Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 289/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 72/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte erstattet der Klägerin auch deren notwendige außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1982 geborene Klägerin begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Mit Schreiben vom 27. September 2000 meldete die Postbeamtenkrankenkasse bei der Beklagten vorsorglich Ersatzansprüche im Hinblick auf einen von der Klägerin am 29. Dezember 1998 in S auf dem sog. Berghof P erlittenen Unfall an, bei welchem die Klägerin von einem Pferd überrannt wurde und einen Huftritt ins Genick erhielt. Beim Berghof P handelt(e) es sich um einen in landwirtschaftlichem Nebenerwerb betriebenen Reiterhof der Tante der Klägerin, der Zeugin M P-F, und von deren (damaligem) Verlobten und späterem Ehemann P P, welche beide vollschichtig in Wechselschicht als Polizeibeamte in B angestellt waren. Der Reiterhof umfasste einen Zuchtbetrieb, Pensionspferdehaltung und Reitunterricht. Die Postbeamtenkrankenkasse fügte u.a. ein Schreiben der Mutter der Klägerin vom 05. August 2000 bei, wonach die Klägerin und deren Tante die Leidenschaft für Pferde verbinde. Bereits seit Jahren verbringe die Klägerin ihre Ferien auf dem Hof ihrer Tante. Sie habe dort auch schon an Turnieren teilgenommen. Die Klägerin habe in ihren Ferien die Gelegenheit, dort ein Pferd zur Verfügung zu haben, das sie reiten und pflegen dürfe. Sie werde von ihrer Tante nicht als Ersatzarbeitskraft für übliche Tätigkeiten eingesetzt, sondern die Tante räume ihr die Möglichkeit ein, ihrer Pferdeleidenschaft dadurch nachzugehen, dass sie in ständigem Kontakt mit Pferden stehe. In diesem Zusammenhang führe sie Pflegearbeiten aus bis hin zur Reinigung des Stalls. Der Charakter der von der Klägerin ausgeführten Arbeiten sei am ehesten dahingehend zu beschreiben, dass sie dadurch ihre eigenen Bedürfnisse befriedige. Es handele sich um eine spezifische Art der Feriengestaltung. Die Klägerin sei nicht in die üblichen Arbeitslabläufe des Hofes eingebunden und werde auch dort nicht zu irgendwelchen Arbeiten eingeteilt oder abgeordnet. Auf dem Hof seien regelmäßig ausreichend Leute tätig, die gewährleisteten, dass die unbedingt notwendigen Arbeiten ausgeführt würden. Die Klägerin habe, wie in Ferien üblich, den Tagesablauf nach eigenem Gutdünken gestalten können. Sie habe allenfalls mit der Tante absprechen müssen, ob sie beispielsweise zu von ihr gewünschten Zeiten mit einem bestimmten Pferd ausreiten dürfe oder diesem Vorhaben andere Pläne entgegenstünden.
Bei dem Unfall zog sich die Klägerin eine Atlasbogenfraktur (Fraktur des obersten Halswirbels) zu, welche knöchern ausheilte, jedoch Funktionseinschränkungen der oberen Halswirbelsäule mit begleitenden muskulären Verspannungen und Kopfschmerzen nach sich zog, vgl. Attest der Orthopädin Dr. H vom 28. Juli 2000.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 25. Oktober 2000 die Anerkennung des Ereignisses vom 29. Dezember 1998 als Arbeitsunfall ab. Die Klägerin sei nicht als Arbeitende während einer Betriebstätigkeit oder auf einem damit im Zusammenhang stehenden Hin- oder Rückweg versichert. Es fehle an einer ernsthaften, dem landwirtschaftlichen Betrieb dienenden Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, welche dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspreche. Vielmehr liege bei der Klägerin eine eigenwirtschaftliche Verrichtung vor. Sie sei nicht in den betrieblichen Prozess auf dem Gehöft integriert gewesen, sondern sei ihrer unversicherten Pferdeleidenschaft bzw. Freizeitgestaltung nachgegangen. Die Klägerin erhob am 13. November 2000 fristwahrend Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2001 als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin verfolgte ihr Begehren mit der am 20. Juli 2001 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage S 68 U 484/01 weiter. Sie machte geltend, dass die ergangene Verwaltungsentscheidung nicht auf ihren eigenen Angaben beruhe und deshalb nicht zutreffe. Sie war der Auffassung, dass zum Unfallzeitpunkt eine arbeitnehmerähnliche Eingliederung in den landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Tante vorgelegen habe. Sie schilderte den Sachverhalt wie folgt: Sie habe sich 1998 und auch davor regelmäßig, insbesondere in den Ferien, auf dem Hof ihrer Tante aufgehalten. Sie sei dort regelmäßig geritten und habe mit dem Kleinpferd "Maximus" ein Lieblingspferd gehabt, auf dem sie regelmäßig geritten sei. Sie habe mit ihrer Tante auch an Turnieren teilgenommen. Sie habe in den Zeiten, in denen sie auf dem Hof ihrer Tante gewesen sei, regelmäßig auch andere Tiere gefüttert und auf die Weide geführt. Im Unfallzeitpunkt hätten ihre Tante und ihr Verlobter in Wechselschicht im Schichtdienst gearbeitet. In diesen Zeiten sei sie oft allein auf dem Hof gewesen. Am 29. Dezember 1998 hätten ihre Tante und deren Verlobter Frühdienst gehabt, d.h. sie hätten vor 06.00 Uhr den Hof verlassen und seien erst nach 16.00 Uhr zurückgekehrt. Da das Wetter dies zugelassen habe, habe sie gegen 08.00 Uhr damit begonnen, die vorhandenen zehn Pferde vom Stall auf die Koppel zu führen. Dies sei mit den übrigen Pferden auch problemlos gelungen. Sie habe das etwa zweijährige Fohlen "Nastasia" und dessen Mutter dergestalt vom Stall in Richtung Koppel geführt, dass sie jeweils ein Pferd links und ein Pferd rechts an der Leine geführt habe. Kurz vor Erreichen der Koppel sei "Nastasia" aufgestiegen, habe sich losgerissen und sei zurück zum Stall gerannt. Die Klägerin habe zunächst versucht, das ältere Pferd auf die Koppel zu führen. Während sie noch mit dem Koppeltor beschäftigt gewesen sei, sei "Nastasia" zurückgelaufen, habe sie überrannt und ihr mit einem Huf in den Nacken getreten. Im Anschluss sei es noch gelungen, ihre Tante telefonisch über den Vorfall zu informieren. Eine Nachbarin habe sie ins Krankenhaus gefahren. Sie habe auch an anderen Tagen Arbeiten wie am 29. Dezember 1998 ausgeführt. Für die Aufenthalte auf dem Reiterhof habe sie nichts bezahlen müssen. Dafür habe sie auf dem Hof mithelfen sollen. Dort habe es viel zu tun gegeben, zumal der Hof ja neu eingerichtet worden sei. Sie habe alle Aufgaben verrichtet, die bei der Versorgung der Pferde angefallen seien. Sie habe den Stall ausgemistet, die Tiere mit Futter versorgt, Insektenstiche oder Bisswunden versorgt, die Tiere gestriegelt. Auch habe sie den Stall und die Werkstatt aufgeräumt und habe beim Bau der Koppeln mitgeholfen. Seinerzeit hätten sie auch noch Heu selbst gemacht, wobei sie beim Binden mitgeholfen habe. Sie liebe die Tiere und habe die genannten Aufgaben gern verrichtet. Sie sei sehr froh gewesen, dass sie auf diese Art die Gelegenheit gehabt habe, zu reiten und mit den Tieren zusammen zu sein, denn ihrer Mutter sei es seinerzeit finanziell nicht so gut gegangen. Sie sei sogar tageweise ganz allein auf dem Hof zur Versorgung der Tiere gewesen, wenn ihre Tante oder ihr Onkel verreist gewesen seien.
Das SG vernahm am 29. Juni 2004 die Zeugen P und P-F. Der Zeuge P gab an: Arbeitnehmer würden auf dem Hof nicht beschäftigt. 1998 hätten dort sieben eigene und drei Pensionspferde gestanden. Am 29. Dezember 1998 habe keine Notwendigkeit bestanden, die Pferde auf die Koppel zu führen. Die Klägerin sei von ihm hierzu nicht aufgefordert worden. Sie habe Pferde noch nicht hinausgeführt, ohne dass sie dabei gewesen wären. Sie hätten auch gar nicht gewollt, dass sich Pferde draußen auf der Koppel befänden, wenn sie nicht zugegen gewesen seien. Wenn sie in Berlin gewesen seien, hätten die Pferde im Stall bleiben sollen. Denn in der Vergangenheit seien Pferde auch schon aus der Koppel ausgebrochen. Die Pferde hätten auch tagsüber im Stall mit Laufbereich verbleiben können. Die Pferde seien früh und abends von ihnen versorgt worden. Grundsätzlich habe sich die Klägerin um ihr Reitvereinspferd gekümmert. Während der Ferien habe die Klägerin machen und tun können, was sie gewollt habe. Dabei sei sie ihnen auch bei der Pflege der anderen Pferde zur Hand gegangen.
Die Zeugin P-F gab an: Die Klägerin habe sich schwerpunktmäßig um ihr Turnierpferd, aber auch um die anderen Pferde selbständig gekümmert. Sie habe nicht nur ihr Turnierpferd geritten, sondern auch andere Pferde, und sie habe sich mit Pferden ausgekannt. Sie sei sehr vernünftig gewesen. Während der Ferien sei sie auch mit den Hunden spazieren gegangen, habe sich mit ihrer Freundin bei ihnen getroffen. Am 29. Dezember 1998 sei es nicht erforderlich gewesen, die Pferde auf die Koppel zu bringen. Es sei klar gewesen, dass die Pferde wegen der Ausbruchsgefahr nicht auf der Koppel hätten sein sollen, wenn sie nicht zugegen gewesen seien. Vor dem Vorfall vom 29. Dezember 1998 sei dies auch nicht vorgekommen. Am Morgen des 29. Dezember 1998 hätten sie und ihr Ehemann die Tiere versorgt. Angestellte hätten sie nicht gehabt. Familienmitglieder hätten mit Hand angelegt.
Das SG verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 29. Juni 2004 zur Anerkennung des Zustands nach Atlasbogeninfraktion nach Pferdetritt als Folge des am 29. Dezember 1998 erlittenen Arbeitsunfalls. Die Klägerin sei beim Unfallereignis als sog. Wie-Beschäftigte versichert gewesen. Zwar sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass es am Unfalltag nicht zwingend erforderlich gewesen sei, die Pferde auf die Außenkoppel zu führen. Doch sei nachvollziehbar, dass es an geeigneten Tage in der dunklen Jahreszeit für die Tiere artgerechter sei, sich im Außenbereich an der frischen Luft zu bewegen, zumal dies nach Rückkehr der Zeugen aus Berlin infolge der dann schon wieder einsetzenden Dunkelheit kaum möglich gewesen wäre. Der Versicherungsschutz sei selbst dann nicht ausgeschlossen gewesen, wenn die Klägerin gegen ein ausdrückliches Verbot verstoßen hätte.
Im anschließenden Berufungsverfahren L 2 U 57/04 trug die Klägerin vor, dass die Zeugenaussagen nicht zuträfen, soweit das eigenständige Hinausführen der Pferde auf die Außenkoppel ohne Anwesenheit der Zeugen verboten gewesen sei. Untersagt sei lediglich gewesen, die Pferde auf nicht fest umzäuntes Gelände zu verbringen. Auch sei unrichtig, dass die Zeugen die Pferde am Morgen des 29. Dezember 1998 vor ihrem Aufbruch um 05.00 Uhr versorgt hätten. Es sei gegen den Zeugen P wegen der Falschaussage Strafanzeige gestellt worden. Am Morgen des 29. Dezember 1998 hätten ihre Tante und ihr Onkel beide sinngemäß zu ihr gesagt, es werde wohl ein schöner Tag, die Pferde würden sich freuen, auf die Koppel zu kommen. Die Klägerin legte eine Erklärung ihrer Schwester K S vom 22. Februar 2006 vor.
Das LSG vernahm die Zeugen K S, L sowie die Zeugen P-F am 07. Juni 2006. Die Zeugin P-F gab an, es sei nicht so gewesen, dass die Klägerin fest in den Arbeitsablauf einkalkuliert gewesen sei. Es sei mit ihr besprochen worden, dass auch andere Pferde als das von ihr als Turnierpferd genutzte geputzt werden könnten, wobei es sich regelmäßig um eine freiwillige Tätigkeit der Klägerin gehandelt habe. In den Ferien sei die Klägerin oft da gewesen. Genauere Angaben zum zeitlichen Umfang könne sie nicht machen. Wenn sie abends von der Arbeit nach Hause gekommen sei, sei auch darüber gesprochen worden, was die Klägerin im Laufe des Tages mit den Pferden unternommen habe. Dabei sei es auch vorgekommen, dass die Klägerin Pferde auf die sog. Reitbahn geführt habe. Ausdrücklich verboten sei nur das Reiten der Pferde gewesen. Sie habe nicht mitbekommen, dass ihr Ehemann, der Zeuge P, ausdrücklich verboten habe, die Stute und das Fohlen auf die Reitbahn zu bringen. Sie wisse es aber, weil es Probleme gegeben habe. Ob sie und ihr Ehemann mal länger als einen Tag weggeblieben wären, wisse sie nicht mehr. Es könne aber sein. Da die Klägerin zu ihrem Ehemann keinen so guten Draht gehabt habe, hätte zumeist sie die Sachen mit der Klägerin besprochen.
Der Zeuge P gab u.a. an, das Führen der Pferde sei verboten worden, weil die Gefahr, die von den Tieren ausgehe, als sehr hoch eingeschätzt worden sei. Die Tätigkeit der Klägerin sei freiwillig erfolgt. Sie sei nicht in den Arbeitsablauf eingeplant gewesen. Es sei abgesprochen gewesen, dass auch seine Ehefrau das Ausführen der Pferde verbiete. Die Klägerin habe sicherlich auch mal andere Pferde gepflegt, ihnen Wasser gegeben und den Hof gefegt.
Die Zeugin L gab an, mit der Klägerin ziemlich oft am Wochenende auf dem Hof gewesen zu sein. Da ihre Patentante in S wohne, habe sie dort übernachtet. Sie hätten dort auch manchmal zu Mittag gegessen. Die Ponys hätten sie häufig von der Koppel geholt, geritten und geputzt und wieder auf die Koppel oder danach in den Stall gebracht. Die Tante der Klägerin sei oft dabei gewesen, aber nicht immer. Ein Erwachsener sei eigentlich oder fast immer zumindest im Haus gewesen, wenn sie die Pferde geführt oder geritten hätten. An ein ausdrückliches Verbot, die Pferde auf die Koppel zu führen, könne sie sich – wenn überhaupt – nur bzgl. der Hengste erinnern.
Die Zeugin K S gab an, dann, wenn sie auf den Hof gekommen seien, die Arbeiten übernommen zu haben, die sie hätten schaffen können. Es habe kein ausdrückliches Verbot gegeben, irgendetwas zu machen. Beim Herausführen der Pferde hätten sie möglichst zu zweit sein sollen. Sie habe allerdings die Stute und das Fohlen auch mal allein auf die Koppel geführt. Wenn ihre Schwester die Pferde nicht herausgeführt hätte, hätte der Zeuge P mit ihr abends herumgemeckert, dass sie faul sei. Damit die Pferde nicht starken Stress entwickelten, hätten sie sie früh morgens schon auf die Koppel gebracht. Im Zeitraum nach Weihnachten 1998 sei sie überhaupt nicht auf dem Hof gewesen. Aus ihrer Sicht hätte auch die Klägerin nicht auf dem Hof als Gegenleistung für das Reiten arbeiten müssen, sondern hätte dies aus Freude an der Tätigkeit getan. Sie und der Zeuge P hätten sich nicht gut leiden können. Deshalb habe dieser ihr auch öfters vorgehalten, faul zu sein. Wenn die Zeugen P-F und P Frühschicht gehabt hätten, hätten sie und ihre Schwester regelmäßig die Pferde versorgt, ohne dass dies zuvor konkret abgesprochen worden sei. Die Versorgung der Pferde habe so ausgesehen, dass sie nach einer ¾-Stunde, während sie gefressen hätten, auf die Koppel geführt worden seien. Anschließend seien die Ställe ausgemistet worden, wofür sie ca. zweieinhalb bis drei Stunden benötigt hätten. Sie hätten auch abends die Pferde von der Koppel wieder hereingeführt und gefüttert. Geputzt hätten sie die Pferde nicht regelmäßig; nur dann, wenn sie ausgeritten seien. Es sei auch vorgekommen, dass sie eine Nacht allein auf dem Hof gewesen seien. Wenn sie da gewesen seien, hätten sie eigentlich regelmäßig die Versorgung der Pferde übernommen. Dadurch hätten die Zeugen P-Fund P Zeit für andere Aufgaben, wie den Ausbau des Hofes, gehabt.
Das LSG hob mit Urteil vom 07. Juni 2006 das Urteil des SG vom 29. Juni 2004 auf und wies die Klage ab. Es liege weder eine Beschäftigung noch eine sog. Wie-Beschäftigung vor. Zwar seien die Tätigkeiten der Klägerin auf dem Reiterhof nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme über das in familiären Verhältnissen Übliche hinausgegangen, wobei der Zeuge P den Umfang der im Allgemeinen von der Klägerin verrichteten Tätigkeiten unglaubhaft heruntergespielt habe. Jedoch reiche die Tatsache, dass die Klägerin eine objektiv arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt habe für das Vorliegen des Versicherungsschutzes allein nicht aus. Erforderlich sei des Weiteren die Handlungstendenz, die darauf abziele, eine der Pferdehaltung des Unternehmens zu dienen bestimmte Tätigkeit zu verrichten. Unter Berücksichtigung sämtlicher Zeugenaussagen, der Angaben der Klägerin vor dem SG und der Erklärung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 07. Juni 2006 habe der Senat nicht zur Überzeugung gelangen können, dass deren Tätigkeit dazu bestimmt gewesen sei, dem Unternehmen ihres Onkels zu dienen. Vielmehr habe die Klägerin – ihrem eigenen Interesse entsprechend - im Wesentlichen ans Wohlergehen der Tiere und nicht ans Unternehmen ihres Onkels gedacht, als sie die Tiere am 29. Dezember 1998 hinausgeführt habe.
Mit Schreiben vom 22. November 2010 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag mit dem Ziel, das Ereignis vom 29. Dezember 1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 23. März 2011 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 28. März 2011 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2011 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 29. April 2011 zum SG erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie hat behauptet, seit ca. vier Jahren auf dem Berghof tätig gewesen zu sein. Sie sei beschäftigt worden, wenn das Turnierpferd "Maximus" Koliken gehabt habe und habe die Nächte mit dem Pferd im Stall verbracht. Jeden Freitag nach der Schule habe die Zeugin P-F darauf bestanden, dass die Klägerin Reitunterricht für das Turnierpferd in S nehme. Die Klägerin habe das Turnierpferd eingeritten und trainiert. Sie habe mitgeholfen, Turniere auszurichten, und habe viele Medaillen mit dem Pferd gewonnen. Später sei das Pferd für 8.000,00 DM verkauft worden. Dieser hohe Verkaufspreis sei ein Resultat der Arbeit der Klägerin. Dieses Pferd sei der Klägerin versprochen gewesen als Gegenleistung für ihre generelle Mithilfe auf dem Hof. Sie habe auf dem Hof auch mitgeholfen, wenn keine Ferien gewesen seien, habe Heu eingebracht und die schweren Ballen auf den Heuboden geschafft sowie Koppeln gebaut. Wären diese Arbeiten nicht durch die Klägerin erledigt worden, hätten die Betreiber einen Pferdewirt einstellen müssen. Die hierfür notwendigen Aufwendungen hätten sie erspart. Sie hat eine Erklärung ihrer Großmutter Rosemarie F beigebracht.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2015 die Zeugen P, D-S (Mutter der Klägerin) und A vernommen. Die Zeugin D-S hat unter Vorhalt ihres Schreibens vom 05. August 2000 angegeben, dass die gesamten Ausführungen nur dem Umstand geschuldet seien, dass sie zum damaligen Zeitpunkt nicht gewusst habe, in welchem Umfang ihre Tochter dort auf dem Hof tätig gewesen sei. Hätte sie dies gewusst, hätte sie es der Tochter verboten, sich dort mit Pferden aufzuhalten, wenn außer ihr niemand dort gewesen sei. Die schweren Arbeiten hätte sie ebenfalls nicht gestattet.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 12. März 2015 verurteilt, den Bescheid vom 20. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juni 2001 aufzuheben und das Ereignis vom 29. Dezember 1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Klägerin sei im Zeitpunkt des Unfalls als sog. Wie-Beschäftigte versichert gewesen. Fallkonstellationen wie die vorliegende seien ebenso zu behandeln wie Jagdhelferfälle. Für die Handlungstendenz sei auf die konkret unfallbringende Tätigkeit abzustellen. Dies zugrunde gelegt sei das Herausführen der Pferde, wobei die Klägerin verunfallt sei, nicht auf eine eigene reiterliche Tätigkeit oder deren Vorbereitung gerichtet, sondern habe mindestens im mutmaßlichen Interesse der Hofbetreiber gestanden, dass die Pferde Auslauf bekämen. Wie in den Jagdhelferfällen könnten nur diejenigen Fälle vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, in denen jemand unmittelbar seiner Reit- oder Jagdleidenschaft fröne, etwa durch Jagdausübung oder das Reiten selbst.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 15. April 2015 zugestellte Urteil am 15. Mai 2015 Berufung eingelegt. Der Rückgriff auf die Jagdhelferfälle passe nicht. Das Interesse der Klägerin sei – beim wohl mittlerweile im Wesentlichen unstreitigen Sachverhalt - insbesondere auf den unmittelbaren Umgang mit Pferden gerichtet gewesen. Sie liebe Pferde und habe sich gerne mit ihnen beschäftigt. Vorliegend sei die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur gespaltenen Handlungstendenz (sog. gemischt Motivationslage) anzuwenden. Objektiv gesehen liege bei der Klägerin nur eine einzige Verrichtung vor, als sie die Pferde auf die Koppel geführt habe. Diese Verrichtung habe zum Einen den Interessen des Pferdehofes, zum Anderen dem persönlichen Interesse der Klägerin am Umgang mit Pferden gedient. Nach den Gesamtumständen des Einzelfalls und der allgemeinen Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass die Klägerin die Tätigkeit nicht ausgeübt hätte, wenn ihr eigenes persönliches Interesse an den Pferden entfallen wäre.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. März 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und betont, dass es ihr am Unfalltag nicht nur darum gegangen sei, von ihr zu reitende, sondern sämtliche Pferde auf die Koppel zu führen, so dass eine gespaltene Handlungstendenz gar nicht vorgelegen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Vorbringens der Beteiligten und der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG ist im angefochtenen Urteil zu Recht von einem Arbeitsunfall ausgegangen und hat die Beklagte demnach in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zur Anerkennung des Arbeitsunfalls verurteilt. Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2011 ist in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2011 rechtswidrig und beschwert die Klägerin, indem dort eine Überprüfung des Bescheids vom 20. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juni 2001 und die Anerkennung des Arbeitsunfalls abgelehnt wurden.
Der klägerische Anspruch folgt aus § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die von der Beklagten mit Bescheid vom 25. Oktober 2000, in dessen Folge Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erbracht wurden, abgelehnte Anerkennung des Arbeitsunfalls ist rechtswidrig, weil das Ereignis vom 29. Dezember 1998 richtigerweise als Arbeitsunfall anzuerkennen war.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.a.O., Rn. 16).
Hiervon ausgehend ist ein Arbeitsunfall, d.h. ein Unfall im inneren und sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit annehmen. Zunächst bestehen keine Zweifel am Bestehen eines Unfallereignisses, als sie am 29. Dezember 1998 von einem Pferd überrannt wurde und sich hierbei eine Atlasbogenfraktur als Gesundheitserstschaden zuzog. Das Unfallgeschehen als solches wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Hierbei stand die Klägerin gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, wonach versichert auch Personen sind, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 ("Beschäftigte") Versicherte tätig werden, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, weil die Verrichtung, bei welcher die Klägerin die Verletzung erlitt, im inneren und sachlichen Zusammenhang zu einer Wie-Beschäftigung stand.
Es liegt hier nach der der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgenden Senatsrechtsprechung (vgl. etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Mai 2011 – L 3 U 177/10 –, zitiert nach juris Rn. 40) in der Tat eine sog. Wie-Beschäftigung vor. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind Personen versichert, die "wie" nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB Versicherte tätig werden. Hierfür wird eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit, die ungeachtet des Beweggrundes des Tätigwerdens ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden kann, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, vorausgesetzt (vgl. zur entsprechenden früheren Regelung des § 539 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung [RVO] BSG, Urteil vom 17. März 1992 - 2 RU 22/91 -, zitiert nach juris Rn. 15). Für die Annahme einer "Wie-Beschäftigung" braucht eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen nicht vorzuliegen. Die verrichtete Tätigkeit muss nur einem Arbeits- oder Dienstvertrag ähnlich sein, wobei die tatsächlichen Verhältnissen den Ausschlag geben (BSG, Urteil vom 31. Mai 2005, B 2 U 35/04 R, zitiert nach juris Rn. 16). Ob eine Person hiernach "wie" ein Beschäftigter tätig geworden ist, richtet sich nach den Kriterien für eine Beschäftigung. Allerdings gewährt § 2 Abs. 2 SGB VII Versicherungsschutz auch dann, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind, solange bei einer ggf. nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses, also eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, die einem fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspricht, gegeben ist. Hierbei schließen grundsätzlich auch Verwandtschafts-, Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 VII nicht aus. Ein Verwandter wird allerdings dann nicht wie ein Beschäftigter, sondern als Verwandter tätig, wenn die zum Unfall führende Verrichtung nach Art und Umfang sowie Zeitdauer durch das verwandtschaftliche Verhältnis geprägt ist (BSG, Urteil vom 01. Februar 1979 – 2 RU 65/78 –, zitiert nach juris Rn. 24). Für die Beurteilung einer Versicherungspflicht bei Gefälligkeitsdiensten besteht keine feste Stundengrenze, entscheidend sind vielmehr die Stärke der tatsächlichen Beziehungen sowie insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der vorgesehenen Tätigkeit zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 29. September 1992 - 2 RU 46/91 -, zitiert nach juris Rn. 17).
Dies zugrunde gelegt liegt im nach § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gebotenen Maß, d.h. vollbeweislich zur Überzeugung des Senats, eine Wie-Beschäftigung der Klägerin im Unfallzeitpunkt vor. Es ist durch die Angaben der Klägerin und vor allem ihrer Schwester, der Zeugin K S, bereits im Berufungsverfahren L 2 U 57/04 gesichert, dass die beiden in ihrer Ferien- und sonstigen Freizeit – und so auch die Klägerin in der Weihnachtszeit 1998 – auf dem Reiterhof bei der Versorgung der Pferde ähnlich wie Pferdewirte mithalfen. Da die Zeugen P-Fund P anderweitig als Polizeibeamte vollbeschäftigt waren und trotz einer nicht unerheblichen Zahl zu betreuender Pferde (mindestens zehn) keine Angestellten auf dem Hof beschäftigten, erscheinen die ein lebhaftes Bild von der damaligen Situation auf dem Reiterhof vermittelnden Bekundungen insbesondere der Zeugin K S glaubhaft, dass – auch ohne organisationsplanmäßige Einbeziehung durch Tante und Onkel – die von ihr und der Klägerin erbrachten Versorgungsleistungen für die Pferde in einem nicht unerheblichen, sondern vielmehr wirtschaftlich relevanten Maße zum Bestehen des Reiterhofs beitrugen und von den Zeugen P-F nicht nur bloß hingenommen, sondern billigend als eben nützlich und damit unternehmensdienlich in Kauf genommen wurden. Hierzu hat die Zeugin K S in ihrer Vernehmung vor dem 2. Senat u.a. besonders plausibel dargestellt, dass die Zeugen P-F und P gerade auch in Anbetracht der von der Klägerin und ihr erbrachten Versorgungsleistungen Zeit für andere Aufgaben, wie den Ausbau des Hofs, hatten. So spricht alles dafür, dass die Klägerin im Unfallzeitpunkt zumindest im Rahmen eines stillschweigenden Einverständnisses, sogar mit einer gewissen Selbständigkeit und Verantwortung arbeitnehmerähnlich bei der Bewirtschaftung des Hofs mitwirkte.
Soweit hiernach feststeht, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls unter dem Versicherungsschutz einer sog. Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII stand, stand auch ihre konkrete Verrichtung im erforderlichen inneren und sachlichen Zusammenhang mit dem Versicherungstatbestand. Die der unfallbringenden Verrichtung, objektiv zu Tage tretende Handlungstendenz bestand darin, durch das Ausführen der Pferde auf die Koppel dem Betrieb des Reiterhofs zu dienen. Hierfür kommt es nach Auffassung des Senats nicht darauf an, ob sich die Klägerin hierbei über ein Verbot des Unternehmers hinwegsetzte oder nicht. Vielmehr steht die im Auf-die-Koppel-Führen der Pferde bestehende Handlung im Kontext der von der Klägerin über einen bereits im Unfallzeitpunkt längeren Zeitraum erbrachten unternehmensdienlichen Verrichtungen auf dem Reiterhof ihrer Tante und deren Ehemanns, der Zeugen P-F und P. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom BSG entwickelten Grundsätze zur sog. gemischten Motivationslage.
Eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw. mit gemischter Motivationslage liegt erst dann vor, wenn sie sowohl mit privatwirtschaftlicher als auch mit betrieblicher Handlungstendenz stattfindet. Eine betriebliche, den sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründende Handlungstendenz des Beschäftigten liegt vor, wenn er den Willen hat, durch die Verrichtung eine seiner Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen oder die Erfüllung von Vor- und Nachbereitungshandlungen, die das Gesetz versichert, zu ermöglichen, zu fördern oder zu sichern. Bei der "Handlungstendenz" handelt es sich um eine sog. innere Tatsache (BSG, Urteil vom 09. November 2010 – B 2 U 14/10 R –, zitiert nach juris Rn. 23). Eine solche Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht dann im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG, a.a.O., Rn. 24).
Hiervon ausgehend ist schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin in der konkreten Situation des Ausführens der Pferde zur Koppel überhaupt einer gemischten Motivationslage unterlag. Zwar bestimmte ihre Pferdeliebe quasi den Handlungsrahmen, d.h. ihr gesamtes, unentgeltliches Engagement auf dem Reiterhof lässt sich nicht ohne ihre Pferdeleidenschaft erklären. In der konkreten Situation jedoch strebte sie keinerlei privatwirtschaftliche Zwecke an; solche wurden nach außen hin nicht deutlich. Insbesondere waren die Pferde, die sie ausführte, nicht dazu bestimmt, von ihr – ihrer Pferdeleidenschaft gemäß – in der konkreten Situation geritten zu werden. Vielmehr ging die Klägerin – auch dies wird durch die glaubhaften Bekundungen der Zeugin K S gestützt und im Übrigen auch nicht durch die Bekundungen der Zeugen P-F und P entkräftet – offenkundig davon aus, dass es zum Besten der Pferde des Reiterhofs wäre, an einem winterlichen Schönwettertag auf die Koppel gelassen zu werden. Mit der Beklagten allein darauf abzustellen, dass es ohne die Pferdeleidenschaft nicht zur konkreten Verrichtung gekommen wäre, verbietet sich nach der oben zitierten Rechtsprechung, welche betont, dass insoweit nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen ist. Folgte man der Argumentation der Beklagten, so wäre z.B. der Versicherungsschutz fraglich, wenn ein als Pferdewirt Beschäftigter, welcher seinen Beruf seiner Neigung und Pferdeleidenschaft entsprechend ausübt, etwa – wie die Klägerin im vorliegenden Fall – Pferde auf eine Koppel führt; denn ohne seine – in seiner Sphäre liegende – Pferdeleidenschaft hätte er den Beruf schon nicht ergriffen und die Pferde nicht auf die Koppel geführt. Solche hypothetischen Geschehensabläufe will die Rechtsprechung des BSG indessen gerade ausschließen. Bei alldem kann dahinstehen, ob ein Rückgriff auf die sog. Jagdhelferfälle weiteren Aufschluss bringt, deren rechtliche Einordnung ebenfalls den oben genannten Grundsätzen der Wie-Beschäftigung folgt (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 – B 2 U 41/02 R -, zitiert nach juris Rn. 15 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Zulassungsgrunds nicht gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
Tatbestand:
Die 1982 geborene Klägerin begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Mit Schreiben vom 27. September 2000 meldete die Postbeamtenkrankenkasse bei der Beklagten vorsorglich Ersatzansprüche im Hinblick auf einen von der Klägerin am 29. Dezember 1998 in S auf dem sog. Berghof P erlittenen Unfall an, bei welchem die Klägerin von einem Pferd überrannt wurde und einen Huftritt ins Genick erhielt. Beim Berghof P handelt(e) es sich um einen in landwirtschaftlichem Nebenerwerb betriebenen Reiterhof der Tante der Klägerin, der Zeugin M P-F, und von deren (damaligem) Verlobten und späterem Ehemann P P, welche beide vollschichtig in Wechselschicht als Polizeibeamte in B angestellt waren. Der Reiterhof umfasste einen Zuchtbetrieb, Pensionspferdehaltung und Reitunterricht. Die Postbeamtenkrankenkasse fügte u.a. ein Schreiben der Mutter der Klägerin vom 05. August 2000 bei, wonach die Klägerin und deren Tante die Leidenschaft für Pferde verbinde. Bereits seit Jahren verbringe die Klägerin ihre Ferien auf dem Hof ihrer Tante. Sie habe dort auch schon an Turnieren teilgenommen. Die Klägerin habe in ihren Ferien die Gelegenheit, dort ein Pferd zur Verfügung zu haben, das sie reiten und pflegen dürfe. Sie werde von ihrer Tante nicht als Ersatzarbeitskraft für übliche Tätigkeiten eingesetzt, sondern die Tante räume ihr die Möglichkeit ein, ihrer Pferdeleidenschaft dadurch nachzugehen, dass sie in ständigem Kontakt mit Pferden stehe. In diesem Zusammenhang führe sie Pflegearbeiten aus bis hin zur Reinigung des Stalls. Der Charakter der von der Klägerin ausgeführten Arbeiten sei am ehesten dahingehend zu beschreiben, dass sie dadurch ihre eigenen Bedürfnisse befriedige. Es handele sich um eine spezifische Art der Feriengestaltung. Die Klägerin sei nicht in die üblichen Arbeitslabläufe des Hofes eingebunden und werde auch dort nicht zu irgendwelchen Arbeiten eingeteilt oder abgeordnet. Auf dem Hof seien regelmäßig ausreichend Leute tätig, die gewährleisteten, dass die unbedingt notwendigen Arbeiten ausgeführt würden. Die Klägerin habe, wie in Ferien üblich, den Tagesablauf nach eigenem Gutdünken gestalten können. Sie habe allenfalls mit der Tante absprechen müssen, ob sie beispielsweise zu von ihr gewünschten Zeiten mit einem bestimmten Pferd ausreiten dürfe oder diesem Vorhaben andere Pläne entgegenstünden.
Bei dem Unfall zog sich die Klägerin eine Atlasbogenfraktur (Fraktur des obersten Halswirbels) zu, welche knöchern ausheilte, jedoch Funktionseinschränkungen der oberen Halswirbelsäule mit begleitenden muskulären Verspannungen und Kopfschmerzen nach sich zog, vgl. Attest der Orthopädin Dr. H vom 28. Juli 2000.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 25. Oktober 2000 die Anerkennung des Ereignisses vom 29. Dezember 1998 als Arbeitsunfall ab. Die Klägerin sei nicht als Arbeitende während einer Betriebstätigkeit oder auf einem damit im Zusammenhang stehenden Hin- oder Rückweg versichert. Es fehle an einer ernsthaften, dem landwirtschaftlichen Betrieb dienenden Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, welche dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspreche. Vielmehr liege bei der Klägerin eine eigenwirtschaftliche Verrichtung vor. Sie sei nicht in den betrieblichen Prozess auf dem Gehöft integriert gewesen, sondern sei ihrer unversicherten Pferdeleidenschaft bzw. Freizeitgestaltung nachgegangen. Die Klägerin erhob am 13. November 2000 fristwahrend Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2001 als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin verfolgte ihr Begehren mit der am 20. Juli 2001 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage S 68 U 484/01 weiter. Sie machte geltend, dass die ergangene Verwaltungsentscheidung nicht auf ihren eigenen Angaben beruhe und deshalb nicht zutreffe. Sie war der Auffassung, dass zum Unfallzeitpunkt eine arbeitnehmerähnliche Eingliederung in den landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Tante vorgelegen habe. Sie schilderte den Sachverhalt wie folgt: Sie habe sich 1998 und auch davor regelmäßig, insbesondere in den Ferien, auf dem Hof ihrer Tante aufgehalten. Sie sei dort regelmäßig geritten und habe mit dem Kleinpferd "Maximus" ein Lieblingspferd gehabt, auf dem sie regelmäßig geritten sei. Sie habe mit ihrer Tante auch an Turnieren teilgenommen. Sie habe in den Zeiten, in denen sie auf dem Hof ihrer Tante gewesen sei, regelmäßig auch andere Tiere gefüttert und auf die Weide geführt. Im Unfallzeitpunkt hätten ihre Tante und ihr Verlobter in Wechselschicht im Schichtdienst gearbeitet. In diesen Zeiten sei sie oft allein auf dem Hof gewesen. Am 29. Dezember 1998 hätten ihre Tante und deren Verlobter Frühdienst gehabt, d.h. sie hätten vor 06.00 Uhr den Hof verlassen und seien erst nach 16.00 Uhr zurückgekehrt. Da das Wetter dies zugelassen habe, habe sie gegen 08.00 Uhr damit begonnen, die vorhandenen zehn Pferde vom Stall auf die Koppel zu führen. Dies sei mit den übrigen Pferden auch problemlos gelungen. Sie habe das etwa zweijährige Fohlen "Nastasia" und dessen Mutter dergestalt vom Stall in Richtung Koppel geführt, dass sie jeweils ein Pferd links und ein Pferd rechts an der Leine geführt habe. Kurz vor Erreichen der Koppel sei "Nastasia" aufgestiegen, habe sich losgerissen und sei zurück zum Stall gerannt. Die Klägerin habe zunächst versucht, das ältere Pferd auf die Koppel zu führen. Während sie noch mit dem Koppeltor beschäftigt gewesen sei, sei "Nastasia" zurückgelaufen, habe sie überrannt und ihr mit einem Huf in den Nacken getreten. Im Anschluss sei es noch gelungen, ihre Tante telefonisch über den Vorfall zu informieren. Eine Nachbarin habe sie ins Krankenhaus gefahren. Sie habe auch an anderen Tagen Arbeiten wie am 29. Dezember 1998 ausgeführt. Für die Aufenthalte auf dem Reiterhof habe sie nichts bezahlen müssen. Dafür habe sie auf dem Hof mithelfen sollen. Dort habe es viel zu tun gegeben, zumal der Hof ja neu eingerichtet worden sei. Sie habe alle Aufgaben verrichtet, die bei der Versorgung der Pferde angefallen seien. Sie habe den Stall ausgemistet, die Tiere mit Futter versorgt, Insektenstiche oder Bisswunden versorgt, die Tiere gestriegelt. Auch habe sie den Stall und die Werkstatt aufgeräumt und habe beim Bau der Koppeln mitgeholfen. Seinerzeit hätten sie auch noch Heu selbst gemacht, wobei sie beim Binden mitgeholfen habe. Sie liebe die Tiere und habe die genannten Aufgaben gern verrichtet. Sie sei sehr froh gewesen, dass sie auf diese Art die Gelegenheit gehabt habe, zu reiten und mit den Tieren zusammen zu sein, denn ihrer Mutter sei es seinerzeit finanziell nicht so gut gegangen. Sie sei sogar tageweise ganz allein auf dem Hof zur Versorgung der Tiere gewesen, wenn ihre Tante oder ihr Onkel verreist gewesen seien.
Das SG vernahm am 29. Juni 2004 die Zeugen P und P-F. Der Zeuge P gab an: Arbeitnehmer würden auf dem Hof nicht beschäftigt. 1998 hätten dort sieben eigene und drei Pensionspferde gestanden. Am 29. Dezember 1998 habe keine Notwendigkeit bestanden, die Pferde auf die Koppel zu führen. Die Klägerin sei von ihm hierzu nicht aufgefordert worden. Sie habe Pferde noch nicht hinausgeführt, ohne dass sie dabei gewesen wären. Sie hätten auch gar nicht gewollt, dass sich Pferde draußen auf der Koppel befänden, wenn sie nicht zugegen gewesen seien. Wenn sie in Berlin gewesen seien, hätten die Pferde im Stall bleiben sollen. Denn in der Vergangenheit seien Pferde auch schon aus der Koppel ausgebrochen. Die Pferde hätten auch tagsüber im Stall mit Laufbereich verbleiben können. Die Pferde seien früh und abends von ihnen versorgt worden. Grundsätzlich habe sich die Klägerin um ihr Reitvereinspferd gekümmert. Während der Ferien habe die Klägerin machen und tun können, was sie gewollt habe. Dabei sei sie ihnen auch bei der Pflege der anderen Pferde zur Hand gegangen.
Die Zeugin P-F gab an: Die Klägerin habe sich schwerpunktmäßig um ihr Turnierpferd, aber auch um die anderen Pferde selbständig gekümmert. Sie habe nicht nur ihr Turnierpferd geritten, sondern auch andere Pferde, und sie habe sich mit Pferden ausgekannt. Sie sei sehr vernünftig gewesen. Während der Ferien sei sie auch mit den Hunden spazieren gegangen, habe sich mit ihrer Freundin bei ihnen getroffen. Am 29. Dezember 1998 sei es nicht erforderlich gewesen, die Pferde auf die Koppel zu bringen. Es sei klar gewesen, dass die Pferde wegen der Ausbruchsgefahr nicht auf der Koppel hätten sein sollen, wenn sie nicht zugegen gewesen seien. Vor dem Vorfall vom 29. Dezember 1998 sei dies auch nicht vorgekommen. Am Morgen des 29. Dezember 1998 hätten sie und ihr Ehemann die Tiere versorgt. Angestellte hätten sie nicht gehabt. Familienmitglieder hätten mit Hand angelegt.
Das SG verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 29. Juni 2004 zur Anerkennung des Zustands nach Atlasbogeninfraktion nach Pferdetritt als Folge des am 29. Dezember 1998 erlittenen Arbeitsunfalls. Die Klägerin sei beim Unfallereignis als sog. Wie-Beschäftigte versichert gewesen. Zwar sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass es am Unfalltag nicht zwingend erforderlich gewesen sei, die Pferde auf die Außenkoppel zu führen. Doch sei nachvollziehbar, dass es an geeigneten Tage in der dunklen Jahreszeit für die Tiere artgerechter sei, sich im Außenbereich an der frischen Luft zu bewegen, zumal dies nach Rückkehr der Zeugen aus Berlin infolge der dann schon wieder einsetzenden Dunkelheit kaum möglich gewesen wäre. Der Versicherungsschutz sei selbst dann nicht ausgeschlossen gewesen, wenn die Klägerin gegen ein ausdrückliches Verbot verstoßen hätte.
Im anschließenden Berufungsverfahren L 2 U 57/04 trug die Klägerin vor, dass die Zeugenaussagen nicht zuträfen, soweit das eigenständige Hinausführen der Pferde auf die Außenkoppel ohne Anwesenheit der Zeugen verboten gewesen sei. Untersagt sei lediglich gewesen, die Pferde auf nicht fest umzäuntes Gelände zu verbringen. Auch sei unrichtig, dass die Zeugen die Pferde am Morgen des 29. Dezember 1998 vor ihrem Aufbruch um 05.00 Uhr versorgt hätten. Es sei gegen den Zeugen P wegen der Falschaussage Strafanzeige gestellt worden. Am Morgen des 29. Dezember 1998 hätten ihre Tante und ihr Onkel beide sinngemäß zu ihr gesagt, es werde wohl ein schöner Tag, die Pferde würden sich freuen, auf die Koppel zu kommen. Die Klägerin legte eine Erklärung ihrer Schwester K S vom 22. Februar 2006 vor.
Das LSG vernahm die Zeugen K S, L sowie die Zeugen P-F am 07. Juni 2006. Die Zeugin P-F gab an, es sei nicht so gewesen, dass die Klägerin fest in den Arbeitsablauf einkalkuliert gewesen sei. Es sei mit ihr besprochen worden, dass auch andere Pferde als das von ihr als Turnierpferd genutzte geputzt werden könnten, wobei es sich regelmäßig um eine freiwillige Tätigkeit der Klägerin gehandelt habe. In den Ferien sei die Klägerin oft da gewesen. Genauere Angaben zum zeitlichen Umfang könne sie nicht machen. Wenn sie abends von der Arbeit nach Hause gekommen sei, sei auch darüber gesprochen worden, was die Klägerin im Laufe des Tages mit den Pferden unternommen habe. Dabei sei es auch vorgekommen, dass die Klägerin Pferde auf die sog. Reitbahn geführt habe. Ausdrücklich verboten sei nur das Reiten der Pferde gewesen. Sie habe nicht mitbekommen, dass ihr Ehemann, der Zeuge P, ausdrücklich verboten habe, die Stute und das Fohlen auf die Reitbahn zu bringen. Sie wisse es aber, weil es Probleme gegeben habe. Ob sie und ihr Ehemann mal länger als einen Tag weggeblieben wären, wisse sie nicht mehr. Es könne aber sein. Da die Klägerin zu ihrem Ehemann keinen so guten Draht gehabt habe, hätte zumeist sie die Sachen mit der Klägerin besprochen.
Der Zeuge P gab u.a. an, das Führen der Pferde sei verboten worden, weil die Gefahr, die von den Tieren ausgehe, als sehr hoch eingeschätzt worden sei. Die Tätigkeit der Klägerin sei freiwillig erfolgt. Sie sei nicht in den Arbeitsablauf eingeplant gewesen. Es sei abgesprochen gewesen, dass auch seine Ehefrau das Ausführen der Pferde verbiete. Die Klägerin habe sicherlich auch mal andere Pferde gepflegt, ihnen Wasser gegeben und den Hof gefegt.
Die Zeugin L gab an, mit der Klägerin ziemlich oft am Wochenende auf dem Hof gewesen zu sein. Da ihre Patentante in S wohne, habe sie dort übernachtet. Sie hätten dort auch manchmal zu Mittag gegessen. Die Ponys hätten sie häufig von der Koppel geholt, geritten und geputzt und wieder auf die Koppel oder danach in den Stall gebracht. Die Tante der Klägerin sei oft dabei gewesen, aber nicht immer. Ein Erwachsener sei eigentlich oder fast immer zumindest im Haus gewesen, wenn sie die Pferde geführt oder geritten hätten. An ein ausdrückliches Verbot, die Pferde auf die Koppel zu führen, könne sie sich – wenn überhaupt – nur bzgl. der Hengste erinnern.
Die Zeugin K S gab an, dann, wenn sie auf den Hof gekommen seien, die Arbeiten übernommen zu haben, die sie hätten schaffen können. Es habe kein ausdrückliches Verbot gegeben, irgendetwas zu machen. Beim Herausführen der Pferde hätten sie möglichst zu zweit sein sollen. Sie habe allerdings die Stute und das Fohlen auch mal allein auf die Koppel geführt. Wenn ihre Schwester die Pferde nicht herausgeführt hätte, hätte der Zeuge P mit ihr abends herumgemeckert, dass sie faul sei. Damit die Pferde nicht starken Stress entwickelten, hätten sie sie früh morgens schon auf die Koppel gebracht. Im Zeitraum nach Weihnachten 1998 sei sie überhaupt nicht auf dem Hof gewesen. Aus ihrer Sicht hätte auch die Klägerin nicht auf dem Hof als Gegenleistung für das Reiten arbeiten müssen, sondern hätte dies aus Freude an der Tätigkeit getan. Sie und der Zeuge P hätten sich nicht gut leiden können. Deshalb habe dieser ihr auch öfters vorgehalten, faul zu sein. Wenn die Zeugen P-F und P Frühschicht gehabt hätten, hätten sie und ihre Schwester regelmäßig die Pferde versorgt, ohne dass dies zuvor konkret abgesprochen worden sei. Die Versorgung der Pferde habe so ausgesehen, dass sie nach einer ¾-Stunde, während sie gefressen hätten, auf die Koppel geführt worden seien. Anschließend seien die Ställe ausgemistet worden, wofür sie ca. zweieinhalb bis drei Stunden benötigt hätten. Sie hätten auch abends die Pferde von der Koppel wieder hereingeführt und gefüttert. Geputzt hätten sie die Pferde nicht regelmäßig; nur dann, wenn sie ausgeritten seien. Es sei auch vorgekommen, dass sie eine Nacht allein auf dem Hof gewesen seien. Wenn sie da gewesen seien, hätten sie eigentlich regelmäßig die Versorgung der Pferde übernommen. Dadurch hätten die Zeugen P-Fund P Zeit für andere Aufgaben, wie den Ausbau des Hofes, gehabt.
Das LSG hob mit Urteil vom 07. Juni 2006 das Urteil des SG vom 29. Juni 2004 auf und wies die Klage ab. Es liege weder eine Beschäftigung noch eine sog. Wie-Beschäftigung vor. Zwar seien die Tätigkeiten der Klägerin auf dem Reiterhof nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme über das in familiären Verhältnissen Übliche hinausgegangen, wobei der Zeuge P den Umfang der im Allgemeinen von der Klägerin verrichteten Tätigkeiten unglaubhaft heruntergespielt habe. Jedoch reiche die Tatsache, dass die Klägerin eine objektiv arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt habe für das Vorliegen des Versicherungsschutzes allein nicht aus. Erforderlich sei des Weiteren die Handlungstendenz, die darauf abziele, eine der Pferdehaltung des Unternehmens zu dienen bestimmte Tätigkeit zu verrichten. Unter Berücksichtigung sämtlicher Zeugenaussagen, der Angaben der Klägerin vor dem SG und der Erklärung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 07. Juni 2006 habe der Senat nicht zur Überzeugung gelangen können, dass deren Tätigkeit dazu bestimmt gewesen sei, dem Unternehmen ihres Onkels zu dienen. Vielmehr habe die Klägerin – ihrem eigenen Interesse entsprechend - im Wesentlichen ans Wohlergehen der Tiere und nicht ans Unternehmen ihres Onkels gedacht, als sie die Tiere am 29. Dezember 1998 hinausgeführt habe.
Mit Schreiben vom 22. November 2010 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag mit dem Ziel, das Ereignis vom 29. Dezember 1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 23. März 2011 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 28. März 2011 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2011 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 29. April 2011 zum SG erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie hat behauptet, seit ca. vier Jahren auf dem Berghof tätig gewesen zu sein. Sie sei beschäftigt worden, wenn das Turnierpferd "Maximus" Koliken gehabt habe und habe die Nächte mit dem Pferd im Stall verbracht. Jeden Freitag nach der Schule habe die Zeugin P-F darauf bestanden, dass die Klägerin Reitunterricht für das Turnierpferd in S nehme. Die Klägerin habe das Turnierpferd eingeritten und trainiert. Sie habe mitgeholfen, Turniere auszurichten, und habe viele Medaillen mit dem Pferd gewonnen. Später sei das Pferd für 8.000,00 DM verkauft worden. Dieser hohe Verkaufspreis sei ein Resultat der Arbeit der Klägerin. Dieses Pferd sei der Klägerin versprochen gewesen als Gegenleistung für ihre generelle Mithilfe auf dem Hof. Sie habe auf dem Hof auch mitgeholfen, wenn keine Ferien gewesen seien, habe Heu eingebracht und die schweren Ballen auf den Heuboden geschafft sowie Koppeln gebaut. Wären diese Arbeiten nicht durch die Klägerin erledigt worden, hätten die Betreiber einen Pferdewirt einstellen müssen. Die hierfür notwendigen Aufwendungen hätten sie erspart. Sie hat eine Erklärung ihrer Großmutter Rosemarie F beigebracht.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2015 die Zeugen P, D-S (Mutter der Klägerin) und A vernommen. Die Zeugin D-S hat unter Vorhalt ihres Schreibens vom 05. August 2000 angegeben, dass die gesamten Ausführungen nur dem Umstand geschuldet seien, dass sie zum damaligen Zeitpunkt nicht gewusst habe, in welchem Umfang ihre Tochter dort auf dem Hof tätig gewesen sei. Hätte sie dies gewusst, hätte sie es der Tochter verboten, sich dort mit Pferden aufzuhalten, wenn außer ihr niemand dort gewesen sei. Die schweren Arbeiten hätte sie ebenfalls nicht gestattet.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 12. März 2015 verurteilt, den Bescheid vom 20. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juni 2001 aufzuheben und das Ereignis vom 29. Dezember 1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Klägerin sei im Zeitpunkt des Unfalls als sog. Wie-Beschäftigte versichert gewesen. Fallkonstellationen wie die vorliegende seien ebenso zu behandeln wie Jagdhelferfälle. Für die Handlungstendenz sei auf die konkret unfallbringende Tätigkeit abzustellen. Dies zugrunde gelegt sei das Herausführen der Pferde, wobei die Klägerin verunfallt sei, nicht auf eine eigene reiterliche Tätigkeit oder deren Vorbereitung gerichtet, sondern habe mindestens im mutmaßlichen Interesse der Hofbetreiber gestanden, dass die Pferde Auslauf bekämen. Wie in den Jagdhelferfällen könnten nur diejenigen Fälle vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, in denen jemand unmittelbar seiner Reit- oder Jagdleidenschaft fröne, etwa durch Jagdausübung oder das Reiten selbst.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 15. April 2015 zugestellte Urteil am 15. Mai 2015 Berufung eingelegt. Der Rückgriff auf die Jagdhelferfälle passe nicht. Das Interesse der Klägerin sei – beim wohl mittlerweile im Wesentlichen unstreitigen Sachverhalt - insbesondere auf den unmittelbaren Umgang mit Pferden gerichtet gewesen. Sie liebe Pferde und habe sich gerne mit ihnen beschäftigt. Vorliegend sei die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur gespaltenen Handlungstendenz (sog. gemischt Motivationslage) anzuwenden. Objektiv gesehen liege bei der Klägerin nur eine einzige Verrichtung vor, als sie die Pferde auf die Koppel geführt habe. Diese Verrichtung habe zum Einen den Interessen des Pferdehofes, zum Anderen dem persönlichen Interesse der Klägerin am Umgang mit Pferden gedient. Nach den Gesamtumständen des Einzelfalls und der allgemeinen Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass die Klägerin die Tätigkeit nicht ausgeübt hätte, wenn ihr eigenes persönliches Interesse an den Pferden entfallen wäre.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. März 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und betont, dass es ihr am Unfalltag nicht nur darum gegangen sei, von ihr zu reitende, sondern sämtliche Pferde auf die Koppel zu führen, so dass eine gespaltene Handlungstendenz gar nicht vorgelegen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Vorbringens der Beteiligten und der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG ist im angefochtenen Urteil zu Recht von einem Arbeitsunfall ausgegangen und hat die Beklagte demnach in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zur Anerkennung des Arbeitsunfalls verurteilt. Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2011 ist in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2011 rechtswidrig und beschwert die Klägerin, indem dort eine Überprüfung des Bescheids vom 20. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juni 2001 und die Anerkennung des Arbeitsunfalls abgelehnt wurden.
Der klägerische Anspruch folgt aus § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die von der Beklagten mit Bescheid vom 25. Oktober 2000, in dessen Folge Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erbracht wurden, abgelehnte Anerkennung des Arbeitsunfalls ist rechtswidrig, weil das Ereignis vom 29. Dezember 1998 richtigerweise als Arbeitsunfall anzuerkennen war.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.a.O., Rn. 16).
Hiervon ausgehend ist ein Arbeitsunfall, d.h. ein Unfall im inneren und sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit annehmen. Zunächst bestehen keine Zweifel am Bestehen eines Unfallereignisses, als sie am 29. Dezember 1998 von einem Pferd überrannt wurde und sich hierbei eine Atlasbogenfraktur als Gesundheitserstschaden zuzog. Das Unfallgeschehen als solches wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Hierbei stand die Klägerin gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, wonach versichert auch Personen sind, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 ("Beschäftigte") Versicherte tätig werden, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, weil die Verrichtung, bei welcher die Klägerin die Verletzung erlitt, im inneren und sachlichen Zusammenhang zu einer Wie-Beschäftigung stand.
Es liegt hier nach der der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgenden Senatsrechtsprechung (vgl. etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Mai 2011 – L 3 U 177/10 –, zitiert nach juris Rn. 40) in der Tat eine sog. Wie-Beschäftigung vor. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind Personen versichert, die "wie" nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB Versicherte tätig werden. Hierfür wird eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit, die ungeachtet des Beweggrundes des Tätigwerdens ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden kann, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, vorausgesetzt (vgl. zur entsprechenden früheren Regelung des § 539 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung [RVO] BSG, Urteil vom 17. März 1992 - 2 RU 22/91 -, zitiert nach juris Rn. 15). Für die Annahme einer "Wie-Beschäftigung" braucht eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen nicht vorzuliegen. Die verrichtete Tätigkeit muss nur einem Arbeits- oder Dienstvertrag ähnlich sein, wobei die tatsächlichen Verhältnissen den Ausschlag geben (BSG, Urteil vom 31. Mai 2005, B 2 U 35/04 R, zitiert nach juris Rn. 16). Ob eine Person hiernach "wie" ein Beschäftigter tätig geworden ist, richtet sich nach den Kriterien für eine Beschäftigung. Allerdings gewährt § 2 Abs. 2 SGB VII Versicherungsschutz auch dann, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind, solange bei einer ggf. nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses, also eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, die einem fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspricht, gegeben ist. Hierbei schließen grundsätzlich auch Verwandtschafts-, Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 VII nicht aus. Ein Verwandter wird allerdings dann nicht wie ein Beschäftigter, sondern als Verwandter tätig, wenn die zum Unfall führende Verrichtung nach Art und Umfang sowie Zeitdauer durch das verwandtschaftliche Verhältnis geprägt ist (BSG, Urteil vom 01. Februar 1979 – 2 RU 65/78 –, zitiert nach juris Rn. 24). Für die Beurteilung einer Versicherungspflicht bei Gefälligkeitsdiensten besteht keine feste Stundengrenze, entscheidend sind vielmehr die Stärke der tatsächlichen Beziehungen sowie insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der vorgesehenen Tätigkeit zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 29. September 1992 - 2 RU 46/91 -, zitiert nach juris Rn. 17).
Dies zugrunde gelegt liegt im nach § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gebotenen Maß, d.h. vollbeweislich zur Überzeugung des Senats, eine Wie-Beschäftigung der Klägerin im Unfallzeitpunkt vor. Es ist durch die Angaben der Klägerin und vor allem ihrer Schwester, der Zeugin K S, bereits im Berufungsverfahren L 2 U 57/04 gesichert, dass die beiden in ihrer Ferien- und sonstigen Freizeit – und so auch die Klägerin in der Weihnachtszeit 1998 – auf dem Reiterhof bei der Versorgung der Pferde ähnlich wie Pferdewirte mithalfen. Da die Zeugen P-Fund P anderweitig als Polizeibeamte vollbeschäftigt waren und trotz einer nicht unerheblichen Zahl zu betreuender Pferde (mindestens zehn) keine Angestellten auf dem Hof beschäftigten, erscheinen die ein lebhaftes Bild von der damaligen Situation auf dem Reiterhof vermittelnden Bekundungen insbesondere der Zeugin K S glaubhaft, dass – auch ohne organisationsplanmäßige Einbeziehung durch Tante und Onkel – die von ihr und der Klägerin erbrachten Versorgungsleistungen für die Pferde in einem nicht unerheblichen, sondern vielmehr wirtschaftlich relevanten Maße zum Bestehen des Reiterhofs beitrugen und von den Zeugen P-F nicht nur bloß hingenommen, sondern billigend als eben nützlich und damit unternehmensdienlich in Kauf genommen wurden. Hierzu hat die Zeugin K S in ihrer Vernehmung vor dem 2. Senat u.a. besonders plausibel dargestellt, dass die Zeugen P-F und P gerade auch in Anbetracht der von der Klägerin und ihr erbrachten Versorgungsleistungen Zeit für andere Aufgaben, wie den Ausbau des Hofs, hatten. So spricht alles dafür, dass die Klägerin im Unfallzeitpunkt zumindest im Rahmen eines stillschweigenden Einverständnisses, sogar mit einer gewissen Selbständigkeit und Verantwortung arbeitnehmerähnlich bei der Bewirtschaftung des Hofs mitwirkte.
Soweit hiernach feststeht, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls unter dem Versicherungsschutz einer sog. Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII stand, stand auch ihre konkrete Verrichtung im erforderlichen inneren und sachlichen Zusammenhang mit dem Versicherungstatbestand. Die der unfallbringenden Verrichtung, objektiv zu Tage tretende Handlungstendenz bestand darin, durch das Ausführen der Pferde auf die Koppel dem Betrieb des Reiterhofs zu dienen. Hierfür kommt es nach Auffassung des Senats nicht darauf an, ob sich die Klägerin hierbei über ein Verbot des Unternehmers hinwegsetzte oder nicht. Vielmehr steht die im Auf-die-Koppel-Führen der Pferde bestehende Handlung im Kontext der von der Klägerin über einen bereits im Unfallzeitpunkt längeren Zeitraum erbrachten unternehmensdienlichen Verrichtungen auf dem Reiterhof ihrer Tante und deren Ehemanns, der Zeugen P-F und P. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom BSG entwickelten Grundsätze zur sog. gemischten Motivationslage.
Eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw. mit gemischter Motivationslage liegt erst dann vor, wenn sie sowohl mit privatwirtschaftlicher als auch mit betrieblicher Handlungstendenz stattfindet. Eine betriebliche, den sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründende Handlungstendenz des Beschäftigten liegt vor, wenn er den Willen hat, durch die Verrichtung eine seiner Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen oder die Erfüllung von Vor- und Nachbereitungshandlungen, die das Gesetz versichert, zu ermöglichen, zu fördern oder zu sichern. Bei der "Handlungstendenz" handelt es sich um eine sog. innere Tatsache (BSG, Urteil vom 09. November 2010 – B 2 U 14/10 R –, zitiert nach juris Rn. 23). Eine solche Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht dann im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG, a.a.O., Rn. 24).
Hiervon ausgehend ist schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin in der konkreten Situation des Ausführens der Pferde zur Koppel überhaupt einer gemischten Motivationslage unterlag. Zwar bestimmte ihre Pferdeliebe quasi den Handlungsrahmen, d.h. ihr gesamtes, unentgeltliches Engagement auf dem Reiterhof lässt sich nicht ohne ihre Pferdeleidenschaft erklären. In der konkreten Situation jedoch strebte sie keinerlei privatwirtschaftliche Zwecke an; solche wurden nach außen hin nicht deutlich. Insbesondere waren die Pferde, die sie ausführte, nicht dazu bestimmt, von ihr – ihrer Pferdeleidenschaft gemäß – in der konkreten Situation geritten zu werden. Vielmehr ging die Klägerin – auch dies wird durch die glaubhaften Bekundungen der Zeugin K S gestützt und im Übrigen auch nicht durch die Bekundungen der Zeugen P-F und P entkräftet – offenkundig davon aus, dass es zum Besten der Pferde des Reiterhofs wäre, an einem winterlichen Schönwettertag auf die Koppel gelassen zu werden. Mit der Beklagten allein darauf abzustellen, dass es ohne die Pferdeleidenschaft nicht zur konkreten Verrichtung gekommen wäre, verbietet sich nach der oben zitierten Rechtsprechung, welche betont, dass insoweit nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen ist. Folgte man der Argumentation der Beklagten, so wäre z.B. der Versicherungsschutz fraglich, wenn ein als Pferdewirt Beschäftigter, welcher seinen Beruf seiner Neigung und Pferdeleidenschaft entsprechend ausübt, etwa – wie die Klägerin im vorliegenden Fall – Pferde auf eine Koppel führt; denn ohne seine – in seiner Sphäre liegende – Pferdeleidenschaft hätte er den Beruf schon nicht ergriffen und die Pferde nicht auf die Koppel geführt. Solche hypothetischen Geschehensabläufe will die Rechtsprechung des BSG indessen gerade ausschließen. Bei alldem kann dahinstehen, ob ein Rückgriff auf die sog. Jagdhelferfälle weiteren Aufschluss bringt, deren rechtliche Einordnung ebenfalls den oben genannten Grundsätzen der Wie-Beschäftigung folgt (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 – B 2 U 41/02 R -, zitiert nach juris Rn. 15 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Zulassungsgrunds nicht gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
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