Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 KA 7110/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 5137/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.10.2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 20.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Berechnung des Regelleistungsvolumens (RLV) auf Grundlage ihrer tatsächlich zur Abrechnung gebrachten RLV-Fallzahlen über das Quartal 2/2012 hinaus.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in H. zugelassen.
Mit Schreiben vom 02.08.2011 beantragte die Klägerin die Erhöhung ihres RLV ab 01.07.2011 unter Hinweis auf eine erhöhte Patientenaufnahme aufgrund der Schließung der Praxis des ebenfalls in H. tätigen Dr. S ... Dem entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 16.09.2011 in Bezug auf das Quartal 3/2011. Die Berechnung des RLV im Quartal 3/2011 werde auf Basis der tatsächlich abgerechneten RLV-relevanten Fallzahlen vorgenommen. Mit Bescheid vom 13.10.2011 erkannte die Beklagte die Berechnung des RLV auf der Basis der jeweils tatsächlich abgerechneten RLV-relevanten Fallzahlen auch für die Quartale 4/2011 bis 2/2012 an.
Am 15.11.2011 erhob die Klägerin dagegen insoweit Widerspruch, als die Berechnung des RLV auf Grundlage der tatsächlich abgerechneten Fallzahlen über den 30.06.2012 hinaus abgelehnt worden war.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2012 wies die Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Ein Vergleich der Fallzahlen für die Quartale 4/2010 und 4/2011 sowie 1/2011 und 1/2012 habe einen Anstieg um 3,28 % bzw. 1,35 % ergeben. Eine Ausnahme über das Quartal 2/2012 hinaus sei deshalb nicht möglich. Aus den auf Teil B § 14 Abs. 4 Honorarverteilungsvertrag (HVV) beruhenden Durchführungsbestimmungen des Vorstandes der Beklagten ergebe sich zudem, dass im Falle einer Aufgabe der Zulassung eines Arztes in der näheren Umgebung die Berechnung des RLV auf Basis der tatsächlich abgerechneten RLV-relevanten Fallzahlen für maximal vier Quartale gewährt werden könne.
Am 21.12.2012 erhob die Klägerin Klage zunächst beim Landratsamt O ... Diese wurde am 27.12.2012 weitergeleitet zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung ließ sie vortragen, aufgrund des überraschenden Todes des Dr. S. seien überdurchschnittlich viele Behandlungsfälle zu erledigen gewesen, so dass höhere Fallzahlen in die Abrechnung einzustellen seien. Im Übrigen halte sie die Mengenbegrenzung der Leistungserbringung durch das RLV für verfassungswidrig.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Nach den auf § 13 Abs. 1 HVV bzw. der Vorgängerregelung beruhenden Durchführungsbestimmungen des Vorstandes der Beklagten könne nach der Aufgabe der Zulassung eines Arztes in der näheren Umgebung die Berechnung des RLV auf Basis der tatsächlichen abgerechneten RLV-Fallzahlen für maximal 4 Quartale gewährt werden. Dass die Neuorientierung der Patienten nach vier Quartalen abgeschlossen sei, ergebe sich zum einen daraus, dass die Praxis des Dr. S. ab dem Quartal 4/2011 von einer Nachfolgerin geführt werde. Zum anderen lasse sich den Honorarunterlagen der Klägerin für das Quartal 3/2012 entnehmen, dass deren tatsächlich abgerechneten Fallzahlen im Quartal 3/2012 niedriger gewesen seien als im Vorjahresquartal 3/2011. Die der Klägerin im Quartal 3/2012 zugestandenen Fallzahlen auf der Basis des Vorjahresquartals seien höher gewesen als die tatsächlich abgerechneten RLV-relevanten Fallzahlen. Darüber hinaus habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits die grundsätzliche Rechtmäßigkeit des RLV bestätigt. Schließlich habe die Klägerin die RLV-Zuweisungsbescheide und Honorarbescheide für die Quartale 3/2012 bis 2/2013 nicht angefochten.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 15.10.2014 ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Vergütung ihrer vertragsärztlichen Leistungen ab dem Quartal 3/2012. Der Zuerkennung eines höheren Honorars stehe für die Quartale 3/2012 bis 2/2013 bereits die Bestandskraft der entsprechenden RLV-Zuweisungsbescheide und Honorarbescheide entgegen. Mit dem Eintritt von Bestandskraft hinsichtlich der RLV-Zuweisungsbescheide und der Honorarbescheide stehe zwischen den Beteiligten rechtsverbindlich fest, dass die Klägerin für die betreffenden Quartale keinen Anspruch auf höheres Honorar habe (vgl. BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 31/08 R -, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -, jeweils in juris). Auch in der Sache selbst bestehe kein Anspruch auf Berechnung des RLV auf Basis der tatsächlich abgerechneten RLV-Fallzahlen. Nach § 87 b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V würden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 01.01.2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet. Nach § 87 b Abs. 4 SGB V habe der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31.08.2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der RLV nach den Absätzen 2 und 3 zu bestimmen gehabt. Der Erweiterte Bewertungsausschuss habe in Teil F des in seiner 218. Sitzung am 26.03.2010 gefassten Beschlusses bestimmt, dass für Fachärzte für Allgemeinmedizin das RLV zur Anwendung komme (Teil F, Ziffer 2.1 des Beschlusses sowie Anlage 1, Ziffer 4 zum Beschluss) und sich die Höhe des RLV eines Arztes aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen arztgruppenspezifischen Fallwertes und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal ergebe (Teil F, Ziffer 3.2.1 des Beschlusses und Anlage 2 zum Beschluss). Aus Sicherstellungsgründen könne im Einzelfall von der Minderung des Fallwertes abgewichen werden. Deshalb hätten die Gesamtvertragsparteien in § 13 Abs. 1 HVV eine Sonderregelung bei Unvergleichbarkeit von Bezugsquartal und Abrechnungsquartal aufgenommen. Auf Antrag eines Vertragsarztes prüfe die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen, ob aus Sicherstellungsgründen anstelle der RLV-Fallzahl des Vorjahresquartals die RLV-Fallzahl des Abrechnungsquartals bei der Bemessung des RLV herangezogen werde. Dies komme insbesondere in Betracht bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten im Abrechnungsquartal z.B. aufgrund einer urlaubs- oder krankheitsbedingten Vertretung eines anderen Arztes im Einzugsbereich der Praxis oder der Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines anderen Arztes in der näheren Umgebung der Praxis ohne Nachfolge. Der Vorstand der Beklagten habe die Sonderregelung auf maximal vier Quartale beschränkt. Diese Regelungen habe die Beklagte rechtsfehlerfrei angewandt. Das RLV-Gesamtvolumen der klägerischen Praxis sei - in Folge der Praxisschließung von Dr. S. zum 30.06.2011 - in den Quartalen 3/2011 bis 2/2012 auf Basis der tatsächlich abgerechneten RLV-relevanten Fallzahlen und damit entsprechend der Ausnahmeregelung des § 13 HVV ermittelt worden. Eine weitere Ausnahme über das Quartal 2/2012 hinaus habe die Beklagte zu Recht abgelehnt. Die von der Beklagten vorgenommene Begrenzung der Sonderregelung auf vier Quartale sei vom normativen Gestaltungsspielraum einer Kassenärztlichen Vereinigung gedeckt. Durch die Vorgabe von RLV solle erreicht werden, dass die von den (Vertrags-)Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet würden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben werde. Durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten solle zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R -, Urteil vom 06.02.2013 - B 6 KA 13/12 R -, jeweils in juris). Die auf vier Quartale begrenzte Berechnung des RLV entsprechend § 13 Abs. 1 HVV berücksichtige diese Gesichtspunkte und verhindere gleichzeitig, dass die Klägerin existenzbedrohende Honorarminderungen zu gewärtigen habe. Die Begrenzung auf ein einjähriges Moratorium entspreche zudem der Rechtsprechung des BSG in Bezug auf die Wachstumsmöglichkeit einer Anfänger- oder Aufbaupraxis (vgl. BSG, Urteil vom 17.07.2013 - B 6 KA 44/12 R -, in juris). Dass die Begrenzung auf ein Jahr zurecht erfolgt sei, zeigten zudem die individuellen Verhältnisse der klägerischen Praxis. Ab dem Quartal 4/2011 sei die Praxis von Dr. S. von dessen Praxisnachfolgerin fortgeführt worden. Dass dies zu einer Beendigung der geltend gemachten Sondersituation geführt habe, zeige der Fallzahlrückgang in der klägerischen Praxis im Quartal 3/2012 im Vergleich zum Quartal 3/2011. Dies sei ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Klägerin eine Unvergleichbarkeit von Bezugsquartal und Abrechnungsquartal ab dem Quartal 3/2012 nicht mehr geltend machen könne, sodass eine rechtliche Betroffenheit nicht gegeben sei. Auch eine Verfassungswidrigkeit des RLV könne die Klägerin nicht geltend machen. Als Instrument der Mengensteuerung dienten RLV der Erhaltung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung, die als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang nicht nur Berufsausübungsregelungen, sondern sogar objektive Zulassungsbeschränkungen und damit selbst schwerste Eingriffe in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigen könne (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -, in juris, Rn. 149 m. w. N. zur bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Auch die durch § 87 b Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 SGB V bestimmte Vergütung der das RLV überschreitenden Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen verstoße nicht gegen die Verfassung. Aus der in Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 3 Abs. 1 GG verorteten Honorarverteilungsgerechtigkeit lasse sich kein subjektiver Rechtsanspruch des einzelnen Arztes auf Vergütung jeder einzelnen Leistung in einer bestimmten Höhe ableiten. Der Vertragsarzt habe grundsätzlich keinen Anspruch auf eine kostendeckende Vergütung jeder einzelnen Leistung, sondern auf einen angemessenen Anteil an der Gesamtvergütung (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2001 - B 6 KA 54/00 R -, in juris, Rn. 28).
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 12.11.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.12.2014 Berufung eingelegt. Eine Begründung ist trotz wiederholter Erinnerungen und Ankündigungen nicht erfolgt.
Die Klägerin beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.10.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 13.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den 30.06.2012 hinaus ihr RLV auf Grundlage der tatsächlich abgerechneten RLV-Fallzahlen zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind von der Berichterstatterin mit Schreiben vom 07.03.2016 darauf hingewiesen worden, dass der Senat die Berufung gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine Äußerung erfolgte nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, auf die Akten der Beklagten, die Gerichtsakten des SG sowie auf die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Berechnung des RLV auf der Grundlage der tatsächlich abgerechneten Fallzahlen zu Recht auf vier Quartale bis zum 2. Quartal 2012 einschließlich begrenzt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berechnung ihres RLV auf der Grundlage der tatsächlich abgerechneten Fallzahlen den 30.06.2012 hinaus.
Das SG hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften die Berechnung des RLV erfolgt, und weshalb die ausnahmsweise Zugrundelegung der tatsächlich abgerechneten Fallzahlen zu Recht auf die Zeit bis zum Quartal 2/2012 begrenzt wurde. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Diese Vorgehensweise liegt umso näher, als die Berufung auch nach Akteneinsicht und trotz mehrfacher Ankündigung zu keinem Zeitpunkt begründet worden ist.
Lediglich ergänzend ist nochmals hervorzuheben, dass nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren die RLV-Zuweisungsbescheide und die Honorarbescheide der Klägerin ab dem Quartal 3/2012 bestandskräftig geworden sind, so dass sie bereits aus diesem Grund eine Änderung der Berechnung des RLV für die Zeit nach dem 30.06.2012 nicht mit Erfolg geltend machen kann, da die Gewährung höheren als des bestandskräftig festgesetzten Honorars nicht in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -, in juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 20.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Berechnung des Regelleistungsvolumens (RLV) auf Grundlage ihrer tatsächlich zur Abrechnung gebrachten RLV-Fallzahlen über das Quartal 2/2012 hinaus.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in H. zugelassen.
Mit Schreiben vom 02.08.2011 beantragte die Klägerin die Erhöhung ihres RLV ab 01.07.2011 unter Hinweis auf eine erhöhte Patientenaufnahme aufgrund der Schließung der Praxis des ebenfalls in H. tätigen Dr. S ... Dem entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 16.09.2011 in Bezug auf das Quartal 3/2011. Die Berechnung des RLV im Quartal 3/2011 werde auf Basis der tatsächlich abgerechneten RLV-relevanten Fallzahlen vorgenommen. Mit Bescheid vom 13.10.2011 erkannte die Beklagte die Berechnung des RLV auf der Basis der jeweils tatsächlich abgerechneten RLV-relevanten Fallzahlen auch für die Quartale 4/2011 bis 2/2012 an.
Am 15.11.2011 erhob die Klägerin dagegen insoweit Widerspruch, als die Berechnung des RLV auf Grundlage der tatsächlich abgerechneten Fallzahlen über den 30.06.2012 hinaus abgelehnt worden war.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2012 wies die Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Ein Vergleich der Fallzahlen für die Quartale 4/2010 und 4/2011 sowie 1/2011 und 1/2012 habe einen Anstieg um 3,28 % bzw. 1,35 % ergeben. Eine Ausnahme über das Quartal 2/2012 hinaus sei deshalb nicht möglich. Aus den auf Teil B § 14 Abs. 4 Honorarverteilungsvertrag (HVV) beruhenden Durchführungsbestimmungen des Vorstandes der Beklagten ergebe sich zudem, dass im Falle einer Aufgabe der Zulassung eines Arztes in der näheren Umgebung die Berechnung des RLV auf Basis der tatsächlich abgerechneten RLV-relevanten Fallzahlen für maximal vier Quartale gewährt werden könne.
Am 21.12.2012 erhob die Klägerin Klage zunächst beim Landratsamt O ... Diese wurde am 27.12.2012 weitergeleitet zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung ließ sie vortragen, aufgrund des überraschenden Todes des Dr. S. seien überdurchschnittlich viele Behandlungsfälle zu erledigen gewesen, so dass höhere Fallzahlen in die Abrechnung einzustellen seien. Im Übrigen halte sie die Mengenbegrenzung der Leistungserbringung durch das RLV für verfassungswidrig.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Nach den auf § 13 Abs. 1 HVV bzw. der Vorgängerregelung beruhenden Durchführungsbestimmungen des Vorstandes der Beklagten könne nach der Aufgabe der Zulassung eines Arztes in der näheren Umgebung die Berechnung des RLV auf Basis der tatsächlichen abgerechneten RLV-Fallzahlen für maximal 4 Quartale gewährt werden. Dass die Neuorientierung der Patienten nach vier Quartalen abgeschlossen sei, ergebe sich zum einen daraus, dass die Praxis des Dr. S. ab dem Quartal 4/2011 von einer Nachfolgerin geführt werde. Zum anderen lasse sich den Honorarunterlagen der Klägerin für das Quartal 3/2012 entnehmen, dass deren tatsächlich abgerechneten Fallzahlen im Quartal 3/2012 niedriger gewesen seien als im Vorjahresquartal 3/2011. Die der Klägerin im Quartal 3/2012 zugestandenen Fallzahlen auf der Basis des Vorjahresquartals seien höher gewesen als die tatsächlich abgerechneten RLV-relevanten Fallzahlen. Darüber hinaus habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits die grundsätzliche Rechtmäßigkeit des RLV bestätigt. Schließlich habe die Klägerin die RLV-Zuweisungsbescheide und Honorarbescheide für die Quartale 3/2012 bis 2/2013 nicht angefochten.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 15.10.2014 ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Vergütung ihrer vertragsärztlichen Leistungen ab dem Quartal 3/2012. Der Zuerkennung eines höheren Honorars stehe für die Quartale 3/2012 bis 2/2013 bereits die Bestandskraft der entsprechenden RLV-Zuweisungsbescheide und Honorarbescheide entgegen. Mit dem Eintritt von Bestandskraft hinsichtlich der RLV-Zuweisungsbescheide und der Honorarbescheide stehe zwischen den Beteiligten rechtsverbindlich fest, dass die Klägerin für die betreffenden Quartale keinen Anspruch auf höheres Honorar habe (vgl. BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 31/08 R -, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -, jeweils in juris). Auch in der Sache selbst bestehe kein Anspruch auf Berechnung des RLV auf Basis der tatsächlich abgerechneten RLV-Fallzahlen. Nach § 87 b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V würden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 01.01.2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet. Nach § 87 b Abs. 4 SGB V habe der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31.08.2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der RLV nach den Absätzen 2 und 3 zu bestimmen gehabt. Der Erweiterte Bewertungsausschuss habe in Teil F des in seiner 218. Sitzung am 26.03.2010 gefassten Beschlusses bestimmt, dass für Fachärzte für Allgemeinmedizin das RLV zur Anwendung komme (Teil F, Ziffer 2.1 des Beschlusses sowie Anlage 1, Ziffer 4 zum Beschluss) und sich die Höhe des RLV eines Arztes aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen arztgruppenspezifischen Fallwertes und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal ergebe (Teil F, Ziffer 3.2.1 des Beschlusses und Anlage 2 zum Beschluss). Aus Sicherstellungsgründen könne im Einzelfall von der Minderung des Fallwertes abgewichen werden. Deshalb hätten die Gesamtvertragsparteien in § 13 Abs. 1 HVV eine Sonderregelung bei Unvergleichbarkeit von Bezugsquartal und Abrechnungsquartal aufgenommen. Auf Antrag eines Vertragsarztes prüfe die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen, ob aus Sicherstellungsgründen anstelle der RLV-Fallzahl des Vorjahresquartals die RLV-Fallzahl des Abrechnungsquartals bei der Bemessung des RLV herangezogen werde. Dies komme insbesondere in Betracht bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten im Abrechnungsquartal z.B. aufgrund einer urlaubs- oder krankheitsbedingten Vertretung eines anderen Arztes im Einzugsbereich der Praxis oder der Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines anderen Arztes in der näheren Umgebung der Praxis ohne Nachfolge. Der Vorstand der Beklagten habe die Sonderregelung auf maximal vier Quartale beschränkt. Diese Regelungen habe die Beklagte rechtsfehlerfrei angewandt. Das RLV-Gesamtvolumen der klägerischen Praxis sei - in Folge der Praxisschließung von Dr. S. zum 30.06.2011 - in den Quartalen 3/2011 bis 2/2012 auf Basis der tatsächlich abgerechneten RLV-relevanten Fallzahlen und damit entsprechend der Ausnahmeregelung des § 13 HVV ermittelt worden. Eine weitere Ausnahme über das Quartal 2/2012 hinaus habe die Beklagte zu Recht abgelehnt. Die von der Beklagten vorgenommene Begrenzung der Sonderregelung auf vier Quartale sei vom normativen Gestaltungsspielraum einer Kassenärztlichen Vereinigung gedeckt. Durch die Vorgabe von RLV solle erreicht werden, dass die von den (Vertrags-)Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet würden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben werde. Durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten solle zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R -, Urteil vom 06.02.2013 - B 6 KA 13/12 R -, jeweils in juris). Die auf vier Quartale begrenzte Berechnung des RLV entsprechend § 13 Abs. 1 HVV berücksichtige diese Gesichtspunkte und verhindere gleichzeitig, dass die Klägerin existenzbedrohende Honorarminderungen zu gewärtigen habe. Die Begrenzung auf ein einjähriges Moratorium entspreche zudem der Rechtsprechung des BSG in Bezug auf die Wachstumsmöglichkeit einer Anfänger- oder Aufbaupraxis (vgl. BSG, Urteil vom 17.07.2013 - B 6 KA 44/12 R -, in juris). Dass die Begrenzung auf ein Jahr zurecht erfolgt sei, zeigten zudem die individuellen Verhältnisse der klägerischen Praxis. Ab dem Quartal 4/2011 sei die Praxis von Dr. S. von dessen Praxisnachfolgerin fortgeführt worden. Dass dies zu einer Beendigung der geltend gemachten Sondersituation geführt habe, zeige der Fallzahlrückgang in der klägerischen Praxis im Quartal 3/2012 im Vergleich zum Quartal 3/2011. Dies sei ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Klägerin eine Unvergleichbarkeit von Bezugsquartal und Abrechnungsquartal ab dem Quartal 3/2012 nicht mehr geltend machen könne, sodass eine rechtliche Betroffenheit nicht gegeben sei. Auch eine Verfassungswidrigkeit des RLV könne die Klägerin nicht geltend machen. Als Instrument der Mengensteuerung dienten RLV der Erhaltung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung, die als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang nicht nur Berufsausübungsregelungen, sondern sogar objektive Zulassungsbeschränkungen und damit selbst schwerste Eingriffe in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigen könne (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -, in juris, Rn. 149 m. w. N. zur bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung). Auch die durch § 87 b Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 SGB V bestimmte Vergütung der das RLV überschreitenden Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen verstoße nicht gegen die Verfassung. Aus der in Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 3 Abs. 1 GG verorteten Honorarverteilungsgerechtigkeit lasse sich kein subjektiver Rechtsanspruch des einzelnen Arztes auf Vergütung jeder einzelnen Leistung in einer bestimmten Höhe ableiten. Der Vertragsarzt habe grundsätzlich keinen Anspruch auf eine kostendeckende Vergütung jeder einzelnen Leistung, sondern auf einen angemessenen Anteil an der Gesamtvergütung (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2001 - B 6 KA 54/00 R -, in juris, Rn. 28).
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 12.11.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.12.2014 Berufung eingelegt. Eine Begründung ist trotz wiederholter Erinnerungen und Ankündigungen nicht erfolgt.
Die Klägerin beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.10.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 13.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den 30.06.2012 hinaus ihr RLV auf Grundlage der tatsächlich abgerechneten RLV-Fallzahlen zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind von der Berichterstatterin mit Schreiben vom 07.03.2016 darauf hingewiesen worden, dass der Senat die Berufung gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine Äußerung erfolgte nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, auf die Akten der Beklagten, die Gerichtsakten des SG sowie auf die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Berechnung des RLV auf der Grundlage der tatsächlich abgerechneten Fallzahlen zu Recht auf vier Quartale bis zum 2. Quartal 2012 einschließlich begrenzt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berechnung ihres RLV auf der Grundlage der tatsächlich abgerechneten Fallzahlen den 30.06.2012 hinaus.
Das SG hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften die Berechnung des RLV erfolgt, und weshalb die ausnahmsweise Zugrundelegung der tatsächlich abgerechneten Fallzahlen zu Recht auf die Zeit bis zum Quartal 2/2012 begrenzt wurde. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Diese Vorgehensweise liegt umso näher, als die Berufung auch nach Akteneinsicht und trotz mehrfacher Ankündigung zu keinem Zeitpunkt begründet worden ist.
Lediglich ergänzend ist nochmals hervorzuheben, dass nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren die RLV-Zuweisungsbescheide und die Honorarbescheide der Klägerin ab dem Quartal 3/2012 bestandskräftig geworden sind, so dass sie bereits aus diesem Grund eine Änderung der Berechnung des RLV für die Zeit nach dem 30.06.2012 nicht mit Erfolg geltend machen kann, da die Gewährung höheren als des bestandskräftig festgesetzten Honorars nicht in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -, in juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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