Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 163 U 76/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 90/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind für das gesamte Sozialstreitverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) als Unfallfolge.
Die 1950 geborene Klägerin wurde als stellvertretende Filialleiterin eines Supermarkts in S am 04. August 2008 gegen 05.45 Uhr beim Öffnen des Geschäfts zusammen mit zwei Mitarbeiterinnen von drei maskierten Personen überfallen, mit dem Messer bedroht und hektisch durch den Supermarkt gestoßen. Die maskierten Personen verlangten fortwährend die Herausgabe der Tresorschlüssel und durchwühlten Taschen, zerstörten Mobiltelefone, das Festnetztelefon des Supermarkts und öffneten gewaltsam Metallschränke. Anschließend wurde die Klägerin mit ihren Kolleginnen im Bürocontainer des Supermarkts eingesperrt, aus welchem sie sich später selbst befreien konnte.
Laut Durchgangsarztbericht (DAB) vom 04. August 2008 wurde die Klägerin am Tattag gegen 10.07 Uhr nach polizeilicher Vernehmung und notärztlicher Untersuchung vor Ort von ihrem Ehemann in die durchgangsärztliche Behandlung des Chirurgen Dr. P gebracht, welcher feststellte, dass die Klägerin sehr aufgeregt war, und bei ihr einen psychischen Ausnahmezustand nach Überfall diagnostizierte. Die Klägerin stellte sich am 08. August 2008 abermals Dr. P vor, welcher im Zwischenbericht vom 08. August 2008 festhielt, dass sich bei ihr eine ausgeprägte Angstneurose manifestiert habe. Sie könne nicht längere Strecken Auto fahren. Sie sei nach ihrem Bericht seit zwei Jahren wegen Angststörungen in psychologischer Behandlung. Laut Zwischen-/ Abschlussbericht zur psychologischen Akutintervention nach Gewaltereignissen von Dipl.-Psych. A vom 13. August 2008 lagen Anzeichen für frühere relevante traumatische Erfahrungen im familiären Umfeld der Klägerin vor. Sie habe im Zeitpunkt des Interventionsgesprächs noch sichtlich unter dem Eindruck des Ereignisses vom 04. August 2008 gestanden. Sie habe über Symptome eines gesteigerten Erregungsniveaus wie Unruhezustände, Schreckhaftigkeit und Konzentrationsstörungen berichtet. Es bestehe zudem ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis. Hinzukämen Intrusionen, d.h. sich aufdrängende stark belastende Erinnerungen an das Erlebte, und zwar auch in Form von Bildern. Die Klägerin berichte, nicht in der Lage zu sein, das Haus allein zu verlassen; wenn sie allein bleiben müsse, verriegele sie alle Türen. Sie befinde sich seit längerem in psychotheraupeutischer Behandlung und gebe an, dass das Ereignis sie bzgl. der dort erzielten Fortschritte stark zurückgeworfen habe. Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse der Klägerin vom 03. September 2008 bei, ferner einen psychischen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Psychotherapeuten Dipl-Psych. E vom 29. August 2008, welcher über Schock, Schwindel, Übelkeit, Nasendruck und eine Verschlimmerung der Symptome am Folgetag des Überfalls mit Schlaflosigkeit, Stirnhöhlendruck, Rauschen, Pfeifen in den Ohren, tiefer emotionaler Verunsicherung, Angst, unsicherem Gang und immer wiederkehrenden Flashbacks berichtete; frühere Beschwerden seien Somatisierungen mit Kopf- und Rückenschmerzen, psychisch wiederkehrende Verunsicherung und Ängste. Die vorläufigen Diagnosen seien nunmehr PTBS, Somatisierungsstörung, Schlafstörung. Anzumerken sei, dass nach zwei vorausgegangenen Traumatisierungen durch Täter im Supermarktbereich in den Jahren 1995 und 1997 aktuell vermehrte Flashbacks einträten. Unter dem 29. August 2008 erstellte Dipl.-Psych. E zudem eine an Dr. P gerichtete psychotherapeutische Stellungnahme und unter dem 01. September 2008 einen Abschlussbericht, ferner unter dem 19. Dezember 2008 und 19. März 2009 aktuelle Befund- und Verlaufsberichte.
Die Klägerin wurde am 01. Oktober 2008 zur berufsgenossenschaftlichen stationären Weiterbehandlung (BGSW) bis zum 05. November 2008 in die M Klinik G aufgenommen, vgl. BGSW-Entlassungsbericht vom 03. November 2008 und Bericht über die stationäre Verhaltenstherapie vom 30. Oktober 2008.
Die Beklagte holte – mit Zustimmung der Klägerin – bei Dipl.-Psych. W ein u.a. auf der Verwendung von Selbstbeschreibungsfragebögen beruhendes Zusammenhangsgutachten vom 02. März 2009 ein, wonach bei der Klägerin unfallbedingt eine PTBS und eine Somatisierungsstörung vorlägen. Vor dem Unfallzeitpunkt habe keine psychisch relevante Erkrankung vorgelegen. Ab dem 06. Mai 2009 unterzog sich die Klägerin auf Initiative der Beklagten in der Klinik am – Fachklinik für Psychosomatische Medizin, Zentrum für Psychotraumatherapie – einer stationären psychosomatischen Behandlung, vgl. Verlaufsbericht vom 13. Mai 2009, mit den unfallabhängigen Diagnosen Anpassungsstörungen, Angst und depressive Reaktion gemischt, Schlafstörungen und den unfallunabhängigen Diagnosen Somatisierungsstörung, generalisierte Angststörung, absolute Arythmie bei Vorhofflimmern u.a ... Durch den Überfall sei es zu einer Reaktualisierung und Verstärkung von vorbestehenden körperbezogenen Beschwerden und Ängsten gekommen. Darüber hinaus sei es zur Ausbildung einer Übererregungssymptomatik und von Vermeidungsverhalten gekommen. Neben der Überfallsituation habe die durch den Überfall reaktualisierte langjährige Mobbingsituation am Arbeitsplatz zu einer weiteren Symptomverstärkung geführt. Laut Entlassungsbericht vom 13. Juli 2009 wurde die Klägerin am 01. Juli 2009 als unfallabhängig nicht mehr behandlungsbedürftig und vollschichtig arbeitsfähig in ihrer letzten Tätigkeit als Verkäuferin entlassen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 07. September 2009 die Gewährung von Heilbehandlung und Verletztengeld wegen der Folgen des Überfalls vom 04. August 2008 über den 01. Juli 2009 hinaus ab und verwies zur Begründung auf das im Entlassungsbericht enthaltene Ergebnis der stationären Behandlung in der Klinik am W. Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 05. Oktober 2009 Widerspruch. Zur Begründung legte sie u.a. einen aktuellen Befund- und Verlaufsbericht von Dipl.-Psych. E vom 29. November 2009 und ein ärztliches Attest ihrer HNO-Ärztin vom 1. Dezember 2009 vor, wonach infolge des Unfalls bei ihr ein immer stärker werdender Tinnitus zu verzeichnen gewesen sei, was durch das ständige Mobbing am Arbeitsplatz verstärkt werde. Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme der psychologischen Psychotherapeutin Dr. M vom 30. Dezember 2009 ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2010 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat ihr zunächst auf die Gewährung von Verletztengeld und Heilbehandlungskosten gerichtetes Begehren mit der am 16. Februar 2010 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Die Traumaverarbeitung in der Klinik am W sei misslungen. Sie sei nach Wiederaufnahme ihrer Arbeit in der Filiale, in welcher sich der Überfall ereignet habe, am 18. Januar 2010 infolge erneuten Mobbings ihrer Kollegen wieder ab dem 19. Januar 2010 arbeitsunfähig erkrankt. Sie hat ferner einen ärztlichen Entlassungsbericht über eine vom 28. September bis zum 26. Oktober 2011 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme bei der A Klinik W u.a. mit der Diagnose schwere PTBS und einen Arztbrief der C vom 19. Dezember 2012 vorgelegt.
Das SG hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und ein aktuelles Vorerkrankungsverzeichnis ihrer Krankenkasse eingeholt, aus welchem sich u.a. für die Jahre 2006 und 2007 Arbeitsunfähigkeitszeiten und diverse stationäre Krankenhausbehandlungen unter den Diagnosen generalisierte Angststörung, mittelgradige depressive Episode, psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol mit akuter Intoxikation, somatoforme Störungen und Kuren unter den Diagnosen rezidivierende depressive Störung, ggf. mit Angst gemischt, kombinierte und andere Persönlichkeitsstörung ergeben. Das SG hat hierauf Arztbriefe des T-Werks vom 09. März 2007 und 17. März 2008 über eine vom 19. Januar bis zum 24. Februar 2007 und vom 27. Dezember 2007 bis zum 06. Februar 2008 durchlaufene stationäre Krankenhausbehandlung der Klägerin unter den Diagnosen generalisierte Angststörung, Somatisierungsstörung, rezidivierende Störung beigezogen.
Das SG hat das auf ambulanter Untersuchung der Klägerin beruhende schriftliche Sachverständigengutachten des Nervenarztes Dr. M vom 13. April 2011 eingeholt. Bei der Klägerin hat er auf psychiatrischem Fachgebiet – unfallunabhängig - eine generalisierte Angststörung und eine Agoraphobie sowie – unfallabhängig – eine abgeklungene Anpassungsstörung festgestellt. Eine PTBS hat er jedenfalls mangels Erfüllung des sog. D-Kriteriums ausgeschlossen. Die Angabe der Klägerin, dass sich die Angstsymptomatik mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum Überfall verstärkt habe, spreche deutlich für eine unfallunabhängige Ursache. Die vorbestehende generalisierte Angst habe sich mit der Zeit unfallunabhängig verstärkt und die Themen des Überfalls ausgestaltend übernommen, was ursächlich mit dem ursprünglichen Auslöser nichts mehr zu tun habe. Insofern sei eine Verschiebung der Wesensgrundlage eingetreten, welche sich nach den Behandlungsberichten der Klinik am W auf die Zeit bis zum 01. Juli 2009 datieren lasse. Die tatsächlich durch die abgeklungene Anpassungsstörung hervorgerufenen Funktionsstörungen seien im Vergleich zu den beiden übrigen psychischen Leiden unbedeutend. Die durch die Verschiebung der Wesensgrundlage noch vorhandenen einzelnen psychotraumatischen Symptome würden durch die unfallunabhängige generalisierte Angststörung weitergeführt ohne ursächlich mit dem Unfall zusammenzuhängen. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei auf unter 10 vom Hundert (v.H.) zu veranschlagen. Das SG hat Dr. M unter dem 22. März 2012 ergänzend Stellung nehmen lassen. Auf Antrag der Klägerin hat das SG das auf ambulanter Untersuchung beruhende schriftliche Sachverständigengutachten der Nervenärztin von L vom 21. Januar 2013 eingeholt. Diese hat bei der Klägerin unter Verwendung von Selbstbeurteilungsfragebögen eine PTBS mit Somatisierungsstörung und phobischer Störung auf dem Boden einer depressiven Grundstörung diagnostiziert. Die PTBS sei auf den Überfall zurückzuführen. Zwischen der Klägerin und Dr. M sei es bei der Begutachtung wohl zu einer negativen Gegenübertragung gekommen. Zwar habe die Klägerin schon vor dem Unfall unter psychischen Problemen gelitten, diese aber bis zum Unfall kompensieren können, wozu sie nach dem Unfall nicht mehr imstand gewesen sei.
Das SG hat mit Urteil vom 27. Mai 2014 der zuletzt auf die Feststellung einer PTBS als Folge des Arbeitsunfalls vom 04. August 2008 gerichteten Klage stattgegeben und sich bzgl. der Zusammenhangsfrage den Erwägungen der Sachverständigen von Leitner angeschlossen. Dr. M habe sich bei der zeitlichen Bestimmung der PTBS-Kriterien nicht hinreichend an den zeitnah nach dem Überfall erhobenen psychischen Befunden orientiert. Dr. M habe zudem seine gegen einen Unfallzusammenhang sprechende Annahme nicht belegt, dass psychische Unfallfolgen in der Regel mit zeitlichem Abstand zum auslösenden Ereignis abnehmen würden.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 10. Juni 2014 zugestellte Urteil am 16. Juni 2014 Berufung eingelegt und sich kritisch mit dem schriftlichen Gutachten der Sachverständigen von Leitner auseinandergesetzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat ergänzende Stellungnahmen der Sachverständigen Dr. M vom 06. November 2014 und von L vom 22. April 2015 beigezogen. Letztere hat die Klägerin noch einmal ambulant untersucht. Die Beteiligten haben hierzu mit Schreiben vom 28. Mai 2015 und vom 26. Juni 2015 ergänzend Stellung genommen; die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. M vom 18. Juni 2015 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht festgestellt, dass eine PTBS Folge des Überfalls von 04. August 2008 ist. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erscheinen insofern rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht.
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der wiederholten Formulierung "infolge" – vgl. §§ 8 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1, 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII - das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Unfalls bzw. seiner Folgen mit der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Die Frage nach diesem Zurechnungszusammenhang stellt sich auf drei Ebenen, nämlich als Unfallkausalität zwischen ausgeübter Tätigkeit und Unfallereignis, als haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden und als haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheitserstschaden und längerandauernden Unfallfolgen (BSG, a.a.O., Rn. 10; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 1.4, S. 21 f.). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20).
Zwar handelt es sich bei dem Ereignis vom 04. August 2008 zweifellos um einen Unfall i.S.v. § 8 Abs. 1 SGB VII, bei welchem die Klägerin offenbar einen Schock als Gesundheitserstschaden davon trug, wie sich bereits aus dem DAB von Dr. P vom Tattag ergibt. Die Klägerin stand hierbei auch gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Jedoch ist der Senat nicht gem. § 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) davon überzeugt, dass bei der Klägerin eine PTBS besteht, welche mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen auf den Unfall vom 04. August 2008 zurückzuführen wäre. Der Senat schließt sich den auf einer umfassenden Befunderhebung beruhenden, im Wesentlichen schlüssigen Ausführungen von Dr. M in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 13. April 2011 sowie in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 22. März 2012 und 06. November 2014 an. Dieser hat bei der Klägerin mit überzeugenden Gründen eine PTBS ausgeschlossen und im Übrigen in den bei der Klägerin festgestellten anhaltenden psychischen Erkrankungen (generalisierte Angststörung, Agoraphobie) keine im Wesentlichen auf den Unfall vom 04. August 2008 zurückzuführenden Gesundheitsbeschränkungen gesehen.
Soweit die von der Klägerin benannte Sachverständige von Lin ihrem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 21. Januar 2013 und in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 22. April 2015 eine PTBS annimmt und eine solche im Wesentlichen auf den Unfall vom 04. August 2008 zurückführt, überzeugt dies nicht. Es ist bereits nicht bewiesen, dass überhaupt eine PTBS vorliegt. Die Diagnose lässt sich weder nach dem amerikanischen Klassifikationssystemen DSM IV noch nach dem internationalen Klassifikationssystem ICD-10 zur Überzeugung des Senats stellen.
Es fehlt nach beiden Klassifikationssystemen zwar nicht bereits an dem für die Diagnose einer PTBS erforderlichen so genannten A-Kriterium, wonach gemäß DSM IV die Person mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert sein muss, welches dazu führte, dass die Person eines oder mehrere Ereignisse erlebte, beobachtete oder mit einem oder mehreren Ereignissen konfrontiert war, die tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte Verletzung oder eine Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen enthielten, wobei die Person mit intensiver Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen reagierte. Dieses Kriterium wird im einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttum dahingehend verstanden, dass Auslöser ein traumatisches Ereignis von besonderer Qualität mit einem extremen Belastungsfaktor (nach DSM IV lebensbedrohlich) sein muss (Schönberger et al., a.a.O., 5.1.3 Seite 144; eine andere Deutung nimmt Foerster, in: MED SACH 106 1/2010, S. 16 (18) vor). Nach ICD-10 müssen die Betroffenen einem kurz oder lang dauernden Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß ausgesetzt seien, dass nahezu bei jedem tief greifende Verzweiflung auslösen würde. Nach alldem kommen als Stressoren in Betracht: Ernsthafte Bedrohung oder Schädigung der eigenen körperlichen Integrität, des Ehepartners, der Kinder, naher Verwandter oder Freunde, plötzliche Zerstörung des Zuhauses, erleben eines Unfalls bzw. Todes anderer (Schönberger et al., ebd). Hieran gemessen war die Klägerin bei dem durch körperliche Bedrohung und Ausgeliefertsein geprägten Überfall wohl einem geeigneten Geschehen ausgesetzt.
Allerdings bestehen bereits Zweifel bzgl. der tatsächlichen Voraussetzungen des so genannten B-Kriteriums, welches sich sowohl nach ICD-10 als auch nach DSM IV als intrusives (aufdringliches) Wiedererleben beschreiben lässt. Das B-Kriterium setzt voraus, dass Alpträume, sich aufdrängende Erinnerungen oder Flashbacks vorliegen, wobei Intrusionen und Flashbacks als entscheidende Leitsymptome anzusehen sind. Dieses Phänomen muss diagnostisch eng gefasst werden. Unspezifische psychische Reaktionen, etwa Gedanken an das Ereignis, Erinnerungen, dem Ereignis nachzuhängen oder darüber nachzugrübeln, reichen nicht aus (Foerster, a.a.O., S. 16 (18)). Demgegenüber hat die Klägerin gegenüber Dr. M nur Traumfetzen von den Tätern berichtet. Aufgrund welcher tatsächlichen Feststellungen die Sachverständige von L von Flashbacks etc. ausgeht, erschließt sich anhand ihres schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 21. Januar 2013 nicht; in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 22. April 2013 fehlen Angaben zum Inhalt der von der Klägerin berichteten Alpträume und Einzelheiten der Art des Wiedererlebens im Wachzustand.
Zwar mag indessen das sog. C- Kriterium (Vermeidung traumarelevanter Reize bzw. reduzierte emotionale Reagibilität) im Fall der Klägerin wiederum durchaus erfüllt sein; allerdings bestehen durchgreifende Zweifel am Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des sog. D-Kriteriums, welches zudem am unspezifischsten ist (Foerster, ebd.). Das D-Kriterium bezeichnet nach ICD-10 die teilweise oder vollständige Unfähigkeit, sich an einige wichtige Aspekte des belastenden Erlebnisses zu erinnern oder anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und (nach DSM IV nur) eine Erregungssymptomatik, wobei mindestens zwei der folgenden Merkmale erfüllt sein müssen: Ein- und Durchschlafstörungen, erhöhte Schreckhaftigkeit, Hypervigilanz, Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit und Wutausbrüche. Soweit etwa die Sachverständige von L hiervon ausgehend auf Schlafstörungen verweist, nimmt sie keine Abgrenzung zu den bereits etwa ausweislich des Arztbriefs des T-Werks vom 17. März 2008 bereits vor dem Unfall bestehenden Schlafstörungen vor. Kurzerhand bejaht die Sachverständige auch erhöhte Reizbarkeit, Hypervigilanz und erhöhte Schreckhaftigkeit, ohne dies mit einem einschlägigen klinischen psychischen Befund zu belegen. Derartige Symptome berichtet insbesondere auch nicht der seinerzeit behandelnde Psychotherapeut E in seinem für die Beklagte unter dem 29. August 2008 erstellten Befundbericht. Dementsprechend vermag auch Dr. M keine hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte für das D-Kriterium zu erkennen. Anzeichen für eine starke vegetative Erregung und emotionale Anspannung beim Bericht über das Ereignis, etwa Beschleunigung des Pulsschlages, Erröten, Schwitzen etc., haben die Sachverständigen nicht beschrieben. Der bloße Verweis der Sachverständigen von Lauf das anhand des SKID-Fragenkatalogs geführte Interview überzeugt den Senat vor diesem Hintergrund nicht.
Die psychiatrischen Diagnosen der Sachverständigen von L stützen sich zudem in methodisch fragwürdiger Weise zum Teil auf Selbstbeschreibungsfragebögen, die für Gutachten nicht validiert sind (vgl. etwa Schönberger et al., a.a.O., Kap. 5.1.11, S. 148 und Kap. 5.5.8, S. 218). Zudem relativiert die Sachverständige die Ergebnisse nicht und weist auch nicht auf die nur bedingte Aussagekraft dieser Bögen hin. Auch eine kritische Überprüfung der per Selbstbeschreibungsfragebögen erzielten Ergebnisse lässt sich ihrem Gutachten nicht entnehmen. Darüber hinaus wird im von ihr erhobenen und nur äußerst knapp beschriebenen psychischen Befund nicht klar genug zwischen den Angaben der Klägerin und der objektiven Einschätzung des Untersuchers getrennt, was den Aussagewert der Befunde ebenfalls schmälert (vgl. Schönberger et al., a.a.O., Kap. 5.1.11, S. 148 und Kap. 5.5.8.1, S. 218).
Warum sie im Unfall und nicht in unfallfremden Umständen (psychische Vorerkrankung, Mobbing-Situation am Arbeitsplatz) die wesentlichen Faktoren für das Fortbestehen psychischer Beeinträchtigungen erkennt, führt die Sachverständige L ebenfalls nicht plausibel aus, obwohl insbesondere bei länger anhaltenden psychoreaktiven Gesundheitsstörungen zu prüfen ist, ob und inwieweit auch der weitere Verlauf noch rechtlich wesentlich auf die ursprünglichen Reaktionen zurückzuführen ist und nicht vielmehr Begehrensvorstellungen oder sonstige aus der Psyche wirkende Kräfte so weit in den Vordergrund treten, dass sie für den weiteren Verlauf die rechtlich allein wesentliche Ursache bilden (Verschiebung der Wesensgrundlage, vgl. Schönberger et al., a.a.O., Kap. 5.1.14.1, S. 153). Eben letzteres nimmt der Sachverständige Dr. M überzeugend an. Die Sachverständige von L hebt mit ihren Kausalitätserwägungen hingegen im Wesentlichen vorschnell von der Annahme ab, die Klägerin habe es bis zum Unfall vermocht, ihre vorbestehenden psychischen Beeinträchtigungen zu kompensieren. Dies erschließt sich schon angesichts des Umstands nicht, dass sich die Klägerin in den Jahren 2007 und 2008 wegen ihrer vorbestehenden psychischen Erkrankungen (generalisierte Angststörung, Somatisierungsstörung, rezidivierende depressive Störung) zwei mehrwöchigen stationären Krankenhausbehandlungen unterzog, vgl. Berichte des T-Werks vom 09. März 2007 und 17. März 2008, und das Vorerkrankungsverzeichnis überdies mehrwöchige Arbeitsunfähigkeitszeiten ausweist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) als Unfallfolge.
Die 1950 geborene Klägerin wurde als stellvertretende Filialleiterin eines Supermarkts in S am 04. August 2008 gegen 05.45 Uhr beim Öffnen des Geschäfts zusammen mit zwei Mitarbeiterinnen von drei maskierten Personen überfallen, mit dem Messer bedroht und hektisch durch den Supermarkt gestoßen. Die maskierten Personen verlangten fortwährend die Herausgabe der Tresorschlüssel und durchwühlten Taschen, zerstörten Mobiltelefone, das Festnetztelefon des Supermarkts und öffneten gewaltsam Metallschränke. Anschließend wurde die Klägerin mit ihren Kolleginnen im Bürocontainer des Supermarkts eingesperrt, aus welchem sie sich später selbst befreien konnte.
Laut Durchgangsarztbericht (DAB) vom 04. August 2008 wurde die Klägerin am Tattag gegen 10.07 Uhr nach polizeilicher Vernehmung und notärztlicher Untersuchung vor Ort von ihrem Ehemann in die durchgangsärztliche Behandlung des Chirurgen Dr. P gebracht, welcher feststellte, dass die Klägerin sehr aufgeregt war, und bei ihr einen psychischen Ausnahmezustand nach Überfall diagnostizierte. Die Klägerin stellte sich am 08. August 2008 abermals Dr. P vor, welcher im Zwischenbericht vom 08. August 2008 festhielt, dass sich bei ihr eine ausgeprägte Angstneurose manifestiert habe. Sie könne nicht längere Strecken Auto fahren. Sie sei nach ihrem Bericht seit zwei Jahren wegen Angststörungen in psychologischer Behandlung. Laut Zwischen-/ Abschlussbericht zur psychologischen Akutintervention nach Gewaltereignissen von Dipl.-Psych. A vom 13. August 2008 lagen Anzeichen für frühere relevante traumatische Erfahrungen im familiären Umfeld der Klägerin vor. Sie habe im Zeitpunkt des Interventionsgesprächs noch sichtlich unter dem Eindruck des Ereignisses vom 04. August 2008 gestanden. Sie habe über Symptome eines gesteigerten Erregungsniveaus wie Unruhezustände, Schreckhaftigkeit und Konzentrationsstörungen berichtet. Es bestehe zudem ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis. Hinzukämen Intrusionen, d.h. sich aufdrängende stark belastende Erinnerungen an das Erlebte, und zwar auch in Form von Bildern. Die Klägerin berichte, nicht in der Lage zu sein, das Haus allein zu verlassen; wenn sie allein bleiben müsse, verriegele sie alle Türen. Sie befinde sich seit längerem in psychotheraupeutischer Behandlung und gebe an, dass das Ereignis sie bzgl. der dort erzielten Fortschritte stark zurückgeworfen habe. Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse der Klägerin vom 03. September 2008 bei, ferner einen psychischen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Psychotherapeuten Dipl-Psych. E vom 29. August 2008, welcher über Schock, Schwindel, Übelkeit, Nasendruck und eine Verschlimmerung der Symptome am Folgetag des Überfalls mit Schlaflosigkeit, Stirnhöhlendruck, Rauschen, Pfeifen in den Ohren, tiefer emotionaler Verunsicherung, Angst, unsicherem Gang und immer wiederkehrenden Flashbacks berichtete; frühere Beschwerden seien Somatisierungen mit Kopf- und Rückenschmerzen, psychisch wiederkehrende Verunsicherung und Ängste. Die vorläufigen Diagnosen seien nunmehr PTBS, Somatisierungsstörung, Schlafstörung. Anzumerken sei, dass nach zwei vorausgegangenen Traumatisierungen durch Täter im Supermarktbereich in den Jahren 1995 und 1997 aktuell vermehrte Flashbacks einträten. Unter dem 29. August 2008 erstellte Dipl.-Psych. E zudem eine an Dr. P gerichtete psychotherapeutische Stellungnahme und unter dem 01. September 2008 einen Abschlussbericht, ferner unter dem 19. Dezember 2008 und 19. März 2009 aktuelle Befund- und Verlaufsberichte.
Die Klägerin wurde am 01. Oktober 2008 zur berufsgenossenschaftlichen stationären Weiterbehandlung (BGSW) bis zum 05. November 2008 in die M Klinik G aufgenommen, vgl. BGSW-Entlassungsbericht vom 03. November 2008 und Bericht über die stationäre Verhaltenstherapie vom 30. Oktober 2008.
Die Beklagte holte – mit Zustimmung der Klägerin – bei Dipl.-Psych. W ein u.a. auf der Verwendung von Selbstbeschreibungsfragebögen beruhendes Zusammenhangsgutachten vom 02. März 2009 ein, wonach bei der Klägerin unfallbedingt eine PTBS und eine Somatisierungsstörung vorlägen. Vor dem Unfallzeitpunkt habe keine psychisch relevante Erkrankung vorgelegen. Ab dem 06. Mai 2009 unterzog sich die Klägerin auf Initiative der Beklagten in der Klinik am – Fachklinik für Psychosomatische Medizin, Zentrum für Psychotraumatherapie – einer stationären psychosomatischen Behandlung, vgl. Verlaufsbericht vom 13. Mai 2009, mit den unfallabhängigen Diagnosen Anpassungsstörungen, Angst und depressive Reaktion gemischt, Schlafstörungen und den unfallunabhängigen Diagnosen Somatisierungsstörung, generalisierte Angststörung, absolute Arythmie bei Vorhofflimmern u.a ... Durch den Überfall sei es zu einer Reaktualisierung und Verstärkung von vorbestehenden körperbezogenen Beschwerden und Ängsten gekommen. Darüber hinaus sei es zur Ausbildung einer Übererregungssymptomatik und von Vermeidungsverhalten gekommen. Neben der Überfallsituation habe die durch den Überfall reaktualisierte langjährige Mobbingsituation am Arbeitsplatz zu einer weiteren Symptomverstärkung geführt. Laut Entlassungsbericht vom 13. Juli 2009 wurde die Klägerin am 01. Juli 2009 als unfallabhängig nicht mehr behandlungsbedürftig und vollschichtig arbeitsfähig in ihrer letzten Tätigkeit als Verkäuferin entlassen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 07. September 2009 die Gewährung von Heilbehandlung und Verletztengeld wegen der Folgen des Überfalls vom 04. August 2008 über den 01. Juli 2009 hinaus ab und verwies zur Begründung auf das im Entlassungsbericht enthaltene Ergebnis der stationären Behandlung in der Klinik am W. Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 05. Oktober 2009 Widerspruch. Zur Begründung legte sie u.a. einen aktuellen Befund- und Verlaufsbericht von Dipl.-Psych. E vom 29. November 2009 und ein ärztliches Attest ihrer HNO-Ärztin vom 1. Dezember 2009 vor, wonach infolge des Unfalls bei ihr ein immer stärker werdender Tinnitus zu verzeichnen gewesen sei, was durch das ständige Mobbing am Arbeitsplatz verstärkt werde. Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme der psychologischen Psychotherapeutin Dr. M vom 30. Dezember 2009 ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2010 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat ihr zunächst auf die Gewährung von Verletztengeld und Heilbehandlungskosten gerichtetes Begehren mit der am 16. Februar 2010 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Die Traumaverarbeitung in der Klinik am W sei misslungen. Sie sei nach Wiederaufnahme ihrer Arbeit in der Filiale, in welcher sich der Überfall ereignet habe, am 18. Januar 2010 infolge erneuten Mobbings ihrer Kollegen wieder ab dem 19. Januar 2010 arbeitsunfähig erkrankt. Sie hat ferner einen ärztlichen Entlassungsbericht über eine vom 28. September bis zum 26. Oktober 2011 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme bei der A Klinik W u.a. mit der Diagnose schwere PTBS und einen Arztbrief der C vom 19. Dezember 2012 vorgelegt.
Das SG hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und ein aktuelles Vorerkrankungsverzeichnis ihrer Krankenkasse eingeholt, aus welchem sich u.a. für die Jahre 2006 und 2007 Arbeitsunfähigkeitszeiten und diverse stationäre Krankenhausbehandlungen unter den Diagnosen generalisierte Angststörung, mittelgradige depressive Episode, psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol mit akuter Intoxikation, somatoforme Störungen und Kuren unter den Diagnosen rezidivierende depressive Störung, ggf. mit Angst gemischt, kombinierte und andere Persönlichkeitsstörung ergeben. Das SG hat hierauf Arztbriefe des T-Werks vom 09. März 2007 und 17. März 2008 über eine vom 19. Januar bis zum 24. Februar 2007 und vom 27. Dezember 2007 bis zum 06. Februar 2008 durchlaufene stationäre Krankenhausbehandlung der Klägerin unter den Diagnosen generalisierte Angststörung, Somatisierungsstörung, rezidivierende Störung beigezogen.
Das SG hat das auf ambulanter Untersuchung der Klägerin beruhende schriftliche Sachverständigengutachten des Nervenarztes Dr. M vom 13. April 2011 eingeholt. Bei der Klägerin hat er auf psychiatrischem Fachgebiet – unfallunabhängig - eine generalisierte Angststörung und eine Agoraphobie sowie – unfallabhängig – eine abgeklungene Anpassungsstörung festgestellt. Eine PTBS hat er jedenfalls mangels Erfüllung des sog. D-Kriteriums ausgeschlossen. Die Angabe der Klägerin, dass sich die Angstsymptomatik mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum Überfall verstärkt habe, spreche deutlich für eine unfallunabhängige Ursache. Die vorbestehende generalisierte Angst habe sich mit der Zeit unfallunabhängig verstärkt und die Themen des Überfalls ausgestaltend übernommen, was ursächlich mit dem ursprünglichen Auslöser nichts mehr zu tun habe. Insofern sei eine Verschiebung der Wesensgrundlage eingetreten, welche sich nach den Behandlungsberichten der Klinik am W auf die Zeit bis zum 01. Juli 2009 datieren lasse. Die tatsächlich durch die abgeklungene Anpassungsstörung hervorgerufenen Funktionsstörungen seien im Vergleich zu den beiden übrigen psychischen Leiden unbedeutend. Die durch die Verschiebung der Wesensgrundlage noch vorhandenen einzelnen psychotraumatischen Symptome würden durch die unfallunabhängige generalisierte Angststörung weitergeführt ohne ursächlich mit dem Unfall zusammenzuhängen. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei auf unter 10 vom Hundert (v.H.) zu veranschlagen. Das SG hat Dr. M unter dem 22. März 2012 ergänzend Stellung nehmen lassen. Auf Antrag der Klägerin hat das SG das auf ambulanter Untersuchung beruhende schriftliche Sachverständigengutachten der Nervenärztin von L vom 21. Januar 2013 eingeholt. Diese hat bei der Klägerin unter Verwendung von Selbstbeurteilungsfragebögen eine PTBS mit Somatisierungsstörung und phobischer Störung auf dem Boden einer depressiven Grundstörung diagnostiziert. Die PTBS sei auf den Überfall zurückzuführen. Zwischen der Klägerin und Dr. M sei es bei der Begutachtung wohl zu einer negativen Gegenübertragung gekommen. Zwar habe die Klägerin schon vor dem Unfall unter psychischen Problemen gelitten, diese aber bis zum Unfall kompensieren können, wozu sie nach dem Unfall nicht mehr imstand gewesen sei.
Das SG hat mit Urteil vom 27. Mai 2014 der zuletzt auf die Feststellung einer PTBS als Folge des Arbeitsunfalls vom 04. August 2008 gerichteten Klage stattgegeben und sich bzgl. der Zusammenhangsfrage den Erwägungen der Sachverständigen von Leitner angeschlossen. Dr. M habe sich bei der zeitlichen Bestimmung der PTBS-Kriterien nicht hinreichend an den zeitnah nach dem Überfall erhobenen psychischen Befunden orientiert. Dr. M habe zudem seine gegen einen Unfallzusammenhang sprechende Annahme nicht belegt, dass psychische Unfallfolgen in der Regel mit zeitlichem Abstand zum auslösenden Ereignis abnehmen würden.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 10. Juni 2014 zugestellte Urteil am 16. Juni 2014 Berufung eingelegt und sich kritisch mit dem schriftlichen Gutachten der Sachverständigen von Leitner auseinandergesetzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat ergänzende Stellungnahmen der Sachverständigen Dr. M vom 06. November 2014 und von L vom 22. April 2015 beigezogen. Letztere hat die Klägerin noch einmal ambulant untersucht. Die Beteiligten haben hierzu mit Schreiben vom 28. Mai 2015 und vom 26. Juni 2015 ergänzend Stellung genommen; die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. M vom 18. Juni 2015 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht festgestellt, dass eine PTBS Folge des Überfalls von 04. August 2008 ist. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erscheinen insofern rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht.
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der wiederholten Formulierung "infolge" – vgl. §§ 8 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1, 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII - das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Unfalls bzw. seiner Folgen mit der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Die Frage nach diesem Zurechnungszusammenhang stellt sich auf drei Ebenen, nämlich als Unfallkausalität zwischen ausgeübter Tätigkeit und Unfallereignis, als haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden und als haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheitserstschaden und längerandauernden Unfallfolgen (BSG, a.a.O., Rn. 10; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 1.4, S. 21 f.). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20).
Zwar handelt es sich bei dem Ereignis vom 04. August 2008 zweifellos um einen Unfall i.S.v. § 8 Abs. 1 SGB VII, bei welchem die Klägerin offenbar einen Schock als Gesundheitserstschaden davon trug, wie sich bereits aus dem DAB von Dr. P vom Tattag ergibt. Die Klägerin stand hierbei auch gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Jedoch ist der Senat nicht gem. § 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) davon überzeugt, dass bei der Klägerin eine PTBS besteht, welche mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen auf den Unfall vom 04. August 2008 zurückzuführen wäre. Der Senat schließt sich den auf einer umfassenden Befunderhebung beruhenden, im Wesentlichen schlüssigen Ausführungen von Dr. M in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 13. April 2011 sowie in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 22. März 2012 und 06. November 2014 an. Dieser hat bei der Klägerin mit überzeugenden Gründen eine PTBS ausgeschlossen und im Übrigen in den bei der Klägerin festgestellten anhaltenden psychischen Erkrankungen (generalisierte Angststörung, Agoraphobie) keine im Wesentlichen auf den Unfall vom 04. August 2008 zurückzuführenden Gesundheitsbeschränkungen gesehen.
Soweit die von der Klägerin benannte Sachverständige von Lin ihrem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 21. Januar 2013 und in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 22. April 2015 eine PTBS annimmt und eine solche im Wesentlichen auf den Unfall vom 04. August 2008 zurückführt, überzeugt dies nicht. Es ist bereits nicht bewiesen, dass überhaupt eine PTBS vorliegt. Die Diagnose lässt sich weder nach dem amerikanischen Klassifikationssystemen DSM IV noch nach dem internationalen Klassifikationssystem ICD-10 zur Überzeugung des Senats stellen.
Es fehlt nach beiden Klassifikationssystemen zwar nicht bereits an dem für die Diagnose einer PTBS erforderlichen so genannten A-Kriterium, wonach gemäß DSM IV die Person mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert sein muss, welches dazu führte, dass die Person eines oder mehrere Ereignisse erlebte, beobachtete oder mit einem oder mehreren Ereignissen konfrontiert war, die tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte Verletzung oder eine Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen enthielten, wobei die Person mit intensiver Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen reagierte. Dieses Kriterium wird im einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttum dahingehend verstanden, dass Auslöser ein traumatisches Ereignis von besonderer Qualität mit einem extremen Belastungsfaktor (nach DSM IV lebensbedrohlich) sein muss (Schönberger et al., a.a.O., 5.1.3 Seite 144; eine andere Deutung nimmt Foerster, in: MED SACH 106 1/2010, S. 16 (18) vor). Nach ICD-10 müssen die Betroffenen einem kurz oder lang dauernden Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß ausgesetzt seien, dass nahezu bei jedem tief greifende Verzweiflung auslösen würde. Nach alldem kommen als Stressoren in Betracht: Ernsthafte Bedrohung oder Schädigung der eigenen körperlichen Integrität, des Ehepartners, der Kinder, naher Verwandter oder Freunde, plötzliche Zerstörung des Zuhauses, erleben eines Unfalls bzw. Todes anderer (Schönberger et al., ebd). Hieran gemessen war die Klägerin bei dem durch körperliche Bedrohung und Ausgeliefertsein geprägten Überfall wohl einem geeigneten Geschehen ausgesetzt.
Allerdings bestehen bereits Zweifel bzgl. der tatsächlichen Voraussetzungen des so genannten B-Kriteriums, welches sich sowohl nach ICD-10 als auch nach DSM IV als intrusives (aufdringliches) Wiedererleben beschreiben lässt. Das B-Kriterium setzt voraus, dass Alpträume, sich aufdrängende Erinnerungen oder Flashbacks vorliegen, wobei Intrusionen und Flashbacks als entscheidende Leitsymptome anzusehen sind. Dieses Phänomen muss diagnostisch eng gefasst werden. Unspezifische psychische Reaktionen, etwa Gedanken an das Ereignis, Erinnerungen, dem Ereignis nachzuhängen oder darüber nachzugrübeln, reichen nicht aus (Foerster, a.a.O., S. 16 (18)). Demgegenüber hat die Klägerin gegenüber Dr. M nur Traumfetzen von den Tätern berichtet. Aufgrund welcher tatsächlichen Feststellungen die Sachverständige von L von Flashbacks etc. ausgeht, erschließt sich anhand ihres schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 21. Januar 2013 nicht; in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 22. April 2013 fehlen Angaben zum Inhalt der von der Klägerin berichteten Alpträume und Einzelheiten der Art des Wiedererlebens im Wachzustand.
Zwar mag indessen das sog. C- Kriterium (Vermeidung traumarelevanter Reize bzw. reduzierte emotionale Reagibilität) im Fall der Klägerin wiederum durchaus erfüllt sein; allerdings bestehen durchgreifende Zweifel am Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des sog. D-Kriteriums, welches zudem am unspezifischsten ist (Foerster, ebd.). Das D-Kriterium bezeichnet nach ICD-10 die teilweise oder vollständige Unfähigkeit, sich an einige wichtige Aspekte des belastenden Erlebnisses zu erinnern oder anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und (nach DSM IV nur) eine Erregungssymptomatik, wobei mindestens zwei der folgenden Merkmale erfüllt sein müssen: Ein- und Durchschlafstörungen, erhöhte Schreckhaftigkeit, Hypervigilanz, Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit und Wutausbrüche. Soweit etwa die Sachverständige von L hiervon ausgehend auf Schlafstörungen verweist, nimmt sie keine Abgrenzung zu den bereits etwa ausweislich des Arztbriefs des T-Werks vom 17. März 2008 bereits vor dem Unfall bestehenden Schlafstörungen vor. Kurzerhand bejaht die Sachverständige auch erhöhte Reizbarkeit, Hypervigilanz und erhöhte Schreckhaftigkeit, ohne dies mit einem einschlägigen klinischen psychischen Befund zu belegen. Derartige Symptome berichtet insbesondere auch nicht der seinerzeit behandelnde Psychotherapeut E in seinem für die Beklagte unter dem 29. August 2008 erstellten Befundbericht. Dementsprechend vermag auch Dr. M keine hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte für das D-Kriterium zu erkennen. Anzeichen für eine starke vegetative Erregung und emotionale Anspannung beim Bericht über das Ereignis, etwa Beschleunigung des Pulsschlages, Erröten, Schwitzen etc., haben die Sachverständigen nicht beschrieben. Der bloße Verweis der Sachverständigen von Lauf das anhand des SKID-Fragenkatalogs geführte Interview überzeugt den Senat vor diesem Hintergrund nicht.
Die psychiatrischen Diagnosen der Sachverständigen von L stützen sich zudem in methodisch fragwürdiger Weise zum Teil auf Selbstbeschreibungsfragebögen, die für Gutachten nicht validiert sind (vgl. etwa Schönberger et al., a.a.O., Kap. 5.1.11, S. 148 und Kap. 5.5.8, S. 218). Zudem relativiert die Sachverständige die Ergebnisse nicht und weist auch nicht auf die nur bedingte Aussagekraft dieser Bögen hin. Auch eine kritische Überprüfung der per Selbstbeschreibungsfragebögen erzielten Ergebnisse lässt sich ihrem Gutachten nicht entnehmen. Darüber hinaus wird im von ihr erhobenen und nur äußerst knapp beschriebenen psychischen Befund nicht klar genug zwischen den Angaben der Klägerin und der objektiven Einschätzung des Untersuchers getrennt, was den Aussagewert der Befunde ebenfalls schmälert (vgl. Schönberger et al., a.a.O., Kap. 5.1.11, S. 148 und Kap. 5.5.8.1, S. 218).
Warum sie im Unfall und nicht in unfallfremden Umständen (psychische Vorerkrankung, Mobbing-Situation am Arbeitsplatz) die wesentlichen Faktoren für das Fortbestehen psychischer Beeinträchtigungen erkennt, führt die Sachverständige L ebenfalls nicht plausibel aus, obwohl insbesondere bei länger anhaltenden psychoreaktiven Gesundheitsstörungen zu prüfen ist, ob und inwieweit auch der weitere Verlauf noch rechtlich wesentlich auf die ursprünglichen Reaktionen zurückzuführen ist und nicht vielmehr Begehrensvorstellungen oder sonstige aus der Psyche wirkende Kräfte so weit in den Vordergrund treten, dass sie für den weiteren Verlauf die rechtlich allein wesentliche Ursache bilden (Verschiebung der Wesensgrundlage, vgl. Schönberger et al., a.a.O., Kap. 5.1.14.1, S. 153). Eben letzteres nimmt der Sachverständige Dr. M überzeugend an. Die Sachverständige von L hebt mit ihren Kausalitätserwägungen hingegen im Wesentlichen vorschnell von der Annahme ab, die Klägerin habe es bis zum Unfall vermocht, ihre vorbestehenden psychischen Beeinträchtigungen zu kompensieren. Dies erschließt sich schon angesichts des Umstands nicht, dass sich die Klägerin in den Jahren 2007 und 2008 wegen ihrer vorbestehenden psychischen Erkrankungen (generalisierte Angststörung, Somatisierungsstörung, rezidivierende depressive Störung) zwei mehrwöchigen stationären Krankenhausbehandlungen unterzog, vgl. Berichte des T-Werks vom 09. März 2007 und 17. März 2008, und das Vorerkrankungsverzeichnis überdies mehrwöchige Arbeitsunfähigkeitszeiten ausweist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
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