Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 50 RS 185/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 496/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien
Die Höhe der geltend gemachten Jahresendprämien konnte der Kläger in den Jahren 1978 bis 1980 und 1982 bis 1990 zwar nicht nachweisen, jedoch glaubhaft machen. Soweit für das Jahr 1984 eine Glaubhaftmachung nicht gelungen ist, macht das Gericht von seiner im Rahmen der Einzelfallwürdigung nach § 202 Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit § 287 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung gegebenen Möglichkeit der Schätzung Gebrauch.
Die Höhe der geltend gemachten Jahresendprämien konnte der Kläger in den Jahren 1978 bis 1980 und 1982 bis 1990 zwar nicht nachweisen, jedoch glaubhaft machen. Soweit für das Jahr 1984 eine Glaubhaftmachung nicht gelungen ist, macht das Gericht von seiner im Rahmen der Einzelfallwürdigung nach § 202 Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit § 287 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung gegebenen Möglichkeit der Schätzung Gebrauch.
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 4. Mai 2015 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 3. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2015 verurteilt, den Bescheid vom 23. September 1999 dahingehend abzuändern, dass weitere Arbeitsentgelte im Rahmen der festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben wie folgt zu berücksichtigen sind: Für die Jahre 1978 1075 1979 1083,33 1980 1050 1982 1116,67 1983 1166,67 1984 765,49 1985 1241,67 1986 1158,33 1987 1125 1988 1133,33 1989 1158,33 1990 1166,67 Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 9/10.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den Kläger die Zeiträume 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1980 und 1. Januar 1982 bis 30. Juni 1990, die als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) anerkannt sind, höhere Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien festzustellen.
Dem 1942 geborenen Kläger wurde mit Urkunde vom 20. Mai 1969 die Berechtigung verliehen, den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" zu führen (vgl. Bl. 14 Verwaltungsakte [VA]). Nach Abschluss des Studiums an der Technischen Universität D war er vom 1. Februar 1969 bis 31. Dezember 1970 als Entwicklungs-Ingenieur, vom 1. Januar 1971 bis 31. Dezember 1977 als ingenieur-technischer Mitarbeiter, vom 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1986 wiederum als Entwicklungs-Ingenieur und vom 1. Januar 1987 bis zum 30. Juni 1990 als Wissenschaftlicher Spezialist im Volkseigenen Betrieb (VEB) R Werke R (bis 31. Dezember 1969) bzw. im VEB R Elektronik R tätig (vgl. Sozialversicherungsausweis Anhang Verwaltungsakte).
Mit Feststellungsbescheid vom 23. September 1999 (Bl. 5 VA) stellte die Beklagte den Zeitraum 1. Mai 1969 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit entsprechenden Arbeitsentgelten fest. Mit Überprüfungsantrag vom 26. Juni 2014 (Bl. 9 VA) begehrte der Kläger die Feststellung höherer Entgelte unter Einbeziehung von Jahresendprämien. Zur Glaubhaftmachung legte er eine schriftliche Erklärung des ehemaligen Betriebsdirektors H G und des ehemaligen Hauptbuchhalters R S aus November 2007 vor, die darin u.a. erklärten, alle Mitarbeiter des ehemaligen VEB R Werk R und des Nachfolgebetriebes VEB R Elektronik R hätten seit März 1969 jährlich eine Jahresendprämie in Höhe eines durchschnittlichen Monatsgehaltes erhalten (Bl. 10 VA). Mit Bescheid vom 3. November 2014 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2015 lehnte die Beklagte die Feststellung höherer Entgelte mit der Begründung ab, Zufluss und Höhe der Jahresendprämien seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
Mit seiner am 11. Februar 2015 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren hinsichtlich der Jahre 1978 bis 1980 und 1982 bis 1990 (bis zum 30. Juni) weiterverfolgt. Die Zahlung von Jahresendprämien sei glaubhaft gemacht. Mit Gerichtsbescheid vom 4. Mai 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe den Zufluss und die Höhe der Jahresendprämien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Eine Schätzung der Höhe könne mangels Nachweises oder Glaubhaftmachung des Zuflusses nicht erfolgen.
Gegen das am 6. Mai 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3. Juni 2015 Berufung eingelegt. Der Zufluss der Jahresendprämie sei durch die schriftlichen Zeugenerklärungen glaubhaft gemacht.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 4. Mai 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2015 sowie unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 23. September 1999 zu verurteilen, Jahresendprämien für die Jahre 1978 bis 1980 sowie vom 1. Januar 1982 bis zum 30. Juni 1990 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der Zusatzversorgungszeiten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Eine Schätzung der Höhe der Jahresendprämien sei nicht möglich.
Auf Aufforderung des Gerichts hat der Kläger Urkunden zu Auszeichnungen "Kollektiv der sozialistischen Arbeit" und "Aktivist der sozialistischen Arbeit", Neuerervergütungen für das Jahr 1977 sowie Kopien der vom Kläger geführten Kassenbücher mit Vermerken über die Zahlung von Jahresendprämien in den Jahren 1971 bis 1990 übersandt. Weiter hat das Gericht die Zeugen W P , H G und K H , ehemalige Arbeitskollegen des Klägers im VEB R Elektronik R (nachfolgend VEB), befragt. Diese gaben übereinstimmend an, im VEB seien – u.a. an den Kläger – Jahresendprämien ausgezahlt worden. Die genaue Höhe der an den Kläger ausbezahlten Prämien sei nicht bekannt. Der Zeuge G legte eine Bescheinigung über die Zahlung einer Jahresendprämie im Jahr 1969 an ihn selbst vor, der Zeuge H Bescheinigungen über Zahlungen an ihn in den Jahren 1975, 1976, 1986, 1987 und 1988.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte, ohne mündlich zu verhandeln, entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist zum größten Teil begründet. Das Sozialgericht Dresden hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 4. Mai 2015 zu Unrecht abgewiesen, soweit der Kläger die Berücksichtigung höherer Entgelte im tenorierten Umfang begehrt. Der Bescheid der Beklagten vom 3. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2015 ist (insoweit) rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag des Klägers nach § 44 SGB X zu Unrecht abgelehnt, weil die Voraussetzungen von § 44 Abs. 1 SGB X vorliegen. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dies ist der Fall. Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 23. September 1999 ist dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1978 bis 1980 und 1982 bis 1990 aufgrund zu berücksichtigender Jahresendprämien höhere Arbeitsentgelte festzustellen sind.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversor-gungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volksei-genen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlichen und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführenden (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2) Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 23. September 1999 die Zeit vom 1. Mai 1969 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Weitere Entgelte in Form von Jahresendprämien hat die Beklagte zu Unrecht nicht berücksichtigt.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeits-entgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist dabei dem Entgeltbegriff im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R –, SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 – juris Rn. 25 m.w.N.)
1. Arbeitsentgelt in diesem Sinne sind nach der Rechtsprechung des BSG auch die in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlte Jahresendprämien, weil es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die von dem Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig gewesen ist (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 – juris Rn. 21 ff.). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderem das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt nach den Ausführungen des BSG im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten, die im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft waren und eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben sollten. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O. Rn. 30 unter Verweis auf: Arbeitsrecht - Lehrbuch, herausgegeben von einem Autorenkollektiv, Staatsverlag der DDR, Berlin 1983, S. 193). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert, wobei die Voraussetzungen ihrer Gewährung in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden mussten. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [AGB-DDR]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 AGB-DDR). Sie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben, war bezogen auf das Planjahr und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 AGB-DDR bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war (BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O. Rn. 31).
Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämie gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast. Mithin wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden ist.
Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht hierbei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dabei ist neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden, wonach, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt wird (st. Rspr. des 5. Senats des LSG Chemnitz, vgl. u.a. Urteile vom 21. Juli 2015 – L 5 RS 668/14 –, vom 12. Mai 2015 – L 5 RS 424/14 – und vom 28. April 2015 – L 5 RS 450/14 – sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Oktober 2014 – L 33 R 151/13 – juris Rn. 38). 2. Der Kläger hat den Zufluss von Jahresendprämien in den Jahren 1978 bis 1980 und 1982 bis 1990 (für die Beschäftigungsjahre 1977 bis 1979 und 1981 bis 1989) zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht (dazu die Ausführungen unter a). Die Höhe der Jahresendprämien hat er ebenfalls nicht nachgewiesen, jedoch für die Jahre 1978 bis 1980, 1982, 1983 und 1985 bis 1990 ebenfalls glaubhaft gemacht. Soweit für das Jahr 1984 eine Glaubhaftmachung der Höhe nicht gelungen ist, macht das Gericht von seiner Möglichkeit der Schätzung gebrauch (dazu Ausführungen unter b).
a) Ihr Zufluss konnte nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht werden.
aa) Der Kläger verfügt nicht über die Quittungen, auf denen die Barauszahlung der jeweiligen Prämie – nach Angaben des Zeugen P gängige Praxis im VEB – bestätigt wurde. Auch Bescheinigungen über Jahresendprämien, wie sie von den Zeugen H und G vorgelegt wurden, konnte der Kläger nicht vorweisen. Insbesondere sind die von ihm vorgelegten Kassenbücher nicht geeignet, den Zufluss der behaupteten Jahresendprämien nachzuweisen. Hierbei handelt es sich um vom Kläger selbst angefertigte Aufzeichnungen, aus denen sich jedenfalls nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ihm die Prämien tatsächlich zugeflossen sind. Auch wenn die Aufzeichnungen aus den jeweiligen Zuflussjahren stammen sollten, geht hieraus nicht mit der erforderlichen – an Sicherheit grenzender – Wahrscheinlichkeit hervor, dass der Kläger die Prämien tatsächlich erhalten hat. Es könnte sich ebenso um die Aufzeichnungen von Erwartungen handeln.
bb) Jedoch konnte der Kläger den Zufluss der geltend gemachten Prämien glaubhaft machen.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, das heißt der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (BSG, Urteil vom 22. September 1977 – 10 RV 15/77 – BSGE 45, 9 ff – juris Rn. 32, Urteil vom 17. Dezember 1988 – 12 RK 42/80 – BSG SozR 5070 § 3 Nr. 1 – juris Rn. 26 und Beschluss vom 10. August 1989 - 4 BA 94/89 – juris Rn. 7). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Vielmehr genügt es, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben – Vollbeweis und hinreichende Wahrscheinlichkeit – reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist aufgrund der Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, SozR 3-1500 § 160a Nr. 33, SozR 3-1500 § 170 Nr. 9 – juris Rn. 5).
Ausgehend von diesen Maßstäben hat der Kläger glaubhaft gemacht, dass die oben genannten Voraussetzungen für den Bezug der Jahresendprämien vorlagen und er sie jeweils erhalten hat.
(1) Ausweislich der Eintragungen in seinem Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) war er während der gesamten Jahre 1977 bis 1979 und 1981 bis 1989 im VEB R Elektronik R beschäftigt, was nach § 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 AGB-DDR für den Anspruch auf Zahlung einer Jahresendprämie vorausgesetzt war.
(2) Glaubhaft gemacht ist auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Kläger angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war sowie der Kläger und sein Arbeitskollektiv die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt haben, § 117 Abs. 1 Voraussetzungen 1 und 2 AGB-DDR.
Zum einen sprechen hierfür die in der DDR geltenden gesetzlichen Regelungen im AGB-DDR, das in den §§ 28 ff. einen eigenen Abschnitt für den Betriebskollektivvertrag enthielt. Nach § 28 Abs. 1 AGB-DDR war er zwischen dem Betriebsleiter und der Betriebsgewerkschaftsleitung abzuschließen, was mithin zwingend vorgesehen war. Nach Absatz 1 Satz 3 dieser Vorschrift sind darin u.a. die arbeitsrechtlichen Regelungen zu treffen, die "entsprechend den Rechtsvorschriften" in ihm zu vereinbaren sind, wozu nach § 118 Abs. 1 AGB-DDR auch die Voraussetzungen für die Gewährung und die Höhe der Jahresendprämien gehörten. Dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Jahresendprämien in den jeweiligen Betriebskollektivverträgen zwingend zu vereinbaren bzw. festzulegen waren, ergibt sich zudem aus den diese Festlegungen konkretisierenden Verordnungen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahr 1972 - Prämienfond-VO 1972 – (GBl. DDR II S. 49), die durch die Zweite Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe vom 21. Mai 1973 (GBl. DDR I S. 293) geändert wurde, und § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe – Prämienfond-VO 1982 – (GBl. DDR I S. 595) ist die Verwendung des Prämienfonds in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972 bzw. § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982 ist dabei u.a. zu vereinbaren, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden.
Aufgrund der schriftlichen Angaben der Zeugen P , G und H ist zudem glaubhaft gemacht, dass der Kläger und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt haben (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 AGB-DDR). So gab der Zeuge P an, die Auszahlung sei öffentlich in der Gruppe bzw. im (Dienst-)Zimmer vorgenommen worden. Die Prämie sei in einem verschlossenen Umschlag überreicht worden. Er habe der gleichen Gruppe wie der Kläger angehört und am Schreibtisch gegenüber gesessen, weshalb er in den meisten Jahren bei der Auszahlung an den Kläger dabei gewesen sei. In den Jahren 1980 bis 1982 habe er in einer anderen Abteilung gearbeitet und sei nicht zugegen gewesen. Der Zeuge G gab an, aus eigenem Erleben sei er sicher, dass seit März 1969 in jedem Jahr Jahresendprämien gezahlt worden seien. Dieses Ereignis habe ein Höhepunkt im Arbeitsleben dargestellt und sei unter den Kollegen besprochen worden. In seinem unmittelbaren Arbeitsumfeld, zu dem auch der Kläger gehört habe, sei niemand von den Jahresendprämien ausgeschlossen worden. Von 1974 bis 1984 habe er als Gruppenleiter selbst an Besprechungen teilgenommen, bei denen die individuellen Beträge für die einzelnen Mitarbeiter, auch für den Kläger, festgelegt worden seien. Bekräftigt werden seine Angaben durch die Bestätigung der Auszahlung an ihn selbst im März 1969. Auch der Zeuge H gab an, Jahresendprämien seien im Rahmen von Versammlungen des Bereichs, der Abteilung oder Gruppe ausgezahlt worden. Auch er konnte Auszahlungsbelege an sich selbst für die Jahre 1975, 1976 bis 1986 bis 1988 vorlegen. Als weiteres Indiz für die Zahlung von Jahresendprämien können zudem die schriftlichen Angaben des ehemaligen Betriebsdirektors G und des ehemaligen Hauptbuchhalters S aus November 2007 herangezogen werden. Darin bestätigen sie als kundige Zeugen, dass im VEB R Elektronik R bzw. im Vorgängerbetrieb seit März 1969 Jahresendprämien ausgezahlt worden seien. Die Auszahlung sei auf Grundlage von Prämienlisten in den Abteilungen erfolgt. Die vom Kläger vorgelegten Auszeichnungen sind ebenfalls ein Indiz dafür, dass er ein leistungsstarker Mitarbeiter war und die im jeweiligen Betriebskollektivvertrag vereinbarten Leistungskriterien erfüllt hat. Für die Zahlung von Jahresendprämien in den Zuflussjahren 1978 bis 1980 und 1982 bis 1990 sprechen schließlich die Aufzeichnungen des Klägers in seinen Kassenbüchern. Dort sind für jedes der Jahre Jahresendprämien als Zahlungseingang vermerkt. Zwar sind diese – wie dargelegt – nicht ausreichend, entsprechende Zahlungen nachzuweisen. Zur Glaubhaftmachung können persönliche Aufzeichnungen des Klägers jedoch grundsätzlich – neben anderen Indizien – herangezogen werden.
b) Die konkrete Höhe der Jahresendprämien konnte der Kläger – da bereits der Nachweis ihres Zuflusses nicht gelang – nicht nachweisen. Die konkrete Höhe der an ihn ausbezahlten Beträge konnte er jedoch in den Jahren 1978 bis 1980 und 1982, 1983 sowie 1985 bis 1990 nach den o.a. Grundsätzen durch die Eintragungen in den vorgelegten Kassenbüchern glaubhaft machen. Soweit er die Höhe für das Jahr 1984 nicht glaubhaft machen konnte, macht das Gericht von seiner Möglichkeit der Schätzung Gebrauch.
aa) In den Kassenbüchern ist in den Jahren 1978, 1979, 1980, 1982, 1983 und 1985 bis 1990 hinter dem Eintrag "Jahresendprämien" bzw. dem Kürzel "JEP" ein bestimmter Betrag aufgeführt, was zumindest die gute Möglichkeit beinhaltet, dass der Kläger damit die in diesem Jahr erhaltene Prämie vermerkt hat. Die Eintragungen sind eingekleidet in eine Reihe von Vermerken über private Einnahmen und Ausgaben der Familie des Klägers, die dafür sprechen, dass auch der Zahlungseingang in Form der jeweiligen Jahresendprämie sorgfältig vermerkt wurde. Auch die eingetragene Höhe, die zwischen 1.260 und 1.490 Mark schwankt und damit einem knappen Durchschnittsmonatsgehalt entspricht, spricht für die Annahme, dass es sich um geleistete Jahresendprämien handelt, weil sich die Prämie der Höhe nach auch nach den Angaben der Zeugen am Bruttomonatsgehalt orientierte. Da die Eintragung im Zuflussjahr 1984 nicht zwischen Jahresendprämie und Treueprämie differenziert, sondern ein Einheitsbetrag notiert ist, ist eine Glaubhaftmachung der konkreten Höhe in diesem Jahr nicht gelungen.
Danach sind die vom Kläger glaubhaft gemachten Prämienzahlungen für das Jahr ihres Zuflusses zugrunde zu legen und hiervon jeweils ein Abzug von einem Sechstel vorzunehmen, § 6 Abs. 6 AAÜG. Jahresendprämien sind somit wie folgt zu berücksichtigen.
Anspruchsjahr glaubhaft gemachte JEP in Mark davon 5/6 in Mark Zuflussjahr 1977 1290 1075 1978 1978 1300 1083,33 1979 1979 1260 1050 1980 1981 1340 1116,67 1982 1982 1400 1166,67 1983 1984 1490 1241,67 1985 1985 1390 1158,33 1986 1986 1350 1125 1987 1987 1360 1133,33 1988 1988 1390 1158,33 1989 1989 1400 1166,67 1990
bb) Für das (Zufluss-)Jahr 1984 ist eine Glaubhaftmachung indes aus dem angeführten Grund durch die Eintragung in das Kassenbuch nicht gelungen. Auch kann weder den Erklärungen der Zeugen noch denen des Klägers selbst die Höhe der Jahresendprämie entnommen werden. Die Zeugen gaben vielmehr an, dass sich die Höhe am Gehalt orientierte und jährlich differierte.
Hinsichtlich dieses Jahres macht das Gericht jedoch von seiner im Rahmen der Einzelfallwürdigung nach § 202 SGG in Verbindung mit §§ 287 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) gegebenen Möglichkeit der Schätzung Gebrauch (vgl. hierzu beispielhaft die Senatsurteile vom 4. Februar 2014 – L 5 RS 462/13 – und vom 12. Mai 2015 – L RS 382/14). Gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO entscheidet das Gericht, wenn streitig ist, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse beläuft, unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Diese Vorschrift ist nach Absatz 2 bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Zum einen handelt es sich bei dem Streit über die Feststellung (weiterer) Arbeitsentgelte zumindest mittelbar um eine vermögensrechtliche Streitigkeit. Zwar ist der prozessuale Anspruch unmittelbar nicht auf Geld, sondern auf die Feststellung erzielter Arbeitsentgelte gerichtet. Eine vermögensrechtliche Streitigkeit liegt jedoch auch dann vor, wenn der prozessuale Anspruch auf einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis beruht, das auf Gewinn oder Erhaltung von Geld oder geldwerten Gegenständen gerichtet ist (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2012, Einleitung IV Nr. 1). Dies ist der Fall, weil die von der Beklagten festzustellenden Entgelte Grundlage für die Höhe des Anspruchs auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und mithin einer Geldforderung sind, vgl. § 8 Abs. 1 AAÜG. Zum anderen wäre die vollständige Aufklärung der für die Berechnung der konkret zugeflossenen Jahresendprämien maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden, die zur Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Als jährlicher Basiswert der Prämienhöhe ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte der im Planungsjahr 1983 erzielte durchschnittliche Bruttomonatslohn zu Grunde zu legen, wie er sich aus dem Feststellungsbescheid der Beklagten vom 23. September 1999 ergibt. Diese Anknüpfung ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil auch die staatlichen Prämienverordnungen, die die in den Betriebskollektivverträgen festzulegenden Voraussetzungen für die Zahlung von Jahresendprämien konkretisierten, für die Höhe der Jahresendprämien an den durchschnittlichen Monatsverdienst anknüpften. So betrug die Jahresendprämie nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 mindestens ein Drittel und maximal das Zweifache des monatlichen Durchschnittsverdienstes des Werktätigen. Von diesem Wert ist ein Abschlag von 30 % vorzunehmen, weil die Höhe der jeweils an den Werktätigen ausgezahlten Jahresendprämie von einer Vielzahl verschiedener Faktoren abhing, die im konkreten Einzelfall nicht mehr nachvollziehbar sind. So erhielt der Werktätige nach § 117 Abs. 3 AGB-DDR bei einer im Planjahr vorliegenden vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit die Jahresendprämie (nur) entsprechend seiner in diesem Jahr erbrachten Gesamtleistung. Auch konnte die Jahresendprämie nach § 117 Abs. 4 AGB-DDR bei "schwerwiegender Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin oder der staatsbürgerlichen Pflichten" gemindert werden oder entfallen. Gemäß § 118 Abs. 2 Satz 1 AGB-DDR wurde die Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen vom Betriebsleiter nach Beratung im Arbeitskollektiv festgelegt und bedurfte der Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung. Aufgrund dieser gesetzlich vorgesehenen individuellen Festlegung ist nicht davon auszugehen, dass die Jahresendprämie stets 100 % oder mehr eines durchschnittlichen Bruttomonatsverdienstes entsprach. Von dem danach geschätzten Betrag ist ein weiterer Abschlag in Höhe eines Sechstel sachlich gerechtfertigt, weil der Kläger bereits den Zufluss der Jahresendprämie lediglich glaubhaft machen konnte. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 6 Abs. 6 AAÜG, wonach der glaubhaft gemachte Teil eines Verdienstes nur in dieser Höhe berücksichtigt wird. Dies muss erst recht gelten, wenn lediglich der Zufluss des Verdienstes glaubhaft gemacht wurde.
Hieraus ergibt sich folgende zu berücksichtigende Jahresendprämie:
Anspruchsjahr Jahresarbeits-verdienst in Mark Monatsdurch-schnittsverdienst 70% 5/6 Zuflussjahr 1983 15.747,15 1.312,26 918,58 765,49 1984
Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen. Soweit der Kläger Jahresendprämien in Höhe eines Monatsdurchschnittsverdienstes geltend macht, ist dies aus oben genannten Gründen weder nachgewiesen noch für das Jahr 1984 glaubhaft gemacht. Es sind deshalb die aufgeführten Abschläge vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Jacobi Dr. Lau Schurigt
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 9/10.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den Kläger die Zeiträume 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1980 und 1. Januar 1982 bis 30. Juni 1990, die als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) anerkannt sind, höhere Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien festzustellen.
Dem 1942 geborenen Kläger wurde mit Urkunde vom 20. Mai 1969 die Berechtigung verliehen, den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" zu führen (vgl. Bl. 14 Verwaltungsakte [VA]). Nach Abschluss des Studiums an der Technischen Universität D war er vom 1. Februar 1969 bis 31. Dezember 1970 als Entwicklungs-Ingenieur, vom 1. Januar 1971 bis 31. Dezember 1977 als ingenieur-technischer Mitarbeiter, vom 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1986 wiederum als Entwicklungs-Ingenieur und vom 1. Januar 1987 bis zum 30. Juni 1990 als Wissenschaftlicher Spezialist im Volkseigenen Betrieb (VEB) R Werke R (bis 31. Dezember 1969) bzw. im VEB R Elektronik R tätig (vgl. Sozialversicherungsausweis Anhang Verwaltungsakte).
Mit Feststellungsbescheid vom 23. September 1999 (Bl. 5 VA) stellte die Beklagte den Zeitraum 1. Mai 1969 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit entsprechenden Arbeitsentgelten fest. Mit Überprüfungsantrag vom 26. Juni 2014 (Bl. 9 VA) begehrte der Kläger die Feststellung höherer Entgelte unter Einbeziehung von Jahresendprämien. Zur Glaubhaftmachung legte er eine schriftliche Erklärung des ehemaligen Betriebsdirektors H G und des ehemaligen Hauptbuchhalters R S aus November 2007 vor, die darin u.a. erklärten, alle Mitarbeiter des ehemaligen VEB R Werk R und des Nachfolgebetriebes VEB R Elektronik R hätten seit März 1969 jährlich eine Jahresendprämie in Höhe eines durchschnittlichen Monatsgehaltes erhalten (Bl. 10 VA). Mit Bescheid vom 3. November 2014 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2015 lehnte die Beklagte die Feststellung höherer Entgelte mit der Begründung ab, Zufluss und Höhe der Jahresendprämien seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
Mit seiner am 11. Februar 2015 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren hinsichtlich der Jahre 1978 bis 1980 und 1982 bis 1990 (bis zum 30. Juni) weiterverfolgt. Die Zahlung von Jahresendprämien sei glaubhaft gemacht. Mit Gerichtsbescheid vom 4. Mai 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe den Zufluss und die Höhe der Jahresendprämien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Eine Schätzung der Höhe könne mangels Nachweises oder Glaubhaftmachung des Zuflusses nicht erfolgen.
Gegen das am 6. Mai 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3. Juni 2015 Berufung eingelegt. Der Zufluss der Jahresendprämie sei durch die schriftlichen Zeugenerklärungen glaubhaft gemacht.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 4. Mai 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2015 sowie unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 23. September 1999 zu verurteilen, Jahresendprämien für die Jahre 1978 bis 1980 sowie vom 1. Januar 1982 bis zum 30. Juni 1990 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der Zusatzversorgungszeiten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Eine Schätzung der Höhe der Jahresendprämien sei nicht möglich.
Auf Aufforderung des Gerichts hat der Kläger Urkunden zu Auszeichnungen "Kollektiv der sozialistischen Arbeit" und "Aktivist der sozialistischen Arbeit", Neuerervergütungen für das Jahr 1977 sowie Kopien der vom Kläger geführten Kassenbücher mit Vermerken über die Zahlung von Jahresendprämien in den Jahren 1971 bis 1990 übersandt. Weiter hat das Gericht die Zeugen W P , H G und K H , ehemalige Arbeitskollegen des Klägers im VEB R Elektronik R (nachfolgend VEB), befragt. Diese gaben übereinstimmend an, im VEB seien – u.a. an den Kläger – Jahresendprämien ausgezahlt worden. Die genaue Höhe der an den Kläger ausbezahlten Prämien sei nicht bekannt. Der Zeuge G legte eine Bescheinigung über die Zahlung einer Jahresendprämie im Jahr 1969 an ihn selbst vor, der Zeuge H Bescheinigungen über Zahlungen an ihn in den Jahren 1975, 1976, 1986, 1987 und 1988.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte, ohne mündlich zu verhandeln, entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist zum größten Teil begründet. Das Sozialgericht Dresden hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 4. Mai 2015 zu Unrecht abgewiesen, soweit der Kläger die Berücksichtigung höherer Entgelte im tenorierten Umfang begehrt. Der Bescheid der Beklagten vom 3. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2015 ist (insoweit) rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag des Klägers nach § 44 SGB X zu Unrecht abgelehnt, weil die Voraussetzungen von § 44 Abs. 1 SGB X vorliegen. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dies ist der Fall. Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 23. September 1999 ist dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1978 bis 1980 und 1982 bis 1990 aufgrund zu berücksichtigender Jahresendprämien höhere Arbeitsentgelte festzustellen sind.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversor-gungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volksei-genen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlichen und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführenden (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2) Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 23. September 1999 die Zeit vom 1. Mai 1969 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Weitere Entgelte in Form von Jahresendprämien hat die Beklagte zu Unrecht nicht berücksichtigt.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeits-entgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist dabei dem Entgeltbegriff im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R –, SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 – juris Rn. 25 m.w.N.)
1. Arbeitsentgelt in diesem Sinne sind nach der Rechtsprechung des BSG auch die in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlte Jahresendprämien, weil es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die von dem Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig gewesen ist (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 – juris Rn. 21 ff.). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderem das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt nach den Ausführungen des BSG im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten, die im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft waren und eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben sollten. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O. Rn. 30 unter Verweis auf: Arbeitsrecht - Lehrbuch, herausgegeben von einem Autorenkollektiv, Staatsverlag der DDR, Berlin 1983, S. 193). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert, wobei die Voraussetzungen ihrer Gewährung in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden mussten. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [AGB-DDR]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 AGB-DDR). Sie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben, war bezogen auf das Planjahr und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 AGB-DDR bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war (BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O. Rn. 31).
Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämie gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast. Mithin wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden ist.
Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht hierbei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dabei ist neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden, wonach, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt wird (st. Rspr. des 5. Senats des LSG Chemnitz, vgl. u.a. Urteile vom 21. Juli 2015 – L 5 RS 668/14 –, vom 12. Mai 2015 – L 5 RS 424/14 – und vom 28. April 2015 – L 5 RS 450/14 – sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Oktober 2014 – L 33 R 151/13 – juris Rn. 38). 2. Der Kläger hat den Zufluss von Jahresendprämien in den Jahren 1978 bis 1980 und 1982 bis 1990 (für die Beschäftigungsjahre 1977 bis 1979 und 1981 bis 1989) zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht (dazu die Ausführungen unter a). Die Höhe der Jahresendprämien hat er ebenfalls nicht nachgewiesen, jedoch für die Jahre 1978 bis 1980, 1982, 1983 und 1985 bis 1990 ebenfalls glaubhaft gemacht. Soweit für das Jahr 1984 eine Glaubhaftmachung der Höhe nicht gelungen ist, macht das Gericht von seiner Möglichkeit der Schätzung gebrauch (dazu Ausführungen unter b).
a) Ihr Zufluss konnte nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht werden.
aa) Der Kläger verfügt nicht über die Quittungen, auf denen die Barauszahlung der jeweiligen Prämie – nach Angaben des Zeugen P gängige Praxis im VEB – bestätigt wurde. Auch Bescheinigungen über Jahresendprämien, wie sie von den Zeugen H und G vorgelegt wurden, konnte der Kläger nicht vorweisen. Insbesondere sind die von ihm vorgelegten Kassenbücher nicht geeignet, den Zufluss der behaupteten Jahresendprämien nachzuweisen. Hierbei handelt es sich um vom Kläger selbst angefertigte Aufzeichnungen, aus denen sich jedenfalls nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ihm die Prämien tatsächlich zugeflossen sind. Auch wenn die Aufzeichnungen aus den jeweiligen Zuflussjahren stammen sollten, geht hieraus nicht mit der erforderlichen – an Sicherheit grenzender – Wahrscheinlichkeit hervor, dass der Kläger die Prämien tatsächlich erhalten hat. Es könnte sich ebenso um die Aufzeichnungen von Erwartungen handeln.
bb) Jedoch konnte der Kläger den Zufluss der geltend gemachten Prämien glaubhaft machen.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, das heißt der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (BSG, Urteil vom 22. September 1977 – 10 RV 15/77 – BSGE 45, 9 ff – juris Rn. 32, Urteil vom 17. Dezember 1988 – 12 RK 42/80 – BSG SozR 5070 § 3 Nr. 1 – juris Rn. 26 und Beschluss vom 10. August 1989 - 4 BA 94/89 – juris Rn. 7). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Vielmehr genügt es, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben – Vollbeweis und hinreichende Wahrscheinlichkeit – reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist aufgrund der Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, SozR 3-1500 § 160a Nr. 33, SozR 3-1500 § 170 Nr. 9 – juris Rn. 5).
Ausgehend von diesen Maßstäben hat der Kläger glaubhaft gemacht, dass die oben genannten Voraussetzungen für den Bezug der Jahresendprämien vorlagen und er sie jeweils erhalten hat.
(1) Ausweislich der Eintragungen in seinem Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) war er während der gesamten Jahre 1977 bis 1979 und 1981 bis 1989 im VEB R Elektronik R beschäftigt, was nach § 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 AGB-DDR für den Anspruch auf Zahlung einer Jahresendprämie vorausgesetzt war.
(2) Glaubhaft gemacht ist auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Kläger angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war sowie der Kläger und sein Arbeitskollektiv die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt haben, § 117 Abs. 1 Voraussetzungen 1 und 2 AGB-DDR.
Zum einen sprechen hierfür die in der DDR geltenden gesetzlichen Regelungen im AGB-DDR, das in den §§ 28 ff. einen eigenen Abschnitt für den Betriebskollektivvertrag enthielt. Nach § 28 Abs. 1 AGB-DDR war er zwischen dem Betriebsleiter und der Betriebsgewerkschaftsleitung abzuschließen, was mithin zwingend vorgesehen war. Nach Absatz 1 Satz 3 dieser Vorschrift sind darin u.a. die arbeitsrechtlichen Regelungen zu treffen, die "entsprechend den Rechtsvorschriften" in ihm zu vereinbaren sind, wozu nach § 118 Abs. 1 AGB-DDR auch die Voraussetzungen für die Gewährung und die Höhe der Jahresendprämien gehörten. Dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Jahresendprämien in den jeweiligen Betriebskollektivverträgen zwingend zu vereinbaren bzw. festzulegen waren, ergibt sich zudem aus den diese Festlegungen konkretisierenden Verordnungen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahr 1972 - Prämienfond-VO 1972 – (GBl. DDR II S. 49), die durch die Zweite Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe vom 21. Mai 1973 (GBl. DDR I S. 293) geändert wurde, und § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe – Prämienfond-VO 1982 – (GBl. DDR I S. 595) ist die Verwendung des Prämienfonds in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972 bzw. § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982 ist dabei u.a. zu vereinbaren, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden.
Aufgrund der schriftlichen Angaben der Zeugen P , G und H ist zudem glaubhaft gemacht, dass der Kläger und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt haben (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 AGB-DDR). So gab der Zeuge P an, die Auszahlung sei öffentlich in der Gruppe bzw. im (Dienst-)Zimmer vorgenommen worden. Die Prämie sei in einem verschlossenen Umschlag überreicht worden. Er habe der gleichen Gruppe wie der Kläger angehört und am Schreibtisch gegenüber gesessen, weshalb er in den meisten Jahren bei der Auszahlung an den Kläger dabei gewesen sei. In den Jahren 1980 bis 1982 habe er in einer anderen Abteilung gearbeitet und sei nicht zugegen gewesen. Der Zeuge G gab an, aus eigenem Erleben sei er sicher, dass seit März 1969 in jedem Jahr Jahresendprämien gezahlt worden seien. Dieses Ereignis habe ein Höhepunkt im Arbeitsleben dargestellt und sei unter den Kollegen besprochen worden. In seinem unmittelbaren Arbeitsumfeld, zu dem auch der Kläger gehört habe, sei niemand von den Jahresendprämien ausgeschlossen worden. Von 1974 bis 1984 habe er als Gruppenleiter selbst an Besprechungen teilgenommen, bei denen die individuellen Beträge für die einzelnen Mitarbeiter, auch für den Kläger, festgelegt worden seien. Bekräftigt werden seine Angaben durch die Bestätigung der Auszahlung an ihn selbst im März 1969. Auch der Zeuge H gab an, Jahresendprämien seien im Rahmen von Versammlungen des Bereichs, der Abteilung oder Gruppe ausgezahlt worden. Auch er konnte Auszahlungsbelege an sich selbst für die Jahre 1975, 1976 bis 1986 bis 1988 vorlegen. Als weiteres Indiz für die Zahlung von Jahresendprämien können zudem die schriftlichen Angaben des ehemaligen Betriebsdirektors G und des ehemaligen Hauptbuchhalters S aus November 2007 herangezogen werden. Darin bestätigen sie als kundige Zeugen, dass im VEB R Elektronik R bzw. im Vorgängerbetrieb seit März 1969 Jahresendprämien ausgezahlt worden seien. Die Auszahlung sei auf Grundlage von Prämienlisten in den Abteilungen erfolgt. Die vom Kläger vorgelegten Auszeichnungen sind ebenfalls ein Indiz dafür, dass er ein leistungsstarker Mitarbeiter war und die im jeweiligen Betriebskollektivvertrag vereinbarten Leistungskriterien erfüllt hat. Für die Zahlung von Jahresendprämien in den Zuflussjahren 1978 bis 1980 und 1982 bis 1990 sprechen schließlich die Aufzeichnungen des Klägers in seinen Kassenbüchern. Dort sind für jedes der Jahre Jahresendprämien als Zahlungseingang vermerkt. Zwar sind diese – wie dargelegt – nicht ausreichend, entsprechende Zahlungen nachzuweisen. Zur Glaubhaftmachung können persönliche Aufzeichnungen des Klägers jedoch grundsätzlich – neben anderen Indizien – herangezogen werden.
b) Die konkrete Höhe der Jahresendprämien konnte der Kläger – da bereits der Nachweis ihres Zuflusses nicht gelang – nicht nachweisen. Die konkrete Höhe der an ihn ausbezahlten Beträge konnte er jedoch in den Jahren 1978 bis 1980 und 1982, 1983 sowie 1985 bis 1990 nach den o.a. Grundsätzen durch die Eintragungen in den vorgelegten Kassenbüchern glaubhaft machen. Soweit er die Höhe für das Jahr 1984 nicht glaubhaft machen konnte, macht das Gericht von seiner Möglichkeit der Schätzung Gebrauch.
aa) In den Kassenbüchern ist in den Jahren 1978, 1979, 1980, 1982, 1983 und 1985 bis 1990 hinter dem Eintrag "Jahresendprämien" bzw. dem Kürzel "JEP" ein bestimmter Betrag aufgeführt, was zumindest die gute Möglichkeit beinhaltet, dass der Kläger damit die in diesem Jahr erhaltene Prämie vermerkt hat. Die Eintragungen sind eingekleidet in eine Reihe von Vermerken über private Einnahmen und Ausgaben der Familie des Klägers, die dafür sprechen, dass auch der Zahlungseingang in Form der jeweiligen Jahresendprämie sorgfältig vermerkt wurde. Auch die eingetragene Höhe, die zwischen 1.260 und 1.490 Mark schwankt und damit einem knappen Durchschnittsmonatsgehalt entspricht, spricht für die Annahme, dass es sich um geleistete Jahresendprämien handelt, weil sich die Prämie der Höhe nach auch nach den Angaben der Zeugen am Bruttomonatsgehalt orientierte. Da die Eintragung im Zuflussjahr 1984 nicht zwischen Jahresendprämie und Treueprämie differenziert, sondern ein Einheitsbetrag notiert ist, ist eine Glaubhaftmachung der konkreten Höhe in diesem Jahr nicht gelungen.
Danach sind die vom Kläger glaubhaft gemachten Prämienzahlungen für das Jahr ihres Zuflusses zugrunde zu legen und hiervon jeweils ein Abzug von einem Sechstel vorzunehmen, § 6 Abs. 6 AAÜG. Jahresendprämien sind somit wie folgt zu berücksichtigen.
Anspruchsjahr glaubhaft gemachte JEP in Mark davon 5/6 in Mark Zuflussjahr 1977 1290 1075 1978 1978 1300 1083,33 1979 1979 1260 1050 1980 1981 1340 1116,67 1982 1982 1400 1166,67 1983 1984 1490 1241,67 1985 1985 1390 1158,33 1986 1986 1350 1125 1987 1987 1360 1133,33 1988 1988 1390 1158,33 1989 1989 1400 1166,67 1990
bb) Für das (Zufluss-)Jahr 1984 ist eine Glaubhaftmachung indes aus dem angeführten Grund durch die Eintragung in das Kassenbuch nicht gelungen. Auch kann weder den Erklärungen der Zeugen noch denen des Klägers selbst die Höhe der Jahresendprämie entnommen werden. Die Zeugen gaben vielmehr an, dass sich die Höhe am Gehalt orientierte und jährlich differierte.
Hinsichtlich dieses Jahres macht das Gericht jedoch von seiner im Rahmen der Einzelfallwürdigung nach § 202 SGG in Verbindung mit §§ 287 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) gegebenen Möglichkeit der Schätzung Gebrauch (vgl. hierzu beispielhaft die Senatsurteile vom 4. Februar 2014 – L 5 RS 462/13 – und vom 12. Mai 2015 – L RS 382/14). Gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO entscheidet das Gericht, wenn streitig ist, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse beläuft, unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Diese Vorschrift ist nach Absatz 2 bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Zum einen handelt es sich bei dem Streit über die Feststellung (weiterer) Arbeitsentgelte zumindest mittelbar um eine vermögensrechtliche Streitigkeit. Zwar ist der prozessuale Anspruch unmittelbar nicht auf Geld, sondern auf die Feststellung erzielter Arbeitsentgelte gerichtet. Eine vermögensrechtliche Streitigkeit liegt jedoch auch dann vor, wenn der prozessuale Anspruch auf einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis beruht, das auf Gewinn oder Erhaltung von Geld oder geldwerten Gegenständen gerichtet ist (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2012, Einleitung IV Nr. 1). Dies ist der Fall, weil die von der Beklagten festzustellenden Entgelte Grundlage für die Höhe des Anspruchs auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und mithin einer Geldforderung sind, vgl. § 8 Abs. 1 AAÜG. Zum anderen wäre die vollständige Aufklärung der für die Berechnung der konkret zugeflossenen Jahresendprämien maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden, die zur Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Als jährlicher Basiswert der Prämienhöhe ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte der im Planungsjahr 1983 erzielte durchschnittliche Bruttomonatslohn zu Grunde zu legen, wie er sich aus dem Feststellungsbescheid der Beklagten vom 23. September 1999 ergibt. Diese Anknüpfung ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil auch die staatlichen Prämienverordnungen, die die in den Betriebskollektivverträgen festzulegenden Voraussetzungen für die Zahlung von Jahresendprämien konkretisierten, für die Höhe der Jahresendprämien an den durchschnittlichen Monatsverdienst anknüpften. So betrug die Jahresendprämie nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 mindestens ein Drittel und maximal das Zweifache des monatlichen Durchschnittsverdienstes des Werktätigen. Von diesem Wert ist ein Abschlag von 30 % vorzunehmen, weil die Höhe der jeweils an den Werktätigen ausgezahlten Jahresendprämie von einer Vielzahl verschiedener Faktoren abhing, die im konkreten Einzelfall nicht mehr nachvollziehbar sind. So erhielt der Werktätige nach § 117 Abs. 3 AGB-DDR bei einer im Planjahr vorliegenden vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit die Jahresendprämie (nur) entsprechend seiner in diesem Jahr erbrachten Gesamtleistung. Auch konnte die Jahresendprämie nach § 117 Abs. 4 AGB-DDR bei "schwerwiegender Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin oder der staatsbürgerlichen Pflichten" gemindert werden oder entfallen. Gemäß § 118 Abs. 2 Satz 1 AGB-DDR wurde die Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen vom Betriebsleiter nach Beratung im Arbeitskollektiv festgelegt und bedurfte der Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung. Aufgrund dieser gesetzlich vorgesehenen individuellen Festlegung ist nicht davon auszugehen, dass die Jahresendprämie stets 100 % oder mehr eines durchschnittlichen Bruttomonatsverdienstes entsprach. Von dem danach geschätzten Betrag ist ein weiterer Abschlag in Höhe eines Sechstel sachlich gerechtfertigt, weil der Kläger bereits den Zufluss der Jahresendprämie lediglich glaubhaft machen konnte. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 6 Abs. 6 AAÜG, wonach der glaubhaft gemachte Teil eines Verdienstes nur in dieser Höhe berücksichtigt wird. Dies muss erst recht gelten, wenn lediglich der Zufluss des Verdienstes glaubhaft gemacht wurde.
Hieraus ergibt sich folgende zu berücksichtigende Jahresendprämie:
Anspruchsjahr Jahresarbeits-verdienst in Mark Monatsdurch-schnittsverdienst 70% 5/6 Zuflussjahr 1983 15.747,15 1.312,26 918,58 765,49 1984
Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen. Soweit der Kläger Jahresendprämien in Höhe eines Monatsdurchschnittsverdienstes geltend macht, ist dies aus oben genannten Gründen weder nachgewiesen noch für das Jahr 1984 glaubhaft gemacht. Es sind deshalb die aufgeführten Abschläge vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Jacobi Dr. Lau Schurigt
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