Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
26
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 26 AL 162/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 58/16 NZB
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei begründeten Zweifeln darf das Gericht bei einem Rechtsanwalt die Überprüfung einer angezeigten Bevollmächtigung anhand der Vollmachtsurkunde vornehmen und die Vorlage dieser Vollmacht verlangen. Wird die Vollmacht bis zum Abschluss des Verfahrens nicht vorgelegt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
Begründete Zweifel bestehen bereits dann, wenn nach Festsetzung der nach erfolgreichem
Rechtsbehelfsverfahrens zu erstattenden außergerichtlichen Kosten durch Bescheid die Naturpartei eine höhere Kostenerstattung einklagt und sich dafür des Rechtsanwalts bedient, der, da es um seine Anwaltsgebühren geht, eigentlicher Nutznießer einer solchen Klage ist –
während die Naturpartei allein das Kostenrisiko für den Fall des Unterliegens trägt, das sich aus dem Mandatsverhältnis mit dem Rechtsanwalt ergibt.
Solche Zweifel bestehen auch dann, wenn es in gerichtlichen Verfahren, an denen der Rechtsanwalt auf Klägerseite beteiligt war, bereits vorkam, dass bei Gericht auf Terminsladung erschiene Kläger nicht wussten, dass überhaupt ein Gerichtsverfahren anhängig ist oder was konkreter Gegenstand des Verfahrens ist.
Prozesskostenhilfe ist in Verfahren um eine solche höhere Kostenfestsetzung schon deshalb zu versagen, weil die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht im Sinne von § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO nicht erforderlich ist. Eine vernünftige
Partei würde sich in Anbetracht der bestehenden Interessenslagen für einen solchen Prozess nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, sofern er ihn überhaupt führen würde.
Begründete Zweifel bestehen bereits dann, wenn nach Festsetzung der nach erfolgreichem
Rechtsbehelfsverfahrens zu erstattenden außergerichtlichen Kosten durch Bescheid die Naturpartei eine höhere Kostenerstattung einklagt und sich dafür des Rechtsanwalts bedient, der, da es um seine Anwaltsgebühren geht, eigentlicher Nutznießer einer solchen Klage ist –
während die Naturpartei allein das Kostenrisiko für den Fall des Unterliegens trägt, das sich aus dem Mandatsverhältnis mit dem Rechtsanwalt ergibt.
Solche Zweifel bestehen auch dann, wenn es in gerichtlichen Verfahren, an denen der Rechtsanwalt auf Klägerseite beteiligt war, bereits vorkam, dass bei Gericht auf Terminsladung erschiene Kläger nicht wussten, dass überhaupt ein Gerichtsverfahren anhängig ist oder was konkreter Gegenstand des Verfahrens ist.
Prozesskostenhilfe ist in Verfahren um eine solche höhere Kostenfestsetzung schon deshalb zu versagen, weil die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht im Sinne von § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO nicht erforderlich ist. Eine vernünftige
Partei würde sich in Anbetracht der bestehenden Interessenslagen für einen solchen Prozess nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, sofern er ihn überhaupt führen würde.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Kosten eines Widerspruchsverfahrens.
Die die Beklagte half zwei Widersprüchen des diesbezüglich anwaltlich vertretenen Klägers gegen Mahngebührenfestsetzungen in Höhe von 30,55 EUR und 24,55 EUR mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 29.11.2011, auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, ab. Grund dieser Abhilfeentscheidung war, dass übersehen worden war, dass bereits Klagen gegen die den Mahngebührenfestsetzungen zugrunde liegenden Forderungen anhängig waren, denen jeweils aufschiebende Wirkung zukam. Im abhelfenden Widerspruchsbescheid verfügte die Beklagte zugleich die Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Mit Schreiben vom 15.10.2013 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Erstattung folgender Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen für das Widerspruchsverfahren:
- Geschäftsgebühr (Nr. 2400 VV RVG (aF)) 240,00 EUR - Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR - Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG 49,40 EUR Gesamt: 309,40 EUR
Auf diese Kostenrechnung nahm die Beklagte mit Bescheid vom 19.12.2013 eine Kostenerstattung der anwaltlichen Gebühren und Auslagen wie folgt vor:
- Rahmengebühr gem. § 14 RVG, VV 2400 (aF) 120,00 EUR - Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR - Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 26,60 EUR Gesamt: 166,60 EUR
Unter Berufung auf eine auch insoweit vorliegende Vollmacht des Klägers legte der vormalige Bevollmächtigte auch Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten ein. Er verwies auf Rechtsprechung, nach der in ähnlichen Angelegenheiten eine halbe Mittelgebühr in Höhe von 140,00 EUR anerkannt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.1.2014, auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Unter Berufung auf eine auch insoweit vorliegende Prozessvollmacht hat der vormalige Bevollmächtigte am 3.3.2014 Klage zum Sozialgericht Chemnitz erhoben, mit der das Begehren auf die Erstattung höherer Rechtsanwaltsgebühren weiterverfolgt wird. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die schriftliche Klagebegründung vom 3.3.2014 Bezug genommen.
Es wird beantragt,
die Beklagte unter zumindest teilweiser Abänderung des Kostenfestsetzungsbescheides vom 19.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2014 zu verpflichten, Kosten im Widerspruchsverfahren in Höhe von mehr als 166,60 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat den klageführenden Rechtsanwalt bereits mit Klageerhebung zur Vorlage einer vom Kläger ausgestellten Prozessvollmacht gebeten. Sie hat dies mit Ladung vom 6.1.2016 zum Termin am 3.3.2016 nochmals ausdrücklich unter Hinweis auf eine anderenfalls drohende Klageabweisung als unzulässig wiederholt.
Mit Schreiben vom 19.1.2016 und vom 29.2.2016 ist von Beklagten- und Klägerseite das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt worden.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist bereits unzulässig, da sie nicht wirksam erhoben wurde.
Eine Prozessvollmacht für die von Rechtsanwalt H. im Namen des Klägers erhobene Klage ist trotz ausdrücklicher Aufforderung, die mit einem deutlichen Hinweis auf die ansonsten drohende Abweisung als unzulässig verbunden war, nicht vorgelegt worden. Damit ist eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Rechtsanwalts H. zur Klageerhebung für den Kläger bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht nachgewiesen worden. Die Klageerhebung ist damit nicht wirksam und die Klage deshalb als unzulässig abzuweisen.
Auf den Nachweis einer Prozessvollmacht konnte hier nicht verzichtet werden. Eine zur Vertretung in dem zu betreibenden Verfahren ermächtigende Vollmacht ist nach § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG schriftlich zu den Gerichtsakten zu reichen, wobei sie auch nachgereicht werden kann. Zwar hat das Gericht einen Mangel der Vollmacht von Amts wegen nur zu berücksichtigen, wenn als Bevollmächtigter nicht ein Rechtsanwalt auftritt (§ 73 Abs. 6 Satz 5 SGG). Allerdings entfällt damit nur die Pflicht des Gerichts, die Frage der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung durch einen zugelassenen Rechtsanwalt von Amts wegen zu prüfen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 73, Rn. 68). Es verbleibt jedoch die Befugnis des Gerichts, bei begründeten Zweifeln eine Überprüfung einer angezeigten Bevollmächtigung vorzunehmen (LSG Berlin-Branden¬burg, Beschluss vom 27.1.2015 – L 20 AS 2202/14 B; Leitherer, a.a.O., m.w.N. aus der Rspr.). So lagen die Dinge hier.
Vorliegend bestand bereits wegen des besonderen Streitgegenstands begründeter Anlass dafür, einen Nachweis für die vorgetragene Bevollmächtigung zu verlangen. Denn Klageziel ist die Erlangung höherer Rechtsanwaltsgebühren aus dem vorangegangenen Widerspruchsverfahren gegen die Mahngebühren. Davon profitiert der Kläger-Bevoll¬mächtigte dieses Verfahrens. Für den Kläger selbst birgt ein solches Verfahren, wenn er dies wie hier durch einen Rechtsanwalt führen lässt, dagegen in erster Linie ein Kostenrisiko: Für den Fall des Unterliegens ist er einem Kostenanspruch seines Rechtsanwalts aus dem Mandatsverhältnis ausgesetzt. Ein vernünftig abwägender Kläger wird sich daher, sofern er sich überhaupt zu einer solchen Klage entschließt, nicht ohne besonderen Grund zu einer Prozessvertretung durch einen Rechtsanwalt bewegen lassen. Ein solcher Grund ist hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Prozesskostenhilfe ist hier überdies nicht beantragt worden ist. Angemerkt sei allerdings auch, dass Prozesskostenhilfe nicht voraussetzungslos gewährt wird, so dass selbst bei Stellung eines solchen Antrags ein nicht unerhebliches Kostenrisiko verblieben wäre (vgl. schon § 73 a SGG i.V.m. §§ 114, 115 ZPO). Im Hinblick auf die geschilderte Interessenslage fehlte es insbesondere an der Erforderlichkeit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Sinne von § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO. So hat das Sächsische Landessozialgericht bei der Prüfung von Prozesskostenhilfe in Erinnerungsverfahren gegen Kostenfestsetzungen nach § 197 SGG die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Sinne von § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO verneint, weil das Verfahren in erster Linie den Gebühreninteressen des Rechtsanwalts dient (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 10.1.2013 – L 8 AS 701/12 B PKH; vgl. auch Prozesskostenhilfe-Beschluss der Kammer vom 4.3.2015 – S 26 AL 281/14). Nichts anderes kann für die Prozesskostenhilfe-Prüfung im Rahmen einer Klage gegen eine Kostenfestsetzung durch eine verwaltungsbehördliche Entscheidung gelten. Hier besteht die gleiche Interessenslage zwischen dem Unbemittelten und seinem Rechtsanwalt.
Wird das vorliegende Verfahren somit erkennbar allein wegen des Gebühreninteresses des vormaligen Bevollmächtigten geführt, legt schon dieser Umstand nahe, die Befugnis des Rechtsanwalts zur Klageerhebung im Namen des Klägers zu hinterfragen. Hinzu kommt, dass es in Verfahren der hier erkennenden Kammer wie auch anderer Kammern des Sozialgerichts Chemnitz, an denen Rechtsanwalt H. als Prozessbevollmächtigter auf Klägerseite beteiligt war, vorkam, dass bei Gericht erschienene Kläger nicht wussten, um was es in den jeweiligen Verfahren geht bzw. dass überhaupt ein Verfahren bei Gericht anhängig gemacht wurde. So wurde eine bei der 31. Kammer des SG Chemnitz geführte Klage – 31 AL 311/15 – nach Kenntniserlangung durch die "Naturpartei" am Terminstag wieder zurück genommen.
Schon allein um den damit einhergehenden Verdacht zu entkräften, dass die Unkenntnis eines klagenden Beteiligten vom Verfahren bzw. vom Streitgegenstand bereits darauf beruht, dass dem Rechtsanwalt eine Vollmacht zur Klageerhebung nicht oder jedenfalls nicht für den konkreten Streitgegenstand erteilt wurde, ist das Verlangen nach einer Vollmachtsurkunde gerechtfertigt. Nur die vorliegende schriftliche Vollmacht ermöglicht die Prüfung auch des genauen Inhalts eines erteilten Mandats. Grundsätzlich ist eine auf das konkrete Verfahren bezogene Vollmacht notwendig (vgl. LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.).
Ungeachtet ihrer Unzulässigkeit wäre die Klage aber auch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung einer höheren Geschäftsgebühr nach der Gebührenziffer 2400 RVG (a.F.) gegen die Beklagte. Die doppelte Mindestgebühr in Höhe von 80,00 EUR ist in Verfahren wie dem vorliegenden angemessen wie ausreichend (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. Mai 2014 – L 19 AS 1995/13 B). Hier war es unter Berücksichtigung von formal zwei Widersprüchen, die in einem Widerspruchsverfahren zusammengeführt wurden, gerechtfertigt, die Geschäftsgebühr nochmals um eine Mindestgebühr zu erhöhen, so dass die von der Beklagten angesetzten 120,00 EUR, eine halbe Schwellengebühr, nicht zu beanstanden sind.
Vorliegend standen weder existenzsichernde, Lohn ersetzende oder sonstige Sozialleistungen in Streit, die den sozialgerichtlichen "Normalfall" bilden. Es ging allein um Mahngebühren im Rahmen der Beitreibung von Erstattungsforderungen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit war für den Kläger mithin – gerade auch im Verhältnis zu den zugrunde liegenden Forderungen in vierstelliger Höhe – weit unterdurchschnittlich. Auch waren Schwierigkeit und Umfang der anwaltlichen Tätigkeit deutlich unterdurchschnittlich. Es musste allein auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hingewiesen werden. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich.
Unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände hat die Beklagte die Geschäftsgebühr in Höhe von 120,00 EUR somit nicht zu niedrig bemessen.
Die Klage musste daher unter den beiden genannten Gesichtspunkten erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht überschreitet, bedarf die Berufung gemäß § 144 Abs. 1 SGG der Zulassung. Es liegt keiner der in § 144 Abs. 2 SGG genannten Zulassungsgründe vor, so dass die Berufung hier nicht zuzulassen war.
2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Kosten eines Widerspruchsverfahrens.
Die die Beklagte half zwei Widersprüchen des diesbezüglich anwaltlich vertretenen Klägers gegen Mahngebührenfestsetzungen in Höhe von 30,55 EUR und 24,55 EUR mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 29.11.2011, auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, ab. Grund dieser Abhilfeentscheidung war, dass übersehen worden war, dass bereits Klagen gegen die den Mahngebührenfestsetzungen zugrunde liegenden Forderungen anhängig waren, denen jeweils aufschiebende Wirkung zukam. Im abhelfenden Widerspruchsbescheid verfügte die Beklagte zugleich die Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Mit Schreiben vom 15.10.2013 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Erstattung folgender Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen für das Widerspruchsverfahren:
- Geschäftsgebühr (Nr. 2400 VV RVG (aF)) 240,00 EUR - Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR - Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG 49,40 EUR Gesamt: 309,40 EUR
Auf diese Kostenrechnung nahm die Beklagte mit Bescheid vom 19.12.2013 eine Kostenerstattung der anwaltlichen Gebühren und Auslagen wie folgt vor:
- Rahmengebühr gem. § 14 RVG, VV 2400 (aF) 120,00 EUR - Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR - Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 26,60 EUR Gesamt: 166,60 EUR
Unter Berufung auf eine auch insoweit vorliegende Vollmacht des Klägers legte der vormalige Bevollmächtigte auch Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten ein. Er verwies auf Rechtsprechung, nach der in ähnlichen Angelegenheiten eine halbe Mittelgebühr in Höhe von 140,00 EUR anerkannt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.1.2014, auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Unter Berufung auf eine auch insoweit vorliegende Prozessvollmacht hat der vormalige Bevollmächtigte am 3.3.2014 Klage zum Sozialgericht Chemnitz erhoben, mit der das Begehren auf die Erstattung höherer Rechtsanwaltsgebühren weiterverfolgt wird. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die schriftliche Klagebegründung vom 3.3.2014 Bezug genommen.
Es wird beantragt,
die Beklagte unter zumindest teilweiser Abänderung des Kostenfestsetzungsbescheides vom 19.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2014 zu verpflichten, Kosten im Widerspruchsverfahren in Höhe von mehr als 166,60 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat den klageführenden Rechtsanwalt bereits mit Klageerhebung zur Vorlage einer vom Kläger ausgestellten Prozessvollmacht gebeten. Sie hat dies mit Ladung vom 6.1.2016 zum Termin am 3.3.2016 nochmals ausdrücklich unter Hinweis auf eine anderenfalls drohende Klageabweisung als unzulässig wiederholt.
Mit Schreiben vom 19.1.2016 und vom 29.2.2016 ist von Beklagten- und Klägerseite das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt worden.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist bereits unzulässig, da sie nicht wirksam erhoben wurde.
Eine Prozessvollmacht für die von Rechtsanwalt H. im Namen des Klägers erhobene Klage ist trotz ausdrücklicher Aufforderung, die mit einem deutlichen Hinweis auf die ansonsten drohende Abweisung als unzulässig verbunden war, nicht vorgelegt worden. Damit ist eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Rechtsanwalts H. zur Klageerhebung für den Kläger bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht nachgewiesen worden. Die Klageerhebung ist damit nicht wirksam und die Klage deshalb als unzulässig abzuweisen.
Auf den Nachweis einer Prozessvollmacht konnte hier nicht verzichtet werden. Eine zur Vertretung in dem zu betreibenden Verfahren ermächtigende Vollmacht ist nach § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG schriftlich zu den Gerichtsakten zu reichen, wobei sie auch nachgereicht werden kann. Zwar hat das Gericht einen Mangel der Vollmacht von Amts wegen nur zu berücksichtigen, wenn als Bevollmächtigter nicht ein Rechtsanwalt auftritt (§ 73 Abs. 6 Satz 5 SGG). Allerdings entfällt damit nur die Pflicht des Gerichts, die Frage der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung durch einen zugelassenen Rechtsanwalt von Amts wegen zu prüfen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 73, Rn. 68). Es verbleibt jedoch die Befugnis des Gerichts, bei begründeten Zweifeln eine Überprüfung einer angezeigten Bevollmächtigung vorzunehmen (LSG Berlin-Branden¬burg, Beschluss vom 27.1.2015 – L 20 AS 2202/14 B; Leitherer, a.a.O., m.w.N. aus der Rspr.). So lagen die Dinge hier.
Vorliegend bestand bereits wegen des besonderen Streitgegenstands begründeter Anlass dafür, einen Nachweis für die vorgetragene Bevollmächtigung zu verlangen. Denn Klageziel ist die Erlangung höherer Rechtsanwaltsgebühren aus dem vorangegangenen Widerspruchsverfahren gegen die Mahngebühren. Davon profitiert der Kläger-Bevoll¬mächtigte dieses Verfahrens. Für den Kläger selbst birgt ein solches Verfahren, wenn er dies wie hier durch einen Rechtsanwalt führen lässt, dagegen in erster Linie ein Kostenrisiko: Für den Fall des Unterliegens ist er einem Kostenanspruch seines Rechtsanwalts aus dem Mandatsverhältnis ausgesetzt. Ein vernünftig abwägender Kläger wird sich daher, sofern er sich überhaupt zu einer solchen Klage entschließt, nicht ohne besonderen Grund zu einer Prozessvertretung durch einen Rechtsanwalt bewegen lassen. Ein solcher Grund ist hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Prozesskostenhilfe ist hier überdies nicht beantragt worden ist. Angemerkt sei allerdings auch, dass Prozesskostenhilfe nicht voraussetzungslos gewährt wird, so dass selbst bei Stellung eines solchen Antrags ein nicht unerhebliches Kostenrisiko verblieben wäre (vgl. schon § 73 a SGG i.V.m. §§ 114, 115 ZPO). Im Hinblick auf die geschilderte Interessenslage fehlte es insbesondere an der Erforderlichkeit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Sinne von § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO. So hat das Sächsische Landessozialgericht bei der Prüfung von Prozesskostenhilfe in Erinnerungsverfahren gegen Kostenfestsetzungen nach § 197 SGG die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Sinne von § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO verneint, weil das Verfahren in erster Linie den Gebühreninteressen des Rechtsanwalts dient (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 10.1.2013 – L 8 AS 701/12 B PKH; vgl. auch Prozesskostenhilfe-Beschluss der Kammer vom 4.3.2015 – S 26 AL 281/14). Nichts anderes kann für die Prozesskostenhilfe-Prüfung im Rahmen einer Klage gegen eine Kostenfestsetzung durch eine verwaltungsbehördliche Entscheidung gelten. Hier besteht die gleiche Interessenslage zwischen dem Unbemittelten und seinem Rechtsanwalt.
Wird das vorliegende Verfahren somit erkennbar allein wegen des Gebühreninteresses des vormaligen Bevollmächtigten geführt, legt schon dieser Umstand nahe, die Befugnis des Rechtsanwalts zur Klageerhebung im Namen des Klägers zu hinterfragen. Hinzu kommt, dass es in Verfahren der hier erkennenden Kammer wie auch anderer Kammern des Sozialgerichts Chemnitz, an denen Rechtsanwalt H. als Prozessbevollmächtigter auf Klägerseite beteiligt war, vorkam, dass bei Gericht erschienene Kläger nicht wussten, um was es in den jeweiligen Verfahren geht bzw. dass überhaupt ein Verfahren bei Gericht anhängig gemacht wurde. So wurde eine bei der 31. Kammer des SG Chemnitz geführte Klage – 31 AL 311/15 – nach Kenntniserlangung durch die "Naturpartei" am Terminstag wieder zurück genommen.
Schon allein um den damit einhergehenden Verdacht zu entkräften, dass die Unkenntnis eines klagenden Beteiligten vom Verfahren bzw. vom Streitgegenstand bereits darauf beruht, dass dem Rechtsanwalt eine Vollmacht zur Klageerhebung nicht oder jedenfalls nicht für den konkreten Streitgegenstand erteilt wurde, ist das Verlangen nach einer Vollmachtsurkunde gerechtfertigt. Nur die vorliegende schriftliche Vollmacht ermöglicht die Prüfung auch des genauen Inhalts eines erteilten Mandats. Grundsätzlich ist eine auf das konkrete Verfahren bezogene Vollmacht notwendig (vgl. LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.).
Ungeachtet ihrer Unzulässigkeit wäre die Klage aber auch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung einer höheren Geschäftsgebühr nach der Gebührenziffer 2400 RVG (a.F.) gegen die Beklagte. Die doppelte Mindestgebühr in Höhe von 80,00 EUR ist in Verfahren wie dem vorliegenden angemessen wie ausreichend (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. Mai 2014 – L 19 AS 1995/13 B). Hier war es unter Berücksichtigung von formal zwei Widersprüchen, die in einem Widerspruchsverfahren zusammengeführt wurden, gerechtfertigt, die Geschäftsgebühr nochmals um eine Mindestgebühr zu erhöhen, so dass die von der Beklagten angesetzten 120,00 EUR, eine halbe Schwellengebühr, nicht zu beanstanden sind.
Vorliegend standen weder existenzsichernde, Lohn ersetzende oder sonstige Sozialleistungen in Streit, die den sozialgerichtlichen "Normalfall" bilden. Es ging allein um Mahngebühren im Rahmen der Beitreibung von Erstattungsforderungen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit war für den Kläger mithin – gerade auch im Verhältnis zu den zugrunde liegenden Forderungen in vierstelliger Höhe – weit unterdurchschnittlich. Auch waren Schwierigkeit und Umfang der anwaltlichen Tätigkeit deutlich unterdurchschnittlich. Es musste allein auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hingewiesen werden. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich.
Unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände hat die Beklagte die Geschäftsgebühr in Höhe von 120,00 EUR somit nicht zu niedrig bemessen.
Die Klage musste daher unter den beiden genannten Gesichtspunkten erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht überschreitet, bedarf die Berufung gemäß § 144 Abs. 1 SGG der Zulassung. Es liegt keiner der in § 144 Abs. 2 SGG genannten Zulassungsgründe vor, so dass die Berufung hier nicht zuzulassen war.
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