L 3 AS 723/14

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 9 AS 4012/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 723/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Für eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung der Regelung von § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung) auf die Gruppe der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz gesetzlich rentenversicherten Pflichtversicherten ist kein Raum (Anschluss an LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. März 2010 – L 19 AS 12/09 – juris Rdnr. 20 ff.).
2. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung) bestehen nicht.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 5. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt einen Zuschuss gemäß § 26 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Zweites Buches – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) zu den Beiträgen zur Rentenversicherung nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz – KSVG) für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. August 2010.

Der 1979 geborene Kläger ist alleinstehend und als selbstständiger freischaffender Künstler erwerbstätig. Als solcher war er im streitigen Zeitraum nach § 1 KSVG in der Künstlersozialkasse durchgehend rentenversicherungs- und beitragspflichtig. Die an die Künstlersozialkasse zu entrichtenden Beiträge zur Rentenversicherung beliefen sich im streitigen Zeitraum auf monatlich 91,21 EUR.

Mit Bescheid vom 17. März 2010 bewilligte ihm der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. August 2010 in Höhe von monatlich 610,00 EUR.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und rügte, dass ihm kein Zuschuss zu den Beiträgen zur Rentenversicherung in der Künstlersozialkasse bewilligt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Nach Ansicht des Beklagten lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschuss nach § 26 SGB II nicht vor.

Hiergegen hat der Kläger am 18. Oktober 2010 Klage erhoben und darauf verwiesen, dass er die Beiträge zur Rentenversicherung nur aus der Regelleistung bestreiten könne und daher eine gesetzliche Regelungslücke vorliege.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 5. Dezember 2013 abgewiesen. Ein Anspruch auf einen Zuschuss zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung bestehe nicht. Da der Kläger nach § 1 KSVG rentenversicherungspflichtig und damit nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit gewesen sei, erfülle er die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 SGB II nicht. Mangels Regelungslücke hat das Sozialgericht auch die Voraussetzungen für eine erweiternde oder analoge Anwendung von § 26 Abs. 1 SGB II als nicht gegeben erachtet und sich hierbei auf das Urteil des Landessozialgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2010 (Az. L 19 AS 12/09) bezogen. Das Sozialgericht hat in seinem Urteil die Berufung zugelassen.

Gegen das ihm am 28. April 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Mai 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf seinen erstinstanzlichen Vortrag zur planwidrigen Regelungslücke. Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund dafür, dass die in der gesetzlichen Rentenversicherung befreiten und freiwillig Versicherten oder Pflichtversicherten in der Altersversicherung der Landwirtschaft Anspruch auf Beitragszuschuss zur Rentenversicherung hätten, Pflichtversicherte nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz hingegen nicht. Der Gesetzgeber habe diese Gruppe übersehen. Andernfalls läge ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor, da eine sachliche Begründung für die Ungleichbehandlung nicht ersichtlich sei.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 5. Dezember 2013 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2010 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger einen Zuschuss nach den gesetzlichen Bestimmungen zu den vom ihm an die Künstlersozialkasse zu entrichtenden Rentenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. August 2010 zu zahlen; 2. die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verbleibt bei ihrem erstinstanzlichen Vorbringen und hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte nebst beigezogener Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da das Sozialgericht die Berufung im Urteil vom 5. Dezember 2013 gemäß § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zugelassen hat.

II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Bescheid vom 17. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zu seinen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz aus § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der hier maßgebenden, vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, vgl. Artikel 2 Nr. 10 Buchst. a des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I S. 2917]).

Die Entscheidung des Sozialgerichts ist aus den zutreffenden Gründen seiner Entscheidung nicht zu beanstanden. Der Senat sieht daher gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und führt lediglich ergänzend aus:

1. Der Kläger erfüllte die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses nach § 26 Abs. 1 SGB II a. F. nicht.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. erhielten Bezieher von Arbeitslosengeld II, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit waren (§ 6 Abs. 1b des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – [SGB VI]), einen Zuschuss zu den Beiträgen, die für die Dauer des Leistungsbezugs freiwillig an die gesetzliche Rentenversicherung, eine berufsständische Versorgungseinrichtung oder für eine private Alterssicherung oder wegen einer Pflichtversicherung an die Alterssicherung der Landwirte gezahlt wurden.

Der Kläger gehörte nicht zum begünstigten Personenkreis. Denn er war im streitbefangenen Zeitraum nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Wie sich aus der Auskunft der Künstlersozialkasse gegenüber dem Sozialgericht ergibt, war der Kläger im gesamten streitgegenständlichen als freischaffender Künstler nach den Bestimmungen des Künstlersozialversicherungsgesetzes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig gemäß § 2 Satz 1 Nr. 5 SGB VI i. V. m. § 1 KSVG. Dies steht zwischen den Parteien auch außer Streit.

2. Zutreffend hat das Sozialgericht unter Verweis auf das Urteil des Landessozialgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2010 ausgeführt, dass für eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung der Regelung von § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. auf die Gruppe der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz gesetzlich rentenversicherten Pflichtversicherten kein Raum ist. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. März 2010 – L 19 AS 12/09 – juris Rdnr. 20 ff.) an.

Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (vgl. z. B. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11BVerfGE 133, 168 ff. = NJW 2013, 1058 = juris Rdnr. 66; vgl. z. B. auch BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 28/07 RSozR 4-4200 § 7 Nr. 9 = juris Rdnr. 18; vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 15. Januar 2015 – L 3 AL 30/13 = juris Rndr. 26)

Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013, a. a. O.). Der Gesetzgeber konstituierte in § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. für alle Bezieher von Arbeitslosengeld II, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit waren, die Gewährung eines Zuschuss zu den Beiträgen, die für die Dauer des Leistungsbezugs freiwillig an die gesetzliche Rentenversicherung, eine berufsständische Versorgungseinrichtung oder für eine private Alterssicherung oder wegen einer Pflichtversicherung an die Alterssicherung der Landwirte gezahlt wurden. Hierbei fordert er für alle dort erwähnten Versichertengruppen einheitlich und ausnahmslos die beim Kläger nicht vorliegende Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies lässt angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes für eine erweiternden Auslegung keinen Spielraum (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. März 2010, a. a. O., Rdnr. 20).

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch keine planwidrige Regelungslücke vor, die eine analoge Anwendung von § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. auf die Gruppe der in der Künstlersozialkasse gesetzlich rentenversicherten Personen zulässt. Wie auch das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seiner vorgenannten Entscheidung ausgeführt hat, liegt eine Regelungslücke nicht vor, da der Gesetzgeber mit der Regelung das Ziel verfolgt hat, nur anderweitig in ihrer Altersvorsorge nicht abgesicherten Personengruppen den Anspruch auf einen Zuschuss zukommen zu lassen. Dabei ist er dem Grundkonzept der vor dem Inkrafttreten von § 26 SGB II (vgl. Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2954]) bereits (vom 1. Januar 1998 bis zum 31. März 2012) existierenden Vorschrift von § 207 des Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) (vgl. Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997 [BGBl. I S. 594]) und deren (vom 1. Juli 1983 bis zum 31. Dezember 1997 geltenden) Vorgängervorschrift in § 166b des Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 582) gefolgt, die Beziehern von Lohnersatzleistungen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit waren und einen Anspruch auf Übernahme der Beiträge zur anderweitig betriebenen Altersvorsorge hatten, nach dem jeweiligen Gesetz Zuschüsse gewährt haben (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. März 2010, a. a. O., Rdnr. 28 ff.). Eine analoge Ausweitung der Regelung zugunsten nicht von der Rentenversicherungspflicht befreiter Personen wurde schon zu § 166 b AFG vom Bundessozialgericht abgelehnt (vgl. BSG, Urteil vom 29. September 1994 – 12 RK 89/92SozR 3-4100 § 166b Nr. 2, SozR 3-2940 § 7 Nr. 3 = juris Rdnr. 17).

Ausweislich der Gesetzesbegründung zum Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. I 2003, 2954) hat der Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass der Zuschuss an Bezieher von Arbeitslosengeld II gerichtet ist, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind (vgl. BT-Drs. 15/1516 S. 58). Hieran hat der Gesetzgeber auch in der Folge bei der Gesetzesänderung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) festgehalten. Er hat in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass der Zuschuss nur diejenigen Personen erhalten sollen, die von der Rentenversicherungspflicht aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II befreit sind (vgl. BT-Drs. 16/1410 S. 24). Angesichts des eindeutigen Wortlautes und dem Willen des Gesetzgebers ist eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke nicht ersichtlich (eingehend hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. März 2010, a. a. O., Rdnr. 31 ff.).

3. Bedenken hinsichtlich der Verfassungmäßigkeit von § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. bestehen nicht (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. März 2010, a. a. O., Rdnr. 44).

Die vom Klägerbevollmächtigten geltend gemachte Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) war nicht gegeben. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist eine Regelung nur dann mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 – 1 BvR 293/05BVerfGE 116, 229 [238] = juris Rdnr. 41, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/96, 2 BvR 288/07BVerfGE 133, 377 ff. = juris, jeweils Rdnr. 76, m. w. N.; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 15. Januar 2015 – L 3 AL 30/13 = juris Rndr. 36).

a) Soweit der Klägerbevollmächtigte auf freiwillig Versicherte und Pflichtversicherte in der Altersversicherung der Landwirtschaft verweist, gab es Unterschiede zwischen dieser Personengruppe und dem Kläger.

Für die (allgemeine) gesetzliche Rentenversicherung sind die sonstigen Versicherten in § 3 SGB VI und die Befreiungen von der Versicherungspflicht in § 6 SGB VI geregelt. Ab dem Inkrafttreten des SGB II am 1. Januar 2005 waren bis zum 31. Dezember 2010 Personen in der Zeit, für die sie von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld II bezogen, nach Maßgabe von § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI (vgl. Artikel 6 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2954]; aufgehoben durch Artikel 19 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 [BGBl. I S. 1885]) versicherungspflichtig. Zeitgleich zum Inkrafttreten des SGB II ergänzte der Gesetzgeber die Vorschrift des § 6 SGB VI über die Befreiung von der Versicherungspflicht um einen Absatz 1b (vgl. Artikel 6 Nr. 2a des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2954]; aufgehoben durch Artikel 19 Nr. 3 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 [BGBl. I S. 1885] mit Wirkung vom 1. Januar 2011). Danach wurden Versicherte nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI von der Versicherungspflicht befreit, wenn sie im letzten Kalendermonat vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II nicht versichert waren und die in § 6 Abs. 1b SGB VI genannten Voraussetzungen erfüllten. Zum 1. Mai 2007 erfolgten Gesetzesänderungen, die die Landwirte betrafen. Zum einen wurde § 6 Abs. 1b SGB VI um eine Nummer 3 ergänzt, wonach die Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgte, wenn der Versicherte im letzten Kalendermonat vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II nicht versichert war und während der Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld II weiterhin in der Alterssicherung der Landwirte versichert blieb (vgl. Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 20. April 2007 [BGBl. I S. 554]). Zum anderen wurde in § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) eine Nummer 1a eingefügt, nach der Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit wurden, solange sie Arbeitslosengeld II bezogen und während der Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld II weiterhin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung blieben, wenn sie im letzten Kalendermonat vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II nicht versichert waren. Mit beiden aufeinander abgestimmten Gesetzesergänzungen sollte der bereits zuvor in den Befreiungsrechten nach § 6 Abs. 1b SGB VI angelegten Systematik, denjenigen ein Befreiungsrecht einzuräumen, die vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II ihre Absicherung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung betrieben haben und weiter betreiben, entsprochen werden (vgl. BT-Drs. 16/3794, S. 32 und 49).

Demgegenüber sind gemäß § 2 Satz 1 Nr. 5 SGB VI i. V. m. § 1 KSVG selbständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie 1. die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und 2. im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV). Nach § 4 Nr. 1 KSVG ist in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versicherungsfrei, wer auf Grund einer Beschäftigung oder einer nicht unter § 2 KSVG fallenden selbständigen Tätigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit ist, es sei denn, die Versicherungsfreiheit beruht auf einer geringfügigen Beschäftigung oder einer geringfügigen selbständigen Tätigkeit (§ 8 SGB IV). Beschäftigung ist nach § 7 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 2 Satz 2 KSVG ist Publizist im Sinne dieses Gesetzes, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

Da der Kläger als selbständig Tätiger keiner Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV nachging und die von ihm ausgeübte selbständige Tätigkeit unter § 2 Satz 2 KSVG fiel, war er nach Maßgabe von § 4 Nr. 1 KSVG weder in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei noch konnte er von der Versicherungspflicht befreit werden. Damit war im streitbefangenen Zeitraum seine rentenversicherungsrechtliche Situation mit der von Landwirten nicht vergleichbar.

b) Im Übrigen wurde das Sicherungsbedürfnis von Leistungsempfängern, die in der Künstlersozialkasse gesetzlich rentenversichert waren, zur Sicherstellung ihrer Altersvorsorge auch dann gewahrt, wenn sie keinen Zuschuss nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. erhielten. Aufgrund der Pflichtversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz besteht eine Absicherung für das Alter. Es besteht auch keine Gefahr, dass der Kläger wegen längerfristigen wirtschaftlichen Unvermögens zur Bestreitung seiner Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz gravierende Einbußen in der Höhe seiner Altersvorsorge hinnehmen muss. Denn das Bestehen der Rentenversicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 5 SGB VI i. V. m. § 1 KSVG setzt das Erzielen von Einkünften aus selbständiger künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit in einer Höhe voraus, die die Abführung der vom Kläger zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge bestimmt. Versicherungsfrei nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz ist, wer in dem Kalenderjahr aus selbständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit voraussichtlich ein Arbeitseinkommen erzielt, das 3.900 EUR nicht übersteigt (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG). Dies gilt nicht bis zum Ablauf von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 KSVG). Die Versicherungspflicht bleibt bestehen, solange das Arbeitseinkommen nicht mehr als zwei Mal innerhalb von sechs Kalenderjahren die Grenze von 3.900 EUR nicht übersteigt (vgl. § 3 Abs. 3 KSVG).). Wenn der Hilfebedürftige in der Zeit bis zum 31. Dezember 2010 hingegen versicherungsfrei nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz war, waren beim Bezug von Arbeitslosengeld II durch ihn selbst keine Beiträge zu zahlen. Die Rentenversicherungspflicht ergab sich dann aus § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung. Die Beiträge wurden in diesem Fall für die Bezieher von Arbeitslosengeld II von der Bundesagentur für Arbeit oder in den Fällen des § 6a SGB II vom zugelassenen kommunalen Träger gezahlt (vgl. § 173 Satz 2 SGB VI in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung; Artikel 5 Nr. 2b des Gesetzes vom 30. Juli 2004 [BGBl. I S. 2014]). Die Altersvorsorge war damit im Rahmen des SGB VI abgesichert (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. März 2010, a. a. O., Rdnr. 47 ff.).

Ausweislich des Bescheides der Künstlersozialkasse vom Juli 2008 ging diese bei der Bemessung der Höhe der Beitragspflicht von jährlichen Einkünften in Höhe von 10.000 EUR aus. Wenn sich die Einkünfte verringern, führt dies zu einer Verringerung der Beitragshöhe. Solange der Kläger Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt, die eine Beitragspflicht begründen, trägt der Gesetzgeber diesem Umstand zudem dadurch Rechnung, dass er die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung als notwendige Ausgaben in voller Höhe vom Einkommen in Abzug bringen kann und sich das anrechenbare Einkommen entsprechend reduziert (bis zum 31. März 2011: § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II; seit 1. April 2011: § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

IV. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.

Dr. Scheer Atanassov Krewer
Rechtskraft
Aus
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