L 11 KR 1301/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 4166/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1301/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10.02.2016 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung gerätegestützter Krankengymnastik außerhalb des Regelfalles (langfristige Heilmittelbehandlung) bzw. die Erstattung von Kosten zwischenzeitlich selbstbeschaffter Heilmittelbehandlungen.

Der 1938 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er beantragte im April 2014 unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung die Gewährung von sechs Einheiten gerätegestützter Krankengymnastik.

Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) gelangte in einer Stellungnahme vom 05.05.2014 zu der Einschätzung, die Voraussetzungen einer langfristigen Heilmittelbehandlung lägen nicht vor. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.05.2014 und - nach Einholung einer weiteren MDK-Stellungnahme vom 06.06.2014 - Widerspruchsbescheid vom 18.08.2014 den Antrag ab.

Die hiergegen am 04.09.2014 erhobene Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) hat das SG nach Einholung einer sachverständigen Zeugenauskunft des behandelnden Arztes Dr. W. und Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Orthopäden und Chirurgen Prof. Dr. S. mit Gerichtbescheid vom 10.02.2016 abgewiesen. Die Bescheide seien rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die langfristige Heilmittelbehandlung. Die beim Kläger vorliegende Erkrankung rechtfertige keine Langfristverordnung. Die Grundlagen hierfür ergäben sich aus der Heilmittel-Richtlinie und dem Merkblatt des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Genehmigung langfristiger Heilmittelbehandlungen. Das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. S. habe in Übereinstimmung mit den MDK-Stellungnahmen nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass die Erkrankung hinsichtlich Schwere und Dauerhaftigkeit sowie funktionell-strukturellen Schädigungen nicht den im Merkblatt genannten Voraussetzungen entspreche.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 11.02.2016 gegen Empfangsbekenntnis (Bl 49a SG-Akte) zugestellte Urteil des SG hat der Kläger mit einem auf den 29.02.2016 datierten Schreiben am 22.03.2016 beim SG Berufung eingelegt, welche am 04.04.2016 dem Landessozialgericht Baden-Württemberg vorgelegt worden ist. Er hat zunächst vorgebracht, er habe die Berufung am 29.02.2016 fristgerecht eingereicht. Ein Eingang des Schreibens erst am 22.03.2016 liege nicht in seinem Verantwortungsbereich.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10.02.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 13.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.08.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die beantragte langfristige Heilmittelbehandlung zu gewähren und Kosten selbstbeschaffter Behandlungen zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.

Mit Schreiben des Berichterstatters vom 19.04.2016 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei, die Berufung wegen Versäumung der Berufungsfrist nach § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 18.05.2016 gegeben worden.

Der Kläger hat hierauf vorgetragen, er habe das Schreiben vom 29.02.2016 am 01.03.2016 bei der Post eingeliefert und hat einen Einlieferungsbeleg vorgelegt (Bl 15 Senatsakte). Eine Rückverfolgung der Sendungsnummer durch den Senat hat jedoch ergeben, dass die betreffende Sendung am 22.03.2016 dem Kläger selbst zugestellt worden ist (Bl 16 Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist nicht zulässig, da er die Berufung nicht innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegt hat. Gründe, dem Kläger gemäß § 67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, liegen nicht vor. Die Berufung ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 SGG).

Nach § 158 Satz 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Die Entscheidung kann nach § 158 Satz 2 SGG durch Beschluss ergehen. Der Senat hat hiervon nach dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Nach § 151 Abs 1 SGG ist die Berufung beim LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder die Niederschrift mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor (§ 151 Abs 2 SGG).

Der Gerichtsbescheid des SG ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des sich in der SG-Akte befindlichen Empfangsbekenntnisses (Blatt 49a der SG-Akte) am 11.02.2016 zugestellt worden; die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben dieses Empfangsbekenntnis an das SG übersandt (Eingang 16.02.2016). Der Gerichtsbescheid des SG hat eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung enthalten, weshalb die Rechtsmittelfrist am 12.02.2016 zu laufen begonnen (§§ 64 Abs 1, 66 Abs 1 SGG) und am 12.03.2016 geendet hat (§ 64 Abs 2 SGG). Die am 22.03.2016 beim SG eingegangene Berufung ist damit außerhalb der Berufungsfrist erhoben.

Maßgeblich ist, wann den Prozessbevollmächtigten des Klägers der Gerichtsbescheid des SG zugestellt wurde. Diese haben sich am 07.10.2014 beim SG mit einer vom Kläger ausgestellten Vollmacht (Bl 10 SG-Akte) legitimiert, welche nicht widerrufen worden ist, weshalb das SG den Gerichtsbescheid zu Recht an die Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt hat (§ 73 Abs 6 S 6 SGG). Diese Zustellung hat die Berufungsfrist in Lauf gesetzt (vgl BSG 28.04.1999, B 6 KA 41/98 R, USK 99113; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014 § 73 Rn 69).

Eine frühere Einlegung der Berufung ist weder bewiesen, noch wahrscheinlich, denn ausweislich des Eingangsstempels des SG ist die Berufung dort erst am 22.03.2016 eingegangen. Die vom Kläger zunächst behauptete Einlegung am 29.02.2016 ist ebenso wenig bewiesen, wie die dann vorgetragene Einreichung bzw Versendung am 01.03.2016. Der vom Kläger zur Glaubhaftmachung vorgelegte Einlieferungsbeleg vom 01.03.2016 hat im Gegenteil mittels Verfolgung der Sendungsnummer ergeben, dass das betreffende Schriftstück am 22.03.2016 dem Kläger selbst zugestellt wurde.

Gründe, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen (§ 67 SGG), liegen nicht vor und sind vom Kläger auch nicht benannt worden. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs 1 SGG). Hierauf ist der Kläger vom Berichterstatter mit Schreiben vom 05.04.2016 und 19.04.2016 hingewiesen und gebeten worden, Gründe für die Verspätung vorzutragen. In der Folge hat der Kläger hierzu nichts vorgetragen, sondern lediglich behauptet, es entziehe sich seiner Kenntnis, in welchem Aktenberg die von ihm rechtzeitig eingelegt Berufung geschlummert habe. Wiedereinsetzungsgründe ergeben sich hieraus nicht.

Die Berufung war daher gemäß § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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