Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 92/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1031/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente streitig.
Der 1955 geborene Kläger erlernte keinen Beruf und war nach seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1971 zunächst für zwei Jahre als Fabrikarbeiter und in der Folge als Maschineneinrichter versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Seit dem 13.09.2011 ist der Kläger arbeitsunfähig. Vom 17.01.2013 bis 15.07.2014 bezog er von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld.
In den Jahren 2002, 2006 und 2012 führte er jeweils stationäre Rehabilitationsmaßnahmen durch, zunächst aufgrund von orthopädischen Beschwerden, später (2006 und 2012) wegen Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Im Entlassungsbericht der M.-Klinik Bad S., Abteilung Psychoonkologie, vom 21.03.2012 sind als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, eine Panikstörung, ein Diabetes mellitus Typ 2, eine essentielle Hypertonie und eine Störung des Lipoproteinstoffwechsels angegeben. Ferner ist ausgeführt, dass eine wesentliche Besserung der Beschwerden nicht habe erreicht werden können. Dem Kläger sei es nicht zuletzt aufgrund sprachlicher Probleme schwer gefallen, sich auf die Therapien einzulassen. Ihm wurde angeraten, eine muttersprachliche Psychotherapie durchzuführen. Er sei jedoch noch in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschineneinrichter in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Am 14.02.2013 beantragte der Kläger erstmals die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten und verwies zur Begründung auf eine depressive Erkrankung, Panikattacken, Bluthochdruck, eine Stoffwechselerkrankung, Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule (LWS) und eine Polyneuropathie.
In der Zeit vom 16.04.2013 bis 02.05.2013 führte der Kläger auf Veranlassung der Beklagten erneut eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der M. Klinik am S. in Bad N., Abteilung Psychosomatik, durch. Der Entlassungsbericht vom 08.05.2013 nennt als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, eine Panikstörung, eine spezifische Phobie, eine arterielle Hypertonie und ein Diabetes mellitus Typ 2 mit Komplikationen. Ferner ist ausgeführt, dass sich der Rehabilitationsverlauf schwierig gestaltet habe. Aufgrund der Ängste des Klägers, das Untergeschoss der Klinik zu betreten, hätte die Mehrzahl der Bewegungstherapien nicht durchgeführt werden können. Zur Behandlungsmotivation ist ausgeführt, der Kläger habe angegeben, er sehe sich selbst nicht als arbeitsfähig an und sollte berentet werden. Tatsächlich sei er jedoch noch in der Lage, sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Metallarbeiter als auch leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Rahmen von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Die Beklagte ließ sich ein von Dr. K. erstelltes sozialmedizinisches Gutachten im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 17.07.2012 sowie ein von der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G. erstattetes Gutachten nach Aktenlage im Auftrag des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 25.01.2013 vorlegen. Beide Gutachten bestätigen die Diagnosen des Entlassungsberichtes vom 21.03.2012.
Nachdem die Beklagte die medizinischen Unterlagen ihrem Beratungsarzt, dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie S., vorgelegt hatte, lehnte sie den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 02.07.2013 ab.
Der Kläger erhob hiergegen am 30.07.2013 Widerspruch. Hierin verwies er auf einen Bericht des Psychiatrischen Zentrums N. vom 06.07.2012, in welchem ihm eine ausgeprägte depressiv-ängstliche Symptomatik mit sozialem Rückzug, Gereiztheit sowie Affektlabilität zugeschrieben wurde.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie M. nach einer ambulanten Untersuchung, die am 21.10.2013 stattfand. In seinem Gutachten vom 29.10.2013 kam der Arzt zu dem Ergebnis, dass der Kläger mit seinen Erkrankungen (ängstlich-depressive Reaktion und Verdacht auf kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen Anteilen) noch in der Lage sei, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.12.2013 wies die Beklagte schließlich den Widerspruch des Klägers zurück.
Dieser hat hiergegen am 10.01.2014 vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Das SG hat den behandelnden Orthopäden Dr. H. und die Psychotherapeutin C. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen und anschließend den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. in Viernheim mit der Erstattung eines Gutachtens nach einer ambulanten Untersuchung beauftragt. Dr. H. hat unter dem 12.05.2014 ausgeführt, dass dem Kläger aus orthopädischer Sicht leichte körperliche Arbeiten in Wechselhaltung uneingeschränkt zumutbar seien. Die Psychotherapeutin C. hat unter dem 07.08.2014 eine hochgradige Einschränkung der Leistungsfähigkeit bei deutlich herabgesetztem Konzentrationsvermögen und einem Restleistungsvermögen von unter drei Stunden täglich angegeben. Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 07.11.2014 bei dem Kläger als Gesundheitsstörungen eine Angststörung und depressive Störung, gemischt, und eine chronische Lumbago ohne neurologische Ausfälle festgestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger noch in der Lage sei, körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Einschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine erhebliche Erwerbsminderung bestehe nicht, weil der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Maschineneinrichter arbeiten könne, wenn es sich dabei um leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Zwangshaltung, Heben und Tragen schwerer Gegenstände, häufiges Bücken und Akkord- oder Schichtbelastung handele. Die bei dem Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem, internistischem und orthopädischem Gebiet schränkten - auch in ihrer Zusammenschau - die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers lediglich in qualitativer Hinsicht ein. Insbesondere sei dem Kläger keine schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigung auf psychiatrischem Fachgebiet zu attestieren. Insgesamt seien die vom Kläger zur Schau gestellten kognitiven Defizite ebenso wie die Schilderungen der Ängste und Panikattacken, die von Dr. N. als auffallend inkonkret und diffus beschrieben würden, nicht authentisch. Auch der von den Ärzten Dr. N. und M. ermittelte Tagesablauf spreche gegen wesentliche quantitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers. Zudem belegten die von Dr. N. durchgeführten Beschwerdevalidierungstests auffällige Werte, die für eine Aggravation und Simulation sprächen. Die Ausführungen der behandelnden Psychologin C. seien nicht geeignet, die Leistungsbeurteilung des Dr. N. in Frage zu stellen. Ein besonderer Berufsschutz bestehe nicht, da der Kläger in seiner letzten Beschäftigung als angelernter Maschineneinrichter lediglich eine Tätigkeit verübt habe, die keine besondere berufliche Qualifikation vorausgesetzt habe.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 26.02.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.03.2015 bei dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt.
Der Senat hat den seit Februar 2013 behandelnden Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neurochirurgie Dr. M. und die behandelnde Psychologin C. als sachverständige Zeugen (erneut) schriftlich vernommen. Dr. M. hat unter dem 05.10.2015 ausgeführt, der Kläger könne ohne Gefährdung der Gesundheit eine leichte körperliche und geistig nicht anspruchsvolle Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis sechs Stunden täglich verrichten. Im Laufe der Behandlung habe er weder eine deutliche Besserung noch eine deutliche Verschlimmerung objektivieren können. Die Psychologin C. hat am 07.07.2015 angegeben, die depressive Symptomatik habe sich Mitte letzten Jahres verstärkt.
Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Kläger vor, er leide weiterhin an einer Merkfähigkeits- und Konzentrationsstörung sowie an Angst- und Panikattacken. Insbesondere leide er an Ängsten beim Fahren mit einem Aufzug oder beim Treppenlaufen, wenn große Höhen zu überwinden seien. Aus diesem Grund habe er auch seine Rehabilitationsmaßnahme in Bad N. abbrechen müssen. Zudem leide er an Schlafstörungen und an sozialem Rückzug. Seine ihn derzeit ein bis dreimal monatlich behandelnde Psychologin habe bei ihm weder simulatives noch aggravierendes Verhalten festgestellt. Seine depressive Symptomatik habe sich seit etwa Mitte 2014 verstärkt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Februar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Dezember 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt unter Vorlage einer schriftlichen Stellungnahme ihrer beratenden Ärztin, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. D., aus, der Kläger werde nicht so engmaschig behandelt, wie er es in seiner Berufungsbegründung angegeben habe. Die von der Psychologin C. mitgeteilte verstärkte depressive Symptomatik sei bereits von Dr. N. in seinem Gutachten berücksichtigt worden.
Mit den Beteiligten ist am 25.06.2015 ein Erörterungstermin durchgeführt worden. Insofern wird auf die Niederschrift über den Termin Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich überdies mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden hat, ist auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 24.02.2015 sowie der Bescheid der Beklagten vom 02.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2013 sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (siehe hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Unter Zugrundelegung dieser Vorschriften ist der Kläger nach Gesamtwürdigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Zu dieser Überzeugung kommt der Senat insbesondere aufgrund der Gutachten des Sachverständigen Dr. N. und des im Verwaltungsverfahren beauftragten Arztes M., das im Wege des Urkundsbeweis verwertet worden ist, sowie der Einschätzung und Befunde in den Entlassungsberichten über die zuletzt durchgeführten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen.
Danach stellt der Senat fest, dass der Kläger, dessen Erkrankungsschwerpunkt auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegt, an einer Angststörung und einer depressiven Störung, gemischt, mit leichtgradigem Ausmaß leidet. Der Senat teilt jedoch nicht die Auffassung der behandelnden Psychologin C. über das Vorliegen einer schwereren psychischen Störung in Form einer depressiven Erkrankung mittelgradigen Ausmaßes. Zwar weist der Kläger auf eine Vielzahl von Beschwerden hin, die sich mit dem klinischen Bild einer mittelschweren Depression vereinbaren lassen. So berichtet er unter anderem von Konzentrationsstörungen, Antriebslosigkeit, Panikattacken und einem sozialen Rückzug. Der Sachverständige Dr. N. konnte jedoch eine Vielzahl der vom Kläger vorgetragenen Beschwerden bei seiner ambulanten Untersuchung nicht objektivieren. So gab Dr. N. in seinem Gutachten vom 07.11.2014 als psychopathologischen Befund zwar eine dysthym-moros-niedergeschlagene Stimmung des Klägers mit gereizten und streckenweise vorwurfsvollen Elementen an. Den Kläger beschrieb er jedoch auch als ruhig und gelassen, mit durchaus heiterer Stimmung und im Kontakt freundlich und offen. Der Sachverständige wies außerdem auf die Widersprüchlichkeit zwischen dem von dem Kläger als massiv angegebenen Schmerzerleben (auf einer Schmerzanalogskala mit acht bis neun von zehn Punkten angegeben) einerseits und seinem Verhalten während der Exploration andererseits hin. So führte der Sachverständige im Einzelnen aus, dass der Kläger während der gesamten Untersuchung nicht schmerzgequält gewirkt und insbesondere keine Schonhaltung oder einen Schonsitz eingenommen hat. Dr. N. hielt außerdem eine unauffällige Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung, einen unauffälligen Antrieb sowie ein gut geordnetes formales Denken fest. Schließlich vermerkte Dr. N., dass die Angaben des Klägers zu dem Auftreten und der Häufigkeit seiner Panikattacken äußerst unscharf und wechselnd blieben. Zudem fand der Sachverständige bei dem Kläger vielfach Hinweise auf Aggravation. Bei der Prüfung der Motorik und Koordination beispielsweise imponierte ein mehrfaches konstantes Vorbeizeigen bei der Prüfung des Finger-Nase-Versuchs. Diese Beobachtung traf im Übrigen auch der Arzt M. in seinem Gutachten vom 29.10.2013. Bei Durchführung von zwei Beschwerdevalidierungstests (Rey-Memory-Test sowie Test zur Überprüfung der Gedächtnisfähigkeit im Alltag ohne bzw. mit Multiple Choice-Variante) erzielte der Kläger sehr auffällige Ergebnisse, die Dr. N. als mindestens anteilige, wesentliche bewusstseinsnahe Aggravation interpretierte in Form eines aktiven Manipulierens des Testverfahrens. Hierzu übereinstimmende Befunde erhob der Arzt M. bei seiner ambulanten Untersuchung am 21.10.2013. So vermerkte dieser bei dem Kläger auf der einen Seite eine gereizte und angespannte Stimmungslage, andererseits jedoch auch eine unbeeinträchtigte Merk- und Konzentrationsfähigkeit, ein gut erhaltenes Schwingungsvermögen, einen nicht verminderten Antrieb sowie eine unauffällige Psychomotorik. Auch bei ihm erzielte der Kläger in den durchgeführten Beschwerdevalidierungstests (Rey-Retention-Test und TOMM-Test) Extremwerte, die nach nachvollziehbarer Schlussfolgerung des Arztes nur durch eine aktive Simulation so nicht vorhandener kognitiver Defizite erklärbar waren. Außerdem hielt der Arzt M. in seinem Gutachten eine ausgesprochen schlechte Kooperation des Klägers bei der Untersuchung fest. Soweit im Entlassungsbericht vom 08.05.2013 als Aufnahmebefund bei dem Kläger ein reduzierter Antrieb und eine reduzierte Schwingungsfähigkeit sowie eine innere Unruhe angegeben werden und der Kläger überdies als deprimiert, traurig, depressiv und ratlos beschrieben wird, führt dies nicht zum Nachweis des Vorliegens einer mittelgradigen depressiven Erkrankung, welche im Bericht als Episode bezeichnet wird. Zunächst lässt sich hierdurch eine länger als sechs Monate andauernde Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht begründen. Außerdem unternimmt der Bericht keinen Versuch, die vom Kläger angegebenen Beschwerden näher zu hinterfragen, wenngleich auch eine Diskrepanz zwischen angegebenen Beschwerden und objektivierbaren Funktionseinschränkungen im Hinblick auf die Konzentrationsfähigkeit angesprochen wird. Zudem geht auch der Entlassungsbericht von einem sechsstündigen Leistungsvermögen aus, wie später noch näher auszuführen sein wird.
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Verwertung der schriftlichen Angaben des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. Zwar erwähnte dieser als Erkrankung des Klägers eine depressive Störung. Als psychiatrischen Befund gab er jedoch ausschließlich subjektiv geäußerte Beschwerden des Klägers wieder. Weder dies noch der Verweis auf depressive Selbstbeurteilungstests kann dabei als Nachweis eines depressiven Krankheitsbildes dienen.
Schließlich ergaben sich auch keine Anhaltspunkte für eine nach Abschluss der körperlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. N. eingetretene Verschlechterung der psychischen Erkrankung des Klägers. Dr. M. hat hierzu angegeben, dass er seit Beginn der Behandlung im Jahre 2007 keine deutliche Besserung, aber auch keine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes erkennen konnte. Die Psychologin C. gab im Jahr 2015 eine Verstärkung der depressiven Symptomatik "Mitte des letzten Jahres", demnach im Sommer 2014, an, die somit - ihr Vorhandensein unterstellt - vom Gutachten des Sachverständigen Dr. N., den das SG erst am 16.10.2014 zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt hat, bereits erfasst ist.
Das Vorliegen einer Polyneuropathie ließ sich im gerichtlichen Verfahren ebenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen. Dr. N. führte in seinem Gutachten aus, dass sich einerseits bei der körperlichen Untersuchung des Klägers die von diesem angegebenen Sensibilitätsstörungen der unteren Extremitäten nicht objektivieren ließen, andererseits diese auch nicht für eine Polyneuropathie typisch wären. Auch der Arzt M. legte in seinem Gutachten dar, dass der Kläger Missempfindungen der Füße nach längeren Wegstrecken angegeben hat, wies jedoch gleichzeitig darauf hin, dass diese Empfindungen im Falle einer Polyneuropathie auch im Ruhezustand vorhanden sein müssten.
Daneben leidet der Kläger auf orthopädisch-neurologischem Fachgebiet an einem pseudoradikulären Lumbalsyndrom bei Osteochondrose ohne neurologische Ausfälle, einer Retropatellararthrose, einer Blockade des Illiosakralgelenkes und einem Facettensyndrom, wie sich aus den Angaben des behandelnden Orthopäden Dr. H., dem Gutachten des Sachverständigen Dr. N. und dem Entlassungsbericht vom 17.05.2002 der Z.-Klinik in St. B. über die im selben Jahr durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme ergibt. Auf internistischem Fachgebiet leidet der Kläger, gestützt auf den Entlassungsbericht der M. Klinik Bad N., an einer arteriellen Hypertonie und einem Diabetes mellitus Typ 2.
Diese Gesundheitsstörungen zugrunde gelegt, ist der Sachverständige Dr. N., gestützt durch das Gutachten des Facharztes M., schlüssig von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen. Den Erkrankungen des Klägers kann hinreichend durch die Berücksichtigung qualitativer Leistungseinbußen begegnet werden. So sind ihm lediglich noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken sowie Heben und Tragen schwerer Gegenstände, ohne besondere Ansprüche an die geistige und psychische Belastbarkeit, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sowie geistige Flexibilität gesundheitlich möglich. Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens auch für körperlich leichte Arbeiten unter Berücksichtigung der oben genannten qualitativen Einschränkungen ließ sich nicht nachweisen. Die Leistungseinschätzung des Sachverständigen Dr. N. und des Arztes M. wird auch durch die berufliche Leistungsbewertung des Klägers in den letzten Entlassungsberichten bestätigt, auch wenn dort von einer schwergradigeren psychischen Erkrankung ausgegangen wird. Offen bleiben kann, ob der behandelnde Arzt Dr. M. ebenfalls von einem (noch) sechsstündigen Leistungsvermögen ausgeht, wenn er das Leistungsvermögen des Klägers "bis sechs Stunden" täglich einschätzt. Denn einer abweichenden Leistungseinschätzung wäre schon deshalb nicht zu folgen, weil Dr. M., ebenso wie die behandelnde Psychologin C., von Befunden bzw. Erkrankungen ausgeht, die der Kläger im Berufungsverfahren nicht nachweisen konnte.
Anhaltspunkte dafür, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers aufgrund einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes - beispielsweise wegen eingeschränkter Wegefähigkeit - beeinträchtigt ist, liegen nicht vor.
Ob der Kläger mit den oben genannten Einschränkungen auch seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschineneinrichter noch in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich gesundheitlich zumutbar auszuüben imstande ist, kann offen bleiben. Denn soweit aufgrund des Geburtstages des Klägers vor dem 02.01.1961 auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI zu prüfen war, ergibt sich hieraus nichts anderes. Die Tätigkeit des Klägers als Maschineneinrichter stellt nämlich eine ungelernte Arbeit oder allenfalls eine Tätigkeit mit einer kurzen Anlernzeit dar und vermittelt somit keinen Berufsschutz. Er ist somit auf alle ungelernten Arbeiten breit verweisbar und somit auch auf körperlich leichte Arbeiten, die ihm noch zeitlich uneingeschränkt möglich sind. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht demnach nicht.
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente streitig.
Der 1955 geborene Kläger erlernte keinen Beruf und war nach seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1971 zunächst für zwei Jahre als Fabrikarbeiter und in der Folge als Maschineneinrichter versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Seit dem 13.09.2011 ist der Kläger arbeitsunfähig. Vom 17.01.2013 bis 15.07.2014 bezog er von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld.
In den Jahren 2002, 2006 und 2012 führte er jeweils stationäre Rehabilitationsmaßnahmen durch, zunächst aufgrund von orthopädischen Beschwerden, später (2006 und 2012) wegen Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Im Entlassungsbericht der M.-Klinik Bad S., Abteilung Psychoonkologie, vom 21.03.2012 sind als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, eine Panikstörung, ein Diabetes mellitus Typ 2, eine essentielle Hypertonie und eine Störung des Lipoproteinstoffwechsels angegeben. Ferner ist ausgeführt, dass eine wesentliche Besserung der Beschwerden nicht habe erreicht werden können. Dem Kläger sei es nicht zuletzt aufgrund sprachlicher Probleme schwer gefallen, sich auf die Therapien einzulassen. Ihm wurde angeraten, eine muttersprachliche Psychotherapie durchzuführen. Er sei jedoch noch in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschineneinrichter in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Am 14.02.2013 beantragte der Kläger erstmals die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten und verwies zur Begründung auf eine depressive Erkrankung, Panikattacken, Bluthochdruck, eine Stoffwechselerkrankung, Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule (LWS) und eine Polyneuropathie.
In der Zeit vom 16.04.2013 bis 02.05.2013 führte der Kläger auf Veranlassung der Beklagten erneut eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der M. Klinik am S. in Bad N., Abteilung Psychosomatik, durch. Der Entlassungsbericht vom 08.05.2013 nennt als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, eine Panikstörung, eine spezifische Phobie, eine arterielle Hypertonie und ein Diabetes mellitus Typ 2 mit Komplikationen. Ferner ist ausgeführt, dass sich der Rehabilitationsverlauf schwierig gestaltet habe. Aufgrund der Ängste des Klägers, das Untergeschoss der Klinik zu betreten, hätte die Mehrzahl der Bewegungstherapien nicht durchgeführt werden können. Zur Behandlungsmotivation ist ausgeführt, der Kläger habe angegeben, er sehe sich selbst nicht als arbeitsfähig an und sollte berentet werden. Tatsächlich sei er jedoch noch in der Lage, sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Metallarbeiter als auch leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Rahmen von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Die Beklagte ließ sich ein von Dr. K. erstelltes sozialmedizinisches Gutachten im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 17.07.2012 sowie ein von der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G. erstattetes Gutachten nach Aktenlage im Auftrag des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 25.01.2013 vorlegen. Beide Gutachten bestätigen die Diagnosen des Entlassungsberichtes vom 21.03.2012.
Nachdem die Beklagte die medizinischen Unterlagen ihrem Beratungsarzt, dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie S., vorgelegt hatte, lehnte sie den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 02.07.2013 ab.
Der Kläger erhob hiergegen am 30.07.2013 Widerspruch. Hierin verwies er auf einen Bericht des Psychiatrischen Zentrums N. vom 06.07.2012, in welchem ihm eine ausgeprägte depressiv-ängstliche Symptomatik mit sozialem Rückzug, Gereiztheit sowie Affektlabilität zugeschrieben wurde.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie M. nach einer ambulanten Untersuchung, die am 21.10.2013 stattfand. In seinem Gutachten vom 29.10.2013 kam der Arzt zu dem Ergebnis, dass der Kläger mit seinen Erkrankungen (ängstlich-depressive Reaktion und Verdacht auf kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen Anteilen) noch in der Lage sei, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.12.2013 wies die Beklagte schließlich den Widerspruch des Klägers zurück.
Dieser hat hiergegen am 10.01.2014 vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Das SG hat den behandelnden Orthopäden Dr. H. und die Psychotherapeutin C. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen und anschließend den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. in Viernheim mit der Erstattung eines Gutachtens nach einer ambulanten Untersuchung beauftragt. Dr. H. hat unter dem 12.05.2014 ausgeführt, dass dem Kläger aus orthopädischer Sicht leichte körperliche Arbeiten in Wechselhaltung uneingeschränkt zumutbar seien. Die Psychotherapeutin C. hat unter dem 07.08.2014 eine hochgradige Einschränkung der Leistungsfähigkeit bei deutlich herabgesetztem Konzentrationsvermögen und einem Restleistungsvermögen von unter drei Stunden täglich angegeben. Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 07.11.2014 bei dem Kläger als Gesundheitsstörungen eine Angststörung und depressive Störung, gemischt, und eine chronische Lumbago ohne neurologische Ausfälle festgestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger noch in der Lage sei, körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Einschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine erhebliche Erwerbsminderung bestehe nicht, weil der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Maschineneinrichter arbeiten könne, wenn es sich dabei um leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Zwangshaltung, Heben und Tragen schwerer Gegenstände, häufiges Bücken und Akkord- oder Schichtbelastung handele. Die bei dem Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem, internistischem und orthopädischem Gebiet schränkten - auch in ihrer Zusammenschau - die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers lediglich in qualitativer Hinsicht ein. Insbesondere sei dem Kläger keine schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigung auf psychiatrischem Fachgebiet zu attestieren. Insgesamt seien die vom Kläger zur Schau gestellten kognitiven Defizite ebenso wie die Schilderungen der Ängste und Panikattacken, die von Dr. N. als auffallend inkonkret und diffus beschrieben würden, nicht authentisch. Auch der von den Ärzten Dr. N. und M. ermittelte Tagesablauf spreche gegen wesentliche quantitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers. Zudem belegten die von Dr. N. durchgeführten Beschwerdevalidierungstests auffällige Werte, die für eine Aggravation und Simulation sprächen. Die Ausführungen der behandelnden Psychologin C. seien nicht geeignet, die Leistungsbeurteilung des Dr. N. in Frage zu stellen. Ein besonderer Berufsschutz bestehe nicht, da der Kläger in seiner letzten Beschäftigung als angelernter Maschineneinrichter lediglich eine Tätigkeit verübt habe, die keine besondere berufliche Qualifikation vorausgesetzt habe.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 26.02.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.03.2015 bei dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt.
Der Senat hat den seit Februar 2013 behandelnden Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neurochirurgie Dr. M. und die behandelnde Psychologin C. als sachverständige Zeugen (erneut) schriftlich vernommen. Dr. M. hat unter dem 05.10.2015 ausgeführt, der Kläger könne ohne Gefährdung der Gesundheit eine leichte körperliche und geistig nicht anspruchsvolle Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis sechs Stunden täglich verrichten. Im Laufe der Behandlung habe er weder eine deutliche Besserung noch eine deutliche Verschlimmerung objektivieren können. Die Psychologin C. hat am 07.07.2015 angegeben, die depressive Symptomatik habe sich Mitte letzten Jahres verstärkt.
Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Kläger vor, er leide weiterhin an einer Merkfähigkeits- und Konzentrationsstörung sowie an Angst- und Panikattacken. Insbesondere leide er an Ängsten beim Fahren mit einem Aufzug oder beim Treppenlaufen, wenn große Höhen zu überwinden seien. Aus diesem Grund habe er auch seine Rehabilitationsmaßnahme in Bad N. abbrechen müssen. Zudem leide er an Schlafstörungen und an sozialem Rückzug. Seine ihn derzeit ein bis dreimal monatlich behandelnde Psychologin habe bei ihm weder simulatives noch aggravierendes Verhalten festgestellt. Seine depressive Symptomatik habe sich seit etwa Mitte 2014 verstärkt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Februar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Dezember 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt unter Vorlage einer schriftlichen Stellungnahme ihrer beratenden Ärztin, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. D., aus, der Kläger werde nicht so engmaschig behandelt, wie er es in seiner Berufungsbegründung angegeben habe. Die von der Psychologin C. mitgeteilte verstärkte depressive Symptomatik sei bereits von Dr. N. in seinem Gutachten berücksichtigt worden.
Mit den Beteiligten ist am 25.06.2015 ein Erörterungstermin durchgeführt worden. Insofern wird auf die Niederschrift über den Termin Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich überdies mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden hat, ist auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 24.02.2015 sowie der Bescheid der Beklagten vom 02.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2013 sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (siehe hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Unter Zugrundelegung dieser Vorschriften ist der Kläger nach Gesamtwürdigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Zu dieser Überzeugung kommt der Senat insbesondere aufgrund der Gutachten des Sachverständigen Dr. N. und des im Verwaltungsverfahren beauftragten Arztes M., das im Wege des Urkundsbeweis verwertet worden ist, sowie der Einschätzung und Befunde in den Entlassungsberichten über die zuletzt durchgeführten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen.
Danach stellt der Senat fest, dass der Kläger, dessen Erkrankungsschwerpunkt auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegt, an einer Angststörung und einer depressiven Störung, gemischt, mit leichtgradigem Ausmaß leidet. Der Senat teilt jedoch nicht die Auffassung der behandelnden Psychologin C. über das Vorliegen einer schwereren psychischen Störung in Form einer depressiven Erkrankung mittelgradigen Ausmaßes. Zwar weist der Kläger auf eine Vielzahl von Beschwerden hin, die sich mit dem klinischen Bild einer mittelschweren Depression vereinbaren lassen. So berichtet er unter anderem von Konzentrationsstörungen, Antriebslosigkeit, Panikattacken und einem sozialen Rückzug. Der Sachverständige Dr. N. konnte jedoch eine Vielzahl der vom Kläger vorgetragenen Beschwerden bei seiner ambulanten Untersuchung nicht objektivieren. So gab Dr. N. in seinem Gutachten vom 07.11.2014 als psychopathologischen Befund zwar eine dysthym-moros-niedergeschlagene Stimmung des Klägers mit gereizten und streckenweise vorwurfsvollen Elementen an. Den Kläger beschrieb er jedoch auch als ruhig und gelassen, mit durchaus heiterer Stimmung und im Kontakt freundlich und offen. Der Sachverständige wies außerdem auf die Widersprüchlichkeit zwischen dem von dem Kläger als massiv angegebenen Schmerzerleben (auf einer Schmerzanalogskala mit acht bis neun von zehn Punkten angegeben) einerseits und seinem Verhalten während der Exploration andererseits hin. So führte der Sachverständige im Einzelnen aus, dass der Kläger während der gesamten Untersuchung nicht schmerzgequält gewirkt und insbesondere keine Schonhaltung oder einen Schonsitz eingenommen hat. Dr. N. hielt außerdem eine unauffällige Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung, einen unauffälligen Antrieb sowie ein gut geordnetes formales Denken fest. Schließlich vermerkte Dr. N., dass die Angaben des Klägers zu dem Auftreten und der Häufigkeit seiner Panikattacken äußerst unscharf und wechselnd blieben. Zudem fand der Sachverständige bei dem Kläger vielfach Hinweise auf Aggravation. Bei der Prüfung der Motorik und Koordination beispielsweise imponierte ein mehrfaches konstantes Vorbeizeigen bei der Prüfung des Finger-Nase-Versuchs. Diese Beobachtung traf im Übrigen auch der Arzt M. in seinem Gutachten vom 29.10.2013. Bei Durchführung von zwei Beschwerdevalidierungstests (Rey-Memory-Test sowie Test zur Überprüfung der Gedächtnisfähigkeit im Alltag ohne bzw. mit Multiple Choice-Variante) erzielte der Kläger sehr auffällige Ergebnisse, die Dr. N. als mindestens anteilige, wesentliche bewusstseinsnahe Aggravation interpretierte in Form eines aktiven Manipulierens des Testverfahrens. Hierzu übereinstimmende Befunde erhob der Arzt M. bei seiner ambulanten Untersuchung am 21.10.2013. So vermerkte dieser bei dem Kläger auf der einen Seite eine gereizte und angespannte Stimmungslage, andererseits jedoch auch eine unbeeinträchtigte Merk- und Konzentrationsfähigkeit, ein gut erhaltenes Schwingungsvermögen, einen nicht verminderten Antrieb sowie eine unauffällige Psychomotorik. Auch bei ihm erzielte der Kläger in den durchgeführten Beschwerdevalidierungstests (Rey-Retention-Test und TOMM-Test) Extremwerte, die nach nachvollziehbarer Schlussfolgerung des Arztes nur durch eine aktive Simulation so nicht vorhandener kognitiver Defizite erklärbar waren. Außerdem hielt der Arzt M. in seinem Gutachten eine ausgesprochen schlechte Kooperation des Klägers bei der Untersuchung fest. Soweit im Entlassungsbericht vom 08.05.2013 als Aufnahmebefund bei dem Kläger ein reduzierter Antrieb und eine reduzierte Schwingungsfähigkeit sowie eine innere Unruhe angegeben werden und der Kläger überdies als deprimiert, traurig, depressiv und ratlos beschrieben wird, führt dies nicht zum Nachweis des Vorliegens einer mittelgradigen depressiven Erkrankung, welche im Bericht als Episode bezeichnet wird. Zunächst lässt sich hierdurch eine länger als sechs Monate andauernde Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht begründen. Außerdem unternimmt der Bericht keinen Versuch, die vom Kläger angegebenen Beschwerden näher zu hinterfragen, wenngleich auch eine Diskrepanz zwischen angegebenen Beschwerden und objektivierbaren Funktionseinschränkungen im Hinblick auf die Konzentrationsfähigkeit angesprochen wird. Zudem geht auch der Entlassungsbericht von einem sechsstündigen Leistungsvermögen aus, wie später noch näher auszuführen sein wird.
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Verwertung der schriftlichen Angaben des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. Zwar erwähnte dieser als Erkrankung des Klägers eine depressive Störung. Als psychiatrischen Befund gab er jedoch ausschließlich subjektiv geäußerte Beschwerden des Klägers wieder. Weder dies noch der Verweis auf depressive Selbstbeurteilungstests kann dabei als Nachweis eines depressiven Krankheitsbildes dienen.
Schließlich ergaben sich auch keine Anhaltspunkte für eine nach Abschluss der körperlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. N. eingetretene Verschlechterung der psychischen Erkrankung des Klägers. Dr. M. hat hierzu angegeben, dass er seit Beginn der Behandlung im Jahre 2007 keine deutliche Besserung, aber auch keine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes erkennen konnte. Die Psychologin C. gab im Jahr 2015 eine Verstärkung der depressiven Symptomatik "Mitte des letzten Jahres", demnach im Sommer 2014, an, die somit - ihr Vorhandensein unterstellt - vom Gutachten des Sachverständigen Dr. N., den das SG erst am 16.10.2014 zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt hat, bereits erfasst ist.
Das Vorliegen einer Polyneuropathie ließ sich im gerichtlichen Verfahren ebenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen. Dr. N. führte in seinem Gutachten aus, dass sich einerseits bei der körperlichen Untersuchung des Klägers die von diesem angegebenen Sensibilitätsstörungen der unteren Extremitäten nicht objektivieren ließen, andererseits diese auch nicht für eine Polyneuropathie typisch wären. Auch der Arzt M. legte in seinem Gutachten dar, dass der Kläger Missempfindungen der Füße nach längeren Wegstrecken angegeben hat, wies jedoch gleichzeitig darauf hin, dass diese Empfindungen im Falle einer Polyneuropathie auch im Ruhezustand vorhanden sein müssten.
Daneben leidet der Kläger auf orthopädisch-neurologischem Fachgebiet an einem pseudoradikulären Lumbalsyndrom bei Osteochondrose ohne neurologische Ausfälle, einer Retropatellararthrose, einer Blockade des Illiosakralgelenkes und einem Facettensyndrom, wie sich aus den Angaben des behandelnden Orthopäden Dr. H., dem Gutachten des Sachverständigen Dr. N. und dem Entlassungsbericht vom 17.05.2002 der Z.-Klinik in St. B. über die im selben Jahr durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme ergibt. Auf internistischem Fachgebiet leidet der Kläger, gestützt auf den Entlassungsbericht der M. Klinik Bad N., an einer arteriellen Hypertonie und einem Diabetes mellitus Typ 2.
Diese Gesundheitsstörungen zugrunde gelegt, ist der Sachverständige Dr. N., gestützt durch das Gutachten des Facharztes M., schlüssig von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen. Den Erkrankungen des Klägers kann hinreichend durch die Berücksichtigung qualitativer Leistungseinbußen begegnet werden. So sind ihm lediglich noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken sowie Heben und Tragen schwerer Gegenstände, ohne besondere Ansprüche an die geistige und psychische Belastbarkeit, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sowie geistige Flexibilität gesundheitlich möglich. Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens auch für körperlich leichte Arbeiten unter Berücksichtigung der oben genannten qualitativen Einschränkungen ließ sich nicht nachweisen. Die Leistungseinschätzung des Sachverständigen Dr. N. und des Arztes M. wird auch durch die berufliche Leistungsbewertung des Klägers in den letzten Entlassungsberichten bestätigt, auch wenn dort von einer schwergradigeren psychischen Erkrankung ausgegangen wird. Offen bleiben kann, ob der behandelnde Arzt Dr. M. ebenfalls von einem (noch) sechsstündigen Leistungsvermögen ausgeht, wenn er das Leistungsvermögen des Klägers "bis sechs Stunden" täglich einschätzt. Denn einer abweichenden Leistungseinschätzung wäre schon deshalb nicht zu folgen, weil Dr. M., ebenso wie die behandelnde Psychologin C., von Befunden bzw. Erkrankungen ausgeht, die der Kläger im Berufungsverfahren nicht nachweisen konnte.
Anhaltspunkte dafür, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers aufgrund einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes - beispielsweise wegen eingeschränkter Wegefähigkeit - beeinträchtigt ist, liegen nicht vor.
Ob der Kläger mit den oben genannten Einschränkungen auch seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschineneinrichter noch in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich gesundheitlich zumutbar auszuüben imstande ist, kann offen bleiben. Denn soweit aufgrund des Geburtstages des Klägers vor dem 02.01.1961 auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI zu prüfen war, ergibt sich hieraus nichts anderes. Die Tätigkeit des Klägers als Maschineneinrichter stellt nämlich eine ungelernte Arbeit oder allenfalls eine Tätigkeit mit einer kurzen Anlernzeit dar und vermittelt somit keinen Berufsschutz. Er ist somit auf alle ungelernten Arbeiten breit verweisbar und somit auch auf körperlich leichte Arbeiten, die ihm noch zeitlich uneingeschränkt möglich sind. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht demnach nicht.
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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