L 8 SB 4752/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SB 576/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4752/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) streitig.

Der 1966 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er hält sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf (Niederlassungserlaubnis der Landeshauptstadt S. vom 23.03.1994). Ein Antrag des Klägers auf Feststellung des GdB vom 27.03.2008 blieb erfolglos, da die geltend gemachten Gesundheitsstörungen keinen GdB von wenigstens 20 bedingten (Bescheid vom 29.04.2008; Widerspruchsbescheid vom 11.07.2008).

Am 17.09.2012 stellte der Kläger beim Landratsamt B. - Versorgungsamt in Stuttgart - (LRA) einen weiteren Antrag auf Feststellung des GdB. Das LRA holte die Befundbeschreibung des Arztes für Allgemeinmedizin Schmitt vom 26.06.2012 ein und nahm weitere medizinische Befundunterlagen zu den Akten (Befundberichte der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie A. vom 01.03.2007 und 18.11.2010, Diagnosen: Depression und Adipositas; Bericht R.-B.-Krankenhaus vom 02.02.2012, Diagnosen: Koronare Herzerkrankung, periinterventionelle Troponin-Erhöhung, Hypokaliämie, Hypercholesterinämie, Adipositas permagna, Schlafapnoesyndrom, Depression, Zustand nach Thoraxtrauma mit offener Fraktur, Mediastinaleinblutung 2008, Allergien auf Äpfel, Nüsse, Tomaten und Zienam; Bericht R.-M.-Kliniken vom 01.03.2012, Diagnosen u.a.: Koronare 1-Gefäßerkrankung - Rekanalisation eines. Calik vom 10.07.2012). In der gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 14.11.2012 schlug Dr. U. den GdB mit 20 vor. Daraufhin stellte das LRA mit Bescheid vom 06.02.2013 beim Kläger den GdB mit 20 seit dem 17.09.2012 fest.

Hiergegen legte der Kläger am 07.03.2013 Widerspruch ein und stellte außerdem am 29.07.2013 einen weiteren Antrag auf Feststellung des GdB. Das LRA zog den ärztlichen Entlassungsbericht der M. Klinik B. N. vom 26.07.2013 (Diagnosen: Mittelgradige depressive Episode, psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol gegenwärtig abstinent, pathologische Spielsucht gegenwärtig abstinent, 1-Gefäß-KHK, Zustand nach Vorderwandinfarkt), den Bericht der Fachärztin T. vom 26.08.2013 (Diagnosen: COPD, mit nächtlicher Überdruckbeatmung behandeltes Schlafapnoe-Syndrom) und den Bericht von Dr. W. vom 31.10.2013 (Diagnosen: Rezidivierende depressive Störung, pathologisches Glücksspiel und Alkoholgebrauch) bei. In der gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 21.11.2013 wurde von Dr. M.-T. wegen einer chronischen Bronchitis und Schlafapnoe-Syndrom (GdB 20), einer koronaren Herzkrankheit, abgelaufenem Herzinfarkt, Bluthochdruck und Stentimplantation (GdB 20), einer seelischen Störung (GdB 20) sowie einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, einem knöchernen Defekt am Brustkorb und einem chronischen Schmerzsyndrom (GdB 10) der GdB mit 40 vorgeschlagen. Mit Teil-Abhilfebescheid vom 04.12.2013 stellte das LRA beim Kläger daraufhin den GdB mit 40 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit dem 17.09.2012 fest. Im Übrigen wurde der Widerspruch vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2014 zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 30.01.2014 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er machte geltend, aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes (psychische Beschwerden, Herzprobleme - Stent -, Kniebeschwerden, Asthma etc.) betrage der GdB mindestens 60. Weiter wies der Kläger auf eine Klage gegen die Deutsche Rentenversicherung wegen der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hin.

Das SG hörte vom Kläger benannte Ärzte - unter Übersendung der gutachtlichen Stellungnahme von Dr. M.-T. vom 21.11.2013 - schriftlich als sachverständige Zeugen an. Die Internistin und Fachärztin für Lungen und Bronchialheilkunde T. teilte in ihrer Aussage vom 02.04.2014 unter Vorlage von Untersuchungsbefunden mit, sie teile die Ansicht des ärztlichen Dienstes des Beklagten. Es liege ein leichtes Asthma und ein schwergradiges obstruktives Schlafapnoe-Syndrom vor. Der Kardiologe Dr. C. teilte in seiner Aussage vom 03.04.2014 unter Vorlage von Befundberichten mit, nach einer RIVA-PTCA 2012 sei eine deutliche Besserung der Beschwerden eingetreten. Seitdem bestünden rezidivierendes Herzrasen, ab und zu linksthorakale Schmerzen ohne wesentliche Veränderungen. Dr. C. teilte die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. H. teilte in seiner Aussage vom 27.04.2014 unter Vorlage von Befundberichten die Diagnosen und erhobenen Befunde mit. Er stimmte wegen neuer Gesundheitsstörungen (Karpaltunnelsyndrom, beginnende Cox- und Gonarthrose) der Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes nicht zu. Hinsichtlich einer Wirbelsäulenerkrankung seien die Gesundheitsstörungen als gering einzustufen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. teilte in seiner Stellungnahme vom 02.05.2014 den Behandlungsverlauf und die Befunde mit. Er schätzte auf seinem Fachgebiet den GdB auf 40 bis 50 ein.

Der Beklagte trat unter Vorlage der Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 08.10.2014 der Klage entgegen.

Anschließend holte das SG (von Amts wegen) das nervenärztliche Gutachten des Dr. P. vom 13.01.2015 ein. Dr. P. diagnostizierte in seinem Gutachten eine depressive Anpassungsstörung bei narzisstischer Kränkung, eine Selbstwertproblematik und bewusstseinsnaher Begehrenshaltung sowie Verhaltensstörungen bei chronischer Spielleidenschaft (GdB 20) sowie ein Carpaltunnelsyndrom (GdB unter 10). Unter Berücksichtigung der fachfremd berücksichtigten Gesundheitsstörungen schätzte Dr. P. den Gesamt-GdB auf 40 ein. Nach Zugang von Blutspiegelbestimmungen teilte Dr. P. ergänzend zu seinem Gutachten unter dem 19.01.2015 mit, angeblich eingenommene Medikation (Trimipramin und Quetiapin) werde nachweislich nicht eingenommen.

Gegen die Mitteilung des SG einer beabsichtigten Entscheidung des Rechtsstreites durch Gerichtsbescheid (richterliche Verfügung vom 13.03.2015) erhob der Kläger (durch seine Ehefrau) Einwendungen (Schriftsatz vom 24.03.2015).

Mit Gerichtsbescheid vom 27.10.2015 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die beim Kläger im Zeitraum seit der Antragstellung am 17.09.2012 vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen bedingten keinen GdB von mehr als 40. Die auf psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen seien mit einem GdB von 20 angemessen bewertet. Das Karpaltunnelsyndrom bedinge einen GdB von unter 10. Das Asthma und Schlafapnoe-Syndrom sowie die koronare Herzerkrankung seien nach den schriftlich als sachverständige Zeugen gehörten Ärzten vom Beklagten angemessen bewertet. Hinsichtlich des Wirbelsäulensyndroms sei der festgesetzte GdB von 10 nicht zu beanstanden. Im Rahmen einer integrierenden Betrachtung ergäbe sich ein Gesamt-GdB von 40.

Gegen den dem Kläger am 28.10.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich seine am 13.11.2015 beim SG eingelegte Berufung, die dem Landessozialgericht Baden-Württemberg vorgelegt worden ist. Der Kläger hat sich zur Begründung auf seinen bisherigen Vortrag bezogen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Oktober 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 6. Februar 2013 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 4. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2014 zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit mindestens 60 seit dem 17. September 2012 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Das SG habe den vorliegenden medizinischen Sachverhalt zutreffend gewürdigt. Sachargumente, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigten, seien der Berufungsschrift nicht zu entnehmen.

Mit richterlichem Hinweisschreiben vom 09.02.2016 ist der Kläger auf sein Antragsrecht nach § 109 SGG und darauf hingewiesen worden, dass seine Berufung nicht aussichtsreich erscheint. Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, dass er seine Berufung nicht zurücknimmt und keine Begutachtung gewünscht werde.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers und des Beklagten im Termin entscheiden können, denn die ordnungsgemäß geladenen Beteiligten waren mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Absatz 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Senat hat den Berufungsantrag nach dem erkennbaren Begehren des Klägers sachdienlich gefasst.

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide des Beklagten vom 06.02.2013 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheids vom 04.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2014 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Feststellung des GdB mit mindestens 60 seit dem 17.09.2012 nicht zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)

Eine vom Beklagten auf psychiatrischem Gebiet mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigte seelische Störung des Klägers ist nicht zu niedrig bewertet. Ein Einzel-GdB von über 20 kann für die seelische Störung des Klägers nicht festgestellt werden. Nach den VG Teil B 3.7 ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.

Nach dem Gutachten des Dr. P. bestehen beim Kläger weder schwere noch stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Bewertungen von Dr. P. stehen beim Kläger Identitätsverluste im Rahmen einer erfolgten Kündigung durch den Arbeitgeber im Jahr 2009 im Vordergrund. Schwerwiegende Antriebshemmungen bestehen jedoch nicht. Der Kläger kann seiner Alltagsgestaltung wie gewohnt weiterhin nachgehen. Nach den von Dr. P. hierzu beschriebenen Angaben des Klägers steht der Kläger um 9:00 Uhr auf. Nach dem Frühstück verlässt er das Haus und besucht Gaststätten. Dort trifft er Landsleute. Er hält sich tagsüber bis in die Nacht außer Haus auf und kehrt erst zwischen 1:00 Uhr und 2:00 Uhr zurück. In den vom Kläger aufgesuchten Gaststätten spielt er Karten um Geld. Je nach Gewinn und Verlust nimmt der Kläger Kredite von anderen Anwesenden auf bzw. bezahlt diesen die Kredite zurück. Weiter befand sich der Kläger nach seinen Angaben kurz vor der Begutachtung durch Dr. P. mit seinem Sohn in der Osttürkei am Heimatort. Die vom Kläger mit subdepressiver Emotion geschilderte Lebenssituation ist nach der Bewertung von Dr. P. auch im Rahmen der Gegebenheiten durchaus nachvollziehbar und als reaktiv "normal" zu interpretieren. Trotz subjektiver Beeinträchtigungen und Behinderungen ist der Kläger in der Lage, seine Rechtsgeschäfte offensichtlich "freihändig" ohne Unterstützung wahrzunehmen. Nach dem Gutachten von Dr. P. besteht beim Kläger in wesentlichen Teilen eines sehr bewusstseinsnahe zweckgerichtete Ausgestaltung. Der Kläger ist nach den Ausführungen von Dr. P. anlässlich der Untersuchung recht ich-stark zur Durchsetzung seiner eigenen und vermeintlichen Interessen aufgetreten und war immer auf Augenhöhe des Geschehens. Nach dem von Dr. P. beschriebenen psychischen Befund ist der Kläger wach, klar und orientiert in allen Qualitäten. Ein florider Wahn oder Halluzinationen bestehen nicht. Zwar ist die Stimmung subdepressiv, in Teilen etwas dysphorisch, dann auch wieder fatalistisch, jedoch durchaus in Teilen schwingungsfähig, themenadäquat, auch Lächeln und leises Lachen sind möglich. Die Aufmerksamkeit, Konzentration, Einstellung und Umstellung sind ungestört. Im Antrieb bestehen keine erheblichen Einschränkungen. Das Vorbringen des Klägers war in Teilen sehr bewusstseinsnahe und tendenziös mit der Neigung zur Entwertung anderer. Eigenes Fehlverhalten wird vom Kläger externalisiert. Auch wenn unterstellt wird, dass beim Kläger tatsächlich eine Spielsuchtproblematik vorliegt, fehlt dem Kläger nach der Bewertung von Dr. P. die Bereitschaft und Motivation, auch unter Verzicht von dementsprechender "Lebensfreude", daran etwas zu ändern. Weiter führte der Kläger eine weitergehende Psychotherapie nicht durch. Insbesondere nimmt der Kläger nach dem bei der Untersuchung durch Dr. P. vorgelegten Plan zur Medikation verordnete Psychopharmaka (Trimipramin und Quetiapin) nach der durchgeführten Blutuntersuchung nachweislich nicht ein, wie Dr. P. in seiner Gutachtensergänzung vom 19.01.2015 mitgeteilt hat. Dieses Verhalten des Klägers spricht gegen einen Leidensdruck wegen der seelischen Störungen. Mit Dr. P., dem der Senat folgt, ist danach festzustellen, dass beim Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet lediglich leichtere psychische Einschränkungen (Störungen) vorliegen, die keinen höheren Einzel-GdB als 20 rechtfertigen - wobei der Senat bereits eine pathologische psychische Störung als zweifelhaft erachtet, da Dr. P. ein Beschwerdeschilderung des Klägers mit in wesentlichen Teilen bewusstseinsnaher zweckgerichteter Ausgestaltung ohne Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfreiheit beschreibt -. Dieser Einzel-GdB wird durch den von Dr. W. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 02.05.2014 genannten schädlichen Alkoholkonsum des Klägers nicht weiter erhöht. Eine Abhängigkeitserkrankung haben die schriftlich als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte und Dr. P. nicht diagnostiziert (Dr. W. pathologischer/schädlicher Alkoholgebrauch) und ist auch sonst nicht ersichtlich. Nach den VG Teil B 3.8 bedingt der schädliche Gebrauch psychotroper Substanzen ohne körperliche oder psychische Schädigung keinen GdB. Bei schädlichem Gebrauch von psychotropen Substanzen mit leichteren psychischen Störungen beträgt der GdB 0 bis 20. Dass beim Kläger wegen des schädlichen Alkoholgebrauchs Beeinträchtigungen vorliegen, die es rechtfertigen, den Einzel-GdB von 20 - auf psychiatrischem Fachgebiet - zu erhöhen, ist nicht ersichtlich und kann damit nicht festgestellt werden. Entsprechendes gilt wegen sonstiger Organschäden durch Alkoholkonsum.

Der abweichenden Bewertung durch Dr. W. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 02.05.2014, der von einem GdB von 40 bis 50 ausgeht, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Seine Beschreibung des psychischen Befundes stimmt im Wesentlichen mit dem von Dr. P. im Gutachten beschriebenen psychischen Befund überein. Dass beim Kläger ein schädlicher Alkoholgebrauch vorliegt, wovon Dr. Winkler ausgeht, ist für den Senat nicht belegt. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 26.07.2013 wird zwar u.a. eine Verhaltensstörung durch Alkohol diagnostiziert, derzeit jedoch abstinent. Dr. C. und Dr. P. haben die Diagnose einer schädlichen Alkoholgebrauchs nicht gestellt. Auch unter Berücksichtigung eines pathologischen Glücksspieles des Klägers, rechtfertigt sich der von Dr. W. angenommene GdB von 40 bis 50 nicht, wie sich aus dem Gutachten des Dr. P. und dem oben Ausgeführten ergibt. Zudem wären bei einem GdB von 40 bis 50 intensivere Behandlungsintentionen erfolgt, worauf Dr. P. in seinem Gutachten überzeugend hinweist. Auch sonst zeigt Dr. W. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage keinen Gesichtspunkt auf, der seine Bewertung des GdB plausibel macht. Eine höhere Bewertung des Einzel-GdB für die seelische Störung des Klägers lässt sich auch dem Schriftsatz vom 24.03.2015 nicht entnehmen. Das darin geschilderte aggressive Verhalten des Klägers, unter der die Familie leide, zeigt keinen neuen Gesichtspunkt auf, der einen höheren Einzel-GdB rechtfertigt oder weswegen sich der Senat gedrängt fühlen müsste, hierzu den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären. Ein aggressives, aufbrausendes Verhalten des Klägers, unter dem seine Familie zu leiden habe, hat Dr. P. in seinem Gutachten (Seite 21) vielmehr berücksichtigt.

Der Kläger leidet auf neurologischem Fachgebiet nach dem von Dr. P. in seinem Gutachten dargestellten Untersuchungsbefund ferner unter einem - vom Beklagten nicht berücksichtigten - Carpaltunnelsyndrom (rechts bei normaler Überleitungszeit des Nervus medialis links). Nach dem Gutachten von Dr. P. gibt der Kläger lediglich das Bestehen diffuser Hypästhesien der linken unteren und oberen Extremitäten an, die jedoch nicht reproduzierbar und bei wiederholter Prüfung dann auch wieder unauffällig sind. Konkrete Beschwerden wegen des Carpaltunnelsyndroms hat der Kläger nach der von Dr. P. in seinem Gutachten beschriebenen Beschwerdeschilderung nicht geäußert. Nach dem von Dr. H. seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 24.04.2014 beigefügten Befundbericht des Dr. R. vom 20.11.2013 besteht beim Kläger ein sensomotorisches Carpaltunnelsyndrom rechts mehr als links, das Dr. R. als Ursache vom Kläger beklagter geschwollener und tauber Hände morgens nach dem Aufwachen bewertet. Nach den VG Teil B 18.13 ist bei einem vollständigen Nervenausfall des Nervus medianus proximal ein Teil-GdB von 40 und distal ein Teil-GdB von 30 vorgesehen. Teilausfälle der genannten Nerven sind entsprechend geringer zu bewerten. Da vorliegend - reproduzierbare - Beeinträchtigungen nach dem Gutachten des Dr. P. nicht festzustellen sind, und zudem nur morgens nach dem Aufwachen temporär Beschwerden vorhanden sind, ist allenfalls die Annahme eines Teil-GdB von 10 für das Carpaltunnelsyndrom gerechtfertigt. Hiervon geht auch Dr. P. in seinem Gutachten aus.

Die Gesundheitsstörungen der Atemwege und der Lungen des Klägers ist mit dem vom Beklagten berücksichtigten Einzel-GdB von 20 ausreichend bemessen. Ein Einzel-GdB von über 20 kann nicht festgestellt werden. Beim Kläger besteht ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, das seit 2008 mit nächtlicher Überdruckbeatmung behandelt wird (Befundbericht der Fachärztin Tansek vom 26.08.2013). Nach den VG Teil B 8.7 beträgt bei einem Schlafapnoe-Syndrom mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung, wie dies beim Kläger belegt ist, der Teil-GdB 20. Eine Erhöhung dieses Teil-GdB wegen einer chronischen Bronchitis/Lungenfunktionsstörung ist nicht gerechtfertigt. Eine chronische Bronchitis schwerer Form (vgl. VG Teil B 8.2) oder eine bedeutsame Einschränkung der Lungenfunktion (vgl. VG Teil B 8.3), die die Erhöhung des Teil-GdB von 20 rechtfertigen, sind nicht belegt. So besteht beim Kläger eine normale basale Sauerstoffsättigung (Bericht der Fachärztin T. vom 26.08.2013). Weiter ist der Kläger nach den von Dr. P. im Gutachten vom 13.01.2015 beschriebenen Angaben (starker) Raucher (zwei Schachteln Zigaretten pro Tag). Bereits dieser Umstand spricht zur Überzeugung des Senats dagegen, dass beim Kläger hinsichtlich der Atemwege und der Lunge eine bedeutsame Funktionsbeeinträchtigung vorliegt. Dem entspricht auch die schriftliche sachverständige Zeugenaussage der Fachärztin T. vom 02.04.2014, die die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten hinsichtlich des berücksichtigten Einzel-GdB von 20 - in Kenntnis der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M.-T. vom 21.11.2013 - geteilt hat.

Die mit einem Einzel-GdB von 20 vom Beklagten berücksichtigte Herzerkrankung des Klägers mit Stentimplantation, abgelaufenem Herzinfarkt und Bluthochdruck ist nicht zu Lasten des Klägers zu niedrig bewertet. Nach den VG Teil B 9 ist für die Bemessung des GdB bei Herz- und Kreislauferkrankungen weniger die Art der Krankheit als die Leistungseinbuße maßgeblich. Dies gilt nach Teil B 9.1.2 auch nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen; auch hier ist der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei der Beurteilung des GdB ist vom klinischen Bild und von den Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten ergänzen das klinische Bild. Nach Nr. 9.1.1 Teil B VG bedingt eine Einschränkung der Herzleistung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, wie z.B. ohne Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, selbst bei gewohnter stärkerer Belastung, ohne Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung einen GdB von 0 bis 10. Eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung mit 75 Watt über wenigstens zwei Minuten rechtfertigt einen GdB von 20 bis 40. Die Implantation eines Herzschrittmachers führt nach Nr. 9.1.6 Teil B VG zu einem GdB von 10. Bei Rhythmusstörungen richtet sich die Beurteilung des GdB vor allem nach der Leistungsbeeinträchtigung des Herzens. Bei anfallsweise auftretenden hämodynamisch relevanten Rhythmusstörungen (z. B. paroxysmale Tachykardien) ist die nach Häufigkeit, Dauer und subjektiver Beeinträchtigung bei fehlender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens ein GdB von 10 bis 30 gerechtfertigt. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. C. vom 03.04.2014 sowie den von Dr. Calik beigefügten Befundunterlagen besteht beim Kläger eine chronische Herzinsuffizienz nach Vorderwandinfarkt. Eine am 28.02.2012 durchgeführte RIVA-PTCA führte zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden des Klägers bei noch bestehenden rezidivierenden Herzrasen und ab und zu linksthorakalen Schmerzen ohne wesentliche Veränderungen. Den Kläger subjektiv beeinträchtigende hämodynamisch relevante Rhythmusstörungen beschreibt Dr. C. nicht. Nach dem Befundbericht des Dr. C. vom 24.10.2013 ist der Kläger bis 75 Watt belastbar. Der Abbruch erfolgte wegen peripherer Erschöpfung. Thorakale Beschwerden, relevante Streckenveränderungen oder Rhythmusstörungen bestanden während und nach der Belastung nicht. Weiter besteht nach dem Befundbericht eine gute globale systolische LV-Funktion bei regionalen Wandbewegungsstörungen. Damit ist beim Kläger das Vorliegen einer Herzerkrankung mit einer Leistungsbeeinträchtigung und Rhythmusstörungen, die einen Einzel-GdB von über 20 rechtfertigen, nicht festzustellen. Eine Hypertonie (Bluthochdruck), der die Feststellung eines höheren Einzel-GdB als 20 rechtfertigt, liegt beim Kläger nicht vor. Eine Hypertonie führt nach dem VG Teil B 9.3 in leichter Form zu einem GdB von 0 bis 10. Eine leichte Form ist anzunehmen, wenn keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei einer mittelschweren Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I-II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung ist ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Eine Hypertonie, die danach einen Teil-GdB von wenigstens 10 rechtfertigt, kann nicht festgestellt werden. Vielmehr liegen die aktenkundigen Blutdruckwerte durchweg im Normalbereich (zwischen RR 125/80 mmHg - Befundbericht Dr. C. vom 23.01.2014 - und RR 130/80 mmHg - Befundbericht Dr. C. vom 24.10.2013 -). Dem entspricht auch die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Dr. C. vom 03.04.2014, der hinsichtlich der Herzerkrankung und Bluthochdruck den vom Beklagten berücksichtigten Einzel-GdB von 20 - in Kenntnis der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M.-T. vom 21.11.2013 - bestätigt hat.

Auf orthopädischem Gebiet hat der Beklagte für eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule beim Kläger den Einzel-GdB mit 10 ausreichend bewertet. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. H. vom 27.04.2014 und den von ihm vorgelegten Befundunterlagen ist festzustellen, dass beim Kläger hinsichtlich der Wirbelsäule nur als gering einzustufende Gesundheitsstörungen vorliegen. Mittelgradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10 gerechtfertigt. Insoweit hat Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage der Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes - in Kenntnis der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M.-T. vom 21.11.2013 - auch nicht widersprochen. Sonstige Funktionsbehinderungen mit einem Einzel-GdB von wenigstens 10 liegen beim Kläger auf orthopädischem Gebiet nicht vor. Soweit Dr. Hammer in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 27.04.2014 eine beginnende Cox- und Gonarthrose als nicht berücksichtigt bemängelt, lässt sich seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage nicht entnehmen, dass beim Kläger deswegen Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die zusätzlich mit einem Teil-GdB von wenigstens 10 zu berücksichtigen sind. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. H. besteht eine beginnende Gonarthrose rechts. Diese führt jedoch hinsichtlich des rechten Kniegelenkes nach seiner Befundbeschreibung bei einem Patellaverschiebeschmerz zu keiner Einschränkung der Beweglichkeit. Vielmehr beschreibt Dr. H. die Beweglichkeit als frei. Auch einen Erguss oder eine Bandinstabilität liegt beim Kläger nicht vor. Entsprechendes gilt hinsichtlich einer beginnenden Coxarthrose des rechten Hüftgelenkes mit lediglich endgradiger Bewegungseinschränkung. Schäden der unteren Gliedmaßen, die nach den VG Teil B 18.14 einen Teil-GdB von wenigstens 10 rechtfertigen, sind damit nach den von Dr. H. beschriebenen Befunden wie auch den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht festzustellen. Allein mit Bild gebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) rechtfertigen nach den VG Teil B 18.1 noch nicht die Annahme eines GdB.

Sonstige Gesundheitsstörungen des Klägers, die nach den VG mit einem Einzel-GdB von wenigstens 10 zu berücksichtigen sind, liegen nicht vor. Dass eine periinterventionelle Troponin-Erhöhung, eine Hypokaliämie, eine Hypercholesterinämie und die Allergien eine Funktionsbeeinträchtigung von wenigstens 10 bedingen, ist nicht ersichtlich. Die Adipositas bedingt nach den VG allein keinen GdB (vgl. VG Teil B 15.3).

Hiervon ausgehend beträgt der beim Kläger festzustellende Gesamt-GdB 40. Ein Gesamt-GdB von 60, wie der Kläger mindestens anstrebt, liegt nicht vor. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.

Hiervon ausgehend ist bei einem Einzel-GdB von jeweils 20 für Gesundheitsstörung der Atemwege und der Lunge, für die Herzerkrankung/Bluthochdruck und für die seelische Störung der Gesamt-GdB mit 40 zu bilden. Die mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 zu bewertende Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und des Karpaltunnelsyndroms erhöhen den Gesamt-GdB von 40 nicht. Zudem besteht beim Kläger keine schwerwiegende Behinderung, die mit einem Teil-GdB von 30 oder mehr zu bewerten ist. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 211/13, Juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de und Urteile vom 25.03.2011 - L 8 SB 4762/08 - und 05.03.2010 - L 8 SB 5038/08 -, m.w.N., unveröffentlicht) ist grundsätzlich nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies beim Kläger zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der Senat sieht sich deswegen auch nicht gedrängt, die im Rechtsstreit des Klägers gegen die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg wegen der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung angefallenen Akten beizuziehen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, sind nach Anhörung der den Kläger behandelnden Ärzte nicht ersichtlich und hat der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht aufgezeigt. Insbesondere hat der Kläger auf das richterliche Schreiben im Berufungsverfahren vom 09.02.2016 keine im Rentenverfahren ärztlich nachgewiesenen weiteren oder umfassenderen funktionelle Einschränkungen aufgezeigt, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt sehen müsste. Vielmehr hat der Kläger lediglich erklärt, seine Klage nicht zurückzunehmen, ohne die Beiziehung weiterer Akten zumindest sinngemäß anzuregen. Dass der Kläger zu entsprechendem Vortrag oder einer solchen Anregung nach seinen persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage ist, kann im Hinblick auf die von Dr. P. in seinem Gutachten wiedergegebene Ich-Stärke des Klägers zur Durchsetzung eigener Interessen und der beschriebenen persönlichen Fähigkeiten des Klägers, wonach er in der Lage ist, seine Rechtsgeschäfte "freihändig" ohne Unterstützung wahrzunehmen, nicht angenommen werden.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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