Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 3305/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 251/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. November 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung der Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1947 geborene Kläger besuchte ab April 1954 bis März 1962 die damalige Volksschule. Nach dem folgenden zweijährigen Besuch der Handelsschule erreichte er mit der Mittleren Reife einen mittleren Schulabschluss. Anschließend wurde er zum Bankkaufmann ausgebildet und arbeitete in diesem Beruf bis 1974, bevor er eine Beschäftigung als Buchhalter bei einem Bauunternehmen aufnahm. Während dieser Tätigkeit bildete er sich zum Steuerbevollmächtigten weiter. Ab 1980 war er als solcher selbstständig tätig. Noch in den 1980er Jahren legte er erfolgreich die Prüfungen zum Steuerberater und vereidigten Buchprüfer ab. Seit einer Krebserkrankung des Dickdarmes war er ab Mitte Januar 1999 arbeitsunfähig. Der Vater des Klägers betrieb eine Bau- und Möbelschreinerei mit Fensterbau, wo zeitweise bis zu 37 Personen beschäftigt waren. Der Kläger arbeitete dort nach eigenen Angaben seit Januar 1960 nebenberuflich mit, später war er auch Mitgesellschafter des Unternehmens.
Am 4. Januar 2000 hatten der Kläger und seine Schwester A. B. einen Vertrag über eine Forderungsabtretung geschlossen, wonach er zur Begleichung einer Verbindlichkeit in Höhe von mindestens 900.000 DM erfüllungshalber alle gegenwärtigen und künftigen fortlaufenden Ansprüche auf Zahlung von Rente "wegen Altersruhegeld, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit" gegenüber der Holz-Berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, in Höhe der nach § 850c Zivilprozessordnung (ZPO) in der jeweils gültigen Fassung pfändbaren Beträge in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) abgetreten hat. Aufgrund zweier Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Waldkirch vom 10. Februar 2000 (Geschäftsnummern: 4 M 137/00 und 4 M 138/00) wurden schließlich wegen Ansprüchen dieser Schwester des Klägers in Höhe von 270.408,61 DM und 326.186,70 DM Forderungen gegen die Holz-Berufsgenossenschaft auf künftige Zahlungen einer laufenden Rente "wegen Alters- oder Erwerbsunfähigkeit" unter Beschränkung gemäß § 850c ZPO gepfändet.
Am 3. Februar 2000 beantragte der Kläger bei der Holz-Berufsgenossenschaft die Anerkennung einer Berufskrankheit und die Gewährung einer Rente. Er gab im April 2000 an, von Januar 1960 bis Dezember 1991 im Nebenberuf bei seinem Vater beschäftigt gewesen zu sein. Er habe werktäglich durchschnittlich drei Stunden und samstags voll gearbeitet. Er habe Sägearbeiten mit der Kreissäge, Schleifarbeiten mit dem Rüttler an Werkteilen aus Holz und Kunststoff sowie Fundierungsarbeiten durch Imprägnierung des Holzes ausgeführt, mit Holzschutzmitteln und Farben gestrichen und gespritzt, mit Lösemitteln und Glaswolle die Fensterrahmen und -beschläge gereinigt, Abbeizarbeiten erledigt, gehobelt sowie in den Feuerröhren des Lokomobils, einer Dampfmaschinenanlage, Kesselreinigungsarbeiten vorgenommen. Die Beschäftigung sei in geschlossenen Räumen ausgeübt worden. Eine Absaugvorrichtung sei ab 1968 nur partiell an der Hobelmaschine vorhanden gewesen. Die Werkstatt habe 50 m2 eingenommen und deren Raumhöhe 2,20 m betragen. Der Maschinensaal sei 120 m2 groß gewesen, bei einer Raumhöhe bis 2,80 m. Am Arbeitsplatz seien folgende Mittel und Stoffe zum Einsatz gekommen: Jeniozell AE, Arti-Räucherbeize, Asbest, Eternit, Xylamon, Xyladecor, Trichlorethen (früher: Trichloräthylen), 3 M-Kleber, Flexomer Primer No. 300, Lindan, Nitroverdünner, Formaldehyd, Ätznatronlauge und Phenylcyclohexylpiperidin (PCP).
Nach einem stationären Aufenthalt des Klägers im St. J.-Krankenhauses in Freiburg vom 19. bis 25. Januar 1999 hatte Prof. Dr. Z., Chefarzt der Inneren Abteilung, einen ausgedehnten Colon ascendenz-Tumor mit massiver, chronischer Blutungsanämie, eine Nephrolithiasis links und eine erosive Antrumgastritis mit positivem Helicobacter pylori-Nachweis diagnostiziert. Ursache der chronischen Blutungsanämie sei der nachgewiesene ausgedehnte Colon ascendenz-Tumor gewesen.
Nach dem Entlassungsbericht des Chefarztes der Psychosomatischen Abteilung der Habichtswald-Klinik in Kassel, dem Facharzt für Psychotherapeutische Medizin und Psychiatrie Dr. K. von Aschoff, über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 28. September bis 17. Dezember 1999 wurden ein hirnorganisches Psychosyndrom (ICD-10 F07.9), der Verdacht auf eine anankastische Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.5), ein Adenokarzinom des Colon ascendens, pT3 pN0 M0, partiell schleimbildend, mit Erstdiagnose im Januar 1999 (ICD-10 C18.2), ein Zustand nach Hemikolektomie rechts im Januar 1999 und von sechs Zyklen einer adjuvanten Chemotherapie mit 5-Fluoruracil (5-FU) von Februar bis Juli 1999, eine Nephrolithiasis links (ICD-10 N20.0) sowie eine beidseitige Sprunggelenksarthrose (ICD-10 M19.9) diagnostiziert. Beim Aufnahmegespräch habe der Kläger über sehr starke Konzentrationsstörungen, ein äußerst herabgesetztes Erinnerungsvermögen, eine innere Unruhe und eine insgesamt erheblich verminderte körperliche Belastbarkeit sowie über Durchschlafstörungen mit Nachtschweiß geklagt. Er habe angegeben, alle zwei Stunden "schachmatt" zu sein, er könne sich "gerade hinlegen und schlafen".
Das Vorliegen eines hirnorganischen Psychosyndroms erscheine ihm aus folgenden Gründen wahrscheinlich: subjektiv beklagt worden seien ein starkes Nachlassen des ehemals hervorragenden Gedächtnisses, eine erheblich nachgelassene Konzentrationsfähigkeit, nur eine geringe Leistungsfähigkeit, eine innere Unruhe und Schlafstörungen sowie eine vermehrte vegetative Übererregbarkeit. Die Unfähigkeit zur Berufsausübung habe seit etwa zwei Jahren bestanden. Es gebe in Bezug auf einen Hirnabbau eine familienanamnetische Belastung. So sei der Vater achtzehn Jahre lang zunehmend verwirrt und pflegebedürftig gewesen. Die Brüder des Vaters litten ebenfalls an dieser Gesundheitsstörung. Fremdanamestisch sei die Persönlichkeitsveränderung ab etwa 1994 beobachtet worden. Im Computertomogramm (CT) hätten sich bifrontal erweiterte äußere Liquorräume gezeigt. Die Elektroenzephalographie (EEG) sei an der Grenze zur leichten Allgemeinveränderung gewesen. Mittels des Trail-Making-Tests (TMT) und eines Kurztests zur Erfassung von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen (Soziales Kompetenztraining - SKT) sei testpsychologisch eine psychomotorische Verlangsamung nachgewiesen worden, wahrscheinlich hirnorganisch bedingt. Ferner habe sich ein klinisches Bild mit Voralterung, Weitschweifigkeit, thematischer bis allgemeiner Einengung des Denkfeldes, Perseveration, Affektlabilität und ebenfalls psychomotorischer Verlangsamung gezeigt.
Die Ätiologie des hirnorganischen Psychosyndroms sei nicht mit Sicherheit zu benennen. Da vaskuläre, entzündliche oder lokalisierte degenerative Veränderungen nicht nachgewiesen seien, erscheine eine familiäre Form eines vorzeitigen diffusen Hirnabbaus am Wahrscheinlichsten. Die Störungen seien so erheblich, dass der Kläger allein deswegen nicht für erwerbsfähig gehalten werde. Die Erwerbsunfähigkeit beziehe sich sowohl auf seinen bisherigen Beruf als Steuerberater als auch auf Verweisungsberufe. Wegen der nicht auszuschließenden Progredienz des Leidens gehe er von einer dauerhaften Einschränkung aus. Zudem leide der Kläger an der angeführten Tumorerkrankung, derentwegen sich jedoch, trotz der ungünstigen Primärdiagnose, nach den aktuellen Untersuchungsergebnissen kein Hinweis auf ein Voranschreiten gezeigt habe. Die nachgewiesenen pathologischen Leberwerte seien zunächst am ehesten auf die durchgeführte Chemotherapie zurückzuführen.
Nach einem von der Holz-Berufsgenossenschaft beigezogenen Gutachten des Dipl.-Psych. Prof. Dr. L., welches nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 3. April 2000 für das Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer (WPV) erstattet wurde, litt dieser an einem dementiellen Syndrom im Sinne einer Demenz bei Alzheimer-Krankheit mit frühem Beginn (ICD-10 F00.0). Die Ausprägung der Erkrankung sei gemessen am Vollbild der Gesundheitsstörung noch leicht gewesen. Als grundlegendes Merkmal der Demenz habe sich eine deutliche Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit gefunden, die nach der Einlassung des Klägers und den ärztlichen Behandlungsunterlagen Anfang 1999 auffällig geworden sei. Nach den Angaben der Ehefrau des Klägers habe sich die Störung der Leistungsfähigkeit hingegen schon zuvor über Jahre hinweg allmählich entwickelt. Die beeinträchtigte Leistungsfähigkeit sei vergesellschaftet mit Störungen des Erlebens und Verhaltens, welche als Wesensänderungen imponierten. Die Störung des Gedächtnisses des Klägers habe typischerweise die Aufnahme, Speicherung und Wiedergabe neuer Informationen beeinträchtigt, während früher gelerntes und vertrautes Material noch zur Verfügung gestanden habe. Die Informationsverarbeitung sei im Sinne einer deutlichen Verlangsamung und Störbarkeit beeinträchtigt gewesen. Relativ gut erhalten gewesen seien noch seine lebenspraktischen Fähigkeiten. Die dementielle Wesensänderung des Klägers sei durch emotionale Entdifferenzierung, reduzierte Frustrationstoleranz, erhöhte Empfindlichkeit, ängstlich-depressive Verstimmung und Suggestibilität bei Einengung der persönlichen Perspektive auf das Krankheitsgeschehen charakterisiert gewesen. Klinische Hinweise oder sonstige Untersuchungsbefunde, die auf eine System- oder Hirnerkrankung hindeuteten, welche statt der Alzheimer Krankheit das demenzielle Syndrom hätten verursachen können, fehlten. Es seien auch ein plötzlicher apoplektischer Beginn oder neurologische Herdzeichen, wie sie für eine vaskuläre Demenz indikativ seien, nicht vorhanden gewesen. Die Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit sowie des Erlebens und Verhaltens seien auch nicht als Pseudodemenz im Rahmen einer depressiven Störung zu erklären gewesen. Als typisch bei Demenzfällen mit einem Krankheitsbeginn vor dem 65. Lebensjahr habe sich beim Kläger eine auffällige familiäre Belastung gefunden. So seien der Vater und fünf Geschwister von diesem, zum Teil im jetzigen Alter des Klägers, demenziell erkrankt. Eine demenzielles Syndrom bei Alzheimer-Krankheit sei durch eine ausgeprägte Verminderung der Neuronenpopulationen charakterisiert, worauf im Falle des Klägers die bifrontal betonte Erweiterung der äußeren Liquorräume im kranialen CT und die leichte Allgemeinveränderung nach dem EEG hindeuteten. Die Alzheimer-Demenz müsse gegenwärtig als irreversibel und in interindividuell unterschiedlichem Tempo progedient verlaufend angesehen werden. Der Kläger sei wegen des Ausmaßes der testmäßig objektivierten Leistungsbeeinträchtigungen in basalen intellektuellen Teilfunktionen, die mit den ärztlichen Vorbefunden, der Verhaltensbeurteilung und biographischen Daten im Einklang stünden, also wegen seiner Alzheimer-Krankheit, auf Dauer berufsunfähig.
Nach der Stellungnahme von Dr. Sch. vom Technischen Aufsichtsdienst der Holz-Berufsgenossenschaft von Juni 2000 im Anschluss an ein Gespräch mit dem Kläger, welches im Beisein eines Rechtsanwaltes stattfand, haben gesicherte medizinische Erkenntnisse über den Zusammenhang der Krebserkrankung des Dickdarmes mit bestimmten Gefahrstoffen nicht vorgelegen. Zudem müsse die relativ geringe tägliche Expositionszeit des Klägers zu den von ihm aufgelisteten Stoffen in Betracht gezogen werden. Nach dessen Angaben habe er von 1961 bis 1991 etwa drei Stunden täglich in der väterlichen Schreinerei gearbeitet, davon etwa 40 % in den Bereichen Maschinensaal, Spänesilo und Bankraum. Auf die Lackiererei und Holzimprägnierung seien etwa 30 % entfallen. Der Rest habe sich auf die Mitarbeit in der Isolierglasfabrikation und bis 1975 auch auf die Reinigung des Lokomobils verteilt. Bis 1974 habe der Kläger im väterlichen Betrieb hauptsächlich bei der Buchhaltung geholfen. Ab 1991 sei er noch etwa eine Stunde im Unternehmen tätig gewesen. Neben den angeführten Gefahrstoffen sei der Kläger noch in Kontakt mit Holzstäuben gekommen, bis 1965 mit Hart- und Weichholzstaub (Innenausbau und Möbelfertigung), danach vorwiegend mit solchen aus Kiefern- und Fichtenholz (Fensterbau). Beim Reinigen des Lokomobils sei er mit Verbrennungsrückständen in Berührung gekommen. Die in der Verwaltungsakte aufgeführten Produkte Asbest, Eternit und Trichlorethen habe der Rechtsanwalt der umfangreichen Dokumentation von Produkten durch den Kläger, die sich auf mehr als zwanzig Aktenordner verteilt habe, entnommen. Dieser habe sich allerdings selbst nicht mehr daran erinnern können, diese verarbeitet zu haben. In Bezug auf Lindan und PCP habe der Rechtsanwalt nur darauf hinweisen wollen, dass diese Produkte in Holzschutzmitteln wie etwa Xylamon und Xyladecor enthalten seien.
Auf Nachfrage der Holz-Berufsgenossenschaft bei Prof. Dr. K., Arzt für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, äußerte dieser in einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Juli 2000, weder die berufliche Exposition noch das Krankheitsbild begründeten eine Berufskrankheit.
Die Gewerbeärztin des Landes Baden-Württemberg Dr. H. war ebenfalls der Auffassung, dass eine Listen-Berufskrankheit nicht anzuerkennen sei. Für die Feststellung einer so genannten "Wie-Berufskrankheit" fehle es ebenfalls an den entsprechenden Voraussetzungen.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2000 lehnte die Holz-Berufsgenossenschaft die Anerkennung einer Berufskrankheit ab. Nach der derzeit gültigen Liste der BKV seien die Erkrankungen des Klägers, insbesondere das hirnorganische Psychosyndrom, keine Berufskrankheit. Bei dieser Gesundheitsstörung handele es sich auch nicht um eine Wie-Berufskrankheit. Es lägen keine neuen wissenschaftlichen medizinischen Erkenntnisse vor, wonach unter Berücksichtigung der vom Kläger verwendeten Arbeitsstoffe bei einem solchen Krankheitsbild die Voraussetzungen für eine Einstufung als Berufskrankheit grundsätzlich gegeben seien. Aus den medizinischen Unterlagen gehe ferner hervor, dass in der Familie des Klägers Erkrankungen mit vorzeitigem Hirnabbau bereits vorgekommen seien. So seien der Vater und dessen Brüder betroffen gewesen. Gemäß dem Gutachten von Prof. Dr. L. werde diese familiäre Form des vorzeitigen diffusen Hirnabbaus als Ursache für wahrscheinlich gehalten.
Mit Bescheid vom 27. Oktober 2000 stellte die Holz-Berufsgenossenschaft fest, dass die Dickdarmerkrankung des Klägers keine Berufskrankheit ist. Weder liege eine Listen-Berufskrankheit vor noch komme eine Anerkennung als Wie-Berufskrankheit in Betracht.
Gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2000 erhob der Kläger Widerspruch, wonach er insbesondere wegen des hirnorganischen Psychosyndroms weiterhin die Anerkennung einer Berufskrankheit verfolgte. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2001 zurückgewiesen.
Im deswegen vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) geführten Klageverfahren S 9 U 1511/01 äußerte Dr. Sch. im September 2001, in Bezug auf die Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV habe der Kläger nur geringen Kontakt zu den relevanten Lösemitteln gehabt; bis 1991 je Tag maximal eine Stunde, ab 1991 nur noch 20 bis 30 Minuten. Hinsichtlich der Berufskrankheiten nach den Nrn. 1302 und 1310 sowie vor allem der Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV würden andere Berufsgruppen als diejenige, welcher der Kläger zuzurechnen sei, mit täglich lang andauernden Belastungen über den Grenzwerten als gefährdend eingestuft. So sei der Kläger hauptsächlich im Büro tätig gewesen. Das Erkrankungsbild entspreche nicht dem einer Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV.
In der Stellungnahme von Januar 2002 äußerte Dr. Sch., bei der Tätigkeit als Schreinerhelfer in den Bereichen Maschinenraum und Bankraum von 1961 bis 1998 sei die Belastung durch Holzstaub bis zum Einbau der Absaugvorrichtung sicher erhöht gewesen, anschließend sei sie hingegen auf das technisch machbare Mindestmaß begrenzt worden. Bei der Reinigung des Lokomobils von 1953 bis etwa 1975 habe Kontakt zu Verbrennungsrückständen bestanden. Hinsichtlich der Mitarbeit im Lackierbereich von 1961 bis 1998 sei bis zum Einbau der Absaugvorrichtung sicherlich eine erhöhte Lösemittelkonzentration vorhanden gewesen, ab 1991 habe hingegen nur noch eine geringe Belastung vorgelegen. Früher sei häufiger gestrichen worden, wobei die besonders belastende Aerosolbildung entfallen sei und sich die Belastungssituation damit deutlich verringert habe. Beim Holzimprägnieren in der Zeit von 1961 bis 1998 habe es wegen der Verarbeitung im Freien und mittels eines Tauchvorganges, bei dem es zu keiner Aerosolbildung gekommen sei, eine eher geringe Belastung gegeben. Während der Mitarbeit in der Isolierglasfabrikation von 1965 bis 1998 sei der Kläger wegen der K.en Flächen bei den Fensterstegen und des geschlossenen Systems mit Thiokol aus Kartuschen sowie der sehr kurzen Einsatzzeit lediglich einer geringen Belastung ausgesetzt gewesen.
Im April 2002 führte Dr. Sch. aus, bei allen durchgeführten Berechnungen, ob auf Basis der MEGA-Datenbank der Holz-Berufsgenossenschaft oder der Angaben aus dem BK-Report 3/99, die auf Werten der MEGA-Datenbanken aller Berufsgenossenschaften fuße, ergebe sich eine deutliche Unterschreitung der Grenzwerte. Es müsse somit von einer geringen bis sehr geringen Belastung im Hinblick auf die Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang würden Sicherheitsdatenblätter keine anderen Ergebnisse bringen, da in den Produkten, mit denen der Kläger Umgang gehabt habe, keine anderen Lösungsmittel als die bereits berücksichtigten enthalten seien.
Das SG holte ein neurologisch-neuropsychologisches Gutachten bei dem Arzt für Neurologie Priv.-Doz. Dr. Sch. und ein neuroradiologisches Zusatzgutachten bei dem Leiter der Sektion Neuroradiologie Prof. Dr. Sch., beide vom Universitätsklinikum Freiburg, ein. Prof. Dr. Sch. äußerte, nach dem von ihm erstellten Magnetresonanztomogramm (MRT) des Schädels am 7. November 2002 habe sich eine über das Altersmaß hinausgehende fokale kortikale Atrophie beidseits hochfrontal und parietal ergeben. Es bestehe keine innere Atrophie. Zeichen einer zerebralen Mikro- oder Makroangiopathie hätten sich nicht gefunden. Die morphologischen Veränderungen könnten Ursache der vorliegenden kognitiven Störungen sein. Die Topik der fokalen Atrophie sei eher untypisch für eine sich entwickelnde Alzheimer-Demenz. Um die klinische Relevanz der bildmorphologischen Veränderungen sicher bewerten zu können, sollte eine MRT-Verlaufskontrolle und eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) durchgeführt werden.
Priv.-Doz. Dr. Sch. führte nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 29. Oktober 2002 aus, es liege nahe, dass dieser unter einer seelischen Erkrankung wie etwa einer Depression leide und zusätzlich möglicherweise unter einer organischen Gesundheitsstörung des Gehirns. Neben der Krebserkrankung und der schwierigen Persönlichkeitsstruktur liege eine weitere Ursache der Depression vermutlich in der jahrzehntelangen Überlastung. Der Kläger selbst habe sich als verausgabt beschrieben, da er sich bis zur Selbstaufgabe für andere habe einsetzen müssen. Er habe seine seelische Substanz verloren, sei ständig von anderen in Anspruch genommen worden, habe neben seiner Steuerberaterkanzlei abends und am Wochenende in der Isolierglasfabrik der Familie aushelfen müssen sowie jahrelang den schwerkranken Vater gepflegt. Obwohl er und seine Ehefrau angegeben hätten, dass der Kläger aktuell nicht mehr depressiv sei, bestehe zumindest weiterhin eine ausgeprägte Stimmungslabilität, Reizbarkeit, Verschlossenheit und Antriebsminderung. Die Hinweise zur Primärpersönlichkeit und die gravierenden lebensgeschichtlichen Belastungen legten es nahe, dass die Depression des Klägers, welche offenbar in abgeschwächter Form bis heute bestehe, auf eine psychisch-reaktive Ursache zurückzuführen sei. Eine Mitverursachung durch eine organische Erkrankung des Gehirns sei denkbar, vor dem Hintergrund der seelischen Faktoren aber nicht mit hinreichender Sicherheit belegbar. Als zweite Hauptbeschwerde auf nervenärztlichem Fachgebiet liege die Einschränkung des geistigen Leistungsvermögens vor. Eine Teilursache dieser insgesamt geringen Leistungseinschränkung liege sehr wahrscheinlich in der durch die psychische Störung bedingten verminderten Fähigkeit zur Konzentration. Diese Form der nicht-organischen Leistungsstörung sei bei den unterschiedlichsten psychischen Störungen, gerade auch bei Depressionen, die Regel und könne bis zum Bild einer "Pseudodemenz" gehen. Zusätzlich zu der seelischen Störung könne eine organische Erkrankung des Gehirns Mitursache der geistigen Leistungsmängel sein. Der Kläger selbst vermute eine chronische Intoxikation durch langjähre Exposition gegenüber Schadstoffen in einer Isolierglasfabrik, in der er über viele Jahre aushilfsweise mitgearbeitet habe. Prof. Dr. L. habe ein demenzielles Syndrom im Sinne der Alzheimer-Krankheit mit frühem Beginn vermutet. Bei seiner Untersuchung habe sich der Befund einer das Altersmaß überschreitenden, jedoch nicht schwergradigen, fokalen Hirnatrophie im Bereich des hinteren Stirnlappens und des Scheitellappens beidseits ergeben. Mittels des EEG habe ein zumindest leichter Herdbefund im Bereich des rechten Schläfenlappens festgestellt werden können, der mit keiner der erwähnten möglichen Diagnosen in Übereinstimmung zu bringen gewesen sei. Darüber hinaus habe kein pathologischer Befund vorgelegen. Im Ergebnis habe er eine Depression, eine funktionelle kognitive Störung im Rahmen dieser Depression und eine ätiologisch unklare, fokal akzentuierte äußere Hirnatrophie diagnostiziert.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete der Nervenarzt Dr. B. unter Berücksichtigung eines testpsychologischen Zusatzgutachtens des Dipl.-Psych. K. ein Gutachten. Dipl.-Psych. K. führte aus, die hirnorganischen Veränderungen, die sich in deutlichen kognitiven Leistungseinbußen und psychischen Veränderungen äußerten, seien neurotoxische Schädigungen aufgrund von Arbeitsstoffen. Die Befunde seiner Untersuchung und der Vorgutachten entsprächen einer toxischen Enzephalopathie. Es sei von einer Berufskrankheit auszugehen. Dr. B. äußerte, das Gutachten beruhe auf der Mitbehandlung des Klägers am 8. Juni und 10. August 2001. Anlässlich der Bestellung zum Sachverständigen sei der Kläger nochmals am 4. September 2003 ambulant untersucht worden. An diesem Tag sei die Psychometrie wiederholt worden. Er habe eine Neuropathie, eine ausgeprägte Myopathie, ausgeprägte Gleichgewichtsstörungen sowie eine schwere Hirnleistungsminderung und Wesensänderung, die mittels der psychometrischen Untersuchung mehrfach und durch die PET zweimal nachgewiesen worden seien, sowie ein seit 1999 bestehendes Kolonkarzinom diagnostiziert. Sowohl nach der Fachliteratur als auch unter Berücksichtigung der großen Anzahl von Untersuchungen, die er selbst bei Schreinern durchgeführt habe, bestünde kein Zweifel daran, dass dieser Beruf häufig schon früh zu schweren Schäden, besonders auf neurologischem Fachgebiet, führe, vor allem also zu einer Hirnschädigung, einer Schädigung der peripheren Nerven und Muskelschäden. Eine genaue Beziehung zwischen einem Arbeitsstoff und einem konkreten Schaden herzustellen, sei von vornherein ausgeschlossen. Es sei nicht möglich, präzise zu sagen, dass ein Lösungsmittel einen bestimmten Schaden verursacht habe und ein Holzschutzmittel einen anderen. Bei toxischen Schäden gebe es ständig Interaktionen zwischen allen benutzten Substanzen. Meist steigerten sie sich in ihrer Wirkung gegenseitig. Auch die Veränderungen des Entgiftungs- und Immunsystems gingen auf die Anwendung aller Substanzen in der Schreinerei zurück. Überempfindlichkeiten entwickelten sich meist gegen immer mehr künstliche und auch natürliche Substanzen. Im Falle des Klägers sei eine weitere Differenzierung einzelner Schadensursachen nicht möglich. Die Schäden, die beim Kläger aufgetreten seien, fielen im Wesentlichen unter die Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV. Viele der in Schreinereien verwendeten Stoffe seien keiner bestimmten Listen-Berufskrankheit zuzuordnen, seien also nach der Öffnungsklausel zu bewerten und zu entschädigen.
Den Ausführungen von Priv.-Doz. Dr. Sch. in seinem Gutachten sei zu widersprechen. Wenn eine Hirnatrophie so ausgeprägt sei, dass sie schon mittels eines MRT, also einer in Bezug hierauf relativ ungenauen Untersuchungsmethode, festgestellt werden könne, liege immer eine schwere Hirnschädigung vor. Es sei verständlich, dass zunächst Funktionen ausfielen und dann erst Zellen abgebaut würden. Die PET sei eine Funktionsdarstellung und zeige die Hirnschäden viel früher und genauer. Die mehrfachen PET-Befunde und der von Priv.-Doz. Dr. Sch. angeführte kernspintomografische Befund entsprächen einander. Soweit dieser die Hirnatrophie als ätiologisch unklar bezeichne, sei diese Aussage unlogisch. Wenn jemand über Jahrzehnte ständig mit Stoffen gearbeitet habe, die zu Hirnschäden und Hirnatrophien führen könnten und schließlich eine Hirnatrophie nachgewiesen worden sei, dann sei von einem Zusammenhang auszugehen, solange sich keine Anhaltspunkte oder Beweise für eine andere Ursache der Hirnschäden erkennen ließen.
Der Chefarzt der Klinik für Neurologie, Ch.-Bad Göppingen, Prof. Dr. Sch., ging in einer beratungsärztlichen Stellungnahme von April 2004 davon aus, die Diagnose einer toxischen Enzephalopathie sei möglich, aber eher unwahrscheinlich. Die Diagnostik sei unbefriedigend.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 26. Oktober 2004 mit der Begründung ab, es fehle am Nachweis einer Erkrankung, die einer Listen-Berufskrankheit zugeordnet werden könne. Darüber hinaus fehle es an einer exakt definierten Gesundheitsstörung, für welche die Voraussetzungen als Wie-Berufskrankheit konkret geprüft werden könnten.
Das deswegen geführte Berufungsverfahren L 10 U 126/05 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg wurde auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 6. Dezember 2005 wegen des beim LSG parallel noch anhängigen Verfahrens L 10 U 4822/03 zum Ruhen gebracht.
Jenes Berufungsverfahren wurde wegen der Anerkennung eines Adenokarzinoms des Dickdarmes als Berufskrankheit geführt; dem voraus ging das für den Kläger erfolglose Klageverfahren S 9 U 171/01 beim SG, in welchem auf dessen Antrag nach § 109 SGG ein Gutachten bei Priv.-Doz. Dr. R., einschließlich einer ergänzenden Stellungnahme, eingeholt wurde. Er ging davon aus, dass der Kläger Säge- und Schleifarbeiten an Holz- und Kunststoffen, Grundierungsarbeiten, Streich- und Spritzarbeiten mit Holzschutzmitteln und Farben verrichtete, mit dem Reinigen von Fensterrahmen und Beschlägen mit Lösungsmitteln und Glaswolle, Beiz- und Hobelarbeiten, Kesselreinigung und Stumpfschweißen beschäftigt war und verschiedene Hölzer, Leime, Kleber, Lösemittel, Lacke, Holzschutz- und Imprägniermittel, 3 M-Kleber, Ätznatronlauge, Arti-Räucherbeize, Flexomer Primer No. 300, Formaldehyd, Jeniozell AE, Lindan, Nitroverdünner, PCP, Thiokol, Trichlorethen sowie Xyladecor und Xylamon verarbeitete. Selbst unter Berücksichtigung der Angabe des Klägers, wonach das Gebäudedach aus Fulgurit-Asbestplatten bestanden habe, sei die Erkrankung nicht beruflich bedingt. Die Prädisposition für ein Kolonkarzinom sei vorwiegend genetisch bedingt. Daneben spielten exogene Faktoren durchaus eine Rolle. Ein erhöhtes Risiko stellten eine ballaststoffarme und kalorien-, fleisch- und fettreiche Ernährung, Bewegungsmangel sowie starker Nikotin- und Alkoholgenuss dar. Über weitere Umweltfaktoren gebe es in der Literatur wenig Studien. Ob Holzstaub Einfluss auf die Inzidenz von Kolonkarzinomen habe, werde kontrovers diskutiert, ebenso der Zusammenhang mit Asbest. So gebe es zwar Hinweise auf eine erhöhte Inzidenz von Beschäftigten in der Zementindustrie, die gleichzeitig Asbest ausgesetzt gewesen seien. Bei diesen sei indes die Abgrenzung von anderen Einflussfaktoren nicht möglich gewesen. Außerdem gebe es Kohortenstudien, wonach kein Zusammenhang zwischen Asbest und kolorektalen Karzinomen habe hergestellt werden können. Ein Einfluss der anderen vom Kläger angeführten Arbeitsstoffe auf die Inzidenz von Dickdarmkrebs werde in der Literatur nicht beschrieben. Daher ergebe sich keine Evidenz dafür, dass das Kolonkarzinom auf einen der Arbeitsstoffe zurückzuführen oder hierdurch verschlimmert worden sei.
In der zweiten Instanz wurde auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Nephrologie und Umweltmedizin Prof. Dr. H. vom 15. April 2005 eingeholt. Danach sei der Kläger in den Jahren 1961 bis 1991 beruflich einer Thiokolbelastung ausgesetzt gewesen. Gesichert sei ein Adenokarzinom mit erfolgter Hemikolektomie. Der Kläger sei beruflich mit Thiokol in Kontakt gekommen, welches polychlorierte Biphenyle (PCB) enthalten habe. PCB sei eine Substanz, welche im Verdacht stehe, kanzerogen zu sein. Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitlicher Arbeitsstoffe (MAK-Kommission) ordne sie der Kategorie III B zu. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufe PCB demgegenüber in die Kanzerogenitätsgruppe II, also als wahrscheinliches Humankanzerogen, ein. Die krebserzeugende Wirkung im Gastrointestinaltrakt von Ratten sei nachgewiesen. Es sei eine erhöhte Inzidenz von Kolonkarzinomen bei Lehrenden nachgewiesen worden, die in mit PCB belasteten Schulgebäuden unterrichtet hätten. Daher lägen die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV vor, ersatzweise für die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit.
Dr. Sch. führte in seiner Stellungnahme von Mai 2005 aus, der Kläger habe zwischen 1968 und 1991 maximal 30 Minuten täglich im Isolierglasbau gearbeitet. Thiokol könne zwar auch PCB enthalten, allein der Name lasse aber noch keinen Schluss hierauf zu. Vielmehr sei bereits Ende der 1960er die weitaus größere Menge von Thiokol-Fugenmassen frei von PCB gewesen. Die Belastung hierdurch sei bei der Entfernung alter Isolierungen mit Messer und Drahtbürste wegen der Raumgröße und der mit etwa 30 Minuten je Tag geringen Einsatzzeit als vernachlässigbar einzustufen. Weiterhin sei bei alten Fugendichtungen, die spröde geworden seien, der Weichmacheranteil drastisch gesunken gewesen, so dass keine erhöhte Belastung mit PCB mehr vorgelegen haben könne. Ihm seien keine neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt, die einen eindeutigen Zusammenhang zwischen PCB und Kolonkarzinomen belegten. Eine Belastung durch PCB könne auch im privaten Bereich durch Teppichböden, Wände oder Decken erfolgt sein, was den Nachweis im Heparinblut des Klägers erklärte. Die Interpretation der Blutwerte sei vorliegend jedoch schwierig. Blei, organische Zinnverbindungen und Kadmium/Zink oder Ähnliches seien für eine Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV weder relevant noch habe der Kläger Umgang damit gehabt. Eine Verbrennung von Polyvinylchlorid (PVC) sei ebenfalls nicht vorgekommen. Asbest werde mit der Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV nicht in Verbindung gebracht.
Das LSG wies die Berufung im Verfahren L 10 U 4822/03 mit Urteil vom 25. Januar 2007 mit der Begründung zurück, eine Listen-Berufskrankheit liege beim Kläger nicht vor. Insbesondere handele es sich bei dem Adenokarzinom des Dickdarmes nicht um eine von der Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV erfasste und mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführende Erkrankung. Prof. Dr. H. gehe hinsichtlich der beruflichen Einwirkungen von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, konkret in Bezug auf die Dauer der Einwirkung des Dichtungsmittels Thiokol. Ohnehin sei fraglich und nicht nachgewiesen, ob der Kläger überhaupt in nennenswertem Umfang PCB ausgesetzt gewesen sei, insbesondere wie lange dieser Stoff in Thiokol Verwendung gefunden habe. Im Übrigen fehle es an dem erforderlichen wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang zwischen einer Einwirkung durch Thiokol beziehungsweise PCB und dem Adenokarzinom. Allein der Hinweis auf eine Studie und der Nachweis von Erkrankungen bei Ratten genügten angesichts der Tatsache, dass Darmkrebs überwiegend nahrungsbedingt entstehe, nicht. Der Vollbeweis einer relevanten beruflichen Exposition gegenüber PCB sei nicht erbracht. Das von Prof. Dr. H. in Bezug auf PCB beschriebene negative Ergebnis der Blutuntersuchung spreche nach einer Studie von Köster ebenfalls gegen eine erhöhte Belastung hierdurch. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wurde durch das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 19. Juni 2007 als unzulässig verworfen (Az. B 2 U 57/07 B).
Das Verfahren L 10 U 126/05 beim LSG war im April 2007 wieder angerufen und unter L 10 U 2234/07 fortgeführt worden. Mit Beschluss vom 7. Januar 2008 wurde die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 26. Oktober 2004 (Az. S 9 U 1511/01) zurückgewiesen. Bei diesem liege keine Erkrankung vor, die auf die von ihm behaupteten Einwirkungen zurückzuführen sei. Eine toxikologische oder mit sonstigen beruflichen Einwirkungen zusammenhängende Genese der nachgewiesenen Gesundheitsstörungen sei nicht wahrscheinlich. Daher brauche der Senat die genaue Art und das konkrete Ausmaß der beruflichen Exposition nicht weiter abzuklären. Insbesondere leide der Kläger nicht an einer von der Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV erfassten Polyneuropathie oder Enzephalopathie. Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG wurde diese durch das BSG mit Beschluss vom 18. November 2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Berufungsinstanz zurückverwiesen (Az. B 2 U 44/08 B).
In dem beim LSG wiedereröffneten Verfahren (Az. L 10 U 5975/08) schlossen die Beteiligten am 14. Januar 2010 einen Vergleich, wonach sie sich darüber einig waren, dass der angefochtene Bescheid vom 12. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2001 keine negative Regelungswirkung enthält, insbesondere keine Ablehnung einer Listen-Berufskrankheit oder Wie-Berufskrankheit. Die Holz-Berufsgenossenschaft verpflichtete sich, dem Kläger einen neuen Bescheid betreffend deren Vorliegen zu erteilen. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Im Anschluss an diesen beim LSG geschlossenen Vergleich lehnte es die Holz-Berufsgenossenschaft mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14. September 2010 ab, beim Kläger das Vorliegen der Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV festzustellen. Zudem erkannte sie die Erkrankung des Klägers nicht als Wie-Berufskrankheit an. Von etwa 1961 bis 1991 habe der Kläger neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit im Bereich der Buchhaltung beziehungsweise als Steuerbevollmächtigter, später als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer, nebenberuflich im elterlichen Unternehmen gearbeitet, in dem er zu einem späteren Zeitpunkt noch als Mitgesellschafter beteiligt gewesen sei. Der zeitliche Arbeitsumfang habe werktäglich etwa drei Stunden und samstags acht Stunden umfasst. Von 1991 bis 1998 habe er etwa eine Stunde täglich mitgearbeitet. Die Arbeiten hätten sich nach seinen Angaben zu etwa 40 % auf die Bereiche Maschinensaal, Spänesilo und Bankraum sowie zu etwa 30 % auf die Lackiererei und Holzimprägnierung verteilt. Weiterhin sei er zu etwa 30 % in der Isolierglasfabrikation tätig gewesen. Während dieser Arbeiten habe Kontakt zu verschiedenen Hölzern, Furnier- und Spanplatten, Leimen, Lacken, Beiz- und Holzschutzmitteln (Xyladekor und Xylamon), Verdünnungsmitteln (Nitroverdünnung), Spiritus sowie Reinigungs- und Entfettungsmitteln bestanden. Hierdurch sei es jedoch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Erkrankung gekommen, die als Listen-Berufskrankheit anerkannt werden könne. Bei der Hirnerkrankung des Klägers handele es sich auch nicht um eine Erkrankung, welche die Voraussetzungen einer Wie-Berufskrankheit erfülle. Es lägen keine gesicherten Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vor, wonach die Arbeitsstoffe, mit denen der Kläger in Kontakt gekommen sei, in dem verwendeten Umfang das bei ihm bestehende Erkrankungsbild hätten verursachen können. Soweit Dr. B. eine Myopathie, also eine entzündliche, degenerative Muskelerkrankung, festgestellt habe, habe sich hierzu kein Hinweis auf eine berufliche Verursachung ergeben. Der Widerspruch wurde mit dem Bevollmächtigten des Klägers am 25. Mai 2011 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2011 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 21. Juni 2011 beim SG Klage erhoben. Zuletzt hat er nur noch die Verpflichtung der mittlerweile durch Fusion entstandenen Beklagten, an der auch die Holz-Berufsgenossenschaft beteiligt gewesen ist, zur Feststellung der Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV verfolgt, nicht mehr die Anerkennung als Wie-Berufskrankheit. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20. November 2013 abgewiesen. Die Voraussetzungen der Berufskrankheiten, deren Feststellung begehrt werde, lägen nicht vor. Der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. Sch. habe dargelegt, dass eine fokale Hirnatrophie in den Bereichen des hinteren Stirnlappens und des Scheitellappens beidseits vorhanden sei. Eine Polyneuropathie und Enzephalopathie hätten demgegenüber medizinisch nicht nachgewiesen werden können. Auch die diagnostizierte Depression habe nicht auf eine berufliche Einwirkung zurückgeführt werden können. Die Kammer schließe sich umfänglich den ausführlichen Entscheidungsgründen des LSG im Beschluss vom 7. Januar 2008 an. Gegen die dem Bevollmächtigten des Klägers am 20. Dezember 2013 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 20. Januar 2014 Berufung beim LSG eingelegt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Facharzt für Pharmakologie und Toxologie sowie Klinische Pharmakologie Priv.-Doz. Dr. I. ein Gutachten erstattet. Nach einer Untersuchung des Klägers am 30. Oktober 2014 hat dieser geäußert, bei diesem lägen an Befunden und Diagnosen ein Zustand nach Adenokarzinom des Dickdarmes mit Hemikolektomie rechts, eine Hirnatrophie in den Bereichen des hinteren Stirnlappens und des Scheitellappens beidseits, eine ätiologisch unklare, fokal akzentuierte äußere Hirnatrophie, über das Altersmaß hinausgehende fokale kortikale Atrophien beidseits hochfrontal und parietal, bifrontal erweiterte äußere Liquorräume, eine kleinherdige Minderung der Glukoseutilisation orbital und frontal inferior, rechts mit geringer bis mäßiger und links mit mäßiger Ausprägung (PET-CT), ein hirnorganisches Psychosyndrom, eine psychomotorische Verlangsamung, eine Hirnleistungsstörung und -minderung, der Verdacht auf Demenz bei Alzheimer-Krankheit beziehungsweise eine degenerative Erkrankung mit Abbau von Nervenzellen, Gleichgewichtsstörungen, eine Polyneuropathie, eine Myopathie, eine inkomplette Typ 2-Muskelfaseratrophie im Nervus suralis, eine Depression, der Verdacht auf eine anankastische Persönlichkeitsstörung, eine Wesensänderung, eine Nephrolithiasis links sowie eine beidseitige Sprunggelenksarthrose vor. Mit Wahrscheinlichkeit sei keine der angeführten Gesundheitsstörungen durch die berufliche Tätigkeit des Klägers in der elterlichen Bau- und Möbelschreinerei mit Isolierglasfabrikation verursacht oder verschlimmert worden. Aus medizinisch-toxikologischer Sicht sowie nach den Definitionen der BKV und der wissenschaftlichen Begründungen hierzu, spreche mehr gegen als für den behaupteten ursächlichen Zusammenhang. Diese Auffassung gründe auf der Art der erhobenen Befunde und Diagnosen, deren jeweiliger zeitlicher Verlauf in Relation zur Exposition gegenüber den Gefahrstoffen sowie der Intensität der jeweiligen Exposition. Eine Erkrankung durch Halogenkohlenwasserstoffe (Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV), insbesondere Lindan, liege nicht vor. Die Toxizität solcher Verbindungen werde wesentlich durch die Intensität und die Dauer der Exposition bestimmt. Aus den vorliegenden Unterlagen sei eine entsprechend intensive und lange Exposition nicht ersichtlich. Eine Erkrankung durch Benzol, seine Homologe oder Styrol (Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV) liege nicht vor, da die Aufnahme überwiegend durch Einatmung der Dämpfe erfolge und die neurologisch-psychiatrischen Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit, Brechreiz, allgemeine Abgeschlagenheit und Alkoholintoleranz nach Wegfall der Exposition schnell abklängen. Die nach einer Langzeiteinwirkung selbst von kleineren Dosen nachweisbaren Veränderungen des Blutbildes, die hinsichtlich Benzol sogar noch längere Zeit nach Wegfall der Exposition bestehen könnten, seien beim Kläger nicht festgestellt worden. Ebenso bestehe keine entsprechende Berufsanamnese, die eine erhebliche Exposition belegen könne. Eine Erkrankung durch Methylalkohol (Nr. 1306 der Anlage 1 zur BKV) liege nicht vor, da eine Gefährdung in erster Linie durch Arbeiten bei ungenügender Belüftung bestehe. Eine Be- und Entlüftungsanlage sei in den letzten Jahren vor der Anzeige einer Berufskrankheit installiert gewesen. Zudem würden bei erheblicher Exposition neben der neurotoxischen Wirkung auch eine nephrotoxische und hepatotoxische Wirkung beobachtet, die beim Kläger sämtlich nicht dokumentiert seien. Des Weiteren spreche die Berufsanamnese gegen eine erhebliche Exposition. Eine Erkrankung durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide (Nr. 1310 der Anlage 1 zur BKV) liege nicht vor, da die Aufnahme hauptsächlich über die Haut, Schleimhäute und Atemwege erfolge, mit entsprechenden Reizerscheinungen und Schäden, was sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergebe. Zudem spreche die Berufsanamnese gegen eine erhebliche Exposition. Eine Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV bei nachgewiesener Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische liege ebenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor. Neurotoxische organische Lösungsmittel könnten zwar als Dauerwirkung eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie verursachen, da durch Metabolisierung neurotoxische Substanzen entstünden, deren Angriffspunkte in der Nervenzelle unterschiedlich und zum Teil noch nicht geklärt seien. Als Folgen seien im Falle der Polyneuropathie zunächst Funktionsstörungen mit Missempfindungen und Sensibilitätsausfällen festzustellen und im weiteren Verlauf auch morphologische Veränderungen mit Schädigung der peripheren Nerven. Dabei fänden sich in der histologischen Beurteilung der Nerven große paranodale Axonauftreibungen, Anhäufungen von Neurophilamenten und weitere Schäden. Entsprechende Nervenläsionen seien beim Kläger indes nicht objektiviert worden, auch nicht im Rahmen der Diagnostik zur Myopathie bei inkompletter Typ 2-Muskelfaseratrophie im Nervus suralis. Typisch für eine neurotoxische Polyneuropathie seien zudem symmetrisch-distale, arm- und beinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausfälle mit strumpf- oder handschuhförmiger Verteilung. Anamnestisch sei wichtig, dass die Sensibilitätsstörungen von distal nach proximal aufstiegen und dass die Parästhesien häufig nachts zunähmen. Diese klinische Symptomatik sei vom Kläger weder beschrieben worden noch sei sie sonst dokumentiert. Die motorischen Veränderungen könnten sich auch als muskuläre Lähmung mit Muskelatrophie darstellen, wobei überwiegend die Muskulatur im Bereich der Hände und Füße betroffen sei. Auch insoweit könne die diagnostizierte Myopathie bei inkompletter Typ 2-Muskelfaseratrophie im Nervus suralis nicht als hinreichende Begründung für eine neurotoxische Polyneuropathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische angesehen werden. Im Falle der toxischen Enzephalopathie bestünden unterschiedliche Grade der Ausprägung mit zunächst diffusen Störungen der Hirnfunktionen und häufig unspezifischen Symptomen wie Konzentrations- und Merkschwäche, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, Antriebsarmut, Reizbarkeit, Erschöpfung oder Ermüdbarkeit. Ausgeprägtere Symptome stellten Persönlichkeitsveränderungen, Affektlabilität und Stimmungsschwankungen mit depressivem Einschlag dar. Diese könnten objektiv mittels psychologischer Tests nachgewiesen werden. In besonders schweren Fällen bestünden Koordinationsstörungen wie Tremor und Ataxie, eine Demenz mit ausgeprägten Intelligenz- und Gedächtnisstörungen sowie der Nachweis hirnatrophischer Veränderungen mittels kranialem CT oder MRT. In der Regel träten toxische Enzephalopathien noch während des Expositionszeitraumes auf, was vom Kläger subjektiv berichtet, jedoch nicht durch ärztliche Dokumente belegt worden sei. Dennoch schließe die Persistenz oder Verschlechterung einer Enzephalopathie nach Beendigung der Exposition eine Verursachung durch neurotoxische Lösungsmittel nicht aus, so dass sich die Diagnose zum einen auf die anamnestischen Angaben der Betroffenen und deren Umfeld sowie zum anderen auf einen entsprechenden psychopathologischen Befund stützen müsse. Um die toxische Genese zu belegen, müssten andere Formen der Demenz wie etwa ein Morbus Alzheimer ausgeschlossen werden. Hierzu sei zwar eine Diagnose gestellt worden, jedoch sprächen der zeitliche Verlauf dieser Diagnosestellung und die von ihm Ende Oktober 2014 durchgeführte Untersuchung gegen eine derartige Demenzerkrankung. Da es sich jedoch nicht um eine ärztliche Diagnose gehandelt habe, könne ein Morbus Alzheimer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Insgesamt sei fraglich, ob beim Kläger überhaupt eine Demenz, auch anderer Genese, vorliege. Im Vorgutachten sei morphologisch keine diffuse Schädigung des zentralen Nervensystems nachgewiesen worden. Auch aus der Berufsanamnese könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine beruflich bedingte toxische Enzephalopathie abgeleitet werden. Die PET des zentralen Nervensystems, wonach eine K.herdige Minderung der Glukoseutilisation an der Hand beschrieben worden sei, könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine toxische Enzephalopathie begründen. Grundsätzlich könne eine diffuse Störung der Hirnfunktion durch eine Arbeitsplatzintoxikation nicht ausgeschlossen werden. Hingegen könne anhand der vorliegenden Unterlagen kein wahrscheinlicher Ursachenzusammenhang durch die berufliche Tätigkeit belegt werden.
In einer nichtöffentlichen Sitzung ist der Kläger vom Berichterstatter am 22. Mai 2015 erneut gehört worden. Er ist darauf hingewiesen worden, dass über das Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG entschieden wird. Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, hierzu Stellung zu nehmen.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, er gehe nach wie vor davon aus, dass die beruflichen Einwirkungen bei ihm eine Berufskrankheit verursachten. Der Sachverständige Dr. I. lege seinen Ausführungen zugrunde, dass in den letzten Jahren seiner beruflichen Tätigkeit eine Entlüftungsanlage installiert gewesen sei. Hierdurch sei es hingegen nicht zu einem ausreichenden Luftaustausch gekommen, weshalb er gleichwohl toxischen Einwirkungen ausgesetzt gewesen sei.
Er beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 20. November 2013 und den Bescheides vom 14. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2011 die Beklagte zu verpflichten, bei ihm die Berufskrankheiten nach Nummern 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, die Voraussetzungen zur Feststellung der begehrten Berufskrankheiten lägen nicht vor.
Bereits mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 hat der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 27. Oktober 2000 mit der Begründung begehrt, das Adenokarzinom des Dickdarmes sei eine Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV. Mit Bescheid vom 10. September 2010 hat die Holz-Berufsgenossenschaft die Rücknahme des Bescheides vom 27. Oktober 2000 abgelehnt. Der Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2010 zurückgewiesen worden. Die Klage ist vom SG im Verfahren S 8 U 74/11 mit Gerichtsbescheid vom 13. August 2012 abgewiesen worden. Die hiergegen beim LSG eingelegte Berufung (Az. L 6 U 3577/12) wurde am 5. Dezember 2012 zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 hat der Kläger bei der Beklagten beantragt, den Bescheid vom 14. September 2010 im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen, soweit damit festgestellt worden ist, dass keine Wie-Berufskrankheit vorliegt, und einen solchen Versicherungsfall festzustellen. Mit Bescheid vom 16. März 2016 hat es die Beklagte abgelehnt, ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes aufzunehmen. Der Antrag sei unzulässig, da die Verwaltungsentscheidung über das Nichtvorliegen einer Wie-Berufskrankheit Gegenstand des laufenden Berufungsverfahrens sei. Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis. Zudem sei der Antrag unbegründet, da die Unanfechtbarkeit des zu überprüfenden Bescheides als sachliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 44 SGB X nicht gegeben sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die Akten des LSG L 10 U 4822/03, L 10 U 126/05, L 10 U 2234/07, L 10 U 5975/08 und L 6 U 3577/12 sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (4 Bände) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichterin und -richter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Zudem ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1999 - B 13 RJ 25/99 R -, SozR 3-1500 § 153 Nr. 9, S. 27).
Die Berufung ist form- und nach § 151 Abs. 1 SGG auch fristgereicht eingelegt worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; zur Klageart vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rz. 13 m. w. N.) erhobene Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV. Hierauf ist die Klage in der mündlichen Verhandlung beim SG am 20. November 2013 beschränkt worden, die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Wie-Berufskrankheit hat der Kläger nicht mehr weiterverfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 - B 2 U 5/08 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 17, Rz. 12, wonach nach dem materiellen Recht mit den jeweiligen Listen-Berufskrankheiten und der Wie-Berufskrankheit verschiedene Versicherungsfälle definiert sind, und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung). Die Verwaltungsentscheidung vom 14. September 2010 ist im angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten.
Der Bescheid vom 16. März 2016, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 14. September 2010 getroffenen Regelungen aufzunehmen, ist nicht nach § 96, § 153 SGG Gegenstand des Berufungsverfahren geworden, da er diese weder abgeändert noch ersetzt hat. Die Beklagte hat im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X den streitgegenständlichen Bescheid nicht teilweise aufgehoben und an dessen Stelle eine Neuregelung gesetzt. Sie hat auch nicht an dessen Stelle eine Neuregelung getroffen. Demgegenüber hat die Beklagte die bisherige Regelungswirkung weiterhin aufrechterhalten, da sie es bereits abgelehnt hat, eine Überprüfung vorzunehmen. Insoweit liegt der Sachverhalt anders als im Verfahren B 2 U 33/11 R des Bundessozialgerichts (BSG, SozR 4-2700 § 9 Nr. 21), wo im Zugunstenverfahren eine mit einem zu überprüfenden Bescheid getroffene negative Regelung teilweise aufgehoben worden ist.
Die Klage ist zwar zulässig; insbesondere ist der Kläger klagebefugt (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG), da er durch den Bescheid vom 14. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2011 beschwert sein kann. Die Abtretung möglicher Rentenzahlungsansprüche des Klägers gegenüber der Holz-Berufsgenossenschaft, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte geworden ist, an seine Schwester A. B. Anfang Januar 2000 ist ohne Einfluss auf das vorliegende Verfahren gewesen, dessen Gegenstand noch nicht einmal ein Leistungsanspruch, sondern die Feststellung von Versicherungsfällen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII) ist. Es bedurfte daher auch nicht deren Beiladung (§ 75 SGG), da dieses Verfahren sich nicht unmittelbar auf eine Rechtsposition von ihr auswirkt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VII, da die Gesundheitsstörungen, derentwegen die Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV verfolgt wird, frühestens nach dem stationären Aufenthalt im St. J.-Krankenhaus in Freiburg im Januar 1999 nachgewiesen sind und der Versicherungsfall somit erst nach 1996 eingetreten sein kann (§ 212 SGB VII; Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG), BGBl I 1996, S. 1254). Somit sind die Normen des SGB VII unabhängig davon heranzuziehen, ob § 9 Abs. 5 SGB VII entsprechende Anwendung findet. Soweit danach Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für die Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen (vgl. Köhler, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Mai 2011, § 212 Rz. 5; Söhngen, in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 212 Rz. 11). Auch diese Voraussetzungen lägen frühestens zum Zeitpunkt des Nachweises der vom Kläger angeführten Gesundheitsstörungen, die auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sein sollen, vor.
Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet (Listen-Berufskrankheiten) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, § 3 oder § 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann Berufskrankheiten auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit versehen (Satz 2). Für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung gegebenenfalls den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-Berufskrankheit. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Die Gesundheitsstörung muss darüber hinaus durch Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme (z. B. ICD-10, DSM IV) unter Verwendung der dortigen Schlüssel exakt bezeichnet werden können (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R -, juris, Rz. 18, Urteil des Senats vom 17. Dezember 2015 - L 6 VS 2234/15 -, juris, Rz. 33). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, juris, Rz. 11 m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für die Feststellung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV nicht vor.
Die Liste der Berufskrankheiten (§ 1 BKV i. V. m. der Anlage 1) ist in sechs Gruppen unterteilt: durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten; durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten; durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten; Erkrankungen der Atemwege und der Lungen, des Rippen- und Bauchfells; Hautkrankheiten sowie Krankheiten sonstiger Ursache, worunter einzig das Augenzittern der Bergleute als Nr. 6101 gefasst ist. Die streitgegenständlichen Berufskrankheiten unterfallen der ersten Gruppe, sind also durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten. Anders als nach der Nr. 1317, wo eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie vorliegen muss, sind die Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1303, 1306 und 1310 unbestimmt als "Erkrankungen durch" bezeichnet. Hierdurch will der Verordnungsgeber alle denkbaren Krankheiten zu Berufskrankheiten erklären, die nach den fortschreitenden Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft ursächlich auf die genannten Einwirkungen zurückzuführen sind, ohne dass weitere Einschränkungen gemacht werden (BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R -, juris, Rz. 21).
Es liegt keine Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV vor. Der Verordnungsgeber hat diese Berufskrankheit wie folgt bezeichnet: "Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe". Ein Zusammenhang zwischen der nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten beruflichen Einwirkung durch Halogenkohlenwasserstoffe und den Erkrankungen des Klägers ist nicht hinreichend wahrscheinlich.
Hinsichtlich des Adenokarzinoms des Dickdarmes, dessen Feststellung als Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV der Kläger bereits Anfang 2000 begehrte, steht dies wegen der mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Oktober 2000 insoweit getroffenen negativen Regelung, die mit Bescheid vom 10. September 2010 nicht zurückgenommen worden ist, bindend fest (§ 77 SGG). Überdies hat das LSG bereits in dem im Verfahren L 10 U 4822/13 ergangenen Urteil vom 25. Januar 2007 darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Adenokarzinom des Dickdarmes nicht um eine von der Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV erfasste und mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführende Erkrankung handelt. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat nach eigener Überzeugungsbildung an. Der Sachverständige Prof. Dr. H. ist demgegenüber hinsichtlich der beruflichen Einwirkungen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, konkret in Bezug auf die Dauer der Einwirkung des Dichtungsmittels Thiokol. Ohnehin steht nicht fest, dass der Kläger überhaupt in nennenswertem Umfang PCB ausgesetzt gewesen ist, insbesondere wie lange dieser Stoff in Thiokol Verwendung fand. Im Übrigen fehlt es an dem erforderlichen wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang zwischen einer Einwirkung durch Thiokol beziehungsweise PCB und dem Adenokarzinom. Allein der Hinweis auf eine Studie und der Nachweis von Erkrankungen bei Ratten genügen angesichts der Tatsache, dass Darmkrebs überwiegend nahrungsbedingt entsteht, nicht. Der Vollbeweis einer relevanten beruflichen Exposition gegenüber PCB ist nicht erbracht. Das von Prof. Dr. H. in Bezug auf PCB beschriebene negative Ergebnis der Blutuntersuchung spricht nach einer Studie von Köster ebenfalls gegen eine erhöhte Belastung hierdurch.
Aber auch die sonstigen Erkrankungen des Klägers sind nach diesem Beweismaßstab nicht auf die versicherte berufliche Einwirkung zurückzuführen. Der Kläger hat nur geringen Kontakt zu in Lösemitteln enthaltenen Halogenkohlenwasserstoffen gehabt, bis 1991 je Tag maximal eine Stunde und ab 1991 nur noch 20 bis 30 Minuten, wie Dr. Sch. vom Präventionsdienst der Beklagten im September 2001 nachvollziehbar dargelegt hat. Hierbei hat er auch an frühere Stellungnahmen angeknüpft, insbesondere an diejenige von Juni 2000 im Anschluss an ein Gespräch mit dem Kläger, welches im Beisein eines Rechtsanwaltes stattfand. Den in der Verwaltungsakte aufgeführten Stoff Trichlorethen hat dieser Rechtsanwalt der umfangreichen Dokumentation von Produkten durch den Kläger, die sich auf mehr als zwanzig Aktenordner verteilt hat, entnommen. Dieser hat sich allerdings selbst nicht mehr daran erinnern können, diese verarbeitet zu haben. In Bezug auf Lindan und PCP hat der Rechtsanwalt nur darauf hinweisen wollen, dass diese Produkte in Holzschutzmitteln wie etwa Xylamon und Xyladecor enthalten sind. Dr. Sch. hat weiter plausibel ausgeführt, dass andere Berufsgruppen als diejenige, welcher der Kläger zuzurechnen gewesen ist, mit täglich lang andauernden Belastungen über den Grenzwerten als gefährdend eingestuft werden. Des Weiteren hat der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. I. überzeugend ausgeführt, dass insoweit keine der Gesundheitsstörungen, an denen der Kläger leidet, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch seine versicherte Tätigkeit in der elterlichen Bau- und Möbelschreinerei mit Isolierglasfabrikation verursacht oder verschlimmert worden ist. Insbesondere aus medizinisch-toxikologischer Sicht spricht mehr gegen als für den behaupteten ursächlichen Zusammenhang. Diese Auffassung von Priv.-Doz. Dr. I. gründet schlüssig auf der Art der erhobenen Befunde und Diagnosen, deren jeweiliger zeitlicher Verlauf in Relation zur Exposition gegenüber den Gefahrstoffen sowie der Intensität der jeweiligen Exposition. Eine Erkrankung durch Halogenkohlenwasserstoffe, insbesondere Lindan, hat nicht vorgelegen. Xyladecor und Xylamon sind im Wesentlichen im Freien getaucht worden. Mangels Verarbeitung mit einer Spritzpistole ist es zudem zu keiner Aerosolbildung gekommen. Die Toxizität von Halogenkohlenwasserstoffen und seinen Verbindungen wird nach den weiteren überzeugenden Ausführungen von Priv.-Doz. Dr. I. wesentlich durch die Intensität und die Dauer der Exposition bestimmt. Nach den beigezogenen und vom Kläger im gesamten Verfahren vorgelegten Unterlagen hat keine entsprechend intensive und lange Exposition vorgelegen, wie dies auch Priv.-Doz. Dr. I. aus medizinischer Sicht eingeschätzt hat.
Es liegt auch keine Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV vor. Der Verordnungsgeber hat diese Berufskrankheit wie folgt bezeichnet: "Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol". Ein Zusammenhang zwischen der versicherten beruflichen Einwirkung durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol und den Erkrankungen des Klägers ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Priv.-Doz. Dr. I. hat einleuchtend ausgeführt, dass die Aufnahme überwiegend durch Einatmung der Dämpfe erfolgt und die neurologisch-psychiatrischen Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit, Brechreiz, allgemeine Abgeschlagenheit und Alkoholintoleranz nach Wegfall der Exposition schnell abklingen. Die nach einer Langzeiteinwirkung selbst von kleineren Dosen nachweisbaren Veränderungen des Blutbildes, die hinsichtlich Benzol sogar noch längere Zeit nach Wegfall der Exposition bestehen können, sind beim Kläger nicht festgestellt worden. Ebenso besteht keine entsprechende Berufsanamnese, die eine erhebliche Exposition belegt.
Eine Berufskrankheit nach Nr. 1306 der Anlage 1 zur BKV liegt ebenfalls nicht vor. Der Verordnungsgeber hat diese Berufskrankheit wie folgt bezeichnet: "Erkrankungen durch Methylalkohol (Methanol)". Ein Zusammenhang zwischen der versicherten beruflichen Einwirkung durch Methylalkohol (Methanol) und den Erkrankungen des Klägers ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Eine Erkrankung hierdurch ist nicht gegeben, da eine Gefährdung in erster Linie durch Arbeiten bei ungenügender Belüftung besteht, worauf Priv.-Doz. Dr. I. plausibel hingewiesen hat. Eine leistungsfähige Be- und Entlüftungsanlage ist indes im väterlichen Betrieb des Klägers in den letzten Jahren vor der Anzeige einer Berufskrankheit im Februar 2000 installiert gewesen. Zuvor ist ab 1968 partiell an der Hobelmaschine eine Absaugvorrichtung vorhanden gewesen, wie der Kläger im April 2000 mitgeteilt hat. Dieser hat zwar eingewendet, dass es gleichwohl bis zuletzt nicht zu einem ausreichenden Luftaustausch gekommen sei, weshalb er sich weiterhin toxischen Einwirkungen ausgesetzt gesehen habe. Belegen hat sich diese Vermutung allerdings nicht lassen. Gegen eine erhebliche Exposition spricht zudem, dass neben der fehlenden neurotoxischen Wirkung beim Kläger auch keine nephrotoxische oder hepatotoxische dokumentiert ist, worauf Priv.-Doz. Dr. I. überzeugend hingewiesen hat.
Es liegt ferner keine Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage 1 zur BKV vor. Der Verordnungsgeber hat diese Berufskrankheit wie folgt bezeichnet: "Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide". Ein Zusammenhang zwischen der versicherten beruflichen Einwirkung durch diese Stoffe und den Erkrankungen des Klägers ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Der Kläger hat nur geringen Kontakt damit gehabt, bis 1991 je Tag maximal eine Stunde und ab 1991 nur noch 20 bis 30 Minuten, wie Dr. Sch. vom Präventionsdienst der Beklagten im September 2001 nachvollziehbar dargelegt hat. Damit ist der Berufsanamnese insoweit keine erhebliche Exposition zu entnehmen. Er hat weiter plausibel ausgeführt, dass andere Berufsgruppen als diejenige, welcher der Kläger zuzurechnen gewesen ist, mit täglich lang andauernden Belastungen über den Grenzwerten in Bezug auf diese Berufskrankheit als gefährdend eingestuft werden. Gegen einen Zusammenhang spricht auch, dass die Aufnahme von Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxiden hauptsächlich über die Haut, Schleimhäute und Atemwege erfolgt, mit entsprechenden Reizerscheinungen und Schäden, was sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergibt, wie Priv.-Doz. Dr. I. schlüssig dargelegt hat.
Für eine Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV liegen die Voraussetzungen ebenfalls nicht vor. Der Verordnungsgeber hat diese Berufskrankheit wie folgt bezeichnet: "Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische".
Es ist bereits nicht nachgewiesen, dass der Kläger an einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie leidet. Weder Dr. B., dessen im Verfahren S 9 U 1511/01 beim SG eingeholtes Gutachten als Sachverständigenbeweis verwertet worden ist (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411a ZPO), worin er ausgeführt hat, die Befunde seiner Untersuchung und der Vorgutachten entsprächen einer Enzephalopathie, noch Priv.-Doz. Dr. I., welcher eine Polyneuropathie als beim Kläger vorliegende Erkrankung angeführt hat, haben diese Gesundheitsstörungen durch Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme unter Verwendung der dortigen Schlüssel exakt bezeichnet, weshalb es dem Senat nicht möglich gewesen ist, eine Schlüssigkeitsprüfung anhand der Diagnosekriterien vorzunehmen. Der Chefarzt der Klinik für Neurologie, Ch.-Bad Göppignen, Prof. Dr. Sch., ist in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte von April 2004 ebenfalls nur von einer möglichen, aber eher unwahrscheinlichen toxischen Enzephalopathie ausgegangen, da die Diagnostik aus seiner Sicht unbefriedigend gewesen ist.
Ein Zusammenhang zwischen der versicherten beruflichen Einwirkung und einer beim Kläger unterstellten Polyneuropathie oder Enzephalopathie ist überdies nicht hinreichend wahrscheinlich. Der Kläger hat nur geringen Kontakt mit Arbeitsstoffen gehabt, die überhaupt solche Gesundheitsstörungen herbeiführen können, bis 1991 je Tag maximal eine Stunde und ab 1991 nur noch 20 bis 30 Minuten, wie Dr. Sch. vom Präventionsdienst der Beklagten im September 2001 auch in Bezug hierauf nachvollziehbar dargelegt hat. Dieser hat im April 2002 ergänzt, dass sich bei allen durchgeführten Berechnungen, ob auf Basis der MEGA-Datenbank der Holz-Berufsgenossenschaft oder der Angaben aus dem BK-Report 3/99, die auf Werten der MEGA-Datenbanken aller Berufsgenossenschaften fußt, eine deutliche Unterschreitung der Grenzwerte ergeben hat. Hierdurch ist für den Senat schlüssig hergeleitet, dass von einer geringen bis sehr geringen versicherten beruflichen Einwirkung im Hinblick auf die Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV auszugehen ist. Auch Priv.-Doz. Dr. I. ist aus medizinischer Sicht für den Senat nachvollziehbar nicht von einem hinreichend wesentlichen Ursachenzusammenhang ausgegangen. Neurotoxische organische Lösungsmittel können zwar als Dauerwirkung eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie verursachen, da durch Metabolisierung neurotoxische Substanzen entstehen können, deren Angriffspunkte in der Nervenzelle unterschiedlich und zum Teil noch nicht geklärt sind. Als Folgen sind im Falle der Polyneuropathie zunächst Funktionsstörungen mit Missempfindungen und Sensibilitätsausfällen festzustellen und im weiteren Verlauf auch morphologische Veränderungen mit Schädigung der peripheren Nerven. Dabei sind mitunter in der histologischen Beurteilung der Nerven große paranodale Axonauftreibungen, Anhäufungen von Neurophilamenten und weitere Schäden zu erkennen. Entsprechende Nervenläsionen sind beim Kläger indes bereits nicht objektiviert worden, auch nicht im Rahmen der Diagnostik zur Myopathie bei inkompletter Typ 2-Muskelfaseratrophie im Nervus suralis. Typisch für eine neurotoxische Polyneuropathie sind zudem symmetrisch-distale, arm- und beinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausfälle mit strumpf- oder handschuhförmiger Verteilung. Anamnestisch ist entscheidend, dass die Sensibilitätsstörungen von distal nach proximal aufsteigen und dass die Parästhesien häufig nachts zunehmen. Diese klinische Symptomatik ist vom Kläger weder beschrieben worden noch ist sie sonst dokumentiert. Die motorischen Veränderungen können sich zwar des Weiteren als muskuläre Lähmung mit Muskelatrophie darstellen, wobei überwiegend die Muskulatur im Bereich der Hände und Füße betroffen ist. Aber auch insoweit kann die diagnostizierte Myopathie bei inkompletter Typ 2-Muskelfaseratrophie im Nervus suralis nicht als hinreichende Begründung für eine neurotoxische Polyneuropathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische angesehen werden. Im Falle der toxischen Enzephalopathie bestehen unterschiedliche Grade der Ausprägung mit zunächst diffusen Störungen der Hirnfunktionen und häufig unspezifischen Symptomen wie Konzentrations- und Merkschwäche, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, Antriebsarmut, Reizbarkeit, Erschöpfung oder Ermüdbarkeit. Ausgeprägtere Symptome stellen Persönlichkeitsveränderungen, Affektlabilität und Stimmungsschwankungen mit depressivem Einschlag dar. Diese können objektiv mittels psychologischer Tests nachgewiesen werden. In besonders schweren Fällen bestehen Koordinationsstörungen wie Tremor und Ataxie, eine Demenz mit ausgeprägten Intelligenz- und Gedächtnisstörungen sowie der Nachweis hirnatrophischer Veränderungen mittels kranialem CT oder MRT. In der Regel treten toxische Enzephalopathien noch während des Expositionszeitraumes auf, was vom Kläger subjektiv berichtet, jedoch nicht belegt ist. Gleichwohl schließt die Persistenz oder Verschlechterung einer Enzephalopathie nach Beendigung der Exposition eine Verursachung durch neurotoxische Lösungsmittel nicht gänzlich aus, so dass sich die Diagnose zum einen auf die anamnestischen Angaben der Betroffenen und deren Umfeld sowie zum anderen auf einen entsprechenden psychopathologischen Befund stützen muss. Um die toxische Genese zu belegen, müssen dann allerdings andere Formen der Demenz wie etwa ein Morbus Alzheimer ausgeschlossen werden. Dipl.-Psych. Prof. Dr. L. hat eine Demenz bei Alzheimer-Krankheit diagnostiziert (ICD-10-GM-2016 F00.0). Jedoch sprechen der zeitliche Verlauf dieser Diagnosestellung und die von Priv.-Doz. Dr. I. Ende Oktober 2014 durchgeführte Untersuchung gegen eine derartige Demenzerkrankung. Da es sich ohnehin nicht um eine ärztliche Diagnose gehandelt hat, kann ein Morbus Alzheimer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Insgesamt ist gleichwohl fraglich, ob beim Kläger überhaupt eine Demenz, auch anderer Genese, vorliegt. Denn morphologisch ist keine diffuse Schädigung des zentralen Nervensystems nachgewiesen worden. Auch aus der Berufsanamnese kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine beruflich bedingte toxische Enzephalopathie abgeleitet werden. Die PET des zentralen Nervensystems, wonach eine kleinherdige Minderung der Glukoseutilisation an der Hand beschrieben worden ist, kann, anders als von Dr. B. angenommen, nach den überzeugenderen Ausführungen von Priv.-Doz. Dr. I. nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine toxische Enzephalopathie begründen. Deshalb ist der Senat dem Ausführungen von Dr. B. nicht gefolgt. Grundsätzlich kann damit zwar eine diffuse Störung der Hirnfunktion durch eine Arbeitsplatzintoxikation nicht ausgeschlossen werden. Hingegen ist vorliegt kein hinreichend wahrscheinlicher Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Einwirkung und einer Enzephalopathie gegeben.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung der Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1947 geborene Kläger besuchte ab April 1954 bis März 1962 die damalige Volksschule. Nach dem folgenden zweijährigen Besuch der Handelsschule erreichte er mit der Mittleren Reife einen mittleren Schulabschluss. Anschließend wurde er zum Bankkaufmann ausgebildet und arbeitete in diesem Beruf bis 1974, bevor er eine Beschäftigung als Buchhalter bei einem Bauunternehmen aufnahm. Während dieser Tätigkeit bildete er sich zum Steuerbevollmächtigten weiter. Ab 1980 war er als solcher selbstständig tätig. Noch in den 1980er Jahren legte er erfolgreich die Prüfungen zum Steuerberater und vereidigten Buchprüfer ab. Seit einer Krebserkrankung des Dickdarmes war er ab Mitte Januar 1999 arbeitsunfähig. Der Vater des Klägers betrieb eine Bau- und Möbelschreinerei mit Fensterbau, wo zeitweise bis zu 37 Personen beschäftigt waren. Der Kläger arbeitete dort nach eigenen Angaben seit Januar 1960 nebenberuflich mit, später war er auch Mitgesellschafter des Unternehmens.
Am 4. Januar 2000 hatten der Kläger und seine Schwester A. B. einen Vertrag über eine Forderungsabtretung geschlossen, wonach er zur Begleichung einer Verbindlichkeit in Höhe von mindestens 900.000 DM erfüllungshalber alle gegenwärtigen und künftigen fortlaufenden Ansprüche auf Zahlung von Rente "wegen Altersruhegeld, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit" gegenüber der Holz-Berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, in Höhe der nach § 850c Zivilprozessordnung (ZPO) in der jeweils gültigen Fassung pfändbaren Beträge in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) abgetreten hat. Aufgrund zweier Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Waldkirch vom 10. Februar 2000 (Geschäftsnummern: 4 M 137/00 und 4 M 138/00) wurden schließlich wegen Ansprüchen dieser Schwester des Klägers in Höhe von 270.408,61 DM und 326.186,70 DM Forderungen gegen die Holz-Berufsgenossenschaft auf künftige Zahlungen einer laufenden Rente "wegen Alters- oder Erwerbsunfähigkeit" unter Beschränkung gemäß § 850c ZPO gepfändet.
Am 3. Februar 2000 beantragte der Kläger bei der Holz-Berufsgenossenschaft die Anerkennung einer Berufskrankheit und die Gewährung einer Rente. Er gab im April 2000 an, von Januar 1960 bis Dezember 1991 im Nebenberuf bei seinem Vater beschäftigt gewesen zu sein. Er habe werktäglich durchschnittlich drei Stunden und samstags voll gearbeitet. Er habe Sägearbeiten mit der Kreissäge, Schleifarbeiten mit dem Rüttler an Werkteilen aus Holz und Kunststoff sowie Fundierungsarbeiten durch Imprägnierung des Holzes ausgeführt, mit Holzschutzmitteln und Farben gestrichen und gespritzt, mit Lösemitteln und Glaswolle die Fensterrahmen und -beschläge gereinigt, Abbeizarbeiten erledigt, gehobelt sowie in den Feuerröhren des Lokomobils, einer Dampfmaschinenanlage, Kesselreinigungsarbeiten vorgenommen. Die Beschäftigung sei in geschlossenen Räumen ausgeübt worden. Eine Absaugvorrichtung sei ab 1968 nur partiell an der Hobelmaschine vorhanden gewesen. Die Werkstatt habe 50 m2 eingenommen und deren Raumhöhe 2,20 m betragen. Der Maschinensaal sei 120 m2 groß gewesen, bei einer Raumhöhe bis 2,80 m. Am Arbeitsplatz seien folgende Mittel und Stoffe zum Einsatz gekommen: Jeniozell AE, Arti-Räucherbeize, Asbest, Eternit, Xylamon, Xyladecor, Trichlorethen (früher: Trichloräthylen), 3 M-Kleber, Flexomer Primer No. 300, Lindan, Nitroverdünner, Formaldehyd, Ätznatronlauge und Phenylcyclohexylpiperidin (PCP).
Nach einem stationären Aufenthalt des Klägers im St. J.-Krankenhauses in Freiburg vom 19. bis 25. Januar 1999 hatte Prof. Dr. Z., Chefarzt der Inneren Abteilung, einen ausgedehnten Colon ascendenz-Tumor mit massiver, chronischer Blutungsanämie, eine Nephrolithiasis links und eine erosive Antrumgastritis mit positivem Helicobacter pylori-Nachweis diagnostiziert. Ursache der chronischen Blutungsanämie sei der nachgewiesene ausgedehnte Colon ascendenz-Tumor gewesen.
Nach dem Entlassungsbericht des Chefarztes der Psychosomatischen Abteilung der Habichtswald-Klinik in Kassel, dem Facharzt für Psychotherapeutische Medizin und Psychiatrie Dr. K. von Aschoff, über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 28. September bis 17. Dezember 1999 wurden ein hirnorganisches Psychosyndrom (ICD-10 F07.9), der Verdacht auf eine anankastische Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.5), ein Adenokarzinom des Colon ascendens, pT3 pN0 M0, partiell schleimbildend, mit Erstdiagnose im Januar 1999 (ICD-10 C18.2), ein Zustand nach Hemikolektomie rechts im Januar 1999 und von sechs Zyklen einer adjuvanten Chemotherapie mit 5-Fluoruracil (5-FU) von Februar bis Juli 1999, eine Nephrolithiasis links (ICD-10 N20.0) sowie eine beidseitige Sprunggelenksarthrose (ICD-10 M19.9) diagnostiziert. Beim Aufnahmegespräch habe der Kläger über sehr starke Konzentrationsstörungen, ein äußerst herabgesetztes Erinnerungsvermögen, eine innere Unruhe und eine insgesamt erheblich verminderte körperliche Belastbarkeit sowie über Durchschlafstörungen mit Nachtschweiß geklagt. Er habe angegeben, alle zwei Stunden "schachmatt" zu sein, er könne sich "gerade hinlegen und schlafen".
Das Vorliegen eines hirnorganischen Psychosyndroms erscheine ihm aus folgenden Gründen wahrscheinlich: subjektiv beklagt worden seien ein starkes Nachlassen des ehemals hervorragenden Gedächtnisses, eine erheblich nachgelassene Konzentrationsfähigkeit, nur eine geringe Leistungsfähigkeit, eine innere Unruhe und Schlafstörungen sowie eine vermehrte vegetative Übererregbarkeit. Die Unfähigkeit zur Berufsausübung habe seit etwa zwei Jahren bestanden. Es gebe in Bezug auf einen Hirnabbau eine familienanamnetische Belastung. So sei der Vater achtzehn Jahre lang zunehmend verwirrt und pflegebedürftig gewesen. Die Brüder des Vaters litten ebenfalls an dieser Gesundheitsstörung. Fremdanamestisch sei die Persönlichkeitsveränderung ab etwa 1994 beobachtet worden. Im Computertomogramm (CT) hätten sich bifrontal erweiterte äußere Liquorräume gezeigt. Die Elektroenzephalographie (EEG) sei an der Grenze zur leichten Allgemeinveränderung gewesen. Mittels des Trail-Making-Tests (TMT) und eines Kurztests zur Erfassung von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen (Soziales Kompetenztraining - SKT) sei testpsychologisch eine psychomotorische Verlangsamung nachgewiesen worden, wahrscheinlich hirnorganisch bedingt. Ferner habe sich ein klinisches Bild mit Voralterung, Weitschweifigkeit, thematischer bis allgemeiner Einengung des Denkfeldes, Perseveration, Affektlabilität und ebenfalls psychomotorischer Verlangsamung gezeigt.
Die Ätiologie des hirnorganischen Psychosyndroms sei nicht mit Sicherheit zu benennen. Da vaskuläre, entzündliche oder lokalisierte degenerative Veränderungen nicht nachgewiesen seien, erscheine eine familiäre Form eines vorzeitigen diffusen Hirnabbaus am Wahrscheinlichsten. Die Störungen seien so erheblich, dass der Kläger allein deswegen nicht für erwerbsfähig gehalten werde. Die Erwerbsunfähigkeit beziehe sich sowohl auf seinen bisherigen Beruf als Steuerberater als auch auf Verweisungsberufe. Wegen der nicht auszuschließenden Progredienz des Leidens gehe er von einer dauerhaften Einschränkung aus. Zudem leide der Kläger an der angeführten Tumorerkrankung, derentwegen sich jedoch, trotz der ungünstigen Primärdiagnose, nach den aktuellen Untersuchungsergebnissen kein Hinweis auf ein Voranschreiten gezeigt habe. Die nachgewiesenen pathologischen Leberwerte seien zunächst am ehesten auf die durchgeführte Chemotherapie zurückzuführen.
Nach einem von der Holz-Berufsgenossenschaft beigezogenen Gutachten des Dipl.-Psych. Prof. Dr. L., welches nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 3. April 2000 für das Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer (WPV) erstattet wurde, litt dieser an einem dementiellen Syndrom im Sinne einer Demenz bei Alzheimer-Krankheit mit frühem Beginn (ICD-10 F00.0). Die Ausprägung der Erkrankung sei gemessen am Vollbild der Gesundheitsstörung noch leicht gewesen. Als grundlegendes Merkmal der Demenz habe sich eine deutliche Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit gefunden, die nach der Einlassung des Klägers und den ärztlichen Behandlungsunterlagen Anfang 1999 auffällig geworden sei. Nach den Angaben der Ehefrau des Klägers habe sich die Störung der Leistungsfähigkeit hingegen schon zuvor über Jahre hinweg allmählich entwickelt. Die beeinträchtigte Leistungsfähigkeit sei vergesellschaftet mit Störungen des Erlebens und Verhaltens, welche als Wesensänderungen imponierten. Die Störung des Gedächtnisses des Klägers habe typischerweise die Aufnahme, Speicherung und Wiedergabe neuer Informationen beeinträchtigt, während früher gelerntes und vertrautes Material noch zur Verfügung gestanden habe. Die Informationsverarbeitung sei im Sinne einer deutlichen Verlangsamung und Störbarkeit beeinträchtigt gewesen. Relativ gut erhalten gewesen seien noch seine lebenspraktischen Fähigkeiten. Die dementielle Wesensänderung des Klägers sei durch emotionale Entdifferenzierung, reduzierte Frustrationstoleranz, erhöhte Empfindlichkeit, ängstlich-depressive Verstimmung und Suggestibilität bei Einengung der persönlichen Perspektive auf das Krankheitsgeschehen charakterisiert gewesen. Klinische Hinweise oder sonstige Untersuchungsbefunde, die auf eine System- oder Hirnerkrankung hindeuteten, welche statt der Alzheimer Krankheit das demenzielle Syndrom hätten verursachen können, fehlten. Es seien auch ein plötzlicher apoplektischer Beginn oder neurologische Herdzeichen, wie sie für eine vaskuläre Demenz indikativ seien, nicht vorhanden gewesen. Die Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit sowie des Erlebens und Verhaltens seien auch nicht als Pseudodemenz im Rahmen einer depressiven Störung zu erklären gewesen. Als typisch bei Demenzfällen mit einem Krankheitsbeginn vor dem 65. Lebensjahr habe sich beim Kläger eine auffällige familiäre Belastung gefunden. So seien der Vater und fünf Geschwister von diesem, zum Teil im jetzigen Alter des Klägers, demenziell erkrankt. Eine demenzielles Syndrom bei Alzheimer-Krankheit sei durch eine ausgeprägte Verminderung der Neuronenpopulationen charakterisiert, worauf im Falle des Klägers die bifrontal betonte Erweiterung der äußeren Liquorräume im kranialen CT und die leichte Allgemeinveränderung nach dem EEG hindeuteten. Die Alzheimer-Demenz müsse gegenwärtig als irreversibel und in interindividuell unterschiedlichem Tempo progedient verlaufend angesehen werden. Der Kläger sei wegen des Ausmaßes der testmäßig objektivierten Leistungsbeeinträchtigungen in basalen intellektuellen Teilfunktionen, die mit den ärztlichen Vorbefunden, der Verhaltensbeurteilung und biographischen Daten im Einklang stünden, also wegen seiner Alzheimer-Krankheit, auf Dauer berufsunfähig.
Nach der Stellungnahme von Dr. Sch. vom Technischen Aufsichtsdienst der Holz-Berufsgenossenschaft von Juni 2000 im Anschluss an ein Gespräch mit dem Kläger, welches im Beisein eines Rechtsanwaltes stattfand, haben gesicherte medizinische Erkenntnisse über den Zusammenhang der Krebserkrankung des Dickdarmes mit bestimmten Gefahrstoffen nicht vorgelegen. Zudem müsse die relativ geringe tägliche Expositionszeit des Klägers zu den von ihm aufgelisteten Stoffen in Betracht gezogen werden. Nach dessen Angaben habe er von 1961 bis 1991 etwa drei Stunden täglich in der väterlichen Schreinerei gearbeitet, davon etwa 40 % in den Bereichen Maschinensaal, Spänesilo und Bankraum. Auf die Lackiererei und Holzimprägnierung seien etwa 30 % entfallen. Der Rest habe sich auf die Mitarbeit in der Isolierglasfabrikation und bis 1975 auch auf die Reinigung des Lokomobils verteilt. Bis 1974 habe der Kläger im väterlichen Betrieb hauptsächlich bei der Buchhaltung geholfen. Ab 1991 sei er noch etwa eine Stunde im Unternehmen tätig gewesen. Neben den angeführten Gefahrstoffen sei der Kläger noch in Kontakt mit Holzstäuben gekommen, bis 1965 mit Hart- und Weichholzstaub (Innenausbau und Möbelfertigung), danach vorwiegend mit solchen aus Kiefern- und Fichtenholz (Fensterbau). Beim Reinigen des Lokomobils sei er mit Verbrennungsrückständen in Berührung gekommen. Die in der Verwaltungsakte aufgeführten Produkte Asbest, Eternit und Trichlorethen habe der Rechtsanwalt der umfangreichen Dokumentation von Produkten durch den Kläger, die sich auf mehr als zwanzig Aktenordner verteilt habe, entnommen. Dieser habe sich allerdings selbst nicht mehr daran erinnern können, diese verarbeitet zu haben. In Bezug auf Lindan und PCP habe der Rechtsanwalt nur darauf hinweisen wollen, dass diese Produkte in Holzschutzmitteln wie etwa Xylamon und Xyladecor enthalten seien.
Auf Nachfrage der Holz-Berufsgenossenschaft bei Prof. Dr. K., Arzt für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, äußerte dieser in einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Juli 2000, weder die berufliche Exposition noch das Krankheitsbild begründeten eine Berufskrankheit.
Die Gewerbeärztin des Landes Baden-Württemberg Dr. H. war ebenfalls der Auffassung, dass eine Listen-Berufskrankheit nicht anzuerkennen sei. Für die Feststellung einer so genannten "Wie-Berufskrankheit" fehle es ebenfalls an den entsprechenden Voraussetzungen.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2000 lehnte die Holz-Berufsgenossenschaft die Anerkennung einer Berufskrankheit ab. Nach der derzeit gültigen Liste der BKV seien die Erkrankungen des Klägers, insbesondere das hirnorganische Psychosyndrom, keine Berufskrankheit. Bei dieser Gesundheitsstörung handele es sich auch nicht um eine Wie-Berufskrankheit. Es lägen keine neuen wissenschaftlichen medizinischen Erkenntnisse vor, wonach unter Berücksichtigung der vom Kläger verwendeten Arbeitsstoffe bei einem solchen Krankheitsbild die Voraussetzungen für eine Einstufung als Berufskrankheit grundsätzlich gegeben seien. Aus den medizinischen Unterlagen gehe ferner hervor, dass in der Familie des Klägers Erkrankungen mit vorzeitigem Hirnabbau bereits vorgekommen seien. So seien der Vater und dessen Brüder betroffen gewesen. Gemäß dem Gutachten von Prof. Dr. L. werde diese familiäre Form des vorzeitigen diffusen Hirnabbaus als Ursache für wahrscheinlich gehalten.
Mit Bescheid vom 27. Oktober 2000 stellte die Holz-Berufsgenossenschaft fest, dass die Dickdarmerkrankung des Klägers keine Berufskrankheit ist. Weder liege eine Listen-Berufskrankheit vor noch komme eine Anerkennung als Wie-Berufskrankheit in Betracht.
Gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2000 erhob der Kläger Widerspruch, wonach er insbesondere wegen des hirnorganischen Psychosyndroms weiterhin die Anerkennung einer Berufskrankheit verfolgte. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2001 zurückgewiesen.
Im deswegen vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) geführten Klageverfahren S 9 U 1511/01 äußerte Dr. Sch. im September 2001, in Bezug auf die Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV habe der Kläger nur geringen Kontakt zu den relevanten Lösemitteln gehabt; bis 1991 je Tag maximal eine Stunde, ab 1991 nur noch 20 bis 30 Minuten. Hinsichtlich der Berufskrankheiten nach den Nrn. 1302 und 1310 sowie vor allem der Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV würden andere Berufsgruppen als diejenige, welcher der Kläger zuzurechnen sei, mit täglich lang andauernden Belastungen über den Grenzwerten als gefährdend eingestuft. So sei der Kläger hauptsächlich im Büro tätig gewesen. Das Erkrankungsbild entspreche nicht dem einer Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV.
In der Stellungnahme von Januar 2002 äußerte Dr. Sch., bei der Tätigkeit als Schreinerhelfer in den Bereichen Maschinenraum und Bankraum von 1961 bis 1998 sei die Belastung durch Holzstaub bis zum Einbau der Absaugvorrichtung sicher erhöht gewesen, anschließend sei sie hingegen auf das technisch machbare Mindestmaß begrenzt worden. Bei der Reinigung des Lokomobils von 1953 bis etwa 1975 habe Kontakt zu Verbrennungsrückständen bestanden. Hinsichtlich der Mitarbeit im Lackierbereich von 1961 bis 1998 sei bis zum Einbau der Absaugvorrichtung sicherlich eine erhöhte Lösemittelkonzentration vorhanden gewesen, ab 1991 habe hingegen nur noch eine geringe Belastung vorgelegen. Früher sei häufiger gestrichen worden, wobei die besonders belastende Aerosolbildung entfallen sei und sich die Belastungssituation damit deutlich verringert habe. Beim Holzimprägnieren in der Zeit von 1961 bis 1998 habe es wegen der Verarbeitung im Freien und mittels eines Tauchvorganges, bei dem es zu keiner Aerosolbildung gekommen sei, eine eher geringe Belastung gegeben. Während der Mitarbeit in der Isolierglasfabrikation von 1965 bis 1998 sei der Kläger wegen der K.en Flächen bei den Fensterstegen und des geschlossenen Systems mit Thiokol aus Kartuschen sowie der sehr kurzen Einsatzzeit lediglich einer geringen Belastung ausgesetzt gewesen.
Im April 2002 führte Dr. Sch. aus, bei allen durchgeführten Berechnungen, ob auf Basis der MEGA-Datenbank der Holz-Berufsgenossenschaft oder der Angaben aus dem BK-Report 3/99, die auf Werten der MEGA-Datenbanken aller Berufsgenossenschaften fuße, ergebe sich eine deutliche Unterschreitung der Grenzwerte. Es müsse somit von einer geringen bis sehr geringen Belastung im Hinblick auf die Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang würden Sicherheitsdatenblätter keine anderen Ergebnisse bringen, da in den Produkten, mit denen der Kläger Umgang gehabt habe, keine anderen Lösungsmittel als die bereits berücksichtigten enthalten seien.
Das SG holte ein neurologisch-neuropsychologisches Gutachten bei dem Arzt für Neurologie Priv.-Doz. Dr. Sch. und ein neuroradiologisches Zusatzgutachten bei dem Leiter der Sektion Neuroradiologie Prof. Dr. Sch., beide vom Universitätsklinikum Freiburg, ein. Prof. Dr. Sch. äußerte, nach dem von ihm erstellten Magnetresonanztomogramm (MRT) des Schädels am 7. November 2002 habe sich eine über das Altersmaß hinausgehende fokale kortikale Atrophie beidseits hochfrontal und parietal ergeben. Es bestehe keine innere Atrophie. Zeichen einer zerebralen Mikro- oder Makroangiopathie hätten sich nicht gefunden. Die morphologischen Veränderungen könnten Ursache der vorliegenden kognitiven Störungen sein. Die Topik der fokalen Atrophie sei eher untypisch für eine sich entwickelnde Alzheimer-Demenz. Um die klinische Relevanz der bildmorphologischen Veränderungen sicher bewerten zu können, sollte eine MRT-Verlaufskontrolle und eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) durchgeführt werden.
Priv.-Doz. Dr. Sch. führte nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 29. Oktober 2002 aus, es liege nahe, dass dieser unter einer seelischen Erkrankung wie etwa einer Depression leide und zusätzlich möglicherweise unter einer organischen Gesundheitsstörung des Gehirns. Neben der Krebserkrankung und der schwierigen Persönlichkeitsstruktur liege eine weitere Ursache der Depression vermutlich in der jahrzehntelangen Überlastung. Der Kläger selbst habe sich als verausgabt beschrieben, da er sich bis zur Selbstaufgabe für andere habe einsetzen müssen. Er habe seine seelische Substanz verloren, sei ständig von anderen in Anspruch genommen worden, habe neben seiner Steuerberaterkanzlei abends und am Wochenende in der Isolierglasfabrik der Familie aushelfen müssen sowie jahrelang den schwerkranken Vater gepflegt. Obwohl er und seine Ehefrau angegeben hätten, dass der Kläger aktuell nicht mehr depressiv sei, bestehe zumindest weiterhin eine ausgeprägte Stimmungslabilität, Reizbarkeit, Verschlossenheit und Antriebsminderung. Die Hinweise zur Primärpersönlichkeit und die gravierenden lebensgeschichtlichen Belastungen legten es nahe, dass die Depression des Klägers, welche offenbar in abgeschwächter Form bis heute bestehe, auf eine psychisch-reaktive Ursache zurückzuführen sei. Eine Mitverursachung durch eine organische Erkrankung des Gehirns sei denkbar, vor dem Hintergrund der seelischen Faktoren aber nicht mit hinreichender Sicherheit belegbar. Als zweite Hauptbeschwerde auf nervenärztlichem Fachgebiet liege die Einschränkung des geistigen Leistungsvermögens vor. Eine Teilursache dieser insgesamt geringen Leistungseinschränkung liege sehr wahrscheinlich in der durch die psychische Störung bedingten verminderten Fähigkeit zur Konzentration. Diese Form der nicht-organischen Leistungsstörung sei bei den unterschiedlichsten psychischen Störungen, gerade auch bei Depressionen, die Regel und könne bis zum Bild einer "Pseudodemenz" gehen. Zusätzlich zu der seelischen Störung könne eine organische Erkrankung des Gehirns Mitursache der geistigen Leistungsmängel sein. Der Kläger selbst vermute eine chronische Intoxikation durch langjähre Exposition gegenüber Schadstoffen in einer Isolierglasfabrik, in der er über viele Jahre aushilfsweise mitgearbeitet habe. Prof. Dr. L. habe ein demenzielles Syndrom im Sinne der Alzheimer-Krankheit mit frühem Beginn vermutet. Bei seiner Untersuchung habe sich der Befund einer das Altersmaß überschreitenden, jedoch nicht schwergradigen, fokalen Hirnatrophie im Bereich des hinteren Stirnlappens und des Scheitellappens beidseits ergeben. Mittels des EEG habe ein zumindest leichter Herdbefund im Bereich des rechten Schläfenlappens festgestellt werden können, der mit keiner der erwähnten möglichen Diagnosen in Übereinstimmung zu bringen gewesen sei. Darüber hinaus habe kein pathologischer Befund vorgelegen. Im Ergebnis habe er eine Depression, eine funktionelle kognitive Störung im Rahmen dieser Depression und eine ätiologisch unklare, fokal akzentuierte äußere Hirnatrophie diagnostiziert.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete der Nervenarzt Dr. B. unter Berücksichtigung eines testpsychologischen Zusatzgutachtens des Dipl.-Psych. K. ein Gutachten. Dipl.-Psych. K. führte aus, die hirnorganischen Veränderungen, die sich in deutlichen kognitiven Leistungseinbußen und psychischen Veränderungen äußerten, seien neurotoxische Schädigungen aufgrund von Arbeitsstoffen. Die Befunde seiner Untersuchung und der Vorgutachten entsprächen einer toxischen Enzephalopathie. Es sei von einer Berufskrankheit auszugehen. Dr. B. äußerte, das Gutachten beruhe auf der Mitbehandlung des Klägers am 8. Juni und 10. August 2001. Anlässlich der Bestellung zum Sachverständigen sei der Kläger nochmals am 4. September 2003 ambulant untersucht worden. An diesem Tag sei die Psychometrie wiederholt worden. Er habe eine Neuropathie, eine ausgeprägte Myopathie, ausgeprägte Gleichgewichtsstörungen sowie eine schwere Hirnleistungsminderung und Wesensänderung, die mittels der psychometrischen Untersuchung mehrfach und durch die PET zweimal nachgewiesen worden seien, sowie ein seit 1999 bestehendes Kolonkarzinom diagnostiziert. Sowohl nach der Fachliteratur als auch unter Berücksichtigung der großen Anzahl von Untersuchungen, die er selbst bei Schreinern durchgeführt habe, bestünde kein Zweifel daran, dass dieser Beruf häufig schon früh zu schweren Schäden, besonders auf neurologischem Fachgebiet, führe, vor allem also zu einer Hirnschädigung, einer Schädigung der peripheren Nerven und Muskelschäden. Eine genaue Beziehung zwischen einem Arbeitsstoff und einem konkreten Schaden herzustellen, sei von vornherein ausgeschlossen. Es sei nicht möglich, präzise zu sagen, dass ein Lösungsmittel einen bestimmten Schaden verursacht habe und ein Holzschutzmittel einen anderen. Bei toxischen Schäden gebe es ständig Interaktionen zwischen allen benutzten Substanzen. Meist steigerten sie sich in ihrer Wirkung gegenseitig. Auch die Veränderungen des Entgiftungs- und Immunsystems gingen auf die Anwendung aller Substanzen in der Schreinerei zurück. Überempfindlichkeiten entwickelten sich meist gegen immer mehr künstliche und auch natürliche Substanzen. Im Falle des Klägers sei eine weitere Differenzierung einzelner Schadensursachen nicht möglich. Die Schäden, die beim Kläger aufgetreten seien, fielen im Wesentlichen unter die Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV. Viele der in Schreinereien verwendeten Stoffe seien keiner bestimmten Listen-Berufskrankheit zuzuordnen, seien also nach der Öffnungsklausel zu bewerten und zu entschädigen.
Den Ausführungen von Priv.-Doz. Dr. Sch. in seinem Gutachten sei zu widersprechen. Wenn eine Hirnatrophie so ausgeprägt sei, dass sie schon mittels eines MRT, also einer in Bezug hierauf relativ ungenauen Untersuchungsmethode, festgestellt werden könne, liege immer eine schwere Hirnschädigung vor. Es sei verständlich, dass zunächst Funktionen ausfielen und dann erst Zellen abgebaut würden. Die PET sei eine Funktionsdarstellung und zeige die Hirnschäden viel früher und genauer. Die mehrfachen PET-Befunde und der von Priv.-Doz. Dr. Sch. angeführte kernspintomografische Befund entsprächen einander. Soweit dieser die Hirnatrophie als ätiologisch unklar bezeichne, sei diese Aussage unlogisch. Wenn jemand über Jahrzehnte ständig mit Stoffen gearbeitet habe, die zu Hirnschäden und Hirnatrophien führen könnten und schließlich eine Hirnatrophie nachgewiesen worden sei, dann sei von einem Zusammenhang auszugehen, solange sich keine Anhaltspunkte oder Beweise für eine andere Ursache der Hirnschäden erkennen ließen.
Der Chefarzt der Klinik für Neurologie, Ch.-Bad Göppingen, Prof. Dr. Sch., ging in einer beratungsärztlichen Stellungnahme von April 2004 davon aus, die Diagnose einer toxischen Enzephalopathie sei möglich, aber eher unwahrscheinlich. Die Diagnostik sei unbefriedigend.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 26. Oktober 2004 mit der Begründung ab, es fehle am Nachweis einer Erkrankung, die einer Listen-Berufskrankheit zugeordnet werden könne. Darüber hinaus fehle es an einer exakt definierten Gesundheitsstörung, für welche die Voraussetzungen als Wie-Berufskrankheit konkret geprüft werden könnten.
Das deswegen geführte Berufungsverfahren L 10 U 126/05 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg wurde auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 6. Dezember 2005 wegen des beim LSG parallel noch anhängigen Verfahrens L 10 U 4822/03 zum Ruhen gebracht.
Jenes Berufungsverfahren wurde wegen der Anerkennung eines Adenokarzinoms des Dickdarmes als Berufskrankheit geführt; dem voraus ging das für den Kläger erfolglose Klageverfahren S 9 U 171/01 beim SG, in welchem auf dessen Antrag nach § 109 SGG ein Gutachten bei Priv.-Doz. Dr. R., einschließlich einer ergänzenden Stellungnahme, eingeholt wurde. Er ging davon aus, dass der Kläger Säge- und Schleifarbeiten an Holz- und Kunststoffen, Grundierungsarbeiten, Streich- und Spritzarbeiten mit Holzschutzmitteln und Farben verrichtete, mit dem Reinigen von Fensterrahmen und Beschlägen mit Lösungsmitteln und Glaswolle, Beiz- und Hobelarbeiten, Kesselreinigung und Stumpfschweißen beschäftigt war und verschiedene Hölzer, Leime, Kleber, Lösemittel, Lacke, Holzschutz- und Imprägniermittel, 3 M-Kleber, Ätznatronlauge, Arti-Räucherbeize, Flexomer Primer No. 300, Formaldehyd, Jeniozell AE, Lindan, Nitroverdünner, PCP, Thiokol, Trichlorethen sowie Xyladecor und Xylamon verarbeitete. Selbst unter Berücksichtigung der Angabe des Klägers, wonach das Gebäudedach aus Fulgurit-Asbestplatten bestanden habe, sei die Erkrankung nicht beruflich bedingt. Die Prädisposition für ein Kolonkarzinom sei vorwiegend genetisch bedingt. Daneben spielten exogene Faktoren durchaus eine Rolle. Ein erhöhtes Risiko stellten eine ballaststoffarme und kalorien-, fleisch- und fettreiche Ernährung, Bewegungsmangel sowie starker Nikotin- und Alkoholgenuss dar. Über weitere Umweltfaktoren gebe es in der Literatur wenig Studien. Ob Holzstaub Einfluss auf die Inzidenz von Kolonkarzinomen habe, werde kontrovers diskutiert, ebenso der Zusammenhang mit Asbest. So gebe es zwar Hinweise auf eine erhöhte Inzidenz von Beschäftigten in der Zementindustrie, die gleichzeitig Asbest ausgesetzt gewesen seien. Bei diesen sei indes die Abgrenzung von anderen Einflussfaktoren nicht möglich gewesen. Außerdem gebe es Kohortenstudien, wonach kein Zusammenhang zwischen Asbest und kolorektalen Karzinomen habe hergestellt werden können. Ein Einfluss der anderen vom Kläger angeführten Arbeitsstoffe auf die Inzidenz von Dickdarmkrebs werde in der Literatur nicht beschrieben. Daher ergebe sich keine Evidenz dafür, dass das Kolonkarzinom auf einen der Arbeitsstoffe zurückzuführen oder hierdurch verschlimmert worden sei.
In der zweiten Instanz wurde auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Nephrologie und Umweltmedizin Prof. Dr. H. vom 15. April 2005 eingeholt. Danach sei der Kläger in den Jahren 1961 bis 1991 beruflich einer Thiokolbelastung ausgesetzt gewesen. Gesichert sei ein Adenokarzinom mit erfolgter Hemikolektomie. Der Kläger sei beruflich mit Thiokol in Kontakt gekommen, welches polychlorierte Biphenyle (PCB) enthalten habe. PCB sei eine Substanz, welche im Verdacht stehe, kanzerogen zu sein. Die Ständige Senatskommission zur Prüfung gesundheitlicher Arbeitsstoffe (MAK-Kommission) ordne sie der Kategorie III B zu. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufe PCB demgegenüber in die Kanzerogenitätsgruppe II, also als wahrscheinliches Humankanzerogen, ein. Die krebserzeugende Wirkung im Gastrointestinaltrakt von Ratten sei nachgewiesen. Es sei eine erhöhte Inzidenz von Kolonkarzinomen bei Lehrenden nachgewiesen worden, die in mit PCB belasteten Schulgebäuden unterrichtet hätten. Daher lägen die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV vor, ersatzweise für die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit.
Dr. Sch. führte in seiner Stellungnahme von Mai 2005 aus, der Kläger habe zwischen 1968 und 1991 maximal 30 Minuten täglich im Isolierglasbau gearbeitet. Thiokol könne zwar auch PCB enthalten, allein der Name lasse aber noch keinen Schluss hierauf zu. Vielmehr sei bereits Ende der 1960er die weitaus größere Menge von Thiokol-Fugenmassen frei von PCB gewesen. Die Belastung hierdurch sei bei der Entfernung alter Isolierungen mit Messer und Drahtbürste wegen der Raumgröße und der mit etwa 30 Minuten je Tag geringen Einsatzzeit als vernachlässigbar einzustufen. Weiterhin sei bei alten Fugendichtungen, die spröde geworden seien, der Weichmacheranteil drastisch gesunken gewesen, so dass keine erhöhte Belastung mit PCB mehr vorgelegen haben könne. Ihm seien keine neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt, die einen eindeutigen Zusammenhang zwischen PCB und Kolonkarzinomen belegten. Eine Belastung durch PCB könne auch im privaten Bereich durch Teppichböden, Wände oder Decken erfolgt sein, was den Nachweis im Heparinblut des Klägers erklärte. Die Interpretation der Blutwerte sei vorliegend jedoch schwierig. Blei, organische Zinnverbindungen und Kadmium/Zink oder Ähnliches seien für eine Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV weder relevant noch habe der Kläger Umgang damit gehabt. Eine Verbrennung von Polyvinylchlorid (PVC) sei ebenfalls nicht vorgekommen. Asbest werde mit der Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV nicht in Verbindung gebracht.
Das LSG wies die Berufung im Verfahren L 10 U 4822/03 mit Urteil vom 25. Januar 2007 mit der Begründung zurück, eine Listen-Berufskrankheit liege beim Kläger nicht vor. Insbesondere handele es sich bei dem Adenokarzinom des Dickdarmes nicht um eine von der Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV erfasste und mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführende Erkrankung. Prof. Dr. H. gehe hinsichtlich der beruflichen Einwirkungen von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, konkret in Bezug auf die Dauer der Einwirkung des Dichtungsmittels Thiokol. Ohnehin sei fraglich und nicht nachgewiesen, ob der Kläger überhaupt in nennenswertem Umfang PCB ausgesetzt gewesen sei, insbesondere wie lange dieser Stoff in Thiokol Verwendung gefunden habe. Im Übrigen fehle es an dem erforderlichen wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang zwischen einer Einwirkung durch Thiokol beziehungsweise PCB und dem Adenokarzinom. Allein der Hinweis auf eine Studie und der Nachweis von Erkrankungen bei Ratten genügten angesichts der Tatsache, dass Darmkrebs überwiegend nahrungsbedingt entstehe, nicht. Der Vollbeweis einer relevanten beruflichen Exposition gegenüber PCB sei nicht erbracht. Das von Prof. Dr. H. in Bezug auf PCB beschriebene negative Ergebnis der Blutuntersuchung spreche nach einer Studie von Köster ebenfalls gegen eine erhöhte Belastung hierdurch. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wurde durch das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 19. Juni 2007 als unzulässig verworfen (Az. B 2 U 57/07 B).
Das Verfahren L 10 U 126/05 beim LSG war im April 2007 wieder angerufen und unter L 10 U 2234/07 fortgeführt worden. Mit Beschluss vom 7. Januar 2008 wurde die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 26. Oktober 2004 (Az. S 9 U 1511/01) zurückgewiesen. Bei diesem liege keine Erkrankung vor, die auf die von ihm behaupteten Einwirkungen zurückzuführen sei. Eine toxikologische oder mit sonstigen beruflichen Einwirkungen zusammenhängende Genese der nachgewiesenen Gesundheitsstörungen sei nicht wahrscheinlich. Daher brauche der Senat die genaue Art und das konkrete Ausmaß der beruflichen Exposition nicht weiter abzuklären. Insbesondere leide der Kläger nicht an einer von der Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV erfassten Polyneuropathie oder Enzephalopathie. Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG wurde diese durch das BSG mit Beschluss vom 18. November 2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Berufungsinstanz zurückverwiesen (Az. B 2 U 44/08 B).
In dem beim LSG wiedereröffneten Verfahren (Az. L 10 U 5975/08) schlossen die Beteiligten am 14. Januar 2010 einen Vergleich, wonach sie sich darüber einig waren, dass der angefochtene Bescheid vom 12. Februar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2001 keine negative Regelungswirkung enthält, insbesondere keine Ablehnung einer Listen-Berufskrankheit oder Wie-Berufskrankheit. Die Holz-Berufsgenossenschaft verpflichtete sich, dem Kläger einen neuen Bescheid betreffend deren Vorliegen zu erteilen. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Im Anschluss an diesen beim LSG geschlossenen Vergleich lehnte es die Holz-Berufsgenossenschaft mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14. September 2010 ab, beim Kläger das Vorliegen der Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV festzustellen. Zudem erkannte sie die Erkrankung des Klägers nicht als Wie-Berufskrankheit an. Von etwa 1961 bis 1991 habe der Kläger neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit im Bereich der Buchhaltung beziehungsweise als Steuerbevollmächtigter, später als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer, nebenberuflich im elterlichen Unternehmen gearbeitet, in dem er zu einem späteren Zeitpunkt noch als Mitgesellschafter beteiligt gewesen sei. Der zeitliche Arbeitsumfang habe werktäglich etwa drei Stunden und samstags acht Stunden umfasst. Von 1991 bis 1998 habe er etwa eine Stunde täglich mitgearbeitet. Die Arbeiten hätten sich nach seinen Angaben zu etwa 40 % auf die Bereiche Maschinensaal, Spänesilo und Bankraum sowie zu etwa 30 % auf die Lackiererei und Holzimprägnierung verteilt. Weiterhin sei er zu etwa 30 % in der Isolierglasfabrikation tätig gewesen. Während dieser Arbeiten habe Kontakt zu verschiedenen Hölzern, Furnier- und Spanplatten, Leimen, Lacken, Beiz- und Holzschutzmitteln (Xyladekor und Xylamon), Verdünnungsmitteln (Nitroverdünnung), Spiritus sowie Reinigungs- und Entfettungsmitteln bestanden. Hierdurch sei es jedoch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Erkrankung gekommen, die als Listen-Berufskrankheit anerkannt werden könne. Bei der Hirnerkrankung des Klägers handele es sich auch nicht um eine Erkrankung, welche die Voraussetzungen einer Wie-Berufskrankheit erfülle. Es lägen keine gesicherten Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vor, wonach die Arbeitsstoffe, mit denen der Kläger in Kontakt gekommen sei, in dem verwendeten Umfang das bei ihm bestehende Erkrankungsbild hätten verursachen können. Soweit Dr. B. eine Myopathie, also eine entzündliche, degenerative Muskelerkrankung, festgestellt habe, habe sich hierzu kein Hinweis auf eine berufliche Verursachung ergeben. Der Widerspruch wurde mit dem Bevollmächtigten des Klägers am 25. Mai 2011 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2011 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 21. Juni 2011 beim SG Klage erhoben. Zuletzt hat er nur noch die Verpflichtung der mittlerweile durch Fusion entstandenen Beklagten, an der auch die Holz-Berufsgenossenschaft beteiligt gewesen ist, zur Feststellung der Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV verfolgt, nicht mehr die Anerkennung als Wie-Berufskrankheit. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20. November 2013 abgewiesen. Die Voraussetzungen der Berufskrankheiten, deren Feststellung begehrt werde, lägen nicht vor. Der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. Sch. habe dargelegt, dass eine fokale Hirnatrophie in den Bereichen des hinteren Stirnlappens und des Scheitellappens beidseits vorhanden sei. Eine Polyneuropathie und Enzephalopathie hätten demgegenüber medizinisch nicht nachgewiesen werden können. Auch die diagnostizierte Depression habe nicht auf eine berufliche Einwirkung zurückgeführt werden können. Die Kammer schließe sich umfänglich den ausführlichen Entscheidungsgründen des LSG im Beschluss vom 7. Januar 2008 an. Gegen die dem Bevollmächtigten des Klägers am 20. Dezember 2013 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 20. Januar 2014 Berufung beim LSG eingelegt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Facharzt für Pharmakologie und Toxologie sowie Klinische Pharmakologie Priv.-Doz. Dr. I. ein Gutachten erstattet. Nach einer Untersuchung des Klägers am 30. Oktober 2014 hat dieser geäußert, bei diesem lägen an Befunden und Diagnosen ein Zustand nach Adenokarzinom des Dickdarmes mit Hemikolektomie rechts, eine Hirnatrophie in den Bereichen des hinteren Stirnlappens und des Scheitellappens beidseits, eine ätiologisch unklare, fokal akzentuierte äußere Hirnatrophie, über das Altersmaß hinausgehende fokale kortikale Atrophien beidseits hochfrontal und parietal, bifrontal erweiterte äußere Liquorräume, eine kleinherdige Minderung der Glukoseutilisation orbital und frontal inferior, rechts mit geringer bis mäßiger und links mit mäßiger Ausprägung (PET-CT), ein hirnorganisches Psychosyndrom, eine psychomotorische Verlangsamung, eine Hirnleistungsstörung und -minderung, der Verdacht auf Demenz bei Alzheimer-Krankheit beziehungsweise eine degenerative Erkrankung mit Abbau von Nervenzellen, Gleichgewichtsstörungen, eine Polyneuropathie, eine Myopathie, eine inkomplette Typ 2-Muskelfaseratrophie im Nervus suralis, eine Depression, der Verdacht auf eine anankastische Persönlichkeitsstörung, eine Wesensänderung, eine Nephrolithiasis links sowie eine beidseitige Sprunggelenksarthrose vor. Mit Wahrscheinlichkeit sei keine der angeführten Gesundheitsstörungen durch die berufliche Tätigkeit des Klägers in der elterlichen Bau- und Möbelschreinerei mit Isolierglasfabrikation verursacht oder verschlimmert worden. Aus medizinisch-toxikologischer Sicht sowie nach den Definitionen der BKV und der wissenschaftlichen Begründungen hierzu, spreche mehr gegen als für den behaupteten ursächlichen Zusammenhang. Diese Auffassung gründe auf der Art der erhobenen Befunde und Diagnosen, deren jeweiliger zeitlicher Verlauf in Relation zur Exposition gegenüber den Gefahrstoffen sowie der Intensität der jeweiligen Exposition. Eine Erkrankung durch Halogenkohlenwasserstoffe (Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV), insbesondere Lindan, liege nicht vor. Die Toxizität solcher Verbindungen werde wesentlich durch die Intensität und die Dauer der Exposition bestimmt. Aus den vorliegenden Unterlagen sei eine entsprechend intensive und lange Exposition nicht ersichtlich. Eine Erkrankung durch Benzol, seine Homologe oder Styrol (Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV) liege nicht vor, da die Aufnahme überwiegend durch Einatmung der Dämpfe erfolge und die neurologisch-psychiatrischen Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit, Brechreiz, allgemeine Abgeschlagenheit und Alkoholintoleranz nach Wegfall der Exposition schnell abklängen. Die nach einer Langzeiteinwirkung selbst von kleineren Dosen nachweisbaren Veränderungen des Blutbildes, die hinsichtlich Benzol sogar noch längere Zeit nach Wegfall der Exposition bestehen könnten, seien beim Kläger nicht festgestellt worden. Ebenso bestehe keine entsprechende Berufsanamnese, die eine erhebliche Exposition belegen könne. Eine Erkrankung durch Methylalkohol (Nr. 1306 der Anlage 1 zur BKV) liege nicht vor, da eine Gefährdung in erster Linie durch Arbeiten bei ungenügender Belüftung bestehe. Eine Be- und Entlüftungsanlage sei in den letzten Jahren vor der Anzeige einer Berufskrankheit installiert gewesen. Zudem würden bei erheblicher Exposition neben der neurotoxischen Wirkung auch eine nephrotoxische und hepatotoxische Wirkung beobachtet, die beim Kläger sämtlich nicht dokumentiert seien. Des Weiteren spreche die Berufsanamnese gegen eine erhebliche Exposition. Eine Erkrankung durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide (Nr. 1310 der Anlage 1 zur BKV) liege nicht vor, da die Aufnahme hauptsächlich über die Haut, Schleimhäute und Atemwege erfolge, mit entsprechenden Reizerscheinungen und Schäden, was sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergebe. Zudem spreche die Berufsanamnese gegen eine erhebliche Exposition. Eine Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV bei nachgewiesener Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische liege ebenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor. Neurotoxische organische Lösungsmittel könnten zwar als Dauerwirkung eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie verursachen, da durch Metabolisierung neurotoxische Substanzen entstünden, deren Angriffspunkte in der Nervenzelle unterschiedlich und zum Teil noch nicht geklärt seien. Als Folgen seien im Falle der Polyneuropathie zunächst Funktionsstörungen mit Missempfindungen und Sensibilitätsausfällen festzustellen und im weiteren Verlauf auch morphologische Veränderungen mit Schädigung der peripheren Nerven. Dabei fänden sich in der histologischen Beurteilung der Nerven große paranodale Axonauftreibungen, Anhäufungen von Neurophilamenten und weitere Schäden. Entsprechende Nervenläsionen seien beim Kläger indes nicht objektiviert worden, auch nicht im Rahmen der Diagnostik zur Myopathie bei inkompletter Typ 2-Muskelfaseratrophie im Nervus suralis. Typisch für eine neurotoxische Polyneuropathie seien zudem symmetrisch-distale, arm- und beinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausfälle mit strumpf- oder handschuhförmiger Verteilung. Anamnestisch sei wichtig, dass die Sensibilitätsstörungen von distal nach proximal aufstiegen und dass die Parästhesien häufig nachts zunähmen. Diese klinische Symptomatik sei vom Kläger weder beschrieben worden noch sei sie sonst dokumentiert. Die motorischen Veränderungen könnten sich auch als muskuläre Lähmung mit Muskelatrophie darstellen, wobei überwiegend die Muskulatur im Bereich der Hände und Füße betroffen sei. Auch insoweit könne die diagnostizierte Myopathie bei inkompletter Typ 2-Muskelfaseratrophie im Nervus suralis nicht als hinreichende Begründung für eine neurotoxische Polyneuropathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische angesehen werden. Im Falle der toxischen Enzephalopathie bestünden unterschiedliche Grade der Ausprägung mit zunächst diffusen Störungen der Hirnfunktionen und häufig unspezifischen Symptomen wie Konzentrations- und Merkschwäche, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, Antriebsarmut, Reizbarkeit, Erschöpfung oder Ermüdbarkeit. Ausgeprägtere Symptome stellten Persönlichkeitsveränderungen, Affektlabilität und Stimmungsschwankungen mit depressivem Einschlag dar. Diese könnten objektiv mittels psychologischer Tests nachgewiesen werden. In besonders schweren Fällen bestünden Koordinationsstörungen wie Tremor und Ataxie, eine Demenz mit ausgeprägten Intelligenz- und Gedächtnisstörungen sowie der Nachweis hirnatrophischer Veränderungen mittels kranialem CT oder MRT. In der Regel träten toxische Enzephalopathien noch während des Expositionszeitraumes auf, was vom Kläger subjektiv berichtet, jedoch nicht durch ärztliche Dokumente belegt worden sei. Dennoch schließe die Persistenz oder Verschlechterung einer Enzephalopathie nach Beendigung der Exposition eine Verursachung durch neurotoxische Lösungsmittel nicht aus, so dass sich die Diagnose zum einen auf die anamnestischen Angaben der Betroffenen und deren Umfeld sowie zum anderen auf einen entsprechenden psychopathologischen Befund stützen müsse. Um die toxische Genese zu belegen, müssten andere Formen der Demenz wie etwa ein Morbus Alzheimer ausgeschlossen werden. Hierzu sei zwar eine Diagnose gestellt worden, jedoch sprächen der zeitliche Verlauf dieser Diagnosestellung und die von ihm Ende Oktober 2014 durchgeführte Untersuchung gegen eine derartige Demenzerkrankung. Da es sich jedoch nicht um eine ärztliche Diagnose gehandelt habe, könne ein Morbus Alzheimer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Insgesamt sei fraglich, ob beim Kläger überhaupt eine Demenz, auch anderer Genese, vorliege. Im Vorgutachten sei morphologisch keine diffuse Schädigung des zentralen Nervensystems nachgewiesen worden. Auch aus der Berufsanamnese könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine beruflich bedingte toxische Enzephalopathie abgeleitet werden. Die PET des zentralen Nervensystems, wonach eine K.herdige Minderung der Glukoseutilisation an der Hand beschrieben worden sei, könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine toxische Enzephalopathie begründen. Grundsätzlich könne eine diffuse Störung der Hirnfunktion durch eine Arbeitsplatzintoxikation nicht ausgeschlossen werden. Hingegen könne anhand der vorliegenden Unterlagen kein wahrscheinlicher Ursachenzusammenhang durch die berufliche Tätigkeit belegt werden.
In einer nichtöffentlichen Sitzung ist der Kläger vom Berichterstatter am 22. Mai 2015 erneut gehört worden. Er ist darauf hingewiesen worden, dass über das Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG entschieden wird. Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, hierzu Stellung zu nehmen.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, er gehe nach wie vor davon aus, dass die beruflichen Einwirkungen bei ihm eine Berufskrankheit verursachten. Der Sachverständige Dr. I. lege seinen Ausführungen zugrunde, dass in den letzten Jahren seiner beruflichen Tätigkeit eine Entlüftungsanlage installiert gewesen sei. Hierdurch sei es hingegen nicht zu einem ausreichenden Luftaustausch gekommen, weshalb er gleichwohl toxischen Einwirkungen ausgesetzt gewesen sei.
Er beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 20. November 2013 und den Bescheides vom 14. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2011 die Beklagte zu verpflichten, bei ihm die Berufskrankheiten nach Nummern 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, die Voraussetzungen zur Feststellung der begehrten Berufskrankheiten lägen nicht vor.
Bereits mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 hat der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 27. Oktober 2000 mit der Begründung begehrt, das Adenokarzinom des Dickdarmes sei eine Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV. Mit Bescheid vom 10. September 2010 hat die Holz-Berufsgenossenschaft die Rücknahme des Bescheides vom 27. Oktober 2000 abgelehnt. Der Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2010 zurückgewiesen worden. Die Klage ist vom SG im Verfahren S 8 U 74/11 mit Gerichtsbescheid vom 13. August 2012 abgewiesen worden. Die hiergegen beim LSG eingelegte Berufung (Az. L 6 U 3577/12) wurde am 5. Dezember 2012 zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 hat der Kläger bei der Beklagten beantragt, den Bescheid vom 14. September 2010 im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen, soweit damit festgestellt worden ist, dass keine Wie-Berufskrankheit vorliegt, und einen solchen Versicherungsfall festzustellen. Mit Bescheid vom 16. März 2016 hat es die Beklagte abgelehnt, ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes aufzunehmen. Der Antrag sei unzulässig, da die Verwaltungsentscheidung über das Nichtvorliegen einer Wie-Berufskrankheit Gegenstand des laufenden Berufungsverfahrens sei. Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis. Zudem sei der Antrag unbegründet, da die Unanfechtbarkeit des zu überprüfenden Bescheides als sachliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 44 SGB X nicht gegeben sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die Akten des LSG L 10 U 4822/03, L 10 U 126/05, L 10 U 2234/07, L 10 U 5975/08 und L 6 U 3577/12 sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (4 Bände) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichterin und -richter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Zudem ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1999 - B 13 RJ 25/99 R -, SozR 3-1500 § 153 Nr. 9, S. 27).
Die Berufung ist form- und nach § 151 Abs. 1 SGG auch fristgereicht eingelegt worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; zur Klageart vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rz. 13 m. w. N.) erhobene Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV. Hierauf ist die Klage in der mündlichen Verhandlung beim SG am 20. November 2013 beschränkt worden, die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Wie-Berufskrankheit hat der Kläger nicht mehr weiterverfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 - B 2 U 5/08 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 17, Rz. 12, wonach nach dem materiellen Recht mit den jeweiligen Listen-Berufskrankheiten und der Wie-Berufskrankheit verschiedene Versicherungsfälle definiert sind, und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung). Die Verwaltungsentscheidung vom 14. September 2010 ist im angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten.
Der Bescheid vom 16. März 2016, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 14. September 2010 getroffenen Regelungen aufzunehmen, ist nicht nach § 96, § 153 SGG Gegenstand des Berufungsverfahren geworden, da er diese weder abgeändert noch ersetzt hat. Die Beklagte hat im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X den streitgegenständlichen Bescheid nicht teilweise aufgehoben und an dessen Stelle eine Neuregelung gesetzt. Sie hat auch nicht an dessen Stelle eine Neuregelung getroffen. Demgegenüber hat die Beklagte die bisherige Regelungswirkung weiterhin aufrechterhalten, da sie es bereits abgelehnt hat, eine Überprüfung vorzunehmen. Insoweit liegt der Sachverhalt anders als im Verfahren B 2 U 33/11 R des Bundessozialgerichts (BSG, SozR 4-2700 § 9 Nr. 21), wo im Zugunstenverfahren eine mit einem zu überprüfenden Bescheid getroffene negative Regelung teilweise aufgehoben worden ist.
Die Klage ist zwar zulässig; insbesondere ist der Kläger klagebefugt (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG), da er durch den Bescheid vom 14. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2011 beschwert sein kann. Die Abtretung möglicher Rentenzahlungsansprüche des Klägers gegenüber der Holz-Berufsgenossenschaft, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte geworden ist, an seine Schwester A. B. Anfang Januar 2000 ist ohne Einfluss auf das vorliegende Verfahren gewesen, dessen Gegenstand noch nicht einmal ein Leistungsanspruch, sondern die Feststellung von Versicherungsfällen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII) ist. Es bedurfte daher auch nicht deren Beiladung (§ 75 SGG), da dieses Verfahren sich nicht unmittelbar auf eine Rechtsposition von ihr auswirkt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VII, da die Gesundheitsstörungen, derentwegen die Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV verfolgt wird, frühestens nach dem stationären Aufenthalt im St. J.-Krankenhaus in Freiburg im Januar 1999 nachgewiesen sind und der Versicherungsfall somit erst nach 1996 eingetreten sein kann (§ 212 SGB VII; Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG), BGBl I 1996, S. 1254). Somit sind die Normen des SGB VII unabhängig davon heranzuziehen, ob § 9 Abs. 5 SGB VII entsprechende Anwendung findet. Soweit danach Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für die Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen (vgl. Köhler, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Mai 2011, § 212 Rz. 5; Söhngen, in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 212 Rz. 11). Auch diese Voraussetzungen lägen frühestens zum Zeitpunkt des Nachweises der vom Kläger angeführten Gesundheitsstörungen, die auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sein sollen, vor.
Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet (Listen-Berufskrankheiten) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, § 3 oder § 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann Berufskrankheiten auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit versehen (Satz 2). Für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung gegebenenfalls den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-Berufskrankheit. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Die Gesundheitsstörung muss darüber hinaus durch Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme (z. B. ICD-10, DSM IV) unter Verwendung der dortigen Schlüssel exakt bezeichnet werden können (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R -, juris, Rz. 18, Urteil des Senats vom 17. Dezember 2015 - L 6 VS 2234/15 -, juris, Rz. 33). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, juris, Rz. 11 m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für die Feststellung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 1302, 1303, 1306, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV nicht vor.
Die Liste der Berufskrankheiten (§ 1 BKV i. V. m. der Anlage 1) ist in sechs Gruppen unterteilt: durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten; durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten; durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten; Erkrankungen der Atemwege und der Lungen, des Rippen- und Bauchfells; Hautkrankheiten sowie Krankheiten sonstiger Ursache, worunter einzig das Augenzittern der Bergleute als Nr. 6101 gefasst ist. Die streitgegenständlichen Berufskrankheiten unterfallen der ersten Gruppe, sind also durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten. Anders als nach der Nr. 1317, wo eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie vorliegen muss, sind die Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1303, 1306 und 1310 unbestimmt als "Erkrankungen durch" bezeichnet. Hierdurch will der Verordnungsgeber alle denkbaren Krankheiten zu Berufskrankheiten erklären, die nach den fortschreitenden Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft ursächlich auf die genannten Einwirkungen zurückzuführen sind, ohne dass weitere Einschränkungen gemacht werden (BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R -, juris, Rz. 21).
Es liegt keine Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV vor. Der Verordnungsgeber hat diese Berufskrankheit wie folgt bezeichnet: "Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe". Ein Zusammenhang zwischen der nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten beruflichen Einwirkung durch Halogenkohlenwasserstoffe und den Erkrankungen des Klägers ist nicht hinreichend wahrscheinlich.
Hinsichtlich des Adenokarzinoms des Dickdarmes, dessen Feststellung als Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV der Kläger bereits Anfang 2000 begehrte, steht dies wegen der mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Oktober 2000 insoweit getroffenen negativen Regelung, die mit Bescheid vom 10. September 2010 nicht zurückgenommen worden ist, bindend fest (§ 77 SGG). Überdies hat das LSG bereits in dem im Verfahren L 10 U 4822/13 ergangenen Urteil vom 25. Januar 2007 darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Adenokarzinom des Dickdarmes nicht um eine von der Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV erfasste und mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführende Erkrankung handelt. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat nach eigener Überzeugungsbildung an. Der Sachverständige Prof. Dr. H. ist demgegenüber hinsichtlich der beruflichen Einwirkungen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, konkret in Bezug auf die Dauer der Einwirkung des Dichtungsmittels Thiokol. Ohnehin steht nicht fest, dass der Kläger überhaupt in nennenswertem Umfang PCB ausgesetzt gewesen ist, insbesondere wie lange dieser Stoff in Thiokol Verwendung fand. Im Übrigen fehlt es an dem erforderlichen wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang zwischen einer Einwirkung durch Thiokol beziehungsweise PCB und dem Adenokarzinom. Allein der Hinweis auf eine Studie und der Nachweis von Erkrankungen bei Ratten genügen angesichts der Tatsache, dass Darmkrebs überwiegend nahrungsbedingt entsteht, nicht. Der Vollbeweis einer relevanten beruflichen Exposition gegenüber PCB ist nicht erbracht. Das von Prof. Dr. H. in Bezug auf PCB beschriebene negative Ergebnis der Blutuntersuchung spricht nach einer Studie von Köster ebenfalls gegen eine erhöhte Belastung hierdurch.
Aber auch die sonstigen Erkrankungen des Klägers sind nach diesem Beweismaßstab nicht auf die versicherte berufliche Einwirkung zurückzuführen. Der Kläger hat nur geringen Kontakt zu in Lösemitteln enthaltenen Halogenkohlenwasserstoffen gehabt, bis 1991 je Tag maximal eine Stunde und ab 1991 nur noch 20 bis 30 Minuten, wie Dr. Sch. vom Präventionsdienst der Beklagten im September 2001 nachvollziehbar dargelegt hat. Hierbei hat er auch an frühere Stellungnahmen angeknüpft, insbesondere an diejenige von Juni 2000 im Anschluss an ein Gespräch mit dem Kläger, welches im Beisein eines Rechtsanwaltes stattfand. Den in der Verwaltungsakte aufgeführten Stoff Trichlorethen hat dieser Rechtsanwalt der umfangreichen Dokumentation von Produkten durch den Kläger, die sich auf mehr als zwanzig Aktenordner verteilt hat, entnommen. Dieser hat sich allerdings selbst nicht mehr daran erinnern können, diese verarbeitet zu haben. In Bezug auf Lindan und PCP hat der Rechtsanwalt nur darauf hinweisen wollen, dass diese Produkte in Holzschutzmitteln wie etwa Xylamon und Xyladecor enthalten sind. Dr. Sch. hat weiter plausibel ausgeführt, dass andere Berufsgruppen als diejenige, welcher der Kläger zuzurechnen gewesen ist, mit täglich lang andauernden Belastungen über den Grenzwerten als gefährdend eingestuft werden. Des Weiteren hat der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. I. überzeugend ausgeführt, dass insoweit keine der Gesundheitsstörungen, an denen der Kläger leidet, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch seine versicherte Tätigkeit in der elterlichen Bau- und Möbelschreinerei mit Isolierglasfabrikation verursacht oder verschlimmert worden ist. Insbesondere aus medizinisch-toxikologischer Sicht spricht mehr gegen als für den behaupteten ursächlichen Zusammenhang. Diese Auffassung von Priv.-Doz. Dr. I. gründet schlüssig auf der Art der erhobenen Befunde und Diagnosen, deren jeweiliger zeitlicher Verlauf in Relation zur Exposition gegenüber den Gefahrstoffen sowie der Intensität der jeweiligen Exposition. Eine Erkrankung durch Halogenkohlenwasserstoffe, insbesondere Lindan, hat nicht vorgelegen. Xyladecor und Xylamon sind im Wesentlichen im Freien getaucht worden. Mangels Verarbeitung mit einer Spritzpistole ist es zudem zu keiner Aerosolbildung gekommen. Die Toxizität von Halogenkohlenwasserstoffen und seinen Verbindungen wird nach den weiteren überzeugenden Ausführungen von Priv.-Doz. Dr. I. wesentlich durch die Intensität und die Dauer der Exposition bestimmt. Nach den beigezogenen und vom Kläger im gesamten Verfahren vorgelegten Unterlagen hat keine entsprechend intensive und lange Exposition vorgelegen, wie dies auch Priv.-Doz. Dr. I. aus medizinischer Sicht eingeschätzt hat.
Es liegt auch keine Berufskrankheit nach Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV vor. Der Verordnungsgeber hat diese Berufskrankheit wie folgt bezeichnet: "Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol". Ein Zusammenhang zwischen der versicherten beruflichen Einwirkung durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol und den Erkrankungen des Klägers ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Priv.-Doz. Dr. I. hat einleuchtend ausgeführt, dass die Aufnahme überwiegend durch Einatmung der Dämpfe erfolgt und die neurologisch-psychiatrischen Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit, Brechreiz, allgemeine Abgeschlagenheit und Alkoholintoleranz nach Wegfall der Exposition schnell abklingen. Die nach einer Langzeiteinwirkung selbst von kleineren Dosen nachweisbaren Veränderungen des Blutbildes, die hinsichtlich Benzol sogar noch längere Zeit nach Wegfall der Exposition bestehen können, sind beim Kläger nicht festgestellt worden. Ebenso besteht keine entsprechende Berufsanamnese, die eine erhebliche Exposition belegt.
Eine Berufskrankheit nach Nr. 1306 der Anlage 1 zur BKV liegt ebenfalls nicht vor. Der Verordnungsgeber hat diese Berufskrankheit wie folgt bezeichnet: "Erkrankungen durch Methylalkohol (Methanol)". Ein Zusammenhang zwischen der versicherten beruflichen Einwirkung durch Methylalkohol (Methanol) und den Erkrankungen des Klägers ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Eine Erkrankung hierdurch ist nicht gegeben, da eine Gefährdung in erster Linie durch Arbeiten bei ungenügender Belüftung besteht, worauf Priv.-Doz. Dr. I. plausibel hingewiesen hat. Eine leistungsfähige Be- und Entlüftungsanlage ist indes im väterlichen Betrieb des Klägers in den letzten Jahren vor der Anzeige einer Berufskrankheit im Februar 2000 installiert gewesen. Zuvor ist ab 1968 partiell an der Hobelmaschine eine Absaugvorrichtung vorhanden gewesen, wie der Kläger im April 2000 mitgeteilt hat. Dieser hat zwar eingewendet, dass es gleichwohl bis zuletzt nicht zu einem ausreichenden Luftaustausch gekommen sei, weshalb er sich weiterhin toxischen Einwirkungen ausgesetzt gesehen habe. Belegen hat sich diese Vermutung allerdings nicht lassen. Gegen eine erhebliche Exposition spricht zudem, dass neben der fehlenden neurotoxischen Wirkung beim Kläger auch keine nephrotoxische oder hepatotoxische dokumentiert ist, worauf Priv.-Doz. Dr. I. überzeugend hingewiesen hat.
Es liegt ferner keine Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage 1 zur BKV vor. Der Verordnungsgeber hat diese Berufskrankheit wie folgt bezeichnet: "Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide". Ein Zusammenhang zwischen der versicherten beruflichen Einwirkung durch diese Stoffe und den Erkrankungen des Klägers ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Der Kläger hat nur geringen Kontakt damit gehabt, bis 1991 je Tag maximal eine Stunde und ab 1991 nur noch 20 bis 30 Minuten, wie Dr. Sch. vom Präventionsdienst der Beklagten im September 2001 nachvollziehbar dargelegt hat. Damit ist der Berufsanamnese insoweit keine erhebliche Exposition zu entnehmen. Er hat weiter plausibel ausgeführt, dass andere Berufsgruppen als diejenige, welcher der Kläger zuzurechnen gewesen ist, mit täglich lang andauernden Belastungen über den Grenzwerten in Bezug auf diese Berufskrankheit als gefährdend eingestuft werden. Gegen einen Zusammenhang spricht auch, dass die Aufnahme von Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxiden hauptsächlich über die Haut, Schleimhäute und Atemwege erfolgt, mit entsprechenden Reizerscheinungen und Schäden, was sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergibt, wie Priv.-Doz. Dr. I. schlüssig dargelegt hat.
Für eine Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV liegen die Voraussetzungen ebenfalls nicht vor. Der Verordnungsgeber hat diese Berufskrankheit wie folgt bezeichnet: "Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische".
Es ist bereits nicht nachgewiesen, dass der Kläger an einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie leidet. Weder Dr. B., dessen im Verfahren S 9 U 1511/01 beim SG eingeholtes Gutachten als Sachverständigenbeweis verwertet worden ist (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411a ZPO), worin er ausgeführt hat, die Befunde seiner Untersuchung und der Vorgutachten entsprächen einer Enzephalopathie, noch Priv.-Doz. Dr. I., welcher eine Polyneuropathie als beim Kläger vorliegende Erkrankung angeführt hat, haben diese Gesundheitsstörungen durch Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme unter Verwendung der dortigen Schlüssel exakt bezeichnet, weshalb es dem Senat nicht möglich gewesen ist, eine Schlüssigkeitsprüfung anhand der Diagnosekriterien vorzunehmen. Der Chefarzt der Klinik für Neurologie, Ch.-Bad Göppignen, Prof. Dr. Sch., ist in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte von April 2004 ebenfalls nur von einer möglichen, aber eher unwahrscheinlichen toxischen Enzephalopathie ausgegangen, da die Diagnostik aus seiner Sicht unbefriedigend gewesen ist.
Ein Zusammenhang zwischen der versicherten beruflichen Einwirkung und einer beim Kläger unterstellten Polyneuropathie oder Enzephalopathie ist überdies nicht hinreichend wahrscheinlich. Der Kläger hat nur geringen Kontakt mit Arbeitsstoffen gehabt, die überhaupt solche Gesundheitsstörungen herbeiführen können, bis 1991 je Tag maximal eine Stunde und ab 1991 nur noch 20 bis 30 Minuten, wie Dr. Sch. vom Präventionsdienst der Beklagten im September 2001 auch in Bezug hierauf nachvollziehbar dargelegt hat. Dieser hat im April 2002 ergänzt, dass sich bei allen durchgeführten Berechnungen, ob auf Basis der MEGA-Datenbank der Holz-Berufsgenossenschaft oder der Angaben aus dem BK-Report 3/99, die auf Werten der MEGA-Datenbanken aller Berufsgenossenschaften fußt, eine deutliche Unterschreitung der Grenzwerte ergeben hat. Hierdurch ist für den Senat schlüssig hergeleitet, dass von einer geringen bis sehr geringen versicherten beruflichen Einwirkung im Hinblick auf die Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV auszugehen ist. Auch Priv.-Doz. Dr. I. ist aus medizinischer Sicht für den Senat nachvollziehbar nicht von einem hinreichend wesentlichen Ursachenzusammenhang ausgegangen. Neurotoxische organische Lösungsmittel können zwar als Dauerwirkung eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie verursachen, da durch Metabolisierung neurotoxische Substanzen entstehen können, deren Angriffspunkte in der Nervenzelle unterschiedlich und zum Teil noch nicht geklärt sind. Als Folgen sind im Falle der Polyneuropathie zunächst Funktionsstörungen mit Missempfindungen und Sensibilitätsausfällen festzustellen und im weiteren Verlauf auch morphologische Veränderungen mit Schädigung der peripheren Nerven. Dabei sind mitunter in der histologischen Beurteilung der Nerven große paranodale Axonauftreibungen, Anhäufungen von Neurophilamenten und weitere Schäden zu erkennen. Entsprechende Nervenläsionen sind beim Kläger indes bereits nicht objektiviert worden, auch nicht im Rahmen der Diagnostik zur Myopathie bei inkompletter Typ 2-Muskelfaseratrophie im Nervus suralis. Typisch für eine neurotoxische Polyneuropathie sind zudem symmetrisch-distale, arm- und beinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausfälle mit strumpf- oder handschuhförmiger Verteilung. Anamnestisch ist entscheidend, dass die Sensibilitätsstörungen von distal nach proximal aufsteigen und dass die Parästhesien häufig nachts zunehmen. Diese klinische Symptomatik ist vom Kläger weder beschrieben worden noch ist sie sonst dokumentiert. Die motorischen Veränderungen können sich zwar des Weiteren als muskuläre Lähmung mit Muskelatrophie darstellen, wobei überwiegend die Muskulatur im Bereich der Hände und Füße betroffen ist. Aber auch insoweit kann die diagnostizierte Myopathie bei inkompletter Typ 2-Muskelfaseratrophie im Nervus suralis nicht als hinreichende Begründung für eine neurotoxische Polyneuropathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische angesehen werden. Im Falle der toxischen Enzephalopathie bestehen unterschiedliche Grade der Ausprägung mit zunächst diffusen Störungen der Hirnfunktionen und häufig unspezifischen Symptomen wie Konzentrations- und Merkschwäche, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, Antriebsarmut, Reizbarkeit, Erschöpfung oder Ermüdbarkeit. Ausgeprägtere Symptome stellen Persönlichkeitsveränderungen, Affektlabilität und Stimmungsschwankungen mit depressivem Einschlag dar. Diese können objektiv mittels psychologischer Tests nachgewiesen werden. In besonders schweren Fällen bestehen Koordinationsstörungen wie Tremor und Ataxie, eine Demenz mit ausgeprägten Intelligenz- und Gedächtnisstörungen sowie der Nachweis hirnatrophischer Veränderungen mittels kranialem CT oder MRT. In der Regel treten toxische Enzephalopathien noch während des Expositionszeitraumes auf, was vom Kläger subjektiv berichtet, jedoch nicht belegt ist. Gleichwohl schließt die Persistenz oder Verschlechterung einer Enzephalopathie nach Beendigung der Exposition eine Verursachung durch neurotoxische Lösungsmittel nicht gänzlich aus, so dass sich die Diagnose zum einen auf die anamnestischen Angaben der Betroffenen und deren Umfeld sowie zum anderen auf einen entsprechenden psychopathologischen Befund stützen muss. Um die toxische Genese zu belegen, müssen dann allerdings andere Formen der Demenz wie etwa ein Morbus Alzheimer ausgeschlossen werden. Dipl.-Psych. Prof. Dr. L. hat eine Demenz bei Alzheimer-Krankheit diagnostiziert (ICD-10-GM-2016 F00.0). Jedoch sprechen der zeitliche Verlauf dieser Diagnosestellung und die von Priv.-Doz. Dr. I. Ende Oktober 2014 durchgeführte Untersuchung gegen eine derartige Demenzerkrankung. Da es sich ohnehin nicht um eine ärztliche Diagnose gehandelt hat, kann ein Morbus Alzheimer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Insgesamt ist gleichwohl fraglich, ob beim Kläger überhaupt eine Demenz, auch anderer Genese, vorliegt. Denn morphologisch ist keine diffuse Schädigung des zentralen Nervensystems nachgewiesen worden. Auch aus der Berufsanamnese kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine beruflich bedingte toxische Enzephalopathie abgeleitet werden. Die PET des zentralen Nervensystems, wonach eine kleinherdige Minderung der Glukoseutilisation an der Hand beschrieben worden ist, kann, anders als von Dr. B. angenommen, nach den überzeugenderen Ausführungen von Priv.-Doz. Dr. I. nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine toxische Enzephalopathie begründen. Deshalb ist der Senat dem Ausführungen von Dr. B. nicht gefolgt. Grundsätzlich kann damit zwar eine diffuse Störung der Hirnfunktion durch eine Arbeitsplatzintoxikation nicht ausgeschlossen werden. Hingegen ist vorliegt kein hinreichend wahrscheinlicher Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Einwirkung und einer Enzephalopathie gegeben.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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