Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 38 KR 731/13
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1085/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen. Die Entscheidung über die Zahlung von Verfahrenskosten in Höhe von 700,00 EUR an die Staatskasse wird aufgehoben. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Krankengeld ab dem 5. September 2012 streitig.
Die 1983 geborene Klägerin war bei der Beklagten als Bezieherin von Arbeitslosengeld pflichtversichert. Seit dem 19. Oktober 2011 war sie wegen der Diagnosen F32.1 (rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode) und F40.1 (Soziale Phobie) arbeitsunfähig erkrankt und bezog Krankengeld. Am 23. Juli 2012 stellte die Fachärztin für Innere Medizin F. (im Folgenden: Internistin) einen Auszahlschein für den (weiteren) Bezug von Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit ab dem 23. Juli 2012 "bis auf weiteres" aus; nächster Vorstellungstermin sei der 31. August 2012. Vom 24. Juli bis 4. September 2012 (einem Dienstag) nahm die Klägerin eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der B. M. AG wahr. Laut Rehabilitationsentlassungsbericht vom 14. September 2012 wurde sie für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Zahnarzthelferin arbeitsfähig entlassen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe vollschichtige Leistungsfähigkeit für mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel. In der sozialmedizinischen Epikrise ist u.a. vermerkt: "Frau G. war mit der sozialmedizinischen Einschätzung einverstanden".
Am 6. September 2012 begehrte die Klägerin telefonisch von der Beklagten die Weiterzahlung des Krankengeldes. Sie gab an, an diesem Tag die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie (im Folgenden: Fachärztin) O. aufgesucht zu haben, die sie weiterhin für arbeitsunfähig beurteile. Die Beklagte teilte ihr mit, für sie sei maßgebend, dass sie arbeitsfähig aus der Rehabilitationsmaßnahme entlassen worden sei. Sie hätte sich am 5. September 2012 bei der Bundesagentur für Arbeit melden müssen und könne sich gegebenenfalls eine neue Erst-bescheinigung ausstellen lassen. Am 14. September 2012 wandte sich die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten erneut an die Beklagte und begehrte die Auszahlung von Krankengeld, weil sie weiterhin arbeitsunfähig erkrankt sei. Diese teilte ihr unter dem 18. September 2012 mit, ihr liege keine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) vor. Eine Gewährung von Krankengeld über den 4. September 2012 hinaus könne nicht erfolgen, weil sie nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert sei. Für eine mitgliedschaftserhaltende Wirkung des Krankengeldes müsse die Arbeitsunfähigkeit lückenlos nachgewiesen werden. Die Klägerin hielt dem entgegen, dass die Praxis der Fachärztin O. am 4. September 2012 geschlossen gewesen sei. Sie habe deshalb am 5. September 2012 dort angerufen, aber erst am 6. September 2012 einen Termin erhalten. Sie reichte unter dem 6. November 2012 eine ärztliche Bescheinigung der Fachärztin O. vom 1. November 2012 ein, wonach nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme keine ausreichende psychische Belastbarkeit bestand und die Klägerin deshalb von ihr als arbeitsunfähig eingeschätzt wurde. Auf telefonische Nachfrage der Beklagten teilte die Internistin F. mit, sie habe am 5. September 2012 keine AU-Bescheinigung ausgestellt. Auch die Fachärztin O. verneinte die Ausstellung einer AU-Bescheinigung am 6. September 2012. Sie habe erst am 1. November 2012 rückwirkend ab 18. Oktober 2011 Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnosen F.40.01 (Soziale Phobien), F45.1 (undifferenzierte Somatisierungsstörungen) und F33.1 (rezidivierende depressive Störungen, gegenwärtig mittlere Episode) bescheinigt. Die Internistin F. bescheinigte am 25. Oktober 2012 ab diesem Tag Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnose I51.8 (Sonstige ungenau bezeichnete Herzkrankheiten). Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11. Februar 2013 die Aufhebung des "Bescheides" vom 6. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2013 begehrt und vorgetragen, sie sei auch nach Abschluss der Rehabilitationsmaß-nahme weiterhin arbeitsunfähig gewesen. Mit Verfügung vom 18. Februar 2013 hat Richterin am Sozialgericht (RinSG) W. sie aufgefordert, einen sachdienlichen Antrag zu stellen. Daraufhin hat diese die Feststellung beantragt, dass das Versicherungsverhältnis zwischen den Beteiligten unverändert fortbesteht. Mit Verfügung vom 6. März 2013 hat RinSG W. ihr mitgeteilt, der Feststellungsantrag sei unzulässig; sie begehre offensichtlich Krankengeld. Seit dem 5. September 2013 bestehe kein Versicherungsschutz mehr. Die Rechtsverfolgung sei missbräuchlich. Für den Fall der Aufrechterhaltung der Klage sei beabsichtigt, ihr durch Beschluss nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Kosten in Höhe von 700 EUR aufzuerlegen. Mit Schriftsatz vom 12. März 2013 hat die Klägerin hilfsweise die Zahlung von Krankengeld beantragt und am 29. April 2013 beantragt, RinSG W. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Mit Beschluss vom 13. Juni 2013 (Az.: S 38 SF 229/13 AB), zugestellt am 27. Juni 2013, hat das Sozialgericht (SG) das Gesuch der Klägerin als unbegründet abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 13. Oktober 2013 (Az.: L 6 SF 1136/13 B) verworfen. Mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2013, zugestellt am 5. Juli 2013, hat die 38. Kammer des SG durch RinSG W. die Klage abgewiesen und die Klägerin verpflichtet, Verfahrenskosten in Höhe von 700 EUR an die Staatskasse zu zahlen. Die Klägerin habe über den 4. September 2012 hinaus keinen Anspruch auf Krankengeld, weil sie ab dem 5. September 2012 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert gewesen sei. Die Mutwilligkeit hat das SG nicht begründet.
Mit der Berufung macht die Klägerin geltend, die Vorsitzende der 38. Kammer des SG sei überhaupt nicht befugt gewesen, über die Klage zu entscheiden, weil noch keine rechtskräftige Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschluss vom 13. Juni 2013 vorgelegen habe. Zudem habe sie ärztliche Bescheinigungen vorgelegt, wonach sie über den 4. September 2012 hinaus arbeitsunfähig erkrankt war. Sie habe auch alles in ihrer Macht Stehende getan, um eine Bescheinigung der behandelnden Ärzte zu erlangen. Sie habe sich mit der Einschätzung im Rehabilitationsentlassungsbericht, sie sei arbeitsfähig, gegenüber der Dipl.-Psych. R. nicht einverstanden erklärt und die Fachärztin O. habe ihr am 6. September 2012 die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bestätigt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 26. Juni 2013 sowie den Verwaltungsakt der Beklagten vom 6. September 2012 und den Bescheid vom 18. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 5. September 2012 Krankengeld in Höhe von täglich 22,61 Euro brutto bis zum Erreichen der Höchstanspruchsdauer zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlich ergangenen Gerichtsbescheids und die Gründe des Widerspruchsbescheids. Die Höchstanspruchsdauer wäre am 12. April 2013 erreicht gewesen, sofern die Klägerin ab dem 12. März 2013 keine Leistungen des Rentenversicherungsträgers erhalten habe.
Die Fachärztin O. hat auf Nachfrage des Senats mitgeteilt, die Klägerin habe von der Helferin am 5. September 2012 den Termin am 6. September 2012 erhalten. Sie habe die Arbeitsunfähigkeit wie zuvor auf einem Auszahlschein der Krankenkasse attestieren wollen, aber dann nach Rücksprache mit der Beklagten die Information erhalten, dass die Klägerin sich bei der ARGE melden sollte, weil sie aus der Rehabilitationsmaßnahme arbeitsfähig entlassen worden sei. Bei der Wiedervorstellung am 1. November 2012 habe sie der Klägerin Arbeitsunfähigkeit in Form einer Folgebescheinigung auf einem entsprechenden Formular bescheinigt. Diese Praxis habe sie bis zur erneuten teilstationären Aufnahme der Klägerin am 18. März 2013 beibehalten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Soweit die Klägerin eine verfahrensfehlerhafte erstinstanzliche Entscheidung moniert, weil die Vorsitzende der 38. Kammer entgegen § 47 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2013 die Klage abgewiesen hat, liegt kein Verfahrensfehler vor, weil die Beschwerde gegen den Beschluss 13. Oktober 2013 - Az.: L 6 SF 1136/13 B - nach § 172 Abs. 2 SGG gesetzlich ausgeschlossen und damit bereits unstatthaft war.
Hinsichtlich der Antragstellung im erstinstanzlichen Klageverfahren wäre die Kammervorsitzende verpflichtet gewesen, darauf hinzuwirken, dass unklare Anträge erläutert und sachdienliche Anträge gestellt werden. § 106 Abs. 1 SGG i.V.m. § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG ist eine Kernregelung des sozialgerichtlichen Verfahrens und beinhaltet eine Fürsorgepflicht, z.B. in Bezug auf Hinweispflichten, insbesondere gegenüber rechtlich nicht bewanderten Beteiligten (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 106 Rn. 2 und 4). Im Falle der Vertretung durch rechtskundige Personen ist sie geringer, entfällt aber nicht. Grundsätzlich soll den Beteiligten der richtige Weg gewiesen werden, wie sie ihr Ziel am besten und zweckmäßigsten erreichen können. Hat ein Rechtsanwalt Anträge formuliert, kann das Gericht zwar davon ausgehen, dass gewollt ist, was sie besagen. Gibt ein Antrag das aus den Umständen erkennbare Prozessbegehren aber nur unvollständig wieder, muss die Kammervorsitzende zur Klarstellung auffordern und Formulierungshilfe leisten. Hier gab der ursprünglich gestellte Anfechtungsantrag das Begehren der Klägerin - die Gewährung von Krankengeld - nur unzureichend wieder, weil kein Leistungsantrag gestellt war. Das Begehren war aber offensichtlich, sodass die Vorsitzende eine entsprechende Formulierungshilfe hätte leisten müssen. Dies hat der Senat nachgeholt, so dass im Berufungsverfahren nunmehr ein vollständiger und korrigierter Antrag - auch mit dem Begehren, den mündlichen Verwaltungsakt vom 6. September 2012 aufzuheben - vorliegt.
Der mündliche Verwaltungsakt der Beklagten vom 6. September 2012 (den die Vorinstanz nicht erwähnt) und der Bescheid vom 18. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat ab dem 5. September 2012 keinen Anspruch auf Krankengeld in Höhe von 22,61 EUR brutto täglich. Die den Krankengeldanspruch vermittelnde, auf einem Leistungsbezug beruhende Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten endete mit Ablauf des 4. September 2012. Die Klägerin kann einen Anspruch auf Krankengeld für die Zeit ab dem 5. September 2012 auch nicht ganz oder teilweise auf § 19 Abs. 2 SGB V stützen.
Nach § 44 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Fassung vom 17. Juli 2009 (gültig ab 1. August 2009 bis 22. Juli 2015 = a.F.) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4 SGB V, §§ 24, 40 Abs. 2 SGB und § 41 SGB V) behandelt werden. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Ver-sicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbe-standes für Krankengeld vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - Az.: B 1 KR 25/14 R m.w.N., nach juris). Nach § 46 Satz 1 SGB V a.F. entsteht der Anspruch auf Krankengeld (1) bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4 SGB, § 24 SGB V, § 40 Abs. 2 SGB V und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an, (2) im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Das Gesetz bietet weder einen Anhalt für ein Verständnis des § 46 S 1 Nr. 2 SGB V als bloße Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeldanspruch nach § 44 SGB V schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014- Az.: B 1 KR 25/14 R, nach juris). Die durch den Leistungsbezug begründete Mitgliedschaft endete nicht mit dem Ablauf des Tages, an dem der Leistungsbezug endete (§ 190 Abs. 2 Nr. 12 SGB V), sondern bestand über den 18. Oktober 2011 hinaus unter den Voraussetzungen des § 192 SGB V fort. Sie bleibt u.a. nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht und nach § 192 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, solange von einem Rehabilitationsträger während einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld gezahlt wird. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verweist damit wieder auf die Vorschriften über den Krankengeldanspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Die Mitgliedschaft der Klägerin blieb aufgrund des Bezuges von Krankengeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bzw. des Bezuges von Leistungen nach § 192 Abs. 1 Nr. 3 SGB V bis zum 4. September 2013 erhalten. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V - wenn keine stationäre Behandlung bzw. Rehabilitationsmaßnahmen erfolgen -, nur aufgrund ärztlicher Feststellung (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2005 - Az.: B 1 KR 30/04 R, nach juris). Für den Umfang des Versicherungsschutzes ist demgemäß auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Es reicht allerdings aus, dass Versicherte am letzten Tag des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld - hier des Versicherungsver-hältnisses aufgrund der aufrecht erhaltenen Mitgliedschaft - alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Beendigung des Ablaufs dieses Tages - und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages einen Krankengeldanspruch entstehen zu lassen (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2014- Az.: B 1 KR 25/14 R und 10. Mai 2012 - Az.: B 1 KR 19/11 R m.w.N., beide nach juris).
Die Klägerin wurde am 4. September 2012 aus der Rehabilitationsmaßnahme arbeitsfähig für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sowie für den allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen. Der von der Internistin F. am 23. Juli 2012 unterzeichnete Auszahlschein - Ärztliche Bescheinigung zur Erlangung von Krankengeld/Verletztengeld - war zu diesem Zeitpunkt überholt, weil sich die Klägerin zum vereinbarten Wiedervorstellungstermin in der Rehabilitationsmaßnahme befand. Sie suchte am 4. September 2012 nicht ihre behandelnde Ärztin - die Internistin F. - auf, um entgegen den Feststellungen im Rehabilitationsentlassungsbericht Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen. Damit wurde ihre Mitgliedschaft nicht über den 4. September 2012 hinaus aufrechterhalten. Als sie am Donnerstag den 6. September 2012 erstmals nach Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme die Fachärztin O. aufsuchte, war sie nach § 5 Nr. 13 SGB V ohne Anspruch auf Krankengeld versichert (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). Unabhängig davon, ob die Fachärztin O. am 6. September 2012 tatsächlich die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin feststellte - eine der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweise Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) entsprechende AU-Bescheinigung füllte sie nicht aus - hat die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeit jedenfalls nicht am 4. September 2012 feststellen lassen. Die Auskunft der Fachärztin O. vom 10. März 2014, sie habe die weitere Arbeitsunfähigkeit wie bisher auf einem Auszahlschein der Beklagten attestieren wollen, ist nicht stichhaltig, weil nicht sie, sondern die Internistin F. zuvor Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hatte.
Folgen der unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sind grundsätzlich vom Versicherten zu tragen. Die Ausschlussregelung des § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ist strikt zu handhaben. Ausnahmen hiervon hat das BSG nur in engen Grenzen anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2005 - Az.: B 1 KR 30/04 R, nach juris Rn. 18 ff.). Hat ein Versicherter (1.) alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan, um seine Ansprüche zu wahren, wurde er (2.) daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert (z.B. durch die Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und des MDK) und macht er (3.) seine Rechte bei der Kasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Klägerin hat nicht alles in ihrer Macht Stehende und ihr Zumutbare getan, um die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit über den 4. September 2012 hinaus zu erlangen. Ausgangspunkt der Verteilung von Obliegenheiten und Risiken zwischen dem Versicherten und dem Versicherungsträger ist, dass der kraft des Mitgliedschaftsverhältnisses hierzu berechtigte Versicherte einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt aufzusuchen und seine Beschwerden zu schildern hat, um die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erreichen. Laut Rehabilitationsentlassungsbericht vom 14. September 2012, unterzeichnet u.a. von den Ärzten Dres. C. und B., war sie zu diesem Zeitpunkt mit der sozialmedizinischen Einschätzung einverstanden. Die Klägerin behauptet selbst nicht, gegenüber den Ärzten Bedenken bezüglich der Einschätzung ihrer Arbeitsfähigkeit vorgetragen zu haben. Sie hat auch keine Gründe dafür vorgetragen, warum sie nicht am 4. September 2012 die behandelnde Internistin F., die zuvor die AU-Bescheinigungen ausgestellt hatte, aufgesucht oder bei der Beklagten um Rat nachgesucht hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit an einer Wiedervorstellung beim Arzt gehindert war oder durch die Beklagte am 4. September 2012 falsch beraten wurde, liegen nicht vor (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - Az.: B 1 KR 25/14 R, nach juris).
Die Klägerin hat auch keinen Krankengeldanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V. Sie war ab dem 5. September 2012 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ohne Krankengeldanspruch versichert. Dieser neue Status ist gegenüber der Auffangregelung des § 19 Abs. 2 SGB V vorrangig und schließt in Bezug auf das Krankengeld weitere Ansprüche aus (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 - Az.: B 1 KR 19/11 R, nach juris).
Anhaltspunkte dafür, dass sie aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen wäre, als hätte sie am 4. September 2012 Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen lassen, bestehen nicht.
Die Kostenentscheidung des SG hinsichtlich der Auferlegung von Missbrauchskosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG war aufzuheben. Nach § 192 Abs. 1 SGG kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass (2) der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Hier lag keine Fallgestaltung vor, in der der Klägerin Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung vorgeworfen werden kann, weil sie entgegen den Hinweisen der Vorsitzenden die Klage nicht zurückgenommen hat. Diese liegt z.B. dann vor, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 192 Rn. 10 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall, weil die Klägerin sich letztendlich auf einen Ausnahmefall zu § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB berufen hat und dies nicht von vornherein völlig aussichtslos war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Krankengeld ab dem 5. September 2012 streitig.
Die 1983 geborene Klägerin war bei der Beklagten als Bezieherin von Arbeitslosengeld pflichtversichert. Seit dem 19. Oktober 2011 war sie wegen der Diagnosen F32.1 (rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode) und F40.1 (Soziale Phobie) arbeitsunfähig erkrankt und bezog Krankengeld. Am 23. Juli 2012 stellte die Fachärztin für Innere Medizin F. (im Folgenden: Internistin) einen Auszahlschein für den (weiteren) Bezug von Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit ab dem 23. Juli 2012 "bis auf weiteres" aus; nächster Vorstellungstermin sei der 31. August 2012. Vom 24. Juli bis 4. September 2012 (einem Dienstag) nahm die Klägerin eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der B. M. AG wahr. Laut Rehabilitationsentlassungsbericht vom 14. September 2012 wurde sie für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Zahnarzthelferin arbeitsfähig entlassen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe vollschichtige Leistungsfähigkeit für mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel. In der sozialmedizinischen Epikrise ist u.a. vermerkt: "Frau G. war mit der sozialmedizinischen Einschätzung einverstanden".
Am 6. September 2012 begehrte die Klägerin telefonisch von der Beklagten die Weiterzahlung des Krankengeldes. Sie gab an, an diesem Tag die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie (im Folgenden: Fachärztin) O. aufgesucht zu haben, die sie weiterhin für arbeitsunfähig beurteile. Die Beklagte teilte ihr mit, für sie sei maßgebend, dass sie arbeitsfähig aus der Rehabilitationsmaßnahme entlassen worden sei. Sie hätte sich am 5. September 2012 bei der Bundesagentur für Arbeit melden müssen und könne sich gegebenenfalls eine neue Erst-bescheinigung ausstellen lassen. Am 14. September 2012 wandte sich die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten erneut an die Beklagte und begehrte die Auszahlung von Krankengeld, weil sie weiterhin arbeitsunfähig erkrankt sei. Diese teilte ihr unter dem 18. September 2012 mit, ihr liege keine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) vor. Eine Gewährung von Krankengeld über den 4. September 2012 hinaus könne nicht erfolgen, weil sie nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert sei. Für eine mitgliedschaftserhaltende Wirkung des Krankengeldes müsse die Arbeitsunfähigkeit lückenlos nachgewiesen werden. Die Klägerin hielt dem entgegen, dass die Praxis der Fachärztin O. am 4. September 2012 geschlossen gewesen sei. Sie habe deshalb am 5. September 2012 dort angerufen, aber erst am 6. September 2012 einen Termin erhalten. Sie reichte unter dem 6. November 2012 eine ärztliche Bescheinigung der Fachärztin O. vom 1. November 2012 ein, wonach nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme keine ausreichende psychische Belastbarkeit bestand und die Klägerin deshalb von ihr als arbeitsunfähig eingeschätzt wurde. Auf telefonische Nachfrage der Beklagten teilte die Internistin F. mit, sie habe am 5. September 2012 keine AU-Bescheinigung ausgestellt. Auch die Fachärztin O. verneinte die Ausstellung einer AU-Bescheinigung am 6. September 2012. Sie habe erst am 1. November 2012 rückwirkend ab 18. Oktober 2011 Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnosen F.40.01 (Soziale Phobien), F45.1 (undifferenzierte Somatisierungsstörungen) und F33.1 (rezidivierende depressive Störungen, gegenwärtig mittlere Episode) bescheinigt. Die Internistin F. bescheinigte am 25. Oktober 2012 ab diesem Tag Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnose I51.8 (Sonstige ungenau bezeichnete Herzkrankheiten). Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11. Februar 2013 die Aufhebung des "Bescheides" vom 6. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2013 begehrt und vorgetragen, sie sei auch nach Abschluss der Rehabilitationsmaß-nahme weiterhin arbeitsunfähig gewesen. Mit Verfügung vom 18. Februar 2013 hat Richterin am Sozialgericht (RinSG) W. sie aufgefordert, einen sachdienlichen Antrag zu stellen. Daraufhin hat diese die Feststellung beantragt, dass das Versicherungsverhältnis zwischen den Beteiligten unverändert fortbesteht. Mit Verfügung vom 6. März 2013 hat RinSG W. ihr mitgeteilt, der Feststellungsantrag sei unzulässig; sie begehre offensichtlich Krankengeld. Seit dem 5. September 2013 bestehe kein Versicherungsschutz mehr. Die Rechtsverfolgung sei missbräuchlich. Für den Fall der Aufrechterhaltung der Klage sei beabsichtigt, ihr durch Beschluss nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Kosten in Höhe von 700 EUR aufzuerlegen. Mit Schriftsatz vom 12. März 2013 hat die Klägerin hilfsweise die Zahlung von Krankengeld beantragt und am 29. April 2013 beantragt, RinSG W. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Mit Beschluss vom 13. Juni 2013 (Az.: S 38 SF 229/13 AB), zugestellt am 27. Juni 2013, hat das Sozialgericht (SG) das Gesuch der Klägerin als unbegründet abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 13. Oktober 2013 (Az.: L 6 SF 1136/13 B) verworfen. Mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2013, zugestellt am 5. Juli 2013, hat die 38. Kammer des SG durch RinSG W. die Klage abgewiesen und die Klägerin verpflichtet, Verfahrenskosten in Höhe von 700 EUR an die Staatskasse zu zahlen. Die Klägerin habe über den 4. September 2012 hinaus keinen Anspruch auf Krankengeld, weil sie ab dem 5. September 2012 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert gewesen sei. Die Mutwilligkeit hat das SG nicht begründet.
Mit der Berufung macht die Klägerin geltend, die Vorsitzende der 38. Kammer des SG sei überhaupt nicht befugt gewesen, über die Klage zu entscheiden, weil noch keine rechtskräftige Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschluss vom 13. Juni 2013 vorgelegen habe. Zudem habe sie ärztliche Bescheinigungen vorgelegt, wonach sie über den 4. September 2012 hinaus arbeitsunfähig erkrankt war. Sie habe auch alles in ihrer Macht Stehende getan, um eine Bescheinigung der behandelnden Ärzte zu erlangen. Sie habe sich mit der Einschätzung im Rehabilitationsentlassungsbericht, sie sei arbeitsfähig, gegenüber der Dipl.-Psych. R. nicht einverstanden erklärt und die Fachärztin O. habe ihr am 6. September 2012 die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bestätigt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 26. Juni 2013 sowie den Verwaltungsakt der Beklagten vom 6. September 2012 und den Bescheid vom 18. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 5. September 2012 Krankengeld in Höhe von täglich 22,61 Euro brutto bis zum Erreichen der Höchstanspruchsdauer zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlich ergangenen Gerichtsbescheids und die Gründe des Widerspruchsbescheids. Die Höchstanspruchsdauer wäre am 12. April 2013 erreicht gewesen, sofern die Klägerin ab dem 12. März 2013 keine Leistungen des Rentenversicherungsträgers erhalten habe.
Die Fachärztin O. hat auf Nachfrage des Senats mitgeteilt, die Klägerin habe von der Helferin am 5. September 2012 den Termin am 6. September 2012 erhalten. Sie habe die Arbeitsunfähigkeit wie zuvor auf einem Auszahlschein der Krankenkasse attestieren wollen, aber dann nach Rücksprache mit der Beklagten die Information erhalten, dass die Klägerin sich bei der ARGE melden sollte, weil sie aus der Rehabilitationsmaßnahme arbeitsfähig entlassen worden sei. Bei der Wiedervorstellung am 1. November 2012 habe sie der Klägerin Arbeitsunfähigkeit in Form einer Folgebescheinigung auf einem entsprechenden Formular bescheinigt. Diese Praxis habe sie bis zur erneuten teilstationären Aufnahme der Klägerin am 18. März 2013 beibehalten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Soweit die Klägerin eine verfahrensfehlerhafte erstinstanzliche Entscheidung moniert, weil die Vorsitzende der 38. Kammer entgegen § 47 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2013 die Klage abgewiesen hat, liegt kein Verfahrensfehler vor, weil die Beschwerde gegen den Beschluss 13. Oktober 2013 - Az.: L 6 SF 1136/13 B - nach § 172 Abs. 2 SGG gesetzlich ausgeschlossen und damit bereits unstatthaft war.
Hinsichtlich der Antragstellung im erstinstanzlichen Klageverfahren wäre die Kammervorsitzende verpflichtet gewesen, darauf hinzuwirken, dass unklare Anträge erläutert und sachdienliche Anträge gestellt werden. § 106 Abs. 1 SGG i.V.m. § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG ist eine Kernregelung des sozialgerichtlichen Verfahrens und beinhaltet eine Fürsorgepflicht, z.B. in Bezug auf Hinweispflichten, insbesondere gegenüber rechtlich nicht bewanderten Beteiligten (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 106 Rn. 2 und 4). Im Falle der Vertretung durch rechtskundige Personen ist sie geringer, entfällt aber nicht. Grundsätzlich soll den Beteiligten der richtige Weg gewiesen werden, wie sie ihr Ziel am besten und zweckmäßigsten erreichen können. Hat ein Rechtsanwalt Anträge formuliert, kann das Gericht zwar davon ausgehen, dass gewollt ist, was sie besagen. Gibt ein Antrag das aus den Umständen erkennbare Prozessbegehren aber nur unvollständig wieder, muss die Kammervorsitzende zur Klarstellung auffordern und Formulierungshilfe leisten. Hier gab der ursprünglich gestellte Anfechtungsantrag das Begehren der Klägerin - die Gewährung von Krankengeld - nur unzureichend wieder, weil kein Leistungsantrag gestellt war. Das Begehren war aber offensichtlich, sodass die Vorsitzende eine entsprechende Formulierungshilfe hätte leisten müssen. Dies hat der Senat nachgeholt, so dass im Berufungsverfahren nunmehr ein vollständiger und korrigierter Antrag - auch mit dem Begehren, den mündlichen Verwaltungsakt vom 6. September 2012 aufzuheben - vorliegt.
Der mündliche Verwaltungsakt der Beklagten vom 6. September 2012 (den die Vorinstanz nicht erwähnt) und der Bescheid vom 18. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat ab dem 5. September 2012 keinen Anspruch auf Krankengeld in Höhe von 22,61 EUR brutto täglich. Die den Krankengeldanspruch vermittelnde, auf einem Leistungsbezug beruhende Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten endete mit Ablauf des 4. September 2012. Die Klägerin kann einen Anspruch auf Krankengeld für die Zeit ab dem 5. September 2012 auch nicht ganz oder teilweise auf § 19 Abs. 2 SGB V stützen.
Nach § 44 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Fassung vom 17. Juli 2009 (gültig ab 1. August 2009 bis 22. Juli 2015 = a.F.) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4 SGB V, §§ 24, 40 Abs. 2 SGB und § 41 SGB V) behandelt werden. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Ver-sicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbe-standes für Krankengeld vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - Az.: B 1 KR 25/14 R m.w.N., nach juris). Nach § 46 Satz 1 SGB V a.F. entsteht der Anspruch auf Krankengeld (1) bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4 SGB, § 24 SGB V, § 40 Abs. 2 SGB V und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an, (2) im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Das Gesetz bietet weder einen Anhalt für ein Verständnis des § 46 S 1 Nr. 2 SGB V als bloße Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeldanspruch nach § 44 SGB V schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014- Az.: B 1 KR 25/14 R, nach juris). Die durch den Leistungsbezug begründete Mitgliedschaft endete nicht mit dem Ablauf des Tages, an dem der Leistungsbezug endete (§ 190 Abs. 2 Nr. 12 SGB V), sondern bestand über den 18. Oktober 2011 hinaus unter den Voraussetzungen des § 192 SGB V fort. Sie bleibt u.a. nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht und nach § 192 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, solange von einem Rehabilitationsträger während einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld gezahlt wird. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verweist damit wieder auf die Vorschriften über den Krankengeldanspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Die Mitgliedschaft der Klägerin blieb aufgrund des Bezuges von Krankengeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bzw. des Bezuges von Leistungen nach § 192 Abs. 1 Nr. 3 SGB V bis zum 4. September 2013 erhalten. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V - wenn keine stationäre Behandlung bzw. Rehabilitationsmaßnahmen erfolgen -, nur aufgrund ärztlicher Feststellung (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2005 - Az.: B 1 KR 30/04 R, nach juris). Für den Umfang des Versicherungsschutzes ist demgemäß auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Es reicht allerdings aus, dass Versicherte am letzten Tag des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld - hier des Versicherungsver-hältnisses aufgrund der aufrecht erhaltenen Mitgliedschaft - alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Beendigung des Ablaufs dieses Tages - und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages einen Krankengeldanspruch entstehen zu lassen (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2014- Az.: B 1 KR 25/14 R und 10. Mai 2012 - Az.: B 1 KR 19/11 R m.w.N., beide nach juris).
Die Klägerin wurde am 4. September 2012 aus der Rehabilitationsmaßnahme arbeitsfähig für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sowie für den allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen. Der von der Internistin F. am 23. Juli 2012 unterzeichnete Auszahlschein - Ärztliche Bescheinigung zur Erlangung von Krankengeld/Verletztengeld - war zu diesem Zeitpunkt überholt, weil sich die Klägerin zum vereinbarten Wiedervorstellungstermin in der Rehabilitationsmaßnahme befand. Sie suchte am 4. September 2012 nicht ihre behandelnde Ärztin - die Internistin F. - auf, um entgegen den Feststellungen im Rehabilitationsentlassungsbericht Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen. Damit wurde ihre Mitgliedschaft nicht über den 4. September 2012 hinaus aufrechterhalten. Als sie am Donnerstag den 6. September 2012 erstmals nach Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme die Fachärztin O. aufsuchte, war sie nach § 5 Nr. 13 SGB V ohne Anspruch auf Krankengeld versichert (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). Unabhängig davon, ob die Fachärztin O. am 6. September 2012 tatsächlich die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin feststellte - eine der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweise Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) entsprechende AU-Bescheinigung füllte sie nicht aus - hat die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeit jedenfalls nicht am 4. September 2012 feststellen lassen. Die Auskunft der Fachärztin O. vom 10. März 2014, sie habe die weitere Arbeitsunfähigkeit wie bisher auf einem Auszahlschein der Beklagten attestieren wollen, ist nicht stichhaltig, weil nicht sie, sondern die Internistin F. zuvor Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hatte.
Folgen der unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sind grundsätzlich vom Versicherten zu tragen. Die Ausschlussregelung des § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ist strikt zu handhaben. Ausnahmen hiervon hat das BSG nur in engen Grenzen anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2005 - Az.: B 1 KR 30/04 R, nach juris Rn. 18 ff.). Hat ein Versicherter (1.) alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan, um seine Ansprüche zu wahren, wurde er (2.) daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert (z.B. durch die Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und des MDK) und macht er (3.) seine Rechte bei der Kasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Klägerin hat nicht alles in ihrer Macht Stehende und ihr Zumutbare getan, um die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit über den 4. September 2012 hinaus zu erlangen. Ausgangspunkt der Verteilung von Obliegenheiten und Risiken zwischen dem Versicherten und dem Versicherungsträger ist, dass der kraft des Mitgliedschaftsverhältnisses hierzu berechtigte Versicherte einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt aufzusuchen und seine Beschwerden zu schildern hat, um die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erreichen. Laut Rehabilitationsentlassungsbericht vom 14. September 2012, unterzeichnet u.a. von den Ärzten Dres. C. und B., war sie zu diesem Zeitpunkt mit der sozialmedizinischen Einschätzung einverstanden. Die Klägerin behauptet selbst nicht, gegenüber den Ärzten Bedenken bezüglich der Einschätzung ihrer Arbeitsfähigkeit vorgetragen zu haben. Sie hat auch keine Gründe dafür vorgetragen, warum sie nicht am 4. September 2012 die behandelnde Internistin F., die zuvor die AU-Bescheinigungen ausgestellt hatte, aufgesucht oder bei der Beklagten um Rat nachgesucht hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit an einer Wiedervorstellung beim Arzt gehindert war oder durch die Beklagte am 4. September 2012 falsch beraten wurde, liegen nicht vor (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - Az.: B 1 KR 25/14 R, nach juris).
Die Klägerin hat auch keinen Krankengeldanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V. Sie war ab dem 5. September 2012 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ohne Krankengeldanspruch versichert. Dieser neue Status ist gegenüber der Auffangregelung des § 19 Abs. 2 SGB V vorrangig und schließt in Bezug auf das Krankengeld weitere Ansprüche aus (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 - Az.: B 1 KR 19/11 R, nach juris).
Anhaltspunkte dafür, dass sie aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen wäre, als hätte sie am 4. September 2012 Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen lassen, bestehen nicht.
Die Kostenentscheidung des SG hinsichtlich der Auferlegung von Missbrauchskosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG war aufzuheben. Nach § 192 Abs. 1 SGG kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass (2) der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Hier lag keine Fallgestaltung vor, in der der Klägerin Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung vorgeworfen werden kann, weil sie entgegen den Hinweisen der Vorsitzenden die Klage nicht zurückgenommen hat. Diese liegt z.B. dann vor, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 192 Rn. 10 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall, weil die Klägerin sich letztendlich auf einen Ausnahmefall zu § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB berufen hat und dies nicht von vornherein völlig aussichtslos war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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