Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1499/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 496/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. November 2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2010 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. April 2015 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Im Übrigen bleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1957 geborene, aus der Türkei stammende Kläger erlernte keinen Beruf und war in der Bundesrepublik Deutschland ab dem 03.08.1973, unterbrochen durch kurzfristige Zeiten der Arbeitslosigkeit, zunächst als Küchenhilfe, später als Band- und Montagearbeiter und schließlich von 1984 bis 2002 als Schleifer versicherungspflichtig beschäftigt. In seinem Versicherungsverlauf sind unter anderem im Zeitraum vom 25.05.1987 bis 31.12.2004 alle Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Seit dem 01.01.2005 bezieht der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Arbeitslosengeld II.
Im Jahre 1998 erlitt der Kläger einen Herzinfarkt. Im Jahre 2000 erfolgte bei ihm eine Drei-Gefäßbypassoperation und im Jahre 2004 eine Stent-Implantation. Aufgrund eines zweiten Herzinfarkts im Jahre 2006 mit Verschluss der Bypässe erfolgte eine erneute Stent-Implantation. Des Weiteren wurde der Kläger in den Jahren 1999 und 2003 jeweils wegen Bandscheibenvorfällen an dem Wirbelkörpergelenk L5/S1 operiert. Aufgrund dieser Erkrankungen wurden bei ihm in der Zeit von 1998 bis 2006 insgesamt fünf medizinische stationäre Rehabilitationsbehandlungen durchgeführt. Seine in den Jahren 2003 und 2006 gestellten Anträge auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 24.07.2003 und 30.06.2006 ab.
Am 10.11.2009 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Zur Begründung seines Antrags verwies er insbesondere auf kardiologische und orthopädische Gesundheitsstörungen sowie auf das Vorliegen eines chronischen Schmerzsyndroms mit psychovegetativen Beschwerden.
Die Beklagte veranlasste eine ambulante Untersuchung und Begutachtung durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. S., der in seinem Gutachten vom 18.12.2009 zu dem Ergebnis kam, dass der Kläger unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen (koronare Mehrgefäßerkrankung, leichte Fehlhaltung und Verschleißerkrankung der Wirbelsäule mit chronischem Pseudoradikulärsyndrom, rezidivierende Magenschmerzen sowie hypochrome Anämie unklarer Genese) noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten in einem Umfang von über sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit Bescheid vom 22.12.2009 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers ab. Den am 07.01.2010 erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend machte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2010 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 26.04.2010 bei dem Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Das SG hat den Internisten Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens sowie den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. und den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. W. jeweils mit der Erstattung eines Zusatzgutachtens beauftragt. Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG außerdem Gutachten bei dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. und bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. B. eingeholt.
In seinem Zusatzgutachten vom 24.11.2010 ist Dr. W. zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger ein Zustand nach lumbalem Bandscheibenvorfall mit sensiblem Wurzelreizsyndrom L5/S1 und ein geklagter Tinnitus links vorliege. Eine psychiatrische Störung von leistungsminderndem Ausmaß habe er ausschließen können. Dr. W. hat in seinem Zusatzgutachten vom 25.11.2010 bei dem Kläger ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit mäßiger Bewegungseinschränkung und leichter Nervenwurzelreizsymptomatik am linken Fuß, geklagte Schulter-Armschmerzen links ohne äußere Reizerscheinungen und eine (aktuell schmerzfreie) intermittierende Kniebeschwerdesymptomatik links festgestellt. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 10.12.2010 ausgeführt, dass der Kläger an einer koronaren Mehrgefäßerkrankung mit aktuell guter linksventrikulärer Pumpfunktion, einer Eisenmangelanämie und einer chronischen Gastritis erkrankt sei. Alle drei Sachverständige sind in ihren jeweiligen Gutachten übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger die Durchführung körperlich leichter Arbeit unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar sei. Dr. B. hat sich in seinem Gutachten vom 27.07.2011 unter Berücksichtigung einer mäßig ausgeprägten depressiven Verstimmung des Klägers der Leistungseinschätzung des Dr. W. angeschlossen. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 09.08.2011 einen Zustand nach lumbalen Bandscheibenoperationen mit mäßiger Bewegungseinschränkung und Restsymptomatik eines S1-Syndroms, ein chronisch-rezidivierendes Zervikalsyndrom und eine herabgesetzte Leistungsfähigkeit nach mehreren kardiologischen Erkrankungen und Operationen angegeben und ausgeführt, der Kläger könne mit seinen Erkrankungen auf unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten auch leichte körperliche Arbeiten nur noch in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Zudem erlaube sein Restleistungsvermögen die Durchführung von Arbeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise anfielen, wie Zureichen, Abnehmen, Kleben oder Sortieren, nur noch in eingeschränktem Umfang. Da sich die festgestellten Leistungseinschränkungen bei dem Kläger gegenseitig potenzierten, liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.
Mit Urteil vom 21.11.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen in den Gutachten der Sachverständigen Dr. W., Dr. W., Dr. B. und Dr. S. gestützt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 25.01.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.01.2012 bei dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt und sich zur Begründung zunächst auf die Schwere seiner kardiologischen Erkrankung gestützt sowie eine Verschlechterung seiner Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet geltend gemacht. Der Senat hat daraufhin den behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. S. und die Fachärztin für Neurologie und Psychotherapeutische Medizin Dr. v. B. als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Dr. S. hat unter dem 29.04.2012 bei dem Kläger eine innere Unruhe beschrieben mit Anspannung, Konzentrations- und Leistungsminderung sowie Schlafstörungen. Dr. v. B. hat mit Schreiben vom 27.04.2012 angegeben, bei dem Kläger liege eine anhaltende Depression vor. Daraufhin hat der Senat die Ärzte Dr. S., Dr. W. und Dr. W. auch für das Berufungsverfahren zu Sachverständigen berufen und von diesen ergänzende Stellungnahmen nach Aktenlage unter Berücksichtigung der nach Erstellen der jeweiligen eigenen Gutachten neu vorgelegten medizinischen Unterlagen und Gutachten eingeholt. Dr. S. und Dr. W. haben in ihren Stellungnahmen vom 31.07.2012 (Dr. S.) und 16.08.2012 (Dr. W.) unter anderem ausgeführt, dass sich zusammenfassend keine Änderung hinsichtlich ihrer im Klageverfahren vor dem SG getroffenen Leistungsbeurteilung ergebe. Dr. W. hat in seinem Schreiben vom 11.07.2012 angemerkt, Dr. B. habe eine verminderte Beweglichkeit des linken Kniegelenks beschrieben, ohne eine Erkrankung in diesem Bereich festzustellen. Der von Dr. B. angegebene Befund der Halswirbelsäule entspreche noch den Normwerten der Altersklasse des Klägers. Aus den festgestellten Befunden resultierten Leistungsbeeinträchtigungen ausschließlich in qualitativer Hinsicht. Ein operierter monosegmentaler Bandscheibenschaden sei sicherlich kein Grund für eine quantitative Leistungsminderung. Er könne sich somit der Leistungseinschätzung von Dr. B. nicht anschließen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Stellungnahmen wird auf Blatt 49 ff., 56 ff. und 63 ff. der Berufungsakten Bezug genommen.
Vom 22.11.2012 bis 29.11.2012 ist der Kläger wegen eines infrarenalen (abdominalen) Aortenaneurysmas mit einer Größe von knapp sieben Zentimetern in der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses W. endovaskulär operiert und stationär behandelt worden.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat ein Gutachten bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 17.12.2012 zu dem Ergebnis gekommen, bei dem Kläger liege aktuell eine chronifizierte leichtgradige depressive Episode vor, mit der sein Leistungsvermögen auch für körperlich leichte Arbeiten auf einen zeitlichen Umfang von mehr als drei und weniger als sechs Stunden täglich reduziert sei.
Nachdem am 17.05.2013 ein Erörterungstermin mit den Beteiligten stattgefunden hatte (zu den Einzelheiten vgl. Blatt 150 ff. Berufungsakte) und der Kläger im Zeitraum vom 15.07.2013 bis 17.07.2013 in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des U. W. wegen des Verdachtes auf Progress der koronaren Herzerkrankung bei pectanginösen Beschwerden stationär behandelt worden war, wobei sich eine proximale Dissektion im Bypass gezeigt hatte (vgl. Entlassbrief vom 17.07.2013, Blatt 176 Berufungsakte), hat der Senat - ebenfalls auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers - ein weiteres Gutachten bei dem Facharzt für Innere Medizin Dr. K. nach einer ambulanten Untersuchung in Auftrag gegeben. Dieser hat in seinem am 02.10.2013 eingegangenen Gutachten (im Folgenden: Gutachten vom 02.10.2013) ausgeführt, bei dem Kläger liege eine Aneurysmakrankheit und eine generalisierte Atherosklerose (Arterienverkalkung) vor. Die Aneurysmakrankheit sei durch das Einbringen einer stentgestützten Endoprothese keineswegs ausgeheilt, denn die Grundursache dieser Krankheit liege in den krankhaften Veränderungen der Gefäßwand. Der Kläger sei aufgrund seiner koronaren Herzkrankheit, seines Bluthochdrucks und seines metabolischen Syndroms ein ausgeprägter Risikopatient betreffend der Entwicklung eines abdominalen Aneurysmas. Des Weiteren hat Dr. K. auf die Risiken einer endovaskulären Aortenrekonstruktion hingewiesen, die sich unter anderem in weiteren Rupturen des Aneurysmas, Brüchen des Stents oder einer Migration der Endoprothese äußern könnten. Außerdem leide der Kläger an einem vollständigen Gefäßverschluss an mehreren Herzkranzgefäßen mit daraus resultierender Herzinsuffizienz, einer chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit, einer arteriellen Hypertonie, einem angeborenen Herzfehler in Gestalt einer bikuspiden Aortenklappe, einem Diabetes mellitus mit metabolischem Syndrom, einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit sowie einer mikrozytären Anämie. Mit diesen Erkrankungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage, selbst leichte körperliche Arbeiten in einem Umfang von mindestens drei Stunden täglich auszuführen.
Im Zeitraum vom 07.04.2015 bis 11.04.2015 ist der Kläger erneut in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des U. W. stationär behandelt worden. Laut Entlassbrief vom 23.04.2015 habe sich bei der Koronarangiographie am 09.04.2015 die bekannte schwere Dreigefäßerkrankung mit Bypässen gezeigt. Der RCA Bypass sei bekannt verschlossen und die RCA sequentiell degenerativ verändert gewesen. Auch habe sich eine In-Stent-Restenose im RCX Bypass bei proximal hochgradiger de-novo Stenose gezeigt. Die Restenose sei mit einem Drug-Eluting Stent versorgt worden. Eine engmaschige Kontrolle und strenge Einstellung der kardiovaskulären Risikofaktoren und gegebenenfalls Optimierung der medikamentösen Therapie werde empfohlen. Der Kläger sei auf die Notwendigkeit einer strikten Nikotinkarenz hingewiesen worden.
Bereits mit Schreiben vom 10.02.2015 hatte der Senat den Chefarzt für Innere Medizin und Kardiologie der Fachklinik für Prävention und Rehabilitation des Gesundheitszentrums B. W., Arzt für Innere Medizin, Kardiologie und Sozialmedizin Dr. L. als Sachverständigen bestellt und ihn mit der Erstellung eines Gutachtens nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers beauftragt, die am 04.03.2015 stattgefunden hatte. Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 28.05.2015, welches um eine Stellungnahme vom 06.03.2016 ergänzt worden ist, angegeben, bei dem Kläger liege auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet eine koronare Dreigefäßerkrankung, ein Zustand nach Myokardinfarkt 1998 und 2006, ein Zustand nach ACVB(Koronararterienbypass)-Operation 2000, ein Zustand nach mehrfacher PTCA (Herzkranzgefäßerweiterung) und Stentimplantation, eine diastolische Dysfunktion bei Hypertrophie und Zustand nach Myokardinfarkt, eine Aortenklappeninsuffizienz ersten Grades, eine Mitralklappeninsuffizienz ersten bis zweiten Grades, eine Arteriosklerose der hirnversorgenden Gefäße ohne relevante Stenose, ein Zustand nach abdominalem Aortenaneurysma, eine arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus, Übergewicht und ein Nikotinabusus vor. Die kardiale Erkrankung sei so ausgeprägt, dass eine Arbeitsfähigkeit sogar für leichte körperliche Belastungen vollschichtig oder auch teilschichtig aufgehoben sei. Überdies sei die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln während der Hauptverkehrszeit mit der Gefahr von Zeitdruck und Stress problematisch, aber nicht sicher auszuschließen. Aus kardiologischer Sicht sollten solche Wege unter zeitlicher Limitierung jedoch gemieden werden. Mit weiterem Schreiben vom 01.06.2015 hat Dr. L. darauf hingewiesen, dass ihn der Entlassbrief vom 23.04.2015 erst nach Versendung des Gutachtens erreicht habe, so dass der darin enthaltene medizinische Befund nicht in seinem Gutachten verarbeitet worden sei. Hierdurch werde jedoch seine im Gutachten geäußerte Leistungseinschätzung bekräftigt.
Auf Anregung der Beklagten, bei dem Kläger eine Spiroergometrie mit transthorakaler Echokardiographie durchführen zu lassen, hat der Senat zunächst Dr. L. damit beauftragt, diese Untersuchung durchzuführen. Nachdem der Sachverständige mitgeteilt hatte, dass die klinikeigene Spiroergometrie-Anlage derzeit und auf absehbare Zeit nicht funktionstauglich sei, hat Dr. L. in einer ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2016 auf Anfrage des Senats ausgeführt, eine Spiroergometrie sei nicht geeignet, die Kontraktilität des Herzens zuverlässig zu beurteilen. Zudem sei die in seinem Gutachten festgestellte stark reduzierte kardiovaskuläre Belastbarkeit nicht primär auf die Ejektionsfraktion, sondern auf den Koronarstatus und die im Rahmen der Multimorbidität festgestellte diastolische Dysfunktion zurückzuführen. Bei der durch Dr. S. durchgeführten Untersuchung sei der Kläger bis 75 Watt belastbar gewesen, ohne dass sich Ischämiezeichen im EKG gezeigt hätten. Dies entspreche Alltagsbelastungen, so dass leichte körperliche Arbeiten gerade noch leidensgerecht wären. Er gehe davon aus, dass bei aller Unsicherheit der zeitlichen Rekonstruktion seit Diagnosestellung des Aortenaneurysmas, somit ab November 2012, von einem zeitlich reduzierten Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich auszugehen sei.
Der Kläger verweist zur Begründung seiner Berufung auf die Verschlechterungen seines Gesundheitszustandes in kardiologischer Hinsicht sowie auf seine psychischen und psychosomatischen Beschwerden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. November 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2010 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, nach der Operation aufgrund des abdominalen Aneurysmas habe sich der postoperative Verlauf komplikationslos gestaltet. Vorrangig sei eine gute Einstellung der Blutdruckwerte. Es sei der aktuelle Gesundheitszustand zu bewerten und nicht das Risiko möglicher Folgeerkrankungen bzw. eines plötzlichen Herztodes. Die Durchführung einer Spiroergometrie mit transthorakaler Echokardiographie sei nach dem kardialen Ereignis im April 2015 dringend erforderlich, da sich zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. echokardiographisch eine noch ausreichende systolische Funktion gezeigt habe. Erst dann könne eine verlässliche Leistungseinschätzung vorgenommen werden. Zum aktuellen Zeitpunkt bestünde nachweislich lediglich eine qualitative Leistungsminderung. Die Tatsache, dass der Kläger bei der Begutachtung durch Dr. L. nur noch bis 50 Watt belastbar gewesen sei, könne verschiedene Ursachen haben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Die Berufung ist teilweise begründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 21.11.2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2010 sind teilweise rechtswidrig, verletzen den Kläger insoweit in seinen Rechten und waren daher abzuändern. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.04.2015 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, jedoch nicht für die Zeit ab Antragstellung bis zum 31.03.2015 zu. Insoweit sind Klage und Berufung unbegründet.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats seit dem 04.03.2015 voll erwerbsgemindert im Sinne der oben genannten Vorschriften. Der Schwerpunkt seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen liegt auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet. Hierzu stellt der Senat fest, dass der Kläger an einer koronaren Dreigefäßerkrankung, einer diastolischen Dysfunktion bei Hypertrophie, einer Aortenklappeninsuffizienz ersten Grades, einer Mitralklappeninsuffizienz ersten bis zweiten Grades, einer Arteriosklerose der hirnversorgenden Gefäße, einer arteriellen Hypertonie, einem Diabetes mellitus und Übergewicht leidet. Ferner besteht bei dem Kläger ein Zustand nach zweifachem Myokardinfarkt, nach Koronararterien-Bypass-Operation, nach mehrfacher Herzkranzgefäß-Erweiterung sowie nach Platzierung eines endovaskulären Stentgrafts nach Auftreten eines abdominalen Aortenaneurysmas. Diese Diagnosen ergeben sich aus dem schlüssigen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. L., der zu diesen Gesundheitsstörungen unter Auswertung der vorhandenen medizinischen Unterlagen, insbesondere der Entlassungsberichte der stationären Aufenthalte des Klägers seit dem Jahre 2012, sowie der anlässlich seiner eigens am 04.03.2015 durchgeführten ambulanten Untersuchung des Klägers erhobenen körperlichen Befunde gekommen ist. Hierbei ergab das Belastungs-EKG, bei dem der Kläger bis 50 Watt etwa eine Minute belastbar gewesen ist und welches von ihm wegen peripherer Schwäche abgebrochen werden musste, vermehrt belastungsabhängige ventrikuläre Extrasystolen (Herzrhythmusstörungen) in Form von Couplets. Nachvollziehbar hat Dr. L. vor diesem Hintergrund eine starke Einschränkung der kardiovaskulären Belastbarkeit bei dem Kläger angenommen. Des Weiteren resultierte aus der bei dem Kläger durchgeführten Echokardiographie eine diastolische Funktionsstörung mit einem erhöhten Füllungsdruck bei E/A-Relation kleiner als eins. Anhand der von Dr. L. durchgeführten Duplexsonographie der Carotiden (Kopfschlagadern) stellte dieser bei dem Kläger arteriosklerotische Wandveränderungen fest. Die Laborblutuntersuchung des Klägers, dessen Body-Mass-Index 27,6 kg/m² beträgt, ergab einen erhöhten Glukosewert. Dagegen konnte sich der Senat nicht vom Bestehen einer mikrozytären Anämie und einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit überzeugen, wie von Dr. K. angegeben. Der Hämoglobin-Wert des Klägers befand sich zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. L. noch im Normalbereich, ebenso die Werte für MCV und MCH. Zwar stellte auch Dr. S. erhöhte Werte fest und nahm somit ebenfalls eine Eisenmangelanämie an. Zumindest die von Dr. L. durchgeführte Laboruntersuchung führte jedoch zum Ergebnis, dass bei dem Kläger aktuell keine Anämie vorliegt. Ebenso wenig ergaben weder die von Dr. L. durchgeführte Dopplersonographie der Beinarterien mit durchgängigen Normwerten noch die Bodypletyhsmografie Anhaltspunkte für eine periphere arterielle Verschlusskrankheit oder für eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung.
Diese Erkrankungen führen bei dem Kläger nicht nur zu Einschränkungen seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in qualitativer, sondern auch in quantitativer Hinsicht. Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger mit seinen Gesundheitsstörungen nicht mehr in der Lage, selbst körperlich leichte Arbeiten unter betriebsüblichen Bedingungen in einem Umfang von drei Stunden täglich oder mehr auszuüben und somit voll erwerbsgemindert. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat insbesondere aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. L., der anschaulich und plausibel dargelegt hat, dass den oben festgestellten Erkrankungen des Klägers allein durch Berücksichtigung qualitativer Arbeitseinschränkungen nicht mehr hinreichend begegnet werden kann, sondern dass diese zu einem solch reduzierten zeitlichen Leistungsvermögen des Klägers geführt haben, dass es ihm nicht mehr möglich ist, auch körperlich leichte Arbeiten in einem Umfang von drei Stunden täglich oder mehr durchzuführen. Bei dem Kläger liegt zum einen eine koronare Dreigefäßerkrankung vor, die als schwergradig einzuordnen ist, wie sich unter anderem aus dem Entlassbrief des Universitätsklinikums Würzburg vom 23.04.2015 ergibt. Die Schwere einer koronaren Herzkrankheit bestimmt sich nach den vorhandenen vaskulären Schäden sowie dem Ausmaß der damit verbundenen Ischämiereaktion, welche sich anhand von Belastungs-EKG, Stressechokardiographie oder Rechtsherzkatheder ermitteln lässt (Dörfler/Eisenmenger/Lippert/Wandl, Medizinische Gutachten, 2. Auflage, S. 183). Hierbei gilt, dass sich eine maximale Belastbarkeit von über 150 Watt grundsätzlich auch mit schwerster körperlicher Arbeit vereinbaren lässt, wohingegen eine ergometrische Belastbarkeit von unter 50 Watt in der Regel mit einer dauerhaft aufgehobenen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Ist eine Belastung mit 50 bis 75 Watt möglich und zeigt sich echokardiographisch eine normale linksventrikuläre Funktion bzw. liegen keine höhergradigen Herzrhythmusstörungen vor, sind körperlich leichte Arbeiten regelmäßig gesundheitlich zumutbar (Dörfler/Eisenmenger/Lippert/Wandl, a.a.O.). Der Kläger war bei der im Rahmen der Begutachtung durch Dr. L. durchgeführten Fahrradergometrie nur eine Minute lang bis 50 Watt körperlich belastbar, bevor er die Untersuchung bei peripherer Schwäche abbrechen musste. Bei dieser Untersuchung fielen Dr. L. einerseits ventrikuläre Extrasystolen in Form von Couplets auf, andererseits konnte er höhergradige ventrikuläre Herzrhythmusstörungen ausschließen. Allerdings wies der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2016 auch darauf hin, dass sich bei seiner Untersuchung ein vergrößerter linker Ventrikel mit einer reduzierten Ejektionsfraktion gezeigt hatte, so dass keine normale linksventrikuläre Funktion mehr angenommen werden kann. Eine reduzierte Ejektionsfraktion wiederum dient als objektivierter Parameter zur Diagnostik einer Herzinsuffizienz. Zudem hat Dr. L. ausgeführt, dass die bei dem Kläger vorliegende stark reduzierte kardiovaskuläre Belastbarkeit auch auf den von ihm als desolat bezeichneten Koronarstatus, der sich bereits mehrfach manifestiert hat, und die im Rahmen der Mulitmorbidität erfolgte Dekonditionierung zurückzuführen ist. Überdies ist nach seiner überzeugenden Darlegung auch die echokardiographisch festgestellte diastolische Dysfunktion zu berücksichtigen. Die Durchführung einer gesonderten spiroergometrischen Untersuchung mit transthorakaler Echokardiographie ist vor diesem Hintergrund nicht erforderlich. Ferner weist Dr. L. in seinem Gutachten vom 28.05.2015 darauf hin, dass die psychische Belastungssituation des Klägers nach multiplen operativen Eingriffen am Herz leistungsmindernd ist. Seine Auffassung steht in Übereinstimmung mit der sozialmedizinischen Literatur, wonach die Krankheitsverarbeitung nach stattgehabtem koronaren Ereignis oder operativen Eingriff einen wichtigen Gesichtspunkt bei der Leistungsbeurteilung darstellt (Dörfler/Eisenmenger/Lippert/Wandl, a.a.O. S. 184). Der Kläger unterzog sich nach seinem Herzinfarkt im Jahr 1998 fünf operativen Eingriffen und erlitt im Jahre 2006 einen zweiten Herzinfarkt. Besonderes Augenmerk ist hierbei zum einen auf den erneuten Verschluss des Koronargefäßes im Jahre 2015 nach zunächst erfolgreicher Koronarintervention zu legen. Eindrücklich empfiehlt der Entlassbrief des Universitätsklinikums Würzburg vom 23.04.2015 demnach eine engmaschige Kontrolle und strenge Einstellung der kardiovaskulären Risikofaktoren und führt außerdem aus, dass der Kläger ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer strikten Nikotinkarenz hingewiesen worden sei, was die Ernsthaftigkeit der Situation betont. Zudem spielt nach Überzeugung des Senats die im November 2012 erfolgte endovaskuläre Aortenrekonstruktion nach Entstehen eines abdominalen Aortenaneurysmas mit einem Durchmesser von knapp sieben Zentimetern eine entscheidende Rolle. Dr. Kaiser hat hierzu angemerkt, dass bereits bei einer Größe von fünf Zentimetern Querdurchmesser die Gefahr einer Aneurysmaruptur besteht, die zu Blutungen in der Bauchhöhle und somit zu einer konkreten Lebensgefahr durch innerliches Verbluten führt. Sowohl gegenüber dem Sachverständigen Dr. B., der den Kläger nach diesem operativen Eingriff untersucht hat, als auch gegenüber Dr. L. hat der Kläger geäußert, dass er eine Angst verspüre, wieder einen Herzinfarkt oder einen Riss des Aortenaneurysmas zu erleiden. Diese vom Kläger beschriebenen Ängste sind nachzuvollziehen, da Dr. K. in seinem Gutachten ausführlich dargelegt hat, dass der Kläger aufgrund seiner Atherosklerose und weiteren Risikofaktoren zu der einschlägigen Risikogruppe dieser Erkrankung gehört. Soweit Dr. L. angibt, dass neben der vorliegenden medikamentösen Therapie und der Kontrolle der atherogenen Risikofaktoren ein gut dosiertes körperliches Training des Klägers als einzige weitere Behandlungsmöglichkeit in Frage kommt, meint er damit, wie sich sinngemäß aus seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2016 ergibt, eine leichte Bewegungsform ohne jeglichen Stress und frei von äußeren Zwängen. Das Durchführen einer leichten körperlichen Arbeit - selbst unter Berücksichtigung von betriebsüblichen Pausen -, die von äußeren Zeitvorgaben und mit konkreten Arbeitsanweisungen verbunden ist sowie ein bestimmtes Arbeitstempo verlangt, entspricht nicht diesen Vorgaben. Dr. L. weist ausdrücklich darauf hin, dass der Kläger Blutdruckspitzen strikt zu vermeiden hat. Das Ausüben einer Erwerbstätigkeit ist ihm demnach nicht mehr ohne Gefährdung seiner Gesundheit möglich.
Der Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung steht dem Kläger erst ab dem 01.04.2015 zu und besteht bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Auch wenn der Kläger möglicherweise bereits vor diesem Datum voll oder teilweise erwerbsgemindert war, konnte der Kläger das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen erst mit den im Rahmen der Untersuchung durch Dr. L. am 04.03.2015 erhobenen Befunden zur Überzeugung des Senats nachweisen. Dr. L. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2016 nachvollziehbar dargelegt, dass die bei dem Kläger vorliegende Koronarerkrankung progrediert ist und zeitgleich hierzu die Leistungsfähigkeit des Klägers abgenommen hat. So verweist er auf die Untersuchungsergebnisse des Sachverständigen Dr. S., bei dessen Untersuchung der Kläger bei der sitzenden Fahrradergometrie bis 75 Watt belastbar war, ohne dass sich Ischämiezeichen im EKG zeigten. Auch bei der Begutachtung durch Dr. K. war der Kläger bis zur selben Leistung belastbar. Dr. L. legt zwar in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.03.2016 dar, dass ein zeitlich reduziertes Leistungsvermögen auf unter drei Stunden bereits zum 22.11.2012 durch Diagnosestellung des Aortenaneurysmas vorgelegen habe, räumt jedoch ein, dass die zeitliche Rekonstruktion mit Unsicherheiten verbunden ist. Bei der Untersuchung durch Dr. K. im Sommer 2013 (vgl. Blatt 192 bis 196 der Berufungsakte) führte der Sachverständige bei dem Kläger lediglich ein Ruhe-EKG durch, was einen regelrechten Sinusrhythmus zeigte. Auf die Durchführung eines Belastungs-EKG verzichtete er, obwohl dieses für die Leistungsbeurteilung - wie oben ausgeführt - erforderlich gewesen wäre. Dadurch konnte Dr. K. das zum Zeitpunkt der Untersuchung vorliegende Ausmaß der koronaren Herzkrankheit des Klägers nicht eindeutig bestimmen. Sein Hinweis auf die Anamnese und die durchgeführte Koronarangiographie, mit der lediglich die Herzkranzgefäße darstellbar waren, genügt nicht für den Nachweis eines auch in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögens für körperlich leichte Tätigkeiten. Schließlich führt auch Dr. L. in seinem Gutachten vom 28.05.2015 aus, dass die koronare Herzerkrankung des Klägers bis zum Jahre 2013 eine eher langsame Progredienz gezeigt hat (Beweisfrage fünf) und dass eine erhebliche Progredienz erst im Verlauf nach der Begutachtung durch Dr. K. eingetreten ist (Beweisfrage sieben).
Der Kläger war auch nicht aufgrund seiner Erkrankungen auf orthopädischem oder neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet vor dem 04.03.2015 voll oder teilweise erwerbsgemindert. Der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. B., der bei dem Kläger ein auf drei bis unter sechs Stunden reduziertes Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten annimmt, konnte sich der Senat nicht anschließen. Der Senat stellt vielmehr fest, dass der Kläger auf orthopädischem Fachgebiet an einem chronischen Lendenwirbelsäulensyndrom mit mäßiger Bewegungseinschränkung und leichter sensibler Nervenwurzelreizsymptomatik am linken Fuß, Schulter-Arm-Schmerzen links sowie einer intermittierenden Beschwerdesymptomatik des linken Knies leidet, wie der gerichtliche Sachverständige Dr. W. in seinem Zusatzgutachten vom 25.11.2010 unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen klinischen Befunde und nach Auswertung der bildgebenden Materialien festgehalten hat. Trotz dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen, die bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung vorlagen, war der Kläger jedoch noch in der Lage, auch im Zusammenspiel mit seinen Erkrankungen auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet, leichte körperliche Arbeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Dr. W. hat plausibel dargelegt, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers zwar zu Leistungseinschränkungen in qualitativer Hinsicht (kein Heben und Tragen von Lasten über zwölf Kilogramm, keine regelmäßigen Arbeiten in Beuge- oder Bückhaltung, keine Arbeiten ständig im Sitzen oder Stehen, keine Akkord- und getakteten Fließbandarbeiten, keine regelmäßigen Arbeiten auf Leitern und Gerüsten) geführt haben, jedoch das zeitliche Leistungsvermögen uneingeschränkt bestehen bleibt. Der abweichenden Leistungseinschätzung des Dr. B., die sich zum einen auf ein chronisch-rezidivierendes Zervikalsyndrom, zum anderen auf eine herabgesetzte Leistungsfähigkeit nach mehreren Bypassoperationen und Herzinfarkten stützt, ist der Senat nicht gefolgt. Dr. W. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.07.2012 zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beweglichkeit der Halswirbelsäule mit einer Drehfähigkeit von 70 Grad, einer Seitneigefähigkeit von 25 Grad sowie einer Vor-/Rückneigefähigkeit von 25-0-30 Grad einem zufriedenstellenden altersgerechten Bewegungsbefund entspricht. Zudem war die kardiologische Belastbarkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. B. und Dr. S. noch nicht so eingeschränkt, dass eine leichte körperliche Arbeit in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nicht denkbar gewesen ist, wie bereits oben ausgeführt. Konkrete Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, welche auch Tätigkeiten einschränken, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Kleben, Sortieren oder Zusammensetzen von Teilen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19.10.2011, B 13 R 78/09 R (juris)), bestehen hierbei nicht. Nähere Ausführungen hierzu hat Dr. B., der eine solche Summierung annimmt, nicht gemacht.
Ebenso wenig ist unter Berücksichtigung der Ausführungen des Dr. B. in seinem Gutachten vom 17.12.2012 eine Leistungsminderung des Klägers in quantitativer Hinsicht für die Zeit vor dem 01.04.2015 anzunehmen. Dr. B. geht zwar von einer zeitlich auf drei bis unter sechs Stunden reduzierten Belastbarkeit des Klägers für körperlich leichte Arbeiten seit dem Jahr 2011 aus und begründet dies mit dem Vorliegen einer chronifizierten leichtgradigen depressiven Episode. Bereits aus dem Schweregrad der von Dr. B. diagnostizierten depressiven Erkrankung im Sinne einer leichtgradigen Episode ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte für ein auch in quantitativer Hinsicht reduziertes Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Arbeiten. Zudem konnten auch die weiteren Sachverständigen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, Dr. W. und Dr. B., die den Kläger im November 2010 bzw. im Mai 2011 untersucht haben, keine wesentliche, die Leistungsfähigkeit des Klägers einschränkende Erkrankung auf ihrem Fachgebiet wiedergeben.
Ob der Kläger mit seinen Einschränkungen auch seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schleifer noch vor dem 04.03.2015 in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich gesundheitlich zumutbar auszuüben imstande war, kann offen bleiben. Denn soweit aufgrund des Geburtstages des Klägers vor dem 02.01.1961 auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI zu prüfen war, ergibt sich hieraus nichts anderes. Die Tätigkeit des Klägers als Schleifer stellt nämlich eine ungelernte Arbeit oder allenfalls eine Tätigkeit mit einer kurzen Anlernzeit dar und vermittelt somit keinen Berufsschutz. Er ist somit auf alle ungelernten Arbeiten breit verweisbar und somit auch auf körperlich leichte Arbeiten, die ihm vor dem 04.03.2015 noch zeitlich uneingeschränkt möglich gewesen sind.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in Form von 36 Monaten (drei Jahren) an Pflichtbeitragsmonaten waren zu diesem Zeitpunkt ebenfalls erfüllt. Die letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung (04.03.2010 bis 03.03.2015) sind zwar lediglich mit zehn Pflichtbeitragsmonaten belegt. Dies ergibt sich daraus, dass nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI in den bis 31.12.2010 gültigen Fassungen versicherungspflichtig auch Personen waren, die Arbeitslosengeld II bezogen, wohingegen seit dem 01.01.2011 Zeiten, in denen Personen wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit als Arbeitsuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen haben oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben, gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI als Anrechnungszeiten zu werten sind. Diese wiederum verlängern jedoch nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung. Der somit bei dem Kläger entstandene Anrechnungszeitraum von 51 Monaten (01.01.2011 bis 03.03.2015) führt zu einem verlängerten maßgeblichen Zeitraum, der bereits am 04.12.2005 beginnt (04.03.2010 abzüglich 51 Monate) und der - aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II - insgesamt 61 Pflichtbeitragsmonate aufweist. Die erforderlichen 36 Monate an Pflichtbeiträgen sind somit deutlich überschritten. Am 04.03.2015 lag auch schon der Antrag des Klägers auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten vor. Da die medizinischen Voraussetzungen erst im Laufe des Monats März eingetreten sind, war der Monat April 2015 somit der erste Monat, in dem sämtliche Leistungsvoraussetzungen zu Beginn vorlagen.
Dr. Lang hat darüber hinaus ausgeführt, dass die Erkrankung des Klägers zum Zeitpunkt seiner Untersuchung noch nicht optimal kontrolliert gewesen ist, insbesondere durch den Nikotinabusus, aber dass durch eine sehr intensive Therapie lediglich eine Verlangsamung der Progredienz, bestenfalls ein Stillstand erreicht werden kann, wobei er ebenfalls darauf hinweist, dass die koronare Herzerkrankung häufig eine Progressionstendenz zeigt. Ein Wiederherstellen der Leistungsfähigkeit auf einen zeitlichen Umfang von mindestens drei Stunden täglich oder mehr kann vor diesem Hintergrund nicht angenommen werden, so dass der Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens hat der Senat berücksichtigt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erst im Laufe des Berufungsverfahrens eingetreten sind.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Im Übrigen bleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1957 geborene, aus der Türkei stammende Kläger erlernte keinen Beruf und war in der Bundesrepublik Deutschland ab dem 03.08.1973, unterbrochen durch kurzfristige Zeiten der Arbeitslosigkeit, zunächst als Küchenhilfe, später als Band- und Montagearbeiter und schließlich von 1984 bis 2002 als Schleifer versicherungspflichtig beschäftigt. In seinem Versicherungsverlauf sind unter anderem im Zeitraum vom 25.05.1987 bis 31.12.2004 alle Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Seit dem 01.01.2005 bezieht der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Arbeitslosengeld II.
Im Jahre 1998 erlitt der Kläger einen Herzinfarkt. Im Jahre 2000 erfolgte bei ihm eine Drei-Gefäßbypassoperation und im Jahre 2004 eine Stent-Implantation. Aufgrund eines zweiten Herzinfarkts im Jahre 2006 mit Verschluss der Bypässe erfolgte eine erneute Stent-Implantation. Des Weiteren wurde der Kläger in den Jahren 1999 und 2003 jeweils wegen Bandscheibenvorfällen an dem Wirbelkörpergelenk L5/S1 operiert. Aufgrund dieser Erkrankungen wurden bei ihm in der Zeit von 1998 bis 2006 insgesamt fünf medizinische stationäre Rehabilitationsbehandlungen durchgeführt. Seine in den Jahren 2003 und 2006 gestellten Anträge auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 24.07.2003 und 30.06.2006 ab.
Am 10.11.2009 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Zur Begründung seines Antrags verwies er insbesondere auf kardiologische und orthopädische Gesundheitsstörungen sowie auf das Vorliegen eines chronischen Schmerzsyndroms mit psychovegetativen Beschwerden.
Die Beklagte veranlasste eine ambulante Untersuchung und Begutachtung durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. S., der in seinem Gutachten vom 18.12.2009 zu dem Ergebnis kam, dass der Kläger unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen (koronare Mehrgefäßerkrankung, leichte Fehlhaltung und Verschleißerkrankung der Wirbelsäule mit chronischem Pseudoradikulärsyndrom, rezidivierende Magenschmerzen sowie hypochrome Anämie unklarer Genese) noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten in einem Umfang von über sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit Bescheid vom 22.12.2009 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers ab. Den am 07.01.2010 erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend machte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2010 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 26.04.2010 bei dem Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Das SG hat den Internisten Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens sowie den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. und den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. W. jeweils mit der Erstattung eines Zusatzgutachtens beauftragt. Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG außerdem Gutachten bei dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. und bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. B. eingeholt.
In seinem Zusatzgutachten vom 24.11.2010 ist Dr. W. zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger ein Zustand nach lumbalem Bandscheibenvorfall mit sensiblem Wurzelreizsyndrom L5/S1 und ein geklagter Tinnitus links vorliege. Eine psychiatrische Störung von leistungsminderndem Ausmaß habe er ausschließen können. Dr. W. hat in seinem Zusatzgutachten vom 25.11.2010 bei dem Kläger ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit mäßiger Bewegungseinschränkung und leichter Nervenwurzelreizsymptomatik am linken Fuß, geklagte Schulter-Armschmerzen links ohne äußere Reizerscheinungen und eine (aktuell schmerzfreie) intermittierende Kniebeschwerdesymptomatik links festgestellt. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 10.12.2010 ausgeführt, dass der Kläger an einer koronaren Mehrgefäßerkrankung mit aktuell guter linksventrikulärer Pumpfunktion, einer Eisenmangelanämie und einer chronischen Gastritis erkrankt sei. Alle drei Sachverständige sind in ihren jeweiligen Gutachten übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger die Durchführung körperlich leichter Arbeit unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar sei. Dr. B. hat sich in seinem Gutachten vom 27.07.2011 unter Berücksichtigung einer mäßig ausgeprägten depressiven Verstimmung des Klägers der Leistungseinschätzung des Dr. W. angeschlossen. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 09.08.2011 einen Zustand nach lumbalen Bandscheibenoperationen mit mäßiger Bewegungseinschränkung und Restsymptomatik eines S1-Syndroms, ein chronisch-rezidivierendes Zervikalsyndrom und eine herabgesetzte Leistungsfähigkeit nach mehreren kardiologischen Erkrankungen und Operationen angegeben und ausgeführt, der Kläger könne mit seinen Erkrankungen auf unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten auch leichte körperliche Arbeiten nur noch in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Zudem erlaube sein Restleistungsvermögen die Durchführung von Arbeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise anfielen, wie Zureichen, Abnehmen, Kleben oder Sortieren, nur noch in eingeschränktem Umfang. Da sich die festgestellten Leistungseinschränkungen bei dem Kläger gegenseitig potenzierten, liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.
Mit Urteil vom 21.11.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen in den Gutachten der Sachverständigen Dr. W., Dr. W., Dr. B. und Dr. S. gestützt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 25.01.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.01.2012 bei dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt und sich zur Begründung zunächst auf die Schwere seiner kardiologischen Erkrankung gestützt sowie eine Verschlechterung seiner Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet geltend gemacht. Der Senat hat daraufhin den behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. S. und die Fachärztin für Neurologie und Psychotherapeutische Medizin Dr. v. B. als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Dr. S. hat unter dem 29.04.2012 bei dem Kläger eine innere Unruhe beschrieben mit Anspannung, Konzentrations- und Leistungsminderung sowie Schlafstörungen. Dr. v. B. hat mit Schreiben vom 27.04.2012 angegeben, bei dem Kläger liege eine anhaltende Depression vor. Daraufhin hat der Senat die Ärzte Dr. S., Dr. W. und Dr. W. auch für das Berufungsverfahren zu Sachverständigen berufen und von diesen ergänzende Stellungnahmen nach Aktenlage unter Berücksichtigung der nach Erstellen der jeweiligen eigenen Gutachten neu vorgelegten medizinischen Unterlagen und Gutachten eingeholt. Dr. S. und Dr. W. haben in ihren Stellungnahmen vom 31.07.2012 (Dr. S.) und 16.08.2012 (Dr. W.) unter anderem ausgeführt, dass sich zusammenfassend keine Änderung hinsichtlich ihrer im Klageverfahren vor dem SG getroffenen Leistungsbeurteilung ergebe. Dr. W. hat in seinem Schreiben vom 11.07.2012 angemerkt, Dr. B. habe eine verminderte Beweglichkeit des linken Kniegelenks beschrieben, ohne eine Erkrankung in diesem Bereich festzustellen. Der von Dr. B. angegebene Befund der Halswirbelsäule entspreche noch den Normwerten der Altersklasse des Klägers. Aus den festgestellten Befunden resultierten Leistungsbeeinträchtigungen ausschließlich in qualitativer Hinsicht. Ein operierter monosegmentaler Bandscheibenschaden sei sicherlich kein Grund für eine quantitative Leistungsminderung. Er könne sich somit der Leistungseinschätzung von Dr. B. nicht anschließen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Stellungnahmen wird auf Blatt 49 ff., 56 ff. und 63 ff. der Berufungsakten Bezug genommen.
Vom 22.11.2012 bis 29.11.2012 ist der Kläger wegen eines infrarenalen (abdominalen) Aortenaneurysmas mit einer Größe von knapp sieben Zentimetern in der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses W. endovaskulär operiert und stationär behandelt worden.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat ein Gutachten bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 17.12.2012 zu dem Ergebnis gekommen, bei dem Kläger liege aktuell eine chronifizierte leichtgradige depressive Episode vor, mit der sein Leistungsvermögen auch für körperlich leichte Arbeiten auf einen zeitlichen Umfang von mehr als drei und weniger als sechs Stunden täglich reduziert sei.
Nachdem am 17.05.2013 ein Erörterungstermin mit den Beteiligten stattgefunden hatte (zu den Einzelheiten vgl. Blatt 150 ff. Berufungsakte) und der Kläger im Zeitraum vom 15.07.2013 bis 17.07.2013 in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des U. W. wegen des Verdachtes auf Progress der koronaren Herzerkrankung bei pectanginösen Beschwerden stationär behandelt worden war, wobei sich eine proximale Dissektion im Bypass gezeigt hatte (vgl. Entlassbrief vom 17.07.2013, Blatt 176 Berufungsakte), hat der Senat - ebenfalls auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers - ein weiteres Gutachten bei dem Facharzt für Innere Medizin Dr. K. nach einer ambulanten Untersuchung in Auftrag gegeben. Dieser hat in seinem am 02.10.2013 eingegangenen Gutachten (im Folgenden: Gutachten vom 02.10.2013) ausgeführt, bei dem Kläger liege eine Aneurysmakrankheit und eine generalisierte Atherosklerose (Arterienverkalkung) vor. Die Aneurysmakrankheit sei durch das Einbringen einer stentgestützten Endoprothese keineswegs ausgeheilt, denn die Grundursache dieser Krankheit liege in den krankhaften Veränderungen der Gefäßwand. Der Kläger sei aufgrund seiner koronaren Herzkrankheit, seines Bluthochdrucks und seines metabolischen Syndroms ein ausgeprägter Risikopatient betreffend der Entwicklung eines abdominalen Aneurysmas. Des Weiteren hat Dr. K. auf die Risiken einer endovaskulären Aortenrekonstruktion hingewiesen, die sich unter anderem in weiteren Rupturen des Aneurysmas, Brüchen des Stents oder einer Migration der Endoprothese äußern könnten. Außerdem leide der Kläger an einem vollständigen Gefäßverschluss an mehreren Herzkranzgefäßen mit daraus resultierender Herzinsuffizienz, einer chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit, einer arteriellen Hypertonie, einem angeborenen Herzfehler in Gestalt einer bikuspiden Aortenklappe, einem Diabetes mellitus mit metabolischem Syndrom, einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit sowie einer mikrozytären Anämie. Mit diesen Erkrankungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage, selbst leichte körperliche Arbeiten in einem Umfang von mindestens drei Stunden täglich auszuführen.
Im Zeitraum vom 07.04.2015 bis 11.04.2015 ist der Kläger erneut in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des U. W. stationär behandelt worden. Laut Entlassbrief vom 23.04.2015 habe sich bei der Koronarangiographie am 09.04.2015 die bekannte schwere Dreigefäßerkrankung mit Bypässen gezeigt. Der RCA Bypass sei bekannt verschlossen und die RCA sequentiell degenerativ verändert gewesen. Auch habe sich eine In-Stent-Restenose im RCX Bypass bei proximal hochgradiger de-novo Stenose gezeigt. Die Restenose sei mit einem Drug-Eluting Stent versorgt worden. Eine engmaschige Kontrolle und strenge Einstellung der kardiovaskulären Risikofaktoren und gegebenenfalls Optimierung der medikamentösen Therapie werde empfohlen. Der Kläger sei auf die Notwendigkeit einer strikten Nikotinkarenz hingewiesen worden.
Bereits mit Schreiben vom 10.02.2015 hatte der Senat den Chefarzt für Innere Medizin und Kardiologie der Fachklinik für Prävention und Rehabilitation des Gesundheitszentrums B. W., Arzt für Innere Medizin, Kardiologie und Sozialmedizin Dr. L. als Sachverständigen bestellt und ihn mit der Erstellung eines Gutachtens nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers beauftragt, die am 04.03.2015 stattgefunden hatte. Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 28.05.2015, welches um eine Stellungnahme vom 06.03.2016 ergänzt worden ist, angegeben, bei dem Kläger liege auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet eine koronare Dreigefäßerkrankung, ein Zustand nach Myokardinfarkt 1998 und 2006, ein Zustand nach ACVB(Koronararterienbypass)-Operation 2000, ein Zustand nach mehrfacher PTCA (Herzkranzgefäßerweiterung) und Stentimplantation, eine diastolische Dysfunktion bei Hypertrophie und Zustand nach Myokardinfarkt, eine Aortenklappeninsuffizienz ersten Grades, eine Mitralklappeninsuffizienz ersten bis zweiten Grades, eine Arteriosklerose der hirnversorgenden Gefäße ohne relevante Stenose, ein Zustand nach abdominalem Aortenaneurysma, eine arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus, Übergewicht und ein Nikotinabusus vor. Die kardiale Erkrankung sei so ausgeprägt, dass eine Arbeitsfähigkeit sogar für leichte körperliche Belastungen vollschichtig oder auch teilschichtig aufgehoben sei. Überdies sei die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln während der Hauptverkehrszeit mit der Gefahr von Zeitdruck und Stress problematisch, aber nicht sicher auszuschließen. Aus kardiologischer Sicht sollten solche Wege unter zeitlicher Limitierung jedoch gemieden werden. Mit weiterem Schreiben vom 01.06.2015 hat Dr. L. darauf hingewiesen, dass ihn der Entlassbrief vom 23.04.2015 erst nach Versendung des Gutachtens erreicht habe, so dass der darin enthaltene medizinische Befund nicht in seinem Gutachten verarbeitet worden sei. Hierdurch werde jedoch seine im Gutachten geäußerte Leistungseinschätzung bekräftigt.
Auf Anregung der Beklagten, bei dem Kläger eine Spiroergometrie mit transthorakaler Echokardiographie durchführen zu lassen, hat der Senat zunächst Dr. L. damit beauftragt, diese Untersuchung durchzuführen. Nachdem der Sachverständige mitgeteilt hatte, dass die klinikeigene Spiroergometrie-Anlage derzeit und auf absehbare Zeit nicht funktionstauglich sei, hat Dr. L. in einer ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2016 auf Anfrage des Senats ausgeführt, eine Spiroergometrie sei nicht geeignet, die Kontraktilität des Herzens zuverlässig zu beurteilen. Zudem sei die in seinem Gutachten festgestellte stark reduzierte kardiovaskuläre Belastbarkeit nicht primär auf die Ejektionsfraktion, sondern auf den Koronarstatus und die im Rahmen der Multimorbidität festgestellte diastolische Dysfunktion zurückzuführen. Bei der durch Dr. S. durchgeführten Untersuchung sei der Kläger bis 75 Watt belastbar gewesen, ohne dass sich Ischämiezeichen im EKG gezeigt hätten. Dies entspreche Alltagsbelastungen, so dass leichte körperliche Arbeiten gerade noch leidensgerecht wären. Er gehe davon aus, dass bei aller Unsicherheit der zeitlichen Rekonstruktion seit Diagnosestellung des Aortenaneurysmas, somit ab November 2012, von einem zeitlich reduzierten Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich auszugehen sei.
Der Kläger verweist zur Begründung seiner Berufung auf die Verschlechterungen seines Gesundheitszustandes in kardiologischer Hinsicht sowie auf seine psychischen und psychosomatischen Beschwerden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. November 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2010 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, nach der Operation aufgrund des abdominalen Aneurysmas habe sich der postoperative Verlauf komplikationslos gestaltet. Vorrangig sei eine gute Einstellung der Blutdruckwerte. Es sei der aktuelle Gesundheitszustand zu bewerten und nicht das Risiko möglicher Folgeerkrankungen bzw. eines plötzlichen Herztodes. Die Durchführung einer Spiroergometrie mit transthorakaler Echokardiographie sei nach dem kardialen Ereignis im April 2015 dringend erforderlich, da sich zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. echokardiographisch eine noch ausreichende systolische Funktion gezeigt habe. Erst dann könne eine verlässliche Leistungseinschätzung vorgenommen werden. Zum aktuellen Zeitpunkt bestünde nachweislich lediglich eine qualitative Leistungsminderung. Die Tatsache, dass der Kläger bei der Begutachtung durch Dr. L. nur noch bis 50 Watt belastbar gewesen sei, könne verschiedene Ursachen haben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Die Berufung ist teilweise begründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 21.11.2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2010 sind teilweise rechtswidrig, verletzen den Kläger insoweit in seinen Rechten und waren daher abzuändern. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.04.2015 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, jedoch nicht für die Zeit ab Antragstellung bis zum 31.03.2015 zu. Insoweit sind Klage und Berufung unbegründet.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats seit dem 04.03.2015 voll erwerbsgemindert im Sinne der oben genannten Vorschriften. Der Schwerpunkt seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen liegt auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet. Hierzu stellt der Senat fest, dass der Kläger an einer koronaren Dreigefäßerkrankung, einer diastolischen Dysfunktion bei Hypertrophie, einer Aortenklappeninsuffizienz ersten Grades, einer Mitralklappeninsuffizienz ersten bis zweiten Grades, einer Arteriosklerose der hirnversorgenden Gefäße, einer arteriellen Hypertonie, einem Diabetes mellitus und Übergewicht leidet. Ferner besteht bei dem Kläger ein Zustand nach zweifachem Myokardinfarkt, nach Koronararterien-Bypass-Operation, nach mehrfacher Herzkranzgefäß-Erweiterung sowie nach Platzierung eines endovaskulären Stentgrafts nach Auftreten eines abdominalen Aortenaneurysmas. Diese Diagnosen ergeben sich aus dem schlüssigen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. L., der zu diesen Gesundheitsstörungen unter Auswertung der vorhandenen medizinischen Unterlagen, insbesondere der Entlassungsberichte der stationären Aufenthalte des Klägers seit dem Jahre 2012, sowie der anlässlich seiner eigens am 04.03.2015 durchgeführten ambulanten Untersuchung des Klägers erhobenen körperlichen Befunde gekommen ist. Hierbei ergab das Belastungs-EKG, bei dem der Kläger bis 50 Watt etwa eine Minute belastbar gewesen ist und welches von ihm wegen peripherer Schwäche abgebrochen werden musste, vermehrt belastungsabhängige ventrikuläre Extrasystolen (Herzrhythmusstörungen) in Form von Couplets. Nachvollziehbar hat Dr. L. vor diesem Hintergrund eine starke Einschränkung der kardiovaskulären Belastbarkeit bei dem Kläger angenommen. Des Weiteren resultierte aus der bei dem Kläger durchgeführten Echokardiographie eine diastolische Funktionsstörung mit einem erhöhten Füllungsdruck bei E/A-Relation kleiner als eins. Anhand der von Dr. L. durchgeführten Duplexsonographie der Carotiden (Kopfschlagadern) stellte dieser bei dem Kläger arteriosklerotische Wandveränderungen fest. Die Laborblutuntersuchung des Klägers, dessen Body-Mass-Index 27,6 kg/m² beträgt, ergab einen erhöhten Glukosewert. Dagegen konnte sich der Senat nicht vom Bestehen einer mikrozytären Anämie und einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit überzeugen, wie von Dr. K. angegeben. Der Hämoglobin-Wert des Klägers befand sich zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. L. noch im Normalbereich, ebenso die Werte für MCV und MCH. Zwar stellte auch Dr. S. erhöhte Werte fest und nahm somit ebenfalls eine Eisenmangelanämie an. Zumindest die von Dr. L. durchgeführte Laboruntersuchung führte jedoch zum Ergebnis, dass bei dem Kläger aktuell keine Anämie vorliegt. Ebenso wenig ergaben weder die von Dr. L. durchgeführte Dopplersonographie der Beinarterien mit durchgängigen Normwerten noch die Bodypletyhsmografie Anhaltspunkte für eine periphere arterielle Verschlusskrankheit oder für eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung.
Diese Erkrankungen führen bei dem Kläger nicht nur zu Einschränkungen seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in qualitativer, sondern auch in quantitativer Hinsicht. Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger mit seinen Gesundheitsstörungen nicht mehr in der Lage, selbst körperlich leichte Arbeiten unter betriebsüblichen Bedingungen in einem Umfang von drei Stunden täglich oder mehr auszuüben und somit voll erwerbsgemindert. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat insbesondere aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. L., der anschaulich und plausibel dargelegt hat, dass den oben festgestellten Erkrankungen des Klägers allein durch Berücksichtigung qualitativer Arbeitseinschränkungen nicht mehr hinreichend begegnet werden kann, sondern dass diese zu einem solch reduzierten zeitlichen Leistungsvermögen des Klägers geführt haben, dass es ihm nicht mehr möglich ist, auch körperlich leichte Arbeiten in einem Umfang von drei Stunden täglich oder mehr durchzuführen. Bei dem Kläger liegt zum einen eine koronare Dreigefäßerkrankung vor, die als schwergradig einzuordnen ist, wie sich unter anderem aus dem Entlassbrief des Universitätsklinikums Würzburg vom 23.04.2015 ergibt. Die Schwere einer koronaren Herzkrankheit bestimmt sich nach den vorhandenen vaskulären Schäden sowie dem Ausmaß der damit verbundenen Ischämiereaktion, welche sich anhand von Belastungs-EKG, Stressechokardiographie oder Rechtsherzkatheder ermitteln lässt (Dörfler/Eisenmenger/Lippert/Wandl, Medizinische Gutachten, 2. Auflage, S. 183). Hierbei gilt, dass sich eine maximale Belastbarkeit von über 150 Watt grundsätzlich auch mit schwerster körperlicher Arbeit vereinbaren lässt, wohingegen eine ergometrische Belastbarkeit von unter 50 Watt in der Regel mit einer dauerhaft aufgehobenen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Ist eine Belastung mit 50 bis 75 Watt möglich und zeigt sich echokardiographisch eine normale linksventrikuläre Funktion bzw. liegen keine höhergradigen Herzrhythmusstörungen vor, sind körperlich leichte Arbeiten regelmäßig gesundheitlich zumutbar (Dörfler/Eisenmenger/Lippert/Wandl, a.a.O.). Der Kläger war bei der im Rahmen der Begutachtung durch Dr. L. durchgeführten Fahrradergometrie nur eine Minute lang bis 50 Watt körperlich belastbar, bevor er die Untersuchung bei peripherer Schwäche abbrechen musste. Bei dieser Untersuchung fielen Dr. L. einerseits ventrikuläre Extrasystolen in Form von Couplets auf, andererseits konnte er höhergradige ventrikuläre Herzrhythmusstörungen ausschließen. Allerdings wies der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2016 auch darauf hin, dass sich bei seiner Untersuchung ein vergrößerter linker Ventrikel mit einer reduzierten Ejektionsfraktion gezeigt hatte, so dass keine normale linksventrikuläre Funktion mehr angenommen werden kann. Eine reduzierte Ejektionsfraktion wiederum dient als objektivierter Parameter zur Diagnostik einer Herzinsuffizienz. Zudem hat Dr. L. ausgeführt, dass die bei dem Kläger vorliegende stark reduzierte kardiovaskuläre Belastbarkeit auch auf den von ihm als desolat bezeichneten Koronarstatus, der sich bereits mehrfach manifestiert hat, und die im Rahmen der Mulitmorbidität erfolgte Dekonditionierung zurückzuführen ist. Überdies ist nach seiner überzeugenden Darlegung auch die echokardiographisch festgestellte diastolische Dysfunktion zu berücksichtigen. Die Durchführung einer gesonderten spiroergometrischen Untersuchung mit transthorakaler Echokardiographie ist vor diesem Hintergrund nicht erforderlich. Ferner weist Dr. L. in seinem Gutachten vom 28.05.2015 darauf hin, dass die psychische Belastungssituation des Klägers nach multiplen operativen Eingriffen am Herz leistungsmindernd ist. Seine Auffassung steht in Übereinstimmung mit der sozialmedizinischen Literatur, wonach die Krankheitsverarbeitung nach stattgehabtem koronaren Ereignis oder operativen Eingriff einen wichtigen Gesichtspunkt bei der Leistungsbeurteilung darstellt (Dörfler/Eisenmenger/Lippert/Wandl, a.a.O. S. 184). Der Kläger unterzog sich nach seinem Herzinfarkt im Jahr 1998 fünf operativen Eingriffen und erlitt im Jahre 2006 einen zweiten Herzinfarkt. Besonderes Augenmerk ist hierbei zum einen auf den erneuten Verschluss des Koronargefäßes im Jahre 2015 nach zunächst erfolgreicher Koronarintervention zu legen. Eindrücklich empfiehlt der Entlassbrief des Universitätsklinikums Würzburg vom 23.04.2015 demnach eine engmaschige Kontrolle und strenge Einstellung der kardiovaskulären Risikofaktoren und führt außerdem aus, dass der Kläger ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer strikten Nikotinkarenz hingewiesen worden sei, was die Ernsthaftigkeit der Situation betont. Zudem spielt nach Überzeugung des Senats die im November 2012 erfolgte endovaskuläre Aortenrekonstruktion nach Entstehen eines abdominalen Aortenaneurysmas mit einem Durchmesser von knapp sieben Zentimetern eine entscheidende Rolle. Dr. Kaiser hat hierzu angemerkt, dass bereits bei einer Größe von fünf Zentimetern Querdurchmesser die Gefahr einer Aneurysmaruptur besteht, die zu Blutungen in der Bauchhöhle und somit zu einer konkreten Lebensgefahr durch innerliches Verbluten führt. Sowohl gegenüber dem Sachverständigen Dr. B., der den Kläger nach diesem operativen Eingriff untersucht hat, als auch gegenüber Dr. L. hat der Kläger geäußert, dass er eine Angst verspüre, wieder einen Herzinfarkt oder einen Riss des Aortenaneurysmas zu erleiden. Diese vom Kläger beschriebenen Ängste sind nachzuvollziehen, da Dr. K. in seinem Gutachten ausführlich dargelegt hat, dass der Kläger aufgrund seiner Atherosklerose und weiteren Risikofaktoren zu der einschlägigen Risikogruppe dieser Erkrankung gehört. Soweit Dr. L. angibt, dass neben der vorliegenden medikamentösen Therapie und der Kontrolle der atherogenen Risikofaktoren ein gut dosiertes körperliches Training des Klägers als einzige weitere Behandlungsmöglichkeit in Frage kommt, meint er damit, wie sich sinngemäß aus seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2016 ergibt, eine leichte Bewegungsform ohne jeglichen Stress und frei von äußeren Zwängen. Das Durchführen einer leichten körperlichen Arbeit - selbst unter Berücksichtigung von betriebsüblichen Pausen -, die von äußeren Zeitvorgaben und mit konkreten Arbeitsanweisungen verbunden ist sowie ein bestimmtes Arbeitstempo verlangt, entspricht nicht diesen Vorgaben. Dr. L. weist ausdrücklich darauf hin, dass der Kläger Blutdruckspitzen strikt zu vermeiden hat. Das Ausüben einer Erwerbstätigkeit ist ihm demnach nicht mehr ohne Gefährdung seiner Gesundheit möglich.
Der Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung steht dem Kläger erst ab dem 01.04.2015 zu und besteht bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Auch wenn der Kläger möglicherweise bereits vor diesem Datum voll oder teilweise erwerbsgemindert war, konnte der Kläger das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen erst mit den im Rahmen der Untersuchung durch Dr. L. am 04.03.2015 erhobenen Befunden zur Überzeugung des Senats nachweisen. Dr. L. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2016 nachvollziehbar dargelegt, dass die bei dem Kläger vorliegende Koronarerkrankung progrediert ist und zeitgleich hierzu die Leistungsfähigkeit des Klägers abgenommen hat. So verweist er auf die Untersuchungsergebnisse des Sachverständigen Dr. S., bei dessen Untersuchung der Kläger bei der sitzenden Fahrradergometrie bis 75 Watt belastbar war, ohne dass sich Ischämiezeichen im EKG zeigten. Auch bei der Begutachtung durch Dr. K. war der Kläger bis zur selben Leistung belastbar. Dr. L. legt zwar in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.03.2016 dar, dass ein zeitlich reduziertes Leistungsvermögen auf unter drei Stunden bereits zum 22.11.2012 durch Diagnosestellung des Aortenaneurysmas vorgelegen habe, räumt jedoch ein, dass die zeitliche Rekonstruktion mit Unsicherheiten verbunden ist. Bei der Untersuchung durch Dr. K. im Sommer 2013 (vgl. Blatt 192 bis 196 der Berufungsakte) führte der Sachverständige bei dem Kläger lediglich ein Ruhe-EKG durch, was einen regelrechten Sinusrhythmus zeigte. Auf die Durchführung eines Belastungs-EKG verzichtete er, obwohl dieses für die Leistungsbeurteilung - wie oben ausgeführt - erforderlich gewesen wäre. Dadurch konnte Dr. K. das zum Zeitpunkt der Untersuchung vorliegende Ausmaß der koronaren Herzkrankheit des Klägers nicht eindeutig bestimmen. Sein Hinweis auf die Anamnese und die durchgeführte Koronarangiographie, mit der lediglich die Herzkranzgefäße darstellbar waren, genügt nicht für den Nachweis eines auch in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögens für körperlich leichte Tätigkeiten. Schließlich führt auch Dr. L. in seinem Gutachten vom 28.05.2015 aus, dass die koronare Herzerkrankung des Klägers bis zum Jahre 2013 eine eher langsame Progredienz gezeigt hat (Beweisfrage fünf) und dass eine erhebliche Progredienz erst im Verlauf nach der Begutachtung durch Dr. K. eingetreten ist (Beweisfrage sieben).
Der Kläger war auch nicht aufgrund seiner Erkrankungen auf orthopädischem oder neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet vor dem 04.03.2015 voll oder teilweise erwerbsgemindert. Der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. B., der bei dem Kläger ein auf drei bis unter sechs Stunden reduziertes Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten annimmt, konnte sich der Senat nicht anschließen. Der Senat stellt vielmehr fest, dass der Kläger auf orthopädischem Fachgebiet an einem chronischen Lendenwirbelsäulensyndrom mit mäßiger Bewegungseinschränkung und leichter sensibler Nervenwurzelreizsymptomatik am linken Fuß, Schulter-Arm-Schmerzen links sowie einer intermittierenden Beschwerdesymptomatik des linken Knies leidet, wie der gerichtliche Sachverständige Dr. W. in seinem Zusatzgutachten vom 25.11.2010 unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen klinischen Befunde und nach Auswertung der bildgebenden Materialien festgehalten hat. Trotz dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen, die bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung vorlagen, war der Kläger jedoch noch in der Lage, auch im Zusammenspiel mit seinen Erkrankungen auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet, leichte körperliche Arbeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Dr. W. hat plausibel dargelegt, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers zwar zu Leistungseinschränkungen in qualitativer Hinsicht (kein Heben und Tragen von Lasten über zwölf Kilogramm, keine regelmäßigen Arbeiten in Beuge- oder Bückhaltung, keine Arbeiten ständig im Sitzen oder Stehen, keine Akkord- und getakteten Fließbandarbeiten, keine regelmäßigen Arbeiten auf Leitern und Gerüsten) geführt haben, jedoch das zeitliche Leistungsvermögen uneingeschränkt bestehen bleibt. Der abweichenden Leistungseinschätzung des Dr. B., die sich zum einen auf ein chronisch-rezidivierendes Zervikalsyndrom, zum anderen auf eine herabgesetzte Leistungsfähigkeit nach mehreren Bypassoperationen und Herzinfarkten stützt, ist der Senat nicht gefolgt. Dr. W. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.07.2012 zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beweglichkeit der Halswirbelsäule mit einer Drehfähigkeit von 70 Grad, einer Seitneigefähigkeit von 25 Grad sowie einer Vor-/Rückneigefähigkeit von 25-0-30 Grad einem zufriedenstellenden altersgerechten Bewegungsbefund entspricht. Zudem war die kardiologische Belastbarkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. B. und Dr. S. noch nicht so eingeschränkt, dass eine leichte körperliche Arbeit in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nicht denkbar gewesen ist, wie bereits oben ausgeführt. Konkrete Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, welche auch Tätigkeiten einschränken, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Kleben, Sortieren oder Zusammensetzen von Teilen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19.10.2011, B 13 R 78/09 R (juris)), bestehen hierbei nicht. Nähere Ausführungen hierzu hat Dr. B., der eine solche Summierung annimmt, nicht gemacht.
Ebenso wenig ist unter Berücksichtigung der Ausführungen des Dr. B. in seinem Gutachten vom 17.12.2012 eine Leistungsminderung des Klägers in quantitativer Hinsicht für die Zeit vor dem 01.04.2015 anzunehmen. Dr. B. geht zwar von einer zeitlich auf drei bis unter sechs Stunden reduzierten Belastbarkeit des Klägers für körperlich leichte Arbeiten seit dem Jahr 2011 aus und begründet dies mit dem Vorliegen einer chronifizierten leichtgradigen depressiven Episode. Bereits aus dem Schweregrad der von Dr. B. diagnostizierten depressiven Erkrankung im Sinne einer leichtgradigen Episode ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte für ein auch in quantitativer Hinsicht reduziertes Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Arbeiten. Zudem konnten auch die weiteren Sachverständigen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, Dr. W. und Dr. B., die den Kläger im November 2010 bzw. im Mai 2011 untersucht haben, keine wesentliche, die Leistungsfähigkeit des Klägers einschränkende Erkrankung auf ihrem Fachgebiet wiedergeben.
Ob der Kläger mit seinen Einschränkungen auch seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schleifer noch vor dem 04.03.2015 in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich gesundheitlich zumutbar auszuüben imstande war, kann offen bleiben. Denn soweit aufgrund des Geburtstages des Klägers vor dem 02.01.1961 auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI zu prüfen war, ergibt sich hieraus nichts anderes. Die Tätigkeit des Klägers als Schleifer stellt nämlich eine ungelernte Arbeit oder allenfalls eine Tätigkeit mit einer kurzen Anlernzeit dar und vermittelt somit keinen Berufsschutz. Er ist somit auf alle ungelernten Arbeiten breit verweisbar und somit auch auf körperlich leichte Arbeiten, die ihm vor dem 04.03.2015 noch zeitlich uneingeschränkt möglich gewesen sind.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in Form von 36 Monaten (drei Jahren) an Pflichtbeitragsmonaten waren zu diesem Zeitpunkt ebenfalls erfüllt. Die letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung (04.03.2010 bis 03.03.2015) sind zwar lediglich mit zehn Pflichtbeitragsmonaten belegt. Dies ergibt sich daraus, dass nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI in den bis 31.12.2010 gültigen Fassungen versicherungspflichtig auch Personen waren, die Arbeitslosengeld II bezogen, wohingegen seit dem 01.01.2011 Zeiten, in denen Personen wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit als Arbeitsuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen haben oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben, gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI als Anrechnungszeiten zu werten sind. Diese wiederum verlängern jedoch nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung. Der somit bei dem Kläger entstandene Anrechnungszeitraum von 51 Monaten (01.01.2011 bis 03.03.2015) führt zu einem verlängerten maßgeblichen Zeitraum, der bereits am 04.12.2005 beginnt (04.03.2010 abzüglich 51 Monate) und der - aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II - insgesamt 61 Pflichtbeitragsmonate aufweist. Die erforderlichen 36 Monate an Pflichtbeiträgen sind somit deutlich überschritten. Am 04.03.2015 lag auch schon der Antrag des Klägers auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten vor. Da die medizinischen Voraussetzungen erst im Laufe des Monats März eingetreten sind, war der Monat April 2015 somit der erste Monat, in dem sämtliche Leistungsvoraussetzungen zu Beginn vorlagen.
Dr. Lang hat darüber hinaus ausgeführt, dass die Erkrankung des Klägers zum Zeitpunkt seiner Untersuchung noch nicht optimal kontrolliert gewesen ist, insbesondere durch den Nikotinabusus, aber dass durch eine sehr intensive Therapie lediglich eine Verlangsamung der Progredienz, bestenfalls ein Stillstand erreicht werden kann, wobei er ebenfalls darauf hinweist, dass die koronare Herzerkrankung häufig eine Progressionstendenz zeigt. Ein Wiederherstellen der Leistungsfähigkeit auf einen zeitlichen Umfang von mindestens drei Stunden täglich oder mehr kann vor diesem Hintergrund nicht angenommen werden, so dass der Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens hat der Senat berücksichtigt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erst im Laufe des Berufungsverfahrens eingetreten sind.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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