L 10 R 2303/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1090/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2303/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.04.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.

Der am 1962 geborene Kläger war nach Abbruch seiner Lehre zum Fliesenleger zunächst in seinem Ausbildungsbetrieb und anschließend ab 1984 bei der D. AG in S. beschäftigt, wo er zuletzt als Gabelstaplerfahrer tätig war. Im Rahmen dieser Tätigkeit erlitt er im April 2010 einen Arbeitsunfall, als er von dem Anhänger eines vorbeifahrenden Elektrowagens am linken Bein erfasst wurde. Er zog sich dabei eine erstgradig offene Zweietagen-Fraktur am linken Oberschenkel zu, die zunächst operativ osteosynthetisch versorgt wurde. Wegen ausbleibender knöcherner Durchbauung wurde Anfang Februar 2011 eine operative Revision durchgeführt (Dekortikation, lokale Spongiosaplastik sowie additive Plattenosteosynthese), wodurch es nachfolgend zu einer kompletten knöchernen Durchbauung der Fraktur kam. Hinsichtlich der zunächst noch ausgeprägten Muskelminderung am linken Oberschenkel wurde durch intensive Physiotherapie eine Verbesserung erreicht. Im Zwischenbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) vom 21.07.2011 (Bl. 365/369 VerwA) beschrieb der Ärztliche Direktor Prof. Dr. S. eine nahezu seitengleiche und freie Beweglichkeit am Hüft- und Kniegelenk bei noch bestehender Minderung der Muskulatur am linken Oberschenkel mit Kraftdefizit, erachtete eine sitzende Tätigkeit für möglich und empfahl eine Eingliederungsmaßnahme. Zu einer Wiederaufnahme der letzten oder einer anderen Tätigkeit kam es nicht. Der Kläger bezog schließlich bis zum 12.12.2011 Verletztengeld und anschließend Arbeitslosengeld.

Am 04.07.2011 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung. Seinen Antrag begründete er mit den orthopädischen Folgen des erlittenen Arbeitsunfalls und seither bestehenden schweren Depressionen. Die Beklagte zog von der Berufsgenossenschaft H. und M. (BGHM) medizinische Unterlagen bei und holte die sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin und Sozialmedizin H.-L. ein, der darauf hinwies, dass die Behandlung derzeit noch nicht abgeschlossen sei, jedoch eine Reintegration an den alten Arbeitsplatz angestrebt werde. Er erachtete den Kläger für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten möglichst im Wechsel sechs Stunden und mehr zu verrichten, ebenso auch die letzte Tätigkeit als Staplerfahrer. Mit Bescheid vom 11.08.2011 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers daraufhin mit der Begründung ab, er könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig sein, weshalb im Sinne des Gesetzes keine Erwerbsminderung vorliege. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, er leide unter einer extrem schmerzhaften Pseudoarthrose mit Beinschwund, wodurch sein Geh- und Stehvermögen erheblich beeinträchtigt sei. Durch die Fehlbelastung bestünden inzwischen auch zunehmende Wirbelsäulen-, Hüft-, Knie- und Sprunggelenksbeschwerden sowie im Übrigen schwere Depressionen. Selbst leichte Tätigkeiten seien nur noch zwei Stunden täglich möglich. Er verwies auf die im Oktober/November 2011 von der BGHM veranlasste arbeitsplatzspezifische Rehabilitation (ASR), nach der er nur bis zu einer Belastungsstufe von zweieinhalb Stunden täglich gekommen sei. Probleme hätten insbesondere bei längerem Sitzen bestanden, was maximal zehn bis zwanzig Minuten möglich gewesen sei. Auf Grund der von der Beklagten sodann veranlassten Mehrfachbegutachtung durch Dr. W. , Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie, Dr. B. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, und Dr. M. , Arzt für Innere Medizin, beschrieb letzterer zusammenfassend sodann Restbeschwerden im linken Oberschenkel und der linken Hüfte (leichte Valgusfehlstellung am linken Unterschenkel mit Außenrotationsvalgusschmerzen bei gebeugtem Kniegelenk medialseitig, geringe Muskelminderung am linken Ober- und Unterschenkel, Schongehen links, endgradige Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk), eine Blutzuckererkrankung (unzureichend eingestellt) und eine Bluthochdruckerkrankung (regelrecht eingestellt) sowie ferner eine Anpassungsstörung mit gut erhaltener inhaltlicher und affektiver Auslenkbarkeit und ein latentes Carpaltunnelsyndrom beidseits ohne sensomotorische Ausfälle. Hierdurch seien körperlich schwere und mittelschwere Tätigkeiten, längeres Gehen und Stehen, Arbeiten in gebückter Haltung, in Hocke und mit Rumpfzwangshaltungen, auf Gerüsten und Leitern, auf schwierigem und unebenem Boden, an unmittelbar gefährdenden Maschinen und Nachtschichttätigkeiten nicht mehr möglich. Diesen Einschränkungen Rechnung tragende körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien jedoch weiterhin sechs Stunden und mehr zumutbar. Der Widerspruch wurde sodann mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2012 zurückgewiesen.

Am 17.04.2012 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, seine derzeitige Leistungsfähigkeit reiche nicht aus, um leichteste Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zu bewältigen.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Neurologe und Psychiater Dr. W. hat von Vorstellungen wegen einer als Folge des Arbeitsunfalls aufgetretenen Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion berichtet und den Kläger auf Grund seines psychischen und körperlichen Zustandes für maximal unter halbschichtig belastbar erachtet. Der Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. O. hat über die Entwicklung der Unfallfolgen, von einer letztmals im Dezember 2010 erfolgten Untersuchung des Klägers und der für Herbst 2012 vorgesehenen Metallentfernung und Knochenspornbegradigung berichtet und sich zu einer Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers nicht in der Lage gesehen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. O. hat die Ausübung leichtester Tätigkeiten mehr als sechs Stunden täglich auf Grund der Traumafolgen nicht mehr für möglich erachtet. Prof. Dr. S. hat über die am 01.10.2012 in der BG-Klinik erfolgte Metallentfernung und Abmeißelung einer störenden Knochenneubildung im ehemaligen Bruchbereich berichtet, wobei die Heilung voraussichtlich Ende 2012 abgeschlossen sei. Nach gegenwärtiger Einschätzung bestünden dann keine Bedenken gegen die Verrichtung leichter Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich.

Das SG hat sodann das Gutachten der Prof. Dr. W. , Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, auf Grund Untersuchung des Klägers im März 2013 eingeholt. Die Sachverständige ist diagnostisch von einer leichten depressiven Episode, einer Sensibilitätsstörung am linken Oberschenkel im Narbenbereich und einer leichten Gangstörung ausgegangen. Zur Vermeidung einer Verschlechterung der leichten Depression seien Tätigkeiten mit Störungen von Tag-/Nachtrhythmus (häufige Wechselschicht, Nachtschicht), mit hohen Anforderungen an die Verantwortung, die Umstellungsfähigkeit oder das Konzentrationsvermögen ausgeschlossen und wegen der Missempfindungen am linken Oberschenkel sollten Tätigkeiten mit häufiger Rumpfvorbeuge oder mit langem Sitzen (über 45 Minuten kontinuierlich) vermieden werden. Bei Berücksichtigung dieser Einschränkungen seien Erwerbstätigkeiten zumindest sechs Stunden täglich möglich. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG darüber hinaus das psychiatrisch-psychotherapeutische Gutachten des Dr. E. , Facharzt für Neurologie und Medizinischer Direktor im Klinikum N. C./H., auf Grund Untersuchung im August 2013 eingeholt. Der Sachverständige ist diagnostisch von einer depressiven Episode, derzeit leichtgradig, bei initial deutlicher Anpassungsstörung ausgegangen und hat die Ausübung leichter beruflicher Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Zu vermeiden seien dabei Nacht- und Wechselschichten, Arbeiten mit hohen Anforderungen an die Verantwortung, die Umstellungsfähigkeit und das Konzentrationsvermögen sowie Arbeiten in Zwangshaltung und auf Leitern und Gerüsten.

Mit Urteil vom 16.04.2014 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. W. und die Gutachten der im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Dr. W. , Dr. B. und Dr. M. abgewiesen. Der Kläger könne unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen noch leichte berufliche Tätigkeiten im Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich verrichten, was eine Rente wegen Erwerbsminderung ausschließe. Von einem entsprechenden Leistungsvermögen sei auch der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hinzugezogene Sachverständige ausgegangen.

Gegen das seinen früheren Bevollmächtigten am 02.05.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.05.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, die aus seinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen folgende Leistungsfähigkeit sei nur unzulänglich berücksichtigt worden. Er sei seit seinem Arbeitsunfall durchgehend arbeitsunfähig, es sei ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 und das Merkzeichen "G" festgestellt und durch die BGHM sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v.H.) anerkannt. Eine Arbeitsleistung von mindestens sechs Stunden täglich könne er nicht mehr erbringen, was durch die Behandlungsbedürftigkeit seiner Gesundheitsbeeinträchtigungen bestätigt werde. Hiervon gehe auch der behandelnde Dr. W. aus. Demgegenüber überzeugten die Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Dr. E. nicht. Anlässlich der ganztätig ambulanten Behandlung vom 06.08. bis 16.09.2014 in der d.-Fachklinik seien im Übrigen Diagnosen gestellt worden, die erheblich von den von diesen Sachverständigen gestellten Diagnosen abwichen (u.a. schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, Agoraphobie mit Panikstörung, posttraumatische Belastungsstörung). Er hat den Kurzbericht der d.-Fachklinik sowie einen Befundbericht des Orthopäden Dr. Marx vom 01.08.2014 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.04.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2012 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat die sozialmedizinische Stellungnahme der Fachärztin für Psychosomatische Medizin Dr. D. vorgelegt und hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat den Entlassungsbericht der d.-Fachklinik über die Behandlung im August/September 2014 sowie die Akten des vom Kläger beim SG geführten Verfahrens S 7 U 3001/13 beigezogen. In jenem Verfahren hat das SG das unfallchirurgisch-orthopädische Gutachten des Arztes für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. auf Grund einer Untersuchung des Klägers im November 2014 (Unfallfolgen: Bewegungsbeeinträchtigung des linken Hüftgelenks, Beeinträchtigung des linken Knies für die Beugung, leichte muskuläre Schonzeichen, Faszienlücke ventraler Oberschenkel, Gefühlsstörungen linker Oberschenkel, reizlos einliegende Metallimplantate, gering vermehrte Außendrehung des linken Beins, reizlose Haut- und Knochennarben; MdE seit 01.04.2013 20 v.H., im Übrigen degenerative Beschwerden der HWS und LWS, Arthrose linkes Schultergelenk, geklagte Schmerzen und Gangbildstörung durch objektivierbare Befunde nicht hinreichend zu erklären, Anregung eines nervenärztlichen Gutachtens) und das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. M. , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, auf Grund einer Untersuchung im Mai 2015 (Gefühlsstörungen an der linken Oberschenkelaußenseite, eher narbenbedingt als durch Schädigung des Nervus cutaneus femoris lateralis links, Gangbildstörung mit abnormer Beschwielung rechtes Knie, Anpassungsstörung mit leichter ängstlich-depressiver Störung mit Übergang in eine leichte depressive Episode, mittlerweile ohne sicheren Krankheitswert) eingeholt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 11.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht voll erwerbsgemindert. Ihm steht die geltend gemachte Rente wegen voller Erwerbsminderung daher nicht zu.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, leichte berufliche Tätigkeiten bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (ohne längeres Gehen und Stehen, ohne Arbeiten in gebückter Haltung, in Hocke, mit Rumpfzwangshaltungen, auf Leitern und Gerüsten, an unmittelbar gefährdenden Maschinen, auf schwierigem und unebenem Boden, mit häufiger Rumpfvorbeuge und langem Sitzen) zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten und mit diesem Leistungsvermögen eine Erwerbsminderung nicht vorliegt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zu ergänzen sind die qualitativen Einschränkungen um die von der Sachverständigen Prof. Dr. W. aufgeführten Tätigkeiten mit Störungen von Tag-/Nachtrhythmus, wie häufige Wechselschicht und Nachtschicht, sowie Tätigkeiten mit hohen Anforderungen an die Verantwortung, die Umstellungsfähigkeit oder das Konzentrationsvermögen.

Ebenso wie das SG geht auch der Senat auf der Grundlage der im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholten Gutachten des Dr. W. , des Dr. B. und des Dr. M. sowie dem Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. W. , deren Einschätzung auch der gemäß § 109 SGG auf Antrag des Klägers hinzugezogene Sachverständige Dr. E. geteilt hat, davon aus, dass der Kläger durch die Folgen des im April 2010 erlittenen Arbeitsunfalls nicht unerheblich in seinem beruflichen Leistungsvermögen eingeschränkt ist, die verbliebenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen jedoch kein rentenbegründendes Ausmaß erreichen; dies auch nicht unter Berücksichtigung der unfallunabhängig vorliegenden Erkrankungen, die lediglich von untergeordneter Bedeutung sind. Eine rentenrelevante Leistungsminderung ergibt sich weder im Hinblick auf die von orthopädischer Seite bestehenden Beeinträchtigungen, noch angesichts der als Folge hiervon aufgetretenen Gesundheitsstörungen von Seiten des nervenärztlichen Fachgebietes. Dies hat das SG zutreffend entschieden.

Entgegen der zuletzt vom Kläger vertretenen Auffassung liegen somit Gutachten auf sämtlichen, für die vorgebrachten Beschwerden relevanten medizinischen Fachgebieten vor, auch auf orthopädischem Gebiet (Gutachten von Dr. W. ).

Bestätigt wird die genannte Leistungsbeurteilung durch die in dem Verfahren S 7 U 3001/13 vom SG eingeholten Gutachten des Dr. S. und des Dr. M. , wie der vom Senat beigezogenen Akte entnommen werden kann. So hat Dr. S. im Wesentlichen die schon von Dr. W. dokumentierten Beeinträchtigungen mit Bewegungseinschränkungen im linken Hüftgelenk, einer Beeinträchtigung des linken Knies für die Beugung, einer gering vermehrten Außendrehung des linken Beins, leichten muskulären Schonzeichen und Gefühlsstörungen am linken Oberschenkel beschrieben und damit keine so schweren Einschränkungen, dass diesen nicht mit qualitativen Einschränkungen Rechnung getragen werden könnte. Insbesondere hat Dr. S. für die vom Kläger als Hauptproblem angegebenen, weitgehend gleichbleibenden Schmerzen im gesamten rechten Oberschenkel und die Gangbildstörungen keine objektivierbare Befunde - weder klinisch noch radiologisch - gefunden und betont, dass der erlittene Bruch achsgerecht und stabil ausgeheilt sei und entzündliche Veränderungen klinisch nicht festzustellen seien. Es hätten sich lediglich Hinweise auf eine gering vermehrte Außendrehung gefunden. Eine grobe Beinlängendifferenz hat er allerdings ausgeschlossen. Auch hätten sich die im Verlauf beschriebenen muskulären Schonzeichen deutlich zurückgebildet. Nach seinen weiteren Ausführungen spreche gegen eine außergewöhnliche Schmerzproblematik auch die Intensität der Schmerzmedikation und die für ihn nicht zwingend erkennbaren psychosozialen Auswirkungen. Dies ist für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar, nachdem der Kläger bezüglich seiner Hobbys berichtet hat, dass er sich um seine Tiere (Hühner, Vögel und Eichhörnchen) und seinen Garten, wenn auch eingeschränkt, kümmere. Schließlich weist auch die Bewertung der Unfallfolgen durch Dr. S. mit einer MdE um 20 v.H. seit April 2013 (zuvor MdE 30 v.H.) nicht auf eine schwergradige rentenrelevante Leistungsminderung hin.

Auch dem Gutachten des Dr. M. , der den Kläger nachfolgend von nervenärztlicher Seite begutachtet hat, lassen sich keine Anhaltspunkte für schwergradige Beeinträchtigungen entnehmen. Dieser hat auf Grund seiner Untersuchung im Mai 2015 vielmehr - ähnlich wie zuvor schon Dr. E. und über die von Prof. Dr. W. diagnostizierte leichte depressive Episode hinaus - eine Anpassungsstörung mit leichter ängstlich-depressiver Störung mit Übergang zu einer leichten depressiven Episode diagnostiziert und damit gleichermaßen keine Erkrankung mit Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen. Allerdings hat er darauf hingewiesen, dass sich bei der Simulationsdiagnostik signifikante Auffälligkeiten in den Absolutwerten mit auffälligen Antworten im affektiven, neurologischen und Intelligenzbereich ergeben haben, was - seinen weiteren Ausführungen zufolge - mit den Auffälligkeiten bzw. Inkongruenzen in der Selbstbewertung und der Fremdbeurteilung sowie dem psychischen Befund korreliert hat und auf eine Beschwerdeverdeutlichung hinweist. Als auffällig hat Dr. M. zudem eine ausgeprägte Beschwielung des rechten Knies mit massiver Verhornung beschrieben, was auf eine sehr hohe Belastung des rechten Knies bei Arbeiten auf dem Boden nahe legt. All dies weist - so die Darlegungen des Dr. M. - auf eine mehr oder weniger bewusstseinsnahe Beschwerdeverdeutlichung hin, was sich auch nach Auffassung des Senat zwanglos mit der vom Kläger als ungerecht empfundenen Behandlung durch den Rentenversicherungsträger und die BGHM sowie der nachhaltig verfolgten Auffassung, arbeitsunfähig zu sein, in Verbindung bringen lässt. Inkonsistenzen in dem dargelegten Sinn haben im Übrigen auch bereits Dr. B. , Prof. Dr. W. und Dr. E. beschrieben, in deren Gutachten auch zum Ausdruck kommt, dass der Kläger eine Rückkehr ins Berufsleben auf einem seinen Einschränkungen Rechnung tragenden Arbeitsplatz wohl nicht ernsthaft in Betracht gezogen hat.

Vor diesem Hintergrund besteht angesichts des vom Kläger auch im Berufungsvorbringen weiterverfolgten Vorbringens, er sei seit seinem Unfall arbeitsunfähig, Anlass zu dem Hinweis, dass es bezüglich des geltend gemachten Rentenanspruchs hierauf nicht ankommt. Denn eine rentenbegründende Leistungsminderung liegt nicht bereits dann vor, wenn die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht weiterhin verrichtet werden kann, sondern erst dann, wenn selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen nicht wenigstens sechs Stunden täglich ausgeübt werden können, was beim Kläger - wie ausgeführt - jedoch nicht der Fall ist. Die fehlende Fähigkeit, die zuletzt verrichtete Tätigkeit eines Staplerfahrers weiterhin auszuüben, begründet daher auch keinen Anspruch des Klägers auf eine Erwerbsminderungsrente.

Nichts anderes gilt insoweit, als der Kläger im Berufungsverfahren auf die Feststellung eines GdB von 50 und des Merkzeichens "G" hinweist. Denn der Umstand, dass beim Kläger die Schwerbehinderteneigenschaft anerkannt ist, ist für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung. Denn die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht besitzt für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987, 5b BJ 156/87, in juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung unterscheiden sich maßgeblich (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten). Entsprechendes gilt für das Merkzeichen "G" (Grenze: übliche Wegstrecke von 2 km, vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008, B 9/9a SB 7/06 R in SozR 4- 3250 § 146 Nr. 1, und damit geringere Anforderungen als bei der Wegefähigkeit). Nachdem auch keiner der am Verfahren beteiligten Ärzte die Wegefähigkeit des Klägers in Frage gestellt hat, erübrigen sich insoweit weitere Ausführungen. Nicht nachvollziehbar ist schließlich die Auffassung des Klägers, wonach eine rentenrelevante Leistungsminderung bereits durch die Behandlungsbedürftigkeit seiner Gesundheitsstörungen bestätigt werde. Zwar mag zutreffend sein, dass die beim Kläger verbliebenen unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigungen der Behandlung bedürfen, jedoch bemisst sich die Leistungsminderung nicht nach dem Ausmaß der Behandlungsbedürftigkeit, sondern nach dem Ausmaß der trotz Behandlung bestehenden funktionellen Beeinträchtigungen.

Soweit der Kläger sich hinsichtlich des geltend gemachten rentenbegründenden Leistungsvermögens durch die Einschätzung seines behandelnden Arztes Dr. W. bestätigt sieht, ist darauf hinzuweisen, dass dessen Leistungsbeurteilung zwar Anlass für das SG gewesen ist, das Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. W. einzuholen, sich hierdurch die Leistungsbeurteilung des Dr. W. aber gerade nicht bestätigt hat. Dies gilt im Übrigen auch für das auf Antrag des Klägers bei dem Arzt seines Vertrauens eingeholte Gutachten des Dr. E ... Weshalb diese Gutachten gegenüber der Einschätzung des Dr. W. nicht überzeugen sollen, ist nicht ersichtlich und ist vom Kläger auch nicht begründet worden.

Eine abweichende Beurteilung lässt sich im Übrigen auch nicht aus der Diagnoseliste des vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Kurzberichts der d.-Fachklinik herleiten. Soweit darin eine schwere depressive Episode aufgeführt ist, hat Dr. D. für die Beklagte überzeugend darauf hingewiesen, dass sich eine schwere depressive Symptomatik schon nicht mit einem tagesklinischen therapeutischen Setting in Einklang bringen lässt, da eine derartige Schwere der Erkrankung mit einer schweren Antriebsminderung und einem ausgeprägten sozialen Rückzug einhergeht, was mit einer täglichen An- und Abreise nur schwer vereinbar ist. Ungeachtet dessen ist dem vom Senat beigezogenen ausführlichen Entlassungsbericht aber auch zu entnehmen, dass es durch die Behandlung zu einer Besserung der depressiven Symptomatik gekommen ist, wobei die allgemeine berufliche und soziale Leistungsfähigkeit als "signifikant" gebessert beschrieben wird. Damit lässt sich mit der diagnostizierten schweren depressiven Episode im Sinne des § 43 SGB VI aber keine "auf nicht absehbare Zeit" bestehende Leistungsminderung begründen, selbst wenn zum Aufnahmezeitpunkt in der d.-Fachklinik eine schwere depressive Symptomatik vorgelegen haben sollte. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass Dr. M. anlässlich seiner nachfolgend im Mai 2015 erfolgten Untersuchung wiederum lediglich eine depressive Störung leichter Art diagnostiziert hat.

Im Hinblick auf die in der Diagnoseliste im Übrigen aufgeführten Erkrankungen (anhaltende Schmerzstörung, Agoraphobie mit Panikstörung, posttraumatische Belastungsstörung) haben sowohl Dr. D. für die Beklagte als auch Dr. M. in seinem Gutachten überzeugend darauf hingewiesen, dass die genannten Diagnosen anhand der von der d.-Fachklinik dokumentierten Befunde nicht nachvollzogen werden können. Zutreffend hat Dr. D. insoweit deutlich gemacht, dass sich hinsichtlich der Schmerzsymptomatik nicht einmal Angaben zur Lokalisation und dem Ausprägungsgrad der Schmerzen finden, eine psychische Befunderhebung in Bezug auf die Panikstörung als Grundlage für eine entsprechende Diagnose nicht dokumentiert ist und sich im psychischen Befund gerade nicht die typischen Merkmale einer posttraumatischen Belastungsstörung finden, wie insbesondere das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen oder in Träumen vor dem Hintergrund des andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit, Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen und Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber. Ungeachtet dessen ließe sich aber auch aus diesen Erkrankungen nicht ohne weiteres eine rentenrelevante Leistungsminderung im Rahmen des oben beschriebenen Leistungsbildes ableiten.

Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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