Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 4167/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4242/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. September 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im vorliegenden Berufungsverfahren die Gewährung von Verletztenrente wegen einer anerkannten Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) - bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule - für die Zeit vor dem 01.07.2012 streitig. Außerdem ist beim Senat das Berufungsverfahren des Klägers L 8 U 388/16 wegen der Gewährung von Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV anhängig.
Der 1955 geborene Kläger war von September 1971 bis Mai 1997 und von Juli 1997 bis Oktober 2007 als Fliesenleger beschäftigt. Dazwischen leistete er den Wehrdienst ab bzw. war arbeitslos. Der Kläger gab seine Tätigkeit am 16.10.2007 auf. Der Kläger ist privat berentet.
Am 20.07.2012 beantragte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten die Zahlung von Verletztenrente aufgrund einer BK Nr. 2108 ff. BKV.
Die Beklagte leitete ein Feststellungsverfahren ein. Sie zog das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers von der I. für den Zeitraum vom 08.02.1995 bis 11.05.2011 bei. Weiter nahm die Beklagte medizinische Befundunterlagen zu den Akten (Befundberichte Dr. Schm. vom 21.02.2012, Diagnose: Rückenprellung; vom 31.03.2011, Diagnose: Verdacht auf Innenmeniskusriss links; vom 19.04.2011, Diagnosen: Innenmeniskusriss links, Knorpelschaden am medialen Femurcondylus und vom 21.07.2010, Diagnose LWS-Syndrom sowie radiologische Befundberichte von Dr. Hu. vom 13.10.2008 über eine Kernspintomographie der rechten Schulter, Dr. F. vom 05.04.2011 über ein MR des linken Knies und Dr. Ha. vom 21.05.2013 über eine Kernspintomographie des rechten Knies) und zog radiologisches Bildmaterial bei.
In der Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 03.09.2013 gelangte der Präventionsdienst (Herr S. ) zu der Beurteilung, aus den Erhebungsdaten berechne sich nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) eine berufliche Gesamtdosis in Höhe von 29,3 MNh; der Orientierungswert von 25 MNh werde überschritten.
Die Beklagte holte das orthopädisch-chirurgische Zusammenhangsgutachten des vom Kläger vorgeschlagenen Prof. Dr. S. vom 22.11.2013 ein. Prof. Dr. S. gelangte nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 13.11.2013 zu der Beurteilung, beim Kläger bestünden eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Lendenwirbelsäule bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen und Streckfehlhaltung, eine Funktionsbeeinträchtigung der Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen ohne Nervenkompressionssymptomatik, ein Zustand nach arthroskopischer Operation des linken Knies sowie ein Morbus Dupuytren des rechten Kleinfingers. Die bestehende bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule sei als BK Nr. 2108 BKV anzuerkennen. Die Folgen der BK seien in Gruppe 2 (mittelgradig) einzuordnen und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. zu bewerten. Es sei hinreichend wahrscheinlich, dass die gleiche Beeinträchtigung zum Zeitpunkt des Anerkennungsantrags (20.07.2012) vorgelegen habe.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 29.12.2013 schloss sich Dr. K. dem Gutachten von Prof. Dr. S. an.
Mit Bescheid vom 19.03.2014 stellte die Beklagte - ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalls am 16.10.2007 - das Vorliegen einer BK Nr. 2108 der BKV fest und gewährte dem Kläger Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H. ab 01.07.2012 bis auf weiteres auf der Grundlage eines Jahresarbeitsverdienstes von 33.262,48 EUR.
Gegen den Bescheid vom 19.03.2014 legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 21.03.2014 Widerspruch ein. Gleichzeitig beantragte er die Gewährung von Geldleistungen nach § 3 BKV (L 8 U 388/16). Der Kläger machte zur Begründung das Vorliegen einer MdE von 20 v.H. zu einem früheren Zeitpunkt geltend und beantragte, hierzu bei Prof. Dr. S. nachzufragen. Der Zeitpunkt der Aufgabe der Tätigkeit sei auch maßgeblich für den Rentenbeginn.
Die Beklagte holte die ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. S. vom 01.05.2014 ein, in der er mitteilte, ob die zuerkannte MdE von 20 v.H. schon vor dem 01.07.2012 vorgelegen haben könne, sei aus den übersandten Akten nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu bejahen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 19.03.2014 zurück. Nach der Einschätzung von Prof. Dr. S. habe eine MdE von 20 v.H. frühestens ab Juli 2012 vorgelegen, da längere Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen anhaltender Rückenbeschwerden erstmals im Jahr 2012 dokumentiert seien.
Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 04.09.2014 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er führte zur Begründung aus, Prof. Dr. S. gehe in seiner Argumentation nicht medizinisch vor, sondern von der Beweislage aus. Der schwerwiegendste Beweis für eine doch sehr gravierende gesundheitliche Beeinträchtigung sei die Aufgabe der Tätigkeit, die im Jahr 2007 erfolgt sei. Weil einer Tätigkeit nicht mehr nachgegangen worden sei, hätten Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht attestiert werden müssen. Ermittlungen beim behandelnden Arzt seien nachzuholen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.09.2015 wies das SG die Klage ab. Es verwies zur Begründung seiner Entscheidung auf die Begründung des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides und hielt weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht für erforderlich. Die Ausführungen von Prof. Dr. S. seien für die Kammer schlüssig und nachvollziehbar. Vor dem Jahr 2012 hätten nur kurze Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bestanden. Darüber hinaus lägen keine Befunde vor, die höhergradige Beeinträchtigungen zeigten.
Hiergegen richtet sich die vom Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 08.10.2015 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, das SG sei der Amtsermittlungsverpflichtung nicht nachgekommen. Es stelle sich die Frage, warum bei den behandelnden Ärzten bezüglich der Beeinträchtigungen nicht nachgefragt worden sei. Die behandelnden Ärzte hätten klar zum Ausdruck gebracht, dass natürlich mit der Aufgabe der Tätigkeit der Beruf habe nicht mehr ausgeübt werden können und damit die MdE natürlich ab dem Zeitpunkt der Berufsaufgabe vorliege. Durch die unterlassenen Ermittlungen sei ihm eine Instanz genommen worden. Er halte es für absolut opportun, die Sache zurückzuverweisen, natürlich auch aus erzieherischen Erwägungen heraus. Die Entscheidung sei fast mit 100%iger Sicherheit fehlerhaft, weil bei den behandelnden Ärzten nicht ermittelt worden sei. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liege vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. September 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 zu verurteilen, Verletztenrente wegen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der BKV auch für einen Zeitraum vor dem 1. Juli 2012 zu zahlen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das Sozialgericht Freiburg zurückzuverweisen, hilfsweise den Termin aufzuheben und Dr. Schm. zu befragen, konkret ob die Beschwerden des Klägers derart gestaltet sind, dass sie zur Aufgabe der Tätigkeit am 16.10.2007 berechtigt haben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung vorgetragen, es ergäben sich keine Hinweise darauf, dass die zur Beurteilung der bandscheibenbedingten Erkrankungsfolgen maßgeblichen medizinischen Unterlagen einen früheren Rentenbeginn rechtfertigten.
Der Senat hat den vom Kläger als behandelnden Arzt benannten Orthopäden Dr. Schm. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. Schm. hat in seiner Aussage vom 20.01.2016 mitgeteilt, der Kläger befinde sich in regelmäßigen Abständen seit dem Jahr 2010 in seiner Behandlung. Im Jahr 2013 sei eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule durchgeführt worden, die deutlich degenerative Veränderungen gezeigt habe. Es hätten über mehrere Jahre rezidivierend lokal lumbale Beschwerden ohne sensible oder motorische Ausfälle bestanden.
Der Kläger hat zur Aussage des Dr. Schm. vorgetragen (Schriftsatz vom 19.05.2016), Dr. Schm. sei nicht nach dem Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit gefragt worden. Eine Aussage, die die Kenntnislücke der Ausführungen von Prof. Dr. S. schließen würde, sei nicht getroffen worden. Dies sei weiterhin abklärungsbedürftig. Dem Gutachten des Prof. Dr. S. noch der Aussage von Dr. Schm. lasse sich etwas Negatives für den Zeitraum von 2007 bis 2012 herauslesen. Vor diesem Hintergrund sei der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze des Klägerbevollmächtigten vom 04.05.2016 und 19.05.2016; Schriftsatz der Beklagten vom 29.03.2016).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers sinngemäß gefasst.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 19.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.214 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente wegen der anerkannten BK Nr. 2108 BKV vor dem 01.07.2012 besteht nicht.
Gem. § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherte sind unter anderem Beschäftigte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit u.a. folgende als Berufskrankheit anerkannten Krankheiten aufgeführt sind: Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Eine solche BK liegt beim Kläger - unstreitig - vor, wie die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 19.03.2014 festgestellt hat.
Die Folgen der anerkannten BK rechtfertigen allenfalls eine MdE von 20 v.H. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE ist die Feststellung von Tatsachen, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
In den am 04.08.2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinische Beurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" (Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff - Konsensempfehlungen -) entsprechen die im vollen Konsens aller Teilnehmer verabschiedeten Kriterien zur Überzeugung des Senats der gegenwärtigen herrschenden Meinung der Wissenschaft, welche der Senat daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. stellvertretend Urteil des Senats vom 28.01.2011 - L 8 U 4946/08 -, Juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) seiner Entscheidung zugrundelegt. Die Konsensempfehlungen sind nach wie vor eine geeignete Grundlage, um den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand bezüglich bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS zu bestimmen (vgl. BSG, Urteil vom 23.04.2015 - B 2 U 20/14 R -, juris, Rn. 22). In Teil II Nr. 4.5 der Konsensempfehlungen sind in Tabelle 15 durch die Mehrheitsmeinung der Arbeitsgruppe die Bewertungskriterien zur Bemessung der MdE festgelegt. Soweit lediglich eine Teilnehmerin der Arbeitsgruppe (Prof. Dr. E. ) eine hiervon abweichende Auffassung geäußert hat, sieht sich der Senat nicht gehindert, die nur mit einer Gegenstimme verabschiedeten Bewertungskriterien als Ausdruck der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung einzustufen (vgl. Urteil des Senats vom 25.04.2014 - L 8 U 1614/13 - unveröffentlicht). Nach den gutachterlichen Ausführungen von Prof. Dr. S. sind die Tabellenwerte zu berücksichtigen, denn er hat sich bei seiner MdE-Einschätzung ausdrücklich auf die Konsensempfehlungen gestützt.
Nach Tabelle 15 in Teil II der Konsensempfehlungen liegt eine nach Stufe 1 zu bewertende Berufskrankheit mit einer MdE von 10 v.H. vor bei einem lokalen LWS-Syndrom oder lumbalen Wurzelkompressionssyndrom mit leichten (auch anamnestischen) belastungsabhängigen Beschwerden und leichten Funktionseinschränkungen, auch nach gegebenenfalls operiertem Prolaps. Eine MdE um 20 v.H. wird bei Stufe 2 durch ein lokales LWS-Syndrom oder lumbales Wurzelkompressionssyndrom mit mittelgradigen belastungsabhängigen Beschwerden, bei Lumboischialgie mit belastungsabhängigen Beschwerden, deutlichen Funktionseinschränkungen und bei mittelgradigen Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach einer Operation begründet. In Stufe 3 wird eine MdE um 30 bis 40 v.H. durch ein lumbales Wurzelkompressionssyndrom mit starken belastungsabhängigen Beschwerden und motorischen Störungen funktionell wichtiger Muskeln, durch starke Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach Operation begründet. Dies steht auch im Einklang mit der nach Bekanntgabe der Konsensempfehlungen im Jahr 2005 publizierten unfallmedizinischen Literatur, die diese Bewertungskriterien übernommen hat. Auch danach kann eine MdE von 20 v.H. angenommen werden, bei einem lokalen LWS-Syndrom oder einem lumbalen Wurzelkompressionssyndrom mit mittelgradigen belastungsabhängigen Beschwerden; einer Lumboischialgie mit belastungsabhängigen Beschwerden, deutliche Funktionseinschränkungen; mittelgradige Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach Operation (vgl. Schönberger / Mehrtens / Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 2009, 8. Auflage Nr. 8.3.6.6.7, Seite 511).
Nach dem von Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 22.11.2013 beschriebenen Befund besteht ein deutlicher Druckschmerz und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen L 2 bis S1. Die paravertebrale Muskulatur beidseits der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule ist erheblich verspannt und druckschmerzhaft. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule ist schmerzhaft und insbesondere bei der Rechtsneigung, der Rechtsdrehung sowie der Reklinationsbewegung (Winkel 5°) eingeschränkt (Seitneigung: 20-0-30°, Norm: 30 bis 40°; Drehen: 30-0-30°, Norm: 30 bis 40°). Der Fingerbodenabstand beträgt 22 cm. Die orientierende neurologische Untersuchung erbrachte keine feststellbare neurogenbedingte motorischen oder sensiblen Störungen. Das Lasègue-Zeichen beidseits ist negativ, Pseudolasègue rechts bei 60°, links bei 70° positiv. Pathologische Reflexe bestehen nicht. Ebenso keine Fuß-, Großzehenheber- oder - senkerschwäche. Das Gangbild beschreibt Prof. Dr. S. als unauffällig. Eine Operation ist nach den von Prof. Dr. S. beschriebenen Angaben des Klägers nicht erfolgt. Nach den Angaben des Klägers bei der Begutachtung besteht ein von der Lendenwirbelsäule ausgehender ständiger Rückenschmerz, der in das Gesäß ausstrahlt, beim Bücken, Heben und Tragen sich verstärkende Beschwerden und zu lumbalen Schmerzen beim Sitzen und Liegen.
Damit bestehen beim Kläger eine auf die Berufskrankheit zurückzuführende schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule mit einer Beeinträchtigung beim Bücken, Sitzen, Stehen, Gehen, Liegen, Heben und Tragen, wovon auch Prof. Dr. S. in seinem Gutachten ausgeht, wobei die beschriebene Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule (eher) als leichtgradig zu werten ist. Diese Folgen der BK Nr. 2018 sind allenfalls mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten, wobei diese von Prof. Dr. S. vorgeschlagene MdE-Bewertung eher großzügig erscheint. Einwendungen gegen die Bewertung der MdE mit 20 v.H. hat der Kläger im Übrigen im Verlauf des Rechtsstreites auch nicht erhoben.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Vorliegen einer MdE von 20 v.H. vor dem 01.07.2012, insbesondere bereits seit dem 15.10.2007, wie der Kläger geltend macht, nicht belegt. Allein die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit am 15.10.2007 lässt keinen verlässlichen Rückschluss auf das Vorliegen einer rentenberechtigenden MdE zu. Objektiv medizinische Befundunterlagen, die einen Rückschluss auf das Vorliegen einer rentenberechtigenden MdE vor dem 01.07.2012 zulassen, liegen ebenfalls nicht vor. In der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 20.01.2016 hat der Orthopäde Dr. Schm. ausgesagt, dass sich der Kläger erst seit 2010 in seiner Behandlung befindet. Nach den Angaben von Dr. Schm. bestanden beim Kläger zwar über mehrere Jahre rezidivierend lokal lumbale Beschwerden, jedoch ohne sensible oder motorische Ausfälle. Aufgrund dieser Angaben lässt sich eine MdE von 20 noch nicht herleiten. Die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beigezogenen medizinischen Befundberichte des Dr. Schm. enthalten ebenfalls keine Befundbeschreibungen der Lendenwirbelsäule, die es erlauben, bereits vor dem 01.07.2012 das Vorliegen einer MdE in rentenberechtigender Höhe festzustellen. Vielmehr lässt sich diesen Befundberichten nur eine Behandlung der Lendenwirbelsäule (Befundbericht vom 21.07.2010) wegen anhaltender LWS-Beschwerden ohne sensible und motorische Ausfälle entnehmen, die sich unter Therapie leicht besserten. Weitere Behandlungen der Lendenwirbelsäule bis 01.07.2012 sind nicht ersichtlich. Dies lässt darauf schließen, dass vor dem 01.07.2012 allenfalls leichte Lendenwirbelsäulenbeschwerden des Klägers bestanden haben, die eine MdE von 20 V.H. nicht rechtfertigen. Hierfür spricht auch, dass beim Kläger nach dem von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis längere Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen der Lendenwirbelsäule vor dem Jahr 2012 nicht dokumentiert sind, worauf Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme zum Gutachten überzeugend hinweist. Hiergegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, nach der Aufgabe der belastenden Tätigkeit zum 15.10.2007 hätten Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht attestiert werden müssen. Denn Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Lendenwirbelsäulenbeschwerden sind nach dem beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis auch für die Zeit von 1995 bis 15.10.2007 nicht dokumentiert. Unabhängig davon sind Arbeitsunfähigkeitszeiten bzw. der Zwang zur Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit keine verlässliche Grundlagen zur Bewertung der MdE. Auch allein durch bildgebende Verfahren festgestellte degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule lassen noch keinen verlässlichen Rückschluss auf das tatsächlich bestehende Ausmaß einer MdE zu, worauf Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme zum Gutachten vom 01.05.2014 hinweist. Damit fehlt es an objektiv medizinischen Befundbeschreibungen der durch die BK bedingten Lendenwirbelsäulenbeschwerden des Kläger für die Zeit vor dem 01.07.2012, die das Vorliegen einer MdE von 20 v.H. vor dem 01.07.2012 begründbar machen. Hiervon geht auch Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.05.2014 aus, in der er mitgeteilt hat, ob die zuerkannte MdE von 20 v.H. schon vor dem 01.07.2012 vorgelegen haben könnte, sei aus den übersandten Akten nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu bejahen. Damit kann eine MdE um 20 v.H. vor dem 01.07.2012, insbesondere bereits ab 16.10.2007, nicht festgestellt werden.
Das Vorliegen eines Stützrententatbestandes für den vorliegend streitigen Zeitraum ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
Dass die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 19.03.2014 den zur Berechnung der Höhe der Rentenleistung zu berücksichtigenden Jahresarbeitsverdienst des Klägers unzutreffend festgesetzt hat, kann nicht festgestellt werden, und ist im Übrigen vom Kläger im Verlaufe des Rechtsstreites auch nicht angefochten worden.
Dem Hilfsantrag des Klägers, den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen, ist nicht zu entsprechen. Der Rechtsstreit kann nicht an das SG zurückverwiesen werden. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreites an das SG kommt nach § 159 Abs. 1 SGG nur in Betracht, wenn 1. das SG die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, oder 2. das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Das Berufungsgericht entscheidet nach Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Dabei ist zwischen den Interessen der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung einerseits und dem Verlust einer Instanz andererseits abzuwägen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 159 RdNr. 5).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 SGG sind vorliegend bereits nicht erfüllt. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob das Verfahren wegen nicht hinreichender Sachaufklärung des SG im Rahmen der Amtsermittlung an einem wesentlichen Mangel leidet, wie der Kläger meint. Denn jedenfalls ist im Berufungsverfahren eine umfangreiche aufwändige Beweisaufnahme nicht notwendig.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Rechtsstreit ist - entgegen der Ansicht des Klägers - entscheidungsreif. Der Sachverhalt ist durch die vom SG und Senat durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung der MdE unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Dem Hilfsbeweisantrag des Klägers, den Termin aufzuheben und Dr. Schm. zu befragen, konkret ob die Beschwerden des Klägers derart gestaltet sind, dass sie zur Aufgabe der Tätigkeit am 16.10.2007 berechtigt haben, war nicht zu entsprechen. Dr. Schm. ist vom Senat mit richterlicher Verfügung vom 22.12.2015 insbesondere dazu, seit wann der Kläger bei ihm in Behandlung steht sowie welche Befunde er bei den Untersuchungen des Klägers im Einzelnen erhoben und welche Diagnosen er gestellt hat, schriftlich als sachverständiger Zeuge gehört worden. Zu den Beweisfragen hat Dr. Schm. unter dem 20.01.2016 ausgesagt. Dass Dr. Schm. zusätzliche für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits bedeutsame Angaben machen kann, hat der Kläger nicht dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich. Allein das Bestehen von Arbeitsunfähigkeitszeiten liefert noch keine verlässliche Grundlage für die Bewertung der MdE, weshalb weitere Ermittlungen hierzu nicht relevant sind. Nachdem Dr. Schm. ausgesagt hat, dass sich der Kläger erst seit dem Jahr 2010 in seiner Behandlung befindet, ist auch nicht ersichtlich, dass Dr. Schm. verlässliche Angaben dazu machen kann, ob die (Lendenwirbelsäulen-) Beschwerden des Klägers derart gestaltet waren, dass sie zur Aufgabe der Tätigkeit des Klägers am 16.10.2007 berechtigt haben. Gesichtspunkte, weshalb Dr. Schm. hierzu trotz des Behandlungsbeginns erst im Jahr 2010 verlässliche Angaben machen kann, hat der Kläger nicht aufgezeigt, zumal auch dieser Gesichtspunkt keine verlässliche Grundlage für die Bewertung der MdE liefert. Außerdem hat die Beklagte mit der Anerkennung der BK Nr. 2108 BKV einen Zwang/Berechtigung des Klägers zur Aufgabe der Tätigkeit auch anerkannt, weshalb es insoweit auch keiner weiteren Ermittlungen bedarf. Der Senat war deshalb nicht gehindert, über die Berufung des Klägers zu entscheiden; Anlass, "den Termin aufzuheben" bestand nicht. Dieser Hilfsbeweisantrag war daher ebenfalls zurückzuweisen.
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im vorliegenden Berufungsverfahren die Gewährung von Verletztenrente wegen einer anerkannten Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) - bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule - für die Zeit vor dem 01.07.2012 streitig. Außerdem ist beim Senat das Berufungsverfahren des Klägers L 8 U 388/16 wegen der Gewährung von Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV anhängig.
Der 1955 geborene Kläger war von September 1971 bis Mai 1997 und von Juli 1997 bis Oktober 2007 als Fliesenleger beschäftigt. Dazwischen leistete er den Wehrdienst ab bzw. war arbeitslos. Der Kläger gab seine Tätigkeit am 16.10.2007 auf. Der Kläger ist privat berentet.
Am 20.07.2012 beantragte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten die Zahlung von Verletztenrente aufgrund einer BK Nr. 2108 ff. BKV.
Die Beklagte leitete ein Feststellungsverfahren ein. Sie zog das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers von der I. für den Zeitraum vom 08.02.1995 bis 11.05.2011 bei. Weiter nahm die Beklagte medizinische Befundunterlagen zu den Akten (Befundberichte Dr. Schm. vom 21.02.2012, Diagnose: Rückenprellung; vom 31.03.2011, Diagnose: Verdacht auf Innenmeniskusriss links; vom 19.04.2011, Diagnosen: Innenmeniskusriss links, Knorpelschaden am medialen Femurcondylus und vom 21.07.2010, Diagnose LWS-Syndrom sowie radiologische Befundberichte von Dr. Hu. vom 13.10.2008 über eine Kernspintomographie der rechten Schulter, Dr. F. vom 05.04.2011 über ein MR des linken Knies und Dr. Ha. vom 21.05.2013 über eine Kernspintomographie des rechten Knies) und zog radiologisches Bildmaterial bei.
In der Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 03.09.2013 gelangte der Präventionsdienst (Herr S. ) zu der Beurteilung, aus den Erhebungsdaten berechne sich nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) eine berufliche Gesamtdosis in Höhe von 29,3 MNh; der Orientierungswert von 25 MNh werde überschritten.
Die Beklagte holte das orthopädisch-chirurgische Zusammenhangsgutachten des vom Kläger vorgeschlagenen Prof. Dr. S. vom 22.11.2013 ein. Prof. Dr. S. gelangte nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 13.11.2013 zu der Beurteilung, beim Kläger bestünden eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Lendenwirbelsäule bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen und Streckfehlhaltung, eine Funktionsbeeinträchtigung der Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen ohne Nervenkompressionssymptomatik, ein Zustand nach arthroskopischer Operation des linken Knies sowie ein Morbus Dupuytren des rechten Kleinfingers. Die bestehende bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule sei als BK Nr. 2108 BKV anzuerkennen. Die Folgen der BK seien in Gruppe 2 (mittelgradig) einzuordnen und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. zu bewerten. Es sei hinreichend wahrscheinlich, dass die gleiche Beeinträchtigung zum Zeitpunkt des Anerkennungsantrags (20.07.2012) vorgelegen habe.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 29.12.2013 schloss sich Dr. K. dem Gutachten von Prof. Dr. S. an.
Mit Bescheid vom 19.03.2014 stellte die Beklagte - ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalls am 16.10.2007 - das Vorliegen einer BK Nr. 2108 der BKV fest und gewährte dem Kläger Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H. ab 01.07.2012 bis auf weiteres auf der Grundlage eines Jahresarbeitsverdienstes von 33.262,48 EUR.
Gegen den Bescheid vom 19.03.2014 legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 21.03.2014 Widerspruch ein. Gleichzeitig beantragte er die Gewährung von Geldleistungen nach § 3 BKV (L 8 U 388/16). Der Kläger machte zur Begründung das Vorliegen einer MdE von 20 v.H. zu einem früheren Zeitpunkt geltend und beantragte, hierzu bei Prof. Dr. S. nachzufragen. Der Zeitpunkt der Aufgabe der Tätigkeit sei auch maßgeblich für den Rentenbeginn.
Die Beklagte holte die ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. S. vom 01.05.2014 ein, in der er mitteilte, ob die zuerkannte MdE von 20 v.H. schon vor dem 01.07.2012 vorgelegen haben könne, sei aus den übersandten Akten nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu bejahen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 19.03.2014 zurück. Nach der Einschätzung von Prof. Dr. S. habe eine MdE von 20 v.H. frühestens ab Juli 2012 vorgelegen, da längere Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen anhaltender Rückenbeschwerden erstmals im Jahr 2012 dokumentiert seien.
Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 04.09.2014 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Er führte zur Begründung aus, Prof. Dr. S. gehe in seiner Argumentation nicht medizinisch vor, sondern von der Beweislage aus. Der schwerwiegendste Beweis für eine doch sehr gravierende gesundheitliche Beeinträchtigung sei die Aufgabe der Tätigkeit, die im Jahr 2007 erfolgt sei. Weil einer Tätigkeit nicht mehr nachgegangen worden sei, hätten Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht attestiert werden müssen. Ermittlungen beim behandelnden Arzt seien nachzuholen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.09.2015 wies das SG die Klage ab. Es verwies zur Begründung seiner Entscheidung auf die Begründung des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides und hielt weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht für erforderlich. Die Ausführungen von Prof. Dr. S. seien für die Kammer schlüssig und nachvollziehbar. Vor dem Jahr 2012 hätten nur kurze Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bestanden. Darüber hinaus lägen keine Befunde vor, die höhergradige Beeinträchtigungen zeigten.
Hiergegen richtet sich die vom Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 08.10.2015 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, das SG sei der Amtsermittlungsverpflichtung nicht nachgekommen. Es stelle sich die Frage, warum bei den behandelnden Ärzten bezüglich der Beeinträchtigungen nicht nachgefragt worden sei. Die behandelnden Ärzte hätten klar zum Ausdruck gebracht, dass natürlich mit der Aufgabe der Tätigkeit der Beruf habe nicht mehr ausgeübt werden können und damit die MdE natürlich ab dem Zeitpunkt der Berufsaufgabe vorliege. Durch die unterlassenen Ermittlungen sei ihm eine Instanz genommen worden. Er halte es für absolut opportun, die Sache zurückzuverweisen, natürlich auch aus erzieherischen Erwägungen heraus. Die Entscheidung sei fast mit 100%iger Sicherheit fehlerhaft, weil bei den behandelnden Ärzten nicht ermittelt worden sei. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liege vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. September 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 zu verurteilen, Verletztenrente wegen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der BKV auch für einen Zeitraum vor dem 1. Juli 2012 zu zahlen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das Sozialgericht Freiburg zurückzuverweisen, hilfsweise den Termin aufzuheben und Dr. Schm. zu befragen, konkret ob die Beschwerden des Klägers derart gestaltet sind, dass sie zur Aufgabe der Tätigkeit am 16.10.2007 berechtigt haben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung vorgetragen, es ergäben sich keine Hinweise darauf, dass die zur Beurteilung der bandscheibenbedingten Erkrankungsfolgen maßgeblichen medizinischen Unterlagen einen früheren Rentenbeginn rechtfertigten.
Der Senat hat den vom Kläger als behandelnden Arzt benannten Orthopäden Dr. Schm. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. Schm. hat in seiner Aussage vom 20.01.2016 mitgeteilt, der Kläger befinde sich in regelmäßigen Abständen seit dem Jahr 2010 in seiner Behandlung. Im Jahr 2013 sei eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule durchgeführt worden, die deutlich degenerative Veränderungen gezeigt habe. Es hätten über mehrere Jahre rezidivierend lokal lumbale Beschwerden ohne sensible oder motorische Ausfälle bestanden.
Der Kläger hat zur Aussage des Dr. Schm. vorgetragen (Schriftsatz vom 19.05.2016), Dr. Schm. sei nicht nach dem Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit gefragt worden. Eine Aussage, die die Kenntnislücke der Ausführungen von Prof. Dr. S. schließen würde, sei nicht getroffen worden. Dies sei weiterhin abklärungsbedürftig. Dem Gutachten des Prof. Dr. S. noch der Aussage von Dr. Schm. lasse sich etwas Negatives für den Zeitraum von 2007 bis 2012 herauslesen. Vor diesem Hintergrund sei der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze des Klägerbevollmächtigten vom 04.05.2016 und 19.05.2016; Schriftsatz der Beklagten vom 29.03.2016).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers sinngemäß gefasst.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 19.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.214 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente wegen der anerkannten BK Nr. 2108 BKV vor dem 01.07.2012 besteht nicht.
Gem. § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherte sind unter anderem Beschäftigte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit u.a. folgende als Berufskrankheit anerkannten Krankheiten aufgeführt sind: Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Eine solche BK liegt beim Kläger - unstreitig - vor, wie die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 19.03.2014 festgestellt hat.
Die Folgen der anerkannten BK rechtfertigen allenfalls eine MdE von 20 v.H. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE ist die Feststellung von Tatsachen, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
In den am 04.08.2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinische Beurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" (Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff - Konsensempfehlungen -) entsprechen die im vollen Konsens aller Teilnehmer verabschiedeten Kriterien zur Überzeugung des Senats der gegenwärtigen herrschenden Meinung der Wissenschaft, welche der Senat daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. stellvertretend Urteil des Senats vom 28.01.2011 - L 8 U 4946/08 -, Juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) seiner Entscheidung zugrundelegt. Die Konsensempfehlungen sind nach wie vor eine geeignete Grundlage, um den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand bezüglich bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS zu bestimmen (vgl. BSG, Urteil vom 23.04.2015 - B 2 U 20/14 R -, juris, Rn. 22). In Teil II Nr. 4.5 der Konsensempfehlungen sind in Tabelle 15 durch die Mehrheitsmeinung der Arbeitsgruppe die Bewertungskriterien zur Bemessung der MdE festgelegt. Soweit lediglich eine Teilnehmerin der Arbeitsgruppe (Prof. Dr. E. ) eine hiervon abweichende Auffassung geäußert hat, sieht sich der Senat nicht gehindert, die nur mit einer Gegenstimme verabschiedeten Bewertungskriterien als Ausdruck der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung einzustufen (vgl. Urteil des Senats vom 25.04.2014 - L 8 U 1614/13 - unveröffentlicht). Nach den gutachterlichen Ausführungen von Prof. Dr. S. sind die Tabellenwerte zu berücksichtigen, denn er hat sich bei seiner MdE-Einschätzung ausdrücklich auf die Konsensempfehlungen gestützt.
Nach Tabelle 15 in Teil II der Konsensempfehlungen liegt eine nach Stufe 1 zu bewertende Berufskrankheit mit einer MdE von 10 v.H. vor bei einem lokalen LWS-Syndrom oder lumbalen Wurzelkompressionssyndrom mit leichten (auch anamnestischen) belastungsabhängigen Beschwerden und leichten Funktionseinschränkungen, auch nach gegebenenfalls operiertem Prolaps. Eine MdE um 20 v.H. wird bei Stufe 2 durch ein lokales LWS-Syndrom oder lumbales Wurzelkompressionssyndrom mit mittelgradigen belastungsabhängigen Beschwerden, bei Lumboischialgie mit belastungsabhängigen Beschwerden, deutlichen Funktionseinschränkungen und bei mittelgradigen Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach einer Operation begründet. In Stufe 3 wird eine MdE um 30 bis 40 v.H. durch ein lumbales Wurzelkompressionssyndrom mit starken belastungsabhängigen Beschwerden und motorischen Störungen funktionell wichtiger Muskeln, durch starke Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach Operation begründet. Dies steht auch im Einklang mit der nach Bekanntgabe der Konsensempfehlungen im Jahr 2005 publizierten unfallmedizinischen Literatur, die diese Bewertungskriterien übernommen hat. Auch danach kann eine MdE von 20 v.H. angenommen werden, bei einem lokalen LWS-Syndrom oder einem lumbalen Wurzelkompressionssyndrom mit mittelgradigen belastungsabhängigen Beschwerden; einer Lumboischialgie mit belastungsabhängigen Beschwerden, deutliche Funktionseinschränkungen; mittelgradige Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach Operation (vgl. Schönberger / Mehrtens / Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 2009, 8. Auflage Nr. 8.3.6.6.7, Seite 511).
Nach dem von Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 22.11.2013 beschriebenen Befund besteht ein deutlicher Druckschmerz und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen L 2 bis S1. Die paravertebrale Muskulatur beidseits der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule ist erheblich verspannt und druckschmerzhaft. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule ist schmerzhaft und insbesondere bei der Rechtsneigung, der Rechtsdrehung sowie der Reklinationsbewegung (Winkel 5°) eingeschränkt (Seitneigung: 20-0-30°, Norm: 30 bis 40°; Drehen: 30-0-30°, Norm: 30 bis 40°). Der Fingerbodenabstand beträgt 22 cm. Die orientierende neurologische Untersuchung erbrachte keine feststellbare neurogenbedingte motorischen oder sensiblen Störungen. Das Lasègue-Zeichen beidseits ist negativ, Pseudolasègue rechts bei 60°, links bei 70° positiv. Pathologische Reflexe bestehen nicht. Ebenso keine Fuß-, Großzehenheber- oder - senkerschwäche. Das Gangbild beschreibt Prof. Dr. S. als unauffällig. Eine Operation ist nach den von Prof. Dr. S. beschriebenen Angaben des Klägers nicht erfolgt. Nach den Angaben des Klägers bei der Begutachtung besteht ein von der Lendenwirbelsäule ausgehender ständiger Rückenschmerz, der in das Gesäß ausstrahlt, beim Bücken, Heben und Tragen sich verstärkende Beschwerden und zu lumbalen Schmerzen beim Sitzen und Liegen.
Damit bestehen beim Kläger eine auf die Berufskrankheit zurückzuführende schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule mit einer Beeinträchtigung beim Bücken, Sitzen, Stehen, Gehen, Liegen, Heben und Tragen, wovon auch Prof. Dr. S. in seinem Gutachten ausgeht, wobei die beschriebene Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule (eher) als leichtgradig zu werten ist. Diese Folgen der BK Nr. 2018 sind allenfalls mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten, wobei diese von Prof. Dr. S. vorgeschlagene MdE-Bewertung eher großzügig erscheint. Einwendungen gegen die Bewertung der MdE mit 20 v.H. hat der Kläger im Übrigen im Verlauf des Rechtsstreites auch nicht erhoben.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Vorliegen einer MdE von 20 v.H. vor dem 01.07.2012, insbesondere bereits seit dem 15.10.2007, wie der Kläger geltend macht, nicht belegt. Allein die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit am 15.10.2007 lässt keinen verlässlichen Rückschluss auf das Vorliegen einer rentenberechtigenden MdE zu. Objektiv medizinische Befundunterlagen, die einen Rückschluss auf das Vorliegen einer rentenberechtigenden MdE vor dem 01.07.2012 zulassen, liegen ebenfalls nicht vor. In der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 20.01.2016 hat der Orthopäde Dr. Schm. ausgesagt, dass sich der Kläger erst seit 2010 in seiner Behandlung befindet. Nach den Angaben von Dr. Schm. bestanden beim Kläger zwar über mehrere Jahre rezidivierend lokal lumbale Beschwerden, jedoch ohne sensible oder motorische Ausfälle. Aufgrund dieser Angaben lässt sich eine MdE von 20 noch nicht herleiten. Die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beigezogenen medizinischen Befundberichte des Dr. Schm. enthalten ebenfalls keine Befundbeschreibungen der Lendenwirbelsäule, die es erlauben, bereits vor dem 01.07.2012 das Vorliegen einer MdE in rentenberechtigender Höhe festzustellen. Vielmehr lässt sich diesen Befundberichten nur eine Behandlung der Lendenwirbelsäule (Befundbericht vom 21.07.2010) wegen anhaltender LWS-Beschwerden ohne sensible und motorische Ausfälle entnehmen, die sich unter Therapie leicht besserten. Weitere Behandlungen der Lendenwirbelsäule bis 01.07.2012 sind nicht ersichtlich. Dies lässt darauf schließen, dass vor dem 01.07.2012 allenfalls leichte Lendenwirbelsäulenbeschwerden des Klägers bestanden haben, die eine MdE von 20 V.H. nicht rechtfertigen. Hierfür spricht auch, dass beim Kläger nach dem von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis längere Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen der Lendenwirbelsäule vor dem Jahr 2012 nicht dokumentiert sind, worauf Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme zum Gutachten überzeugend hinweist. Hiergegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, nach der Aufgabe der belastenden Tätigkeit zum 15.10.2007 hätten Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht attestiert werden müssen. Denn Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Lendenwirbelsäulenbeschwerden sind nach dem beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis auch für die Zeit von 1995 bis 15.10.2007 nicht dokumentiert. Unabhängig davon sind Arbeitsunfähigkeitszeiten bzw. der Zwang zur Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit keine verlässliche Grundlagen zur Bewertung der MdE. Auch allein durch bildgebende Verfahren festgestellte degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule lassen noch keinen verlässlichen Rückschluss auf das tatsächlich bestehende Ausmaß einer MdE zu, worauf Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme zum Gutachten vom 01.05.2014 hinweist. Damit fehlt es an objektiv medizinischen Befundbeschreibungen der durch die BK bedingten Lendenwirbelsäulenbeschwerden des Kläger für die Zeit vor dem 01.07.2012, die das Vorliegen einer MdE von 20 v.H. vor dem 01.07.2012 begründbar machen. Hiervon geht auch Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.05.2014 aus, in der er mitgeteilt hat, ob die zuerkannte MdE von 20 v.H. schon vor dem 01.07.2012 vorgelegen haben könnte, sei aus den übersandten Akten nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu bejahen. Damit kann eine MdE um 20 v.H. vor dem 01.07.2012, insbesondere bereits ab 16.10.2007, nicht festgestellt werden.
Das Vorliegen eines Stützrententatbestandes für den vorliegend streitigen Zeitraum ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
Dass die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 19.03.2014 den zur Berechnung der Höhe der Rentenleistung zu berücksichtigenden Jahresarbeitsverdienst des Klägers unzutreffend festgesetzt hat, kann nicht festgestellt werden, und ist im Übrigen vom Kläger im Verlaufe des Rechtsstreites auch nicht angefochten worden.
Dem Hilfsantrag des Klägers, den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen, ist nicht zu entsprechen. Der Rechtsstreit kann nicht an das SG zurückverwiesen werden. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreites an das SG kommt nach § 159 Abs. 1 SGG nur in Betracht, wenn 1. das SG die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, oder 2. das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Das Berufungsgericht entscheidet nach Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Dabei ist zwischen den Interessen der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung einerseits und dem Verlust einer Instanz andererseits abzuwägen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 159 RdNr. 5).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 SGG sind vorliegend bereits nicht erfüllt. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob das Verfahren wegen nicht hinreichender Sachaufklärung des SG im Rahmen der Amtsermittlung an einem wesentlichen Mangel leidet, wie der Kläger meint. Denn jedenfalls ist im Berufungsverfahren eine umfangreiche aufwändige Beweisaufnahme nicht notwendig.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Rechtsstreit ist - entgegen der Ansicht des Klägers - entscheidungsreif. Der Sachverhalt ist durch die vom SG und Senat durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung der MdE unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Dem Hilfsbeweisantrag des Klägers, den Termin aufzuheben und Dr. Schm. zu befragen, konkret ob die Beschwerden des Klägers derart gestaltet sind, dass sie zur Aufgabe der Tätigkeit am 16.10.2007 berechtigt haben, war nicht zu entsprechen. Dr. Schm. ist vom Senat mit richterlicher Verfügung vom 22.12.2015 insbesondere dazu, seit wann der Kläger bei ihm in Behandlung steht sowie welche Befunde er bei den Untersuchungen des Klägers im Einzelnen erhoben und welche Diagnosen er gestellt hat, schriftlich als sachverständiger Zeuge gehört worden. Zu den Beweisfragen hat Dr. Schm. unter dem 20.01.2016 ausgesagt. Dass Dr. Schm. zusätzliche für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits bedeutsame Angaben machen kann, hat der Kläger nicht dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich. Allein das Bestehen von Arbeitsunfähigkeitszeiten liefert noch keine verlässliche Grundlage für die Bewertung der MdE, weshalb weitere Ermittlungen hierzu nicht relevant sind. Nachdem Dr. Schm. ausgesagt hat, dass sich der Kläger erst seit dem Jahr 2010 in seiner Behandlung befindet, ist auch nicht ersichtlich, dass Dr. Schm. verlässliche Angaben dazu machen kann, ob die (Lendenwirbelsäulen-) Beschwerden des Klägers derart gestaltet waren, dass sie zur Aufgabe der Tätigkeit des Klägers am 16.10.2007 berechtigt haben. Gesichtspunkte, weshalb Dr. Schm. hierzu trotz des Behandlungsbeginns erst im Jahr 2010 verlässliche Angaben machen kann, hat der Kläger nicht aufgezeigt, zumal auch dieser Gesichtspunkt keine verlässliche Grundlage für die Bewertung der MdE liefert. Außerdem hat die Beklagte mit der Anerkennung der BK Nr. 2108 BKV einen Zwang/Berechtigung des Klägers zur Aufgabe der Tätigkeit auch anerkannt, weshalb es insoweit auch keiner weiteren Ermittlungen bedarf. Der Senat war deshalb nicht gehindert, über die Berufung des Klägers zu entscheiden; Anlass, "den Termin aufzuheben" bestand nicht. Dieser Hilfsbeweisantrag war daher ebenfalls zurückzuweisen.
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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