L 13 AS 3165/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 5943/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3165/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 6. Juni 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch der Bescheid vom 23. Januar 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2012 abgeändert werden.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Gewährung von höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2013.

Die 1977 geborene Klägerin 1.) bewohnte seit 1. Juli 2009 mit ihrer am 16. Februar 2000 geborenen Tochter (Klägerin 4.) eine Wohnung mit 2,5 Zimmern und einer Wohnfläche von 54 m² im E.-Weg x in xxxxx K ... Die Miete in Höhe von monatlich 497 EUR (Grundmiete 330 EUR, Heiz- und Warmwasserkosten 82 EUR, Betriebskostenpauschale 85 EUR) wurde vom Beklagten als angemessen angesehen und ab Beginn des Bezugs von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) am 1. Juli 2009 als Bedarf für Unterkunft und Heizung anerkannt. Am 4. August 2010 wurde der Kläger 3.) geboren. Der Kläger 2.) wohnte seit Januar 2010 in einer separaten Wohnung im E.-Weg x in K., die der Beklagte als angemessen ansah und für die er die tatsächlich anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung übernahm.

Zum 1. Juli 2011 bezogen die Kläger 1.), 3.) und 4.) zusammen mit dem ebenfalls im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II stehenden Lebensgefährten der Klägerin und dem Vater des Klägers 3.) (Kläger 2.)) eine gemeinsame Wohnung im E.-Weg x mit einer Wohnfläche von 120 m² (5 Zimmer, Küche, Bad Dusche, 1 WC, 1 Flur, 1 Terrasse und 1 Kellerraum). Nach dem Mietvertrag vom 27. Juni 2011 betrug die Kaltmiete monatlich 920 EUR. Hinzu kamen für die Garage 30 EUR und für die Benutzung der Einbauküche 50 EUR (insgesamt 1.000 EUR). Als Nebenkosten fielen für die Müllabfuhr 16,80 EUR, für Wasser 38 EUR, für Abwasser 30 EUR, für Strom 95 EUR, für Strom im Kellerraum 18 EUR und für Gas 250 EUR an. Mit Bescheid vom 22. Juli 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern 1.), 2.) und 3.) Leistungen für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011. Die Kläger seien zum 1. Juli 2011 zusammengezogen und würden ab diesem Zeitpunkt als Bedarfsgemeinschaft gewertet. Ab 1. Juli 2011 werde die angemessene Kaltmiete in Höhe von 479 EUR bei der Berechnung berücksichtigt. Ab 1. August 2011 würden bis 31. Oktober 2011 entsprechend des Abschlagsplans der EWK die Kosten für Erdgas, Wasser und Abwasser übernommen. Für eine weitere Übernahme ab dem 1. November 2011 sei der neue Abschlagsplan vorzulegen. Als Einkommen würden bis 3. August 2011 Elterngeld sowie Kindergeld, Unterhalt und Kinderwohngeld angerechnet.

Dagegen legten die Kläger 1.) bis 3.) Widerspruch ein und brachten vor, die vom Beklagten zugrunde gelegte Kaltmietobergrenze beruhe auf einem fehlerhaften Angemessenheitskonzept und sei zu ihren Lasten unangemessen niedrig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zum 1. Mai 2009 sei seitens des Beklagten ein neues Konzept zur Feststellung der angemessenen Kaltmieten im Landkreis in Kraft gesetzt worden. Dieses Konzept spiegle die aktuellen Verhältnisse des relevanten örtlichen Mietwohnungsmarktes wider. Im Rahmen der Erstellung des neuen Konzepts seien 3.226 Datensätze, die den Ist-Bestand aus den Bereichen des SGB II, SGB XII und AsylbLG mit Stand Oktober 2008 abbildeten, ausgewertet worden. Zur Ermittlung seien die tatsächliche Kaltmiete und die Wohnungsgröße herangezogen worden. Diese Datensätze spiegelten das untere Preissegment wider und wiesen daher Wohnungen aus, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Anforderungen genügten. Als räumlicher Vergleichsmaßstab seien 7 Raumschaften gebildet worden (B. K. und Umgebung, D., H./Sch., H., K./B., M. und Umland F.). Zur Auswertung der Daten seien auf der Grundlage der nach dem Bundessozialgericht (BSG) als angemessen betrachteten Wohnungsgröße von 30-45 m² für 1-Personen-Haushalte, 45-60 m² für 2-Personen-Haushalte, 60-75 m² für 3-Personen-Haushalte etc. die tatsächlichen durchschnittlichen Miet-Quadratmeterpreise für diese Wohnungsgröße je Raumschaft ermittelt worden. So habe mit einer größtmöglichen Datenmenge eine hinreichende Datengrundlage zur Ermittlung durchschnittlicher Quadratmeterpreise im unteren Segment des Wohnungsmarktes in der jeweiligen Raumschaft erreicht werden können. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG sei für einen 4-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße zwischen 75 und 90 m² angemessen. Für den Wohnort der Kläger sei im Bereich von Wohnungen, die über eine Wohnfläche von 75 bis 90m² verfügten und im unteren Preissegment lägen, ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis in Höhe von 5,33 EUR ermittelt worden. Die angemessene Mietobergrenze liege demnach bei 479,80 EUR. Die der Leistungsberechnung zugrunde gelegte Kaltmietobergrenze beruhe damit auf einem schlüssigen Konzept zur Ermittlung einer angemessenen Kaltmiete im Sinne des § 22 SGB II.

Dagegen haben die Kläger 1.) bis 3.) am 10. November 2011 Klage beim Sozialgericht Freiburg (S 4 AS 5943/11) erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt.

Mit Änderungsbescheid vom 6. Dezember 2011 teilte der Beklagte den Klägern mit, für Dezember 2011 errechne sich eine Nachzahlung von 336 EUR aufgrund der Jahresabrechnung der Firma EWK.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern 1.) bis 3.) Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2012 und berücksichtigte dabei als Bedarfe für Unterkunft und Heizung monatlich 815,80 EUR (angemessene Kaltmiete 479,80 EUR, Heizkosten 257 EUR, Nebenkosten 79 EUR). Auch gegen diesen Bescheid legten die Kläger 1.) bis 3.) Widerspruch ein und beanstandeten die Höhe der übernommenen Unterkunftskosten. Mit Änderungsbescheid vom 23. Januar 2012 berechnete der Beklagte den Leistungsanspruch für die Zeit von 1. Februar 2012 bis 30. Juni 2012 neu und berücksichtigte die Änderung der Unterhaltszahlungen für die Klägerin 4.) zum 1. Februar 2012. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 24. Januar 2012 berücksichtigte der Beklagte für die Zeit von 1. Februar 2012 bis 30. Juni 2012, dass wegen des höheren Unterhalts für die Klägerin 4.) ein geringerer Anspruch auf Wohngeld bestand und passte die Leistungsbewilligung entsprechend an. Auch dagegen legten die Kläger 1.) bis 3.) Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2012 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2012 zurück und führte zur Begründung aus, die der Leistungsberechnung zugrunde gelegte Kaltmietobergrenze beruhe auf einem schlüssigen Konzept zur Ermittlung einer angemessenen Kaltmiete im Sinne des § 22 SGB II. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2012 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2011 erneut als unbegründet zurück und verwarf den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Januar 2012 als unzulässig. Der Bescheid vom 24. Januar 2012 habe eindeutig eine Änderung im Sinne von § 86 Abs. 1 SGG zu dem bereits angefochtenen Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2011 beinhaltet, da beide Bescheide den identischen Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2012 bzw. 1. Februar 2012 bis 30. Juni 2012 regelten. Die Einbezogenheit in das bereits laufende Widerspruchsverfahren bedeute, dass im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2011 auch der Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids vom 24. Januar 2012 ausreichend Rechnung getragen werde, so dass der Widerspruch vom 22. Februar 2012 gegen den Bescheid vom 24. Januar 2012 unzulässig sei. Der Bescheid vom 19. Dezember 2011 sei rechtmäßig. Die der Leistungsberechnung zugrunde gelegte Kaltmietobergrenze beruhe auf einem schlüssigen Konzept zur Ermittlung einer angemessenen Kaltmiete im Sinne des § 22 SGB II. Dagegen haben die Kläger 1.) bis 3.) am 20. März 2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg (S 4 AS 1413/12) erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Mit Änderungsbescheid vom 25. April 2012 gewährte der Beklagte den Klägern 1.) bis 4.) für die Zeit von 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2012 höhere Leistungen unter Berücksichtigung der in diesem Zeitraum angefallenen Müllgebühren. Mit Bescheid vom 11. Juni 2012 bewilligte der Beklagte den Klägerin 1.) bis 3.) Leistungen für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis 31. Dezember 2012 und berücksichtigte dabei in der Zeit von 1. Juli 2012 bis 31. Oktober 2012 Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 832,53 EUR und in der Zeit von 1. November 2012 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von 496,53 EUR, wobei für die Kaltmiete weiterhin jeweils 479,70 EUR angesetzt wurden. Dagegen legten die Kläger 1.) bis 4.) erneut Widerspruch ein und machten geltend, der Beklagte habe die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu übernehmen. Der vom Beklagten zugrunde gelegte, niedrigere Angemessenheitswert, fuße auf einen Angemessenheitskonzept, das den Schlüssigkeitsanforderungen des BSG nicht genüge (vgl. SG Freiburg, Urteil vom 19. September 2011 - S 18 AS 2059/10). Mit Änderungsbescheid vom 4. Oktober 2012 passte der Beklagte die Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit von 1. September 2012 bis 31. Dezember 2012 an. Ab September gelte nun für einen 4-Personen-Haushalt in der Raumschaft D. eine Kaltmiete in Höhe von 496,35 EUR als angemessen, so dass die Kaltmiete entsprechend angepasst worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom selben Tag wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Juni 2012 zurück und verwies erneut auf das schlüssige Konzept, auf dem die Leistungsberechnung beruhe. Dagegen haben die die Kläger 1.) bis 4.) am 2. November 2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg (S 4 AS 5370/12) erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Mit Änderungsbescheid vom 17. Dezember 2012 bewilligte der Beklagte für Dezember 2012 Leistungen unter Berücksichtigung der neuen Abschläge für Erdgas, Wasser und Abwasser ab dem 1. Dezember 2012. Mit Bewilligungsbescheid vom 17. Dezember 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern 1.) bis 3.) Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 30. Juni 2013 und berücksichtigte dabei Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 951,18 EUR (Kaltmiete 496,35 EUR, Heizkosten 340 EUR, Nebenkosten 114,83 EUR). Dagegen legten die Kläger 1.) bis 4.) Widerspruch ein und verwiesen auf das Urteil des SG Mainz vom 8. Juni 2012 - S 17 AS 1452/09 juris, wonach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der jetzigen Fassung mit Art. 1 I, 20 III GG jedenfalls dann nicht vereinbar sei, wenn man die Vorschrift als Rechtsgrundlage einer "Mietobergrenze" auslege, wie sie vorliegend im Streit stehe. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sei verfassungskonform nur so auszulegen, dass alle Unterkunftskosten als angemessen angesehen müssten, wenn diese nicht eklatant nach oben von den in einer bestimmten Region gängigen Unterkunftskosten abwichen. Die Aufwendungen der Unterkunft seien insgesamt für die vorliegend relevante Wohngegend absolut üblich. Hilfsweise verwiesen die Kläger 1.) bis 4.) erneut darauf, dass der vom Beklagten zu Grunde gelegte Wert auf einem unschlüssigen Angemessenheitskonzept fuße und zu ihren Lasten unangemessen niedrig sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und verwies erneut auf das seit 1. Mai 2009 bestehende und ab dem 1. September 2012 durch Fortschreibung der Mietsätze angepasste schlüssige Konzept zur Feststellung der angemessenen Kaltmieten im Landkreis.

Dagegen haben die Kläger 1.) bis 4.) am 28. Februar 2013 Klage beim SG erhoben (S 4 AS 922/13) und ihr Begehren weiterverfolgt. Mit Beschluss vom 30. Januar 2013 hat das SG die Rechtsstreitigkeiten S 4 AS 5943/11, S 4 AS 1413/12 und S 4 AS 5370/12 unter dem Aktenzeichen S 4 AS 5943/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit weiterem Beschluss vom 26. April 2013 hat das SG die Rechtsstreitigkeiten S 4 AS 5943/11 und S 4 AS 922/13 unter dem Aktenzeichen S 4 AS 5943/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Mit Urteil vom 6. Juni 2013 (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22. August 2013) hat das SG die Bescheide des Beklagten vom 22. Juli 2011 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 6. Dezember 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2011, vom 19. Dezember 2011 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 24. Januar 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2012 sowie des Änderungsbescheids vom 25. April 2012, vom 11. Juni 2012 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 4. Oktober 2012 und des Änderungsbescheids vom 17. Dezember 2012 und den Bescheid vom 17. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2013 abgeändert und den Beklagten verurteilt, den Klägern 1.), 2.) und 3.) für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2012 und den Klägern 1.) bis 4.) für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung angemessener Unterkunftskosten in Höhe von 152,90 EUR brutto Kaltmiete pro Kläger zu gewähren und die Klagen im Übrigen abgewiesen und den Beklagten verurteilt, 1/4 der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Kläger hätten einen Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten der Unterkunft und Heizung, allerdings nicht in tatsächlicher Höhe. Der Beklagte habe kein schlüssiges Konzept zur Angemessenheit der Unterkunftskosten entsprechend der vom BSG aufgestellten Grundsätze. Daher sei auf die Tabellenwerte zu § 12 WoGG zurückzugreifen. Nach der Tabelle zu § 12 WoGG und der Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung sei der Wohnort der Kläger vorliegend der Mietenstufe III zuzuordnen. Für den 4-Personen-Haushalt der vorliegenden Haushaltsgemeinschaft ergebe sich daher eine Mietobergrenze von 556 EUR monatlich. Zuzüglich des Sicherheitsaufschlags betrage die Angemessenheitsgrenze 611,60 EUR. Die von den Klägern zu entrichtende Netto-Kaltmiete überschreite diese Grenze deutlich und sei damit unangemessen. Vom Beklagten seien daher weitere Unterkunftskosten unter Berücksichtigung der für den 4-Personen-Haushalt auf 611,60 EUR gedeckelten Unterkunftskosten zu übernehmen. Für jeden Kläger ergebe sich dabei ein Betrag von 152,90 EUR.

Gegen das ihnen am 5. Juli 2013 zugestellte und mit Beschluss vom 22. August 2013 berichtigte Urteil haben die Kläger 1.) bis 4.) am 2. August 2013 Berufung eingelegt. Das erstinstanzliche Urteil stelle zutreffend fest, dass das Angemessenheitskonzept des Beklagten nicht den Schlüssigkeitsanforderungen des BSG genüge. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts komme allerdings ein Rückgriff auf die Tabellenwerte aus § 12 WoGG nicht in Betracht. Die diesbezügliche Rechtsprechung des BSG zum sog. schlüssigen Konzept sei nicht mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG, wie es im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09) näher bestimmt worden sei, vereinbar. Das SG Mainz habe im Urteil vom 6. Juni 2012 - S 17 AS 1452/09 (juris) geprüft, inwieweit die Leistungsbegrenzung, auf die der Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 SGB II nach zur Zeit überwiegend vertretener Auffassung ziele, mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Danach sei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 davon auszugehen, dass § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der jetzigen Fassung mit Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 20 Abs. 3 GG jedenfalls dann nicht vereinbar sei, wenn man die Vorschrift als Rechtsgrundlage einer Mietobergrenze auslege, wie sie vorliegend im Streit stehe. Die Vorschrift begrenze nämlich den Anspruch auf Grundsicherungsleistungen, der selbst grundrechtlich geschützt sei, ohne dass der Gesetzgeber selbst diese Begrenzung beziffere und ohne dass sich aus dem Gesetz mit hinreichender Klarheit entnehmen ließe, wie diese Begrenzung zu konkretisieren sei. Das SG Mainz zeige auf, wie § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfassungskonform auszulegen sei: dies sei nur möglich, wenn alle Unterkunftskosten als angemessen angesehen würden, die nicht eklatant nach oben von den in einer bestimmten Region gängigen Unterkunftskosten abwichen. Die Aufwendungen für die Unterkunft seien insgesamt für die vorliegend relevante Wohngegend absolut üblich. Das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 21. Juni 2013 (L 1 AS 19/13) sei noch nicht rechtskräftig, da in dieser Angelegenheit eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG anhängig sei. Zu der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des BSG vom 16. Juni 2015 haben die Kläger vorgebracht, dieser Entscheidung habe eine Wohnung in einer Ortschaft zugrunde gelegen, welche zum "Umland Freiburg", wie es vom Beklagten definiert worden sei, gehöre. Entscheidend sei indes nicht die vom Beklagten gewählte Bezeichnung, sondern vielmehr die Tatsache gewesen, dass Gemeinden, für die mangels ausreichender Einwohnerzahl (( 10.000) keine eigene Mietstufe im Sinne des Wohngeldgesetzes definiert worden sei, die aber aufgrund ihrer tatsächlichen Nähe zu maßstabsbildenden Gemeinden/Städten (für die sodann eine z.T. wesentlich höhere Mietstufe ausgewiesen sei) nicht als durch den für sie umgebenden Landkreis ausgewiesene Mietstufe hinreichend abgebildet würden und deswegen - wohl - im jeweiligen Einzelfall zu eruieren sei, welches Mitniveau dort tatsächlich vorherrsche.

Die Kläger 1.) bis 4.) beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 6. Juni 2013 (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22. August 2013) abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 22. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2011 und des Änderungsbescheids vom 6. Dezember 2011, des Bescheids vom 19. Dezember 2011 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 23. Januar 2012 und 24. Januar 2012, der Widerspruchsbescheide vom 20. Februar 2012 und vom 28. Februar 2012 sowie des Änderungsbescheids vom 25. April 2012, des Bescheids vom 11. Juni 2012 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 4. Oktober 2012, des Widerspruchsbescheids vom 4. Oktober 2012 und des Änderungsbescheids vom 17. Dezember 2012 sowie des Bescheids vom 17. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2013 zu verurteilen, den Klägern 1.) bis 3.) für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2012 und den Klägern 1.) bis 4.) für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Kaltmiete zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen und ergänzend vorgetragen, dass § 22 Abs. 1 Satz 1 seiner Auffassung nach als gesetzliche Anspruchsgrundlage den verfassungsrechtlichen Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 9. Februar 2010 beschrieben habe, genüge. Zum Urteil des BSG vom 16. Juni 2015 hat der Beklagte angemerkt, dass die Bezeichnung der Raumschaft durch den Beklagten für das angesprochene Urteil sehr wohl bezeichnend gewesen sei. Das BSG habe sich die Einteilung des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald in die verschiedenen Raumschaften im Rahmen des für unschlüssig erklärten Konzepts zu Eigen gemacht und diese als angemessene Vergleichsräume gelten lassen. K. gehöre zu der Raumschaft D ... Die Raumschaft setze sich zusammen aus den Ortschaften B., O., St., St. P., St. M. und K ... Für keinen dieser Orte sei eine gesonderte Einstufung nach dem Wohngeldgesetz vorgenommen worden, da alle Ortschaften eine Einwohnerzahl unter 10.000 hätten. Es sei daher fraglich, welcher Ort der Raumschaft hier als repräsentativ geltend solle. Des Weiteren sei auch grundsätzlich die Frage zu stellen, welche Ortschaften im Landkreis überhaupt noch der Mietstufe des Landkreises - nämlich der Mietstufe III - unterfielen, wenn nicht gerade auch Ortschaften wie diese im D., die alle eine ländliche Struktur aufwiesen. Die Heizkosten habe der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum immer in tatsächlicher Höhe übernommen, so dass diese nicht im Streit stehen dürften.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf (weitere) höhere Kosten der Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2013. Streitgegenstand sind der Bescheid vom 22. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2011 sowie des Änderungsbescheids vom 6. Dezember 2011 (Zeitraum 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011), der Bescheid vom 19. Dezember 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23. Januar 2012 und 24. Januar 2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. Februar 2012 und vom 28. Februar 2012 und des Änderungsbescheids vom 25. April 2012 (Zeitraum 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2012), der Bescheid vom 11. Juni 2012 in der Fassung des Bescheids vom 4. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Oktober 2012 und des Änderungsbescheids vom 17. Dezember 2012 (Zeitraum 1. Juli 2012 bis 31. Dezember 2012) und der Bescheid vom 17. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2013 (Zeitraum 1. Januar 2013 bis 30. Juni 2013). Der Beklagte hat dabei für die Kaltmiete jeweils einen Betrag in Höhe von 479,70 EUR bzw. ab September 2012 in Höhe von 496,35 EUR für angemessen gehalten und bei der Berechnung des Leistungsanspruchs als Bedarf angesetzt. Ungeachtet der Tatsache, dass innerhalb des Komplexes der Unterkunfts- und Heizkosten nicht eine weitere Begrenzung des Streitgegenstandes auf einzelne Elemente des Bedarfs bzw. der Angemessenheitsprüfung stattfinden kann (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 23. August 2011 - B 14 AS 91/10 R - juris), wird vorliegend faktisch nur um die Höhe der reinen Unterhaltskosten gestritten, da der Beklagte die Heizkosten in tatsächlicher Höhe, lediglich bereinigt um die Warmwasserkosten, übernommen hat. Das SG hat in den Gründen des angefochtenen Urteils vom 6. Juni 2013 (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22. August 2013) zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von den Klägern geltend gemachten Kosten der Unterkunft und Heizung dargelegt und ausgeführt, dass die Höhe der zu übernehmenden Unterkunftskosten im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2013 unter Berücksichtigung der Tabellenwerte zu § 12 WoGG, ausgehend von der Mietenstufe III, zu berechnen sei, da das vom Beklagten entwickelte Konzept nicht die vom BSG entwickelten Voraussetzungen für ein "schlüssiges Konzept" erfülle. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Kläger uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück. Ergänzend wird darauf verwiesen, dass der Zweite Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg bereits mit Urteil vom 26. März 2014 – L 2 AS 3878/11 – juris – bezogen auf den dort streitgegenständlichen Zeitraum vom 15. April 2009 bis 30. September 2009 - ausführlich und nachvollziehbar dargelegt hat, dass das vom Beklagten ab 1. Mai 2009 angewandte Konzept, welches auch noch im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils vom 6. Juni 2013 Bestand hatte, den Anforderungen des BSG nicht entspricht und - auch mit gerichtlicher Unterstützung - keine Nachbesserung mehr möglich war. Auf Grund des Ausfalls von weiteren lokalen Erkenntnismöglichkeiten für die Entwicklung eines schlüssigen Konzepts im räumlichen Vergleichsgebiet (bezogen auf die Raumschaft "Umland F" mit den Ortschaften G., G., G., H., M., M. und U.) wurde daher der Rückgriff auf die Werte der Wohngeldtabelle für zulässig gehalten. Das BSG hat diese Auffassung im Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R zwischenzeitlich bestätigt - auch im Hinblick auf die Festlegung der Raumschaft "Umland F" als örtlich maßgebenden Vergleichsraum zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete. Der Senat hat - übereinstimmend mit der vom 2. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg und dem BSG vertretenen Ansicht - keine Bedenken, dass der Beklagte in seinem Flächenlandkreis mit 1.378,33 km² und vielen Klein- und Kleinstgemeinden, in dem Mietspiegel nicht vorliegen, Gemeinden im Umkreis von 10 bis 20 km im ländlichen Raum in sog. Raumschaften zusammengefasst hat. Nachdem das BSG die Einbeziehung der Gemeinden G., G., G., H., M., M. und U. in die Raumschaft "Umland F" nicht beanstandet hat, sieht der Senat auch keinen Anlass, die Einbeziehung der in räumlicher Nähe zueinander liegenden Orte K., B., O., St. M., St. P. und St. in die benachbarte Raumschaft "D." in Frage zu stellen. Anderenfalls müsste die Frage des Zuschnitts der 7 Raumschaften insgesamt neu gestellt werden, wofür der Senat kein Anhaltspunkte hat. Da der Beklagte seinen - vom BSG beanstandeten - Ansatz zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts gleichermaßen auf alle Raumschaften angewandt hat, stellt der Senat fest, dass auch für den hier maßgebenden Vergleichsraum, die Raumschaft "D." und den streitigen Zeitraum bis 30. Juni 2013, kein schlüssiges Konzept vorlag und - wie die umfangreichen Bemühungen im Verfahren L 2 AS 3878/11 gezeigt haben und vom BSG bestätigt wurde - auch wegen Zeitablaufs nicht mehr erstellt werden kann. Damit ist im streitgegenständlichen Zeitraum auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 % zurückzugreifen (vgl. ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. Urteil vom 16. Juni 2015, a.a.O., BSG Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 87/12 R – SozR 4—4200 § 22 Nr. 73 RdNr. 25 f; BSG Urteil vom 22. 3. 2012 – B 4 AS 16/11R – SozR 4—4200 § 22 Nr. 59 RdNr. 20 ff.). Zu Recht hat sich das SG hierbei an der Mietenstufe III orientiert. Weder die Wohngemeinde K. noch die anderen Gemeinden der Raumschaft D., zu der die Ortschaften B., O., St., St. P., St. M. und K. gehören, sind einer besonderen Mietenstufe zugeordnet, da das Mietenniveau vom Statistischen Bundesamt nur für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von 10.000 und mehr gesondert festgestellt und bei einer Einwohnerzahl von weniger als 10.000 und gemeindefreien Gebieten nach Kreisen zusammengefasst ausgewiesen wird (vgl. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 WoGG). Für den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, dem die Gemeinde K. angehört, ist die Mietenstufe III ausgewiesen. Zwar hat das BSG – bezogen auf die ebenfalls im Zuständigkeitsbereich des Beklagten liegende Raumschaft "Umland F." entschieden, dass es auf die Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum der entsprechenden Raumschaft und nicht auf das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald ankomme (vgl. BSG, Urteil vom 16 Juni 2015, a.a.O.). Anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall gibt es jedoch in der vorliegenden Raumschaft "D." keine Gemeinde, die einer bestimmten Mietenstufe zugeordnet wurde und insbesondere auch keine Gemeinde, bei der – etwa wegen der Nähe zu einer größeren Stadt oder aus anderen Gründen - bezüglich des Mietenniveaus Besonderheiten erkennbar sind, die eine Abweichung von der für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald geltenden Mietenstufe III nachvollziehbar begründen könnten. Deshalb ist zur Überzeugung des Senats die für den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald geltende Mietenstufe III zugrunde zu legen.

Die Kläger haben auch unter Berücksichtigung der Argumentation in der Entscheidung des Sozialgericht Mainz vom 8. Juni 2012 - S 17 AS 1452/09, keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Der Senat folgt - wie auch schon der 1. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (vgl. Urteil vom 21. Juni 2013, L 1 AS 3518/11 ZVW, in juris; ebenso Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 22 Rdnr. 72) - der Auffassung des Sozialgerichts Mainz nicht. Die vom Sozialgericht Mainz in seiner Entscheidung vom 8. Juni 2012 geäußerte Auffassung, dass der in § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II verwendete Begriff der "Angemessenheit" den im Urteil des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 9. Februar 2010 aufgestellten Anforderungen nicht genüge, ist falsch. Das BVerfG hat in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sog. "schlüssigen Konzept" die Vorschrift des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II bereits gebilligt und ausgerechnet in dem vom Sozialgericht Mainz als Beleg für seine irrige Auffassung angeführten Urteil folgendes ausgeführt: "§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II stellt die Übernahme angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem individuellen Bedarf sicher" (BVerfG 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12 Rdnr. 148). Damit ist die Entscheidung des Sozialgericht Mainz schon im Ansatz unrichtig, wenn sie a.a.O. Rdnr. 62, 68 der Meinung ist, es fehle für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Angemessenheit" an einer hinreichenden parlamentsgesetzlichen Grundlage und der Bundesgesetzgeber stehe "demnach in der Verantwortung, das Sozialstaatsprinzip selbst durch ein Gesetz hinreichend zu konkretisieren und zu gewährleisten, dass auf die zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums erforderlichen Leistungen auch ein entsprechender Rechtsanspruch besteht". Das ist, wie das Bundesverfassungsgericht klar gestellt hat, bereits in ausreichendem Maße geschehen. Auch in seiner Entscheidung vom 27. September 2011 - 1 BvR 232/11 = info also 2012, 28 = juris Rdnr. 24 f. hat das BVerfG das schlüssige Konzept des BSG ersichtlich für geeignet erachtet, den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit auszufüllen. Diese Entscheidung scheint dem Sozialgericht Mainz nicht bekannt gewesen zu sein. Dass die vom Sozialgericht Mainz unter seiner falschen Prämisse sodann gezogenen Schlussfolgerungen unbeachtlich sind, bedarf danach keiner weiteren Ausführungen mehr.

Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft waren auch nicht nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu übernehmen. Danach sind die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Bedarf übersteigen, als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die befristete Bestandsschutzregelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II gilt grundsätzlich für Hilfeempfänger, die bei Leistungsbeginn in einer unangemessen teuren Unterkunft leben oder in den Fällen, in denen während des Leistungsbezugs eine zunächst kostenangemessene Unterkunft ohne einen Umzug unangemessen teuer wird, z.B. durch eine Mieterhöhung oder den Auszug bzw. Tod eines Haushaltsangehörigen (vgl. Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 Rdnr. 116). Im vorliegenden Fall sind die Kläger jedoch während des Leistungsbezugs von jeweils angemessenen Wohnungen in eine gemeinsame, unangemessen teure Wohnung umgezogen. Gemäß § 22 Abs. 4 SGB II soll vor Abschluss des Vertrags über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft eingeholt werden. Dies ist vorliegende nicht geschehen und die Zusicherung hätte wegen der unangemessen hohen Kosten der neuen Unterkunft auch nicht erteilt werden können. Rechtsfolge einer unterbliebenen Zusicherung ist, dass nur die angemessenen Kosten übernommen werden, d.h. die unangemessenen Kosten selbst für die Übergangsfrist von sechs Monaten nicht übernommen werden können (vgl. Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 Rdnr. 189).

Nach alldem steht den Klägern im streitgegenständlichen Zeitraum über die bereits vom SG zutreffend ermittelten angemessenen Unterkunftskosten hinaus kein höherer Anspruch zu. Da der Änderungsbescheid vom 23. Januar 2012, der den Bescheid vom 19. Dezember 2011 für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis 30. Juni 2012 abgeändert hat und der Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2012, der nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2012 und Eingang des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 24. Januar 2012 eine weitere (ergänzende) Entscheidung im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2012 getroffen hat, mit dem erstinstanzlichen Urteil nicht abgeändert wurden, war dies aus formalen Gründen im Berufungsverfahren nachzuholen.

Aus diesen Gründen war die Berufung der Kläger im Wesentlichen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Kläger zwar in der ersten Instanz teilweise obsiegt haben, jedoch im Berufungsverfahren mit der Rechtsverfolgung ganz überwiegend ohne Erfolg geblieben sind. Da sich die aus formalen Gründen ausgesprochene (zusätzliche) Abänderung des Bescheids vom 23. Januar 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2012 materiell-rechtlich nicht zu Gunsten der Kläger auswirkt, ist eine Kostenübernahme durch den Beklagten im Berufungsverfahren auch aus diesem Grund nicht angezeigt.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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