L 13 AS 3075/15 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 634/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3075/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Der Kläger begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das beim Sozialgericht Mannheim (SG) anhängig gewesene Klageverfahren S 13 AS 634/15. In diesem Verfahren stritten die Beteiligten über den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 25. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2015, mit dem der Beklagte den Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II vom 20. Juni 2013 teilweise für die Monate Oktober bis Dezember 2013 aufgehoben hat.

Der Kläger stand beim Beklagten im laufenden Leistungsbezug. Mit Bescheid vom 20. Juni 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis 31. Dezember 2013 in Höhe von monatlich 644,01 EUR (Regelleistung 382 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung 262,01 EUR). Zum 2. September 2013 nahm der Kläger eine Tätigkeit als Taxifahrer bei der Firma Taxi St. in S. auf und legte beim Beklagten die Einkommensbescheinigung vom 5. September 2013 vor. Danach erzielte der Kläger ab September 2013 ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 450 EUR, das jeweils am 15. des Folgemonats zur Auszahlung fällig war. Der Kläger legte ferner die Lohnabrechnungen für die Monate September bis November 2013 vor, aus denen sich für September 2013 ein Aushilfslohn in Höhe von 195 EUR (abzüglich Vorschuss 150 EUR = Auszahlung 45 EUR), für Oktober 2013 ein Aushilfslohn in Höhe von brutto 1.349,25 EUR und netto 1.008,59 EUR (abzüglich 500 EUR Vorschuss = Auszahlung 849,25 EUR und Verrechnung für November 2013 340,66 EUR) und für November 2013 ein Lohn in Höhe von brutto 1.431,50 EUR und netto 1.055,72 EUR (abzüglich Vorschuss 340,66 EUR = Auszahlung 715,06 EUR) ergibt. Aus den vorgelegten Kontoauszügen geht hervor, dass der Kläger am 15. Oktober 2013 eine Überweisung in Höhe von 45 EUR und am 21. Oktober 2013 eine Überweisung in Höhe von 500 EUR erhalten hat. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25. Juni 2014 hob der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 20. Juni 2013 teilweise für Oktober 2013 in Höhe von 76 EUR und für die Monate November und Dezember 2013 ganz in Höhe von jeweils 644,01 EUR auf (Rückforderung insgesamt 1.364,02 EUR). Zur Begründung teilte der Beklagte mit, der Kläger habe während des genannten Zeitraums Einkommen aus einer Beschäftigung bei der Firma Taxi St. erzielt. In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, er habe für den Monat Dezember 2013 keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bekommen und legte Konto-Übersichten für die Zeit vom 1. November 2013 bis 30. November 2013 und vom 1. Dezember 2013 bis 31. Dezember 2013 vor, aus denen sich am 13. November 2013 eine Überweisung der Taxi St. GmbH in Höhe von 849,25 EUR und am 17. Dezember 2013 eine Überweisung der Taxi St. GmbH in Höhe von 715,06 EUR ergibt. Am 29. November 2013 wurde von der Bundesagentur für Arbeit ein Betrag in Höhe von 382 EUR überwiesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe am 2. September 2013 eine Arbeit bei der Firma Taxi St. aufgenommen. Er habe im September 2014 ein Brutto/Nettogehalt in Höhe von 195 EUR erzielt. Nach Angaben des Arbeitgebers erfolge die Auszahlung am 15. des Folgemonats. Dem Kläger seien im Oktober 2013 aus der Beschäftigung im September 45 EUR zugeflossen; außerdem habe er für Oktober 2013 einen Vorschuss in Höhe von 500 EUR erhalten. Als Einkommen seien im Oktober damit 545 EUR brutto/netto zugrunde zu legen. Im Oktober 2013 habe der Kläger ein Bruttoeinkommen in Höhe von 1.349,25 EUR und ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.008,59 EUR erhalten; überwiesen seien ihm im November 849,25 EUR worden, nämlich der um 500 EUR verminderte Betrag aufgrund der Vorschusszahlung im Oktober 2013. Als Brutto/Nettoeinkommen seien im November 2013 daher 849,25 EUR der Berechnung zugrunde zu legen. Im November 2013 habe der Kläger ein Bruttoeinkommen in Höhe von 1.431,50 EUR und netto 1.055,72 EUR erzielt; überwiesen worden seien ihm jedoch 715,06 EUR im Dezember 2013. Der Berechnung im Dezember 2013 seien brutto 1.431,50 EUR und netto 715,06 EUR zugrunde zu legen. Der Beklagte hat ferner die Berechnung der Freibeträge und das auf den Bedarf anzurechnende Einkommen ausführlich dargestellt. Daraus ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 356 EUR im Oktober 2013, in Höhe von 599,40 EUR im November 2013 und in Höhe von 415,06 EUR im Dezember 2013 (insgesamt 1.370,46 EUR). Zugunsten des Klägers verbleibe es bei der (ursprünglich geltend gemachten) Forderung in Höhe von 1.364,02 EUR.

Dagegen hat der Kläger am 3. März 2015 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das jeweils erzielte monatliche Arbeitseinkommen für die Monate Oktober, November und Dezember 2014 (gemeint wohl 2013) sei falsch angesetzt worden. Aus den Gehaltsabrechnungen ergebe sich, dass im Oktober 2013 brutto 1.349,25 EUR verdient worden seien. Das daraus errechnete Nettoeinkommen ergebe 1.008,59 EUR, wie aus der Nachberechnung in der Novemberabrechnung ersichtlich sei. Im November habe er 1.431,50 EUR brutto und netto 1.055,72 EUR erzielt und im Dezember 1.018,50 EUR brutto, woraus sich das Netto mit 798,21 EUR errechne. Der Beklagte habe somit seinen Bedarf fehlerhaft berechnet. Seine Ansprüche errechneten sich daher für Oktober in Höhe von 74,59 EUR, für November in Höhe von 121,71 EUR und für Dezember in Höhe von 85,44 EUR. Am 11. Juni 2015 hat der Kläger die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.

Mit Beschluss vom 13. Juli 2015 hat das SG die Gewährung von PKH abgelehnt, da die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II, 330 Abs. 3 SGB III seien erfüllt. Der Kläger habe nach der Bewilligung vom 20. Juni 2013 eine Tätigkeit bei Taxi St. aufgenommen. Im Rahmen der Einkommensanrechnung nach §§ 11 ff. SGB II gelte das Zuflussprinzip. Nur die tatsächlich aufgrund der Korrekturen und Vorschüsse ausgezahlten Beträge (Oktober 2013: 45 EUR + 500 EUR Vorschuss, November 2013: 849,25 EUR, Dezember 2013: 715,06 EUR) könnten zugrunde gelegt werden. Im Übrigen ergebe sich keine für den Kläger bessere Berechnung, wenn die Freibeträge nach dem in der Lohnbescheinigung ausgewiesenen Brutto-Gehalt berechnet würden, sondern hiernach errechne sich sogar ein höherer Erstattungsbetrag. Der Kläger habe auch im Dezember 2013 Leistungen erhalten. Am 29. November 2013 seien ihm 382 EUR überwiesen worden, was die Regelleistung für Dezember gewesen sein müsse, da diese in der Regel im Voraus gezahlt werde. Im Übrigen ergäben sich durch die ursprüngliche (mit Bescheid vom 25. Juni 2014) Vollaufhebung der Leistungsbewilligung für November und Dezember 2013 keine Nachteile für den Kläger im Hinblick auf die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die der Beklagte bei der Krankenversicherung storniert und noch nicht rückgängig gemacht habe. Denn nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V verbleibe die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, auch wenn die Leistungsbewilligung nachträglich aufgehoben werde. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2015 hat der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Der Bescheid des Beklagten beruhe auf unkorrekten Feststellungen (Zufluss Oktober 2013), die jetzt jedoch nicht mehr als wesentlich angesehen würden. Deshalb habe jedoch die Klage in diesem Punkt Aussicht auf Erfolg gehabt, weshalb der Kläger gleichzeitig Beschwerde gegen den ablehnenden PKH-Beschluss vom 13. Juli 2015 eingelegt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Akten des SG und des Senats verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, da das SG zu Recht die Gewährung von PKH wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt hat.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist - wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit - eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).

Das SG hat zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die (teilweise) Aufhebung der Bewilligungsentscheidung vom 20. Juni 2013 in den Monaten Oktober bis Dezember 2013 (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II, 330 Abs. 3 SGB III) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass es nach dem Zuflussprinzip auf die in den Monaten Oktober bis Dezember 2013 dem Kläger tatsächlich zugeflossenen Beträge ankommt. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen. Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V) ist bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit von den Bruttoeinnahmen auszugehen. Vom Einkommen abzusetzen sind gemäß § 11 b Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGB II zunächst die auf das Einkommen entrichteten Steuern und die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung. Ferner ist gemäß § 11 b Abs. 2 SGB II bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen. Außerdem kommt für Erwerbstätige noch ein Freibetrag gemäß § 11 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 11 b Abs. 3 SGB II hinzu, der sich für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 1.000 Euro beträgt, auf 20 Prozent und für den Teil des monatlichen Einkommens, das 1.000 Euro übersteigt und nicht mehr als 1.200 Euro beträgt, auf 10 Prozent beläuft und – wie in § 2 Abs. 1 AlgII-V geregelt ist – aus dem Bruttoeinkommen zu berechnen ist. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte, worauf das SG zutreffend verwiesen hat, zwar zu Recht als Einkommen die dem Kläger in den Monaten Oktober bis Dezember 2013 tatsächlich zugeflossenen Beträge zugrunde gelegt (Oktober 545 EUR, November 849,25 EUR, Dezember 715,06 EUR). Die Freibeträge nach § 11b Abs. 3 SGB II wurden dabei allerdings in den Monaten Oktober und November 2013 jeweils aus den Auszahlungsbeträgen berechnet, die der Beklagte als Brutto-/Nettobeträge angesehen hat. Tatsächlich handelt es sich bei diesen Auszahlungsbeträgen jedoch um Nettobeträge. Aus der vorliegenden Gehaltsabrechnungen für den Monat Oktober 2013 ergibt sich, dass von dem für Oktober errechneten Netto-Einkommen in Höhe von 1.008,59 EUR der bereits ausgezahlte Vorschuss in Höhe von 500 EUR abgezogen wurde. Demnach handelt es sich bei dem vorab im Oktober ausgezahlten Vorschuss in Höhe von 500 EUR um einen Netto-Betrag. Ebenso ist der Auszahlungsbetrag im November 2013 (aus der Gehaltsabrechnung für Oktober 2013) in Höhe von 849,25 EUR ein Netto-Betrag, der sich aus dem restlichen Netto-Einkommen für Oktober 2013 (1.008,59 EUR abzüglich 500 EUR = 508,59 EUR) und einem Übertrag für das Novembergehalt in Höhe von 340,66 EUR (netto) zusammensetzt. Denn der Übertrag für November 2013 in Höhe von 340,66 EUR wurde in der Abrechnung für den Monat November 2013 vom Netto-Einkommen in Höhe von 1.055,72 EUR abgezogen und daraus der Auszahlungsbetrag in Höhe von 715,06 EUR ermittelt.

Dies bedeutet, dass die Freibeträge gemäß § 11 b Abs. 3 SGB II vom Beklagten zu Unrecht aus dem Netto-Einkommen anstatt dem Brutto-Einkommen berechnet wurden, was sich jedoch im Ergebnis nicht zu Lasten des Klägers auswirkt, da sich auch bei Zugrundelegung der Brutto-Beträge kein geringerer Rückforderungsbetrag für den streitgegenständlichen Zeitraum errechnet. Diesbezüglich wird auf die zutreffende Berechnung des SG im angefochtenen Beschluss vom 13. Juli 2015 verwiesen, wonach sich sogar ein höherer Erstattungsbetrag errechnet, wenn die Freibeträge nach dem in der Lohnbescheinigung ausgewiesenen Brutto-Lohn berechnet werden. Die Vorgehensweise des SG, wonach die Freibeträge jeweils aus den Brutto-Löhnen für die Monate September bis November 2013 errechnet und von den in den Monaten Oktober bis Dezember tatsächlich erhaltenen Auszahlungsbeträgen abgezogen werden, ist nicht zu beanstanden. Im Übrigen wird noch darauf hingewiesen, dass die vom Bevollmächtigten des Klägers im Klageverfahren vorgelegte Berechnung schon deshalb fehlerhaft ist, weil sie nicht das tatsächlich in den streitgegenständlichen Monaten zugeflossene Einkommen berücksichtigt, die Freibeträge unzutreffend aus dem Nettobetrag berechnet wurden und der in den Monaten Oktober und November 2013 als Anspruch ausgewiesene Betrag in Wirklichkeit Einkommen ist, das den Bedarf übersteigt. Darüber hinaus ist die auf diese Weise errechnete Rückforderungssumme auch bei Korrektur der Rechenfehler noch deutlich höher als der vom Beklagten zurückgeforderte Betrag.

Da somit für die Klage keine Erfolgsaussicht bestand, hat das SG zu Recht den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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