L 9 AS 1529/16 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 767/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 1529/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 12. April 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft und nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da in der Hauptsache die Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig wäre.

Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist die Berufung zulässig bei einer Klage, die eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist hingegen nicht maßgeblich, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Vorliegend stehen keine Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit. Beschwerdegegenstand ist in der Hauptsache die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Monate April und Mai 2016. Da diese aber in Höhe von monatlich 406,40 Euro erfolgt ist, liegt der Beschwerdewert mit insgesamt 812,80 Euro über der Wertgrenze von 750 Euro.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht (SG) den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Änderungsbescheid vom 01.03.2016 abgelehnt.

Das SG hat das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers entsprechend dem im Erörterungstermin vom 31.03.2016 formulierten Antrag als solchen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des "in der ohne vorherige Durchführung eines Widerspruchsverfahrens erhobenen Klage vom 04.03.2016 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 01.03.2016 (S 9 AS 757/16) liegenden" Widerspruchs gegen den Bescheid vom 01.03.2016 nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG angesehen, der nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 S. 1 Nr. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) keine aufschiebende Wirkung entfaltet. In Hinblick auf den nach der Zustellung des Beschlusses ergangenen Widerspruchsbescheid vom 28.04.2016 und die bereits zuvor erhobene, durch Erlass des Widerspruchsbescheids zulässig gewordene Klage ist das Beschwerdebegehren des Antragstellers jedenfalls nunmehr als auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichtet anzusehen. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebender Wirkung ist jedoch unbegründet.

Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse) mit dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners vorzunehmen. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage ist anzuordnen, wenn das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse überwiegt. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallgestaltung ein Regel-/Ausnahmeverhältnis angeordnet hat. In der Regel überwiegt das Vollzugsinteresse des Antragsgegners, da der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen ausgeschlossen hat. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse überwiegt. Dies ist der Fall, wenn mehr gegen als für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes spricht.

Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse des Antragsgegners das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, wie bereits das SG mit ausführlicher Begründung zutreffend dargestellt hat. Der Bescheid vom 01.03.2016 ist nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung offensichtlich rechtmäßig. Das SG hat zutreffend festgestellt, dass der Antragsteller erwerbsfähiger Leistungsberechtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II ist, dass und warum Frau A. K. seine Partnerin im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3c, Abs. 3a SGB II und damit Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist, dass diese aufgrund ihrer vollen Erwerbsminderung erwerbsunfähig im Sinne des § 8 SGB II und damit berechtigt zum Bezug von Sozialgeld ist und dass die seit April 2016 erfolgende laufende Auszahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung an Frau A. K. eine wesentliche Änderung auch in den Verhältnissen, die der Bewilligung von Leistungen in Bezug auf den Antragsteller zugrunde lagen, darstellt, weil dieses Renteneinkommen gemäß § 9 SGB II anteilig auch auf den individuellen Leistungsanspruch des Antragstellers anzurechnen ist. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an und weist die Beschwerde des Antragstellers aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts als unbegründet zurück. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf eine weitere Begründung im Wesentlichen verzichtet.

Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass für das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft weiter spricht, dass der Antragsteller selbst im letzten Weiterzahlungsantrag vom 13.10.2015 - in Abweichung noch zum vorherigen Weiterzahlungsantrag vom 29.05.2015, in dem angegeben wurde, es liege keine Bedarfsgemeinschaft (mehr) vor, es habe am 29.05.2015 eine Trennung stattgefunden - angegeben hat, dass die weitere in seinem Haushalt lebende Person (A. K.) zu seiner Bedarfsgemeinschaft gehöre. Außerdem haben der Antragsteller und Frau A. K. am 03.12.2015 gemeinsam beim Antragsgegner angegeben, dass sie ab 01.01.2016 ein neues, gemeinsames Konto haben und die Leistungen beider fortan auf dieses Konto zu überweisen seien.

Auch hinsichtlich Grund und Höhe der Einkommensanrechnung hat der Senat ebenso wie das SG keine rechtlichen Bedenken. Zutreffend hat der Antragsgegner von dem Renteneinkommen der Partnerin des Antragstellers zunächst die Versicherungspauschale in Abzug gebracht und das verbleibende Einkommen bei beiden Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft anteilig berücksichtigt. Soweit allerdings in der Bedarfsgemeinschaft weiterhin ein Pkw vorhanden wäre und hierfür Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung anfallen würden, wäre ggf. zusätzlich zu der Versicherungspauschale ein Abzug in Höhe des monatlich anteilig anfallenden Beitrages vorzunehmen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 11.02.2015 - B 4 AS 29/14 R - Juris, Rn. 18 und Urteil vom 12.06.2013, B 14 AS 73/12 R - Juris, Rn. 27). Da aber letztmals im Fortzahlungsantrag vom 08.12.2014 eine Kfz-Haftpflichtversicherung bei dem Antragsteller angegeben wurde mit einem Halbjahresbeitrag von 310,72 Euro, hierzu aber keine Belege vorliegen, zuletzt Kontoauszüge zum Fortzahlungsantrag vom 01.10.2014 in der Verwaltungsakte vorliegen und diesen am 03.07.2014 die Überweisung eines Betrages von 248,16 Euro zur Kfz-Haftpflichtversicherung zu entnehmen ist, allerdings auch eine Erstattung wegen Überzahlung in Höhe von 227,28 Euro am 07.07.2014, kann für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht vom tatsächlichen Anfall solcher Beiträge auch im streitbefangenen Zeitraum April/Mai 2016 ausgegangen werden. Eine abschließende Klärung müsste insoweit dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Als einziges Beschwerdevorbringen macht der Antragsteller geltend, der Beschluss des SG sei wegen fehlender Unterschrift unwirksam. Dem ist entgegen zu halten, dass der Beschluss im Original, Bl. 55-63 der SG-Akte, durchaus eine Unterschrift enthält.

Damit ist die Beschwerde insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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