Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 425/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 922/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger hat Maschinenbau studiert und war bis 30. September 2006 als Vertriebsingenieur bei der Firma S. versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 27. April 2007 bis 26. April 2008 bezog der Kläger Arbeitslosengeld I und seit 1. Januar 2014 Arbeitslosengeld II.
Am 6. März 2014 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, er halte sich seit 1996 für erwerbsgemindert wegen einer chronischen Bronchitis, Asthma seit 2004 und einer Unverträglichkeit gegen Asthma-Medikamente. Er legte das ärztliche Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. L. vom 21. März 2006 sowie den Entlassungsbericht der St-V.-K. K. vom 28. Juni 2013 über seinen stationären Aufenthalt vom 21. Juni 2013 bis 25. Juni 2013 vor.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2014 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da bei einem möglichen Eintritt der Erwerbsminderung am 6. März 2014 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Sie habe des Weiteren geprüft, ob ein Versicherungsfall 1996 angenommen werden könne. Leider habe ihr nach medizinischen Ermittlungen nur ein Attest von 2006 und ein Entlassungsbericht von 2013 vorgelegen. Mit diesen Unterlagen lasse sich eine Leistungsminderung zum genannten Zeitpunkt nicht begründen. In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) verlängere sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung um Berücksichtigungszeiten. Als Eintritt der Erwerbsminderung sei der 30. September 2006 anzunehmen. Dies ergebe sich aus dem Versicherungsverlauf in Verbindung mit dem Attest vom 21. März 2006. Wegen seiner Krankheit sei er außerstande gewesen, erwerbstätig zu sein und habe sich erst am 27. April 2007 arbeitslos gemeldet, obwohl das Arbeitsverhältnis am 30. September 2006 geendet habe. In der Zeit vom 27. April 2007 bis 26. April 2008 sei die Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht gelungen. Er sei in der Zeit vom 27. April 2008 bis 31. Dezember 2013 arbeitslos gewesen und habe kein Arbeitslosengeld II bezogen. Ein Hinweis auf die Nachteile in der Rentenversicherung fehle. Die Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung habe er gezahlt. Die Beklagte holte den Befundbericht der Allgemeinärztin Dr. L. vom 25. Juli 2014 ein. Danach liegen der V.a. Bronchialasthma und eine chronisch-obstruktive Bronchitis vor. Dr. L. fügte außerdem die Berichte des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde M. vom 22. Juli 1996 und vom 1. August 1996 bei. Die Beklagte veranlasste ferner eine sozialmedizinische Begutachtung durch die Ärztin für Lungenheilkunde und innere Medizin Dr. G.-S ... Diese teilte in ihrem Gutachten vom 28. Oktober 2014 mit, beim Kläger sei seit 1996 ein Asthma bronchiale bekannt, das laut Plan mit lang wirksamen Betamimetika, topischen Steroiden und in geringer Dosis Theophyllin eingestellt sei. Durch die asthmatische Situation habe der Kläger bezüglich seiner beruflichen Einsetzbarkeit sicherlich einige Einschränkungen. Zu meiden seien die Atemwege ätzende, reizende oder allergisierende Substanzen, Arbeiten bei Nässe und Kälte, starke Staubbelastung oder starke passive Nikotinexposition. Insofern sei sicherlich ein leidensgerechter Arbeitsplatz Voraussetzung, dann sollte aber einer vollschichtigen Arbeitstätigkeit nichts entgegen stehen. Es überrasche, wieso der Kläger wegen des genannten Leidens seit acht Jahren keiner versicherten Tätigkeit mehr nachgekommen sei und nie eine fachärztliche Behandlung, eine Klinikbehandlung oder eine Reha-Maßnahme angestrebt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger mache eine Leistungsminderung seit 30. September 2006 geltend. Aus den angeforderten Befundberichten ergebe sich keine Einschränkung der Leistungsminderung seit 1996 beziehungsweise 30. September 2006. Das angeforderte internistisch-pulmologische Gutachten bestätige ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr sowohl im Hauptberuf als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Da der Kläger in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und in seinem bisherigen Beruf als Diplom-Ingenieur mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, lägen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI und Berufsunfähigkeit im Sinne von § 240 Abs. 2 SGB VI nicht vor.
Dagegen hat der Kläger am 9. Februar 2015 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Das SG hat den behandelnden Allgemeinarzt Dr. N. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser hat am 10. März 2015 mitgeteilt, es lägen eine Hauterkrankung, nämlich ein mikrobielles Ekzem am Unterschenkel, und eine Lungenerkrankung vor. Er schilderte die bei den apparativen Untersuchungen am 6. März 2014 (mittelschwere Obstruktion mit Peak Flow von 43 % des Sollwertes, Sauerstoffsättigung des Blutes normal), am 6. Mai 2014 (mittelschwere Obstruktion mit Peak Flow von 31 % des Sollwertes, Sauerstoffsättigung des Blutes normal [98%]), am 15. Juli 2014 (leichte Obstruktion mit Peak-Flow 56 % und ebenfalls normaler Sauerstoffsättigung) und am 31. Juli 2014 (Patient gibt noch Dyspnoe [erschwerte Atmung/Atemnot] bei Belastung an) erhobenen Befunde. Ab der Neueinstellung am 15. Juli 2014 habe ein Übergang in eine nur noch leichte Verengung der Atemwege stattgefunden. Ihm sei nur die Lungenerkrankung bekannt. Von Seiten der objektiv vorliegenden Befunde der Lungenerkrankung müsste eine körperlich leichte, also nicht mittelschwere und nicht schwere Arbeit über sechs Stunden möglich sein.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das SG ferner den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem nervenärztlichen Gutachten vom 8. Juli 2015 nannte Dr. D. als Diagnosen eine hypochondrische Störung und eine Somatisierungsstörung. Bei der neurologischen Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf eine neurologische Erkrankung im eigentlichen Sinne finden lassen. Auf Dauer sei der Kläger aus nervenärztlicher Sicht nicht für Tätigkeiten geeignet, die zu einer besonderen psychischen Beanspruchung führten (z.B. Akkord-, Schicht-, Nachtarbeit, Arbeit unter Zeitdruck oder mit stark erhöhter Eigenverantwortung). Andere Beschäftigungen müsste er dagegen bis zu acht Stunden pro Tag an fünf Tagen in der Woche leisten können. Dabei seien besondere Arbeitsbedingungen nicht zu berücksichtigen, wenn man davon absehe, dass sich aus seinem pulmonalen Leiden gewisse Einschränkungen ergäben. Mit Schriftsätzen vom 10. September 2015 und 28. Oktober 2015 hat sich die Beklagte bereit erklärt, dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer - ausgehend von einem Leistungsfall am 30. September 2006 - mit Rentenbeginn 1. März 2014 zu gewähren und mitgeteilt, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen würden zuletzt mit Oktober 2009 erfüllt. Eine vom SG beabsichtigte Begutachtung durch den Internisten und Lungenfacharzt Dr. P. hat der Kläger abgelehnt, da ihm eine weitere vierstündige ambulante Untersuchung nicht zumutbar sei. Es bestehe ein hohes Risiko wegen Multiresistenzen und fehlenden Vorkehrungen in der Praxis. Er sei aufgrund seiner Erkrankung und regelmäßig hoher Dosierung seiner Medikamente stark gefährdet. Eine weitere vierstündige ambulante Untersuchung sei außerdem nicht notwendig. Alle entscheidungserheblichen Tatsachen seien in den Gerichtsakten und seit März 2006 bekannt. Die Gutachter seien verpflichtet, mitzuwirken und alle ihn betreffenden Befunde vorzulegen. Mit Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2016 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2015 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (bei Berufsunfähigkeit) ab dem 1. März 2014 zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Kläger leide im Wesentlichen an einem Asthma bronchiale sowie einer hypochondrischen Störung und einer Somatisierungsstörung. Diese Gesundheitsstörungen bedingten nach den überzeugenden Einschätzungen sämtlicher angehörter Ärzte nur qualitative und nicht quantitative Einschränkungen des Leistungsvermögens des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. So seien ihm insbesondere keine Tätigkeiten mit besonderer psychischer Beanspruchung, wie etwa Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit sowie Arbeit unter Zeitdruck oder mit starker erhöhter Eigenverantwortung mehr möglich. Eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen sei nicht möglich gewesen, da sich der Kläger geweigert habe, sich einer weiteren ambulanten gutachtlichen Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Daher lasse sich jedenfalls eine Verschlechterung der Lungenfunktionswerte nicht nachweisen. Der Kläger habe jedoch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI, da er seine letzte berufliche Tätigkeit als Diplom-Ingenieur für Maschinenbau nicht mehr ausüben könne. Der Zustand bestehe zur Überzeugung der Kammer nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. D. bereits seit dem Jahr 2006. Eine Verweisungstätigkeit sei nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte auch zutreffend vergleichsweise eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit angeboten habe.
Gegen den ihm am 1. März 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 2. März 2016 Berufung beim SG eingelegt (Eingang beim Landessozialgericht Baden-Württemberg am 9. März 2016) und seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft sowie erneut darauf hingewiesen, dass eine weitere vierstündige ambulante gutachterliche Untersuchung nicht notwendig und auch nicht zumutbar sei. Er habe die Verschlechterung der Lungenfunktionswerte bei Kälte, Regen und Temperaturschwankungen mit vier Lungenfunktionstests von Oktober 2013 bis September 2014 nachgewiesen, wobei eine mittelschwere chronische Obstruktion nachgewiesen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2015 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2006 auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen sowie den Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid verwiesen. Es bestehe ein 6-stündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Akkord-, Schicht- sowie Arbeiten in der Nachtschicht und mit hohem Zeitdruck. Eine leichte Bürotätigkeit oder eine Tätigkeit als Pförtner dürfte somit noch möglich sein. In der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2016 hat die Beklagte Anschlussberufung eingelegt und vorgebracht, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit lägen nicht vor.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Die in der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2016 eingelegte Anschlussberufung der Beklagten (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 524 ZPO), die an keine Frist gebunden (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 143 Rdnr. 5f m.w.N.) und deshalb zulässig ist, hat Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. und keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, gemäß § 240 SGB VI.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung - § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und - gestützt auf die Gutachten der Dr. G.-S. und des Dr. D. sowie die Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. N. - zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat, weil er in der Lage ist, ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung des Klägers aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Auch aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Soweit der Kläger vorgetragen hat, er habe die Verschlechterung der Lungenfunktionswerte bei Kälte, Regen und Temperaturschwankungen mit vier Lungenfunktionstests von Oktober 2013 bis September 2014 nachgewiesen, kann in vollem Umfang auf das fachärztliche Gutachten der Dr. G.-S. vom 28. Oktober 2014 verwiesen werden. Darin wird - unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung erhobenen Werte der Lungenfunktionsmessung - nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger zwar wegen des Asthmas verschiedene qualitative Einschränkungen beachten muss, jedoch keine zeitliche Einschränkung besteht. Auch aus nervenärztlicher Sicht besteht keine zeitliche Leistungseinschränkung, wie sich schlüssig aus dem Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 8. Juli 2015 ergibt. Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Verschlechterung der Lungenfunktion bestehen nicht, da Dr. N. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 10. März 2015 im Gegenteil angegeben hat, dass seit der Neueinstellung ab 15. Juli 2014 nur noch eine leichte Verengung der Atemwege bestehe. Im Übrigen hat der Kläger auch keine Verschlechterung der Lungenfunktion seit der Begutachtung durch Dr. G.-S. geltend gemacht und sich geweigert, an einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts durch eine aktuelle Begutachtung auf lungenfachärztlichem Gebiet mitzuwirken, so dass bereits aus diesem Grund keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen möglich waren.
Darüber hinaus könnte aber von vornherein weder aus den vom Kläger erwähnten Lungenbefunden aus den Jahren 2013 und 2014 noch aus einer aktuellen Verschlechterung der Gesundheitssituation ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung abgeleitet werden, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI - drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung - letztmals im Oktober 2009 erfüllt waren (vgl. Versicherungsverlauf in der Anlage zum Bescheid vom 4. Juli 2014). Denn der letzte Pflichtbeitrag wurde im April 2008 geleistet und im Versicherungskonto des Klägers sind anschließend auch keine Zeiten enthalten, die gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI zu einer Verlängerung des 5-Jahres-Zeitraums führen könnten. Insbesondere war der Kläger nach der Auskunft des Jobcenters der Stadt Karlsruhe vom 26. Juni 2014 im Zeitraum vom 27. April 2008 bis 31. Dezember 2013 nicht arbeitslos gemeldet. Der Eintritt einer zeitlichen Leistungseinschränkung bis Oktober 2009 lässt sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ableiten. Aus dem Befundbericht des Dr. M. vom 22. Juli 1996 ergibt sich eine chronisch obstruktive Bronchitis mit akuter Exacerbation und respiratorischer Insuffizienz sowie entsprechend eingeschränkte Lungenfunktionswerte. Bereits bei der Kontrolluntersuchung am 1. August 1996 war der Kläger jedoch beschwerdefrei und sowohl die ganzkörperplethysmographischen Parameter als auch die Werte der Blutgasanalyse hatten sich normalisiert. Eine dauerhafte zeitliche Leistungseinschränkung des Klägers lässt sich daraus nicht ableiten. Ebenso wenig kann aus dem ärztlichen Attest der Dr. L. vom 21. März 2006, in dem zwar ein chronisches Bronchialasthma erwähnt wird, aber keine Untersuchungsbefunde genannt werden, eine dauerhafte zeitliche Leistungseinschränkung gefolgert werden. Letztlich war somit - wie oben bereits erwähnt - bis zur Begutachtung durch Dr. G.-S. im Jahr 2014 keine zeitliche Leistungseinschränkung durch die eingeschränkte Lungenfunktion nachweisbar.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI). Entgegen der Auffassung des SG ergeben sich aus dem Gutachten des Dr. D. vom 8. Juli 2015 keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger (seit 30. September 2006) nicht mehr als Diplom-Ingenieur für Maschinenbau arbeiten kann. Dr. D. hat als Diagnosen eine hypochondrische Störung und eine Somatisierungsstörung angegeben und ausgeführt, auf Dauer sei der Kläger aus nervenärztlicher Sicht nicht für Tätigkeiten geeignet, die zu einer besonderen psychischen Beanspruchung führten (z.B. Akkord-, Schicht-, Nachtarbeit, Arbeit unter Zeitdruck oder mit stark erhöhter Eigenverantwortung). Andere Beschäftigungen müsste er dagegen bis zu acht Stunden pro Tag an fünf Tagen in der Woche leisten können. Dabei seien besondere Arbeitsbedingungen nicht zu berücksichtigen, wenn man davon absehe, dass sich aus seinem pulmonalen Leiden gewisse Einschränkungen ergäben. Auf pulmonalem Fachgebiet sind nach der Beurteilung von Dr. G.-S. in ihrem Gutachten vom 28. Oktober 2014 die Atemwege ätzende, reizende oder allergisierende Substanzen, Arbeiten bei Nässe und Kälte, starke Staubbelastung oder starke passive Nikotinexposition zu meiden. Nach der Berufsbeschreibung im "BERUFENET" der Bundesagentur für Arbeit übernehmen Maschinenbauingenieure und -ingenieurinnen eigenverantwortlich technische, organisatorische oder betriebswirtschaftliche Aufgaben bei der Neuentwicklung, Optimierung, Fertigung oder Instandhaltung von Maschinen und Anlagen. Dazu benötigen sie sorgfältige Arbeitsweise, technisches Verständnis, analytisches und betriebswirtschaftliches Denken. Häufig sind Maschinenbauingenieure und -ingenieurinnen im Büro am Computer tätig, z.B. wenn sie Entwürfe mit CAD-Programmen, Konstruktionszeichnungen oder Angebote erstellen. Sie arbeiten mit technischen Maschinen und Anlagen, z.B. mit Mess- und Prüfgeräten bei der Schwachstellenanalyse. In Testlabors und an Prüfständen kontrollieren sie z.B. die Funktion produzierter Maschinenteile und stellen somit die Qualität sicher. Lediglich bei überwachenden Tätigkeiten in der Fertigung richtet sich ihre Arbeitszeit nach den Produktionsrhythmen des jeweiligen Betriebs, so dass auch Schichtarbeit anfallen kann und bei Tätigkeiten im Vertrieb sind Maschinenbauingenieure und -ingenieurinnen viel unterwegs, auch im Ausland. Aus dieser Beschreibung geht hervor, dass der vom Kläger erlernte und zuletzt ausgeübte Beruf des Maschinenbau-Ingenieurs vielfältige Einsatzmöglichkeiten bietet, die mit den genannten Einschränkungen zu vereinbaren sind (z.B. überwiegende Bürotätigkeit ohne Schichtarbeit und ohne Außendiensttätigkeit) und der Kläger daher weiterhin in seinem bisherigen Beruf mindestens sechs Stunden arbeitstäglich arbeiten kann. Der Kläger ist deshalb nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 SGB VI.
Aus diesen Gründen war die Berufung des Klägers zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung der Beklagten der Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2016 aufzuheben sowie die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger hat Maschinenbau studiert und war bis 30. September 2006 als Vertriebsingenieur bei der Firma S. versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 27. April 2007 bis 26. April 2008 bezog der Kläger Arbeitslosengeld I und seit 1. Januar 2014 Arbeitslosengeld II.
Am 6. März 2014 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, er halte sich seit 1996 für erwerbsgemindert wegen einer chronischen Bronchitis, Asthma seit 2004 und einer Unverträglichkeit gegen Asthma-Medikamente. Er legte das ärztliche Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. L. vom 21. März 2006 sowie den Entlassungsbericht der St-V.-K. K. vom 28. Juni 2013 über seinen stationären Aufenthalt vom 21. Juni 2013 bis 25. Juni 2013 vor.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2014 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da bei einem möglichen Eintritt der Erwerbsminderung am 6. März 2014 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Sie habe des Weiteren geprüft, ob ein Versicherungsfall 1996 angenommen werden könne. Leider habe ihr nach medizinischen Ermittlungen nur ein Attest von 2006 und ein Entlassungsbericht von 2013 vorgelegen. Mit diesen Unterlagen lasse sich eine Leistungsminderung zum genannten Zeitpunkt nicht begründen. In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) verlängere sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung um Berücksichtigungszeiten. Als Eintritt der Erwerbsminderung sei der 30. September 2006 anzunehmen. Dies ergebe sich aus dem Versicherungsverlauf in Verbindung mit dem Attest vom 21. März 2006. Wegen seiner Krankheit sei er außerstande gewesen, erwerbstätig zu sein und habe sich erst am 27. April 2007 arbeitslos gemeldet, obwohl das Arbeitsverhältnis am 30. September 2006 geendet habe. In der Zeit vom 27. April 2007 bis 26. April 2008 sei die Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht gelungen. Er sei in der Zeit vom 27. April 2008 bis 31. Dezember 2013 arbeitslos gewesen und habe kein Arbeitslosengeld II bezogen. Ein Hinweis auf die Nachteile in der Rentenversicherung fehle. Die Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung habe er gezahlt. Die Beklagte holte den Befundbericht der Allgemeinärztin Dr. L. vom 25. Juli 2014 ein. Danach liegen der V.a. Bronchialasthma und eine chronisch-obstruktive Bronchitis vor. Dr. L. fügte außerdem die Berichte des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde M. vom 22. Juli 1996 und vom 1. August 1996 bei. Die Beklagte veranlasste ferner eine sozialmedizinische Begutachtung durch die Ärztin für Lungenheilkunde und innere Medizin Dr. G.-S ... Diese teilte in ihrem Gutachten vom 28. Oktober 2014 mit, beim Kläger sei seit 1996 ein Asthma bronchiale bekannt, das laut Plan mit lang wirksamen Betamimetika, topischen Steroiden und in geringer Dosis Theophyllin eingestellt sei. Durch die asthmatische Situation habe der Kläger bezüglich seiner beruflichen Einsetzbarkeit sicherlich einige Einschränkungen. Zu meiden seien die Atemwege ätzende, reizende oder allergisierende Substanzen, Arbeiten bei Nässe und Kälte, starke Staubbelastung oder starke passive Nikotinexposition. Insofern sei sicherlich ein leidensgerechter Arbeitsplatz Voraussetzung, dann sollte aber einer vollschichtigen Arbeitstätigkeit nichts entgegen stehen. Es überrasche, wieso der Kläger wegen des genannten Leidens seit acht Jahren keiner versicherten Tätigkeit mehr nachgekommen sei und nie eine fachärztliche Behandlung, eine Klinikbehandlung oder eine Reha-Maßnahme angestrebt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger mache eine Leistungsminderung seit 30. September 2006 geltend. Aus den angeforderten Befundberichten ergebe sich keine Einschränkung der Leistungsminderung seit 1996 beziehungsweise 30. September 2006. Das angeforderte internistisch-pulmologische Gutachten bestätige ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr sowohl im Hauptberuf als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Da der Kläger in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und in seinem bisherigen Beruf als Diplom-Ingenieur mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, lägen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI und Berufsunfähigkeit im Sinne von § 240 Abs. 2 SGB VI nicht vor.
Dagegen hat der Kläger am 9. Februar 2015 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Das SG hat den behandelnden Allgemeinarzt Dr. N. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser hat am 10. März 2015 mitgeteilt, es lägen eine Hauterkrankung, nämlich ein mikrobielles Ekzem am Unterschenkel, und eine Lungenerkrankung vor. Er schilderte die bei den apparativen Untersuchungen am 6. März 2014 (mittelschwere Obstruktion mit Peak Flow von 43 % des Sollwertes, Sauerstoffsättigung des Blutes normal), am 6. Mai 2014 (mittelschwere Obstruktion mit Peak Flow von 31 % des Sollwertes, Sauerstoffsättigung des Blutes normal [98%]), am 15. Juli 2014 (leichte Obstruktion mit Peak-Flow 56 % und ebenfalls normaler Sauerstoffsättigung) und am 31. Juli 2014 (Patient gibt noch Dyspnoe [erschwerte Atmung/Atemnot] bei Belastung an) erhobenen Befunde. Ab der Neueinstellung am 15. Juli 2014 habe ein Übergang in eine nur noch leichte Verengung der Atemwege stattgefunden. Ihm sei nur die Lungenerkrankung bekannt. Von Seiten der objektiv vorliegenden Befunde der Lungenerkrankung müsste eine körperlich leichte, also nicht mittelschwere und nicht schwere Arbeit über sechs Stunden möglich sein.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das SG ferner den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem nervenärztlichen Gutachten vom 8. Juli 2015 nannte Dr. D. als Diagnosen eine hypochondrische Störung und eine Somatisierungsstörung. Bei der neurologischen Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf eine neurologische Erkrankung im eigentlichen Sinne finden lassen. Auf Dauer sei der Kläger aus nervenärztlicher Sicht nicht für Tätigkeiten geeignet, die zu einer besonderen psychischen Beanspruchung führten (z.B. Akkord-, Schicht-, Nachtarbeit, Arbeit unter Zeitdruck oder mit stark erhöhter Eigenverantwortung). Andere Beschäftigungen müsste er dagegen bis zu acht Stunden pro Tag an fünf Tagen in der Woche leisten können. Dabei seien besondere Arbeitsbedingungen nicht zu berücksichtigen, wenn man davon absehe, dass sich aus seinem pulmonalen Leiden gewisse Einschränkungen ergäben. Mit Schriftsätzen vom 10. September 2015 und 28. Oktober 2015 hat sich die Beklagte bereit erklärt, dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer - ausgehend von einem Leistungsfall am 30. September 2006 - mit Rentenbeginn 1. März 2014 zu gewähren und mitgeteilt, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen würden zuletzt mit Oktober 2009 erfüllt. Eine vom SG beabsichtigte Begutachtung durch den Internisten und Lungenfacharzt Dr. P. hat der Kläger abgelehnt, da ihm eine weitere vierstündige ambulante Untersuchung nicht zumutbar sei. Es bestehe ein hohes Risiko wegen Multiresistenzen und fehlenden Vorkehrungen in der Praxis. Er sei aufgrund seiner Erkrankung und regelmäßig hoher Dosierung seiner Medikamente stark gefährdet. Eine weitere vierstündige ambulante Untersuchung sei außerdem nicht notwendig. Alle entscheidungserheblichen Tatsachen seien in den Gerichtsakten und seit März 2006 bekannt. Die Gutachter seien verpflichtet, mitzuwirken und alle ihn betreffenden Befunde vorzulegen. Mit Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2016 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2015 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (bei Berufsunfähigkeit) ab dem 1. März 2014 zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Kläger leide im Wesentlichen an einem Asthma bronchiale sowie einer hypochondrischen Störung und einer Somatisierungsstörung. Diese Gesundheitsstörungen bedingten nach den überzeugenden Einschätzungen sämtlicher angehörter Ärzte nur qualitative und nicht quantitative Einschränkungen des Leistungsvermögens des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. So seien ihm insbesondere keine Tätigkeiten mit besonderer psychischer Beanspruchung, wie etwa Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit sowie Arbeit unter Zeitdruck oder mit starker erhöhter Eigenverantwortung mehr möglich. Eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen sei nicht möglich gewesen, da sich der Kläger geweigert habe, sich einer weiteren ambulanten gutachtlichen Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Daher lasse sich jedenfalls eine Verschlechterung der Lungenfunktionswerte nicht nachweisen. Der Kläger habe jedoch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI, da er seine letzte berufliche Tätigkeit als Diplom-Ingenieur für Maschinenbau nicht mehr ausüben könne. Der Zustand bestehe zur Überzeugung der Kammer nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. D. bereits seit dem Jahr 2006. Eine Verweisungstätigkeit sei nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte auch zutreffend vergleichsweise eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit angeboten habe.
Gegen den ihm am 1. März 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 2. März 2016 Berufung beim SG eingelegt (Eingang beim Landessozialgericht Baden-Württemberg am 9. März 2016) und seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft sowie erneut darauf hingewiesen, dass eine weitere vierstündige ambulante gutachterliche Untersuchung nicht notwendig und auch nicht zumutbar sei. Er habe die Verschlechterung der Lungenfunktionswerte bei Kälte, Regen und Temperaturschwankungen mit vier Lungenfunktionstests von Oktober 2013 bis September 2014 nachgewiesen, wobei eine mittelschwere chronische Obstruktion nachgewiesen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2015 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2006 auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen sowie den Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid verwiesen. Es bestehe ein 6-stündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Akkord-, Schicht- sowie Arbeiten in der Nachtschicht und mit hohem Zeitdruck. Eine leichte Bürotätigkeit oder eine Tätigkeit als Pförtner dürfte somit noch möglich sein. In der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2016 hat die Beklagte Anschlussberufung eingelegt und vorgebracht, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit lägen nicht vor.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Die in der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2016 eingelegte Anschlussberufung der Beklagten (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 524 ZPO), die an keine Frist gebunden (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 143 Rdnr. 5f m.w.N.) und deshalb zulässig ist, hat Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. und keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, gemäß § 240 SGB VI.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung - § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und - gestützt auf die Gutachten der Dr. G.-S. und des Dr. D. sowie die Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. N. - zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat, weil er in der Lage ist, ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung des Klägers aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Auch aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Soweit der Kläger vorgetragen hat, er habe die Verschlechterung der Lungenfunktionswerte bei Kälte, Regen und Temperaturschwankungen mit vier Lungenfunktionstests von Oktober 2013 bis September 2014 nachgewiesen, kann in vollem Umfang auf das fachärztliche Gutachten der Dr. G.-S. vom 28. Oktober 2014 verwiesen werden. Darin wird - unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung erhobenen Werte der Lungenfunktionsmessung - nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger zwar wegen des Asthmas verschiedene qualitative Einschränkungen beachten muss, jedoch keine zeitliche Einschränkung besteht. Auch aus nervenärztlicher Sicht besteht keine zeitliche Leistungseinschränkung, wie sich schlüssig aus dem Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 8. Juli 2015 ergibt. Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Verschlechterung der Lungenfunktion bestehen nicht, da Dr. N. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 10. März 2015 im Gegenteil angegeben hat, dass seit der Neueinstellung ab 15. Juli 2014 nur noch eine leichte Verengung der Atemwege bestehe. Im Übrigen hat der Kläger auch keine Verschlechterung der Lungenfunktion seit der Begutachtung durch Dr. G.-S. geltend gemacht und sich geweigert, an einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts durch eine aktuelle Begutachtung auf lungenfachärztlichem Gebiet mitzuwirken, so dass bereits aus diesem Grund keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen möglich waren.
Darüber hinaus könnte aber von vornherein weder aus den vom Kläger erwähnten Lungenbefunden aus den Jahren 2013 und 2014 noch aus einer aktuellen Verschlechterung der Gesundheitssituation ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung abgeleitet werden, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI - drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung - letztmals im Oktober 2009 erfüllt waren (vgl. Versicherungsverlauf in der Anlage zum Bescheid vom 4. Juli 2014). Denn der letzte Pflichtbeitrag wurde im April 2008 geleistet und im Versicherungskonto des Klägers sind anschließend auch keine Zeiten enthalten, die gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI zu einer Verlängerung des 5-Jahres-Zeitraums führen könnten. Insbesondere war der Kläger nach der Auskunft des Jobcenters der Stadt Karlsruhe vom 26. Juni 2014 im Zeitraum vom 27. April 2008 bis 31. Dezember 2013 nicht arbeitslos gemeldet. Der Eintritt einer zeitlichen Leistungseinschränkung bis Oktober 2009 lässt sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ableiten. Aus dem Befundbericht des Dr. M. vom 22. Juli 1996 ergibt sich eine chronisch obstruktive Bronchitis mit akuter Exacerbation und respiratorischer Insuffizienz sowie entsprechend eingeschränkte Lungenfunktionswerte. Bereits bei der Kontrolluntersuchung am 1. August 1996 war der Kläger jedoch beschwerdefrei und sowohl die ganzkörperplethysmographischen Parameter als auch die Werte der Blutgasanalyse hatten sich normalisiert. Eine dauerhafte zeitliche Leistungseinschränkung des Klägers lässt sich daraus nicht ableiten. Ebenso wenig kann aus dem ärztlichen Attest der Dr. L. vom 21. März 2006, in dem zwar ein chronisches Bronchialasthma erwähnt wird, aber keine Untersuchungsbefunde genannt werden, eine dauerhafte zeitliche Leistungseinschränkung gefolgert werden. Letztlich war somit - wie oben bereits erwähnt - bis zur Begutachtung durch Dr. G.-S. im Jahr 2014 keine zeitliche Leistungseinschränkung durch die eingeschränkte Lungenfunktion nachweisbar.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI). Entgegen der Auffassung des SG ergeben sich aus dem Gutachten des Dr. D. vom 8. Juli 2015 keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger (seit 30. September 2006) nicht mehr als Diplom-Ingenieur für Maschinenbau arbeiten kann. Dr. D. hat als Diagnosen eine hypochondrische Störung und eine Somatisierungsstörung angegeben und ausgeführt, auf Dauer sei der Kläger aus nervenärztlicher Sicht nicht für Tätigkeiten geeignet, die zu einer besonderen psychischen Beanspruchung führten (z.B. Akkord-, Schicht-, Nachtarbeit, Arbeit unter Zeitdruck oder mit stark erhöhter Eigenverantwortung). Andere Beschäftigungen müsste er dagegen bis zu acht Stunden pro Tag an fünf Tagen in der Woche leisten können. Dabei seien besondere Arbeitsbedingungen nicht zu berücksichtigen, wenn man davon absehe, dass sich aus seinem pulmonalen Leiden gewisse Einschränkungen ergäben. Auf pulmonalem Fachgebiet sind nach der Beurteilung von Dr. G.-S. in ihrem Gutachten vom 28. Oktober 2014 die Atemwege ätzende, reizende oder allergisierende Substanzen, Arbeiten bei Nässe und Kälte, starke Staubbelastung oder starke passive Nikotinexposition zu meiden. Nach der Berufsbeschreibung im "BERUFENET" der Bundesagentur für Arbeit übernehmen Maschinenbauingenieure und -ingenieurinnen eigenverantwortlich technische, organisatorische oder betriebswirtschaftliche Aufgaben bei der Neuentwicklung, Optimierung, Fertigung oder Instandhaltung von Maschinen und Anlagen. Dazu benötigen sie sorgfältige Arbeitsweise, technisches Verständnis, analytisches und betriebswirtschaftliches Denken. Häufig sind Maschinenbauingenieure und -ingenieurinnen im Büro am Computer tätig, z.B. wenn sie Entwürfe mit CAD-Programmen, Konstruktionszeichnungen oder Angebote erstellen. Sie arbeiten mit technischen Maschinen und Anlagen, z.B. mit Mess- und Prüfgeräten bei der Schwachstellenanalyse. In Testlabors und an Prüfständen kontrollieren sie z.B. die Funktion produzierter Maschinenteile und stellen somit die Qualität sicher. Lediglich bei überwachenden Tätigkeiten in der Fertigung richtet sich ihre Arbeitszeit nach den Produktionsrhythmen des jeweiligen Betriebs, so dass auch Schichtarbeit anfallen kann und bei Tätigkeiten im Vertrieb sind Maschinenbauingenieure und -ingenieurinnen viel unterwegs, auch im Ausland. Aus dieser Beschreibung geht hervor, dass der vom Kläger erlernte und zuletzt ausgeübte Beruf des Maschinenbau-Ingenieurs vielfältige Einsatzmöglichkeiten bietet, die mit den genannten Einschränkungen zu vereinbaren sind (z.B. überwiegende Bürotätigkeit ohne Schichtarbeit und ohne Außendiensttätigkeit) und der Kläger daher weiterhin in seinem bisherigen Beruf mindestens sechs Stunden arbeitstäglich arbeiten kann. Der Kläger ist deshalb nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 SGB VI.
Aus diesen Gründen war die Berufung des Klägers zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung der Beklagten der Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2016 aufzuheben sowie die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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