L 11 KR 1174/16 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 3316/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1174/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 18.02.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe. Im zu Grunde liegenden Verfahren begehrt er die Gewährung von Krankengeld (Krg) für die Zeit vom 10.01. bis 03.06.2015.

Der 1952 geborene Kläger war bis 30.11.2012 als Kellner versicherungspflichtig beschäftigt und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Ab 01.12.2012 bezog er Arbeitslosengeld. Nach Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 20.11.2013 und Ende der Leistungsfortzahlung bezog der Kläger ab 04.12.2013 von der Beklagten Krg. Die Arbeitsunfähigkeit (AU) wurde durch den Orthopäden Dr. S. durchgehend bescheinigt zunächst mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, ab Januar 2014 mit Auszahlscheinen, zuletzt vom 25.11.2014 (AU voraussichtlich bis 23.12.2014) und vom 23.12.2014 (AU voraussichtlich bis 09.01.2015, Diagnose: PHS – Periarthritis humeroscapularis rechts).

Mit Bescheid vom 11.11.2014 hatte die Beklagte das Krg zum 09.11.2014 wegen des Nichtantritts einer Reha-Maßnahme versagt und darauf hingewiesen, dass die Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krg zu diesem Tag ende. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 20.05.2015 versicherte die Beklagte den Kläger, nachdem er auf entsprechende Nachfragen nicht reagiert, keinen anderweitigen Krankenversicherungsschutz nachgewiesen und keine freiwillige Krankenversicherung abgeschlossen hatte, ab 10.11.2014 obligatorisch nach § 188 Abs 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Für die Zeit vom 10.11.2014 bis 30.04.2015 seien Beiträge iHv 4.038,75 EUR angefallen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und verwies darauf, dass die Beendigung der Mitgliedschaft aufgrund der Versagung des Krg rechtswidrig sei.

Mit Bescheid vom 16.07.2015 half die Beklagte dem Widerspruch ab, nahm den Bescheid vom 11.11.2014 zurück und zahlte Krg für die Zeit vom 10.11.2014 bis 09.01.2015 nach. Die Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krg ende zum 09.01.2015. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Für den Fortbestand des Krg-Anspruches bedürfe es keiner weiteren Krankschreibung. Nach der Versagung von Krg mit Bescheid vom 11.11.2014 habe er seine Ärzte nicht mehr regelmäßig aufgesucht, da er davon ausgegangen sei, dass er entstehende Behandlungskosten selbst tragen müsse, da er nicht mehr krankenversichert sei. Er legte ein Attest von Dr. S. vom 17.08.2015 vor, wonach er vom 01.01.2015 bis heute durchgehend in seinem Beruf als Kellner nicht arbeitsfähig gewesen sei.

Mit weiterem Bescheid vom 16.07.2015 korrigierte die Beklagte die Anschlussversicherung, diese bestehe erst ab 10.01.2015. Für die Zeit vom 10.01.2015 bis 30.06.2015 seien Beiträge nach der Beitragsbemessungsgrenze iHv 4.067,69 EUR zu zahlen. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Mit weiterem Bescheid vom 30.07.2015 reduzierte die Beklagte nach Vorlage von Einkommensnachweisen die Beiträge und berechnete diese nunmehr nach der Mindestentgeltgrenze. Für den Zeitraum 10.01. bis 31.07.2015 forderte sie noch 1.095,38 EUR.

Am 18.09.2015 beantragte der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid. Mit Beschluss vom 14.10.2015 lehnte das SG den Antrag ab (S 8 KR 2563/15 ER), die Beschwerde des Klägers blieb erfolglos (LSG Baden-Württemberg 22.12.2015, L 5 KR 4779/15 ER-B).

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2015 wies die Beklagte den Widerspruch wegen der Zahlung von Krg über den 09.01.2015 hinaus zurück, da die AU nur bis 09.01.2015 nachgewiesen worden sei. Eine weitere ärztliche Feststellung sei nicht mehr erfolgt.

Hiergegen richtet sich die am 17.12.2015 zum SG erhobene Klage, für welche der Kläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Er macht geltend, § 46 SGB V regele lediglich die Entstehung des Anspruchs auf Krg. Hierfür reiche eine erste ärztliche Feststellung aus. Der Anspruch bestehe fort, solange die AU tatsächlich fortbestehe. Das Gesetz verlange nicht die Erfüllung weiterer Obliegenheiten durch den Versicherten. Das Berufen der Beklagten auf fehlende AU-Bescheinigungen sei widersprüchlich, willkürlich und rechtsmissbräuchlich, so dass sich der weitere Krg-Anspruch zumindest aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründe.

Mit Beschluss vom 18.02.2016 hat das SG die Gewährung von PKH für das Klageverfahren abgelehnt. Der Anspruch auf Krg setze die vorherige ärztliche Feststellung voraus. Bei zeitlich befristeter AU müssten die Voraussetzungen für jeden Bewilligungsabschnitt neu festgestellt werden. Nach dem Auszahlschein vom 23.12.2014 habe die Krankschreibung des Klägers am 09.01.2015 geendet. Eine neue Krankschreibung liege danach nicht vor. § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V sei strikt zu handhaben. Ausnahmen seien nur in engen Grenzen zulässig, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung durch Umstände verhindert oder verzögert worden sei, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzurechnen seien. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Dass der Kläger der Fehlvorstellung unterlegen habe, nach Ende des Krg-Bezugs nicht mehr krankenversichert zu sein, entbinde ihn nicht von der Obliegenheit, weitere AU-Feststellungen vor Fristablauf einzuholen. Dies gelte umso mehr, als er bereits im Dezember 2014 in einem Widerspruchsverfahren (gegen den Bescheid vom 11.11.2014) seinen Krg-Anspruch weiter verfolgt habe. Insoweit sei ihm zuzumuten, die Anspruchsvoraussetzungen durch Vorlage einer AU-Bescheinigung zu erfüllen. Im Übrigen sei der Kläger von der Beklagten über die Notwendigkeit des lückenlosen Nachweises informiert worden und habe die Kenntnisnahme mit seiner Unterschrift am 23.01.2014 bestätigt. Eine Beratungspflichtverletzung, die einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen könne, sei danach nicht ersichtlich.

Gegen den ihm am 24.02.2016 zugestellten Beschluss richtet sich die am 22.03.2016 beim SG eingelegte Beschwerde des Klägers. Dem SG könne nicht darin gefolgt werden, dass für einen Krg-Anspruch das Vorliegen lückenloser ärztlicher Bescheinigungen der AU erforderlich sei (unter Hinweis auf SG Speyer ua). Zudem habe der Kläger rückwirkend durch Attest von Dr. S. vom 17.08.2015 die ununterbrochene AU nachgewiesen. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 02.01.2015 dem Kläger auf seinen Auszahlschein vom 23.12.2014 mitgeteilt, sie werde kein weiteres Krg an ihn zahlen. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte ihm bereits mit Bescheid vom 11.11.2014 mitgeteilt hatte, er sei nicht mehr krankenversichert, habe sich der Kläger schlicht nicht mehr getraut, seine Ärzte weiterhin regelmäßig aufzusuchen, da er davon ausgegangen sei, die entstehenden Behandlungskosten selbst tragen zu müssen. Dieses Agieren der Beklagten könne nicht anders ausgelegt werden als Aufforderung an den Kläger, keine weiteren AU-Bescheinigungen dort einzureichen. Die Mitteilung der Beklagten vom 02.01.2015 sei unzutreffend und unvollständig gewesen, die Beklagte hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass die dortigen Folgen nur gälten, wenn keine weiteren AU-Bescheinigungen eingereicht würden. Zumindest unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei der Krg-Anspruch begründet.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 172 Abs 1, 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG), sie ist nicht gemäß § 172 Abs 3 Nr 2 SGG ausgeschlossen. Das SG hat nicht die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint, sondern die Bewilligung wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt.

Gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind keine überspannten Anforderungen zu stellen (ständige Rechtsprechung des Senats unter Hinweis auf BVerfG 13.03.1990, 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347, 357). Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung ist ua dann regelmäßig zu bejahen, wenn der Ausgang des Rechtsschutzverfahrens als offen zu bezeichnen ist. Zu beachten ist dabei, dass die Prüfung der Erfolgsaussicht nicht dazu dienen soll, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren zu verlagern. Dieses Verfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (BVerfG 02.03.2000, 1 BvR 2224/98, NJW 2000, 2098). PKH ist deshalb zu gewähren, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (vgl BVerfG 04.02.2004, 1 BvR 596/03, NJW 2004, 1789, 1790; Bundesgerichtshof (BGH), 10.12.1997, IV ZR 238/97, NJW 1998, 1154; Bundesfinanzhof (BFH), 27.11.1998, VI B 120/98, juris). Wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, kann die Gewährung von PKH allerdings abgelehnt werden, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (BVerfG, 11.03.2010, 1 BvR 365/09, NJW 2010, 1657 mwN). PKH kann des Weiteren verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BVerfG, 13.03.1990, 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das SG zu Recht die PKH-Bewilligung abgelehnt, da eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht vorliegt. Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt (§ 46 Satz 1 Nr 2 SGB V in der Fassung vom 17.7.2009, BGBl I 1990). Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krankengeld die vorherige ärztliche Feststellung der AU voraus.

Die Voraussetzungen eines Krankengeldanspruchs, also nicht nur die AU, sondern auch die ärztliche Feststellung der AU, müssen bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krankengeldgewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (BSG 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 12). Zudem muss der Versicherte die AU und deren Fortdauer grundsätzlich rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V melden (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr 1).

Die ärztliche Feststellung der AU ist keine reine Formalität, sondern Voraussetzung der Entstehung des Anspruchs auf Krankengeld. Mit dem Erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender AU sollen beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche Behauptung der AU und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen könnten. Als Regelfall geht das Gesetz davon aus, dass der in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigte Versicherte selbst die notwendigen Schritte unternimmt, um die mögliche AU feststellen zu lassen und seine Ansprüche zu wahren. Mit Blick darauf muss die AU nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der AU grundsätzlich rechtzeitig vor Ablauf der Befristung der bisherigen Attestierung ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden, wenn er das Erlöschen oder Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden will. Sowohl bei der ärztlichen Feststellung als auch der Meldung der AU handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Feststellung oder Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Regelmäßig ist danach die Regelung des § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V strikt zu handhaben (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04, BSGE 95, 219, SozR 4-2500 § 46 Nr 1; vgl auch BSG 10.05.2012, B 1 KR 20/11 R, juris; BSG 04.03.2014, B 1 KR 17/13 R, juris; BSG 16.12.2014, B1 KR 19/14 R, juris).

Das bei Entstehen eines Anspruchs auf Krankengeld bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat. Zwar endet nach § 190 Abs 12 SGB V die Mitgliedschaft der Bezieher von Arbeitslosengeld mit Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung bezogen wird. Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V blieb die Mitgliedschaft des Klägers nach Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld am 03.12.2013 über den Krg-Bezug bis 09.01.2015 erhalten. Danach liegt jedoch die erforderlich ärztliche Feststellung der AU nicht mehr vor. Eine rückwirkende Feststellung wie in dem Attest von Dr. S. vom 17.08.2015 ist nicht zulässig.

Anhaltspunkte für einen Sachverhalt, bei dem die AU-Feststellung für einen weiteren Bewilligungsabschnitt ausnahmsweise rückwirkend hätte nachgeholt werden können, liegen nicht vor (ua Senatsurteil vom 21.10.2014, L 11 KR 1242/14, juris). Es ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts weder Aufgabe des Arztes noch der Beklagten, einen Versicherten rechtzeitig vor Ablauf des schon festgestellten AU-Zeitraums auf die besondere gesetzliche Regelung und deren im Regelfall gravierende Folgen einer verspäteten AU-Feststellung hinzuweisen. Vielmehr ist eine rechtzeitige Folgefeststellung die Obliegenheit des Versicherten (ua BSG 16.12.2014, B 1 KR 19/14 R, juris). Selbst wenn Vertragsärzte unzutreffende rechtliche Hinweise oder Ratschläge geben, begründet dies keinen Krankengeldanspruch gegen die Beklagte (BSG 04.03.2014, B 1 KR 17/13 R, juris). Insbesondere rechtfertigt der Umstand, der Kläger sei davon ausgegangen, überhaupt nicht mehr krankenversichert zu sein und habe daher seine Ärzte nicht mehr aufgesucht, - die Richtigkeit dieses Vorbringens unterstellt - keine Annahme eines Ausnahmefalls, zumal der Kläger selbst im Rechtsbehelfsverfahren die Weiterzahlung des Krg anstrebte (ebenso LSG Baden-Württemberg 22.12.2105, L 5 KR 4779/15 ER-B). Die Beklagte verhält sich auch nicht widersprüchlich oder rechtsmissbräuchlich. Mit dem vom Kläger genannten Schreiben vom 02.01.2015 hat sie diesen darauf hingewiesen, dass eine weitere Krg-Zahlung nicht erfolgen könne mit Bezug auf den fehlenden Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krg. Dass überhaupt keine Krankenversicherung mehr bestehe, hatte die Beklagte nicht geäußert. Vielmehr hatte sie den Kläger ua durch Schreiben vom 23.01.2015 darauf hingewiesen, dass ab 10.11.2014 seine freiwillige Versicherung beginne, wenn er keinen anderweitigen Versicherungsschutz nachweise. Für die Gewährung von Krg auf der Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist nach alledem kein Raum.

Ein Anspruch auf Krg für die Zeit ab 10.01.2015 ergibt sich auch nicht aus § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V. Danach besteht, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet, Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Ein solcher nachgehender Anspruch kommt jedoch lediglich in Betracht, falls der Kläger ab 10.01.2015 nicht auf andere Weise Krankenversicherungsschutz genoss (vgl BSG 02.11.2007, B 1 KR 38/06 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 25). Denn der aus der früheren Mitgliedschaft abgeleitete Versicherungsschutz ist gegenüber Ansprüchen aus einem aktuellen Versicherungsverhältnis grundsätzlich nachrangig, auch wenn das im Wortlaut des § 19 Abs 2 SGB V unmittelbar nicht zum Ausdruck kommt (st Rspr BSG 07.05.2002, B 1 KR 24/01 R, BSGE 89, 254 = SozR 3-2500 § 19 Nr 5). Daran fehlt es hier jedoch, denn der Kläger war ab dem 10.01.2015 im Wege der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs 4 SGB V (ohne Anspruch auf Krg) krankenversichert. § 188 Abs 4 Satz 3 SGB V steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift gilt Satz 1 nicht, wenn ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs 2 SGB V besteht, sofern im Anschluss daran das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird. Im Rahmen dieses Konkurrenzverhältnisses ist eine Prognose anzustellen, dass spätestens nach Ablauf eines Monats eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erfolgen werde (vgl Felix in juris-PK SGB V, § 188 RdNr 22 und § 5 RdNr 93). Für eine anderweitige Absicherung nach spätestens einem Monat, zB durch ein neues Beschäftigungsverhältnis, bestehen im vorliegenden Fall allerdings keinerlei Anhaltspunkte. Es bleibt daher dabei, dass die freiwillige Mitgliedschaft am 10.01.2015 beginnt.

Abgesehen von alledem ist auch zweifelhaft, ob überhaupt AU im streitigen Zeitraum bestand. Wie das Attest von Dr. S. vom 17.08.2015 nahelegt, ist dieser offenbar von dem maßgeblichen Bezugsberuf als Kellner bei Beurteilung der AU ausgegangen. Dies ist jedoch unzutreffend, da der Kläger zuletzt als Arbeitsloser über den Leistungsbezug nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V pflichtversichert war. Maßstab für die Beurteilung der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten in der Krankenversicherung der Arbeitslosen sind auch in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit alle Beschäftigungen, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat und die ihm arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind (BSG 22.03.2005, B 1 KR 22/04 R, BSGE 94, 247, SozR 4-2500 § 44 Nr 6; 04.04.2006, B 1 KR 21/05 R, BSGE 96, 182, SozR 4-2500 § 44 Nr 9). Einen darüber hinausgehenden krankenversicherungsrechtlichen "Berufsschutz" gibt es nicht. Nicht abzustellen ist daher auf die frühere Beschäftigung als Kellner. Ob der Kläger in der Zeit vom 10.01. bis 03.06.2015 in der Lage gewesen ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts vollschichtig zu verrichten, ist nicht geklärt. Hierauf kommt es jedoch auch nicht an, da schon die die fehlende ärztliche Feststellung der AU dem Anspruch entgegen steht.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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