Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 4285/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 831/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 05.02.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten der Begutachtung auf die Staatskasse.
Der Kläger betrieb vor dem Sozialgericht Stuttgart in drei getrennten Klageverfahren u.a. die Anerkennung verschiedener Ereignisse als Arbeitsunfälle, im hier vorangegangenen Verfahren S 6 U 4285/11 ein Ereignis vom 28.10.2005 (Schlag in den Rücken durch einen von ihm zuvor als Fahrkartenkontrolleur überprüften Fahrgast mit der Folge einer Prellung). Dabei machte der Kläger auch im Verfahren S 6 U 4285/11 psychische Unfallfolgen bzw. eine Verschlimmerung psychischer Störungen durch dieses Ereignis geltend.
Nachdem der in allen drei Klageverfahren von Amts wegen beauftragte Dr. S. , Chefarzt im Psychiatrischen Zentrum N. , einen Kausalzusammenhang zwischen der diagnostizierten Reaktion auf schwere Belastung für alle Ereignisse bejaht, für weitere psychische Störungen aber verneint hatte, holte das Sozialgericht auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Gutachten bei Prof. Dr. W. vom M. für Psychiatrie M. nebst zweier Zusatzgutachten (auf psychologischem und neuropsychologischem Fachgebiet) in allen drei Verfahren ein. Mangels Unterlagen und Daten vermochte Prof. Dr. W. einen Ursachenzusammenhang zwischen den von ihm diagnostizierten Störungen mit dem Ereignis vom 28.10.2005 nicht zu beurteilen.
In der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2015 anerkannte die Beklagte das Ereignis vom 28.10.2005 als Arbeitsunfall und eine Thoraxprellung als Folge. Der Kläger nahm dieses Teilanerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen (laut Klageantrag Verurteilung der Beklagten zur Feststellung einer MdE um wenigstens 10 v.H.) für erledigt.
Den im Verfahren S 6 U 4285/11 gestellten Antrag, die Kosten für das Gutachten und die Zusatzgutachten auf die Staatskasse zu übernehmen, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 05.02.2016 abgelehnt, wogegen der Kläger am 03.03.2016 Beschwerde eingelegt hat.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 172, 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für das Gutachten von Prof. Dr. W. und der beiden Zusatzgutachten auf psychologischem und neuropsychologischem Fachgebiet sowie seiner Auslagen durch die Staatskasse.
Nach § 109 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden, wobei die Anhörung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Über diese endgültige Kostentragungspflicht entscheidet das Gericht nach Ermessen. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geht die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht über.
Bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt der Senat, ob das Gutachten für die verfahrensbeendende gerichtliche Entscheidung bzw. - erging keine solche Entscheidung - im Falle eines Klageerfolges für die verfahrensbeendenden Erklärungen wesentliche Bedeutung gewann. Dies bejaht der Senat insbesondere dann, wenn das Gutachten die Aufklärung des Sachverhalts objektiv förderte, auch dadurch, dass es durch Aufdeckung weiterer entscheidungsrelevanter Tatsachen weitere (weiterführende) Beweiserhebungen von Amts wegen erforderlich machte. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen am Prozessziel und angesichts des Verfahrensausgangs, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben.
Hier verneint der Senat eine zur Übernahme der Gutachtenskosten führende Relevanz des Gutachten von Prof. Dr. W. sowie der beiden Zusatzgutachten auf psychologischem und neuropsychologischem Fachgebiet für die gerichtliche Sachaufklärung.
Prof. Dr. W. vermochte einen Ursachenzusammenhang der von ihm diagnostizierten Störungen mit dem Ereignis vom 28.10.2005 nicht zu beurteilen, also auch nicht zu bejahen, weil - so seine Begründung - diesbezüglich zu wenige Unterlagen und Daten vorlägen. Damit stützte das Gutachten das Vorbringen des Klägers (Vorliegen psychischer Unfallfolgen bzw. Verschlimmerung psychischer Störungen durch das Ereignis und das Vorliegen einer MdE um wenigstens 10 v.H.) nicht. Entsprechend erklärte der Kläger insoweit den Rechtsstreit für erledigt.
Soweit sich das weitere Begehren des Klägers auf Anerkennung eines Arbeitsunfalles im Wege des angenommenen Teilanerkenntnisses erledigte, beruhte dies nicht auf dem Gutachten von Prof. Dr. W. nebst Zusatzgutachten, sondern auf der Tatsache, dass eine Prellung als Gesundheitserstschaden vorlag und damit alle Voraussetzungen für die Bejahung eines Arbeitsunfalles erfüllt waren, was die Beklagte in der Formulierung des Teilanerkenntnisses mit der Feststellung der Thoraxprellung als Folge hinreichend deutlich machte. Die vom Kläger in der Beschwerde angeführte Textpassage im Gutachten mit der Verwendung des Wortes Arbeitsunfall in Bezug auf das Ereignis vom 28.10.2005 (Seite 78 unten) stellt kein Ergebnis einer Wertung des Sachverständigen, sondern ausschließlich die Wiedergabe der vom Sozialgericht formulierten Beweisfragen (vgl. Bl. 139 SG-Akte) dar. Entgegen der Behauptung des Klägers hatte somit das Gutachten von Prof. Dr. W. nebst den Zusatzgutachten für die Beurteilung des Ereignisses vom 28.10.2005 keinerlei Bedeutung erlangt. Eine auch nur teilweise Kostenübernahme ist daher nicht angemessen.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten der Begutachtung auf die Staatskasse.
Der Kläger betrieb vor dem Sozialgericht Stuttgart in drei getrennten Klageverfahren u.a. die Anerkennung verschiedener Ereignisse als Arbeitsunfälle, im hier vorangegangenen Verfahren S 6 U 4285/11 ein Ereignis vom 28.10.2005 (Schlag in den Rücken durch einen von ihm zuvor als Fahrkartenkontrolleur überprüften Fahrgast mit der Folge einer Prellung). Dabei machte der Kläger auch im Verfahren S 6 U 4285/11 psychische Unfallfolgen bzw. eine Verschlimmerung psychischer Störungen durch dieses Ereignis geltend.
Nachdem der in allen drei Klageverfahren von Amts wegen beauftragte Dr. S. , Chefarzt im Psychiatrischen Zentrum N. , einen Kausalzusammenhang zwischen der diagnostizierten Reaktion auf schwere Belastung für alle Ereignisse bejaht, für weitere psychische Störungen aber verneint hatte, holte das Sozialgericht auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Gutachten bei Prof. Dr. W. vom M. für Psychiatrie M. nebst zweier Zusatzgutachten (auf psychologischem und neuropsychologischem Fachgebiet) in allen drei Verfahren ein. Mangels Unterlagen und Daten vermochte Prof. Dr. W. einen Ursachenzusammenhang zwischen den von ihm diagnostizierten Störungen mit dem Ereignis vom 28.10.2005 nicht zu beurteilen.
In der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2015 anerkannte die Beklagte das Ereignis vom 28.10.2005 als Arbeitsunfall und eine Thoraxprellung als Folge. Der Kläger nahm dieses Teilanerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen (laut Klageantrag Verurteilung der Beklagten zur Feststellung einer MdE um wenigstens 10 v.H.) für erledigt.
Den im Verfahren S 6 U 4285/11 gestellten Antrag, die Kosten für das Gutachten und die Zusatzgutachten auf die Staatskasse zu übernehmen, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 05.02.2016 abgelehnt, wogegen der Kläger am 03.03.2016 Beschwerde eingelegt hat.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 172, 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für das Gutachten von Prof. Dr. W. und der beiden Zusatzgutachten auf psychologischem und neuropsychologischem Fachgebiet sowie seiner Auslagen durch die Staatskasse.
Nach § 109 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden, wobei die Anhörung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Über diese endgültige Kostentragungspflicht entscheidet das Gericht nach Ermessen. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geht die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht über.
Bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt der Senat, ob das Gutachten für die verfahrensbeendende gerichtliche Entscheidung bzw. - erging keine solche Entscheidung - im Falle eines Klageerfolges für die verfahrensbeendenden Erklärungen wesentliche Bedeutung gewann. Dies bejaht der Senat insbesondere dann, wenn das Gutachten die Aufklärung des Sachverhalts objektiv förderte, auch dadurch, dass es durch Aufdeckung weiterer entscheidungsrelevanter Tatsachen weitere (weiterführende) Beweiserhebungen von Amts wegen erforderlich machte. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen am Prozessziel und angesichts des Verfahrensausgangs, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben.
Hier verneint der Senat eine zur Übernahme der Gutachtenskosten führende Relevanz des Gutachten von Prof. Dr. W. sowie der beiden Zusatzgutachten auf psychologischem und neuropsychologischem Fachgebiet für die gerichtliche Sachaufklärung.
Prof. Dr. W. vermochte einen Ursachenzusammenhang der von ihm diagnostizierten Störungen mit dem Ereignis vom 28.10.2005 nicht zu beurteilen, also auch nicht zu bejahen, weil - so seine Begründung - diesbezüglich zu wenige Unterlagen und Daten vorlägen. Damit stützte das Gutachten das Vorbringen des Klägers (Vorliegen psychischer Unfallfolgen bzw. Verschlimmerung psychischer Störungen durch das Ereignis und das Vorliegen einer MdE um wenigstens 10 v.H.) nicht. Entsprechend erklärte der Kläger insoweit den Rechtsstreit für erledigt.
Soweit sich das weitere Begehren des Klägers auf Anerkennung eines Arbeitsunfalles im Wege des angenommenen Teilanerkenntnisses erledigte, beruhte dies nicht auf dem Gutachten von Prof. Dr. W. nebst Zusatzgutachten, sondern auf der Tatsache, dass eine Prellung als Gesundheitserstschaden vorlag und damit alle Voraussetzungen für die Bejahung eines Arbeitsunfalles erfüllt waren, was die Beklagte in der Formulierung des Teilanerkenntnisses mit der Feststellung der Thoraxprellung als Folge hinreichend deutlich machte. Die vom Kläger in der Beschwerde angeführte Textpassage im Gutachten mit der Verwendung des Wortes Arbeitsunfall in Bezug auf das Ereignis vom 28.10.2005 (Seite 78 unten) stellt kein Ergebnis einer Wertung des Sachverständigen, sondern ausschließlich die Wiedergabe der vom Sozialgericht formulierten Beweisfragen (vgl. Bl. 139 SG-Akte) dar. Entgegen der Behauptung des Klägers hatte somit das Gutachten von Prof. Dr. W. nebst den Zusatzgutachten für die Beurteilung des Ereignisses vom 28.10.2005 keinerlei Bedeutung erlangt. Eine auch nur teilweise Kostenübernahme ist daher nicht angemessen.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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