Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 VE 1068/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VE 294/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die vollständige Bewilligung bzw. Auszahlung von Entschädigungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens und um die Leistung eines Vorschusses.
Der 1940 geborene Kläger wurde am 30. Juli 1996 im Rahmen seiner kaufmännischen Tätigkeit Opfer einer Straftat. Er wurde von einem Geschäftspartner niedergeschossen und erlitt hierbei schwere Verletzungen. Gegen den Täter verhängte die Schwurgerichtskammer des Landegerichts Bautzen mit Urteil vom 25. April 1997 wegen versuchten Mordes eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten (1 Ks 260J 1003/96).
Der Kläger stellte am 10. September 1996 einen Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Zunächst mit Vorbehaltsbescheid vom 26. November 1997 und sodann mit Bescheid vom 27. November 1998 erkannte die Versorgungsverwaltung des - früher für die Ausführung des OEG zuständigen - Freistaats Sachsen durch das ehemalige Amt für Familie und Soziales Chemnitz als Folge einer Schädigung nach dem OEG an: "Versteifung beider Schultergelenke und linkes Ellenbogengelenk, Bewegungseinschränkung rechtes Ellenbogengelenk und beider Handgelenke und der Fingergelenke, Schädigung des Nervus ulnaris links. Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke, Kraftminderung der Arme und Beine, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Thorax¬starre mit Lungenfunktionsbeeinträchtigung, Verhärtung und Atrophie der Haut am oberen Brustkorb. Multiple Narben an Hals, Brust, Rücken und Armen". Dem Kläger wurde eine Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v.H. ab Juli 1996 gewährt. Zudem wurden eine Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe V ab Juli 1996 und ab März 1997 Pflegezulage Stufe I, Ausgleichsrente (halb), Kinderzuschlag sowie ab Juli 1997 Ehegattenzuschlag bewilligt. Mit weiteren Bescheiden vom 22. Februar 1999 und 15. Dezember 1999 wurde der Versorgungsanspruch des Klägers wegen einer Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) neu festgestellt. Den Widerspruch des Klägers gegen den Bewilligungsbescheid vom 27. November 1998 und die späteren Änderungsbescheide wies der Freistaat Sachsen mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2000 zurück.
Mit Bescheid vom 2. November 2000 erkannte die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) den Anschlag vom 30. Juli 1996 - auch - als Arbeitsunfall an. Sie gewährte zunächst Verletztengeld bis zum 26. Januar 1998 (78 Wochen). Mit Bescheid vom 1. Dezember 2000 bewilligte sie fernerhin Pflegegeld. Mit weiterem Bescheid vom 3. April 2001 schließlich gewährte die BGN dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 100 v.H. ab 27. Januar 1998 bis auf weiteres.
Der Freistaat Sachsen erfuhr erst Anfang 2001 von den Bescheiden der BGN. Daraufhin rechnete er die von der BGN gezahlte Verletztenrente auf die Versorgungsbezüge an (mit Bescheid vom 12. April 2001 für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Mai 2001 und mit Bescheid vom 8. Mai 2001 ab Juni 2001) und änderte den Bescheid vom 27. November 1998 und alle Folgebescheide insoweit ab. Dieser Bescheid ist bestandskräftig.
Nachdem die BGN die aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehenden Leistungen mit Bescheid vom 15. November 2001 für die Zeit ab 30. Juli 1996 der Höhe nach neu und endgültig berechnet hatte, erließ der Freistaat Sachsen den Bescheid vom 26. November 2001, mit dem einerseits die nunmehr festgestellte höhere Verletztenrente auf die Versorgungsbezüge nach dem BVG angerechnet wurde und andererseits die Ansprüche des Klägers nach dem BVG wegen Änderung dieses Gesetzes für die Zeit ab Juli 2001 neu festgestellt wurden. Für die Vergangenheit errechnete sich eine Überzahlung in Höhe von DM 33.890,00. Für die Zeit ab Februar 2002 ergab sich kein Auszahlungsbetrag nach dem OEG mehr. Wegen der Anrechnung der Verletztenrente auf die Versorgungsbezüge generell verwies der Freistaat Sachsen unter anderem auf § 65 BVG. Die Überzahlung werde nicht von dem Kläger zurückgefordert, vielmehr sei die BGN zur Erstattung verpflichtet.
Der Kläger hatte gegen die Bescheide des Freistaats Sachsen vom 27. November 1998 (Widerspruchsbescheid vom 14. März 2000) wegen der Höhe der Pflegezulage und - unter anderem - vom 26. November 2001 (unter anderem wegen der Anrechnung der Verletztenrente auf die Versorgungsbezüge) Klagen beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben. Dieses hatte die Verfahren verbunden (S 6 VG 2246/00) und die Klagen mit Urteil vom 12. Dezember 2003 abgewiesen. In dem dagegen gerichteten Berufungsverfahren beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 8 VG 1018/04) hatte der Kläger dagegen teilweise Erfolg. Mit Urteil vom 13. Mai 2005 verurteilte das LSG den Freistaat Sachsen unter Abänderung der Bescheide vom 27. November 1998 (und der beiden Folgebescheide) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2000 dazu, dem Kläger ab 1. März 1997 Pflegezulage nach Stufe II zu gewähren. Im Übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Zu dem Bescheid vom 26. November 2001 führte das LSG aus, das Ruhen der Versorgungsbezüge sei zu Recht festgestellt worden. Der Anspruch auf Versorgungsbezüge ruhe nach § 65 Abs. 1 BVG in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn beide Ansprüche auf derselben Ursache beruhten. Diese Ruhensvorschrift sei verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber habe vor der Wahl gestanden, Personen, die durch eine mit Strafe bedrohte Handlung verletzt worden seien, unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen oder für diese Fälle eine Leistung des sozialen Entschädigungsrechts vorzusehen. Der Gesetzgeber habe sich mit § 3 Abs. 4 OEG zwar dafür entschieden, auch Schäden der Opfer von Straftaten unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen, dies allerdings nur um sicherzustellen, dass Leistungen hieraus, die höher seien als die Versorgungsleistungen nach dem BVG, den Opfern von Straftaten nicht vorenthalten würden. Er habe aber gleichzeitig mit § 65 BVG klargestellt, dass auch Opfer von Straftaten nicht Leistungen aus beiden Systemen nebeneinander erhielten. Nur wenn und soweit die primär von der ausschließlich beitragsfinanzierten gesetzlichen Unfallversicherung zu tragenden Leistungen hinter dem Anspruch nach dem Versorgungsrecht zurückblieben, seien aus diesem rein steuerfinanzierten System zusätzliche Leistungen zu erbringen.
Mit Bescheid vom 27. März 2006 wurde der Bescheid vom 27. November 1998 einschließlich der Folgebescheide teilweise zurückgenommen und eine "gering- bis mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits" als weitere Schädigungsfolge anerkannt, die MdE betrage weiterhin 100 v.H.
Ferner entschied der Freistaat Sachsen mit Bescheid vom 9. August 2006 auch in Ausführung des Urteils des Senats vom 13. Mai 2005 über die Ansprüche des Klägers nach dem BVG und ihr Ruhen für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 neu. Es ergaben sich Nachzahlungsbeträge für die Monate bis September 2005, für die Zeit ab Oktober 2005 ergab sich erneut, dass die Leistungen der BGN die Bezüge nach dem OEG überstiegen, sodass kein Auszahlungsbetrag verblieb.
Am 12. Februar 2007 beantragte der Kläger unter Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. September 2007 (B 11b AS 15/06 R) "Nachzahlung der offenen Versorgungsleistungen". Eine solche Vorschusszahlung lehnte der Freistaat Sachsen mit Bescheid vom 19. Juni 2008 und Widerspruchsbescheid vom 18. März 2009 ab.
Mit Schreiben vom 10. September 2008 beantragte der Kläger die Neufeststellung des OEG-Entschädigungsanspruchs. Es sei rechtswidrig, dass die Versorgungsleistungen zum Ruhen gebracht worden seien. Dies gelte zumindest für die Grundrente und die Schwerstbeschädigtenzulage. Dem Kläger würden dadurch auch Leistungen entzogen, die in der Verletztenrente nicht enthalten seien. Es handle sich um eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Gewaltopfern bzw. Sozialhilfeempfängern. Die Grundrente habe ideellen Charakter, ihre Auszahlung dürfe daher nicht verweigert werden. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 17. April 1999 abgelehnt, und zwar nunmehr nicht mehr durch den Freistaat Sachsen, sondern durch den Kommunalen Sozialverband Sachsen, der Beklagter in dem jetzigen Verfahren ist. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2009 zurückgewiesen. Der Beklagte führte aus, die Ruhensvorschrift sei verfassungsgemäß und zutreffend angewandt worden.
Gegen die Bescheide vom 19. Juni 2008 (Vorschuss, Widerspruchsbescheid vom 18. März 2009) und vom 17. April 2009 (Absehen von der Ruhensvorschrift, Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2009) hatte der Kläger, der zwischenzeitlich innerhalb Baden-Württembergs umgezogen war, Klagen beim - nunmehr zuständigen - SG Konstanz erhoben, die mit Beschluss vom 12. November 2009 verbunden worden waren (S 1 VG 1130/09).
Diese Klagen wurden mit Urteil vom 16. Juni 2010 abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung beim LSG (Az.: L 6 VG 3708/10) wurde mit Urteil des Senats vom 10. Juli 2012 zurückgewiesen. Der Anspruch des Klägers auf Versorgungsbezüge ruhe in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung, da beide Ansprüche auf derselben Ursache beruhten, eine darüber hinausgehende Kongruenz dieser Leistungen gesetzlich nicht angeordnet sei und selbst bei Annahme einer vorausgesetzten Kongruenz aufgrund dessen, dass beispielsweise die Verletztenrente ebenso wie die Grundrente immaterielle Schäden ausgleiche, gegeben wäre. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wies das Bundessozialgericht (BSG, Az.: B 9 V 49/12 B) mit Beschluss vom 29. November 2012 zurück.
Mit Schreiben vom 21. September 2012 beantragte der Kläger erneut eine sofortige Vorschusszahlung und stellte einen (vorsorglichen) Neuantrag auf Auszahlung der OEG-Leistungen. Er führte aus, das LSG habe mit seinem Urteil vom 10. Juli 2010 rechtswillkürlich gehandelt. Er habe einen gesetzlichen Anspruch auf die volle Rente, da die BGN ihm wegen der dauernden außerordentlichen Pflegebedürftigkeit 80% des Höchstbetrages des Pflegegeldes bezahle. Dies bedeute, dass nicht nur die Grundrente nach § 31 BVG, sondern auch die Schwerstbeschädigtenzulage und die Ausgleichsrente nach § 33 Abs. 4 BVG zweckgebundene Einnahmen seien, sodass sie von der Versorgungsverwaltung an das anspruchsberechtigte Gewaltopfer immer zusätzlich zur Verletztenrente zu zahlen seien.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 12. Oktober 2012 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Er fasste das Schreiben des Klägers als Antrag auf, den Bescheid des ehemaligen Amtes für Familie und Soziales Chemnitz vom 12. April 2001 einschließlich der Folgebescheide im Überprüfungsverfahren mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben und die unter geänderter Anwendung des § 65 BVG auszahlbaren Versorgungsbezüge neu festzustellen sowie eine Vorschussleistung zu gewähren. Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass alle Versorgungsleistungen, die nicht zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes gewährt würden (Grundrente, Ausgleichsrente, Berufsschadensausgleich), durch die insoweit vergleichbaren Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 65 Abs. 1 BVG ruhend gestellt würden. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht zur Übersendung der aktuellen Rentenbescheide des Rentenversicherungsträgers und der Verwaltungsentscheidungen des Unfallversicherungsträgers nicht nachgekommen. Somit könne über Juni 2007 hinaus noch nicht abschließend überprüft werden, wie sich das Verhältnis zwischen den zustehenden Versorgungsleistungen nach dem OEG und den nach § 65 Abs. 1 BVG zum Ruhen führenden Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung darstelle. Die aktuellen Rentenwerte seien bei beiden Versicherungsträgern angefordert worden. Sobald diese vorlägen, erfolge eine entsprechende abschließende Berechnung. Es sei jedoch wahrscheinlich, dass sich weiterhin kein zahlbarer Betrag ergebe. Es gebe keine Veranlassung, bestimmte, nicht im Sinne der VV (Verwaltungsvorschrift) Nr. 5 zu § 65 BVG zweckgebundene Versorgungsleistungen wie die Grundrente, die Ausgleichsrente oder die Schwerstbeschädigtenzulage von der generellen Anwendung des § 65 Abs. 1 BVG auszunehmen. Diese Rechtsauffassung sei dem Kläger gegenüber schon viele Male vertreten worden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem von ihm angeführten Argument einer anders lautenden Entscheidung des LSG (L 3 AS 828/08). Dieses habe in jener Entscheidung - allein - zur Frage der Berücksichtigung der Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung als Einkommen beim Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Stellung genommen. Von der Verletztenrente sei der Teil, der einer Grundrente nach § 31 BVG bei entsprechendem GdS entspreche als in diesem Kontext zweckbestimmte Einnahme von der Einkommensberücksichtigung auszunehmen. Dies gelte auch dann, wenn der Betroffene einen zuerkannten Anspruch auf Grundrente (z.B. nach dem OEG) inne habe, dieser aber ruhe. Den Schluss, dass die Leistungen nach dem OEG nicht gemäß § 65 Abs. 1 BVG zum Ruhen kämen, könne daraus nicht gezogen werden. Vielmehr habe das LSG in dieser Entscheidung ausgeführt, dass Ausgleichsrente und sogar Schwerstbeschädigtenzulage anrechenbare Einkommen im Sinne des SGB II seien. Auch die Bezugnahme des LSG auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 14. März 2000 (1 BvR 284/96) bringe den Streit in der Sache nicht weiter. Die Aussagen des BVerfG zur Nichtberücksichtigung der Grundrente als Einkommen bei der Gewährung anderer Sozialleistungen seien nicht zu verwechseln mit dem Ruhen von Leistungen wegen Zweckgleichheit nach § 65 Abs. 1 BVG.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 8. November 2012 Widerspruch ein und bekräftigte seine bisher vertretene Rechtsauffassung. Er habe Anspruch - zumindest - auf die volle Ausgleichsrente nach § 33 Abs. 4 BVG, selbst dann, wenn die Pflegezulage wegen § 65 BVG ruhe. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2013 zurück.
Der Kläger hat am 2. März 2013 Klage beim SG Konstanz erhoben und vertritt weiterhin die Ansicht, es sei ihm die volle Leistung nach dem BVG ohne Anrechnung auszuzahlen. Ein Ruhen des Leistungsanspruchs sei nicht rechtmäßig.
Nachdem der Beklagte der Klage entgegengetreten gewesen ist, hat sie das SG mit Gerichtsbescheid vom 18. Dezember 2013 abgewiesen. Es hat ausgeführt, der angefochtene Bescheid des Beklagten sei rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 26. November 2001 und Zahlung eines Vorschusses. Der Beklagte habe weder das Recht unrichtig angewandt noch ist er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Der Anspruch auf Versorgungsbezüge ruhe gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 BVG, wenn beide Ansprüche auf derselben Ursache beruhten, in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Für das Ruhen des Anspruchs auf Heilbehandlung sowie Kleider- und Wäscheverschleiß seien in § 65 Abs. 3 BVG gesonderte Regelungen erlassen worden. In dem Bescheid vom 26. November 2001 werde zu Recht vom Ruhen des Versorgungsanspruchs ausgegangen. Der Kläger habe zu jenem Zeitpunkt keinen Anspruch auf Auszahlung von Beschädigtenversorgung gehabt, weil diese Leistungen insgesamt geringer als die Ansprüche gegen die BGN gewesen seien und daher in voller Höhe geruht hätten. Nach dem Wortlaut des § 65 BVG sei dies der Fall, wenn die Versorgungsbezüge und die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf derselben Ursache beruhen. Grundlage der Ansprüche gegenüber der BGN und nach dem BVG sei hier jeweils die Gewalttat vom 30. Juli 1996, deren Opfer der Kläger geworden sei. Neue Tatsachen hierzu habe er nicht mitgeteilt. Entsprechend habe auch das LSG bereits zweimal - in den Urteilen vom 13. Mai 2005 und vom 10. Juli 2012 - ausgeführt, dass der Anspruch des Klägers auf Versorgungsbezüge in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung ruhe. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus dem vom Kläger genannten Urteil des LSG vom 16. Mai 2012 (Az.: L 3 AS 828/08). Streitgegenstand dort sei die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gewesen, nicht nach dem OEG bzw. BVG. In jenem Urteil habe auch der dort erkennende Senat ausdrücklich ausgeführt, dass § 65 BVG verfassungsgemäß sei. Jener Senat habe lediglich keinen Grund gesehen, den Kläger im Hinblick auf Leistungen nach dem SGB II deshalb schlechter zu stellen, weil das schädigende Ereignis - auch - ein Arbeitsunfall gewesen sei, als einen Geschädigten, der Leistungen nach dem OEG beziehe, die im SGB II anrechnungsfrei gestellt seien. Aus diesen Gründen, so das SG abschließend, ergebe sich auch kein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses.
Gegen diesen Gerichtsbescheid, der ihm am 24. Dezember 2013 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 21. Januar 2014 Berufung erhoben, zu deren Begründung er sein Vorbringen wiederholt hat.
Er beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Dezember 2013 und den Bescheid vom 12. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 1. einen Vorschuss zu gewähren sowie 2. den Bescheid vom 26. November 2001 sowie alle Folgebescheide, soweit mit ihnen eine Auszahlung von Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz abgelehnt worden ist, zurückzunehmen und ihm zustehende Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz auszubezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich auf seine bisherigen Ausführungen.
Dem zunächst unvertretenen Kläger ist am 3. März 2016 der Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. April 2016 mitgeteilt worden. Am 14. April 2016 hat sich ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter zur Akte legitimiert und Verlegungsantrag gestellt. Er hat mitgeteilt, der Kläger befinde sich im Ausland und er - der Bevollmächtigte - müsse am Terminstag einen anderen - nicht näher dargelegten Termin wahrnehmen. Der Kläger habe bereits selbst mit Schreiben vom 22. März 2016 einen Verlegungsantrag gestellt.
Die Vorsitzende des Senats hat diesen Verlegungsantrag unter dem 18. April 2016 zurückgewiesen. Ein Verlegungsantrag vom 22. März 2016 sei bei dem LSG nicht eingegangen. Auf die weitere Begründung wird verwiesen.
Am 19. April 2016 hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, der Kläger habe den genannten früheren Verlegungsantrag vom 22. März 2016 eingescannt und als e-mail an die im Internet angegebene e-mail-Adresse des LSG geschickt. Der Senat hat dem Bevollmächtigten am 20. April 2016 mitgeteilt, dass auch eine solche e-mail nicht eingegangen sei und der Termin aufrecht erhalten bleibe.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung sind weder der Kläger noch sein Anwalt erschienen. Stattdessen ist als - weiterer - Prozessbevollmächtigter ein Bekannter des Klägers erschienen, der angegeben hat, er sei Journalist und recherchiere unter anderem die wirklichen Hintergründe des Anschlags auf den Kläger im Jahre 1996. Diesen Bevollmächtigten hat der Senat nach einer Anhörung zur Sache und zum Verfahren durch Beschluss zurückgewiesen. Wegen der Begründung dieser Zurückweisung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2016 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung entscheiden, obwohl der Kläger zum Termin nicht erschienen war und sein weiterer Prozessbevollmächtigter nach § 73 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückgewiesen worden ist.
Dem Kläger war mit der Ladung mitgeteilt worden, dass auch bei seinem Ausbleiben verhandelt und entschieden werden kann.
Der Senat war auch nicht nach § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) verpflichtet, die Verhandlung nach der Zurückweisung des Bevollmächtigten zu vertagen. Nach § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO bildet das Nichterscheinen einer Partei ausdrücklich nur dann einen Grund für eine Vertagung, wenn die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Diese Voraussetzungen waren hier nicht gegeben, weder im Hinblick auf den Verlegungsantrags des Klägers vom 14. April 2016 noch im Hinblick auf die Zurückweisung seines Bevollmächtigten in dem Verhandlungstermin.
Den Verlegungsantrag des Klägers hatte der Senat bereits mit Beschluss vom 18. April 2016 nach § 227 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 ZPO zurückgewiesen. Zur Begründung hatte der Senat ausgeführt, es liege ein Verschulden darin, dass der Kläger, der bereits seit dem 3. März 2016 über den Termin informiert gewesen war, erst wenige Tage vor dem Termin einen Anwalt mandatiert hat, der selbst am Terminstag verhindert war. An dieser Einschätzung konnte auch der weitere Vortrag des Klägers vom 19. April 2016 nichts ändern. Wie dem Kläger noch rechtzeitig mitgeteilt worden war, war ein früherer Verlegungsantrag auch nicht per e-mail beim dem LSG eingegangen, sodass offen bleiben kann, ob ein Verlegungsantrag in dieser Form überhaupt wirksam gewesen wäre. Im Übrigen ist seitens des Klägers nicht dargelegt worden, dass es ihm nicht möglich gewesen ist einen anderen Anwalt zu beauftragen, welcher den Termin hätte wahrnehmen können.
Der Senat war auch nicht zur Wahrung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) verpflichtet, den Verhandlungstermin zu vertagen, nachdem er den erschienenen Bevollmächtigten zurückgewiesen hatte. Eine entsprechende Pflicht zur Vertagung in einem solchen Fall hatte § 73 Abs. 6 Satz 2 SGG in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung enthalten (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 – B 8 KN 7/97 R –, SozR 3-1750 § 565 Nr 1, SozR 3-1500 § 73 Nr 7, juris Rz. 13). Diese Regelung wurde jedoch bei der Neufassung von § 73 SGG durch Art. 12 Nr. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2840 ff.) nicht mehr berücksichtigt. Der Gesetzgeber hielt eine zwingende Vertagungspflicht für entbehrlich, weil es "sich bei der Zurückweisungsentscheidung um eine einfache, angesichts des geschlossenen Katalogs nicht streitanfällige Entscheidung des Gerichts" handle. Es wurde für ausreichend erachtet, dass nur "grobe Fehlentscheidungen, die zugleich mit einer Verletzung des rechtlichen Gehörs einhergehen", erforderlichenfalls mit einem Rechtsbehelf gegen die Hauptsacheentscheidung selbst überprüft werden können (BT-Drs. 16/3655, S. 96 i.V.m. S. 89). Vor diesem Hintergrund hat der Senat zur Vermeidung einer Gehörsverletzung den aufgetretenen Bevollmächtigten des Klägers vor der Zurückweisung zur Sache angehört. Lediglich eine Antragstellung ist dann unterblieben; allerdings hatte der Bevollmächtigte vor der Zurückweisung deutlich gemacht, dass er zu einer prozessbeendenden Erklärung ohnehin nicht bereit gewesen wäre (vgl. zu allem auch Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 73 Rz. 34). Im Übrigen hätte der zuletzt am Verfahren anwaltlich vertretene Kläger prüfen müssen, ob der in der mündlichen Verhandlung aufgetretene Bevollmächtigte überhaupt nach der abschließenden Regelung des § 73 Abs. 2 SGG zur Vertretung befugt ist. Bei sachgerechter Prozessführung hätte er erkennen können, dass jenem diese Befugnis fehlt. Ferner ist der Senat davon ausgegangen, dass dem prozesserfahrenen Kläger die Regelungen über zulässigen Vertretungen vor den Sozial- und Landessozialgerichten (§ 73 Abs. 2 SGG) bekannt waren, ggfs. musste ihn sein ebenfalls bevollmächtigter Rechtsanwalt über die Voraussetzungen einer zulässigen Vertretung im Termin unterrichten.
In der Sache selbst war die Berufung des Klägers statthaft (§ 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG) und auch im Übrigen zulässig (§ 151 Abs. 1 SGG). Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger aus dem angegriffenen Urteil um mehr als EUR 750,00 beschwert ist. Jedenfalls begehrt er von dem Beklagten - höhere - Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Eingereicht hat der Kläger die Berufung formgerecht und mit Eingang am 21. Januar 2014 auch fristgerecht binnen eines Monats nach Zustellung des angegriffenen Gerichtsbescheids am 24. Dezember 2013.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Zwar können beide Klageanträge des Klägers als zulässig eingestuft werden.
Zum einen hat der Kläger im Rahmen seines Überprüfungsantrags nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu Recht eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) erhoben. Mit diesem Antrag begehrt er nicht nur die (Teil-)Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 12. April 2001 und aller folgenden Bewilligungsbescheide, sondern zugleich die Auszahlung der seiner Ansicht nach zu Unrecht verweigerten Leistungen.
Weiterhin hat der Kläger wegen der Auszahlung eines Vorschusses zu Recht eine Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben, weil auch die Entscheidung über einen Vorschuss nach § 42 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) den Erlass eines Verwaltungsakts (§ 54 Abs. 4 SGG) vor-aussetzt. Ferner kann die für diesen Antrag nach § 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGG notwendige Klagebefugnis bejaht werden. Zwar steht die Vorschussbewilligung nach § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB I grundsätzlich im Ermessen der Behörde und Gründe für eine Ermessensreduzierung auf Null ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers nicht. Jedoch sieht § 42 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB I ausnahmsweise einen (gebundenen) Anspruch auf Vorschussgewährung vor, wenn ein Berechtigter sie beantragt. Dies hat der Kläger hier getan.
Beide Klageanträge, sowohl jener im Überprüfungsverfahren als auch der Vorschussantrag, waren auch Gegenstand des Widerspruchsverfahrens (§ 78 Abs. 1 SGG).
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Der beklagte Kommunale Sozialverband Sachsen ist der für die geltend gemachten Leistungsansprüche passiv legitimierte Rechtsträger. Der Beklagte ist keine bloße Behörde, sondern nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Kommunalen Sozialverband Sachsen (SächsKommSozVG) vom 14. Juli 2005 (SächsGVBl. S. 167, 171) eine selbstständige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SächsKommSozVG ist er unter anderem zuständig für die Aufgaben nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 des sächsischen Gesetzes zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und weiterer sozialer Entschädigungsgesetze (SächsDGBVG) vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 138, 176) in der jeweils geltenden Fassung. Diese beiden Aufgaben nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 SächsDGBVG sind die Ausführung des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) und der entschädigungsrechtlichen Vorschriften des Zivildienstgesetzes (ZDG). Eine solche Übertragung der Zuständigkeit für die Ausführung des OEG von dem eigentlich zuständigen Land (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 OEG) auf einen Kommunalverband wie den Beklagten ist nach § 6 Abs. 1 OEG i.V.m. § 1 des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung (KOVVwG) vom 12. März 1951 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern vom 3. Mai 2000 (BGBl I S. 632) und der Neufassung von Art. 84 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) im Jahre 2006 verfassungsrechtlich zulässig. Dies hat das BSG bereits für entsprechende Regelungen des Landes Nordrhein-Westfalen entschieden (Urteil vom 23. April 2009 - B 9 VG 1/08 R -, juris Rz. 22 ff.). Eine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG des LSG Nordrhein-Westfalen, die eine solche Kommunalisierung der Ausführung des OEG für verfassungswidrig gehalten hatte (Beschluss vom 3. September 2008 - L 10 VG 20/03 -, juris), hat das BVerfG mit Beschluss vom 17. April 2013 (2 BvL 20/08 - BVerfGK 20, 275-292, juris) als unzulässig verworfen. Die verfassungsrechtliche Beurteilung durch das BSG fällt nach Ansicht des erkennenden Senats für Sachsen nicht anders aus als für Nordrhein-Westfalen (vgl. zu allem auch Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2011, § 6 OEG Rz. 3).
Jedoch bestehen die beiden geltend gemachten Ansprüche aus § 44 Abs. 1 SGB X und § 42 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB I in der Sache nicht. Die ablehnenden Entscheidungen in dem angegriffenen Bescheid vom 12. Oktober 2012 sind rechtmäßig.
Zunächst ist der Bescheid formell rechtmäßig. Insbesondere war der Beklagte für die Entscheidung über die Rücknahme der früheren Bewilligungsbescheide zuständig, obwohl die Bescheide noch der Freistaat Sachsen, vertreten durch das frühere Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, erlassen hatte. Nach § 44 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB X entscheidet über die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts die Behörde, die nunmehr für den Erlass zuständig wäre, auch wenn jenen Verwaltungsakt tatsächlich eine andere Behörde erlassen hatte. Diese Vorschrift betrifft nicht nur Zuständigkeitswechsel zwischen verschiedenen Behörden desselben Rechtsträgers, sondern erst recht einen Wechsel in der Zuständigkeit des Rechtsträgers selbst (vgl. auch Schütze, in: v. Wulf¬fen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 44 Rz. 37). Sachsen hat, wie ausgeführt, die Ausführung des OEG nach Erlass der ursprünglichen Bescheide mit dem SächsKommSozVG in den Jahren 2005 bis 2008 von sich auf den Beklagten übertragen. Für die Entscheidung über einen Vorschuss war der Beklagte ohne Weiteres zuständig, da ihm - wie ausgeführt - jetzt die Ausführung des OEG obliegt.
Auch in materieller Hinsicht ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Zu Recht hat der Beklagte die Rücknahme der früheren Bescheide nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X abgelehnt. Die Bescheide waren bei ihrem Erlass nicht rechtswidrig.
Die Ruhensvorschrift des § 65 Abs. 1 BVG hat der Beklagte zutreffend angewandt.
In rechtlicher Hinsicht hat der Beklagte die Norm richtig ausgelegt: Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 BVG ruht "der Anspruch auf Versorgungsbezüge" insgesamt, wenn wegen desselben Ereignisses gleich hohe oder höhere Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt werden. Damit sind alle Versorgungsleistungen gemeint. Dies gilt demnach auch für die Grundrente. Wenn der Kläger insoweit - zutreffend - auf den immateriellen Charakter der Grundrente verweist, so ist dem entgegenzuhalten, dass auch die Verletztenrente - allerdings eben nicht gesondert ausgewiesen, sondern in der Gesamtsumme enthalten - einen immateriellen Anteil hat. Dies ergibt sich z.B. daraus, dass wegen der Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach §§ 104 ff. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) zivilrechtlich nicht nur Ansprüche auf materiellen Schadensersatz, sondern auch "Schmerzensgeldansprüche" (§§ 253 Abs. 1 847 a.F. BGB) ausgeschlossen sind. Ebenso ist die Ausgleichsrente von einem solchen Ruhen umfasst. Wenn der Kläger für seine gegenteilige Ansicht auf § 33 Abs. 4 BVG verweist, missversteht er diese Norm. Sie regelt das Verhältnis zwischen der versorgungsrechtlichen Pflegezulage nach § 35 BVG und der Ausgleichsrente. Aus ihr kann nicht entnommen werden, dass bei Gewährung eines unfallversicherungsrechtlichen Pflegegeldes (§ 44 Abs. 1 SGB VII) in jedem Fall daneben die halbe versorgungsrechtliche Ausgleichsrente gewährt werden soll. Das ergibt sich schon aus dem abweichenden Wortlaut ("Pflegezulage" und "Pflegegeld"), ferner regelt § 65 Abs. 1 BVG das Verhältnis von Leistungen aus mehreren Sozialleistungssystemen vorrangig.
Auch Fehler bei der Ermittlung des Sachverhalts liegen nicht vor. Bei dem Kläger beruhen die Ansprüche gegen beide Sozialleistungssysteme auf demselben Ereignis, dem Anschlag vom 30. Juli 1996. Die Leistungen, die der Kläger deswegen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht, sind insgesamt höher als jene, die er aus dem Versorgungsrecht bezöge, wenn die Ruhensvorschrift nicht eingriffe. Dies gilt zumindest für die Zeit ab Oktober 2005. Zu diesem Zeitpunkt ist der Kläger 65 Jahre alt geworden und ihm wurde zusätzlich eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligt. Aufgrund dessen haben sich einige Leistungen nach dem OEG, darunter der Berufsschadensausgleich, verringert (vgl. zur Neuberechnung eines Berufsschadensausgleichs bei Erreichen des 65. Lebensjahrs § 30 Abs. 7 Satz 1 BVG und wegen Berücksichtigung einer Altersente § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 BVG). Ab diesem Zeitpunkt lag die Gesamtversorgung aus dem OEG unter der unfallversicherungsrechtlichen Entschädigung. Und für die Zeit zuvor, von Januar 2002 bis September 2005, in der zeitweise die versorgungsrechtlichen Leistungen höher lagen als die unfallversicherungsrechtlichen, hatte noch der Freistaat Sachsen auf Grund des Urteils des LSG vom 13. Mai 2005 mit Bescheid vom 9. August 2006 die Differenzen nachbewilligt und ausgezahlt. All dies hatte der Senat bereits in dem Urteil vom 10. Juli 2012 festgestellt, das nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das BSG am 29. November 2012 rechtskräftig ist.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Ruhensvorschrift des § 65 Abs. 1 BVG auch nicht verfassungswidrig (BSG, Urteil vom 12. Juni 2003 - B 9 VG 4/02 R - juris Rz. 11 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 13. Mai 2005 - L 8 VG 1018/04 - juris Rz. 43 und vom 10. Juli 2012 - L 6 VG 3708/10 -, juris), sodass der Senat nicht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) gehalten ist, das Verfahren auszusetzen und die genannte Frage dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen. Der Zweck der Norm liegt darin, dass Doppelleistungen ausgeschlossen werden, (so auch zuletzt BSG, Beschluss vom 29. November 2012 - B 9 V 49/12 B - juris). Die Vorschrift beschränkt die Folgen der "Meistbegünstigung", die sich aus dem Zusammenspiel von § 3 Abs. 4 OEG und § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII ergibt. Nach jener Vorschrift soll Gewaltopfern eine daneben bestehende Verletztenrente nicht vorenthalten werden, weil diese ggfs. höher ist als die Versorgung nach dem BVG (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). In diesem Rahmen ist Art. 3 Abs. 1 GG - sicher - nicht verletzt. Es ist schon gar keine Benachteiligung (negative Ungleichbehandlung) ersichtlich zwischen Opfern, die nur Leistungen nach dem OEG beziehen, und Opfern, die wie der Kläger auch anspruchsberechtigt nach dem SGB VII sind. Die letztere Gruppe erhält keinesfalls niedrigere Leistungen als die erste. Sofern die Leistungen der Unfallversicherung niedriger sind als jene nach dem OEG, wird die Differenz gezahlt. § 65 Abs. 1 BVG ordnet ein Ruhen nur bis zur Höhe der SGB VII-Leistungen an. Und selbst wenn hier eine relevante Ungleichbehandlung gesehen würde, so wäre diese auch vor dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (der hier wahrscheinlich ohnehin nicht in scharfer Form eingriffe, weil nicht an strikt personengebundene Merkmale angeknüpft wird) gerechtfertigt. Zwischen den beiden Opfergruppen besteht der Unterschied, welcher darin liegt, dass die Tat in dem einen Fall zugleich ein Arbeitsunfall ist und daher - dies sogar vorrangig - aus dem beitragsfinanzierten System der Unfallversicherung entschädigt wird und nicht aus dem mit allgemeinen Steuermitteln bestrittenen Versorgungsrecht.
Da, wie ausgeführt, kein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem OEG besteht, kann der Kläger auch keinen Vorschuss verlangen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten (§ 193 SGG). Von der Auferlegung von Missbrauchsgebühren nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hat der Senat nur deshalb abgesehen, weil der Kläger in der Verhandlung nicht erschienen war und ihm die Missbräuchlichkeit der Weiterführung seines Verfahrens erstmals in dem Zurückweisungsbeschluss vom 18. April 2016 mitgeteilt werden konnte. In der Sache jedoch ist die Verfahrensführung missbräuchlich, nachdem er bereits vor der Entscheidung des BSG im Nichtzulassungsverfahren einen neuen Überprüfungsantrag gestellt hat, obwohl das SG mehrfach und auch bereits mehrere Senat des LSG und das BSG entschieden haben, dass gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 65 Abs. 1 BVG und ihre Anwendung durch den Beklagten nichts einzuwenden ist. Bei einem erneuten Überprüfungsverfahren ohne Änderung der Sach- oder Rechtslage würden gegen den Kläger daher Missbrauchsgebühren verhängt.
Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG). Zu der Verfassungsmäßigkeit des § 65 Abs. 1 BVG hat das BSG bereits Stellung genommen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die vollständige Bewilligung bzw. Auszahlung von Entschädigungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens und um die Leistung eines Vorschusses.
Der 1940 geborene Kläger wurde am 30. Juli 1996 im Rahmen seiner kaufmännischen Tätigkeit Opfer einer Straftat. Er wurde von einem Geschäftspartner niedergeschossen und erlitt hierbei schwere Verletzungen. Gegen den Täter verhängte die Schwurgerichtskammer des Landegerichts Bautzen mit Urteil vom 25. April 1997 wegen versuchten Mordes eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten (1 Ks 260J 1003/96).
Der Kläger stellte am 10. September 1996 einen Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Zunächst mit Vorbehaltsbescheid vom 26. November 1997 und sodann mit Bescheid vom 27. November 1998 erkannte die Versorgungsverwaltung des - früher für die Ausführung des OEG zuständigen - Freistaats Sachsen durch das ehemalige Amt für Familie und Soziales Chemnitz als Folge einer Schädigung nach dem OEG an: "Versteifung beider Schultergelenke und linkes Ellenbogengelenk, Bewegungseinschränkung rechtes Ellenbogengelenk und beider Handgelenke und der Fingergelenke, Schädigung des Nervus ulnaris links. Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke, Kraftminderung der Arme und Beine, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Thorax¬starre mit Lungenfunktionsbeeinträchtigung, Verhärtung und Atrophie der Haut am oberen Brustkorb. Multiple Narben an Hals, Brust, Rücken und Armen". Dem Kläger wurde eine Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v.H. ab Juli 1996 gewährt. Zudem wurden eine Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe V ab Juli 1996 und ab März 1997 Pflegezulage Stufe I, Ausgleichsrente (halb), Kinderzuschlag sowie ab Juli 1997 Ehegattenzuschlag bewilligt. Mit weiteren Bescheiden vom 22. Februar 1999 und 15. Dezember 1999 wurde der Versorgungsanspruch des Klägers wegen einer Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) neu festgestellt. Den Widerspruch des Klägers gegen den Bewilligungsbescheid vom 27. November 1998 und die späteren Änderungsbescheide wies der Freistaat Sachsen mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2000 zurück.
Mit Bescheid vom 2. November 2000 erkannte die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) den Anschlag vom 30. Juli 1996 - auch - als Arbeitsunfall an. Sie gewährte zunächst Verletztengeld bis zum 26. Januar 1998 (78 Wochen). Mit Bescheid vom 1. Dezember 2000 bewilligte sie fernerhin Pflegegeld. Mit weiterem Bescheid vom 3. April 2001 schließlich gewährte die BGN dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 100 v.H. ab 27. Januar 1998 bis auf weiteres.
Der Freistaat Sachsen erfuhr erst Anfang 2001 von den Bescheiden der BGN. Daraufhin rechnete er die von der BGN gezahlte Verletztenrente auf die Versorgungsbezüge an (mit Bescheid vom 12. April 2001 für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Mai 2001 und mit Bescheid vom 8. Mai 2001 ab Juni 2001) und änderte den Bescheid vom 27. November 1998 und alle Folgebescheide insoweit ab. Dieser Bescheid ist bestandskräftig.
Nachdem die BGN die aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehenden Leistungen mit Bescheid vom 15. November 2001 für die Zeit ab 30. Juli 1996 der Höhe nach neu und endgültig berechnet hatte, erließ der Freistaat Sachsen den Bescheid vom 26. November 2001, mit dem einerseits die nunmehr festgestellte höhere Verletztenrente auf die Versorgungsbezüge nach dem BVG angerechnet wurde und andererseits die Ansprüche des Klägers nach dem BVG wegen Änderung dieses Gesetzes für die Zeit ab Juli 2001 neu festgestellt wurden. Für die Vergangenheit errechnete sich eine Überzahlung in Höhe von DM 33.890,00. Für die Zeit ab Februar 2002 ergab sich kein Auszahlungsbetrag nach dem OEG mehr. Wegen der Anrechnung der Verletztenrente auf die Versorgungsbezüge generell verwies der Freistaat Sachsen unter anderem auf § 65 BVG. Die Überzahlung werde nicht von dem Kläger zurückgefordert, vielmehr sei die BGN zur Erstattung verpflichtet.
Der Kläger hatte gegen die Bescheide des Freistaats Sachsen vom 27. November 1998 (Widerspruchsbescheid vom 14. März 2000) wegen der Höhe der Pflegezulage und - unter anderem - vom 26. November 2001 (unter anderem wegen der Anrechnung der Verletztenrente auf die Versorgungsbezüge) Klagen beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben. Dieses hatte die Verfahren verbunden (S 6 VG 2246/00) und die Klagen mit Urteil vom 12. Dezember 2003 abgewiesen. In dem dagegen gerichteten Berufungsverfahren beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 8 VG 1018/04) hatte der Kläger dagegen teilweise Erfolg. Mit Urteil vom 13. Mai 2005 verurteilte das LSG den Freistaat Sachsen unter Abänderung der Bescheide vom 27. November 1998 (und der beiden Folgebescheide) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2000 dazu, dem Kläger ab 1. März 1997 Pflegezulage nach Stufe II zu gewähren. Im Übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Zu dem Bescheid vom 26. November 2001 führte das LSG aus, das Ruhen der Versorgungsbezüge sei zu Recht festgestellt worden. Der Anspruch auf Versorgungsbezüge ruhe nach § 65 Abs. 1 BVG in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn beide Ansprüche auf derselben Ursache beruhten. Diese Ruhensvorschrift sei verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber habe vor der Wahl gestanden, Personen, die durch eine mit Strafe bedrohte Handlung verletzt worden seien, unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen oder für diese Fälle eine Leistung des sozialen Entschädigungsrechts vorzusehen. Der Gesetzgeber habe sich mit § 3 Abs. 4 OEG zwar dafür entschieden, auch Schäden der Opfer von Straftaten unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen, dies allerdings nur um sicherzustellen, dass Leistungen hieraus, die höher seien als die Versorgungsleistungen nach dem BVG, den Opfern von Straftaten nicht vorenthalten würden. Er habe aber gleichzeitig mit § 65 BVG klargestellt, dass auch Opfer von Straftaten nicht Leistungen aus beiden Systemen nebeneinander erhielten. Nur wenn und soweit die primär von der ausschließlich beitragsfinanzierten gesetzlichen Unfallversicherung zu tragenden Leistungen hinter dem Anspruch nach dem Versorgungsrecht zurückblieben, seien aus diesem rein steuerfinanzierten System zusätzliche Leistungen zu erbringen.
Mit Bescheid vom 27. März 2006 wurde der Bescheid vom 27. November 1998 einschließlich der Folgebescheide teilweise zurückgenommen und eine "gering- bis mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits" als weitere Schädigungsfolge anerkannt, die MdE betrage weiterhin 100 v.H.
Ferner entschied der Freistaat Sachsen mit Bescheid vom 9. August 2006 auch in Ausführung des Urteils des Senats vom 13. Mai 2005 über die Ansprüche des Klägers nach dem BVG und ihr Ruhen für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 neu. Es ergaben sich Nachzahlungsbeträge für die Monate bis September 2005, für die Zeit ab Oktober 2005 ergab sich erneut, dass die Leistungen der BGN die Bezüge nach dem OEG überstiegen, sodass kein Auszahlungsbetrag verblieb.
Am 12. Februar 2007 beantragte der Kläger unter Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. September 2007 (B 11b AS 15/06 R) "Nachzahlung der offenen Versorgungsleistungen". Eine solche Vorschusszahlung lehnte der Freistaat Sachsen mit Bescheid vom 19. Juni 2008 und Widerspruchsbescheid vom 18. März 2009 ab.
Mit Schreiben vom 10. September 2008 beantragte der Kläger die Neufeststellung des OEG-Entschädigungsanspruchs. Es sei rechtswidrig, dass die Versorgungsleistungen zum Ruhen gebracht worden seien. Dies gelte zumindest für die Grundrente und die Schwerstbeschädigtenzulage. Dem Kläger würden dadurch auch Leistungen entzogen, die in der Verletztenrente nicht enthalten seien. Es handle sich um eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Gewaltopfern bzw. Sozialhilfeempfängern. Die Grundrente habe ideellen Charakter, ihre Auszahlung dürfe daher nicht verweigert werden. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 17. April 1999 abgelehnt, und zwar nunmehr nicht mehr durch den Freistaat Sachsen, sondern durch den Kommunalen Sozialverband Sachsen, der Beklagter in dem jetzigen Verfahren ist. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2009 zurückgewiesen. Der Beklagte führte aus, die Ruhensvorschrift sei verfassungsgemäß und zutreffend angewandt worden.
Gegen die Bescheide vom 19. Juni 2008 (Vorschuss, Widerspruchsbescheid vom 18. März 2009) und vom 17. April 2009 (Absehen von der Ruhensvorschrift, Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2009) hatte der Kläger, der zwischenzeitlich innerhalb Baden-Württembergs umgezogen war, Klagen beim - nunmehr zuständigen - SG Konstanz erhoben, die mit Beschluss vom 12. November 2009 verbunden worden waren (S 1 VG 1130/09).
Diese Klagen wurden mit Urteil vom 16. Juni 2010 abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung beim LSG (Az.: L 6 VG 3708/10) wurde mit Urteil des Senats vom 10. Juli 2012 zurückgewiesen. Der Anspruch des Klägers auf Versorgungsbezüge ruhe in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung, da beide Ansprüche auf derselben Ursache beruhten, eine darüber hinausgehende Kongruenz dieser Leistungen gesetzlich nicht angeordnet sei und selbst bei Annahme einer vorausgesetzten Kongruenz aufgrund dessen, dass beispielsweise die Verletztenrente ebenso wie die Grundrente immaterielle Schäden ausgleiche, gegeben wäre. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wies das Bundessozialgericht (BSG, Az.: B 9 V 49/12 B) mit Beschluss vom 29. November 2012 zurück.
Mit Schreiben vom 21. September 2012 beantragte der Kläger erneut eine sofortige Vorschusszahlung und stellte einen (vorsorglichen) Neuantrag auf Auszahlung der OEG-Leistungen. Er führte aus, das LSG habe mit seinem Urteil vom 10. Juli 2010 rechtswillkürlich gehandelt. Er habe einen gesetzlichen Anspruch auf die volle Rente, da die BGN ihm wegen der dauernden außerordentlichen Pflegebedürftigkeit 80% des Höchstbetrages des Pflegegeldes bezahle. Dies bedeute, dass nicht nur die Grundrente nach § 31 BVG, sondern auch die Schwerstbeschädigtenzulage und die Ausgleichsrente nach § 33 Abs. 4 BVG zweckgebundene Einnahmen seien, sodass sie von der Versorgungsverwaltung an das anspruchsberechtigte Gewaltopfer immer zusätzlich zur Verletztenrente zu zahlen seien.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 12. Oktober 2012 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Er fasste das Schreiben des Klägers als Antrag auf, den Bescheid des ehemaligen Amtes für Familie und Soziales Chemnitz vom 12. April 2001 einschließlich der Folgebescheide im Überprüfungsverfahren mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben und die unter geänderter Anwendung des § 65 BVG auszahlbaren Versorgungsbezüge neu festzustellen sowie eine Vorschussleistung zu gewähren. Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass alle Versorgungsleistungen, die nicht zur Abgeltung eines besonderen Aufwandes gewährt würden (Grundrente, Ausgleichsrente, Berufsschadensausgleich), durch die insoweit vergleichbaren Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 65 Abs. 1 BVG ruhend gestellt würden. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht zur Übersendung der aktuellen Rentenbescheide des Rentenversicherungsträgers und der Verwaltungsentscheidungen des Unfallversicherungsträgers nicht nachgekommen. Somit könne über Juni 2007 hinaus noch nicht abschließend überprüft werden, wie sich das Verhältnis zwischen den zustehenden Versorgungsleistungen nach dem OEG und den nach § 65 Abs. 1 BVG zum Ruhen führenden Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung darstelle. Die aktuellen Rentenwerte seien bei beiden Versicherungsträgern angefordert worden. Sobald diese vorlägen, erfolge eine entsprechende abschließende Berechnung. Es sei jedoch wahrscheinlich, dass sich weiterhin kein zahlbarer Betrag ergebe. Es gebe keine Veranlassung, bestimmte, nicht im Sinne der VV (Verwaltungsvorschrift) Nr. 5 zu § 65 BVG zweckgebundene Versorgungsleistungen wie die Grundrente, die Ausgleichsrente oder die Schwerstbeschädigtenzulage von der generellen Anwendung des § 65 Abs. 1 BVG auszunehmen. Diese Rechtsauffassung sei dem Kläger gegenüber schon viele Male vertreten worden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem von ihm angeführten Argument einer anders lautenden Entscheidung des LSG (L 3 AS 828/08). Dieses habe in jener Entscheidung - allein - zur Frage der Berücksichtigung der Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung als Einkommen beim Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Stellung genommen. Von der Verletztenrente sei der Teil, der einer Grundrente nach § 31 BVG bei entsprechendem GdS entspreche als in diesem Kontext zweckbestimmte Einnahme von der Einkommensberücksichtigung auszunehmen. Dies gelte auch dann, wenn der Betroffene einen zuerkannten Anspruch auf Grundrente (z.B. nach dem OEG) inne habe, dieser aber ruhe. Den Schluss, dass die Leistungen nach dem OEG nicht gemäß § 65 Abs. 1 BVG zum Ruhen kämen, könne daraus nicht gezogen werden. Vielmehr habe das LSG in dieser Entscheidung ausgeführt, dass Ausgleichsrente und sogar Schwerstbeschädigtenzulage anrechenbare Einkommen im Sinne des SGB II seien. Auch die Bezugnahme des LSG auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 14. März 2000 (1 BvR 284/96) bringe den Streit in der Sache nicht weiter. Die Aussagen des BVerfG zur Nichtberücksichtigung der Grundrente als Einkommen bei der Gewährung anderer Sozialleistungen seien nicht zu verwechseln mit dem Ruhen von Leistungen wegen Zweckgleichheit nach § 65 Abs. 1 BVG.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 8. November 2012 Widerspruch ein und bekräftigte seine bisher vertretene Rechtsauffassung. Er habe Anspruch - zumindest - auf die volle Ausgleichsrente nach § 33 Abs. 4 BVG, selbst dann, wenn die Pflegezulage wegen § 65 BVG ruhe. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2013 zurück.
Der Kläger hat am 2. März 2013 Klage beim SG Konstanz erhoben und vertritt weiterhin die Ansicht, es sei ihm die volle Leistung nach dem BVG ohne Anrechnung auszuzahlen. Ein Ruhen des Leistungsanspruchs sei nicht rechtmäßig.
Nachdem der Beklagte der Klage entgegengetreten gewesen ist, hat sie das SG mit Gerichtsbescheid vom 18. Dezember 2013 abgewiesen. Es hat ausgeführt, der angefochtene Bescheid des Beklagten sei rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 26. November 2001 und Zahlung eines Vorschusses. Der Beklagte habe weder das Recht unrichtig angewandt noch ist er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Der Anspruch auf Versorgungsbezüge ruhe gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 BVG, wenn beide Ansprüche auf derselben Ursache beruhten, in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Für das Ruhen des Anspruchs auf Heilbehandlung sowie Kleider- und Wäscheverschleiß seien in § 65 Abs. 3 BVG gesonderte Regelungen erlassen worden. In dem Bescheid vom 26. November 2001 werde zu Recht vom Ruhen des Versorgungsanspruchs ausgegangen. Der Kläger habe zu jenem Zeitpunkt keinen Anspruch auf Auszahlung von Beschädigtenversorgung gehabt, weil diese Leistungen insgesamt geringer als die Ansprüche gegen die BGN gewesen seien und daher in voller Höhe geruht hätten. Nach dem Wortlaut des § 65 BVG sei dies der Fall, wenn die Versorgungsbezüge und die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf derselben Ursache beruhen. Grundlage der Ansprüche gegenüber der BGN und nach dem BVG sei hier jeweils die Gewalttat vom 30. Juli 1996, deren Opfer der Kläger geworden sei. Neue Tatsachen hierzu habe er nicht mitgeteilt. Entsprechend habe auch das LSG bereits zweimal - in den Urteilen vom 13. Mai 2005 und vom 10. Juli 2012 - ausgeführt, dass der Anspruch des Klägers auf Versorgungsbezüge in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung ruhe. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus dem vom Kläger genannten Urteil des LSG vom 16. Mai 2012 (Az.: L 3 AS 828/08). Streitgegenstand dort sei die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gewesen, nicht nach dem OEG bzw. BVG. In jenem Urteil habe auch der dort erkennende Senat ausdrücklich ausgeführt, dass § 65 BVG verfassungsgemäß sei. Jener Senat habe lediglich keinen Grund gesehen, den Kläger im Hinblick auf Leistungen nach dem SGB II deshalb schlechter zu stellen, weil das schädigende Ereignis - auch - ein Arbeitsunfall gewesen sei, als einen Geschädigten, der Leistungen nach dem OEG beziehe, die im SGB II anrechnungsfrei gestellt seien. Aus diesen Gründen, so das SG abschließend, ergebe sich auch kein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses.
Gegen diesen Gerichtsbescheid, der ihm am 24. Dezember 2013 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 21. Januar 2014 Berufung erhoben, zu deren Begründung er sein Vorbringen wiederholt hat.
Er beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Dezember 2013 und den Bescheid vom 12. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 1. einen Vorschuss zu gewähren sowie 2. den Bescheid vom 26. November 2001 sowie alle Folgebescheide, soweit mit ihnen eine Auszahlung von Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz abgelehnt worden ist, zurückzunehmen und ihm zustehende Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz auszubezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich auf seine bisherigen Ausführungen.
Dem zunächst unvertretenen Kläger ist am 3. März 2016 der Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. April 2016 mitgeteilt worden. Am 14. April 2016 hat sich ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter zur Akte legitimiert und Verlegungsantrag gestellt. Er hat mitgeteilt, der Kläger befinde sich im Ausland und er - der Bevollmächtigte - müsse am Terminstag einen anderen - nicht näher dargelegten Termin wahrnehmen. Der Kläger habe bereits selbst mit Schreiben vom 22. März 2016 einen Verlegungsantrag gestellt.
Die Vorsitzende des Senats hat diesen Verlegungsantrag unter dem 18. April 2016 zurückgewiesen. Ein Verlegungsantrag vom 22. März 2016 sei bei dem LSG nicht eingegangen. Auf die weitere Begründung wird verwiesen.
Am 19. April 2016 hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, der Kläger habe den genannten früheren Verlegungsantrag vom 22. März 2016 eingescannt und als e-mail an die im Internet angegebene e-mail-Adresse des LSG geschickt. Der Senat hat dem Bevollmächtigten am 20. April 2016 mitgeteilt, dass auch eine solche e-mail nicht eingegangen sei und der Termin aufrecht erhalten bleibe.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung sind weder der Kläger noch sein Anwalt erschienen. Stattdessen ist als - weiterer - Prozessbevollmächtigter ein Bekannter des Klägers erschienen, der angegeben hat, er sei Journalist und recherchiere unter anderem die wirklichen Hintergründe des Anschlags auf den Kläger im Jahre 1996. Diesen Bevollmächtigten hat der Senat nach einer Anhörung zur Sache und zum Verfahren durch Beschluss zurückgewiesen. Wegen der Begründung dieser Zurückweisung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2016 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung entscheiden, obwohl der Kläger zum Termin nicht erschienen war und sein weiterer Prozessbevollmächtigter nach § 73 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückgewiesen worden ist.
Dem Kläger war mit der Ladung mitgeteilt worden, dass auch bei seinem Ausbleiben verhandelt und entschieden werden kann.
Der Senat war auch nicht nach § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) verpflichtet, die Verhandlung nach der Zurückweisung des Bevollmächtigten zu vertagen. Nach § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO bildet das Nichterscheinen einer Partei ausdrücklich nur dann einen Grund für eine Vertagung, wenn die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Diese Voraussetzungen waren hier nicht gegeben, weder im Hinblick auf den Verlegungsantrags des Klägers vom 14. April 2016 noch im Hinblick auf die Zurückweisung seines Bevollmächtigten in dem Verhandlungstermin.
Den Verlegungsantrag des Klägers hatte der Senat bereits mit Beschluss vom 18. April 2016 nach § 227 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 ZPO zurückgewiesen. Zur Begründung hatte der Senat ausgeführt, es liege ein Verschulden darin, dass der Kläger, der bereits seit dem 3. März 2016 über den Termin informiert gewesen war, erst wenige Tage vor dem Termin einen Anwalt mandatiert hat, der selbst am Terminstag verhindert war. An dieser Einschätzung konnte auch der weitere Vortrag des Klägers vom 19. April 2016 nichts ändern. Wie dem Kläger noch rechtzeitig mitgeteilt worden war, war ein früherer Verlegungsantrag auch nicht per e-mail beim dem LSG eingegangen, sodass offen bleiben kann, ob ein Verlegungsantrag in dieser Form überhaupt wirksam gewesen wäre. Im Übrigen ist seitens des Klägers nicht dargelegt worden, dass es ihm nicht möglich gewesen ist einen anderen Anwalt zu beauftragen, welcher den Termin hätte wahrnehmen können.
Der Senat war auch nicht zur Wahrung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) verpflichtet, den Verhandlungstermin zu vertagen, nachdem er den erschienenen Bevollmächtigten zurückgewiesen hatte. Eine entsprechende Pflicht zur Vertagung in einem solchen Fall hatte § 73 Abs. 6 Satz 2 SGG in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung enthalten (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 – B 8 KN 7/97 R –, SozR 3-1750 § 565 Nr 1, SozR 3-1500 § 73 Nr 7, juris Rz. 13). Diese Regelung wurde jedoch bei der Neufassung von § 73 SGG durch Art. 12 Nr. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2840 ff.) nicht mehr berücksichtigt. Der Gesetzgeber hielt eine zwingende Vertagungspflicht für entbehrlich, weil es "sich bei der Zurückweisungsentscheidung um eine einfache, angesichts des geschlossenen Katalogs nicht streitanfällige Entscheidung des Gerichts" handle. Es wurde für ausreichend erachtet, dass nur "grobe Fehlentscheidungen, die zugleich mit einer Verletzung des rechtlichen Gehörs einhergehen", erforderlichenfalls mit einem Rechtsbehelf gegen die Hauptsacheentscheidung selbst überprüft werden können (BT-Drs. 16/3655, S. 96 i.V.m. S. 89). Vor diesem Hintergrund hat der Senat zur Vermeidung einer Gehörsverletzung den aufgetretenen Bevollmächtigten des Klägers vor der Zurückweisung zur Sache angehört. Lediglich eine Antragstellung ist dann unterblieben; allerdings hatte der Bevollmächtigte vor der Zurückweisung deutlich gemacht, dass er zu einer prozessbeendenden Erklärung ohnehin nicht bereit gewesen wäre (vgl. zu allem auch Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 73 Rz. 34). Im Übrigen hätte der zuletzt am Verfahren anwaltlich vertretene Kläger prüfen müssen, ob der in der mündlichen Verhandlung aufgetretene Bevollmächtigte überhaupt nach der abschließenden Regelung des § 73 Abs. 2 SGG zur Vertretung befugt ist. Bei sachgerechter Prozessführung hätte er erkennen können, dass jenem diese Befugnis fehlt. Ferner ist der Senat davon ausgegangen, dass dem prozesserfahrenen Kläger die Regelungen über zulässigen Vertretungen vor den Sozial- und Landessozialgerichten (§ 73 Abs. 2 SGG) bekannt waren, ggfs. musste ihn sein ebenfalls bevollmächtigter Rechtsanwalt über die Voraussetzungen einer zulässigen Vertretung im Termin unterrichten.
In der Sache selbst war die Berufung des Klägers statthaft (§ 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG) und auch im Übrigen zulässig (§ 151 Abs. 1 SGG). Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger aus dem angegriffenen Urteil um mehr als EUR 750,00 beschwert ist. Jedenfalls begehrt er von dem Beklagten - höhere - Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Eingereicht hat der Kläger die Berufung formgerecht und mit Eingang am 21. Januar 2014 auch fristgerecht binnen eines Monats nach Zustellung des angegriffenen Gerichtsbescheids am 24. Dezember 2013.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Zwar können beide Klageanträge des Klägers als zulässig eingestuft werden.
Zum einen hat der Kläger im Rahmen seines Überprüfungsantrags nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu Recht eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) erhoben. Mit diesem Antrag begehrt er nicht nur die (Teil-)Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 12. April 2001 und aller folgenden Bewilligungsbescheide, sondern zugleich die Auszahlung der seiner Ansicht nach zu Unrecht verweigerten Leistungen.
Weiterhin hat der Kläger wegen der Auszahlung eines Vorschusses zu Recht eine Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben, weil auch die Entscheidung über einen Vorschuss nach § 42 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) den Erlass eines Verwaltungsakts (§ 54 Abs. 4 SGG) vor-aussetzt. Ferner kann die für diesen Antrag nach § 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGG notwendige Klagebefugnis bejaht werden. Zwar steht die Vorschussbewilligung nach § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB I grundsätzlich im Ermessen der Behörde und Gründe für eine Ermessensreduzierung auf Null ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers nicht. Jedoch sieht § 42 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB I ausnahmsweise einen (gebundenen) Anspruch auf Vorschussgewährung vor, wenn ein Berechtigter sie beantragt. Dies hat der Kläger hier getan.
Beide Klageanträge, sowohl jener im Überprüfungsverfahren als auch der Vorschussantrag, waren auch Gegenstand des Widerspruchsverfahrens (§ 78 Abs. 1 SGG).
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Der beklagte Kommunale Sozialverband Sachsen ist der für die geltend gemachten Leistungsansprüche passiv legitimierte Rechtsträger. Der Beklagte ist keine bloße Behörde, sondern nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Kommunalen Sozialverband Sachsen (SächsKommSozVG) vom 14. Juli 2005 (SächsGVBl. S. 167, 171) eine selbstständige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SächsKommSozVG ist er unter anderem zuständig für die Aufgaben nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 des sächsischen Gesetzes zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und weiterer sozialer Entschädigungsgesetze (SächsDGBVG) vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 138, 176) in der jeweils geltenden Fassung. Diese beiden Aufgaben nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 SächsDGBVG sind die Ausführung des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) und der entschädigungsrechtlichen Vorschriften des Zivildienstgesetzes (ZDG). Eine solche Übertragung der Zuständigkeit für die Ausführung des OEG von dem eigentlich zuständigen Land (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 OEG) auf einen Kommunalverband wie den Beklagten ist nach § 6 Abs. 1 OEG i.V.m. § 1 des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung (KOVVwG) vom 12. März 1951 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Erleichterung der Verwaltungsreform in den Ländern vom 3. Mai 2000 (BGBl I S. 632) und der Neufassung von Art. 84 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) im Jahre 2006 verfassungsrechtlich zulässig. Dies hat das BSG bereits für entsprechende Regelungen des Landes Nordrhein-Westfalen entschieden (Urteil vom 23. April 2009 - B 9 VG 1/08 R -, juris Rz. 22 ff.). Eine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG des LSG Nordrhein-Westfalen, die eine solche Kommunalisierung der Ausführung des OEG für verfassungswidrig gehalten hatte (Beschluss vom 3. September 2008 - L 10 VG 20/03 -, juris), hat das BVerfG mit Beschluss vom 17. April 2013 (2 BvL 20/08 - BVerfGK 20, 275-292, juris) als unzulässig verworfen. Die verfassungsrechtliche Beurteilung durch das BSG fällt nach Ansicht des erkennenden Senats für Sachsen nicht anders aus als für Nordrhein-Westfalen (vgl. zu allem auch Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2011, § 6 OEG Rz. 3).
Jedoch bestehen die beiden geltend gemachten Ansprüche aus § 44 Abs. 1 SGB X und § 42 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB I in der Sache nicht. Die ablehnenden Entscheidungen in dem angegriffenen Bescheid vom 12. Oktober 2012 sind rechtmäßig.
Zunächst ist der Bescheid formell rechtmäßig. Insbesondere war der Beklagte für die Entscheidung über die Rücknahme der früheren Bewilligungsbescheide zuständig, obwohl die Bescheide noch der Freistaat Sachsen, vertreten durch das frühere Sächsische Landesamt für Familie und Soziales, erlassen hatte. Nach § 44 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB X entscheidet über die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts die Behörde, die nunmehr für den Erlass zuständig wäre, auch wenn jenen Verwaltungsakt tatsächlich eine andere Behörde erlassen hatte. Diese Vorschrift betrifft nicht nur Zuständigkeitswechsel zwischen verschiedenen Behörden desselben Rechtsträgers, sondern erst recht einen Wechsel in der Zuständigkeit des Rechtsträgers selbst (vgl. auch Schütze, in: v. Wulf¬fen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 44 Rz. 37). Sachsen hat, wie ausgeführt, die Ausführung des OEG nach Erlass der ursprünglichen Bescheide mit dem SächsKommSozVG in den Jahren 2005 bis 2008 von sich auf den Beklagten übertragen. Für die Entscheidung über einen Vorschuss war der Beklagte ohne Weiteres zuständig, da ihm - wie ausgeführt - jetzt die Ausführung des OEG obliegt.
Auch in materieller Hinsicht ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Zu Recht hat der Beklagte die Rücknahme der früheren Bescheide nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X abgelehnt. Die Bescheide waren bei ihrem Erlass nicht rechtswidrig.
Die Ruhensvorschrift des § 65 Abs. 1 BVG hat der Beklagte zutreffend angewandt.
In rechtlicher Hinsicht hat der Beklagte die Norm richtig ausgelegt: Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 BVG ruht "der Anspruch auf Versorgungsbezüge" insgesamt, wenn wegen desselben Ereignisses gleich hohe oder höhere Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt werden. Damit sind alle Versorgungsleistungen gemeint. Dies gilt demnach auch für die Grundrente. Wenn der Kläger insoweit - zutreffend - auf den immateriellen Charakter der Grundrente verweist, so ist dem entgegenzuhalten, dass auch die Verletztenrente - allerdings eben nicht gesondert ausgewiesen, sondern in der Gesamtsumme enthalten - einen immateriellen Anteil hat. Dies ergibt sich z.B. daraus, dass wegen der Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach §§ 104 ff. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) zivilrechtlich nicht nur Ansprüche auf materiellen Schadensersatz, sondern auch "Schmerzensgeldansprüche" (§§ 253 Abs. 1 847 a.F. BGB) ausgeschlossen sind. Ebenso ist die Ausgleichsrente von einem solchen Ruhen umfasst. Wenn der Kläger für seine gegenteilige Ansicht auf § 33 Abs. 4 BVG verweist, missversteht er diese Norm. Sie regelt das Verhältnis zwischen der versorgungsrechtlichen Pflegezulage nach § 35 BVG und der Ausgleichsrente. Aus ihr kann nicht entnommen werden, dass bei Gewährung eines unfallversicherungsrechtlichen Pflegegeldes (§ 44 Abs. 1 SGB VII) in jedem Fall daneben die halbe versorgungsrechtliche Ausgleichsrente gewährt werden soll. Das ergibt sich schon aus dem abweichenden Wortlaut ("Pflegezulage" und "Pflegegeld"), ferner regelt § 65 Abs. 1 BVG das Verhältnis von Leistungen aus mehreren Sozialleistungssystemen vorrangig.
Auch Fehler bei der Ermittlung des Sachverhalts liegen nicht vor. Bei dem Kläger beruhen die Ansprüche gegen beide Sozialleistungssysteme auf demselben Ereignis, dem Anschlag vom 30. Juli 1996. Die Leistungen, die der Kläger deswegen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht, sind insgesamt höher als jene, die er aus dem Versorgungsrecht bezöge, wenn die Ruhensvorschrift nicht eingriffe. Dies gilt zumindest für die Zeit ab Oktober 2005. Zu diesem Zeitpunkt ist der Kläger 65 Jahre alt geworden und ihm wurde zusätzlich eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligt. Aufgrund dessen haben sich einige Leistungen nach dem OEG, darunter der Berufsschadensausgleich, verringert (vgl. zur Neuberechnung eines Berufsschadensausgleichs bei Erreichen des 65. Lebensjahrs § 30 Abs. 7 Satz 1 BVG und wegen Berücksichtigung einer Altersente § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 BVG). Ab diesem Zeitpunkt lag die Gesamtversorgung aus dem OEG unter der unfallversicherungsrechtlichen Entschädigung. Und für die Zeit zuvor, von Januar 2002 bis September 2005, in der zeitweise die versorgungsrechtlichen Leistungen höher lagen als die unfallversicherungsrechtlichen, hatte noch der Freistaat Sachsen auf Grund des Urteils des LSG vom 13. Mai 2005 mit Bescheid vom 9. August 2006 die Differenzen nachbewilligt und ausgezahlt. All dies hatte der Senat bereits in dem Urteil vom 10. Juli 2012 festgestellt, das nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das BSG am 29. November 2012 rechtskräftig ist.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Ruhensvorschrift des § 65 Abs. 1 BVG auch nicht verfassungswidrig (BSG, Urteil vom 12. Juni 2003 - B 9 VG 4/02 R - juris Rz. 11 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 13. Mai 2005 - L 8 VG 1018/04 - juris Rz. 43 und vom 10. Juli 2012 - L 6 VG 3708/10 -, juris), sodass der Senat nicht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) gehalten ist, das Verfahren auszusetzen und die genannte Frage dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen. Der Zweck der Norm liegt darin, dass Doppelleistungen ausgeschlossen werden, (so auch zuletzt BSG, Beschluss vom 29. November 2012 - B 9 V 49/12 B - juris). Die Vorschrift beschränkt die Folgen der "Meistbegünstigung", die sich aus dem Zusammenspiel von § 3 Abs. 4 OEG und § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII ergibt. Nach jener Vorschrift soll Gewaltopfern eine daneben bestehende Verletztenrente nicht vorenthalten werden, weil diese ggfs. höher ist als die Versorgung nach dem BVG (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). In diesem Rahmen ist Art. 3 Abs. 1 GG - sicher - nicht verletzt. Es ist schon gar keine Benachteiligung (negative Ungleichbehandlung) ersichtlich zwischen Opfern, die nur Leistungen nach dem OEG beziehen, und Opfern, die wie der Kläger auch anspruchsberechtigt nach dem SGB VII sind. Die letztere Gruppe erhält keinesfalls niedrigere Leistungen als die erste. Sofern die Leistungen der Unfallversicherung niedriger sind als jene nach dem OEG, wird die Differenz gezahlt. § 65 Abs. 1 BVG ordnet ein Ruhen nur bis zur Höhe der SGB VII-Leistungen an. Und selbst wenn hier eine relevante Ungleichbehandlung gesehen würde, so wäre diese auch vor dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (der hier wahrscheinlich ohnehin nicht in scharfer Form eingriffe, weil nicht an strikt personengebundene Merkmale angeknüpft wird) gerechtfertigt. Zwischen den beiden Opfergruppen besteht der Unterschied, welcher darin liegt, dass die Tat in dem einen Fall zugleich ein Arbeitsunfall ist und daher - dies sogar vorrangig - aus dem beitragsfinanzierten System der Unfallversicherung entschädigt wird und nicht aus dem mit allgemeinen Steuermitteln bestrittenen Versorgungsrecht.
Da, wie ausgeführt, kein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem OEG besteht, kann der Kläger auch keinen Vorschuss verlangen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten (§ 193 SGG). Von der Auferlegung von Missbrauchsgebühren nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hat der Senat nur deshalb abgesehen, weil der Kläger in der Verhandlung nicht erschienen war und ihm die Missbräuchlichkeit der Weiterführung seines Verfahrens erstmals in dem Zurückweisungsbeschluss vom 18. April 2016 mitgeteilt werden konnte. In der Sache jedoch ist die Verfahrensführung missbräuchlich, nachdem er bereits vor der Entscheidung des BSG im Nichtzulassungsverfahren einen neuen Überprüfungsantrag gestellt hat, obwohl das SG mehrfach und auch bereits mehrere Senat des LSG und das BSG entschieden haben, dass gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 65 Abs. 1 BVG und ihre Anwendung durch den Beklagten nichts einzuwenden ist. Bei einem erneuten Überprüfungsverfahren ohne Änderung der Sach- oder Rechtslage würden gegen den Kläger daher Missbrauchsgebühren verhängt.
Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG). Zu der Verfassungsmäßigkeit des § 65 Abs. 1 BVG hat das BSG bereits Stellung genommen.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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