L 5 RS 690/14

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 50 RS 1006/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 690/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz und Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien
Ein Ingenieur, der als Lehr- bzw. Lehrobermeister in der Betriebsschule eines Volkseigenen Betriebes tätig war, erfüllt nicht die sachliche Voraussetzung für die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz. Die Tätigkeit als betriebliche Lehrkraft stellt einen berufsfremden Einsatz dar, weil ihr Schwerpunkt in der betriebsbezogenen Wissensvermittlung und nicht im produktionsbezogenen ingenieur-technischen Bereich liegt.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 1. August 2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), ob der Kläger unter den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) fällt und die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage zum AAÜG verpflichtet ist, für den Zeitraum 1. November 1965 bis 30. Juni 1990 höhere Arbeitsentgelte unter Einbeziehung von Prämien festzustellen.

Dem 1937 geborenen Kläger wurde in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mit Urkunde vom 26. November 1965 die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur verliehen. Im Zeitraum 1. November 1965 bis 30. Juni 1990 war er als Lehrmeister bzw. Lehrobermeister im VEB G Uhrenbetriebe bzw. VEB Uhrenwerk G (Betriebsschule "M ") beschäftigt.

Mit Feststellungsbescheid vom 12. Oktober 1999 stellte die Beklagte die Zeit vom 1. November 1965 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit den entsprechenden Entgelten nach dem AAÜG fest. Mit Überprüfungsantrag vom 26. September 2007 (Bl. 12 VA) begehrte der Kläger die Feststellung höherer Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien. Mit Bescheid vom 26. April 2011 stellte die Beklagte fest, dass das AAÜG entgegen der Aussage im Feststellungsbescheid vom 22. Oktober 1999 nicht anwendbar sei, kein Anspruch auf Feststellung weiterer bzw. höherer Entgelte bestehe und der Feststellungsbescheid rechtswidrig sei, aber nicht zurückgenommen werden könne. Zur Begründung führte sie aus, die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem sei nicht erfüllt. Der Kläger sei am 30. Juni 1990 als Lehrobermeister und damit berufsfremd beschäftigt gewesen. Einen erneuten Überprüfungsantrag vom 25. August 2010 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. November 2010 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 23. März 20100 ab. Mit einem weiteren Überprüfungsantrag vom 14. Dezember 2012 begehrte der Kläger erneut die Überprüfung des Bescheides vom 26. November 2010. Ab Dezember 1995 bis 1992 habe er als Lehrmeister bzw. Lehrobermeister in der ehemaligen Betriebsschule des VEB G Uhrenwerk gearbeitet, wobei ihm der praktische und theoretische Unterricht für 20 Lehrmeister oblegen habe, die wiederum ca. 270 Auszubildende und drei Abiturklassen zu betreuen gehabt hätten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 2013 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2013 ab. Als Lehrobermeister sei der Kläger schwerpunktmäßig mit pädagogischen und betriebsbezogenen Lehrtätigkeiten beschäftigt gewesen, weshalb er die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem nicht erfülle. Er sei berufsfremd eingesetzt gewesen.

Mit seiner am 25. Juni 2013 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei Hauptverantwortlicher für die berufspraktische Ausbildung im Raum G und zuständig für die praktische Ausbildung und Lehrtätigkeit in Spezialklassen gewesen. Hierbei habe es sich um ingenieurtechnische Tätigkeiten gehandelt. Die Leitung der Ausbildung des technischen Nachwuchses sei noch viel wichtiger als eine "eigentliche" ingenieurtechnische Tätigkeit. Zudem habe er als Lehrling selbstständig Sondermaschinen zur Uhrenherstellung entworfen und konstruiert. Mit Gerichtsbescheid vom 1. August 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner ab Dezember 1965 ausgeübten Tätigkeit als Lehr- bzw. Lehrobermeister in der ehemaligen Betriebsschule "M " habe er keine seiner Qualifikation als "Ingenieur" entsprechende Tätigkeit ausgeübt. Sein Aufgabengebiet habe die Vermittlung aller für einen erfolgreichen Facharbeitereinsatz notwendigen Fertigkeiten in der Metallbearbeitung umfasst. Als Lehrobermeister sei er nach dem ihm am 30. Juni 1992 von der G Uhrenbetrieb GmbH ausgestellten Zeugnis verantwortlich für die inhaltliche und organisatorische Vorbereitung der praktischen Ausbildung gewesen und habe aktiv in den einschlägigen Prüfungskommissionen mitgewirkt. Als Lehrkraft in einer Betriebsschule sei er nicht aktiv in den Produktionsprozess einbezogen und berufsfremd eingesetzt gewesen.

Gegen den am 4. August 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28. August 2013 Berufung eingelegt. In seiner Arbeit als Ausbilder u.a. für Werkzeugmacher, Mechaniker und Uhrmacher habe er auch zahlreiche Entwicklungsaufgaben erledigt. Mehr als zehn Sondermaschinen seien entwickelt worden. In seiner Tätigkeit sei er Hauptverantwortlicher gewesen für die berufspraktische Ausbildung im Raum G.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß und sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 1. August 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013, des Bescheides vom 26. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2011 und des Bescheides vom 26. Juni 2008 sowie unter Änderung des Feststellungsbescheides vom 12. Oktober 1999 zu verurteilen, höhere Arbeitsentgelte unter Einbeziehung von Prämien festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Dem Gericht lagen die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Instanzen vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte, ohne mündlich zu verhandeln, entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Dresden hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 1. August 2014 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 ist – ebenso wie die vorangegangenen Überprüfungsbescheide vom 26. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2011 und vom 26. Juni 2008 – rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Beklagte hat die Änderung des Feststellungsbescheides vom 12. Oktober 1999 zutreffend abgelehnt, weil die Voraussetzungen von § 44 SGB X nicht vorliegen. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dies ist nicht der Fall. Die Beklagte hat auf den Überprüfungsantrag des Klägers zu Recht festgestellt, dass der Bescheid vom 12. Oktober 1999 unrichtig ist, weil der Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 AAÜG nicht eröffnet ist, und die Feststellung höherer Entgelte abgelehnt. Eine Rücknahme des Bescheides kam nur wegen Ablaufs der Frist des § 45 Abs. 3 SGB X nicht in Betracht.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt. Der Kläger hatte am 30. Juni 1990 weder auf Grund eines Verwaltungsaktes noch auf Grund eines Gesetzes eine Versorgungsanwartschaft aus der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem. Ein Verwaltungsakt, der dies zu Gunsten des Klägers festgestellt und sie dadurch der Geltung des AAÜG unterstellt hätte, liegt nicht vor. Der Kläger war bei In-Kraft-Treten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer erworbenen Versorgungsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer bestehenden Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Dies hätte vorausgesetzt, dass er in das Versorgungssystem einbezogen gewesen wäre. Eine solche Einbeziehung konnte durch eine Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889, ber. S. 1239) bindend gebliebenen Verwaltungsaktes, durch eine Rehabilitierungsentscheidung auf der Grundlage von Art. 17 des Einigungsvertrages oder durch eine Einzelentscheidung, zum Beispiel auf Grund eines Einzelvertrages (vgl. § 1 Abs. 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben [im Folgenden: 2. DB] vom 24. Mai 1951 [GBl. I Nr. 62 S. 487]), erfolgen. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem einbezogen und ist vor Eintritt des Leistungsfalls ausgeschieden (Fall einer gesetzlich fingierten Versorgungsanwartschaft).

Schließlich war er am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom Bundessozialgericht vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (st. Rspr., vgl. Urteile vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14, - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40 und B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; Urteile vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20, - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33 sowie B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74). Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem nicht einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht auf Grund originären Bundesrechts einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen an diesem Tag einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten.

Der Kläger war nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft nach Anlage 1 des AAÜG.

1. Er ist nicht fiktiv in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG einbezogen.

Ein solcher fiktiver Anspruch hängt im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. I Nr. 93 S. 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. I Nr. 62 S. 487) von drei Voraussetzungen ab, nämlich von

1. der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),

2. der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar

3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Alle drei Voraussetzungen müssen nach o.a. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kumulativ am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der DDR am 2. Oktober 1990 (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 13).

Vorliegend fehlt es an der sachlichen Voraussetzung zum maßgeblichen Stichtag des 30. Juni 1990, weil der Kläger – wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat – nicht entsprechend seiner Ausbildung als Ingenieur beschäftigt war.

Für die Prüfung der sachlichen Voraussetzung ist von der erworbenen Berufsbezeichnung i.S.d. der 2. DB auszugehen und zu ermitteln, welches Berufsbild dieser unter Berücksichtigung der Ausbildung und der im späteren Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen zu Grunde liegt. Im Anschluss hieran ist festzustellen, welche Tätigkeit der Versicherte konkret ausgeübt hat und zu fragen, ob diese im Schwerpunkt dem der Berufsbezeichnung zu Grunde liegenden Berufsbild entspricht. Dies ist zu bejahen, wenn die ausgeübte Tätigkeit überwiegend durch die in der Ausbildung zu einem Beruf i.S.d. § 1 Abs. 1 der 2. DB gewonnenen Kenntnisse und Fertigkeiten und durch die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägt ist (BSG, Urteile vom 20. März 2013 – B 5 RS 3/12 R – juris Rn. 22, vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 9/11 R - juris Rn. 20, vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 7/11 R - juris Rn. 25 und vom 18. Oktober 2007 - B 4 RS 17/07 R – juris Rn. 44). Nach der Rechtsprechung des BSG erfüllen Ingenieure die sachliche Voraussetzung nur dann, wenn der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit entsprechend ihrem Berufsbild im produktionsbezogenen ingenieurtechnischen Bereich lag und damit die Aufgabenerfüllung geprägt hat. Lag der Schwerpunkt dagegen in anderen Bereichen, war der Ingenieur berufsfremd eingesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bedeutet "berufsfremd" die Ausübung einer Tätigkeit, die nicht schwerpunktmäßig durch die durchlaufene Ausbildung und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägt ist (vgl. Urteile vom 23. August 2007 - B 4 RS 2/07 R –, vom 31. März 2004 - B 4 RA 31/03 R -, vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 9/11 R - und vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 7/11 R –).

Der Kläger war nicht als Ingenieur, sondern schwerpunktmäßig als betriebliche Lehrkraft in der Betriebsschule des VEB Uhrenwerk G tätig. Dies stellt einen berufsfremden Einsatz dar. Wie sich aus der "Präambel" der VO-AVItech ergibt, sollten in das Versorgungssystem grundsätzlich nur solche Personen einbezogen werden, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und der Technik zuständig waren, also diejenigen, die mit ihrer "technischen" Qualifikation aktiv den Produktionsprozess, sei es in der Forschung oder bei der Produktion förderten. Lehrkräfte, die das im Betrieb angewandte Wissen theoretischer und praktischer Art lediglich weitervermittelten, mithin schwerpunktmäßig eine betriebsbezogene Lehrtätigkeit ausübten, fielen nicht unter die VO-AVItech. Dies ergibt sich – worauf das Sozialgericht zutreffend hinweist – auch aus § 1 Abs. 1 der 2. DB. Danach zählten zu dem privilegierten Personenkreis der Einzubeziehenden Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen. Dieser (Ausnahme-)Regelung hätte es nicht bedurft, wenn derartige Lehrer stets einzubeziehen gewesen wären, unabhängig von ihrer jeweiligen Wirkungsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 2004 - B 4 RA 31/03 R – juris Rn. 19; Thüringer LSG, Urteil vom 30. Juli 2013 – L 6 R 598/11 –, juris Rn. 20).

Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers lag damit in der (betriebsbezogenen) Wissensvermittlung und nicht im produktionsbezogenen ingenieur-technischen Bereich. Er selbst gab mehrfach an, Hauptverantwortlicher für die berufspraktische Ausbildung im gesamten Raum G gewesen zu sein und Lehrmeister bzw. Auszubildende unterrichtet zu haben. Dies ergibt sich auch aus dem vorgelegten Zeugnis der Nachfolgegesellschaft, der G Uhrenbetrieb GmbH, vom 30. Juni 1990 (Bl. 34 VA), wonach der Kläger als Lehrobermeister verantwortlich war für die inhaltliche und organisatorische Vorbereitung der praktischen Ausbildung. An diesem Schwerpunkt seiner Tätigkeit ändert nichts die Tatsache, dass der Kläger (als Lehrling oder während seiner Berufstätigkeit) vereinzelt Sondermaschinen entworfen und konstruiert hat.

2. Auch kommt eine Einbeziehung in ein anderes Zusatzversorgungssystem, insbesondere in die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG) oder in das Zusatzversorgungssystem der Pädagogen in Einrichtungen der Volks- und Berufsbildung (Nr. 18 der Anlage 1 zum AAÜG), nicht in Betracht.

Ein fiktiver Anspruch hängt im Bereich der Zusatzversorgung der pädagogischen Intelligenz gemäß der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (VO-AVIwiss) vom 12. Juli 1951 (DDR-GBl. Nr. 85 S. 675) in der Fassung der Verordnung vom 13. Mai 1959 (DDR-GBl. I Nr. 32 S. 521) und der Ersten Durchführungsbestimmung zur VO-AVIwiss vom 26. September 1951 (DDR-GBl. Nr. 117 S. 879) sowie der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVIwiss vom 11. Juni 1959 (DDR-GBl. I Nr. 41 S. 612) ebenfalls von drei Voraussetzungen ab. Dieses System war eingerichtet für 1. Angehörige der Intelligenz, und zwar hier der pädagogischen Intelligenz (§ 4 VO-AVIwiss; persönliche Voraussetzung), die 2. hauptberuflich entsprechend ihrer Qualifikation - hier also pädagogisch - tätig waren (§ 4 VO-AVIwiss; sachliche Voraussetzung) und 3. die ihre Tätigkeit in einer Einrichtung der DDR ausgeübt haben, und zwar in einer pädagogischen Einrichtung (§§ 1, 6 VO-AVIwiss; betriebliche Voraussetzung).

(vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 40/02 R – juris Rn. 37).

Der Kläger erfüllt bereits die persönliche und sachliche Voraussetzung nicht, weil er keine anerkannte pädagogische, sondern eine ingenieurtechnische Ausbildung besitzt und nicht entsprechend seiner Ausbildung eingesetzt war. Zudem ist die Betriebsschule eines VEB keine Einrichtung des öffentlichen Bildungs- und Erziehungswesens im Sinne von § 6 VO-AVIwiss.

Ein fiktiver Anspruch im Bereich der Zusatzversorgung der Pädagogen in Einrichtungen der Volks- und Berufsbildung gemäß §§ 1 und 3 der Anordnung über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen - Versorgungsanordnung - (nachfolgend: VersAO-Päd) vom 2. Mai 1988 (nicht veröffentlicht, abgedruckt in: AICHBERGER II – Sozialgesetze, Ergänzungsband für die neuen Bundesländer, unter der Gliederungsziffer 166) und der Richtlinie zur Durchführung der Anordnung über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen - Versorgungsanordnung - (VersAODfR-Päd) vom 2. Mai 1988 (nicht veröffentlicht, abgedruckt in: AICHBERGER II – Sozialgesetze, Ergänzungsband für die neuen Bundesländer, unter der Gliederungsziffer 167) hängt von wiederum von drei Voraussetzungen ab, nämlich von

1. der Berechtigung, nach Abschluss einer staatlich anerkannten pädagogischen Ausbildung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und 2. der Ausübung einer entsprechenden hauptamtlichen, mindestens zweijährigen Tätigkeit als Lehrer oder Erzieher (sachliche Voraussetzung), und zwar 3. in einer Einrichtung der Volks- oder Berufsbildung (betriebliche Voraussetzung). (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 5. Januar 2015 – L 5 RS 202/14 –, juris Rn. 19 bzw. 34 ff.).

Da der Kläger keine pädagogische Ausbildung durchlaufen hat, erfüllt er auch die persönliche Voraussetzung für eine (fiktive) Einbeziehung in dieses Zusatzversorgungssystem nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Jacobi Dr. Lau Schurigt
Rechtskraft
Aus
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