L 5 KR 44/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 20 KR 1804/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 44/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.11.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf die Gewährung von Krankengeld über den 23.12.2011 hinaus streitig.

Die 1974 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie ist gelernte Bäckereifachverkäuferin. Ab dem 01.04.2007 arbeitete die Klägerin seit 01.10.2008 in Teilzeit mit 20 Stunden wöchentlich an vier Tagen die Woche zu je 5 Stunden als Servicekraft in der Cafeteria des Krankenhauses M ... Das Arbeitsverhältnis bestand jedenfalls bis 31.12.2012. Ausweislich des Leistungsbescheids des Job-Centers des Landkreises L. vom 30.04.2012 bezog die Klägerin ab dem 01.03.2012 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II.

Am 26.05.2011 erkrankte die Klägerin aus psychiatrischen Gründen (depressive Episode, nicht näher bezeichnet; F 32.9; Folgearbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 08.07.2011) und wurde ab dem 26.05.2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Nach der Lohnfortzahlung erhielt die Kläger von der Beklagten ab dem 07.07.2011 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 19,55 EUR brutto. Vom 04.10.2011 bis 15.11.2011 erfolgte hinsichtlich der psychiatrischen Erkrankung ein stationärer Aufenthalt im Krankenhaus B ... Aus diesem wurde die Klägerin als "noch arbeitsunfähig" entlassen. Als Diagnose wurde eine mittelgradige depressive Episode (F 32.1) angegeben. Eine antidepressive Medikation erfolgte nicht. Es wurde eine ambulante Psychotherapie angeraten (Entlassungsbericht vom 06.10.2011).

Nachdem sich die Klägerin bei der Beklagten zur Abgabe einer Einverständniserklärung zur Anforderung des o.g. Entlassberichts nicht meldete, teilte die Beklagte mit Bescheid vom 21.12.2011 der Klägerin mit, dass sich anhand der Unterlagen keine Anhaltspunkte ergeben würden, wonach weiter Arbeitsunfähigkeit vorliege. Die Arbeitsunfähigkeit werde daher nur bis längstens 23.12.2011 anerkannt.

Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) nach Aktenlage und Auswertung des nach Vorlage der Schweigepflichtsentbindungserklärung beigezogenen Entlassberichts die Arbeitsfähigkeit der Klägerin bestätigte (Vorberatungsbogen vom 28.12.2011, Fachärztin für Radiologie Dr. St.), wiederholte die Beklagte mit Bescheid vom 28.12.2011 die Entscheidung, wonach längstens bis zum 23.12.2011 Krankengeld gezahlt werden könne.

Hiergegen legte die Klägerin am 09.01.2012 Widerspruch ein.

Die Beklagte veranlasste daraufhin die persönliche Begutachtung der Klägerin durch den MDK. Am 23.01.2012 wurde die Klägerin durch Dr. B., Facharzt für Innere Medizin mit Zusatzqualifikation Sozialmedizin, persönlich begutachtet. In seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 24.01.2012 stellte Dr. B. bei fehlender Medikamentenverordnung keine schwerwiegenden psychischen Funktionseinschränkungen fest und befand die Klägerin für fähig, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ab dem 01.01.2012 wieder auszuüben. Die Klägerin habe im Rahmen der Begutachtung geschildert, dass sie Bewerbungen schreibe, dabei Vollzeitstellen wegen des höheren Verdienstes suche und auch schon zwei Vorstellungsgespräche absolviert habe.

Die Beklagte half daraufhin dem Widerspruch teilweise ab. Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 25.01.2012 mitgeteilt, dass Arbeitsunfähigkeit nunmehr bis zum 31.12.2011 anerkannt und bis zu diesem Tag Krankengeld ausbezahlt werde.

Am 30.03.2012 beantragte die Klägerin beim Sozialgericht Heilbronn (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung (S 9 KR 1126/12 ER). Zur Begründung trug sie vor, dass sie weiterhin arbeitsunfähig erkrankt sei und außer Unterhalt und Kindergeld kein Einkommen habe. Der Antrag wurde mit Beschluss vom 24.04.2012 abgelehnt. Sowohl die Eilbedürftigkeit als auch der Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Insoweit schließe sich das Gericht dem MDK-Gutachten vom 24.01.2012 an. Die hiergegen am 21.05.2012 eingelegte Beschwerde (L 4 KR 2235/12 B) wurde mit Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 28.06.2012 zurückgewiesen, da es an einem Anordnungsgrund fehle.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 25.04.2012, der einen Anspruch auf Krankengeld über den 31.12.2011 hinaus zurückwies, erhob die Klägerin am 30.05.2012 Klage zum SG. Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, dass sie über den 31.12.2011 hinaus arbeitsunfähig erkrankt sei. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Diese seien zunächst von Dr. Sch.-K. ausgestellt worden, anschließend von den Dres. R., H., W., L., B. - Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie. Letztere hätten bei ihr eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert. Seit dem 01.02.2013 befinde sie sich in psychpotherapeutischer Behandlung bei Frau Dr. H. in B.-B ...

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Durch das sozialmedizinische Gutachten des Dr. B. vom 24.01.2012 sei die Arbeitsfähigkeit der Klägerin ab 01.01.2012 nachgewiesen. Im Widerspruch zu den Aussagen der Dres. R., H., W., L. und B. sei die psychische Symptomatik nicht derart gravierend gewesen, als dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Servicekraft nicht hätte ausüben können. Zudem habe die Klägerin bereits zum damaligen Zeitpunkt eine Vollzeitstelle gesucht, sich beworben und Vorstellungsgespräche absolviert, was für ein entsprechendes Leistungsvermögen spreche. Auch die Hausärztin der Klägerin habe das Gutachten des MDK nachvollziehen können und deshalb keinen Widerspruch hiergegen erhoben.

Ausweislich der Verwaltungsakte wurden der Klägerin im Zeitraum 15.12.2011 bis 18.11.2012 Auszahlscheine/Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wie folgt ausgestellt:

Ausstellungs-datum Zuletzt vorgestellt Nächster Praxisbesuch Arbeits-unfähig Voraus-sichtlich bis Diagnose Aussteller 15.12.2011 15.12.2011 13.01.2012 ja bek. Dr. Sch.-K. 02.01.2012 02.01.2012 23.01.2012 ja s.o. 03.02.2012 (Erstbescheinigung) 03.02.2012 ja 05.03.2012 Dres. R. H., B., W., L., B. 05.03.2012 05.03.2012 05.04.2012 ja 05.04.2012 F32.1 s.o. 05.04.2012 05.04.2012 02.05.2012 ja a.w. 02.05.2012 s.o. 02.05.2012 02.05.2012 30.05.2012 ja 30.05.2012 F32.1 s.o. 30.05.2012 30.05.2012 28.06.2012 ja 28.06.2012 s.o. 03.07.2012 03.07.2012 16.07.2012 ja 16.07.2012 F32.1 s.o. 16.07.2012 16.07.2012 20.08.2012 ja a.w. 20.08.2012 F32.1 s.o. 20.08.2012 20.08.2012 17.09.2012 ja 17.09.2012 bekannt s.o. 17.09.2012 17.09.2012 15.10.2012 ja a.w. 15.10.2012 F32.1 s.o. 15.10.2012 15.10.2012 12.11.2012 ja 12.11.2012 F32.1 s.o. 12.11.2012 12.11.2012 11.12.2012 ja 11.12.2011 s.o.

Das Gericht befragte zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Die Allgemeinmedizinerin Dr. Sch.-K. teilte mit Schreiben vom 28.08.2012 mit, dass sie das Gutachten des MDK gut nachvollziehen könne und keine Veranlassung sehe bzw. gesehen habe, Widerspruch gegen das sozialmedizinische Gutachten zu erheben. Dr. W. berichtete unter dem 29.08.2012, dass sich die Klägerin bei der Praxis Dres. R., H., W., L. und B. - Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie – seit Juli 2011 in Behandlung befinde. Die Klägerin leide an einer mittelgradigen depressiven Episode und werde seit März 2012 medikamentös behandelt. Eine ambulante Psychotherapie werde empfohlen. Erst seit Juli 2012 stelle sich eine leichte Verbesserung des Gesundheitszustands ein.

Ferner befragte das Gericht den Arbeitgeber der Klägerin, Herrn F. K., hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses. Dieser hat dem Gericht mit Schreiben vom 21.12.2012 das Aufgabengebiet der Klägerin geschildert. Eine Berufsausbildung sei für die Tätigkeit als Servicekraft in der Cafeteria nicht erforderlich, die Einarbeitung dauere drei bis fünf Arbeitstage. Das Arbeitsverhältnis bestehe noch. Die Klägerin sei jedoch aufgrund ihrer Erkrankung bislang nicht mehr erschienen.

Schließlich holte das Gericht bei dem Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. ein Gutachten von Amts wegen ein. In seinem Gutachten vom 19.04.2013 kam der Gutachter aufgrund der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 04.03.2013 zu dem Ergebnis, dass er die zuletzt gestellte Diagnose des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. teile, "Angst und depressive Störung, gemischt". Dies sei eine Krankheitsentität, die bei gleichzeitigem Bestehen von Angst und Depression Verwendung finde, jedoch nur, wenn keine der beiden Störungen ein Ausmaß erreiche, das eine entsprechende einzelne Diagnose rechtfertige. Dabei handle es sich definitionsgemäß um verhältnismäßig milde Symptome. Den Ausprägungsgrad der psychischen Symptomatik stufe er als leicht- bis mittelgradig ein. Die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt. Seit dem 01.01.2012 sei die Klägerin ohne Gefährdung ihrer Gesundheit in der Lage gewesen, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Mitarbeiterin im Verkauf in Teilzeit mit jeweils fünf Stunden an vier Tagen in der Woche auszuüben. Die psychische Symptomatik sei nicht derart gravierend gewesen bzw. habe sich nicht derart der zumutbaren Willensanstrengung entzogen, als dass sie diese Tätigkeit ab dem 01.01.2012 nicht habe ausüben können.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2014 wies das SG die Klage ab. Die Klage sei bereits unzulässig, soweit die Klägerin Krankengeld für den Zeitraum bis 31.12.2011 begehre, da dieses bewilligt und ausgezahlt worden sei. Für den Zeitraum ab 01.01.2012 sei die Klage unbegründet. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit sei die Tätigkeit der Klägerin als ungelernte Servicekraft in der Krankenhaus-Cafeteria in M ... Diese Tätigkeit hätte sie zuletzt ausgeübt, als die Arbeitsunfähigkeit am 26.05.2011 erstmals eingetreten sei. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Cafeteria-Servicekraft habe die Klägerin auch vom 01.01.2012 in Teilzeit wieder verrichten können, weshalb die Klägerin über den 31.12.2011 hinaus nicht arbeitsunfähig sei. Diese Feststellung entnehme das Gericht dem Gesamtergebnis der medizinischen Beweisaufnahme, insbesondere der sachverständigen Zeugenaussage der Hausärztin Dr. Sch.-K., dem im Verwaltungsverfahren eingeholten MDK-Gutachten des Dr. B. vom 24.01.2012 und des im Gerichtsverfahren von Amts wegen eingeholten Gutachtens des Dr. Sch. vom 19.04.2013. Sofern die behandelnden Neurologen und Psychiater Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hätten, resultiere daraus kein weitergehender Anspruch auf Krankengeld. In der sachverständigen Zeugenaussage vom 29.08.2012 sei noch eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert worden. In dem Schreiben vom 14.01.2013 habe die Diagnose Angst und depressive Störung gelautet. Hinsichtlich der geistigen Leistungsfähigkeit hätten sich jedoch keine kognitiven oder mnestischen Defizite gezeigt. Soweit die behandelnden Fachärzte eine zu Beginn der Behandlung stark ausgeprägte verminderte psychische Belastbarkeit bescheinigt hätten, die sich seit Juli 2012 vielleicht verbessert habe, stehe dies im Übrigen im Widerspruch zum Gutachten des Dr. B ... Dieser habe derart schwerwiegende psychische Funktionseinschränkungen nicht feststellen können. Die Klägerin habe sich im Gegenteil motiviert gezeigt, eine neue Arbeitsstelle in Vollzeit zu finden. Auch die damalige Hausärztin habe keine Veranlassung gesehen, dem MDK-Gutachten zu widersprechen. Dr. Sch.-K. habe vielmehr angegeben, dass die Klägerin nach dem Klinikaufenthalt psychisch deutlich stabilisiert, erholt und ausgeglichen gewesen sei. Auch Dr. Sch. habe in seinem Gutachten vom 19.04.2013 dementsprechend nachvollziehbar und schlüssig geschildert, dass die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin durch die Erkrankung auf nervenärztlichem Gebiet nicht eingeschränkt gewesen sei.

Der Gerichtsbescheid wurde der Bevollmächtigten der Klägerin am 08.12.2014 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.

Hiergegen richtet sich die am 05.01.2015 zum LSG erhobene Berufung. Im Erörterungstermin hat die Klägerin ausführen lassen, dass sie von durchgehender Arbeitsunfähigkeit ausgehe.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.11.2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 21.12.2011, 28.12.2011 und vom 25.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den 23.12.2011 hinaus bis zur maximalen Anspruchsdauer am 18.11.2012 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückweisen.

Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat der Senat gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. veranlasst. Dieser hat in seinem Gutachten vom 09.10.2015 auf Grund der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 29.09.2015 die Diagnose einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung gestellt. Im weiteren Sinne sei ein massives Übergewicht und auch ein chronischer Nikotin-Abusus festzustellen. Die Klägerin leide durchgehend seit April 2011 an einer zumindest mittelgradigen depressiven Episode, wobei die zu Grunde liegenden Symptome mittlerweile (etwas) abgeschwächt in Erscheinung treten würden. Nach dem Ergebnis der gutachterlichen Recherchen sei die Klägerin ab dem 01.01.2012 daher nicht in der Lage gewesen, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Mitarbeiterin im Verkauf in Teilzeit mit jeweils fünf Stunden an vier Tagen in der Woche auszuüben. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei auch derzeit noch gemindert. Arbeitsunfähigkeit habe bis zur Wiederaufnahme einer Beschäftigung im März 2014 bestanden.

Die Beklagte hat das Gutachten des Dr. P., MDK, vom 17.02.2016 vorgelegt. Danach könne bereits die vom Gutachter Prof. Dr. B. getroffene diagnostische Einschätzung einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung nicht bestätigt werden. Stattdessen habe eine mittelgradige depressive Episode vorgelegen, wie sie auch von allen behandelnden Ärzten sowie den Vorgutachtern übereinstimmend diagnostiziert worden sei. Es fehle an einer Traumatisierung, einer Schwere der Symptomatik sowie an typischen Kernsymptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Darüber hinaus spreche auch der zwischenzeitlich remittierte Zustand der Versicherten gegen die angenommene Diagnose. Die Ausführungen von Prof. Dr. B. zur Leistungseinschätzung ständen im Übrigen auch im Widerspruch zur Sachlage. Immerhin könne die Klägerin seit März 2014 eine berufliche Tätigkeit - weitgehend problemlos - ausüben und bewältigen. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass die Klägerin bei mittelgradiger depressiver Episode nach dem Krankenhausaufenthalt in der psychosomatischen Abteilung in B. in einem ausreichend gebessertem Zustand gewesen sei, um ab 01.01.2012 wieder ihre berufliche Tätigkeit als Servicekraft in einem Bistro - unter halbschichtiger Beanspruchung - ausüben und bewältigen zu können.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass das von Prof. Dr. B. erstattete Gutachten ihren Anspruch voll umfänglich bestätigt.

Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 20.04.2016 hat die Klägerin angegeben, dass das Arbeitsverhältnis bis Januar 2013 bestanden habe. Im Übrigen haben die Beteiligten ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mitgeteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist, nachdem die Klägerin Krankengeld in Höhe von 19,55 EUR (brutto) für mehr als zehn Monate auf der Basis ihrer letzten Teilzeitbeschäftigung begehrt, womit der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR überschritten ist, zulässig.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Soweit die Klägerin Krankengeld für den Zeitraum vom 24.12.2011 bis 31.12.2011 begehrt, ist die Klage bereits unzulässig. Dem Widerspruch der Klägerin hat die Beklagte insoweit mit Bescheid vom 25.01.2012 abgeholfen und Krankengeld nachbezahlt. Dies wird von der Klägerin auch nicht bestritten. Die Klage fehlt insoweit das Rechtsschutzbedürfnis. Hierauf hat das SG zutreffend hingewiesen.

Die Bescheide der Beklagten vom 21.12.2011 und 28.12.2011, in der Fassung vom 25.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2012 sind im Übrigen rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung auf Krankengeld über den 31.12.2011 hinaus.

Rechtsgrundlage des zulässiger Weise mit der Leistungsklage verfolgten Anspruchs auf Krankengeld sind die §§ 44 ff. SGB V. Nach § 44 Abs. 1 Halbsatz 1 SGB V haben Versicherte u. a. Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das bei Entstehung des streitigen Anspruchs auf Krankengeld bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 12.03.2013, - B 1 KR 7/12 R - und vom 04.03.2014, - B 1 KR 17/13 R -, beide in juris).

Der Begriff "arbeitsunfähig" ist ein Rechtsbegriff, dessen Voraussetzung anhand ärztlich erhobener Befunde von den Krankenkassen und in Rechtsstreitigkeiten von den Gerichten festzustellen ist. Maßgeblich ist grundsätzlich der versicherungsrechtliche Status des Betroffenen zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Vorliegend ist daher auf das konkrete Arbeitsverhältnis abzustellen. Versicherungspflichtig beschäftigt war die Klägerin zum Zeitpunkt der Erkrankung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V durch ihre in Teilzeit ausgeübte Tätigkeit als Servicekraft in der Krankenhauskantine in M ... Dieses Arbeitsverhältnis bestand am 01.01.2012 unstreitig noch. Ausweislich der Arbeitgeberauskunft umfasste die Tätigkeit der Klägerin das Einräumen und Kontrollieren von Zeitschriften, das Aufbacken von Backwarenrohlingen sowie die anschließende Einräumung und den Verkauf über die Verkaufstheke. Daneben waren Backwaren mit Butter zu bestreichen und mit Wurst/Käse zu belegen. Süßwaren, Lebensmittel sowie Getränke in Einzelflaschen waren in die Regale einzuräumen und zu verkaufen. Es war die Kaffeemaschine zu bedienen und dementsprechend Kaffee/Tee portionsweise zu verkaufen. Ergänzend hatte die Klägerin Backwaren/Eis bzw. Lebensmittel im Rahmen einer Vorgabe bei den Lieferanten telefonisch zu bestellen. Benutztes Geschirr war in die Spülmaschine ein- und auszuräumen, Tagesmüll im Müllbehälter zu entsorgen und die Theke zu reinigen.

Zur Überzeugung des Senats konnte die Klägerin diese konkrete Tätigkeit ab dem 01.01.2012 wieder wahrnehmen. Der Senat stützt seine Überzeugung auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. B. vom 24.01.2012 sowie das im Gerichtsverfahren von Amts wegen eingeholte Gutachten des Dr. Sch. vom 19.04.2013.

Dr. B. konnte im Rahmen seines Gutachtens vom 24.01.2012 keine schwerwiegenden psychischen Funktionseinschränkungen mehr feststellen. Die Klägerin zeigte sich im Gegenteil motiviert, eine neue Arbeitsstelle in Vollzeit zu finden, da der derzeitige Verdienst zu gering sei. Insoweit hatte die Klägerin auch schon Bewerbungsgespräche geführt und weitere Bewerbungen versandt. Dr. B. kommt daher nachvollziehbar und schlüssig zu dem Ergebnis, dass die Klägerin in der Lage war, ihre Tätigkeit ab dem 01.01.2012 wieder auszuüben. Dem stimmt auch die damalige Hausärztin der Klägerin in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft vom 28.08.2012 ausdrücklich zu. Auch Dr. Sch. bestätigt in seinem Gutachten vom 19.04.2013, dass die Klägerin ihre damalige Tätigkeit ab dem 01.01.2012 wieder hätte durchführen können. Allenfalls Tätigkeiten mit vermehrter Anforderung an das Reaktions- und Konzentrationsvermögen wie zum Beispiel Fahrtätigkeiten seien nicht möglich gewesen. Ferner seien Tätigkeiten mit vermehrter psychischer Belastung nicht leidensgerecht gewesen, wie beispielsweise Tätigkeiten mit vermehrter emotionaler Belastung oder mit erhöhtem Konfliktpotential. Die Tätigkeit der Klägerin als Servicekraft in der Krankenhaus-Cafeteria entspricht insoweit dem positiven Leistungsprofil.

Soweit die behandelnden Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie der Klägerin weiterhin Arbeitsunfähigkeit attestierten und auch in ihrer Zeugenaussage von Arbeitsunfähigkeit ausgingen, ist diese Einschätzung für den Senat demgegenüber nicht nachvollziehbar. Es fanden sich hinsichtlich der geistigen Leistungsfähigkeit in den Behandlungsunterlagen keine kognitiven oder mnestischen Defizite. Auch die Behandlung in größeren Zeitabständen von mehreren Wochen, die nur sporadische Medikamenteneinnahme und die Aufnahme einer Psychotherapie erst ab 01.02.2013 sprechen gegen die von den Fachärzten angenommene Leistungseinschränkung. Im Übrigen war zu berücksichtigen, dass durch die Fachärzte, die die Klägerin bereits am 03.01.2012 konsultiert hatte, erst am 03.02.2012 eine Erstbescheinigung ausgestellt wurde.

Schließlich vermochte sich der Senat auch nicht dem Gutachten von Prof. Dr. B. anzuschließen. Dr. P. hat in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 17.02.2016 zutreffend darauf hingewiesen, dass bereits die von Prof. Dr. B. gestellte Diagnose nicht nachvollziehbar und schlüssig sei. Weder im Rahmen des stationären Krankenhausaufenthalts noch im weiteren Verlauf der Behandlung wurde die vom Gutachter angenommene komplexe posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Gegen die vom Gutachter angenommene - nach wie vor bestehende - schwere Leistungseinschränkung spricht im Übrigen auch tatsächlich, dass die Klägerin bereits wieder seit 2014 in einer Beschäftigung tätig ist. Darüber hinaus hat die Versicherte auch im Rahmen der Begutachtung ausdrücklich bestätigt, dass sie sich nach der stationären Behandlung im Klinikum B. vom 04.10. bis 15.11.2011 stabiler gefühlt habe. Dies steht gerade im Einklang mit der Einschätzung von Dr. Sch.-K., Dr. B. und Dr. Sch. und macht die durchgehende Arbeitsunfähigkeit, wie sie von Prof. Dr. B. angenommen wird, nicht nachvollziehbar.

Damit aber ist von Arbeitsfähigkeit ab dem 01.01.2012 wieder auszugehen. Zutreffend hat daher die Beklagte die Gewährung von Krankengeld über den 31.12.2011 hinaus abgelehnt. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved