Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 31 R 1089/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Bescheid vom 25.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2015 wird aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass der Kläger seit 05.08.2013 beim Beigeladenen als Erziehungsbeistand nicht im Sinne von § 7 SGB IV beschäftigt ist und daher insoweit keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
III. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Erziehungsbeistand für den Beigeladenen abhängig beschäftigt ist.
Der Kläger ist Sozialpädagoge und geht 20 Stunden pro Woche einer abhängigen Beschäftigung im Jugendhaus D-Stadt nach. Daneben ist der Kläger für verschiedene Auftraggeber tätig, überwiegend als Erziehungsbeistand oder Familienhelfer, und zwar für den Beigeladenen als Träger der öffentlichen Jugendhilfe, das Landratsamt E-Stadt, das Amtsgericht F-Stadt, das Amtsgericht G-Stadt sowie für verschiedene private Auftraggeber.
Für den Beigeladenen ist der Kläger ab 05.08.2013 als Erziehungsbeistand tätig geworden, wobei der Beigeladene aktuell im Hinblick auf die Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Status des Klägers keine Aufträge an den Kläger vergibt.
Vertragliche Grundlage für die streitige Tätigkeit stellen Honorarverträge dar, die jeweils für den einzelnen Auftrag zwischen dem Beigeladenen und dem Kläger geschlossen werden. Einen Rahmenvertrag für diese Tätigkeit des Klägers gibt es nicht. In den Honorarverträgen ist unter anderem geregelt, dass der Kläger als Erziehungsbeistand im Rahmen von § 30 SGB VIII als Selbständiger befristet tätig werden solle (§ 1), dass die Betreuung vorab mit dem Jugendamt F-Stadt abzustimmen sei (§ 2), und dass der Kläger für abrechenbare Stunden ein Honorar von 41,55 Euro erhalte (§ 3), wobei laut Vertrag auch bis zu 5 Stunden pro Monat für Teamgespräche mit anderen Erziehungsbeiständen oder Bezirkssozialarbeitern abgerechnet werden können. Nicht abrechenbar sind hingegen Zeiten für Planung, Vorbereitung, Reflexion, Supervision oder Fahrzeiten.
Gemäß § 4 des Vertrages hat der Kläger dem Beigeladenen in der Regel alle 6 Monate über den Stand der Maßnahme zu berichten. Gemäß § 5 soll der Kläger nicht in den organisationsrechtlichen Ablauf des Beigeladenen eingegliedert sein.
Die tatsächlichen Verhältnisse entsprechen weitgehend den genannten vertraglichen Regelungen. Allerdings nimmt der Kläger tatsächlich an keinerlei Teambesprechungen des Beigeladenen teil.
Der Beigeladene trägt gemäß § 79 Abs. 1 SGB VIII als Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII. Um diese Gesamtverantwortung auszufüllen, wird gemäß § 36 SGB VIII jeweils ein Hilfeplan für den Einzelfall erstellt, wobei der Beigeladene zwar maßgeblichen Einfluss hat auf die Formulierung der Ziele, diese jedoch nicht ohne Beteiligung des Klägers, der betroffenen Familie und gegebenenfalls weiterer Akteure (Lehrer, Therapeuten) festschreibt. Der Kläger stellt bereits vor Erstellung des Hilfeplans vor Ort in der betreffenden Familie den Bedarf fest und bringt seine Erkenntnisse bei der Erstellung des Hilfeplans ein.
Auf welche Art die im Hilfeplan festgeschriebenen Ziele erreicht werden, ist allein Sache des Klägers. Der Beigeladene erteilt ihm keinerlei Weisungen, was im Einzelnen zu tun ist. Der Kläger entscheidet auch frei, wann er die Hilfebedürftigen betreut, und in welchem Umfang. Eine Deckelung in Form einer maximalen Anzahl abrechenbarer Stunden ist nicht vereinbart.
Über den Verlauf der Maßnahme erstattet der Kläger dem Beigeladenen in der Regel alle sechs Monate Bericht, was die Grundlage für den nächsten Hilfeplan darstellt. Soweit der Kläger während laufender Betreuung erkennt, dass die Ziele im Hilfeplan angepasst werden müssen, initiiert er eine entsprechende Änderung des Hilfeplans beim Beigeladenen.
Für die Tätigkeiten, die der Kläger neben seiner Beschäftigung beim Jugendhaus D-Stadt ausübt, hat er Betriebsmittel angeschafft, insbesondere einen PC, ein separates Diensthandy, ein separates Dienst- KFZ (neben seinem privaten KFZ). Der Kläger hat auch Büroräume angemietet und trägt hierfür Mietkosten von monatlich rund 400,00 Euro netto. Er macht laufende Fortbildungen und Supervisionen, deren Kosten er selbst trägt.
Der Kläger ist nicht verpflichtet, Aufträge zu übernehmen. Er entscheidet über eine Zusage unter Berücksichtigung seiner zeitlichen Kapazitäten, der Art des Auftrages und des gebotenen Honorarsatzes. Wenn der Kläger in Urlaub geht, spricht er dies mit den zu betreuenden Familien ab. Er bleibt, soweit nötig, für diese telefonisch erreichbar. Dem Beigeladenen teilt er seine Abwesenheit nur mit, soweit eine Kindeswohlgefährdung im Raum steht. Der Kläger muss sich seine Urlaubszeiten nicht vom Beigeladenen genehmigen lassen oder mit dessen Dienstplan abstimmen.
Beim Beigeladenen sind weder Angestellte, noch Beamte tätig, die als Erziehungsbeistände oder Familienhelfer eingesetzt werden. Der Kläger hat beim Beigeladenen keinen Arbeitsraum oder Schreibtisch. An Teambesprechungen des Beigeladenen nimmt er nicht teil.
Der Beigeladene prüft anhand der Berichte des Klägers, ob die Ziele des Hilfeplans erreicht werden, nötigenfalls auch durch einen Familienbesuch.
Über seine Tätigkeit stellt der Kläger dem Beigeladenen ebenso wie seinen anderen Auftraggebern Rechnungen. Die Umsätze aus der Tätigkeit für den Beigeladenen stellen nicht die überwiegenden Umsätze seiner als selbständig deklarierten Tätigkeiten dar.
Am 31.03.2014 beantragten der Kläger und der Beigeladene Statusfeststellung beim Beklagten mit dem Ziel der Feststellung einer selbständigen Tätigkeit.
Der Beklagten stellte nach entsprechender Anhörung mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 25.09.2014 eine abhängige Beschäftigung mit der Folge der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2015 zurückgewiesen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die abhängige Beschäftigung folge aus der Gesamtverantwortung und Planungsverantwortung des Beigeladenen für die Jugendhilfe. Aus dem verbindlichen Hilfeplan des Jugendamtes und der Berichtspflicht des Klägers ergebe sich ein Arbeitgeberweisungsrecht. Der Kläger habe keine unternehmerischen Gestaltungsspielräume, der zeitliche Umfang der Tätigkeit sei vorgegeben. Es fehle am Unternehmerrisiko.
Der Kläger erhob Klage, eingegangen beim Sozialgericht München am 21.05.2015.
Er beruft sich auf die Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts (Urteil vom 17.07.2013, Az.: L 4 KR 396/12 ZVW und vom 29.04.2015, Az.: L 16 R 1062/13) und des BSG (Urteil vom 25.04.2012, B 12 KR 14/10 R). Er verweist darauf, dass er aufgrund seiner Investitionen und laufenden Kosten durchaus ein Unternehmerrisiko trage, dass er keinem Weisungsrecht des Beigeladenen unterliege, und dass der zeitliche Umfang seiner Tätigkeit – entgegen der Annahme der Beklagten – nicht vorgegeben sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 25.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.04.2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätig- keit als Erziehungsbeistand für den Beigeladenen ab 05.08.2013 nicht im Sinne von § 7 SGB IV beschäftigt ist und daher insoweit keine Versicherungs-pflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Das Gericht hat das Landratsamt C-Stadt am 01.07.2015 beigeladenen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten und der Akte des Sozialgerichts München Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet.
Der Kläger steht nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Beigeladenen. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht auf Grund der Tätigkeit für den Beigeladenen nicht.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für Beschäftigung sind: Tätigkeit nach Weisungen und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
Die Zuordnung einer Tätigkeit zum Typus der Beschäftigung oder der selbständigen Tätigkeit erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nach ihrem Gesamtbild: Festzustellen sind anhand des Einzelfalls alle Indizien, die für Beschäftigung sprechen, sowie alle Indizien, die für Selbständigkeit sprechen. Sodann ist eine Abwägung vorzunehmen, welche Indizien überwiegen und der Tätigkeit das Gepräge geben.
Ausgangspunkt ist dabei zunächst der von den Beteiligten geschlossene Vertrag, hier also die jeweils für den einzelnen Auftrag geschlossenen Honorarverträge. Zu berücksichtigen sind allerdings auch die tatsächlichen Verhältnisse, wenn und soweit sie von den vertraglichen Regelungen maßgeblich abweisen. Dem Willen der Vertragsparteien hinsichtlich des Status der vertraglich geschuldeten Tätigkeit kommt nur indizielle Bedeutung zu, da es nicht der Vertragsfreiheit unterliegt, den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit zu wählen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich vorliegend nach Auffassung des erkennenden Gerichts klar, dass der Kläger nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Beigeladenen stand oder steht.
Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 1 SGB IV sind die wichtigsten Kriterien für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Beides ist vorliegend nicht der Fall.
Der Kläger ist in keiner Weise in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen eingegliedert. Weder wird er in den Räumen des Beigeladenen tätig, noch hat er dort einen Arbeitsplatz. Er nimmt auch nicht an Teambesprechungen des Beigeladenen teil. Zwar ist er laut Honorarvertrag berechtigt, Stunden für Teambesprechungen in Rechnung zu stellen, jedoch sieht der Vertag keine Verpflichtung zur Teilnahme an solchen Besprechungen vor, und tatsächlich hat der Kläger auch nie an derartigen Besprechungen teilgenommen. Der Kläger ist auch nicht Teil des Dienstplans des Beigeladenen. Der Beigeladene beschäftigt keine Angestellten oder Beamten, die die gleiche Tätigkeit verrichten, wie der Kläger. Soweit der Kläger sich zum Zwecke der Erstellung des Hilfeplans mit Angestellten des Beigeladenen zu Besprechungen trifft, findet dies nicht grundsätzlich in den Räumen des Beigeladenen statt, sondern an wechselnden Orten: Entweder im Büro des Klägers oder vor Ort bei der hilfebedürftigen Familie, oder beim Beigeladenen. Aus letzterem kann selbstverständlich keine Eingliederung in die Organisation des Beigeladenen abgeleitet werden. Der Kläger tritt im Übrigen nicht nach außen als Arbeitnehmer des Beigeladenen auf.
Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen ist demnach nicht gegeben.
Ebenso wenig liegt eine Tätigkeit nach Weisungen vor. Wie das BSG in seinem Urteil vom 25.04.2012 (Az.: B 12 KR 14/10 R) ausführlich dargelegt hat, kann allein aus der Tatsache, dass der Beigeladene nach den Regelungen des SGB VIII die Gesamtverantwortung für die Erbringung von Familien- und Erziehungshilfe trägt, nicht darauf geschlossen werden, dass Familienhilfe ausschließlich im Rahmen weisungsgebundener Beschäftigung geleistet werden könnte. Demnach trifft das SGB VIII schon von seinem Regelungsansatz her keine Aussagen über den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Status eines Familien- oder Erziehungshelfers. Nicht nachvollziehbar ist daher, dass die Beklagte ihre Statusfeststellung nach wie vor mit diesem Argument begründet.
Eine arbeitsrechtliche Weisungsgebundenheit kann ferner nicht abgeleitet werden aus der Tatsache, dass der Beigeladene maßgeblich bei der Erstellung des Hilfeplanes im Sinne von § 36 SGB VIII mitwirkt. Wie von den Beteiligten glaubhaft dargelegt, wird der Hilfeplan und vor allem die darin enthaltenen Ziele durch eine gemeinsame Anstrengung aller an der Hilfsmaßnahme Beteiligten erstellt. Dieses Vorgehen ist unerlässlich, um erfolgreiche Hilfe zu ermöglichen, da ein einseitiges Aufstellen von Zielen seitens des Trägers der Jugendhilfe ohne Beteiligung und Mitsprache sowohl des Hilfebedürftigen als auch desjenigen, der die Hilfe dann tatsächlich leistet, kaum zur Akzeptanz des Hilfeplans und der Erreichung der Ziele führen würden. Auch wenn der Beigeladene das "letzte Wort" als Gesamtverantwortlicher innehat, bedeutet dies nicht, dass darin ein Arbeitgeberdirektionsrecht zu sehen wäre. Insofern lässt sich die Sachlage vergleichen mit einem Bauherrn, der einem Handwerksmeister durchaus rechtsverbindlich ein Ziel vorgeben kann, ohne dass die Selbständigkeit des Handwerksmeisters in Frage stünde oder hieraus geschlossen werden könnte, dass der Bauherr auch weisungsberechtigt wäre hinsichtlich der Frage, auf welchem Wege das Ziel zu erreichen ist. Diesbezüglich ist der Handwerksmeister – ebenso wie der Kläger im Verhältnis zum Beigeladenen - völlig frei. Es wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt, dass Weisungen betreffend das "Wie" der Zielerreichung vom Beigeladenen nicht gegeben werden.
Auch die Berichtspflichten des Klägers geben keinen Anlass, von einem Arbeitgeberweisungsrecht des Beigeladenen auszugehen. Der Beigeladene lässt sich als Träger der Gesamtverantwortung regelmäßig, in der Regel alle 6 Monate, über den Stand der Hilfe und der Zielerreichung berichten. Dies geschieht nicht, weil der Beigeladene den Kläger wie ein Arbeitgeber kontrollieren möchte, sondern weil er diese Informationen benötigt, um sich ein Bild über die Sinnhaftigkeit des bisherigen Hilfeplans zu machen und einen neuen Hilfeplan aufstellen zu können.
Des Weiteren hat der Kläger auch in wirtschaftlicher Hinsicht unternehmerische Freiheit: Diese zeigt sich darin, dass er völlig frei darüber entscheidet, welchen Fall er übernehmen möchte und kann, und welchen nicht. Zwar könnte hieraus, wäre es das einzige Indiz für Selbständigkeit, nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden, jedoch ist diese Freiheit im Rahmen der Gesamtwürdigung durchaus in die Waagschale der Selbständigkeit zu legen.
Der Kläger trägt auch ein nicht unerhebliches Unternehmerrisiko. Insofern zeigt die Tätigkeit des Klägers sogar mehr Kriterien einer selbständigen Tätigkeit, als die Einzelfälle, die der Rechtsprechung des BayLSG und des BSG (siehe oben) zu Grunde lagen. Denn der Kläger trägt ein unternehmerisches Risiko nicht nur im Sinne eines Verdienstausfallrisikos (wie in dem vom BayLSG am 29.04.2015 entschiedenen Fall), sondern er unterhält auch zwei eigene Betriebsstätten, für die er monatlich laufende Kosten (Miete, Nebenkosten) zu tragen hat, einen eigenen Dienst- PKW sowie die übliche Telekommunikations-Ausstattung. Ferner investiert der Kläger auch erhebliche Summen in seine Fortbildung und Supervision. Von Seiten des Beigeladenen wird dem Kläger keinerlei Fortbildung oder Supervision geboten. Bleiben Aufträge aus – so wie derzeit angesichts der bestehenden Rechtsunsicherheit – so hat der Kläger trotzdem seine laufenden Kosten zu bestreiten und seine Investitionen getätigt. Insofern hat sich das Unternehmerrisiko des Klägers vorliegend bereits teilweise realisiert.
Hinzu kommt, dass der Kläger zeitlich völlig frei ist hinsichtlich der vertraglich geschuldeten Leistung, und zwar betreffend zeitlicher Lage und Umfang der Tätigkeit. Eine Deckelung der zulässigen Stundenzahl für den jeweils übernommen Fall gibt es – entgegen den Behauptungen der Beklagten - nicht. Abwesenheitszeiten muss der Kläger nicht vom Beigeladenen genehmigen lassen. Der Beigeladene organisiert auch keine Vertretung für Abwesenheitszeiten. Normalerweise teilt der Kläger dem Beigeladenen nicht einmal mit, wann er weg ist, es sei denn, eine Kindeswohlgefährdung stünde im Raum. In diesem Falle bleibt der Kläger selbst für die Hilfebedürftigen telefonisch erreichbar und somit deren Ansprechpartner. All das sind Indizien für Selbständigkeit.
Ferner tritt der Kläger mit Hilfe von Visitenkarten und Flyern werbend am Markt auf, hat einen professionellen Briefkopf und stellt über seine Tätigkeit ordnungsgemäße Rechnungen an den Beigeladenen und andere Auftraggeber. Entgeltfortzahlung bei Urlaub oder Krankheit erhält er nicht.
Nach allem erscheint es dem Gericht nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte auch in diesem Einzelfall von einem Beschäftigungsverhältnis ausgeht, nachdem hier die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit deutlich überwiegen.
Der von der Beklagten im Rahmen ihrer Zuständigkeit gemäß § 7a SGB IV erlassene Bescheid vom 25.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2015 war somit auf die Anfechtungsklage hin aufzuheben. Ferner war festzustellen, dass die streitige Tätigkeit keine Beschäftigung darstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da Klagen in Statusfeststellungsverfahren der Kostenprivilegierung des § 183 SGG unterfallen, sofern sie vom Auftragnehmer bzw. Arbeitnehmer erhoben werden. Eine Erstattung von Kosten durch den Beigeladenen kommt nicht in Betracht, da dieser keinen Antrag gestellt hat, und im Übrigen das selbe Ziel verfolgt, wie der Kläger: die Feststellung einer selbständigen Tätigkeit.
II. Es wird festgestellt, dass der Kläger seit 05.08.2013 beim Beigeladenen als Erziehungsbeistand nicht im Sinne von § 7 SGB IV beschäftigt ist und daher insoweit keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
III. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Erziehungsbeistand für den Beigeladenen abhängig beschäftigt ist.
Der Kläger ist Sozialpädagoge und geht 20 Stunden pro Woche einer abhängigen Beschäftigung im Jugendhaus D-Stadt nach. Daneben ist der Kläger für verschiedene Auftraggeber tätig, überwiegend als Erziehungsbeistand oder Familienhelfer, und zwar für den Beigeladenen als Träger der öffentlichen Jugendhilfe, das Landratsamt E-Stadt, das Amtsgericht F-Stadt, das Amtsgericht G-Stadt sowie für verschiedene private Auftraggeber.
Für den Beigeladenen ist der Kläger ab 05.08.2013 als Erziehungsbeistand tätig geworden, wobei der Beigeladene aktuell im Hinblick auf die Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Status des Klägers keine Aufträge an den Kläger vergibt.
Vertragliche Grundlage für die streitige Tätigkeit stellen Honorarverträge dar, die jeweils für den einzelnen Auftrag zwischen dem Beigeladenen und dem Kläger geschlossen werden. Einen Rahmenvertrag für diese Tätigkeit des Klägers gibt es nicht. In den Honorarverträgen ist unter anderem geregelt, dass der Kläger als Erziehungsbeistand im Rahmen von § 30 SGB VIII als Selbständiger befristet tätig werden solle (§ 1), dass die Betreuung vorab mit dem Jugendamt F-Stadt abzustimmen sei (§ 2), und dass der Kläger für abrechenbare Stunden ein Honorar von 41,55 Euro erhalte (§ 3), wobei laut Vertrag auch bis zu 5 Stunden pro Monat für Teamgespräche mit anderen Erziehungsbeiständen oder Bezirkssozialarbeitern abgerechnet werden können. Nicht abrechenbar sind hingegen Zeiten für Planung, Vorbereitung, Reflexion, Supervision oder Fahrzeiten.
Gemäß § 4 des Vertrages hat der Kläger dem Beigeladenen in der Regel alle 6 Monate über den Stand der Maßnahme zu berichten. Gemäß § 5 soll der Kläger nicht in den organisationsrechtlichen Ablauf des Beigeladenen eingegliedert sein.
Die tatsächlichen Verhältnisse entsprechen weitgehend den genannten vertraglichen Regelungen. Allerdings nimmt der Kläger tatsächlich an keinerlei Teambesprechungen des Beigeladenen teil.
Der Beigeladene trägt gemäß § 79 Abs. 1 SGB VIII als Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII. Um diese Gesamtverantwortung auszufüllen, wird gemäß § 36 SGB VIII jeweils ein Hilfeplan für den Einzelfall erstellt, wobei der Beigeladene zwar maßgeblichen Einfluss hat auf die Formulierung der Ziele, diese jedoch nicht ohne Beteiligung des Klägers, der betroffenen Familie und gegebenenfalls weiterer Akteure (Lehrer, Therapeuten) festschreibt. Der Kläger stellt bereits vor Erstellung des Hilfeplans vor Ort in der betreffenden Familie den Bedarf fest und bringt seine Erkenntnisse bei der Erstellung des Hilfeplans ein.
Auf welche Art die im Hilfeplan festgeschriebenen Ziele erreicht werden, ist allein Sache des Klägers. Der Beigeladene erteilt ihm keinerlei Weisungen, was im Einzelnen zu tun ist. Der Kläger entscheidet auch frei, wann er die Hilfebedürftigen betreut, und in welchem Umfang. Eine Deckelung in Form einer maximalen Anzahl abrechenbarer Stunden ist nicht vereinbart.
Über den Verlauf der Maßnahme erstattet der Kläger dem Beigeladenen in der Regel alle sechs Monate Bericht, was die Grundlage für den nächsten Hilfeplan darstellt. Soweit der Kläger während laufender Betreuung erkennt, dass die Ziele im Hilfeplan angepasst werden müssen, initiiert er eine entsprechende Änderung des Hilfeplans beim Beigeladenen.
Für die Tätigkeiten, die der Kläger neben seiner Beschäftigung beim Jugendhaus D-Stadt ausübt, hat er Betriebsmittel angeschafft, insbesondere einen PC, ein separates Diensthandy, ein separates Dienst- KFZ (neben seinem privaten KFZ). Der Kläger hat auch Büroräume angemietet und trägt hierfür Mietkosten von monatlich rund 400,00 Euro netto. Er macht laufende Fortbildungen und Supervisionen, deren Kosten er selbst trägt.
Der Kläger ist nicht verpflichtet, Aufträge zu übernehmen. Er entscheidet über eine Zusage unter Berücksichtigung seiner zeitlichen Kapazitäten, der Art des Auftrages und des gebotenen Honorarsatzes. Wenn der Kläger in Urlaub geht, spricht er dies mit den zu betreuenden Familien ab. Er bleibt, soweit nötig, für diese telefonisch erreichbar. Dem Beigeladenen teilt er seine Abwesenheit nur mit, soweit eine Kindeswohlgefährdung im Raum steht. Der Kläger muss sich seine Urlaubszeiten nicht vom Beigeladenen genehmigen lassen oder mit dessen Dienstplan abstimmen.
Beim Beigeladenen sind weder Angestellte, noch Beamte tätig, die als Erziehungsbeistände oder Familienhelfer eingesetzt werden. Der Kläger hat beim Beigeladenen keinen Arbeitsraum oder Schreibtisch. An Teambesprechungen des Beigeladenen nimmt er nicht teil.
Der Beigeladene prüft anhand der Berichte des Klägers, ob die Ziele des Hilfeplans erreicht werden, nötigenfalls auch durch einen Familienbesuch.
Über seine Tätigkeit stellt der Kläger dem Beigeladenen ebenso wie seinen anderen Auftraggebern Rechnungen. Die Umsätze aus der Tätigkeit für den Beigeladenen stellen nicht die überwiegenden Umsätze seiner als selbständig deklarierten Tätigkeiten dar.
Am 31.03.2014 beantragten der Kläger und der Beigeladene Statusfeststellung beim Beklagten mit dem Ziel der Feststellung einer selbständigen Tätigkeit.
Der Beklagten stellte nach entsprechender Anhörung mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 25.09.2014 eine abhängige Beschäftigung mit der Folge der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2015 zurückgewiesen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die abhängige Beschäftigung folge aus der Gesamtverantwortung und Planungsverantwortung des Beigeladenen für die Jugendhilfe. Aus dem verbindlichen Hilfeplan des Jugendamtes und der Berichtspflicht des Klägers ergebe sich ein Arbeitgeberweisungsrecht. Der Kläger habe keine unternehmerischen Gestaltungsspielräume, der zeitliche Umfang der Tätigkeit sei vorgegeben. Es fehle am Unternehmerrisiko.
Der Kläger erhob Klage, eingegangen beim Sozialgericht München am 21.05.2015.
Er beruft sich auf die Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts (Urteil vom 17.07.2013, Az.: L 4 KR 396/12 ZVW und vom 29.04.2015, Az.: L 16 R 1062/13) und des BSG (Urteil vom 25.04.2012, B 12 KR 14/10 R). Er verweist darauf, dass er aufgrund seiner Investitionen und laufenden Kosten durchaus ein Unternehmerrisiko trage, dass er keinem Weisungsrecht des Beigeladenen unterliege, und dass der zeitliche Umfang seiner Tätigkeit – entgegen der Annahme der Beklagten – nicht vorgegeben sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 25.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.04.2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätig- keit als Erziehungsbeistand für den Beigeladenen ab 05.08.2013 nicht im Sinne von § 7 SGB IV beschäftigt ist und daher insoweit keine Versicherungs-pflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Das Gericht hat das Landratsamt C-Stadt am 01.07.2015 beigeladenen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten und der Akte des Sozialgerichts München Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet.
Der Kläger steht nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Beigeladenen. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht auf Grund der Tätigkeit für den Beigeladenen nicht.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für Beschäftigung sind: Tätigkeit nach Weisungen und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
Die Zuordnung einer Tätigkeit zum Typus der Beschäftigung oder der selbständigen Tätigkeit erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nach ihrem Gesamtbild: Festzustellen sind anhand des Einzelfalls alle Indizien, die für Beschäftigung sprechen, sowie alle Indizien, die für Selbständigkeit sprechen. Sodann ist eine Abwägung vorzunehmen, welche Indizien überwiegen und der Tätigkeit das Gepräge geben.
Ausgangspunkt ist dabei zunächst der von den Beteiligten geschlossene Vertrag, hier also die jeweils für den einzelnen Auftrag geschlossenen Honorarverträge. Zu berücksichtigen sind allerdings auch die tatsächlichen Verhältnisse, wenn und soweit sie von den vertraglichen Regelungen maßgeblich abweisen. Dem Willen der Vertragsparteien hinsichtlich des Status der vertraglich geschuldeten Tätigkeit kommt nur indizielle Bedeutung zu, da es nicht der Vertragsfreiheit unterliegt, den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit zu wählen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich vorliegend nach Auffassung des erkennenden Gerichts klar, dass der Kläger nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Beigeladenen stand oder steht.
Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 1 SGB IV sind die wichtigsten Kriterien für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Beides ist vorliegend nicht der Fall.
Der Kläger ist in keiner Weise in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen eingegliedert. Weder wird er in den Räumen des Beigeladenen tätig, noch hat er dort einen Arbeitsplatz. Er nimmt auch nicht an Teambesprechungen des Beigeladenen teil. Zwar ist er laut Honorarvertrag berechtigt, Stunden für Teambesprechungen in Rechnung zu stellen, jedoch sieht der Vertag keine Verpflichtung zur Teilnahme an solchen Besprechungen vor, und tatsächlich hat der Kläger auch nie an derartigen Besprechungen teilgenommen. Der Kläger ist auch nicht Teil des Dienstplans des Beigeladenen. Der Beigeladene beschäftigt keine Angestellten oder Beamten, die die gleiche Tätigkeit verrichten, wie der Kläger. Soweit der Kläger sich zum Zwecke der Erstellung des Hilfeplans mit Angestellten des Beigeladenen zu Besprechungen trifft, findet dies nicht grundsätzlich in den Räumen des Beigeladenen statt, sondern an wechselnden Orten: Entweder im Büro des Klägers oder vor Ort bei der hilfebedürftigen Familie, oder beim Beigeladenen. Aus letzterem kann selbstverständlich keine Eingliederung in die Organisation des Beigeladenen abgeleitet werden. Der Kläger tritt im Übrigen nicht nach außen als Arbeitnehmer des Beigeladenen auf.
Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen ist demnach nicht gegeben.
Ebenso wenig liegt eine Tätigkeit nach Weisungen vor. Wie das BSG in seinem Urteil vom 25.04.2012 (Az.: B 12 KR 14/10 R) ausführlich dargelegt hat, kann allein aus der Tatsache, dass der Beigeladene nach den Regelungen des SGB VIII die Gesamtverantwortung für die Erbringung von Familien- und Erziehungshilfe trägt, nicht darauf geschlossen werden, dass Familienhilfe ausschließlich im Rahmen weisungsgebundener Beschäftigung geleistet werden könnte. Demnach trifft das SGB VIII schon von seinem Regelungsansatz her keine Aussagen über den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Status eines Familien- oder Erziehungshelfers. Nicht nachvollziehbar ist daher, dass die Beklagte ihre Statusfeststellung nach wie vor mit diesem Argument begründet.
Eine arbeitsrechtliche Weisungsgebundenheit kann ferner nicht abgeleitet werden aus der Tatsache, dass der Beigeladene maßgeblich bei der Erstellung des Hilfeplanes im Sinne von § 36 SGB VIII mitwirkt. Wie von den Beteiligten glaubhaft dargelegt, wird der Hilfeplan und vor allem die darin enthaltenen Ziele durch eine gemeinsame Anstrengung aller an der Hilfsmaßnahme Beteiligten erstellt. Dieses Vorgehen ist unerlässlich, um erfolgreiche Hilfe zu ermöglichen, da ein einseitiges Aufstellen von Zielen seitens des Trägers der Jugendhilfe ohne Beteiligung und Mitsprache sowohl des Hilfebedürftigen als auch desjenigen, der die Hilfe dann tatsächlich leistet, kaum zur Akzeptanz des Hilfeplans und der Erreichung der Ziele führen würden. Auch wenn der Beigeladene das "letzte Wort" als Gesamtverantwortlicher innehat, bedeutet dies nicht, dass darin ein Arbeitgeberdirektionsrecht zu sehen wäre. Insofern lässt sich die Sachlage vergleichen mit einem Bauherrn, der einem Handwerksmeister durchaus rechtsverbindlich ein Ziel vorgeben kann, ohne dass die Selbständigkeit des Handwerksmeisters in Frage stünde oder hieraus geschlossen werden könnte, dass der Bauherr auch weisungsberechtigt wäre hinsichtlich der Frage, auf welchem Wege das Ziel zu erreichen ist. Diesbezüglich ist der Handwerksmeister – ebenso wie der Kläger im Verhältnis zum Beigeladenen - völlig frei. Es wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt, dass Weisungen betreffend das "Wie" der Zielerreichung vom Beigeladenen nicht gegeben werden.
Auch die Berichtspflichten des Klägers geben keinen Anlass, von einem Arbeitgeberweisungsrecht des Beigeladenen auszugehen. Der Beigeladene lässt sich als Träger der Gesamtverantwortung regelmäßig, in der Regel alle 6 Monate, über den Stand der Hilfe und der Zielerreichung berichten. Dies geschieht nicht, weil der Beigeladene den Kläger wie ein Arbeitgeber kontrollieren möchte, sondern weil er diese Informationen benötigt, um sich ein Bild über die Sinnhaftigkeit des bisherigen Hilfeplans zu machen und einen neuen Hilfeplan aufstellen zu können.
Des Weiteren hat der Kläger auch in wirtschaftlicher Hinsicht unternehmerische Freiheit: Diese zeigt sich darin, dass er völlig frei darüber entscheidet, welchen Fall er übernehmen möchte und kann, und welchen nicht. Zwar könnte hieraus, wäre es das einzige Indiz für Selbständigkeit, nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden, jedoch ist diese Freiheit im Rahmen der Gesamtwürdigung durchaus in die Waagschale der Selbständigkeit zu legen.
Der Kläger trägt auch ein nicht unerhebliches Unternehmerrisiko. Insofern zeigt die Tätigkeit des Klägers sogar mehr Kriterien einer selbständigen Tätigkeit, als die Einzelfälle, die der Rechtsprechung des BayLSG und des BSG (siehe oben) zu Grunde lagen. Denn der Kläger trägt ein unternehmerisches Risiko nicht nur im Sinne eines Verdienstausfallrisikos (wie in dem vom BayLSG am 29.04.2015 entschiedenen Fall), sondern er unterhält auch zwei eigene Betriebsstätten, für die er monatlich laufende Kosten (Miete, Nebenkosten) zu tragen hat, einen eigenen Dienst- PKW sowie die übliche Telekommunikations-Ausstattung. Ferner investiert der Kläger auch erhebliche Summen in seine Fortbildung und Supervision. Von Seiten des Beigeladenen wird dem Kläger keinerlei Fortbildung oder Supervision geboten. Bleiben Aufträge aus – so wie derzeit angesichts der bestehenden Rechtsunsicherheit – so hat der Kläger trotzdem seine laufenden Kosten zu bestreiten und seine Investitionen getätigt. Insofern hat sich das Unternehmerrisiko des Klägers vorliegend bereits teilweise realisiert.
Hinzu kommt, dass der Kläger zeitlich völlig frei ist hinsichtlich der vertraglich geschuldeten Leistung, und zwar betreffend zeitlicher Lage und Umfang der Tätigkeit. Eine Deckelung der zulässigen Stundenzahl für den jeweils übernommen Fall gibt es – entgegen den Behauptungen der Beklagten - nicht. Abwesenheitszeiten muss der Kläger nicht vom Beigeladenen genehmigen lassen. Der Beigeladene organisiert auch keine Vertretung für Abwesenheitszeiten. Normalerweise teilt der Kläger dem Beigeladenen nicht einmal mit, wann er weg ist, es sei denn, eine Kindeswohlgefährdung stünde im Raum. In diesem Falle bleibt der Kläger selbst für die Hilfebedürftigen telefonisch erreichbar und somit deren Ansprechpartner. All das sind Indizien für Selbständigkeit.
Ferner tritt der Kläger mit Hilfe von Visitenkarten und Flyern werbend am Markt auf, hat einen professionellen Briefkopf und stellt über seine Tätigkeit ordnungsgemäße Rechnungen an den Beigeladenen und andere Auftraggeber. Entgeltfortzahlung bei Urlaub oder Krankheit erhält er nicht.
Nach allem erscheint es dem Gericht nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte auch in diesem Einzelfall von einem Beschäftigungsverhältnis ausgeht, nachdem hier die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit deutlich überwiegen.
Der von der Beklagten im Rahmen ihrer Zuständigkeit gemäß § 7a SGB IV erlassene Bescheid vom 25.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2015 war somit auf die Anfechtungsklage hin aufzuheben. Ferner war festzustellen, dass die streitige Tätigkeit keine Beschäftigung darstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da Klagen in Statusfeststellungsverfahren der Kostenprivilegierung des § 183 SGG unterfallen, sofern sie vom Auftragnehmer bzw. Arbeitnehmer erhoben werden. Eine Erstattung von Kosten durch den Beigeladenen kommt nicht in Betracht, da dieser keinen Antrag gestellt hat, und im Übrigen das selbe Ziel verfolgt, wie der Kläger: die Feststellung einer selbständigen Tätigkeit.
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