Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3840/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2541/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.05.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer operativen Brustvergrößerung (Brustaugmentation bzw. Mammaaufbauplastik).
Die 1998 geborene Klägerin, bei der Beklagten (jetzt als Auszubildende, zuvor im Rahmen der Familienversicherung) gesetzlich krankenversichert, beantragte am 02.06.2014 die Übernahme der Kosten für die operative Korrektur einer Brustfehlbildung. Sie legte das Attest der Dr. B. (Klinikum P., Brustzentrum) vom 13.01.2014 und die Bescheinigung des Kinder- und Jugendpsychiaters L.-v. W. vom 30.05.2014 vor.
Dr. B. diagnostizierte eine ausgeprägte Fehlbildung der Brüste beidseits im Sinne einer tubulären Brustdeformierung und Asymmetrie zu Gunsten der linken Seite. Die 15-jährige Klägerin leide unter der Formstörung der Brüste. Während der vergangenen 3 Jahre habe sich die Fehlbildung nicht mehr zu einer normalen Brustform verändert. Die beiden oberen Quadranten seien vorhanden, die unteren fehlten. Auf der linken Seite leide die Klägerin im Sommer in der Inframammärfalte unter Ekzemen, erhebliche psychische Probleme kämen hinzu. Sport und Schwimmbadbesuche würden gemieden. Als Therapie werde die Korrektur der tubulären Brustfehlbildung beidseits links über zentroinferiore Stielung und rechts über präpektorale Implantateinlage empfohlen. Im Rahmen des Aufklärungsgesprächs habe man die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine einwandfreie Wundheilung und Narbenbildung sowie ein kosmetisch befriedigendes Ergebnis auch bei fachgerechter Durchführung der Operation nicht in jedem Fall garantiert werden könnten. Außerdem sei (u.a.) auf das allgemeine Operations- und Narkoserisiko hingewiesen worden, wobei insbesondere die bei dem Eingriff zu erwartende große Wundfläche, der erhöhte Blutverlust und die möglichen infektiösen Komplikationen unterstrichen worden seien. Insgesamt könne man den Wunsch der Klägerin nach operativer Brustkorrektur im ärztlichen Ermessen als sinnvoll befürworten und in Aussicht stellen, dass nach erfolgreicher Operation in aller Regel mit einem guten kosmetischen Ergebnis gerechnet werden könne.
Der Arzt L.-v. W. diagnostizierte eine schwere Belastungsstörung mit Angstzuständen bei einer ausgeprägten tubulären Mammafehlbildung. Seit 27.03.2014 hätten 6 psychodiagnostische und psychotherapeutische Gespräche stattgefunden. Die Klägerin sei in den letzten Jahren zunehmend in ihrem Selbstwertgefühl beeinträchtigt und leide insbesondere an ausgeprägten Schamgefühlen. Sie isoliere sich deshalb immer mehr von Gleichaltrigen. Die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten falle ihr zunehmend schwer. Um eine gravierende neurotische Fehlentwicklung zu verhindern, werde dringend die plastische Operation (als kausale Therapie) empfohlen.
Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Der Arzt L., dem u.a. Lichtbilder der Klägerin vorlagen, führte im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 27.06.2014 aus, bei der minderjährigen Klägerin erscheine ein operativer Eingriff vor dem 18. Lebensjahr nicht ratsam, da die Klägerin die Folgen dieses doch großen operativen Eingriffs nicht adäquat beurteilen könne. Die Akten mögen ggf. nach Vollendung des 18. Lebensjahrs wieder vorgelegt werden.
Mit Bescheid vom 02.07.2014 lehnte die Beklagte den Antrag unter Hinweis auf das eingeholte MDK-Gutachten ab.
Am 21.07.2014 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie legte ein Attest der Dr. B. vom 17.07.2014 vor. Darin heißt es, die Klägerin sei 16 Jahre alt und körperlich ausgewachsen. Sie könne selbst eine Entscheidung treffen. Ein längeres Zuwarten würde nicht nur körperliche Schäden hervorrufen "im Sinne von der Statik", sondern auch erhebliche psychische Probleme.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Dr. J.-Sch. führte im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 29.07.2014 aus, nach der Fotodokumentation liege links eine tubuläre Fehlbildung, rechts eine normal geformte kleine Brust vor. Es bestehe ein deutlicher Größenunterschied zwischen linker und rechter Brust, der mit Prothesen nicht ausgeglichen werden könne. Bei der Klägerin liege links eine ausgeprägte tubuläre Brust vor, die Krankheitswert habe. Die rechte Brust sei klein, aber normal entwickelt. Bei der tubulären linken Brust sei eine Angleichungsoperation an die rechte Brust medizinisch indiziert. Eine Augmentationsoperation der rechten Brust durch eine präpektorale Implantateinlage sei dagegen medizinisch nicht indiziert, da rechts keine ausgeprägte Fehlbildung und damit auch keine Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts vorliege.
Mit Bescheid vom 31.07.2014 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab. Sie erklärte sich bereit, die Kosten einer Brustangleichungsoperation der linken an die rechte Brust zu übernehmen. Die Kosten einer Augmentationsoperation der rechten Brust könnten nicht übernommen werden.
Die Klägerin hielt den Widerspruch aufrecht und legte das Attest der Dr. B. (H. Klinikum P.) vom 14.08.2014 vor. Darin ist u.a. ausgeführt, es gehe um eine klare Fehlbildungsoperation, die kosmetisch zufriedenstellend für die Klägerin operiert werden könne. Eine nur einseitige Operation mit quasi Entfernung des gesamten Brustdrüsengewebes, da die andere Seite wirklich sehr klein sei, würde die Klägerin komplett verstümmeln.
Die Beklagte befragte abschließend den MDK. Dr. J.-Sch. führte im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 18.08.2014 (zu dem Attest der Dr. B. vom 14.08.2014) aus, bei der rechten Brust der Klägerin handele es sich um eine normal angelegte Brust, die klein sei. Eine kleine Brust stelle eine Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts nicht dar. Ein neuer medizinischer Sachverhalt liege nicht vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch (soweit ihm nicht mit Bescheid vom 31.07.2014 abgeholfen worden war) zurück.
Am 11.11.2014 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung trug sie - unter Vorlage von Lichtbildern der Brüste - vor, auch hinsichtlich der rechten Brust liege eine Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts vor. Es gehe ihr insgesamt um eine Fehlbildungsoperation; eine nur einseitige Operation würde sie verstümmeln. Außerdem hätten ihre psychischen Beeinträchtigungen erheblich zugenommen. Die Fehlbildung belaste sie psychisch immer stärker. Sie sei in der Auswahl der Kleidung eingeschränkt und lehne es ab, im Sommer ein Top überzuziehen, um die Fehlbildung zu verbergen. Am Schulsport nehme sie nicht teil. Von der Fehlbildung wüssten nur die Klassenlehrerin und ihre beste Freundin. Schwimmbadbesuche vermeide sie ebenso wie Urlaube mit der Familie am Wasser. Annäherungen an einen etwaigen Freund vermeide sie ebenfalls. Solange die Fehlbildung nicht beseitigt sei, werde sich ihre Belastungsstörung mit Angstzuständen immer weiter verschlimmern. Die beantragte Operation sei daher alternativlos.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und befragte erneut den MDK (zu einem - von der Klägerin abgelehnten - gerichtlichen Vergleichsvorschlag: Beseitigung der Asymmetrie durch Angleichung der rechten an die linke Brust). Dr. J.-Sch. führte im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 09.04.2015 aus, bei einem Brustaufbau der rechten Brust müsse ein Implantat eingelegt werden. Brustimplantate führten in vielen Fällen später zu Komplikationen in Form von Kapselfibrosen und/oder Implantatrupturen mit der Notwendigkeit erneuter Operation mit Implantatwechsel. Im Laufe des Lebens könnten mehrere Operationen durchzuführen sein. Die tubuläre Fehlbildung links werde durch die Vergrößerung der rechten Brust nicht beeinflusst. Aus medizinischer Sicht sei daher weiterhin indiziert, die tubulär veränderte Brust zu korrigieren, wobei eine Größenangleichung - wenn gewünscht - durch gleichzeitige moderate Verkleinerung der linken Brust denkbar wäre. Bei einem solchen Eingriff sei davon auszugehen, dass keine weiteren Operationen erforderlich würden.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.05.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin könne die begehrte Brustoperation nicht beanspruchen. Eine Krankheit i.S.d. § 27 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die dadurch behandelt werden müsste, liege nicht vor. Die rechte Brust der Klägerin sei zwar klein. Durch die geringe Größe würden Körperfunktionen aber nicht beeinträchtigt. Auch eine entstellende Wirkung liege nicht vor. Die bestehende Asymmetrie würde durch die von der Beklagten mit Teilabhilfebescheid vom 31.07.2014 gewährte Operation behoben. Psychische Leiden begründeten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) keinen Anspruch auf eine operative Brustkorrektur.
Gegen den ihr am 18.05.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 16.06.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen. Die tubuläre Brustdeformierung und die Asymmetrie der Brüste hätten Krankheitswert. Außerdem liege eine Entstellung vor. Diese könne durch die von der Beklagten im Teilabhilfebescheid vom 31.07.2014 gewährte Operation nicht beseitigt werden. Dadurch würde die größere linke Brust an die kleinere rechte Brust angeglichen. Das würde ebenfalls zu einer Entstellung führen, da nach Auffassung der Dr. B. eine "komplette Verstümmelung" vorliegen würde, weil die rechte Brust sehr klein sei. Es komme auch auf das Verhältnis der Brustgröße zur Körperkonstitution im Übrigen an. Ihre psychischen Beschwerden rechtfertigten die operative Brustkorrektur zusätzlich. Durch die Operation könnten diese Beschwerden behoben werden, wie ihr Therapeut L.-v. W. in der Bescheinigung vom 30.05.2014 mitgeteilt habe. Die Restriktionen der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gälten daher nicht (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2014, - B 1 KR 19/07 R -, in juris).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.05.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 02.07.2014 in der Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 31.07.2014 und des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2014 zu verurteilen, ihr auch eine operative Augmentation der rechten Brust zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG (mit den darin befindlichen Lichtbildern der Klägerin) und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Kosten der als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung begehrten Operation übersteigen zweifellos den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR). Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin eine operative Brustvergrößerung (Mammaaufbauplastik) zu gewähren bzw. die dafür entstehenden Kosten zu übernehmen. Die Klägerin hat darauf keinen Anspruch. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Streitgegenstand ist allein die Gewährung einer Mammaaufbauplastik rechts als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die operative Korrektur der tubulären Fehlbildung der linken Brust durch eine Brustangleichungsoperation der linken an die rechte Brust ist nicht Streitgegenstand. Die Beklagte hat der Klägerin diese Leistung mit Bescheid vom 31.07.2014 gewährt und dem Widerspruch der Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 02.07.2014 insoweit teilweise abgeholfen.
Rechtsgrundlage des Leistungsbegehrens der Klägerin ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 SGB V), wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Krankheit i. S. d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht; § 33 Abs. 1 SGB V bewirkt mit dem Abstellen auf eine Behinderung bzw. eine drohende Behinderung keine sachliche Änderung, setzt vielmehr nur einen anderen Akzent. Freilich stellt nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit eine Krankheit dar. Notwendig ist, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder die anatomische Abweichung entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R -, in juris).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, genügt für die Annahme der (auf Kosten der Versichertengemeinschaft behandlungsbedürftigen) Entstellung nicht jede körperliche Abnormität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass Betroffene ständig viele Blicke auf sich ziehen, zum Objekt besonderer Beachtung anderer werden und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen drohen, sodass deren Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist. Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein. Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Interesse der Eingliederung behinderter Menschen fordert, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderung korrigieren müssen. Die Rechtsprechung hat als Beispiele für eine Entstellung z. B. das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau oder eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich angenommen oder erörtert. Hingegen hat das BSG eine Entstellung bei fehlender oder wenig ausgeprägter Brustanlage unter Berücksichtigung der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust abgelehnt (ständige Rechtsprechung, etwa: BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R -, in juris, m.w.N.).
Die begehrte Krankenbehandlung muss außerdem notwendig sein. Hierzu bestimmt die allgemeine Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergänzend und präzisierend, dass alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, und damit auch Krankenbehandlungen, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
An der Notwendigkeit (wie der Zweckmäßigkeit) einer Krankenbehandlung i. S. d. §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V fehlt es von vornherein, wenn ihre Wirksamkeit bzw. ihr therapeutischer Nutzen für die Erkennung oder Heilung der jeweiligen Krankheit oder für die Verhütung ihrer Verschlimmerung bzw. die Linderung der Krankheitsbeschwerden nicht festgestellt werden kann. Ausschlaggebend sind grundsätzlich die Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin. Setzt die Krankenbehandlung entgegen der Regel nicht unmittelbar an der Krankheit bzw. am erkrankten Organ selbst an, soll der Behandlungserfolg vielmehr mittelbar durch einen Eingriff an einem an sich gesunden Organ erreicht werden, bedarf die Notwendigkeit der Krankenbehandlung einer besonderen Rechtfertigung im Rahmen einer umfassenden Abwägung zwischen dem voraussichtlichen medizinischen Nutzen und den möglichen gesundheitlichen Schäden. In diese Abwägungsentscheidung sind auch Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit des Eingriffs und etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung einzubeziehen (BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 9/04 R -, in juris). Im Hinblick darauf sind Operationen am gesunden Körper zur Behebung psychischer Störungen grundsätzlich nicht gerechtfertigt, vor allem, weil die psychischen Wirkungen körperlicher Veränderungen nicht hinreichend verlässlich zu prognostizieren sind (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2014, - B 1 KR 19/07 R -, in juris). Operationen dieser Art stellen keine (Kranken-)Behandlung i.S.d. § 27 Abs. 1 SGB V dar, für die die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten einzustehen hätte. Sie sind vielmehr der Eigenverantwortung des Versicherten zugewiesen (auch dazu BSG, Urteil vom 28.02.2014, a.a.O.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG können psychische Leiden daher einen Anspruch auf eine Operation zum Brustaufbau (Mammaaufbauplastik) nicht begründen (BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R -, in juris, m.w.N.).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Mammaaufbauplastik rechts als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die (geringe) Größe der rechten Brust der Klägerin als solche stellt eine Krankheit i. S. d. § 27 Abs. 1 SGB V nicht dar. Die rechte Brust ist zwar klein aber normal entwickelt (MDK-Gutachten vom 29.07.2014 und 18.08.2014). Funktionsbeeinträchtigungen wegen der geringen Brustgröße bestehen nicht. Hierfür ist nichts dokumentiert und dies wird auch nicht geltend gemacht.
Die Klägerin ist, wie aus der dem Senat vorliegenden Lichtbilddokumentation der Brüste, namentlich der rechten Brust der Klägerin hervorgeht, auch nicht (im krankenversicherungsrechtlichen Sinn) entstellt. Wegen der geringen Größe der rechten Brust, die im Übrigen im Bereich der natürlichen Varianz der Brustgrößen liegt (dazu auch etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.02.2005, - L 4 KR 3936/03 -, in juris), kann eine Entstellung - nach Maßgabe der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG - (schon im Ansatz) nicht angenommen werden; die hierfür notwendige Erheblichkeitsschwelle ist bei Weitem nicht erreicht. Für die Annahme einer Entstellung würde auch eine Asymmetrie zwischen linker und rechter Brust nicht ohne Weiteres genügen können (dazu ebenfalls BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R - sowie Urteil vom 28.02.2014, - B 1 KR 19/07 R -, beide in juris). Dass keine Entstellung im Sinne der Rechtsprechung des BSG vorliegt, ergibt sich insoweit auch aus dem Klagevortrag der Klägerin, wonach lediglich ihre Klassenlehrerin und ihre beste Freundin über ihre Fehlbildung Bescheid wüssten. Dies belegt, dass die Fehlbildung bekleidet nicht sichtbar ist und sich nicht bemerkbar macht. Die Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 31.07.2014 aber ohnehin die operative Korrektur der tubulären Fehlbildung der linken Brust im Rahmen einer Angleichungsoperation an die rechte Brust (MDK-Gutachten vom 29.07.2014) gewährt, bei der (sofern gewünscht) eine Größenangleichung der Brüste vorgenommen und die bestehende Asymmetrie damit ausreichend beseitigt werden kann (MDK-Gutachten vom 09.04.2015); für die Behauptung einer deswegen eintretenden "Verstümmelung" fehlt es an jeglicher nachvollziehbarer medizinischer Grundlage.
Die Behandlung einer psychischen Erkrankung der Klägerin durch operative Brustvergrößerung kommt nach den eingangs dargestellten Maßgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 08.03.2016, a.a.O.). Daran ändert es nichts, dass der Therapeut L.-v. W. die Brustoperation in seinem Attest vom 30.05.2014 für eine kausale Therapie zur Behandlung der von ihm diagnostizierten schweren Belastungsstörung bzw. zur Verhinderung einer gravierenden neurotischen Fehlentwicklung gehalten hat. Die grundsätzlichen Zweifel der Medizin an der Erfolgsaussicht von Operationen zur Überwindung einer psychischen Krankheit (dazu: BSG, Urteil vom 28.02.2014, - B 1 KR 19/07 R -, auch Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 3/03 R -, beide in juris) sind damit nicht ausgeräumt; dafür ist auch nichts ersichtlich. Zur Behandlung einer psychischen Erkrankung kann die Klägerin ggf. über die im genannten Attest angeführten 6 diagnostischen und therapeutischen Gespräche hinaus weitere psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlungsleistungen, nicht jedoch eine Brustvergrößerungsoperation beanspruchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer operativen Brustvergrößerung (Brustaugmentation bzw. Mammaaufbauplastik).
Die 1998 geborene Klägerin, bei der Beklagten (jetzt als Auszubildende, zuvor im Rahmen der Familienversicherung) gesetzlich krankenversichert, beantragte am 02.06.2014 die Übernahme der Kosten für die operative Korrektur einer Brustfehlbildung. Sie legte das Attest der Dr. B. (Klinikum P., Brustzentrum) vom 13.01.2014 und die Bescheinigung des Kinder- und Jugendpsychiaters L.-v. W. vom 30.05.2014 vor.
Dr. B. diagnostizierte eine ausgeprägte Fehlbildung der Brüste beidseits im Sinne einer tubulären Brustdeformierung und Asymmetrie zu Gunsten der linken Seite. Die 15-jährige Klägerin leide unter der Formstörung der Brüste. Während der vergangenen 3 Jahre habe sich die Fehlbildung nicht mehr zu einer normalen Brustform verändert. Die beiden oberen Quadranten seien vorhanden, die unteren fehlten. Auf der linken Seite leide die Klägerin im Sommer in der Inframammärfalte unter Ekzemen, erhebliche psychische Probleme kämen hinzu. Sport und Schwimmbadbesuche würden gemieden. Als Therapie werde die Korrektur der tubulären Brustfehlbildung beidseits links über zentroinferiore Stielung und rechts über präpektorale Implantateinlage empfohlen. Im Rahmen des Aufklärungsgesprächs habe man die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine einwandfreie Wundheilung und Narbenbildung sowie ein kosmetisch befriedigendes Ergebnis auch bei fachgerechter Durchführung der Operation nicht in jedem Fall garantiert werden könnten. Außerdem sei (u.a.) auf das allgemeine Operations- und Narkoserisiko hingewiesen worden, wobei insbesondere die bei dem Eingriff zu erwartende große Wundfläche, der erhöhte Blutverlust und die möglichen infektiösen Komplikationen unterstrichen worden seien. Insgesamt könne man den Wunsch der Klägerin nach operativer Brustkorrektur im ärztlichen Ermessen als sinnvoll befürworten und in Aussicht stellen, dass nach erfolgreicher Operation in aller Regel mit einem guten kosmetischen Ergebnis gerechnet werden könne.
Der Arzt L.-v. W. diagnostizierte eine schwere Belastungsstörung mit Angstzuständen bei einer ausgeprägten tubulären Mammafehlbildung. Seit 27.03.2014 hätten 6 psychodiagnostische und psychotherapeutische Gespräche stattgefunden. Die Klägerin sei in den letzten Jahren zunehmend in ihrem Selbstwertgefühl beeinträchtigt und leide insbesondere an ausgeprägten Schamgefühlen. Sie isoliere sich deshalb immer mehr von Gleichaltrigen. Die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten falle ihr zunehmend schwer. Um eine gravierende neurotische Fehlentwicklung zu verhindern, werde dringend die plastische Operation (als kausale Therapie) empfohlen.
Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Der Arzt L., dem u.a. Lichtbilder der Klägerin vorlagen, führte im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 27.06.2014 aus, bei der minderjährigen Klägerin erscheine ein operativer Eingriff vor dem 18. Lebensjahr nicht ratsam, da die Klägerin die Folgen dieses doch großen operativen Eingriffs nicht adäquat beurteilen könne. Die Akten mögen ggf. nach Vollendung des 18. Lebensjahrs wieder vorgelegt werden.
Mit Bescheid vom 02.07.2014 lehnte die Beklagte den Antrag unter Hinweis auf das eingeholte MDK-Gutachten ab.
Am 21.07.2014 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie legte ein Attest der Dr. B. vom 17.07.2014 vor. Darin heißt es, die Klägerin sei 16 Jahre alt und körperlich ausgewachsen. Sie könne selbst eine Entscheidung treffen. Ein längeres Zuwarten würde nicht nur körperliche Schäden hervorrufen "im Sinne von der Statik", sondern auch erhebliche psychische Probleme.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Dr. J.-Sch. führte im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 29.07.2014 aus, nach der Fotodokumentation liege links eine tubuläre Fehlbildung, rechts eine normal geformte kleine Brust vor. Es bestehe ein deutlicher Größenunterschied zwischen linker und rechter Brust, der mit Prothesen nicht ausgeglichen werden könne. Bei der Klägerin liege links eine ausgeprägte tubuläre Brust vor, die Krankheitswert habe. Die rechte Brust sei klein, aber normal entwickelt. Bei der tubulären linken Brust sei eine Angleichungsoperation an die rechte Brust medizinisch indiziert. Eine Augmentationsoperation der rechten Brust durch eine präpektorale Implantateinlage sei dagegen medizinisch nicht indiziert, da rechts keine ausgeprägte Fehlbildung und damit auch keine Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts vorliege.
Mit Bescheid vom 31.07.2014 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab. Sie erklärte sich bereit, die Kosten einer Brustangleichungsoperation der linken an die rechte Brust zu übernehmen. Die Kosten einer Augmentationsoperation der rechten Brust könnten nicht übernommen werden.
Die Klägerin hielt den Widerspruch aufrecht und legte das Attest der Dr. B. (H. Klinikum P.) vom 14.08.2014 vor. Darin ist u.a. ausgeführt, es gehe um eine klare Fehlbildungsoperation, die kosmetisch zufriedenstellend für die Klägerin operiert werden könne. Eine nur einseitige Operation mit quasi Entfernung des gesamten Brustdrüsengewebes, da die andere Seite wirklich sehr klein sei, würde die Klägerin komplett verstümmeln.
Die Beklagte befragte abschließend den MDK. Dr. J.-Sch. führte im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 18.08.2014 (zu dem Attest der Dr. B. vom 14.08.2014) aus, bei der rechten Brust der Klägerin handele es sich um eine normal angelegte Brust, die klein sei. Eine kleine Brust stelle eine Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts nicht dar. Ein neuer medizinischer Sachverhalt liege nicht vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch (soweit ihm nicht mit Bescheid vom 31.07.2014 abgeholfen worden war) zurück.
Am 11.11.2014 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung trug sie - unter Vorlage von Lichtbildern der Brüste - vor, auch hinsichtlich der rechten Brust liege eine Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts vor. Es gehe ihr insgesamt um eine Fehlbildungsoperation; eine nur einseitige Operation würde sie verstümmeln. Außerdem hätten ihre psychischen Beeinträchtigungen erheblich zugenommen. Die Fehlbildung belaste sie psychisch immer stärker. Sie sei in der Auswahl der Kleidung eingeschränkt und lehne es ab, im Sommer ein Top überzuziehen, um die Fehlbildung zu verbergen. Am Schulsport nehme sie nicht teil. Von der Fehlbildung wüssten nur die Klassenlehrerin und ihre beste Freundin. Schwimmbadbesuche vermeide sie ebenso wie Urlaube mit der Familie am Wasser. Annäherungen an einen etwaigen Freund vermeide sie ebenfalls. Solange die Fehlbildung nicht beseitigt sei, werde sich ihre Belastungsstörung mit Angstzuständen immer weiter verschlimmern. Die beantragte Operation sei daher alternativlos.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und befragte erneut den MDK (zu einem - von der Klägerin abgelehnten - gerichtlichen Vergleichsvorschlag: Beseitigung der Asymmetrie durch Angleichung der rechten an die linke Brust). Dr. J.-Sch. führte im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 09.04.2015 aus, bei einem Brustaufbau der rechten Brust müsse ein Implantat eingelegt werden. Brustimplantate führten in vielen Fällen später zu Komplikationen in Form von Kapselfibrosen und/oder Implantatrupturen mit der Notwendigkeit erneuter Operation mit Implantatwechsel. Im Laufe des Lebens könnten mehrere Operationen durchzuführen sein. Die tubuläre Fehlbildung links werde durch die Vergrößerung der rechten Brust nicht beeinflusst. Aus medizinischer Sicht sei daher weiterhin indiziert, die tubulär veränderte Brust zu korrigieren, wobei eine Größenangleichung - wenn gewünscht - durch gleichzeitige moderate Verkleinerung der linken Brust denkbar wäre. Bei einem solchen Eingriff sei davon auszugehen, dass keine weiteren Operationen erforderlich würden.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.05.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin könne die begehrte Brustoperation nicht beanspruchen. Eine Krankheit i.S.d. § 27 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die dadurch behandelt werden müsste, liege nicht vor. Die rechte Brust der Klägerin sei zwar klein. Durch die geringe Größe würden Körperfunktionen aber nicht beeinträchtigt. Auch eine entstellende Wirkung liege nicht vor. Die bestehende Asymmetrie würde durch die von der Beklagten mit Teilabhilfebescheid vom 31.07.2014 gewährte Operation behoben. Psychische Leiden begründeten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) keinen Anspruch auf eine operative Brustkorrektur.
Gegen den ihr am 18.05.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 16.06.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen. Die tubuläre Brustdeformierung und die Asymmetrie der Brüste hätten Krankheitswert. Außerdem liege eine Entstellung vor. Diese könne durch die von der Beklagten im Teilabhilfebescheid vom 31.07.2014 gewährte Operation nicht beseitigt werden. Dadurch würde die größere linke Brust an die kleinere rechte Brust angeglichen. Das würde ebenfalls zu einer Entstellung führen, da nach Auffassung der Dr. B. eine "komplette Verstümmelung" vorliegen würde, weil die rechte Brust sehr klein sei. Es komme auch auf das Verhältnis der Brustgröße zur Körperkonstitution im Übrigen an. Ihre psychischen Beschwerden rechtfertigten die operative Brustkorrektur zusätzlich. Durch die Operation könnten diese Beschwerden behoben werden, wie ihr Therapeut L.-v. W. in der Bescheinigung vom 30.05.2014 mitgeteilt habe. Die Restriktionen der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gälten daher nicht (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2014, - B 1 KR 19/07 R -, in juris).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.05.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 02.07.2014 in der Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 31.07.2014 und des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2014 zu verurteilen, ihr auch eine operative Augmentation der rechten Brust zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG (mit den darin befindlichen Lichtbildern der Klägerin) und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Kosten der als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung begehrten Operation übersteigen zweifellos den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR). Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin eine operative Brustvergrößerung (Mammaaufbauplastik) zu gewähren bzw. die dafür entstehenden Kosten zu übernehmen. Die Klägerin hat darauf keinen Anspruch. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Streitgegenstand ist allein die Gewährung einer Mammaaufbauplastik rechts als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die operative Korrektur der tubulären Fehlbildung der linken Brust durch eine Brustangleichungsoperation der linken an die rechte Brust ist nicht Streitgegenstand. Die Beklagte hat der Klägerin diese Leistung mit Bescheid vom 31.07.2014 gewährt und dem Widerspruch der Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 02.07.2014 insoweit teilweise abgeholfen.
Rechtsgrundlage des Leistungsbegehrens der Klägerin ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 SGB V), wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Krankheit i. S. d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht; § 33 Abs. 1 SGB V bewirkt mit dem Abstellen auf eine Behinderung bzw. eine drohende Behinderung keine sachliche Änderung, setzt vielmehr nur einen anderen Akzent. Freilich stellt nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit eine Krankheit dar. Notwendig ist, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder die anatomische Abweichung entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R -, in juris).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, genügt für die Annahme der (auf Kosten der Versichertengemeinschaft behandlungsbedürftigen) Entstellung nicht jede körperliche Abnormität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass Betroffene ständig viele Blicke auf sich ziehen, zum Objekt besonderer Beachtung anderer werden und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen drohen, sodass deren Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist. Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein. Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Interesse der Eingliederung behinderter Menschen fordert, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderung korrigieren müssen. Die Rechtsprechung hat als Beispiele für eine Entstellung z. B. das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau oder eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich angenommen oder erörtert. Hingegen hat das BSG eine Entstellung bei fehlender oder wenig ausgeprägter Brustanlage unter Berücksichtigung der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust abgelehnt (ständige Rechtsprechung, etwa: BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R -, in juris, m.w.N.).
Die begehrte Krankenbehandlung muss außerdem notwendig sein. Hierzu bestimmt die allgemeine Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergänzend und präzisierend, dass alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, und damit auch Krankenbehandlungen, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
An der Notwendigkeit (wie der Zweckmäßigkeit) einer Krankenbehandlung i. S. d. §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V fehlt es von vornherein, wenn ihre Wirksamkeit bzw. ihr therapeutischer Nutzen für die Erkennung oder Heilung der jeweiligen Krankheit oder für die Verhütung ihrer Verschlimmerung bzw. die Linderung der Krankheitsbeschwerden nicht festgestellt werden kann. Ausschlaggebend sind grundsätzlich die Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin. Setzt die Krankenbehandlung entgegen der Regel nicht unmittelbar an der Krankheit bzw. am erkrankten Organ selbst an, soll der Behandlungserfolg vielmehr mittelbar durch einen Eingriff an einem an sich gesunden Organ erreicht werden, bedarf die Notwendigkeit der Krankenbehandlung einer besonderen Rechtfertigung im Rahmen einer umfassenden Abwägung zwischen dem voraussichtlichen medizinischen Nutzen und den möglichen gesundheitlichen Schäden. In diese Abwägungsentscheidung sind auch Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit des Eingriffs und etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung einzubeziehen (BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 9/04 R -, in juris). Im Hinblick darauf sind Operationen am gesunden Körper zur Behebung psychischer Störungen grundsätzlich nicht gerechtfertigt, vor allem, weil die psychischen Wirkungen körperlicher Veränderungen nicht hinreichend verlässlich zu prognostizieren sind (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2014, - B 1 KR 19/07 R -, in juris). Operationen dieser Art stellen keine (Kranken-)Behandlung i.S.d. § 27 Abs. 1 SGB V dar, für die die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten einzustehen hätte. Sie sind vielmehr der Eigenverantwortung des Versicherten zugewiesen (auch dazu BSG, Urteil vom 28.02.2014, a.a.O.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG können psychische Leiden daher einen Anspruch auf eine Operation zum Brustaufbau (Mammaaufbauplastik) nicht begründen (BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R -, in juris, m.w.N.).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Mammaaufbauplastik rechts als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die (geringe) Größe der rechten Brust der Klägerin als solche stellt eine Krankheit i. S. d. § 27 Abs. 1 SGB V nicht dar. Die rechte Brust ist zwar klein aber normal entwickelt (MDK-Gutachten vom 29.07.2014 und 18.08.2014). Funktionsbeeinträchtigungen wegen der geringen Brustgröße bestehen nicht. Hierfür ist nichts dokumentiert und dies wird auch nicht geltend gemacht.
Die Klägerin ist, wie aus der dem Senat vorliegenden Lichtbilddokumentation der Brüste, namentlich der rechten Brust der Klägerin hervorgeht, auch nicht (im krankenversicherungsrechtlichen Sinn) entstellt. Wegen der geringen Größe der rechten Brust, die im Übrigen im Bereich der natürlichen Varianz der Brustgrößen liegt (dazu auch etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.02.2005, - L 4 KR 3936/03 -, in juris), kann eine Entstellung - nach Maßgabe der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG - (schon im Ansatz) nicht angenommen werden; die hierfür notwendige Erheblichkeitsschwelle ist bei Weitem nicht erreicht. Für die Annahme einer Entstellung würde auch eine Asymmetrie zwischen linker und rechter Brust nicht ohne Weiteres genügen können (dazu ebenfalls BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R - sowie Urteil vom 28.02.2014, - B 1 KR 19/07 R -, beide in juris). Dass keine Entstellung im Sinne der Rechtsprechung des BSG vorliegt, ergibt sich insoweit auch aus dem Klagevortrag der Klägerin, wonach lediglich ihre Klassenlehrerin und ihre beste Freundin über ihre Fehlbildung Bescheid wüssten. Dies belegt, dass die Fehlbildung bekleidet nicht sichtbar ist und sich nicht bemerkbar macht. Die Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 31.07.2014 aber ohnehin die operative Korrektur der tubulären Fehlbildung der linken Brust im Rahmen einer Angleichungsoperation an die rechte Brust (MDK-Gutachten vom 29.07.2014) gewährt, bei der (sofern gewünscht) eine Größenangleichung der Brüste vorgenommen und die bestehende Asymmetrie damit ausreichend beseitigt werden kann (MDK-Gutachten vom 09.04.2015); für die Behauptung einer deswegen eintretenden "Verstümmelung" fehlt es an jeglicher nachvollziehbarer medizinischer Grundlage.
Die Behandlung einer psychischen Erkrankung der Klägerin durch operative Brustvergrößerung kommt nach den eingangs dargestellten Maßgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 08.03.2016, a.a.O.). Daran ändert es nichts, dass der Therapeut L.-v. W. die Brustoperation in seinem Attest vom 30.05.2014 für eine kausale Therapie zur Behandlung der von ihm diagnostizierten schweren Belastungsstörung bzw. zur Verhinderung einer gravierenden neurotischen Fehlentwicklung gehalten hat. Die grundsätzlichen Zweifel der Medizin an der Erfolgsaussicht von Operationen zur Überwindung einer psychischen Krankheit (dazu: BSG, Urteil vom 28.02.2014, - B 1 KR 19/07 R -, auch Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 3/03 R -, beide in juris) sind damit nicht ausgeräumt; dafür ist auch nichts ersichtlich. Zur Behandlung einer psychischen Erkrankung kann die Klägerin ggf. über die im genannten Attest angeführten 6 diagnostischen und therapeutischen Gespräche hinaus weitere psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlungsleistungen, nicht jedoch eine Brustvergrößerungsoperation beanspruchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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