Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1064/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3127/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts H. vom 24. Juni 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin stammt aus der Türkei. Seit dem Jahre 1979 ist sie in Deutschland wohnhaft. Hier war sie als ungelernte Arbeiterin in einer Spinnerei beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete im Februar 1997. Seither ist sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Im Alter von zwei oder drei Jahren erkrankte die Klägerin an einer Meningitis, infolge derer sie die Hörfähigkeit verlor und zunächst nicht sprechen und auch nicht lesen und schreiben erlernte. Im Alter von ca. 13 Jahren ist die Klägerin mit ihrem Vater nach Deutschland verzogen. Hier wurde ihr am rechten Ohr ein Cochlea-Implantat eingesetzt und links ein Hörgerät angepasst. Mit Bescheid des Versorgungsamts H. vom 4. März 1999 wurden eine Hörminderung, eine Minderbegabung, eine Kreislauf-Fehlregulation bei Blutunterdruck sowie ein degeneratives Kniegelenksleiden als Behinderungen und ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Nachteilsausgleiche G, B, und RF festgestellt.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 19. Juli 2010, den sie mit Beschwerden an den Knien, Kopf und Magenbeschwerden begründete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. September 2010 und Widerspruchsbescheid vom 3. März 2011 ab, da die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, überwiegend im Sitzen oder Gehen, nur zeitweise im Stehen, ohne Nachtschicht und ohne Verletzungsgefahr, mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Trotz Schwerhörigkeit sei die Klägerin auf eine Tätigkeit als Arbeiterin in einer Spinnerei, als Näherin oder als Verpackungs- und Kontrollarbeiterin verweisbar.
Grundlage der Entscheidung waren Berichte behandelnder Ärzte sowie das Gutachten der Internistin und Sozialmedizinerin G. vom 20. September 2010. Diese stellte die Diagnosen hochgradige, ins Erwerbsleben eingebrachte Perzeptionsschwerhörigkeit mit konstitutiven Sprachstörungen, rezidivierende Kniegelenksbeschwerden ohne Funktionseinschränkung und ohne Einschränkung der Geh- und Wegefähigkeit bei vorbeschriebener Meniskopathie, bisher nicht abgeklärte, nicht bewegungseinschränkende Weichteilschwellung lateralseitig des proximalen rechten Unterschenkels, rezidivierende Lumboischialgien links ohne relevante Funktionsbeeinträchtigung sowie hypotone Blutdruckwerte, die nicht behandlungsbedürftig seien. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten ohne allzu einseitige Körperhaltung und nicht überwiegend im Stehen vollschichtig zu verrichten. Aufgrund der Hörminderung sei die Arbeitsplatzsuche erschwert.
Deswegen hat die Klägerin am 21. März 2011 Klage beim Sozialgericht H. (SG) erhoben. Zur Begründung hat ihr Bevollmächtigter vorgetragen, die Klägerin sei nicht in der Lage, überwiegend zu sitzen, noch viel weniger überwiegend zu stehen. Sie könne unmöglich einen Sechs-Stundentag durchhalten. Arbeiten in einer Spinnerei seien ihr nicht möglich. Schließlich habe der behandelnde Nervenarzt Dr. S. eine schwere Depression mit Schlaflosigkeit festgestellt. Aufgrund der Schwerhörigkeit sei im Übrigen eine schwere spezifische Leistungseinschränkung gegeben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben der Internist Dr. St. am 2. März 2011 (Leistungsfähigkeit nicht sicher zu beurteilen), der Orthopäde Dr. Sch. am 18. April 2011 (leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich möglich), der Neurologe und Psychiater Dr. von B. am 17. Oktober 2011 (sechs Stunden leichte körperliche Tätigkeiten arbeitstäglich möglich), der Gefäßchirurg Dr. A. am 18. Oktober 2011 (keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf seinem Fachgebiet) sowie die behandelnden Ärzte der Abteilung Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Kreiskrankenhauses T. Dres. J., S., M. am 2. April 2012 (keine Beurteilung des Leistungsvermögens möglich) berichtet.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. V., des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. N. sowie des Chefarztes der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I des Psychiatrischen Zentrums N., Dr. Sch ...
Dr. V. hat in seinem Gutachten vom 19. Juli 2012 eine mittelschwer bis schwer ausgeprägte depressive Episode festgestellt, wobei differenzialdiagnostisch eine schwere depressive Störung mit wahnhafter Symptomatik bzw. eine psychotische Störung erwogen wurde. Auf neurologischem Gebiet bestehe eine Migräne ohne Aura (differenzialdiagnostisch schmerzinduzierte Kopfschmerzen) sowie ein Restless-legs-Syndrom. Eine abschließende Beurteilung sei aufgrund von diagnostischen Unsicherheiten nicht möglich; zur Beurteilung des Leistungsvermögens sei eine stationäre Begutachtung in einer psychosomatischen Klinik notwendig.
Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 20. Juli 2012 auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet eine Bursitis subacromialis, eine Reizsynovialitis, eine degenerative Labrumveränderung und ein Impingementsyndrom der linken Schulter und eine aktuell endgradig schmerzbedingt eingeschränkte Beweglichkeit der linken Schulter diagnostiziert. Daneben hat er weitere Nebendiagnosen beschrieben, die seiner Ansicht nach ohne wesentliche Rückwirkung auf das Leistungsvermögen seien. Aus orthopädischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen vollschichtig zu verrichten. Das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 10-15 kg sei ausgeschlossen. Häufiges Bücken, lang anhaltende, weit vornüber gebeugte Körperhaltungen oder Rückenüberstreckung, weite Rumpfdrehbewegungen, einseitige Körperhaltungen, Zwangshaltungen, wie länger anhaltende Arbeiten in Rumpfvorbeugung oder länger anhaltende Überkopfarbeiten, Verdrehungen, Arbeiten in niedrigen Räumen/Positionen, seien zu vermeiden; ebenso das Steigen auf Leitern und Gerüsten und häufiges bzw. längeres ununterbrochenes Gehen oder Stehen über mehrere Stunden, ebenfalls dauerndes Knien oder Hocken. Schließlich seien bedeutsame Erschütterungs- und Vibrationsbelastungen zu vermeiden. Ob auf nervenärztlichem Gebiet oder aufgrund der Hörminderung eine weitergehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe, könne nicht beurteilt werden, hierzu sei eine stationäre Begutachtung in einer psychiatrischen Klinik erforderlich.
In seinem Gutachten vom 12. Februar 2014 hat Dr. Sch. eine dysthyme Störung sowie eine rezidivierende depressive Störung, die gegenwärtig remitiert sei, diagnostiziert. Die auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen führten zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit. Berufliche Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung, etwa durch erhöhten Zeitdruck (z.B. Akkordarbeit) oder durch unphysiologische psychovegetative Belastung (z.B. Nachtarbeit) kämen für die Klägerin nicht mehr in Frage. Tätigkeiten mit anhaltend hohen Anforderungen an die Aufmerksamkeitsleistung - etwa Tätigkeiten mit Kontrollfunktionen und der Notwendigkeit sofortigen Eingreifens, Tätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen etc. - seien auszuschließen. Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte sowie Tätigkeiten mit erhöhter Anforderung an die Umstellungsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich zielgerichtet auf interpersonelle Kontakte einzustellen (etwa unmittelbarer Kundenkontakt) seien auszuschließen. Aufgrund der aktenkundig, grundsätzlich schmerzbehafteten degenerativen Veränderung des Bewegungsapparates kämen für die Klägerin schwere und anhaltend mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr in Frage, möglich seien nach seiner Einschätzung jedoch weiterhin körperlich leichte Tätigkeiten mit Heben und Bewegen von Gegenständen bis maximal etwa 5 kg in zeitlichem Umfang von acht Stunden arbeitstäglich. Bei der Klägerin liege eine Hörminderung vor, die durch das Cochlea-Implantat bzw. durch ein externes Hörgerät recht gut kompensiert sei. Bei einfachem, wohl artikuliertem Sprechen in türkischer Sprache bestehe ein ausreichendes Hörverstehen der Klägerin, auch sei ihre Sprache selbst ausreichend gut verständlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. Juni 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Die Klägerin sei weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Dr. N. auf orthopädischem Fachgebiet sowie von Dr. Sch. auf nervenärztlichem Fachgebiet. Auf orthopädischem Fachgebiet seien die von dem Sachverständigen beschriebenen qualitativen Einschränkungen zu beachten. Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergebe sich daraus nicht. Die von Dr. V. in seinem Gutachten festgehaltenen Erkrankungen hätten bei der zweitägigen Begutachtung durch Dr. Sch. mit mehrstündiger mit Hilfe eines Dolmetschers durchgeführter Exploration nicht bestätigt werden können. Auf nervenärztlichem Gebiet sei nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. Sch. eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht ableitbar. Dr. Sch. habe schlüssig eine systemische Störung sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert sowie die leistungseinschränkenden Folgen daraus dargelegt. Bei der Exploration seien wesentliche Kommunikationsprobleme nicht aufgetreten. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit sei nicht erforderlich. Diese ergebe sich auch nicht aufgrund der hochgradigen Schwerhörigkeit sowie der Sprach- und Sprechstörung. Nach dem Ergebnis der Begutachtungen sei festzustellen, dass die Hörminderung durch das Cochlea-Implantat rechts und ein externes Hörgerät links recht gut kompensiert sei. Sowohl bei der Begutachtung durch Dr. V. und Dr. N. als auch durch Dr. Sch. sei normal laute Sprache des Dolmetschers ohne erkennbare Einschränkung verstanden worden. Entgegen ihrem Vorbringen sei die Klägerin durchaus in der Lage, türkisch zu sprechen und auch zu verstehen.
Gegen den am 1. Juli 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25. Juli 2014 Berufung eingelegt. Es werde bestritten, dass durch das Implantat bzw. das Hörgerät ein ausreichendes Hörverstehen vorliege. Im Übrigen sei mit dem Gutachten des Dr. V. davon auszugehen, dass eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gegeben sei, wobei die Umstellungsfähigkeit auf andere Tätigkeiten nicht gegeben sei. Die durch Dr. V. vorgenommene psychomotorische Testung habe das Bild einer schweren depressiven Störung ergeben, differenzialdiagnostisch komme auch weiterhin eine psychotische Störung in Frage, nachdem sie -wie ihre Schwester bestätigt habe - Selbstgespräche geführt und auch eine Schlange unter dem Bett gesehen habe (Ende 2011). Unter Berücksichtigung der Feststellungen des Dr. N. und des Dr. V. könne dem Gutachten des Dr. Sch. nicht gefolgt werden.
Die Klägerin beantragt
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts H. vom 24. Juni 2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. März 2011 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juli 2010 zu gewähren, "hilfsweise die Beweisanträge aufrecht zu erhalten, wie sie zusammenfassend im Schriftsatz vom 10.11.2015 und 26.08.2015 im Einzelnen formuliert sind".
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Sie weist darauf hin, dass Dr. Sch. die Klägerin an zwei Tagen mit jeweils mehrstündiger gedolmetschter Exploration ohne Anwesenheit der Angehörigen und damit muttersprachlich begutachtet habe. Hierbei habe die Klägerin angegeben, dass sie sehr gut höre. Der Dolmetscher habe angegeben, dass die Klägerin türkisch ohne wesentlichen Dialekt spreche, allerdings mit erschwerter Artikulation.
Der Senat hat ein weiteres psychiatrisch - psychotherapeutisches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Sch. eingeholt, nachdem Prof. Dr. Sch. nach Erteilung eines Gutachtensauftrags an ihn mitgeteilt hatte, dass nach seiner Ansicht nach Durchsicht der Akten die orthopädischen Leiden, auch die damit assoziierten Schmerzleiden, deutlich hinter den psychiatrischen Leiden zurück stünden. Aufgrund der wohl bestehenden Minderbegabung mit Hörminderung und weil die Klägerin der deutschen Sprache nicht mächtig sei, empfehle er eine Begutachtung durch Prof. Dr. Sch., Leiter der Sektion Gerontopsychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg.
Prof. Dr. Sch. hat in seinem Gutachten vom 13. April 2015 eine Dysthymie sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert, diagnostiziert. Nach klinischer Erfahrung sei auszuschließen, dass die genannten psychiatrischen Erkrankungen vorgetäuscht worden seien, obwohl die Klägerin sowohl in ihrer Beschwerdeschilderung als auch in ihrer neurologischen Testuntersuchung deutliche Hinweise auf eine Aggravation, anders seien die deutlich unterdurchschnittlichen Testergebnisse nicht zu erklären, geboten habe. Weitergehende Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit bestünden bei der Klägerin aus den diagnostizierten psychiatrischen Erkrankungen nicht. Wie vom Vorgutachter Dr. Sch. ausgeführt, sei die Klägerin weiterhin in der Lage, den ihr möglichen beruflichen Tätigkeiten vollschichtig nachzukommen. Allerdings sollten Tätigkeiten, die mit einem besonderen Zeit- und Verantwortungsdruck einhergingen, ebenso wie eine Schichtarbeit, vermieden werden. Da bei der Klägerin degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates aktenkundig seien, kämen für sie schwere körperliche Tätigkeiten nicht in Frage.
Hiergegen hat der Bevollmächtigte der Klägerin eingewandt, die unterdurchschnittlichen Testergebnisse seien aufgrund Sprach- und Verständigungsproblemen erzielt worden. Bei der Klägerin liege keinesfalls eine Aggravation vor. Das Gutachten basiere auf einer fiktiven, vom Gutachter angenommenen, mit der Realität nicht zu vereinbarenden, Grundlage. Er beantrage deshalb eine neuropsychologische Begutachtung der Klägerin. Ferner sei die ergänzende Befragung des Prof. Dr. Sch. in der mündlichen Verhandlung, "ob er angesichts der wiederholten Feststellung schwererer depressiver Episoden mit notwendigen stationären Aufenthalte die Diagnose einer leicht ausgeprägten depressiven Symptomatik im Sinne einer Dysthymie Störung aufrecht erhält" und "ob er bei der nicht lese- und nicht schreibfähigen sowie höruntüchtigen, damit kommunikationsunfähigen Probandin mit einer Schwerbehinderung von 100 % und zusätzlichen Merkzeichen, die sehr lange aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden ist, eine Eingliederungsfähigkeit in einem Betrieb annimmt und würde begrüßen, wenn er dies bejaht, wie er dies im Einzelnen darstellt". Der Senat hat daraufhin dem Sachverständigen Prof. Dr. Sch. diese Fragestellungen übermittelt und um schriftliche Beantwortung gebeten. In seiner Stellungnahme vom 30. September 2015 hat Prof. Dr. Sch. nochmals ausgeführt, dass die ausführliche Exploration eine leicht ausgeprägte depressive Symptomatik ergeben habe, wie sie bereits vom Vorgutachter Dr. Sch. diagnostisch als dysthyme Störung vorbeschrieben worden sei. Eine darüber hinausgehende schwere depressive Symptomatik habe sich ebenso wenig wie schwere psychopathologische Symptome bestätigen lassen. Unabhängig davon habe die Aktenlage Hinweise auf zuvor durchgemachte ausgeprägtere depressive Verstimmungen, die zur Diagnose einer depressiven Störung führten, enthalten. Ausführlich sei im psychopathologischen Befund dokumentiert, dass die Klägerin nicht als kommunikationsunfähig beschrieben worden sei. Aggravationstendenzen, etwa indem die Probandin auch einfache Fragen, z.B. nach dem Alter ihrer Kinder oder nach ihren Tagesabläufen nicht habe beantworten können, seien unübersehbar gewesen. Es verbleibe daher bei der bisherigen Leistungseinschätzung. Weitere Ermittlungen seien zur abschließenden Beantwortung der Beweisfragen nicht erforderlich. Hiergegen hat der Bevollmächtigte der Klägerin Einwendungen erhoben und eine weitere Begutachtung auf hno-ärztlichem Fachgebiet, die persönliche Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. Sch. in der mündlichen Verhandlung, die Beiziehung weiterer Unterlagen des Krankenhauses M.-GmbH, und wegen der Befunde "Gonarthrose bds. sowie Fibromyalgie" eine "Begutachtung nach § 106 SGG" beantragt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die beigezogenen Akten des Versorgungsamts H. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 19. Juli 2010 ablehnende Bescheid vom 22. September 2010 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 3. März 2011.
Der streitgegenständliche Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten bei Berücksichtigung näher dargelegter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann und auch keine schwere spezifische Leistungsminderung und keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegen, sodass es auch der Benennung einer konkreten Tätigkeit nicht bedarf. Ungeachtet dessen kann die Klägerin jedenfalls noch körperliche Verrichtungen, die bei leichten einfachen Tätigkeiten gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen, verrichten. Der Senat schließt sich dem Urteil des SG nach eigener Überprüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Darlegungen des Bevollmächtigten der Klägerin im Berufungsverfahren wie auch die weitere Beweisaufnahme durch Einholung des Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. Sch. zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Beweisaufnahme hat das erstinstanzliche Beweisergebnis bestätigt. Die gutachterliche Untersuchung der Klägerin durch Prof. Dr. Sch., die um möglichen situativen Effekte zu begegnen, an zwei zeitlich versetzten Terminen durchgeführt worden ist, hat eine leicht ausgeprägte depressive Symptomatik, wie sie bereits von dem in erster Instanz gehörten Sachverständigen Dr. Sch. diagnostisch als dysthyme Störung beurteilt worden war, ergeben. Schlüssig und nachvollziehbar hat der Sachverständige beschrieben, dass aufgrund der zuvor durchgemachten ausgeprägteren depressiven Verstimmungen, die Diagnose einer depressiven Störung gestellt werden kann. Ebenso wie Dr. Sch. hat auch Prof. Dr. Sch. eine psychotische Erkrankung bzw. Hinweise hierauf nicht feststellen können. Bereits im Rahmen der stationären Behandlung im Dezember bzw. Januar 2011/2012 ist die Möglichkeit einer schizophrenen Psychose ausgeschlossen worden. Prof. Dr. Sch. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass die dysthyme Störung nicht zu einer weitergehenden Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin führt. Diese Feststellung ergibt sich - nach plausibler Darstellung des Sachverständigen - schon aus der Art der Symptomatik. Der Sachverständige hat hier darauf hingewiesen, dass zwar im Falle der Klägerin auf dem Boden der dysthymen Störung auch depressive Episoden entstanden seien, die z.B. während der stationären Behandlung in B. auch einen schweren Ausprägungsgrad erreicht hätten, allerdings sei die damit bezeichnete Symptomatik unter Behandlung gut rückläufig gewesen, sodass weder der Sachverständige Dr. Sch. noch die eigene Untersuchung ein Fortbestehen schwererer depressiver Symptome erbracht habe. Eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte körperliche Tätigkeiten ergibt sich somit nach übereinstimmender Auffassung der Sachverständigen Dr. Sch. und Prof Dr. Sch. nicht. Nach dem von beiden Sachverständigen festgestellten psychopathologischen Befunden ist die Klägerin in einem bewusstseinsklaren Zustand, hat prompt auf zahlreiche Fragen reagiert, akustische Halluzinationen verneint. Entsprechende Fragen zur Befunderhebung bzgl. schweren psychopathologischen Symptome wurden von der Klägerin spontan verneint. Die Stimmung der Klägerin ist allenfalls im Ansatz als gedrückt erschienen, die Schwingungsfähigkeit war erhalten. Antriebsstörungen sind nicht beobachtet worden, ebenso psychomotorische Defizite. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Prof. Dr. Sch. nochmals für den Senat überzeugend dargelegt, dass eine schwere depressive Erkrankung der Klägerin nicht festgestellt werden kann. Tatsächlich könnten sich depressive Episoden häufig auf eine fortbestehende dysthyme Verstimmungen "aufpfropfen" allerdings sei die bezeichnete Symptomatik unter Behandlung gut rückläufig, so dass weder der Vorgutachter Dr. Sch. noch die eigene Untersuchung ein Fortbestehen schwererer depressiver Symptomatik erbracht habe. Auch wenn als Diagnose im Bericht des Krankenhauses T. vom 21. November 2014 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 5. bis 22. November 2014 eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Störung mit Somatisierung, genannt werde, sei diese nach eigener Urteilsbildung zum Zeitpunkt der eigenen Exploration der Klägerin remittiert. Während Dr. Sch. bereits Verdeutlichungstendenzen beschrieben hat, hat Prof. Dr. Sch. anlässlich seiner Untersuchung und der neuropsychologischen Zusatzuntersuchung (Psychologe C. D. Dipl. Psych. M. K.) Aggravationstendenzen dargestellt. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin einwendet, diese Feststellungen seien unzutreffend, weil sie auf Verständigungsprobleme zurückzuführen seien, kann dies bereits aus dem psychopathologischen Befund, wie oben beschrieben, nicht nachvollzogen werden. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten und in seiner ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass die Klägerin auf Fragen (des Dolmetschers) "prompt" geantwortet habe. Verständigungsprobleme hat der Sachverständige nicht erwähnt. Bereits das SG hat unter Bezugnahme auf die Begutachtung durch Dr. Sch. ausgeführt, dass dort wesentliche Kommunikationsprobleme nicht aufgetreten seien. Die Klägerin habe zahlreiche Fragen, etwa nach akustischen Halluzinationen oder anderen schweren psychopathologischen Symptomen spontan verneint. Die Schwingungsfähigkeit sei erhalten gewesen. Der Redefluss sei auch aus Sicht des Dolmetschers nicht verändert. Fragen nach Störungen des Denkens, der Denkinhalte, der Wahrnehmung oder des Ich-Erlebens sind von der Klägerin verneint worden. Der Sachverständige hat auch Antriebsstörungen oder psychomotorische Defizite nicht beobachten können, sondern vielmehr dargelegt, dass die Klägerin ihre Beschwerden durch eine entsprechende Gestik habe unterstreichen können. Ferner haben bereits die Dolmetscher bei der Untersuchung durch Dr. N. und Dr. Sch. jeweils angegeben, dass die Klägerin ein sehr einfaches, "türkisch ohne Satzbau" spreche, dass sie aber verstanden werden könne. Die Klägerin hat gegenüber dem bei der Untersuchung durch Dr. Sch. anwesenden Dolmetscher ausdrücklich betont, dass sie sich gut verstanden gefühlt habe. Sie selbst hat angegeben, sie höre sehr gut. Weitergehende Einschränkungen wegen der Einschränkung des Hörvermögens ergeben sich daher lediglich insoweit, dass keine besonderen Anforderungen an das Hörvermögen bei einer beruflichen Tätigkeit gestellt werden können.
Nach den körperlichen Untersuchungen (Dr. N. auf orthopädischem Fachgebiet) und Dr. Sch. (körperlich – neurologische Befunderhebung) sind aufgrund der degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates zwar schwere und anhaltende mittelschwere Tätigkeiten ausgeschlossen, leichte Tätigkeiten mit Heben und Bewegen von Gegenständen bis max. 5 kg jedoch möglich.
Den vom Bevollmächtigten hilfsweise gestellten Beweisanträgen ist nicht zu folgen. Hier kann offenbleiben, ob diese zulässig sind. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin sind Ermittlungen zur abschließenden Aufklärung des Sachverhalts auf hno-ärztlichem Fachgebiet, insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens, nicht erforderlich, nachdem die oben dargelegte Beweisaufnahme, auch nach ergänzender Stellungnahme von Prof. Dr. Sch. ergeben hat, dass die Hör- und Kommunikationsfähigkeit der Klägerin erhalten und somit nachgewiesen ist. Ebenso ist eine muttersprachliche Exploration (auf nervenärztlichen Gebiet) nicht erforderlich, nachdem sowohl Dr. Sch. bereits im erstinstanzlichen Verfahren als auch zuletzt Prof. Dr. Sch. eine Verständigung mittels Dolmetscher als unproblematisch beschrieben haben (s. o.). Die ergänzende persönliche Anhörung des Prof. Dr. Sch. in einer mündlichen Verhandlung war bereits deshalb abzulehnen, weil der Bevollmächtigte der Klägerin konkrete Fragen, die an den Sachverständigen zu stellen wären, nicht beschrieben hat und die von ihm im Schriftsatz vom 26. August 2015 formulierten Fragen von dem Sachverständigen bereits mit der gutachterlichen Stellungnahme vom 30. September 2015 beantwortet worden sind (vgl. hierzu BSG, Beschluss v. 4.07.2012, B 2 U 100/12 B, Juris). Es ist für den Senat nicht ersichtlich, welche Fragen, die mündlich erörtert werden sollten, an den Sachverständigen zu richten wären, die nicht bereits schriftlich beantwortet sind. Gründe für die beantragte Beiziehung von "Unterlagen des Krankenhauses M. GmbH, T., psychiatrische Institutsambulanz" sind nicht ersichtlich. Schon unklar und auch vom Bevollmächtigten der Klägerin nicht dargelegt ist, welche Unterlagen über welche Behandlungen beigezogen werden sollen. Der Bericht des Krankenhauses T. vom 21. November 2014 ist bereits dem Sachverständigen Prof. Dr. Sch. zur ergänzenden Stellungnahme übersandt und von diesem in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 30. September 2015 ebenfalls gewürdigt worden. Soweit der Bevollmächtigte "wegen der Befunde Gonarthrose beiderseits sowie Fibromyalgie" eine "Begutachtung nach § 106 SGG" beantragt, ist darauf hinzuweisen, dass eine bloße Mitteilung etwaiger Befunde, ohne ärztliche Bestätigung, nicht ausreichend ist, um eine weitere Aufklärungspflicht nach sich zu ziehen.
Der medizinische Sachverhalt ist abschließend geklärt. Eine weitere Sachaufklärung hält der Senat nach der umfassend durchgeführten Beweisaufnahme nicht für erforderlich.
Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Äußerungen und Gutachten stellt der Senat fest, dass trotz der Erkrankungen auf psychiatrischem Gebiet und des Bewegungsapparates sowie des eingeschränkten Hörvermögens die Klägerin in der Lage ist, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung ohne besonderen Zeit- und Verantwortungsdruck, ohne Publikumsverkehr, ohne besondere Anforderungen an das Hörvermögen, sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Einschränkungen der Wegefähigkeit sind nicht ersichtlich. Die eingangs zitierten Tätigkeitsfelder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind der Klägerin somit eröffnet.
Da somit der Nachweis einer rentenberechtigenden Leistungsminderung nicht erbracht ist, hat das SG die Klage zurecht abgewiesen. Der Senat weist deshalb die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur KlaG.hebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin stammt aus der Türkei. Seit dem Jahre 1979 ist sie in Deutschland wohnhaft. Hier war sie als ungelernte Arbeiterin in einer Spinnerei beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete im Februar 1997. Seither ist sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Im Alter von zwei oder drei Jahren erkrankte die Klägerin an einer Meningitis, infolge derer sie die Hörfähigkeit verlor und zunächst nicht sprechen und auch nicht lesen und schreiben erlernte. Im Alter von ca. 13 Jahren ist die Klägerin mit ihrem Vater nach Deutschland verzogen. Hier wurde ihr am rechten Ohr ein Cochlea-Implantat eingesetzt und links ein Hörgerät angepasst. Mit Bescheid des Versorgungsamts H. vom 4. März 1999 wurden eine Hörminderung, eine Minderbegabung, eine Kreislauf-Fehlregulation bei Blutunterdruck sowie ein degeneratives Kniegelenksleiden als Behinderungen und ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Nachteilsausgleiche G, B, und RF festgestellt.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 19. Juli 2010, den sie mit Beschwerden an den Knien, Kopf und Magenbeschwerden begründete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. September 2010 und Widerspruchsbescheid vom 3. März 2011 ab, da die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, überwiegend im Sitzen oder Gehen, nur zeitweise im Stehen, ohne Nachtschicht und ohne Verletzungsgefahr, mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Trotz Schwerhörigkeit sei die Klägerin auf eine Tätigkeit als Arbeiterin in einer Spinnerei, als Näherin oder als Verpackungs- und Kontrollarbeiterin verweisbar.
Grundlage der Entscheidung waren Berichte behandelnder Ärzte sowie das Gutachten der Internistin und Sozialmedizinerin G. vom 20. September 2010. Diese stellte die Diagnosen hochgradige, ins Erwerbsleben eingebrachte Perzeptionsschwerhörigkeit mit konstitutiven Sprachstörungen, rezidivierende Kniegelenksbeschwerden ohne Funktionseinschränkung und ohne Einschränkung der Geh- und Wegefähigkeit bei vorbeschriebener Meniskopathie, bisher nicht abgeklärte, nicht bewegungseinschränkende Weichteilschwellung lateralseitig des proximalen rechten Unterschenkels, rezidivierende Lumboischialgien links ohne relevante Funktionsbeeinträchtigung sowie hypotone Blutdruckwerte, die nicht behandlungsbedürftig seien. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten ohne allzu einseitige Körperhaltung und nicht überwiegend im Stehen vollschichtig zu verrichten. Aufgrund der Hörminderung sei die Arbeitsplatzsuche erschwert.
Deswegen hat die Klägerin am 21. März 2011 Klage beim Sozialgericht H. (SG) erhoben. Zur Begründung hat ihr Bevollmächtigter vorgetragen, die Klägerin sei nicht in der Lage, überwiegend zu sitzen, noch viel weniger überwiegend zu stehen. Sie könne unmöglich einen Sechs-Stundentag durchhalten. Arbeiten in einer Spinnerei seien ihr nicht möglich. Schließlich habe der behandelnde Nervenarzt Dr. S. eine schwere Depression mit Schlaflosigkeit festgestellt. Aufgrund der Schwerhörigkeit sei im Übrigen eine schwere spezifische Leistungseinschränkung gegeben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben der Internist Dr. St. am 2. März 2011 (Leistungsfähigkeit nicht sicher zu beurteilen), der Orthopäde Dr. Sch. am 18. April 2011 (leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich möglich), der Neurologe und Psychiater Dr. von B. am 17. Oktober 2011 (sechs Stunden leichte körperliche Tätigkeiten arbeitstäglich möglich), der Gefäßchirurg Dr. A. am 18. Oktober 2011 (keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf seinem Fachgebiet) sowie die behandelnden Ärzte der Abteilung Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Kreiskrankenhauses T. Dres. J., S., M. am 2. April 2012 (keine Beurteilung des Leistungsvermögens möglich) berichtet.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. V., des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. N. sowie des Chefarztes der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I des Psychiatrischen Zentrums N., Dr. Sch ...
Dr. V. hat in seinem Gutachten vom 19. Juli 2012 eine mittelschwer bis schwer ausgeprägte depressive Episode festgestellt, wobei differenzialdiagnostisch eine schwere depressive Störung mit wahnhafter Symptomatik bzw. eine psychotische Störung erwogen wurde. Auf neurologischem Gebiet bestehe eine Migräne ohne Aura (differenzialdiagnostisch schmerzinduzierte Kopfschmerzen) sowie ein Restless-legs-Syndrom. Eine abschließende Beurteilung sei aufgrund von diagnostischen Unsicherheiten nicht möglich; zur Beurteilung des Leistungsvermögens sei eine stationäre Begutachtung in einer psychosomatischen Klinik notwendig.
Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 20. Juli 2012 auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet eine Bursitis subacromialis, eine Reizsynovialitis, eine degenerative Labrumveränderung und ein Impingementsyndrom der linken Schulter und eine aktuell endgradig schmerzbedingt eingeschränkte Beweglichkeit der linken Schulter diagnostiziert. Daneben hat er weitere Nebendiagnosen beschrieben, die seiner Ansicht nach ohne wesentliche Rückwirkung auf das Leistungsvermögen seien. Aus orthopädischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen vollschichtig zu verrichten. Das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 10-15 kg sei ausgeschlossen. Häufiges Bücken, lang anhaltende, weit vornüber gebeugte Körperhaltungen oder Rückenüberstreckung, weite Rumpfdrehbewegungen, einseitige Körperhaltungen, Zwangshaltungen, wie länger anhaltende Arbeiten in Rumpfvorbeugung oder länger anhaltende Überkopfarbeiten, Verdrehungen, Arbeiten in niedrigen Räumen/Positionen, seien zu vermeiden; ebenso das Steigen auf Leitern und Gerüsten und häufiges bzw. längeres ununterbrochenes Gehen oder Stehen über mehrere Stunden, ebenfalls dauerndes Knien oder Hocken. Schließlich seien bedeutsame Erschütterungs- und Vibrationsbelastungen zu vermeiden. Ob auf nervenärztlichem Gebiet oder aufgrund der Hörminderung eine weitergehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe, könne nicht beurteilt werden, hierzu sei eine stationäre Begutachtung in einer psychiatrischen Klinik erforderlich.
In seinem Gutachten vom 12. Februar 2014 hat Dr. Sch. eine dysthyme Störung sowie eine rezidivierende depressive Störung, die gegenwärtig remitiert sei, diagnostiziert. Die auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen führten zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit. Berufliche Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung, etwa durch erhöhten Zeitdruck (z.B. Akkordarbeit) oder durch unphysiologische psychovegetative Belastung (z.B. Nachtarbeit) kämen für die Klägerin nicht mehr in Frage. Tätigkeiten mit anhaltend hohen Anforderungen an die Aufmerksamkeitsleistung - etwa Tätigkeiten mit Kontrollfunktionen und der Notwendigkeit sofortigen Eingreifens, Tätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen etc. - seien auszuschließen. Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte sowie Tätigkeiten mit erhöhter Anforderung an die Umstellungsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich zielgerichtet auf interpersonelle Kontakte einzustellen (etwa unmittelbarer Kundenkontakt) seien auszuschließen. Aufgrund der aktenkundig, grundsätzlich schmerzbehafteten degenerativen Veränderung des Bewegungsapparates kämen für die Klägerin schwere und anhaltend mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr in Frage, möglich seien nach seiner Einschätzung jedoch weiterhin körperlich leichte Tätigkeiten mit Heben und Bewegen von Gegenständen bis maximal etwa 5 kg in zeitlichem Umfang von acht Stunden arbeitstäglich. Bei der Klägerin liege eine Hörminderung vor, die durch das Cochlea-Implantat bzw. durch ein externes Hörgerät recht gut kompensiert sei. Bei einfachem, wohl artikuliertem Sprechen in türkischer Sprache bestehe ein ausreichendes Hörverstehen der Klägerin, auch sei ihre Sprache selbst ausreichend gut verständlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. Juni 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Die Klägerin sei weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Dr. N. auf orthopädischem Fachgebiet sowie von Dr. Sch. auf nervenärztlichem Fachgebiet. Auf orthopädischem Fachgebiet seien die von dem Sachverständigen beschriebenen qualitativen Einschränkungen zu beachten. Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergebe sich daraus nicht. Die von Dr. V. in seinem Gutachten festgehaltenen Erkrankungen hätten bei der zweitägigen Begutachtung durch Dr. Sch. mit mehrstündiger mit Hilfe eines Dolmetschers durchgeführter Exploration nicht bestätigt werden können. Auf nervenärztlichem Gebiet sei nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. Sch. eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht ableitbar. Dr. Sch. habe schlüssig eine systemische Störung sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert sowie die leistungseinschränkenden Folgen daraus dargelegt. Bei der Exploration seien wesentliche Kommunikationsprobleme nicht aufgetreten. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit sei nicht erforderlich. Diese ergebe sich auch nicht aufgrund der hochgradigen Schwerhörigkeit sowie der Sprach- und Sprechstörung. Nach dem Ergebnis der Begutachtungen sei festzustellen, dass die Hörminderung durch das Cochlea-Implantat rechts und ein externes Hörgerät links recht gut kompensiert sei. Sowohl bei der Begutachtung durch Dr. V. und Dr. N. als auch durch Dr. Sch. sei normal laute Sprache des Dolmetschers ohne erkennbare Einschränkung verstanden worden. Entgegen ihrem Vorbringen sei die Klägerin durchaus in der Lage, türkisch zu sprechen und auch zu verstehen.
Gegen den am 1. Juli 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25. Juli 2014 Berufung eingelegt. Es werde bestritten, dass durch das Implantat bzw. das Hörgerät ein ausreichendes Hörverstehen vorliege. Im Übrigen sei mit dem Gutachten des Dr. V. davon auszugehen, dass eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gegeben sei, wobei die Umstellungsfähigkeit auf andere Tätigkeiten nicht gegeben sei. Die durch Dr. V. vorgenommene psychomotorische Testung habe das Bild einer schweren depressiven Störung ergeben, differenzialdiagnostisch komme auch weiterhin eine psychotische Störung in Frage, nachdem sie -wie ihre Schwester bestätigt habe - Selbstgespräche geführt und auch eine Schlange unter dem Bett gesehen habe (Ende 2011). Unter Berücksichtigung der Feststellungen des Dr. N. und des Dr. V. könne dem Gutachten des Dr. Sch. nicht gefolgt werden.
Die Klägerin beantragt
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts H. vom 24. Juni 2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. März 2011 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juli 2010 zu gewähren, "hilfsweise die Beweisanträge aufrecht zu erhalten, wie sie zusammenfassend im Schriftsatz vom 10.11.2015 und 26.08.2015 im Einzelnen formuliert sind".
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Sie weist darauf hin, dass Dr. Sch. die Klägerin an zwei Tagen mit jeweils mehrstündiger gedolmetschter Exploration ohne Anwesenheit der Angehörigen und damit muttersprachlich begutachtet habe. Hierbei habe die Klägerin angegeben, dass sie sehr gut höre. Der Dolmetscher habe angegeben, dass die Klägerin türkisch ohne wesentlichen Dialekt spreche, allerdings mit erschwerter Artikulation.
Der Senat hat ein weiteres psychiatrisch - psychotherapeutisches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Sch. eingeholt, nachdem Prof. Dr. Sch. nach Erteilung eines Gutachtensauftrags an ihn mitgeteilt hatte, dass nach seiner Ansicht nach Durchsicht der Akten die orthopädischen Leiden, auch die damit assoziierten Schmerzleiden, deutlich hinter den psychiatrischen Leiden zurück stünden. Aufgrund der wohl bestehenden Minderbegabung mit Hörminderung und weil die Klägerin der deutschen Sprache nicht mächtig sei, empfehle er eine Begutachtung durch Prof. Dr. Sch., Leiter der Sektion Gerontopsychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg.
Prof. Dr. Sch. hat in seinem Gutachten vom 13. April 2015 eine Dysthymie sowie eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert, diagnostiziert. Nach klinischer Erfahrung sei auszuschließen, dass die genannten psychiatrischen Erkrankungen vorgetäuscht worden seien, obwohl die Klägerin sowohl in ihrer Beschwerdeschilderung als auch in ihrer neurologischen Testuntersuchung deutliche Hinweise auf eine Aggravation, anders seien die deutlich unterdurchschnittlichen Testergebnisse nicht zu erklären, geboten habe. Weitergehende Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit bestünden bei der Klägerin aus den diagnostizierten psychiatrischen Erkrankungen nicht. Wie vom Vorgutachter Dr. Sch. ausgeführt, sei die Klägerin weiterhin in der Lage, den ihr möglichen beruflichen Tätigkeiten vollschichtig nachzukommen. Allerdings sollten Tätigkeiten, die mit einem besonderen Zeit- und Verantwortungsdruck einhergingen, ebenso wie eine Schichtarbeit, vermieden werden. Da bei der Klägerin degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates aktenkundig seien, kämen für sie schwere körperliche Tätigkeiten nicht in Frage.
Hiergegen hat der Bevollmächtigte der Klägerin eingewandt, die unterdurchschnittlichen Testergebnisse seien aufgrund Sprach- und Verständigungsproblemen erzielt worden. Bei der Klägerin liege keinesfalls eine Aggravation vor. Das Gutachten basiere auf einer fiktiven, vom Gutachter angenommenen, mit der Realität nicht zu vereinbarenden, Grundlage. Er beantrage deshalb eine neuropsychologische Begutachtung der Klägerin. Ferner sei die ergänzende Befragung des Prof. Dr. Sch. in der mündlichen Verhandlung, "ob er angesichts der wiederholten Feststellung schwererer depressiver Episoden mit notwendigen stationären Aufenthalte die Diagnose einer leicht ausgeprägten depressiven Symptomatik im Sinne einer Dysthymie Störung aufrecht erhält" und "ob er bei der nicht lese- und nicht schreibfähigen sowie höruntüchtigen, damit kommunikationsunfähigen Probandin mit einer Schwerbehinderung von 100 % und zusätzlichen Merkzeichen, die sehr lange aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden ist, eine Eingliederungsfähigkeit in einem Betrieb annimmt und würde begrüßen, wenn er dies bejaht, wie er dies im Einzelnen darstellt". Der Senat hat daraufhin dem Sachverständigen Prof. Dr. Sch. diese Fragestellungen übermittelt und um schriftliche Beantwortung gebeten. In seiner Stellungnahme vom 30. September 2015 hat Prof. Dr. Sch. nochmals ausgeführt, dass die ausführliche Exploration eine leicht ausgeprägte depressive Symptomatik ergeben habe, wie sie bereits vom Vorgutachter Dr. Sch. diagnostisch als dysthyme Störung vorbeschrieben worden sei. Eine darüber hinausgehende schwere depressive Symptomatik habe sich ebenso wenig wie schwere psychopathologische Symptome bestätigen lassen. Unabhängig davon habe die Aktenlage Hinweise auf zuvor durchgemachte ausgeprägtere depressive Verstimmungen, die zur Diagnose einer depressiven Störung führten, enthalten. Ausführlich sei im psychopathologischen Befund dokumentiert, dass die Klägerin nicht als kommunikationsunfähig beschrieben worden sei. Aggravationstendenzen, etwa indem die Probandin auch einfache Fragen, z.B. nach dem Alter ihrer Kinder oder nach ihren Tagesabläufen nicht habe beantworten können, seien unübersehbar gewesen. Es verbleibe daher bei der bisherigen Leistungseinschätzung. Weitere Ermittlungen seien zur abschließenden Beantwortung der Beweisfragen nicht erforderlich. Hiergegen hat der Bevollmächtigte der Klägerin Einwendungen erhoben und eine weitere Begutachtung auf hno-ärztlichem Fachgebiet, die persönliche Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. Sch. in der mündlichen Verhandlung, die Beiziehung weiterer Unterlagen des Krankenhauses M.-GmbH, und wegen der Befunde "Gonarthrose bds. sowie Fibromyalgie" eine "Begutachtung nach § 106 SGG" beantragt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die beigezogenen Akten des Versorgungsamts H. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 19. Juli 2010 ablehnende Bescheid vom 22. September 2010 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 3. März 2011.
Der streitgegenständliche Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten bei Berücksichtigung näher dargelegter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann und auch keine schwere spezifische Leistungsminderung und keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegen, sodass es auch der Benennung einer konkreten Tätigkeit nicht bedarf. Ungeachtet dessen kann die Klägerin jedenfalls noch körperliche Verrichtungen, die bei leichten einfachen Tätigkeiten gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen, verrichten. Der Senat schließt sich dem Urteil des SG nach eigener Überprüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Darlegungen des Bevollmächtigten der Klägerin im Berufungsverfahren wie auch die weitere Beweisaufnahme durch Einholung des Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. Sch. zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Beweisaufnahme hat das erstinstanzliche Beweisergebnis bestätigt. Die gutachterliche Untersuchung der Klägerin durch Prof. Dr. Sch., die um möglichen situativen Effekte zu begegnen, an zwei zeitlich versetzten Terminen durchgeführt worden ist, hat eine leicht ausgeprägte depressive Symptomatik, wie sie bereits von dem in erster Instanz gehörten Sachverständigen Dr. Sch. diagnostisch als dysthyme Störung beurteilt worden war, ergeben. Schlüssig und nachvollziehbar hat der Sachverständige beschrieben, dass aufgrund der zuvor durchgemachten ausgeprägteren depressiven Verstimmungen, die Diagnose einer depressiven Störung gestellt werden kann. Ebenso wie Dr. Sch. hat auch Prof. Dr. Sch. eine psychotische Erkrankung bzw. Hinweise hierauf nicht feststellen können. Bereits im Rahmen der stationären Behandlung im Dezember bzw. Januar 2011/2012 ist die Möglichkeit einer schizophrenen Psychose ausgeschlossen worden. Prof. Dr. Sch. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass die dysthyme Störung nicht zu einer weitergehenden Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin führt. Diese Feststellung ergibt sich - nach plausibler Darstellung des Sachverständigen - schon aus der Art der Symptomatik. Der Sachverständige hat hier darauf hingewiesen, dass zwar im Falle der Klägerin auf dem Boden der dysthymen Störung auch depressive Episoden entstanden seien, die z.B. während der stationären Behandlung in B. auch einen schweren Ausprägungsgrad erreicht hätten, allerdings sei die damit bezeichnete Symptomatik unter Behandlung gut rückläufig gewesen, sodass weder der Sachverständige Dr. Sch. noch die eigene Untersuchung ein Fortbestehen schwererer depressiver Symptome erbracht habe. Eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte körperliche Tätigkeiten ergibt sich somit nach übereinstimmender Auffassung der Sachverständigen Dr. Sch. und Prof Dr. Sch. nicht. Nach dem von beiden Sachverständigen festgestellten psychopathologischen Befunden ist die Klägerin in einem bewusstseinsklaren Zustand, hat prompt auf zahlreiche Fragen reagiert, akustische Halluzinationen verneint. Entsprechende Fragen zur Befunderhebung bzgl. schweren psychopathologischen Symptome wurden von der Klägerin spontan verneint. Die Stimmung der Klägerin ist allenfalls im Ansatz als gedrückt erschienen, die Schwingungsfähigkeit war erhalten. Antriebsstörungen sind nicht beobachtet worden, ebenso psychomotorische Defizite. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Prof. Dr. Sch. nochmals für den Senat überzeugend dargelegt, dass eine schwere depressive Erkrankung der Klägerin nicht festgestellt werden kann. Tatsächlich könnten sich depressive Episoden häufig auf eine fortbestehende dysthyme Verstimmungen "aufpfropfen" allerdings sei die bezeichnete Symptomatik unter Behandlung gut rückläufig, so dass weder der Vorgutachter Dr. Sch. noch die eigene Untersuchung ein Fortbestehen schwererer depressiver Symptomatik erbracht habe. Auch wenn als Diagnose im Bericht des Krankenhauses T. vom 21. November 2014 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 5. bis 22. November 2014 eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Störung mit Somatisierung, genannt werde, sei diese nach eigener Urteilsbildung zum Zeitpunkt der eigenen Exploration der Klägerin remittiert. Während Dr. Sch. bereits Verdeutlichungstendenzen beschrieben hat, hat Prof. Dr. Sch. anlässlich seiner Untersuchung und der neuropsychologischen Zusatzuntersuchung (Psychologe C. D. Dipl. Psych. M. K.) Aggravationstendenzen dargestellt. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin einwendet, diese Feststellungen seien unzutreffend, weil sie auf Verständigungsprobleme zurückzuführen seien, kann dies bereits aus dem psychopathologischen Befund, wie oben beschrieben, nicht nachvollzogen werden. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten und in seiner ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass die Klägerin auf Fragen (des Dolmetschers) "prompt" geantwortet habe. Verständigungsprobleme hat der Sachverständige nicht erwähnt. Bereits das SG hat unter Bezugnahme auf die Begutachtung durch Dr. Sch. ausgeführt, dass dort wesentliche Kommunikationsprobleme nicht aufgetreten seien. Die Klägerin habe zahlreiche Fragen, etwa nach akustischen Halluzinationen oder anderen schweren psychopathologischen Symptomen spontan verneint. Die Schwingungsfähigkeit sei erhalten gewesen. Der Redefluss sei auch aus Sicht des Dolmetschers nicht verändert. Fragen nach Störungen des Denkens, der Denkinhalte, der Wahrnehmung oder des Ich-Erlebens sind von der Klägerin verneint worden. Der Sachverständige hat auch Antriebsstörungen oder psychomotorische Defizite nicht beobachten können, sondern vielmehr dargelegt, dass die Klägerin ihre Beschwerden durch eine entsprechende Gestik habe unterstreichen können. Ferner haben bereits die Dolmetscher bei der Untersuchung durch Dr. N. und Dr. Sch. jeweils angegeben, dass die Klägerin ein sehr einfaches, "türkisch ohne Satzbau" spreche, dass sie aber verstanden werden könne. Die Klägerin hat gegenüber dem bei der Untersuchung durch Dr. Sch. anwesenden Dolmetscher ausdrücklich betont, dass sie sich gut verstanden gefühlt habe. Sie selbst hat angegeben, sie höre sehr gut. Weitergehende Einschränkungen wegen der Einschränkung des Hörvermögens ergeben sich daher lediglich insoweit, dass keine besonderen Anforderungen an das Hörvermögen bei einer beruflichen Tätigkeit gestellt werden können.
Nach den körperlichen Untersuchungen (Dr. N. auf orthopädischem Fachgebiet) und Dr. Sch. (körperlich – neurologische Befunderhebung) sind aufgrund der degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates zwar schwere und anhaltende mittelschwere Tätigkeiten ausgeschlossen, leichte Tätigkeiten mit Heben und Bewegen von Gegenständen bis max. 5 kg jedoch möglich.
Den vom Bevollmächtigten hilfsweise gestellten Beweisanträgen ist nicht zu folgen. Hier kann offenbleiben, ob diese zulässig sind. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin sind Ermittlungen zur abschließenden Aufklärung des Sachverhalts auf hno-ärztlichem Fachgebiet, insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens, nicht erforderlich, nachdem die oben dargelegte Beweisaufnahme, auch nach ergänzender Stellungnahme von Prof. Dr. Sch. ergeben hat, dass die Hör- und Kommunikationsfähigkeit der Klägerin erhalten und somit nachgewiesen ist. Ebenso ist eine muttersprachliche Exploration (auf nervenärztlichen Gebiet) nicht erforderlich, nachdem sowohl Dr. Sch. bereits im erstinstanzlichen Verfahren als auch zuletzt Prof. Dr. Sch. eine Verständigung mittels Dolmetscher als unproblematisch beschrieben haben (s. o.). Die ergänzende persönliche Anhörung des Prof. Dr. Sch. in einer mündlichen Verhandlung war bereits deshalb abzulehnen, weil der Bevollmächtigte der Klägerin konkrete Fragen, die an den Sachverständigen zu stellen wären, nicht beschrieben hat und die von ihm im Schriftsatz vom 26. August 2015 formulierten Fragen von dem Sachverständigen bereits mit der gutachterlichen Stellungnahme vom 30. September 2015 beantwortet worden sind (vgl. hierzu BSG, Beschluss v. 4.07.2012, B 2 U 100/12 B, Juris). Es ist für den Senat nicht ersichtlich, welche Fragen, die mündlich erörtert werden sollten, an den Sachverständigen zu richten wären, die nicht bereits schriftlich beantwortet sind. Gründe für die beantragte Beiziehung von "Unterlagen des Krankenhauses M. GmbH, T., psychiatrische Institutsambulanz" sind nicht ersichtlich. Schon unklar und auch vom Bevollmächtigten der Klägerin nicht dargelegt ist, welche Unterlagen über welche Behandlungen beigezogen werden sollen. Der Bericht des Krankenhauses T. vom 21. November 2014 ist bereits dem Sachverständigen Prof. Dr. Sch. zur ergänzenden Stellungnahme übersandt und von diesem in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 30. September 2015 ebenfalls gewürdigt worden. Soweit der Bevollmächtigte "wegen der Befunde Gonarthrose beiderseits sowie Fibromyalgie" eine "Begutachtung nach § 106 SGG" beantragt, ist darauf hinzuweisen, dass eine bloße Mitteilung etwaiger Befunde, ohne ärztliche Bestätigung, nicht ausreichend ist, um eine weitere Aufklärungspflicht nach sich zu ziehen.
Der medizinische Sachverhalt ist abschließend geklärt. Eine weitere Sachaufklärung hält der Senat nach der umfassend durchgeführten Beweisaufnahme nicht für erforderlich.
Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Äußerungen und Gutachten stellt der Senat fest, dass trotz der Erkrankungen auf psychiatrischem Gebiet und des Bewegungsapparates sowie des eingeschränkten Hörvermögens die Klägerin in der Lage ist, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung ohne besonderen Zeit- und Verantwortungsdruck, ohne Publikumsverkehr, ohne besondere Anforderungen an das Hörvermögen, sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Einschränkungen der Wegefähigkeit sind nicht ersichtlich. Die eingangs zitierten Tätigkeitsfelder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind der Klägerin somit eröffnet.
Da somit der Nachweis einer rentenberechtigenden Leistungsminderung nicht erbracht ist, hat das SG die Klage zurecht abgewiesen. Der Senat weist deshalb die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur KlaG.hebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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