Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AS 808/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 950/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11.04.2016 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit Bescheid vom 21.03.2016 verhängte der Antragsgegner gegen den Antragsteller ein bis zum 03.02.2017 geltendes Hausverbot. Er ordnete gem. § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG die sofortige Vollziehung an. Mit Schreiben vom 28.03.2016 legte der Antragsteller Widerspruch gegen das Hausverbot ein. Am 29.03.2016 hat er beim Sozialgericht Gelsenkirchen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt. Mit Beschluss vom 11.04.2016, der dem Antragsteller am 15.04.2016 zugestellt wurde, hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Am 17.05.2016 hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde hat folgenden Wortlaut:
"Der vorgenannte Beschluss ist aufzuheben.
Beschwerdebegründung:
Die mörderische IAG/jobcenter-Terror-Organisation hat sich bislang gegenüber dem Hilfebedürftigen hervorgetan durch:
- zahllose erpresserische Todesdrohungen;
- tätliche Gewalt;
- Betrug;
- drei Mordanschläge (insbesondere diese mörderischen Terrorakte sind von der Terror-Pestbrut Reiner Lipka,Amberg, Marks noch nicht gesühnt worden).
Drohung, Erpressung, Gewalt, Betrug, Mord ist das IAG/jobcenter-Terror-Arsenal. Machen Sie sich nicht länger zum Handlanger dieses IAG/jobcenter-Terrors!"
II.
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen. Sie ist entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners zwar innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Landessozialgericht schriftlich eingegangen (§ 173 SGG). Der 16.05.2016 war ein Feiertag (Pfingstmontag), weshalb die Beschwerdefrist erst am 17.05.2016 endete (§ 64 Abs. 3 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch trotz schriftlicher Einlegung nicht in der gesetzlichen Form erhoben worden.
Zwar enthält das Gesetz - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - keine näheren Bestimmungen über den Inhalt einer Beschwerdeschrift. Auch einer Begründung bedarf es außerhalb der Nichtzulassungsbeschwerde nicht (Böttiger, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 173 Rn. 15). Die Beschwerdeschrift genügt aber nicht der gesetzlichen Form, wenn sie sich inhaltlich nicht einmal im Ansatz auf das Rechtsschutzbegehren bezieht, sondern der Beschwerdeführer sich - wie hier - ausschließlich in teilweise strafrechtlich relevanten Beschimpfungen und Beleidigungen des Prozessgegners ergeht.
Die Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens und damit die Auslegung von Verfahrensvorschriften haben immer in einem angemessenen Verhältnis zu dem auf Sachverhaltsaufklärung und Verwirklichung des materiellen Rechts gerichteten Verfahrensziel zu stehen. Der Weg zu den Gerichten darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Innerhalb des Verfahrens muss dem Betroffenen effektiv rechtliches Gehör verschafft werden. Der Einzelne darf nicht nur Objekt der richterlichen Entscheidung sein, sondern muss mit seinem Anliegen gehört werden (zusammenfassend BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 23/11 R mwN). Diese aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG), dem Rechtsstaatsprinzip und der Gewährleistung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) folgenden Grundsätze berechtigen einen Beteiligten jedoch nicht dazu, ein Verfahren ausschließlich als Gelegenheit zu nutzen, um offensichtlich haltlose Beschimpfungen und Beleidigungen gegenüber dem Gegner ohne sinnvollen, auf das Verfahren bezogenen Inhalt auszusprechen oder fortzusetzen. Ein solches Verhalten stellt sich als missbräuchlich und damit unzulässig dar (in diesem Sinne auch: LAG Hamburg, Beschluss vom 16.03.2016 - 3 Sa 73/15 mwN für ein Ablehnungsgesuch; Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 04.10.1978 - I 197/78 für eine Klage; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.12.1973 - 2 Ss 222/73 für eine Revision).
Der Senat war nicht verpflichtet, den Antragsteller auf die fehlende Zulässigkeit seiner Beschwerde hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. Zwar folgt aus § 106 Abs. 1 SGG grundsätzlich die Pflicht des Gerichts, darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt und wesentliche Erklärungen abgegeben werden. Die Vorschrift ist Ausdruck der prozessualen Fürsorgepflicht, die gegenüber nicht vertretenen Beteiligten besonders ausgeprägt ist (Kühl, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 106 Rn. 2). Hier beruht jedoch der Formfehler nicht auf prozessualer Unerfahrenheit, sondern er ist Ausdruck einer bewussten Provokation und gewollten Rechtsverletzung gegenüber dem Prozessgegner. In derartigen Fällen gebietet die prozessuale Fürsorgepflicht einen Hinweis nach § 106 Abs. 1 SGG nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Mit Bescheid vom 21.03.2016 verhängte der Antragsgegner gegen den Antragsteller ein bis zum 03.02.2017 geltendes Hausverbot. Er ordnete gem. § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG die sofortige Vollziehung an. Mit Schreiben vom 28.03.2016 legte der Antragsteller Widerspruch gegen das Hausverbot ein. Am 29.03.2016 hat er beim Sozialgericht Gelsenkirchen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt. Mit Beschluss vom 11.04.2016, der dem Antragsteller am 15.04.2016 zugestellt wurde, hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Am 17.05.2016 hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde hat folgenden Wortlaut:
"Der vorgenannte Beschluss ist aufzuheben.
Beschwerdebegründung:
Die mörderische IAG/jobcenter-Terror-Organisation hat sich bislang gegenüber dem Hilfebedürftigen hervorgetan durch:
- zahllose erpresserische Todesdrohungen;
- tätliche Gewalt;
- Betrug;
- drei Mordanschläge (insbesondere diese mörderischen Terrorakte sind von der Terror-Pestbrut Reiner Lipka,Amberg, Marks noch nicht gesühnt worden).
Drohung, Erpressung, Gewalt, Betrug, Mord ist das IAG/jobcenter-Terror-Arsenal. Machen Sie sich nicht länger zum Handlanger dieses IAG/jobcenter-Terrors!"
II.
Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen. Sie ist entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners zwar innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe der Entscheidung bei dem Landessozialgericht schriftlich eingegangen (§ 173 SGG). Der 16.05.2016 war ein Feiertag (Pfingstmontag), weshalb die Beschwerdefrist erst am 17.05.2016 endete (§ 64 Abs. 3 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch trotz schriftlicher Einlegung nicht in der gesetzlichen Form erhoben worden.
Zwar enthält das Gesetz - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - keine näheren Bestimmungen über den Inhalt einer Beschwerdeschrift. Auch einer Begründung bedarf es außerhalb der Nichtzulassungsbeschwerde nicht (Böttiger, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 173 Rn. 15). Die Beschwerdeschrift genügt aber nicht der gesetzlichen Form, wenn sie sich inhaltlich nicht einmal im Ansatz auf das Rechtsschutzbegehren bezieht, sondern der Beschwerdeführer sich - wie hier - ausschließlich in teilweise strafrechtlich relevanten Beschimpfungen und Beleidigungen des Prozessgegners ergeht.
Die Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens und damit die Auslegung von Verfahrensvorschriften haben immer in einem angemessenen Verhältnis zu dem auf Sachverhaltsaufklärung und Verwirklichung des materiellen Rechts gerichteten Verfahrensziel zu stehen. Der Weg zu den Gerichten darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Innerhalb des Verfahrens muss dem Betroffenen effektiv rechtliches Gehör verschafft werden. Der Einzelne darf nicht nur Objekt der richterlichen Entscheidung sein, sondern muss mit seinem Anliegen gehört werden (zusammenfassend BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 23/11 R mwN). Diese aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG), dem Rechtsstaatsprinzip und der Gewährleistung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) folgenden Grundsätze berechtigen einen Beteiligten jedoch nicht dazu, ein Verfahren ausschließlich als Gelegenheit zu nutzen, um offensichtlich haltlose Beschimpfungen und Beleidigungen gegenüber dem Gegner ohne sinnvollen, auf das Verfahren bezogenen Inhalt auszusprechen oder fortzusetzen. Ein solches Verhalten stellt sich als missbräuchlich und damit unzulässig dar (in diesem Sinne auch: LAG Hamburg, Beschluss vom 16.03.2016 - 3 Sa 73/15 mwN für ein Ablehnungsgesuch; Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 04.10.1978 - I 197/78 für eine Klage; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.12.1973 - 2 Ss 222/73 für eine Revision).
Der Senat war nicht verpflichtet, den Antragsteller auf die fehlende Zulässigkeit seiner Beschwerde hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. Zwar folgt aus § 106 Abs. 1 SGG grundsätzlich die Pflicht des Gerichts, darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt und wesentliche Erklärungen abgegeben werden. Die Vorschrift ist Ausdruck der prozessualen Fürsorgepflicht, die gegenüber nicht vertretenen Beteiligten besonders ausgeprägt ist (Kühl, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 106 Rn. 2). Hier beruht jedoch der Formfehler nicht auf prozessualer Unerfahrenheit, sondern er ist Ausdruck einer bewussten Provokation und gewollten Rechtsverletzung gegenüber dem Prozessgegner. In derartigen Fällen gebietet die prozessuale Fürsorgepflicht einen Hinweis nach § 106 Abs. 1 SGG nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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