Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 935/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 924/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht (§ 173 Satz 1, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG) eingelegte Beschwerde ist unbegründet.
Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes die Feststellung, er sei in seiner derzeitigen Beschäftigung (hilfsweise bei der D. AG bzw. in der Rechtsabteilung der D. AG) vorläufig weiterhin von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Nachdem die Antragsgegnerin den Bescheid vom 06.05.1988, wonach der Antragsteller auf dessen Antrag von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit worden war, bislang nicht zurückgenommen hat und der Antragsteller für sich reklamiert, der Befreiungstatbestand gelte aufgrund dieser bindenden Entscheidung fort, kommt nur eine einstweilige Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 S. 1 SGG in Betracht, da eine Konstellation des § 86b Abs. 1 SGG erkennbar nicht vorliegt.
Nach dem ausdrücklichen Begehren im Beschwerdeverfahren ist nicht (auch) Gegenstand des Verfahrens der Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.02.2015, gegen den der Antragsteller fristgerecht Widerspruch eingelegt und mit dem die Antragsgegnerin die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die am 01.03.1990 aufgenommene Beschäftigung als Syndikusanwalt bei der D. AG abgelehnt hat, nachdem diese Befreiung nach Auffassung der Antragsgegnerin (nur) für die Beschäftigung als Rechtsanwalt in der Rechtsanwaltskanzlei O. in S. erteilt worden war. Einen Bestandsschutz des Befreiungsbescheides – so die Ausführungen in diesem Bescheid – nach Beendigung der befreiten Beschäftigung könne die Antragsgegnerin zudem "nicht bestätigen". Damit negiert die Antragsgegnerin den geltend gemachten Anspruch sowohl mit Blick auf eine zu erteilende Befreiung (nach dem bis 31.12.2015 anzuwendenden Recht) als auch hinsichtlich eines Anspruches aus der 1988 erteilten Befreiung. Der Antragsteller macht, was der Senat insbesondere den Schriftsätzen vom 04.11.2015 und 15.02.2016 entnimmt, zur Begründung seines Feststellungsantrages allein einen Anspruch aus dem Bescheid vom 06.05.1988 geltend.
Der Senat kann offen lassen, ob die gestellten Feststellungsanträge im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sachdienlich sind und ob zur Verwirklichung des Zieles nicht zumindest auch ein Verpflichtungsantrag in der Form einer Untersagung erforderlich (gewesen) wäre. Denn den bislang gestellten Feststellungsanträgen dürfte kein vollstreckungsfähiger Inhalt zukommen, weswegen hierdurch dem Begehren des Antragstellers, so gestellt zu werden, wie er sozialversicherungsrechtlich vor dem 01.01.2015 eingestuft gewesen ist, nur unzureichend Rechnung getragen werden kann. Der Senat kann ebenso offenlassen, ob für den Erlass einer einstweiligen Anordnung noch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht, nachdem der Gesetzgeber das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2517) verabschiedet hat, welches mit Wirkung zum 01.01.2016 in Kraft getreten ist (Art. 9 Abs. 1 des Gesetzes) und mit den enthaltenen Übergangsregelungen (§ 231 Abs. 4b SGB VI) weitgehende und auch rückwirkende Befreiungsmöglichkeiten von der Rentenversicherungspflicht schafft. Insoweit dürfte die sozialgerichtlich nicht geklärte und damit offene Rechtsfrage, ob der Antragsteller sich zu Recht auf die Bestandskraft des Bescheides vom 06.05.1988 für einen Fortbestand des Befreiungstatbestandes berufen kann, als nachrangig anzusehen sein. Der Antragsteller selbst hat darauf hingewiesen, dass seine Fallgestaltung von der anderer abweicht (Schriftsatz vom 31.03.2015, unter 5.); hieraus folgt jedoch nicht zwingend, dass sich der Anspruch des Antragstellers unmittelbar aus diesem Bescheid ergibt. Insoweit ist offen, ob die Auslegung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 31.10.2012 (B 12 R 5/10 R, in Juris) auch auf die vorliegende Fallgestaltung anzuwenden ist; also auch dann, wenn der maßgebliche Wechsel der Beschäftigung vor dem Inkrafttreten des SGB VI erfolgt ist. Der Wortlaut des § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI und die Auslegung durch das BSG sprechen nach Auffassung des Senats gegen eine insoweit anderweitige Behandlung dieser Fallkonstellation. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Antragsteller erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken. So besteht von Verfassungs wegen kein Wahlrecht, das es ermöglichen würde, im Laufe eines Berufslebens die jeweils günstigste Versorgungsmöglichkeit zu wählen oder an ihr festzuhalten und die Anwendung aller anderen Versicherungspflichttatbestände auszuschließen (BSG, Urteil vom 31.10.2012, – B 12 R 8/10 R –, in juris Rdnr. 30 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG]). Es gibt auch keinen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch darauf, Beiträge zu demjenigen Alterssicherungssystem leisten zu dürfen, von dem man die bessere Versicherungsleistung erwartet.
Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller seinen Antrag nach dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung auch nicht dahingehend umgestellt hat, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn – vorläufig – von der Versicherungspflicht rückwirkend zu befreien, wie dies – wie erwähnt – § 231 Abs. 4b SGB VI in der ab 01.01.2016 anzuwendenden Fassung ermöglicht. Das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 27.02.2015 dürfte sich erledigen, sobald die Antragsgegnerin die Befreiung aufgrund der gesetzlichen Neuregelung rückwirkend festgestellt hat. Auf die umstrittene Frage, ob sich der Antragsteller auf die im Mai 1988 erteilte Befreiung mit Erfolg berufen kann, kommt es dann nicht mehr an. Der Antragsteller hat aber nicht auch zumindest hilfsweise beantragt, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihn von der Versicherungspflicht nach der gesetzlichen Neuregelung zu befreien, obwohl er nach seinem Vortrag die entsprechenden Anträge bereits gestellt hat und selbst davon ausgeht, dass er die Voraussetzungen der Übergangsregelung erfüllt. Insoweit verhält er sich mit Blick auf die erforderliche Eilbedürftigkeit widersprüchlich, denn eine stattgebende Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren entbindet nicht zugleich von der Verfolgung der Ansprüche in anhängigen Verwaltungs- und/oder Gerichtsverfahren.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur in Betracht, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig, dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs sowie ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gem. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht sind. Nach den Vorgaben des BVerfG in diesem Zusammenhang verlangt die Gewährung effektiven Rechtsschutzes grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ansonsten dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Dies gilt gleichfalls für Anfechtungs- wie für Vornahmesachen. Die Entscheidungen dürfen sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat dabei die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 06.08.2014 – 1 BvR 1453/12 –, zitiert nach juris). Dabei ist vom Grundsatz her zu beachten, dass die einstweilige Anordnung die endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen darf (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86 b Rn. 31).
Eine solche drohende oder bereits eingetretene Beeinträchtigung seiner Rechte hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller zumindest zum Zeitpunkt der Antragstellung und im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwer und unzumutbar und anders nicht abwendbar beeinträchtigt ist oder wird, und eine solche Beeinträchtigung durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden könnte.
Dies gilt zunächst für die derzeit von seinem Arbeitgeber abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung, deren Erstattung der Antragsteller nach seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 23.03.2016 bereits für den Fall der Befreiung beantragt hat und deren Erstattung nach § 26 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) möglich ist. Eine gegenwärtige schwere und unzumutbare Beeinträchtigung hat der Antragsteller auch nicht aufgrund einer zusätzlichen finanziellen Belastung – etwa durch die Zahlung des Mindestbeitrages an das Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Baden-Württemberg – geltend und glaubhaft gemacht, da er weder behauptet noch belegt hat, dass diese zusätzliche finanzielle Belastung für ihn nicht hinnehmbar ist.
Der Antragsteller begründete die Eilbedürftigkeit der geforderten Entscheidung (Schriftsatz vom 11.02.2015) zudem bislang (nur) mit einem mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden zeit- und kostenintensiven Rechtsmittelverfahren, welches dazu führe, dass er - ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung - mit einem Versorgungsausfall aufgrund eines Beitragsausfalles für die Dauer von acht Jahren bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres rechnen müsse. Damit stellt der Antragsteller auf einen hypothetischen Geschehensablauf ab und postuliert, dass eine rechtskräftige Entscheidung vor Eintritt in den Ruhestand und ggfs. eine Rückabwicklung eventuell zu Unrecht gezahlter Beiträge nicht zu erwarten sei. Insoweit macht er aber keine derzeit bestehende Beeinträchtigung geltend, sondern eine in der Zukunft liegende, deren Eintritt derzeit völlig ungewiss und die mit Blick auf die gesetzliche Neuregelung zudem noch nicht einmal wahrscheinlich ist. Schließlich hat er weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass eine im Falle des Obsiegens in der Hauptsache mögliche Nachzahlung vom Versorgungswerk nicht anerkannt würde. Eine gegenwärtige unzumutbare und durch ein Hauptsacheverfahren nicht mehr zu behebende Beeinträchtigung vermag der Senat damit nicht als glaubhaft gemacht zu erkennen.
Es ist auch nicht unzumutbar, die gegebenenfalls erforderliche Rückabwicklung der Rentenversicherung bei der Antragsgegnerin abzuwarten und dafür die dazu erforderlichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchzuführen. Denn diese Verfahren wären auch dann durchzuführen, wenn er im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes obsiegte. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Unzumutbarkeit der Abführung von Beiträgen an die Antragsgegnerin weder zum Zeitpunkt der Einlegung des Antrages noch zum Zeitpunkt der Entscheidung, welcher zudem immer noch mehr als sechs Jahre vor der Vollendung des 65. Lebensjahres liegt, glaubhaft gemacht ist. Berücksichtigt man zudem, dass dem Antragsteller bereits bei Antragstellung bekannt gewesen ist, dass der Gesetzgeber eine Änderung der gesetzlichen Regelungen in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG beabsichtigte und diese Regelung nunmehr in Kraft ist, ist nicht ersichtlich, weshalb der Erlass einer einstweiligen Verfügung "gerade jetzt" erforderlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht obsiegt hat.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht (§ 173 Satz 1, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG) eingelegte Beschwerde ist unbegründet.
Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes die Feststellung, er sei in seiner derzeitigen Beschäftigung (hilfsweise bei der D. AG bzw. in der Rechtsabteilung der D. AG) vorläufig weiterhin von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Nachdem die Antragsgegnerin den Bescheid vom 06.05.1988, wonach der Antragsteller auf dessen Antrag von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit worden war, bislang nicht zurückgenommen hat und der Antragsteller für sich reklamiert, der Befreiungstatbestand gelte aufgrund dieser bindenden Entscheidung fort, kommt nur eine einstweilige Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 S. 1 SGG in Betracht, da eine Konstellation des § 86b Abs. 1 SGG erkennbar nicht vorliegt.
Nach dem ausdrücklichen Begehren im Beschwerdeverfahren ist nicht (auch) Gegenstand des Verfahrens der Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.02.2015, gegen den der Antragsteller fristgerecht Widerspruch eingelegt und mit dem die Antragsgegnerin die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die am 01.03.1990 aufgenommene Beschäftigung als Syndikusanwalt bei der D. AG abgelehnt hat, nachdem diese Befreiung nach Auffassung der Antragsgegnerin (nur) für die Beschäftigung als Rechtsanwalt in der Rechtsanwaltskanzlei O. in S. erteilt worden war. Einen Bestandsschutz des Befreiungsbescheides – so die Ausführungen in diesem Bescheid – nach Beendigung der befreiten Beschäftigung könne die Antragsgegnerin zudem "nicht bestätigen". Damit negiert die Antragsgegnerin den geltend gemachten Anspruch sowohl mit Blick auf eine zu erteilende Befreiung (nach dem bis 31.12.2015 anzuwendenden Recht) als auch hinsichtlich eines Anspruches aus der 1988 erteilten Befreiung. Der Antragsteller macht, was der Senat insbesondere den Schriftsätzen vom 04.11.2015 und 15.02.2016 entnimmt, zur Begründung seines Feststellungsantrages allein einen Anspruch aus dem Bescheid vom 06.05.1988 geltend.
Der Senat kann offen lassen, ob die gestellten Feststellungsanträge im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sachdienlich sind und ob zur Verwirklichung des Zieles nicht zumindest auch ein Verpflichtungsantrag in der Form einer Untersagung erforderlich (gewesen) wäre. Denn den bislang gestellten Feststellungsanträgen dürfte kein vollstreckungsfähiger Inhalt zukommen, weswegen hierdurch dem Begehren des Antragstellers, so gestellt zu werden, wie er sozialversicherungsrechtlich vor dem 01.01.2015 eingestuft gewesen ist, nur unzureichend Rechnung getragen werden kann. Der Senat kann ebenso offenlassen, ob für den Erlass einer einstweiligen Anordnung noch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht, nachdem der Gesetzgeber das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2517) verabschiedet hat, welches mit Wirkung zum 01.01.2016 in Kraft getreten ist (Art. 9 Abs. 1 des Gesetzes) und mit den enthaltenen Übergangsregelungen (§ 231 Abs. 4b SGB VI) weitgehende und auch rückwirkende Befreiungsmöglichkeiten von der Rentenversicherungspflicht schafft. Insoweit dürfte die sozialgerichtlich nicht geklärte und damit offene Rechtsfrage, ob der Antragsteller sich zu Recht auf die Bestandskraft des Bescheides vom 06.05.1988 für einen Fortbestand des Befreiungstatbestandes berufen kann, als nachrangig anzusehen sein. Der Antragsteller selbst hat darauf hingewiesen, dass seine Fallgestaltung von der anderer abweicht (Schriftsatz vom 31.03.2015, unter 5.); hieraus folgt jedoch nicht zwingend, dass sich der Anspruch des Antragstellers unmittelbar aus diesem Bescheid ergibt. Insoweit ist offen, ob die Auslegung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 31.10.2012 (B 12 R 5/10 R, in Juris) auch auf die vorliegende Fallgestaltung anzuwenden ist; also auch dann, wenn der maßgebliche Wechsel der Beschäftigung vor dem Inkrafttreten des SGB VI erfolgt ist. Der Wortlaut des § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI und die Auslegung durch das BSG sprechen nach Auffassung des Senats gegen eine insoweit anderweitige Behandlung dieser Fallkonstellation. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Antragsteller erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken. So besteht von Verfassungs wegen kein Wahlrecht, das es ermöglichen würde, im Laufe eines Berufslebens die jeweils günstigste Versorgungsmöglichkeit zu wählen oder an ihr festzuhalten und die Anwendung aller anderen Versicherungspflichttatbestände auszuschließen (BSG, Urteil vom 31.10.2012, – B 12 R 8/10 R –, in juris Rdnr. 30 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG]). Es gibt auch keinen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch darauf, Beiträge zu demjenigen Alterssicherungssystem leisten zu dürfen, von dem man die bessere Versicherungsleistung erwartet.
Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller seinen Antrag nach dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung auch nicht dahingehend umgestellt hat, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn – vorläufig – von der Versicherungspflicht rückwirkend zu befreien, wie dies – wie erwähnt – § 231 Abs. 4b SGB VI in der ab 01.01.2016 anzuwendenden Fassung ermöglicht. Das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 27.02.2015 dürfte sich erledigen, sobald die Antragsgegnerin die Befreiung aufgrund der gesetzlichen Neuregelung rückwirkend festgestellt hat. Auf die umstrittene Frage, ob sich der Antragsteller auf die im Mai 1988 erteilte Befreiung mit Erfolg berufen kann, kommt es dann nicht mehr an. Der Antragsteller hat aber nicht auch zumindest hilfsweise beantragt, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihn von der Versicherungspflicht nach der gesetzlichen Neuregelung zu befreien, obwohl er nach seinem Vortrag die entsprechenden Anträge bereits gestellt hat und selbst davon ausgeht, dass er die Voraussetzungen der Übergangsregelung erfüllt. Insoweit verhält er sich mit Blick auf die erforderliche Eilbedürftigkeit widersprüchlich, denn eine stattgebende Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren entbindet nicht zugleich von der Verfolgung der Ansprüche in anhängigen Verwaltungs- und/oder Gerichtsverfahren.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur in Betracht, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig, dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs sowie ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gem. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht sind. Nach den Vorgaben des BVerfG in diesem Zusammenhang verlangt die Gewährung effektiven Rechtsschutzes grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ansonsten dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Dies gilt gleichfalls für Anfechtungs- wie für Vornahmesachen. Die Entscheidungen dürfen sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat dabei die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 06.08.2014 – 1 BvR 1453/12 –, zitiert nach juris). Dabei ist vom Grundsatz her zu beachten, dass die einstweilige Anordnung die endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen darf (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86 b Rn. 31).
Eine solche drohende oder bereits eingetretene Beeinträchtigung seiner Rechte hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller zumindest zum Zeitpunkt der Antragstellung und im Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwer und unzumutbar und anders nicht abwendbar beeinträchtigt ist oder wird, und eine solche Beeinträchtigung durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden könnte.
Dies gilt zunächst für die derzeit von seinem Arbeitgeber abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung, deren Erstattung der Antragsteller nach seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 23.03.2016 bereits für den Fall der Befreiung beantragt hat und deren Erstattung nach § 26 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) möglich ist. Eine gegenwärtige schwere und unzumutbare Beeinträchtigung hat der Antragsteller auch nicht aufgrund einer zusätzlichen finanziellen Belastung – etwa durch die Zahlung des Mindestbeitrages an das Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Baden-Württemberg – geltend und glaubhaft gemacht, da er weder behauptet noch belegt hat, dass diese zusätzliche finanzielle Belastung für ihn nicht hinnehmbar ist.
Der Antragsteller begründete die Eilbedürftigkeit der geforderten Entscheidung (Schriftsatz vom 11.02.2015) zudem bislang (nur) mit einem mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden zeit- und kostenintensiven Rechtsmittelverfahren, welches dazu führe, dass er - ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung - mit einem Versorgungsausfall aufgrund eines Beitragsausfalles für die Dauer von acht Jahren bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres rechnen müsse. Damit stellt der Antragsteller auf einen hypothetischen Geschehensablauf ab und postuliert, dass eine rechtskräftige Entscheidung vor Eintritt in den Ruhestand und ggfs. eine Rückabwicklung eventuell zu Unrecht gezahlter Beiträge nicht zu erwarten sei. Insoweit macht er aber keine derzeit bestehende Beeinträchtigung geltend, sondern eine in der Zukunft liegende, deren Eintritt derzeit völlig ungewiss und die mit Blick auf die gesetzliche Neuregelung zudem noch nicht einmal wahrscheinlich ist. Schließlich hat er weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass eine im Falle des Obsiegens in der Hauptsache mögliche Nachzahlung vom Versorgungswerk nicht anerkannt würde. Eine gegenwärtige unzumutbare und durch ein Hauptsacheverfahren nicht mehr zu behebende Beeinträchtigung vermag der Senat damit nicht als glaubhaft gemacht zu erkennen.
Es ist auch nicht unzumutbar, die gegebenenfalls erforderliche Rückabwicklung der Rentenversicherung bei der Antragsgegnerin abzuwarten und dafür die dazu erforderlichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchzuführen. Denn diese Verfahren wären auch dann durchzuführen, wenn er im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes obsiegte. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Unzumutbarkeit der Abführung von Beiträgen an die Antragsgegnerin weder zum Zeitpunkt der Einlegung des Antrages noch zum Zeitpunkt der Entscheidung, welcher zudem immer noch mehr als sechs Jahre vor der Vollendung des 65. Lebensjahres liegt, glaubhaft gemacht ist. Berücksichtigt man zudem, dass dem Antragsteller bereits bei Antragstellung bekannt gewesen ist, dass der Gesetzgeber eine Änderung der gesetzlichen Regelungen in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG beabsichtigte und diese Regelung nunmehr in Kraft ist, ist nicht ersichtlich, weshalb der Erlass einer einstweiligen Verfügung "gerade jetzt" erforderlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht obsiegt hat.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
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