Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 37 AS 2843/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AS 99/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Gegenstandswert der Beschwerde bestimmt sich nach dem Geldbetrag um den unmittelbar gestritten wird. Rechtliche und wirtschaftliche Folgewirkungen bleiben auch bei Geldleistungen des SGB II außer Betracht.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 21. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe als unzulässig verworfen, dass der erstinstanzliche Tenor im Satz 1 lauten muss: "Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 10. Dezember 2015 bis 31. Dezember 2015 212,80 EUR und für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis 31. Januar 2016 319,20 EUR zu zahlen. " Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die ihm entstandenen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten; im Übrigen verbleibt es beim erstinstanzlichen Kostenausspruch. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Gunsten des Antragstellers für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners ist als unzulässig zu verwerfen, da sie zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits in der Vergangenheit liegende Zeiträume betrifft (§ 572 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 202 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]); insoweit fehlt ihr das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Darüber hinaus überschreitet der Beschwerdewert nicht 750 EUR.
Das Sozialgericht hat – wie sich aus den Gründen seiner Entscheidung hinreichend deutlich ergibt – den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung (vorläufig) verpflichtet, dem Antragsteller (!) für die Zeit vom 10. – 31. Dezember 2015 212,80 EUR und für die Zeit vom 1. – 31. Januar 2016 319,20 EUR zu zahlen. Zwar hat das Sozialgericht tenoriert: "Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsgegner zu zahlen." Dass es sich hierbei um eine offensichtliche Unrichtigkeit handelt, folgt aus den Gründen der Entscheidung, wonach eindeutig der Antragsteller begünstigt werden sollte. Insoweit ist nicht vom missverständlichen Inhalt des Tenors auszugehen, sondern dieser mit Hilfe der Gründe der Entscheidung auszulegen. Vor diesem Hintergrund macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 142 Abs. 1 i.V.m. § 138 Satz 1 SGG den Tenor im ersten Satz des angefochtenen Beschlusses selbst zu berichtigen (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Aufl., zu § 138 Rnrn.3a, 4, 4a).
Die (einstweilige) Anordnung des Sozialgerichts hat sich erledigt. Der Antragsgegner hat kein rechtlich schützenswertes Interesse an ihrer Aufhebung. Er war aufgrund dieser Anordnung verpflichtet, vorläufig Leistungen zu erbringen. Soweit es ihm darum gehen sollte, dementsprechend ausgezahlte Beträge zurückzuerhalten und festgestellt zu wissen, dass er – endgültig – nicht zur Gewährung dieser Leistung verpflichtet sei, steht das gerichtliche Eilverfahren dafür nicht zur Verfügung. Eine einstweilige Anordnung ist stets nur ein Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen einer daraufhin erbrachten Leistung. Ob dem von der einstweiligen Anordnung Begünstigten diese Leistung endgültig zusteht, ist gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren zu klären, sofern die Entscheidung der Behörde nicht ohnehin bestandskräftig wird (so ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. bereits Beschlüsse vom 4. November 2005 – L 14 B 1147/05 AS ER – und vom 2. Februar 2006 – L 14 B 1307/05 AS ER – im Anschluss an den Beschluss des Thüringischen OVG vom 17. Juli 1997 – 2 ZEO 356/97 –, FEVS 48 [1998], 129 [130]; ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – L 10 B 1144/05 AS ER –; vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 15. September 1997 – 2 SN 11/97 –, NVwZ 1998, 85).
Die Beschwerde des Antragsgegners ist auch deswegen unzulässig, weil der Beschwerdewert von über 750 EUR nicht erreicht worden ist (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1, 2 SGG). Es wird "nur" um Leistungen für zwei Monate i.H.v. insgesamt 532 EUR gestritten, nicht – wie der Antragsgegner meint – auch um die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die dem benannten Betrag hinzuzurechnen seien, weil durch die (vorläufig) begründete Leistung die Kranken- bzw. Pflegeversicherungspflicht erst begründet werde. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Antragsgegners, dass deswegen die Beschwerde statthaft sei.
Das BSG (Urteil vom 27. Juli 2004 – B 7 AL 104/03 R) hat zum Arbeitslosengeld entschieden, dass bei der Ermittlung des Berufungsstreitwerts die von der Bundesagentur für Arbeit für den Arbeitslosengeld-Empfänger an andere Sozialversicherungsträger zu entrichtenden Beiträge grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 7 AL 104/03 R –). Der Senat mag keinen Unterschied daran zu erkennen, ob in Folge der Bewilligung einer beitragsfinanzierten Sozialleistung anderweitiger gesetzlicher Versicherungsschutz eintritt oder durch eine rein steuerfinanzierte Leistung. Zum selben Ergebnis ist schon das BSG beim Kindergeldrecht gekommen. Bei einer Klage auf Gewährung dieser Leistung (im Übrigen eine rein steuerfinanzierte Leistung) ist der Wert des Beschwerdegegenstandes im Berufungsverfahren (§ 144 Abs. 1 SGG) lediglich nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird. Rechtliche oder wirtschaftliche Folgewirkungen der Entscheidung über den eingeklagten Anspruch bleiben außer Ansatz (BSG, Beschluss vom 6. Februar 1997 – 14/10 BKg 14/96 –). Zur Begründung wird angeführt, dass der Festlegung einer festen Streitwertgrenze eine Vereinfachung des Verfahrens angestrebt wird und es hiermit nicht zu vereinbaren wäre, allein wegen des Streitwerts nach allen Richtungen hin zu prüfen, welche Auswirkungen das angestrebte Urteil für den Rechtsmittelkläger auch in anderen Bereichen haben könnte. Auch zum Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat das BSG schon entschieden, dass bei der Berechnung des Beschwerdewertes nach § 144 Abs. 1 SGG bei Geldleistungen auf den unmittelbar strittigen Betrag abzustellen ist. Rechtliche oder wirtschaftliche Folgewirkungen bleiben außer Ansatz (BSG, Beschluss vom 26. September 2013 – B 14 AS 148/13 B –, alle juris).
Prozesskostenhilfe ist dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren nicht zu bewilligen, da er aufgrund der (unanfechtbaren) Entscheidung über die Erstattung von Kosten in diesem Beschluss in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens aufzubringen.
Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners ist als unzulässig zu verwerfen, da sie zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits in der Vergangenheit liegende Zeiträume betrifft (§ 572 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 202 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]); insoweit fehlt ihr das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Darüber hinaus überschreitet der Beschwerdewert nicht 750 EUR.
Das Sozialgericht hat – wie sich aus den Gründen seiner Entscheidung hinreichend deutlich ergibt – den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung (vorläufig) verpflichtet, dem Antragsteller (!) für die Zeit vom 10. – 31. Dezember 2015 212,80 EUR und für die Zeit vom 1. – 31. Januar 2016 319,20 EUR zu zahlen. Zwar hat das Sozialgericht tenoriert: "Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsgegner zu zahlen." Dass es sich hierbei um eine offensichtliche Unrichtigkeit handelt, folgt aus den Gründen der Entscheidung, wonach eindeutig der Antragsteller begünstigt werden sollte. Insoweit ist nicht vom missverständlichen Inhalt des Tenors auszugehen, sondern dieser mit Hilfe der Gründe der Entscheidung auszulegen. Vor diesem Hintergrund macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 142 Abs. 1 i.V.m. § 138 Satz 1 SGG den Tenor im ersten Satz des angefochtenen Beschlusses selbst zu berichtigen (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Aufl., zu § 138 Rnrn.3a, 4, 4a).
Die (einstweilige) Anordnung des Sozialgerichts hat sich erledigt. Der Antragsgegner hat kein rechtlich schützenswertes Interesse an ihrer Aufhebung. Er war aufgrund dieser Anordnung verpflichtet, vorläufig Leistungen zu erbringen. Soweit es ihm darum gehen sollte, dementsprechend ausgezahlte Beträge zurückzuerhalten und festgestellt zu wissen, dass er – endgültig – nicht zur Gewährung dieser Leistung verpflichtet sei, steht das gerichtliche Eilverfahren dafür nicht zur Verfügung. Eine einstweilige Anordnung ist stets nur ein Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen einer daraufhin erbrachten Leistung. Ob dem von der einstweiligen Anordnung Begünstigten diese Leistung endgültig zusteht, ist gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren zu klären, sofern die Entscheidung der Behörde nicht ohnehin bestandskräftig wird (so ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. bereits Beschlüsse vom 4. November 2005 – L 14 B 1147/05 AS ER – und vom 2. Februar 2006 – L 14 B 1307/05 AS ER – im Anschluss an den Beschluss des Thüringischen OVG vom 17. Juli 1997 – 2 ZEO 356/97 –, FEVS 48 [1998], 129 [130]; ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – L 10 B 1144/05 AS ER –; vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 15. September 1997 – 2 SN 11/97 –, NVwZ 1998, 85).
Die Beschwerde des Antragsgegners ist auch deswegen unzulässig, weil der Beschwerdewert von über 750 EUR nicht erreicht worden ist (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1, 2 SGG). Es wird "nur" um Leistungen für zwei Monate i.H.v. insgesamt 532 EUR gestritten, nicht – wie der Antragsgegner meint – auch um die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die dem benannten Betrag hinzuzurechnen seien, weil durch die (vorläufig) begründete Leistung die Kranken- bzw. Pflegeversicherungspflicht erst begründet werde. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Antragsgegners, dass deswegen die Beschwerde statthaft sei.
Das BSG (Urteil vom 27. Juli 2004 – B 7 AL 104/03 R) hat zum Arbeitslosengeld entschieden, dass bei der Ermittlung des Berufungsstreitwerts die von der Bundesagentur für Arbeit für den Arbeitslosengeld-Empfänger an andere Sozialversicherungsträger zu entrichtenden Beiträge grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 7 AL 104/03 R –). Der Senat mag keinen Unterschied daran zu erkennen, ob in Folge der Bewilligung einer beitragsfinanzierten Sozialleistung anderweitiger gesetzlicher Versicherungsschutz eintritt oder durch eine rein steuerfinanzierte Leistung. Zum selben Ergebnis ist schon das BSG beim Kindergeldrecht gekommen. Bei einer Klage auf Gewährung dieser Leistung (im Übrigen eine rein steuerfinanzierte Leistung) ist der Wert des Beschwerdegegenstandes im Berufungsverfahren (§ 144 Abs. 1 SGG) lediglich nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird. Rechtliche oder wirtschaftliche Folgewirkungen der Entscheidung über den eingeklagten Anspruch bleiben außer Ansatz (BSG, Beschluss vom 6. Februar 1997 – 14/10 BKg 14/96 –). Zur Begründung wird angeführt, dass der Festlegung einer festen Streitwertgrenze eine Vereinfachung des Verfahrens angestrebt wird und es hiermit nicht zu vereinbaren wäre, allein wegen des Streitwerts nach allen Richtungen hin zu prüfen, welche Auswirkungen das angestrebte Urteil für den Rechtsmittelkläger auch in anderen Bereichen haben könnte. Auch zum Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat das BSG schon entschieden, dass bei der Berechnung des Beschwerdewertes nach § 144 Abs. 1 SGG bei Geldleistungen auf den unmittelbar strittigen Betrag abzustellen ist. Rechtliche oder wirtschaftliche Folgewirkungen bleiben außer Ansatz (BSG, Beschluss vom 26. September 2013 – B 14 AS 148/13 B –, alle juris).
Prozesskostenhilfe ist dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren nicht zu bewilligen, da er aufgrund der (unanfechtbaren) Entscheidung über die Erstattung von Kosten in diesem Beschluss in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens aufzubringen.
Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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