3 Abs. 2 Allgemeines Zuständigkeitsgesetz - AZG). Die Bezirksämter vertreten das Land Berlin in Angelegenheiten der Bezirksverwaltungen (§ 25 Abs. 1 AZG, § 36 Abs. 2a BzVwG), sie sind nicht selbst Antragsgegner.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist für jede Instanz ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist auch für die erste Instanz der Streitwert in dieser Höhe nur einmal festzusetzen und nicht für jeden einzelnen der formulierten Anträge gesondert. Denn es handelt sich um ein einheitliches Begehren, das lediglich auf zwei Anträge aufgespaltet wurde; nämlich es dem Antragsgegner zu untersagen, das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsempfänger bezüglich ihres Leistungserbringers mit den unter der Ziffer 1 des Antrags genannten Begründungen einzuschränken und daher dem Antragsgegner die unter der Ziffer 1 des Antrags genannten Aussagen zu untersagen.
Der Senat hatte die im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Streitwertfestsetzung insoweit abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
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