L 9 R 2366/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 107/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2366/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. März 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1964 geborene Kläger war von 1981 bis 1987 als Zeitsoldat, danach in wechselnden Tätigkeiten beschäftigt. Zuletzt machte er von 1998 bis 2001 eine Umschulung zum Physiotherapeuten und war anschließend in diesem Beruf tätig. Zum 31.12.2004 kündigte er seine Tätigkeit, um sich eine Auszeit zu nehmen. Ab dem 15.07.2005 war er arbeitsunfähig erkrankt. Vom 26.05.2007 bis 14.05.2008 bezog er Arbeitslosengeld I.

Am 24.09.2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab an, seit 23.04.2005 voll, seit vielen Jahren schon teilweise erwerbsgemindert zu sein. Er führe seine Gesundheitsstörungen im Wesentlichen auf einen Unfall zurück, den er am 05.01.1984 während seiner Tätigkeit als Zeitsoldat erlitten habe. Die dabei erlittenen Frakturen an der LWS und dem Becken seien nicht erkannt und behandelt worden. In der Folge hätten sich seine aktuellen Gesundheitsstörungen entwickelt. Seit Juni 2005 therapiere er sich selbst durch Übungen, die er mit einem Pensum von 12 bis 18 Stunden täglich ausübe. Hierzu legte er der Beklagten eine eigene Stellungnahme und einen Datenträger mit Arztberichten und Aufnahmen aus den Jahren seit 1984 sowie Literaturauszügen und weiteren eigenen Ausführungen vor.

Die Beklagte veranlasste Begutachtungen durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. S. und den Orthopäden Dr. K ... Dr. S. gab in seinem Gutachten vom 17.12.2007 an, gravierende neurologische Einschränkungen sowie derzeit leistungsrelevante, schwere psychische Erkrankungen könnten ausgeschlossen werden. Es sei eine erhebliche Inkonsistenz an Befunden zwischen verbalem Beschwerdevortrag und beobachtetem Verhalten und erhobenem Befund aufgefallen. Letztlich bestünden auch diagnostische Unklarheiten und Unsicherheiten, die im Rahmen einer einmaligen Begutachtung nicht sicher beurteilbar seien. Es fehle eine erweiterte Beurteilungsgrundlage aus Beobachtungen und Befundberichten ambulant behandelnder Nervenärzte. Eine abschließende Leistungseinstufung sei ihm daher nicht mit Sicherheit möglich. Es sei dem Kläger jedenfalls nicht gelungen, ihn von seinem geminderten Leistungsvermögen zu überzeugen. Aufgrund der bestehenden Unklarheiten könne er aber auch nicht ein vollschichtiges Leistungsvermögen sicher feststellen.

Dr. K. diagnostizierte in seinem Gutachten ebenfalls vom 17.12.2007 ein HWS-Syndrom, eine rezidivierende Lumbalgie bei Osteochondrose L5/S1, weniger L4/5, eine rezidivierende Kreuzdarmgelenksblockierung, beginnende Hüftgelenksarthrose beidseits, ein Beckentiefstand rechts 0,5 cm, einen dorsalen Fußhöcker und Spreizfuß beidseits. Aus orthopädischer Sicht bestehe deutlich ein Fehlverarbeitungssyndrom, welches fachneurologisch abgeklärt scheine. Dem Kläger seien Arbeiten in Zwangshaltungen, eine Gefährdung durch Zugluft sowie Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr nicht mehr zumutbar. Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen seien ihm noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich möglich.

Mit Bescheid vom 14.01.2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch legte der Kläger ausführlich dar, aus welchen Gründen er sich für erwerbsgemindert halte und brachte Einwendungen gegen die Gutachten vor. Nach Einholung von Befundberichten des behandelnden Orthopäden Dr. C. und der Hausärztin des Klägers, der Internistin T., wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.2008, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 11.12.2008, zurück, weil aufgrund des festgestellten Leistungsvermögens weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege. Da der Kläger nach dem 01.01.1961 geboren sei, bestehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Hiergegen hat der Kläger am 12.02.2009, einem Montag, Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er wiederum auf den 1984 erlittenen Unfall verwiesen, der bislang aber nicht als Dienstunfall anerkannt sei. Aufgrund der unterbliebenen Behandlung der Frakturen sei seine Skelettstruktur inzwischen stark deformiert und er leide seit Jahrzehnten unter starken Schmerzen und sei auf die Einnahme stärkster Schmerzmittel angewiesen. Dennoch sei seine gesundheitliche Situation schwankend und er keinesfalls in der Lage, auch nur zwei Stunden täglich einer Tätigkeit nachzugehen.

Als seine Behandler hat der Kläger Ärzte angegeben, die er von 1984 bis 2006 aufgesucht hatte. Das SG hat den Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. H. sowie die Hausärztin des Klägers T., schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. H. hat unter dem 15.11.2010 mitgeteilt, der Kläger habe sich bei ihm einmalig am 21.07.2005 vorgestellt. Er könne daher die Leistungsfähigkeit nicht beurteilen. Frau T. hat unter dem 22.11.2010 berichtet, dass sich der Kläger bei ihr seit 1998 bis zu viermal jährlich vorgestellt habe, 2009 und 2010 lediglich einmal. Aus ihrer Sicht stehe bei dem Kläger eine somatoforme Schmerzstörung und psychosomatische Fehlentwicklung im Vordergrund. Wesentliche orthopädische Befunde habe sie nicht erhoben, auch habe sie keine spezifische Behandlung durchgeführt. Eine Behandlung durch entsprechende Physiotherapeuten bzw. orthopädische oder neurologische Fachärzte sei vom Kläger überwiegend abgelehnt worden. Stattdessen führe er eine tägliche mehrstündige Eigenbehandlung durch. Von ihrer Seite erfolge bei akuten Schmerzzuständen eine bedarfsweise Schmerzmedikation, teilweise sei kurzfristig die Verordnung von Morphinpräparaten notwendig geworden. Rein orthopädisch wäre eventuell eine Leistungsfähigkeit für sechs Stunden täglich gegeben, allerdings datierten die aktuellsten fachärztlichen radiologischen und orthopädischen Befunde aus 2006. Auch im psychischen/psychiatrischen Bereich stammten die letzten Befunde aus 2006. Insoweit sei ein aktueller fachärztlicher Befund erforderlich. Sie habe gewisse Bedenken gegen die Beurteilung des Klägers als zumindest drei- bis sechsstündig leistungsfähig, eine fundierte Beurteilung der Leistungsfähigkeit traue sie sich aber aufgrund der geringen Kontakte zum Kläger in den letzten beiden Jahren nicht zu.

Das SG hat Gutachten der Orthopädin Dr. K. und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Prof. Dr. W. eingeholt. Dr. K. hat in ihrem Gutachten vom 01.09.2011 ein chronisches LWS-Syndrom bei Übergangsstörung der LWS zum Kreuzbein und Verschleißerscheinungen der unteren LWS, ein schmerzhaftes HWS-Syndrom, den Verdacht auf initiale Hüftgelenksarthrose und Ballenhohlfüße diagnostiziert. Der Kläger könne leichte Arbeiten ohne Zwangshaltung, ohne wiederholtes Bücken und Aufrichten, ohne Heben, Tragen und Schieben von Lasten über 10 kg, ohne Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft verrichten und auch viermal 500 m arbeitstäglich zu Fuß zurücklegen. Unter Beachtung dieser Einschränkungen seien ihm sechs- und mehrstündige arbeitstägliche Tätigkeiten zumutbar. Die jetzt festgestellte Leistungsfähigkeit bestehe seit Rentenantragstellung, wesentliche Abweichungen zu den Vorbefunden des Dr. K. könne sie nicht feststellen. Dessen Beurteilung werde bestätigt. Soweit darüber hinausgehende Einschränkungen der Leistungsfähigkeit bestehen sollten, seien diese auf psychiatrischem Fachgebiet zu suchen.

In ihrem Gutachten vom 28.10.2012 hat Prof. Dr. W. auf nervenärztlichem Gebiet eine Somatisierungsstörung bei narzisstischer Persönlichkeit und einen Kopftremor (wahrscheinlich essenziell) diagnostiziert. Wegen der vom Kläger angegebenen Schmerzen sollte er keine mittelschweren und schweren körperlichen Arbeiten, keine Arbeiten in Zwangshaltung, mit häufigem Bücken, im Akkord, bei Hitze, Kälte, Zugluft oder in Nässe ausüben. Angesichts fehlender ärztlicher Befunde aus den letzten Jahren sei es schwierig, die Leistungsfähigkeit mit ausreichender Sicherheit zu beurteilen. Es sei durchaus möglich, dass der Kläger nicht mehr sechs Stunden arbeitstäglich an fünf Tagen je Woche leistungsfähig sei. Zur weiteren Klärung schlage sie eine stationäre psychosomatische Rehabilitation vor. Insoweit stimme sie mit Dr. S. überein.

Eine von der Beklagten daraufhin angebotene stationäre psychosomatische Rehabilitation hat der Kläger abgelehnt.

Mit Urteil vom 25.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Kammer habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung gewisser qualitativer Einschränkungen zu verrichten. Keiner der Gutachter oder der behandelnden Ärzte habe mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine rentenrelevante Erwerbsminderung feststellen können. Vor diesem Hintergrund könne sich auch das Gericht keine Überzeugung von einer Leistungseinschränkung bilden. Der Kläger sei auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet je zweimal gutachlich untersucht worden. Insbesondere orthopädischerseits hätten lediglich Beeinträchtigungen festgestellt werden können, die nur zu qualitativen Einschränkungen führten. Auf nervenärztlichem Gebiet habe zwar eine rentenrelevante Einschränkung nicht ausgeschlossen werden können. Eine solche sei allerdings auch nicht mit Gewissheit feststellbar. Prof. Dr. W. habe zur weiteren Klärung eine stationäre psychosomatische Rehabilitation für erforderlich gehalten. Dem schließe sich das Gericht an, da aus den vergangenen Jahren nur wenige Befundberichte vorlägen, die keine verlässliche Einschätzung ermöglichen würden. Auch die behandelnde Ärztin T. habe ihre Bedenken gegen eine vollschichtige Leistungsfähigkeit des Klägers nicht fundiert begründen können. Das Angebot einer Rehabilitationsmaßnahme durch die Beklagte habe der Kläger ausgeschlagen. Zur Einholung eines radiologischen Gutachtens, wie vom Kläger hilfsweise beantragt, sehe sich das Gericht nicht veranlasst, da ein solches nur der Abklärung der Ursachen der klägerischen Beschwerden dienen solle, aber keinen weiteren Aufschluss über seine Leistungsfähigkeit bringen könne. Die Ursache sei aber nicht relevant, es komme nur auf die Auswirkungen an. Schwere spezifische Leistungseinschränkungen oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen lägen nicht vor. Dem Kläger stehe angesichts seines Geburtsdatums auch kein Berufsschutz zu.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 06.05.2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 06.06.2013 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Verwaltungs- und Klageverfahren wiederholt und vertieft sowie eine weitere persönliche Stellungnahme und einen Datenträger mit zahlreichen digitalisierten Aufnahmen, Berichten, Literaturauszügen, Stellungnahmen und Anmerkungen eingereicht. Hierzu wird auf Bl. 26-33 der Berufungsakte sowie die Anlage hierzu Bezug genommen. Über seinen damaligen Bevollmächtigten hat er vorgetragen, das SG habe zu Unrecht die Einholung eines radiologischen Gutachtens abgelehnt. Er habe bereits dem SG einen Datenträger mit digitalisierten Röntgen-, CT- und MRT-Bildern aus den Monaten bzw. Jahren nach dem 1984 erlittenen Unfall vorgelegt, die eindrucksvoll die dabei aufgetretenen Schäden und innerhalb kurzer Zeit aufgetretenen Veränderungen der Wirbelsäule belegen würde. Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse könne ein radiologisches Gutachten die Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit bis heute belegen. Das SG könne sich nicht auf die Angaben z.B. des Dr. H. stützen, da dieser ihn seit 2005 nicht mehr gesehen habe. Die Angaben der Internistin T. gingen an der Sache vorbei. Diese habe sich im Wesentlichen darauf beschränkt, ihm Medikamente und Schmerzmittel zu verschreiben, nachdem sein früherer Hausarzt verstorben sei. Das Gutachten der Dr. K. sei nicht aussagekräftig. Denn an den Tagen, an denen er sich jeweils Begutachtungen unterzogen habe, sei er körperlich nahezu in Hochform gewesen. Nur wenn er in guter Verfassung sei, könne er überhaupt das Haus verlassen oder auch längere Fahrten auf sich nehmen. Nur seine Hochform am Begutachtungstag könne ansatzweise erklären, wie Dr. K. zu ihrer Leistungseinschätzung gelangt sei.

Im Rahmen eines Termins zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 27.07.2015 hat der Kläger weitere persönliche Angaben gemacht, unter anderem, dass er sich weder in neurologisch-psychiatrischer, psychosomatischer bzw. schmerztherapeutischer noch orthopädischer Behandlung befinde. Er hat ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vom 06.07.2015, ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vom 24.07.2014 und eine Stellungnahme des Physiotherapeuten Bühler vom 04.02.2014 vorgelegt und dazu erklärt, er habe sich einmalig bei Dr. B. vorgestellt, der ihm einen stationären Aufenthalt verordnet habe, welchen er aber nicht angetreten habe. Er stehe ausschließlich in Behandlung bei Dr. B.

Zunächst hat der Kläger im Nachgang zum durchgeführten Erörterungstermin bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gestellt, die Beklagte hat Leistungen mit Bescheid im Eilverfahren vom 06.10.2015 bewilligt, die Bewilligung sodann aber mit Bescheid vom 26.01.2016 wieder aufgehoben, nachdem der Kläger die Inanspruchnahme der bewilligten Leistungen abgelehnt hat.

Im Hinblick auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger seinem Bevollmächtigten das Mandat entzogen und weitere Unterlagen vorgelegt, darunter auch seine Tagebuchaufschriebe über die Zeiträume vom 18.11.2015 bis Anfang Mai 2016. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 94 bis 157 der Berufungsakte Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung hat er Ausdrucke von Aufnahmen seines Beckens und seiner Lendenwirbelsäule aus den Jahren 1984 und 2005, teilweise mit eigenen Einzeichnungen und Anmerkungen versehen, vorgelegt. Hierzu wird auf Bl. 162 bis 171 der Berufungsakte Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. März 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2008 zu verurteilen, ihm bezogen auf seinen Antrag vom 24. September 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise die Sachverständige Dr. K. nochmals ergänzend zu befragen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass für die Beurteilung des Leistungsvermögens nicht die Röntgenaufnahmen, sondern Funktionsbefunde entscheidend seien, welche Dr. K. und Prof. Dr. W. umfänglich erhoben hätten. Die Durchführung aktueller Röntgenaufnahmen bei der Begutachtung durch Dr. K. habe der Kläger abgelehnt, diese habe aber die mitgebrachten Röntgenaufnahmen der BWS, LWS und des Beckens vom 31.07.2003 und vom 05.05.2009 umfänglich ausgewertet und in ihre Beurteilung mit einbezogen. Die Beurteilung von Skelettröntgenaufnahmen würde durchaus in die Fachkompetenz von Orthopäden fallen. Die Notwendigkeit eines radiologischen Gutachtens sei nicht nachvollziehbar. Dass der Kläger am Tag der Begutachtung durch Dr. K. wie auch an anderen Begutachtungstagen in Hochform gewesen sei, sei eine nicht bewiesene Behauptung. Dem Gutachten der Prof. Dr. W. lasse sich entnehmen, dass der Kläger sich nur selten in ärztliche Behandlung begebe. Dies lasse einen relevanten Leidensdruck nicht plausibel erscheinen. Die bereits im Klageverfahren angebotene psychosomatische Rehabilitation decke auch die Behandlung orthopädischer Verletzungsfolgen ab und sei deshalb bewusst ausgewählt worden. Die auf den im Berufungsverfahren gestellten Antrag des Klägers bewilligte Rehabilitationsmaßnahme habe der Kläger nicht angetreten, so dass die Bewilligung wieder aufzuheben gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Kläger ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig und nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringen im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Senat nicht festzustellen vermag, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf unter sechs Stunden täglich für körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt herabgesunken ist. Hierbei stützt sich der Senat ebenso wie das SG auf die Gutachten von Dr. K. vom 01.09.2011 und Prof. Dr. W. vom 28.10.12 sowie die Verwaltungsgutachten von Dr. K. und Dr. S. jeweils vom 17.12.2007, die im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden.

Aus den beim Kläger vorliegenden orthopädischen Erkrankungen resultieren qualitative Einschränkungen für mittelschwere und schwere Tätigkeiten, Tätigkeiten in Zwangshaltung, wiederholtes Bücken und Aufrichten, Heben, Tragen und Schieben von Lasten über 10 kg, sowie Einwirkungen von Nässe, Kälte und Zugluft. Eine quantitative Leistungseinschränkung hingegen folgt aus diesen Erkrankungen nicht. Insoweit stützt sich der Senat wie das SG auf die Gutachten von Dr. K. und Dr. K., die für den Senat nachvollziehbar und überzeugend sind. Der Kläger bezieht sich zur Begründung der Berufung im Wesentlichen auf die eingereichten Datenträger und hieraus insbesondere auf die unmittelbar nach seinem Unfall im Jahr 1984 und den Monaten bis ca. drei Jahre danach gefertigten Bilder und seine hieraus gezogenen Schlussfolgerungen. Wie das SG aber bereits im angefochtenen Urteil und die Beklagte mit der Berufungserwiderung zutreffend ausgeführt haben, sind für die Beurteilung des rentenrelevanten Leistungsvermögens des Klägers nicht Röntgenaufnahmen, erst recht nicht aus weit zurückliegenden Jahrzehnten, sondern die sich seit Rentenantragstellung aus den vorliegenden Erkrankungen ergebenden Funktionseinschränkungen maßgeblich. Sowohl Dr. K. als auch Dr. K. haben in ihren Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet lediglich die oben genannten qualitativen Leistungseinschränkungen feststellen können. Diese Beurteilung ist anhand der von Dr. K. und Dr. K. erhobenen Befunde auch für den Senat nachvollziehbar und überzeugend, unabhängig davon, auf welche Ursache die festgestellten Erkrankungen letztlich zurückzuführen sind. Auch aus den Berichten der den Kläger behandelnden Orthopäden ergibt sich nichts anderes. Der Kläger befand sich bei Dr. H. lediglich einmalig am 21.07.2005 in Behandlung, wie dessen sachverständiger Zeugenauskunft gegenüber dem SG vom 15.11.2010 zu entnehmen ist. Dabei wollte der Kläger keine Behandlung, sondern lediglich eine Diskussion über den Zusammenhang seiner Beschwerden mit einem früheren Unfall, worüber kein Konsens erzielt werden konnte. Bei Dr. C. befand sich der Kläger zwar laut dessen Befundbericht vom 03.06.2008 seit 1984 gelegentlich in Behandlung, allerdings zuletzt im April 2006, so dass sich aus dessen Bericht keine zuverlässige Aussage zur Leistungsfähigkeit seit Rentenantragstellung treffen lässt. Gleiches gilt für die weiteren fachorthopädischen Berichte, die der Kläger digital eingereicht hat. Sie stammen ganz überwiegend aus dem Jahr 2005 und davor.

Im Vordergrund stehen bei dem Kläger Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet. Anhaltspunkte für Erkrankungen auf sonstigen Fachgebieten, die für sich alleine betrachtet oder in der Gesamtschau aller Erkrankungen zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens führen würden, sind für den Senat nicht ersichtlich.

In Bezug auf das nervenärztliche Fachgebiet zeigte insbesondere Dr. S. bereits Schwierigkeiten bei der Diagnosestellung auf und hielten sowohl Dr. S. als auch Prof. Dr. W. eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers für möglich. Sie konnten sich aber hiervon auf der Grundlage der Angaben des Klägers, der von ihnen erhobenen Befunde und des gesamten weiteren Akteninhalts nicht überzeugen. Diese Überzeugung kann der Senat ebenfalls nicht gewinnen. Eine ambulante Behandlung auf nervenärztlichem Gebiet findet nicht statt, so dass insoweit keine Berichte von Behandlern angefordert werden können. Eine solche Behandlung lehnt der Kläger bereits seit Jahren ab. Dies hat seine frühere Hausärztin T. in ihrem Befundbericht vom 14.04.2008 und in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG vom 22.11.2010 berichtet. Der letzte nervenärztliche Bericht, der ihr damals vorlag, stammte aus dem Jahr 2006. Gegenüber Prof. Dr. W. hat der Kläger angegeben, sich nicht mehr in ärztlicher Behandlung zu befinden, lediglich seine Hausärztin aufzusuchen, wenn er Schmerzmittel benötige. Im Rahmen des mit der Berichterstatterin am 27.07.2015 durchgeführten Erörterungstermins hat der Kläger ebenfalls angegeben, weiterhin nicht in fachärztlicher Behandlung zu stehen. Vor diesem Hintergrund hatte bereits Prof. Dr. W. eine stationäre Rehabilitation zur endgültigen Abklärung des Leistungsvermögens für erforderlich erachtet. Das sodann folgende Angebot der Beklagten hat der Kläger aber mehrfach abgelehnt. Selbst nach entsprechender Zusage des Klägers im Erörterungstermin, eine Rehabilitationsmaßnahme nun antreten zu wollen, und erfolgter Bewilligung von Leistungen durch die Beklagte hat der Kläger es wiederum abgelehnt, eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme anzutreten, weshalb die Bewilligung wieder aufgehoben wurde.

Vor diesem Hintergrund ist es dem Senat nicht möglich, sich vom Vorliegen einer zeitlichen Leistungseinschränkung des Klägers zu überzeugen. Es bestehen für den Senat weder Anlass noch Möglichkeiten zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts. Insbesondere sieht der Senat sich weder zur Einholung eines erneuten nervenärztlichen Fachgutachtens noch eines radiologischen Fachgutachtens noch einer ergänzenden Befragung der Sachverständigen Dr. K. veranlasst. Ein weiterer nervenärztlicher Sachverständiger könnte sich angesichts dessen, dass der Kläger weiterhin jede ambulante oder stationäre Behandlung oder Rehabilitation ablehnt, ebenso wie Dr. S. und Prof. Dr. W. nur auf die im Untersuchungstermin zu erhebenden Befunde stützen und nicht Berichte über den längerfristigen Verlauf mitauswerten. Hieran ändern auch die vom Kläger vorgelegten umfangreichen Tagebuchaufschriebe nichts. Darin wird keine fachärztliche Behandlung oder auch noch ein Kontakt zu einem Behandler dokumentiert. Im Wesentlichen beschreibt der Kläger seinen Tagesablauf vergleichbar zu seinen früheren Angaben insbesondere dahingehend, dass er sich aufgrund seiner eigenen Körperwahrnehmung zu täglichen, umfangreichen Eigenübungen gezwungen sieht. Ein radiologisches Gutachten würde, wie schon vom SG ausgeführt, ebenfalls keinen weiteren Aufschluss über die Leistungsfähigkeit des Klägers erbringen. Die Beklagte hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Auswertung radiologischer Aufnahmen des Skeletts durchaus in das Fachgebiet von Orthopäden fällt und Dr. K. insoweit in ihrem Gutachten die vom Kläger vorgelegten Aufnahmen der BWS, LWS und des Beckens aus den Jahren 2003 und 2009 ausgewertet hat, nachdem der Kläger die Fertigung aktueller Röntgenaufnahmen im Rahmen der Begutachtung abgelehnt hatte. Fehler in dieser Auswertung sind für den Senat nicht ersichtlich. Insoweit ist auch nicht ersichtlich, zu welchen in Bezug auf die vorliegend streitige Erwerbsminderung relevanten Fragen sich die Sachverständige Dr. K. noch ergänzend äußern sollte, wie hilfsweise vom Kläger beantragt. Solche Fragen sind weder für den Senat erkennbar, noch wurden sie vom Kläger aufgezeigt. Insbesondere stammen auch die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, teilweise von ihm persönlich abgeänderten Aufnahmen der Wirbelsäule bzw. des Beckens aus den Jahren 1984 bzw. 2005 und können damit keine neuen Entwicklungen gegenüber den bei Erstellung des Gutachtens durch Dr. K. am 01.09.2011 vorliegenden Aufnahmen und Befunden enthalten. Soweit der Klägervortrag darauf abzielt, eine ergänzende Stellungnahme oder ein erneutes Gutachten solle sich insbesondere mit den Röntgenbildern aus den Jahren 1984 bis 1987 befassen und darauf sichtbare Veränderungen sowie deren Ursache erklären, bezieht sich dies gerade nicht auf den vorliegend streitigen Sachverhalt, nämlich das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers seit Rentenantragstellung.

Dass dem Kläger aufgrund seines Geburtsjahrgangs kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbminderung bei Berufsunfähigkeit zustehen kann, hat das SG ebenfalls bereits zutreffend ausgeführt.

Mithin bleibt die Berufung ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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