L 11 R 5098/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3931/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5098/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07.11.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung und die Rentenberechnung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Der 1957 in O. geborene Kläger ist als Vertriebener anerkannt und zog am 22.12.1988 in die Bundesrepublik Deutschland zu. Er war in Polen vom 28.10.1977 bis 31.03.1979, vom 23.04.1979 bis 30.04.1979 und vom 10.07.1979 bis 22.06.1982 als Feuerwehrmann, vom 28.08.1982 bis 28.06.1985 als Flaschner (bei seinem Schwiegervater) und vom 01.07.1985 bis 21.12.1988 selbstständig als Handwerker tätig. Vom 26.10.1979 bis 26.10.1981 leistete er seinen Grundwehrdienst bei der Feuerwehr ab. Am 17.04.1985 legte er die Gesellenprüfung im Dachdeckerhandwerk, am 19.01.1987 im Bauklempnerhandwerk ab. Die polnische Sozialversicherungsanstalt (ZUS) teilte der Beklagten mit, dass vom 01.06.1985 bis 28.06.1985 eine behauptete Zeit nicht zurückgelegt worden sei. Vom 01.08.1982 bis 31.05.1985 sei der Kläger in Polen aufgrund der Zusammenarbeit mit einem selbstständigen Dachdecker sozialversichert gewesen. Im Kontenklärungsantrag verneinte der Kläger ein Arbeitsverhältnis bei Verwandten mit einem Arbeitsvertrag (Bl 5 RS). Ab 20.01.1989 enthielt das Versicherungskonto rentenrechtliche Zeiten in Deutschland. Seit 2007 ist der Kläger arbeitslos. Bei ihm ist seit 22.11.2010 ein GdB von 50 anerkannt.

Mit Bescheid vom 16.06.2010 stellte die Beklagte die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, fest.

Vom 19.10.2010 bis 09.11.2010 absolvierte der Kläger eine stationäre Heilbehandlung. Er klagte über gedrückte Stimmung, gelegentliche Schlafstörungen und verminderte Leistungsfähigkeit sowie über Schmerzen in den Kniegelenken nach zweimaliger Operation, Schmerzen in der Lendenwirbelsäule und in den Hüftgelenken. Im Entlassungsbericht sind folgende Diagnosen aufgeführt: &61485; Dysthymia &61485; Va histrionische Persönlichkeit &61485; HWS Syndrom bei degenerativen Veränderungen &61485; LWS Syndrom &61485; Adipositas &61485; Zn Umstellungsosteotomie beide Unterschenkel wegen beginnender Varusgonarthrose &61485; Omarthropathie links

Die Reha-Ärzte attestierten ein drei- bis untersechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Am 29.11.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger vom Orthopäden Dr. H. und vom Nervenarzt Dr. W. untersuchen. Dr. H. beschrieb eine deutliche Diskrepanz der geschilderten und demonstrierten Intensität der Beschwerden mit den festgestellten Untersuchungs- und Röntgenbefunden. Er ging von einer Verstärkung der Schmerzchronifizierung und einem nur drei bis unter sechs Stunden liegenden Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten aus. Dr. W. bestätigte die Diskrepanz und wies auf Zeichen bewusstseinsnaher Überlagerung im Rahmen des Verfahrens mit sekundärem Krankheitsgewinn hin. Aufgrund der orthopädischen Gesundheitsstörungen sei die Tätigkeit als Bauflaschner nicht mehr möglich. Aus nervenärztlicher Sicht sei eine überwiegend sitzende Tätigkeit im Wechsel, ohne übermäßigen Stress und ohne Schicht- oder Akkordarbeit vollschichtig zumutbar.

Mit Bescheid vom 17.10.2011 gewährte die Beklagte aufgrund eines Leistungsfalls bei Rentenantragstellung ab 01.12.2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer. Bei der Rentenberechnung wurden die Pflichtbeitragszeiten bis 22.06.1982 nach dem Deutsch-Polnischen Rentenversicherungsabkommen von 1975 (DPRA 1975) berücksichtigt, davon die Zeit vom 26.10.1979 bis 26.10.1981 als Wehrdienstzeit. Die Zeiten vom 01.08.1982 bis 21.12.1988 wurden nach dem Fremdrentengesetz (FRG) mit einem Faktor 0,6 berücksichtigt. Der Rentenzahlbetrag betrug 259,69 EUR monatlich. Der sich ergebende Nachzahlungsbetrag wurde aufgrund § 31 FRG vorsorglich einbehalten.

Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und begehrte eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, insbesondere wegen der vorliegenden depressiven Störung, orthopädischen Gesundheitsstörungen und einem verschlossenen Teilzeitarbeitsmarkt. Zudem machte er fehlende bzw unrichtige Beitragszeiten und höhere Entgeltpunkte geltend. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 29.11.2012 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und beantragt, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung vom Rentenbescheid abweichender Pflichtbeitragszeiten bzw deren Entgelte zu gewähren.

Das SG hat ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. St. mit Zusatzgutachten des Orthopäden Prof. Dr. We. sowie ein Gutachten des Orthopäden Dr. D. gemäß § 106 SGG eingeholt. Prof. Dr. St. und Prof. Dr. We. haben den Kläger am 10.06.2013 persönlich untersucht und auf eine stark eingeschränkte Untersuchbarkeit und mangelnde Kooperationsfähigkeit des Klägers hingewiesen, wobei objektive Messdaten praktisch nicht zu erheben gewesen seien. Der Kläger hat ein erheblich eingeschränktes Gangbild demonstriert. Prof. Dr. We. hat aufgrund der Auswertung der Bildgebung auf deutlich vorauseilende Verschleißerscheinungen im unteren HWS-Abschnitt sowie gesamten LWS-Bereich hingewiesen und ist aus diesem Grund von einer Minderbelastbarkeit der entsprechenden Wirbelsäulenareale ausgegangen. Dieser Gutachter ist der Ansicht gewesen, dass eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden täglich verrichtet werden könne.

Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. St. hat der Kläger angegeben, dass er den ganzen Tag meistens im Bett verbringe. Der Gutachter hat mitgeteilt, dass außerhalb der Untersuchungssituation die Kraftentfaltung an den Beinen deutlich besser gewesen sei als bei der Befunderhebung. Der Kläger sei sehr bestrebt gewesen, dem Untersucher das Bild größten Leidens und schwerer Beeinträchtigung zu vermitteln. Dabei seien allerdings unphysiologische Bewegungsmuster gezeigt worden, wie sie eher laienhaften Vorstellungen über das Aussehen einer erheblichen Lähmung entsprechen würden. Der Antrieb sei regelrecht gewesen, die Stimmungslage ausgeglichen, das affektive Schwingungsvermögen insofern eingeschränkt, als der Kläger sich durchgehend jammernd und klagend präsentiert habe. In der Testpsychologie hätten sich Hinweise auf massive negative Antwortverzerrungen ergeben, so dass die Angaben des Klägers als nicht authentisch zu bewerten seien. Der klinisch neurologische Befund sei, soweit objektivierbar, in jeder Hinsicht unauffällig gewesen. Auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet sei das Leistungsvermögen nicht gemindert.

Dr. D. hat den Kläger am 24.04.2014 untersucht und folgende Diagnosen gestellt: &61485; Chronische Zervikalgie bei degenerativen Veränderungen ohne Neurologie &61485; chronische Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen ohne Neurologie &61485; Subacromiales Schmerzsyndrom links &61485; Cupitalarthrose links &61485; Verdacht auf intermittierende Trochantertendinose links &61485; Varusgonarthrose beidseits, Zustand nach Umstellungsosteotomie beidseits, Streckdefizit rechtes Knie &61485; leichte Fußdeformität mit Knick-Spreizfuß beidseits sowie Großzehengrundgelenksarthrose links &61485; Hypercholesterinämie, Depressionen, anamnestisch CTS beidseits, Restless-Legs-Syndrom, Verdacht auf Polyneuropathie, Hiatushernie, Zustand nach Unterschenkelthrombose links 2009, Adipositas

Der Gutachter ist der Auffassung gewesen, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Tätigkeiten mit deutlichen qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich durchführen könne. Der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. We. könne nicht gefolgt werden, da nicht nachvollziehbar sei, weshalb bei Verdacht auf Aggravation bzw der deutlichen Diskrepanz zwischen den geschilderten und den demonstrierten Beschwerdeintensitäten eine quantitative Leistungseinschränkung bestehe. Im Übrigen bestehe Übereinstimmung mit den qualitativen Leistungseinschränkungen. Die Wegefähigkeit sei auch unter Zuhilfenahme von zwei Unterarmgehstützen gegeben.

Der Kläger hat Atteste der behandelnden Ärzte eingereicht, wonach nur noch leichtere Tätigkeiten unter drei Stunden täglich für möglich gehalten worden sind. Am 11.09.2014 ist ein CTS links operiert worden.

Mit Urteil vom 07.11.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger zu Überzeugung des Gerichts nach wie vor in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergebe sich aus der durchgeführten Beweisaufnahme. Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung könne daher auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten rentenrechtlichen Zeiten nicht gewährt werden. Auf die Rentenberechnung der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ist das SG nicht eingegangen.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 08.12.2014 zugestellte Urteil hat dieser am 10.12.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.

Mit Bescheid vom 05.01.2015 hat die Beklagte die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.12.2010 gemäß § 44 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) neu festgestellt. Dabei hat sie zugunsten des Klägers erstmals Ersatzzeiten wegen Vertreibung und Flucht vom 22.12.1988 bis 12.08.1989 statt Arbeitslosigkeitszeiten vom 20.01.1989 bis 12.08.1989 berücksichtigt.

Vom 22.04.2015 bis 03.07.2015 ist der Kläger in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin des Klinikums L. wegen mittelgradiger depressiver Episode, chronischem Schmerzsyndrom, leichter sensibler demyelinisierender Polyneuropathie und chronisch venöser Insuffizienz stationär behandelt worden.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten von Dr. He. eingeholt. Der Gutachter hat den Kläger am 04.01.2016 persönlich untersucht und einen mit Ausnahme von der Angabe von Schmerzen unauffälligen körperlichen und neurologischen Befund beschrieben. Das Gangbild mit zwei Unterarmgehstützen sei ausreichend flüssig gewesen. Bei der psychischen Befunderhebung hat sich eine leicht gedrückte Stimmungslage mit leicht reduzierter affektiver Schwingungsfähigkeit und etwas starrer Psychomotorik sowie leicht reduziertem Antrieb ergeben. Eine Angststörung sowie kognitive Leistungseinschränkungen haben sich nicht gezeigt. Der Gutachter hat folgende Gesundheitsstörungen beschrieben: &61485; Polyneuropathie mit Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen, ohne Paresen &61485; Restless-Legs-Syndrom &61485; anhaltende Depression mit leichter depressiver Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode &61485; anhaltende somatoforme Schmerzstörung

Dr. He. ist der Ansicht gewesen, dass der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten im Gehen, Stehen und Sitzen, im Freien wie auch in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten könne. Eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder durch Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sowie Arbeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration und besonders hohe Verantwortung sowie besonders hohe geistige Beanspruchung sollte vermieden werden. Jedenfalls unter Benutzung der Unterarmgehstützen sei die Wegefähigkeit gegeben. Auffallend sei gewesen, dass der Kläger sich im Rahmen der Untersuchung als deutlicher eingeschränkter beschrieben habe, als dies fassbar gewesen sei.

Der Kläger ist der Ansicht, dass er aufgrund seiner psychischen und orthopädischen Störungen nicht mehr in der Lage sei, mindestens drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Tätigkeit nachzugehen. Zudem sei die Rente nicht in zutreffender Höhe festgestellt worden. Die Zeit vom 01.08.1982 bis 30.06.1985 falle ebenfalls unter das DPRA 1975, weil er in dieser Zeit nicht Mitinhaber oder Mitarbeiter des Betriebes seines Schwiegervaters gewesen sei. Vielmehr habe er lediglich als Arbeitnehmer bei diesem gearbeitet. Die Zeit vom 26.10.1979 bis 26.10.1981 sei nicht als Wehrdienstzeit zu berücksichtigen, weil insoweit nur eine Ersatzwehrdienstzeit absolviert und tatsächlich der Beruf als professioneller Feuerwehrmann weiter mit regulärem Gehalt ausgeübt worden sei. Auch die Zeit der Selbstständigkeit vom 01.07.1985 bis 21.12.1988 falle unter das DPRA 1975, weil die Tätigkeit als Geschäftsführer der Rentenversicherung der Angestellten zugeordnet werden müsse. Der Kläger macht geltend, dass er vom 05.08.2010 bis 09.07.2011 arbeitslos gewesen sei und die Bundesagentur für Arbeit ihm in diesem Zeitraum ein tägliches Bemessungsentgelt iHv 88,95 EUR bewilligt habe. Dies entspreche einem monatlichen Betrag iHv 2.668,50 EUR. Dieses Entgelt sei für den gesamten Zeitraum der Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. Vom 16.02.2009 bis 04.08.2010 habe er Krankengeld bezogen. Bei der Rentenberechnung sei als Entgelt das gesamte ausgezahlte Krankengeld zu berücksichtigen. Gleiches gelte für das im Zeitraum vom 31.07.2008 bis 26.02.2009 bezogene Entgelt von der Bundesagentur für Arbeit während absolvierter Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Schließlich habe er vom 01.01.2007 bis 30.08.2007 bei dem damaligen Arbeitgeber ein Gesamtbrutto iHv 31.248,61 EUR erhalten (Bl. 115f SG). Nach Abzug des steuerfreien Bezuges iHv 1.992,92 EUR ergebe dies ein Gesamtentgelt iHv 29.252,69 EUR. Im Rentenbescheid seien aber lediglich 23.256 EUR berücksichtigt. Der Kläger ist auch der Ansicht, dass die Anwendung eines verminderten Zugangsfaktors vor Vollendung des 60. Lebensjahres nicht rechtens sei. Zudem habe er am 08.04.1994 seinen Meisterbrief erhalten und müsse deshalb in eine höhere Qualifikationsgruppe eingestuft werden. Für seine Zeiten als Feuerwehrmann im Schichtdienst stehe ihm ein Leistungszuschlag zu. Die Zurechnungszeit sei mit jeweils einem Entgeltpunkt je Jahr zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 07.11.2014 aufzuheben, den Bescheid vom 17.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 20.11.2012 und des Bescheides vom 05.01.2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise eine höhere Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren unter Berücksichtigung &61485; der Pflichtbeitragszeiten vom 26.10.1979 bis 26.10.1981 nicht als Wehrdienstzeit, sondern uneingeschränkt, &61485; der Pflichtbeitragszeiten vom 01.08.1982 bis 21.12.1988 nach dem Deutsch-Polnischen Rentenabkommen vom 09.10.1975 ohne einen Faktor von 0,6, &61485; eines monatlichen Entgelts iHv 2.668,50 EUR für die Zeit vom 05.08.2010 bis 09.07.2011, &61485; eines Gesamtentgelts iHv 51.073,98 EUR für die Zeit vom 16.02.2009 bis 04.08.2010, &61485; eines Gesamtentgelts iHv 16.644,60 EUR für die Zeit vom 31.08.2007 bis 26.02.2009, &61485; eines Gesamtbruttoeinkommens von 29.255,69 EUR für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.08.2007 bei der Rentenberechnung.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig.

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2012, mit dem der Antrag des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung abgelehnt und (nur) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bewilligt worden ist, sowie der Bescheid vom 05.01.2015, mit dem die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung der Höhe nach neu berechnet worden ist. Der Klägerbevollmächtigte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Rechtsstreits nicht nur die Bewilligung einer vollen Erwerbsminderungsrente war, sondern auch die Rentenhöhe, insbesondere die Berechnungsgrundlagen der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Bereits im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 17.10.2011 wie auch in den Schriftsätzen des Klägers an das SG wurden Fehler bei der Rentenberechnung und insbesondere bei der Bewertung von Pflichtbeitragszeiten geltend gemacht.

Zwar hat das SG hierüber nicht entschieden, so dass die Rentenhöhe (zunächst) mangels Vorliegens einer Beschwer nicht mehr zulässiger Streitgegenstand des Berufungsverfahrens geworden wäre, wenn das SG nur versehentlich über den geltend gemachten Anspruch nicht entschieden hätte (Fall des unerkannten Teilurteils). Ein Kläger ist regelmäßig nicht beschwert, wenn das Gericht einen Anspruch versehentlich übergangen hat (BSG 30.03.1962, 2 RU 53/60, BSGE 17, 11, 14; BVerwG 11.08.2009, 8 B 17/09, ZOV 2009, 262). Hier bleibt dem Kläger nur der Weg über die Urteilsergänzung nach dem in § 140 SGG geregelten Verfahren (LSG Sachsen-Anhalt 07.09.2011, L 9 KA 1/11, juris mwN; OVG Saarland 26.02.2013, 3 A 253/11, juris; zu dem sog "Heraufholen von Prozessresten" vgl LSG LSG Sachsen-Anhalt 07.09.2011, L 9 KA 1/11, juris mwN; VGH Baden-Württemberg 16.03.1994, 6 S 1336/92, juris). Hat das vorinstanzliche Gericht dagegen bewusst über einen Teil des Klagebegehrens nicht entschieden und auf diese Weise gegen das in § 123 SGG enthaltene Gebot der umfassenden Entscheidung über die vom Kläger erhobenen Ansprüche verstoßen, ist eine Beschwer des Klägers vorhanden. Dieser Fall wird von der Regelung des § 140 SGG über die Möglichkeit der Urteilsergänzung gar nicht erfasst (BSG 02.04.2014, B 3 KR 3/14 B, SozR 4-1500 § 140 Nr 2).

Letzteres ist hier der Fall. Das SG hat am Ende seines nicht ausdrücklich als Teilurteil bezeichneten Urteils (Vollurteil) ausgeführt, dass eine Rente wegen voller Erwerbsminderung – wie vom Kläger beantragt – unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten rentenrechtlichen Zeiten daher nicht gewährt werden könne. Das SG ist damit irrtümlich davon ausgegangen, dass der Kläger die Höhe der Rente im Klageverfahren nur für den Fall, dass seinem Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung stattgegeben wird, geltend gemacht hat. Überdies hat die Beklagte mit Bescheid vom 05.01.2015 die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit während des Berufungsverfahrens der Höhe nach neu berechnet und den Bescheid vom 17.10.2011 insoweit gemäß § 44 SGB X ausdrücklich zurückgenommen. Der Bescheid vom 05.01.2015 ist deshalb in Bezug auf die Regelung der Rentenhöhe gemäß §§ 153 Abs 1, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Er hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (dazu 1.). Zudem hat die Beklagte die Höhe der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit richtig berechnet (dazu 2.).

1. Versicherte haben gemäß §§ 43 Abs 2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Die Voraussetzungen des § 43 Abs 2 SGB VI liegen beim Kläger nicht vor. Zwar sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, jedoch ist der Kläger nicht voll erwerbsgemindert.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche leichte körperliche Tätigkeiten im Gehen, Stehen und Sitzen, im Freien wie auch in geschlossenen Räumen verrichten kann. Eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder durch Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sowie Arbeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration und besonders hohe Verantwortung sowie besonders hohe geistige Beanspruchung sollte vermieden werden. Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat insbesondere auf die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der erfahrenen Gerichtsgutachter Prof. Dr. St., Dr. D. und Dr. He.

Die anderweitigen Einschätzungen von Dr. H. und Prof. Dr. We. überzeugen nicht. Zum einen unterscheiden sich die von Prof. Dr. We. objektiv erhobenen Befunde nur in geringem Maße von denen bei Dr. D. Zum anderen bleibt dieser Sachverständige eine Begründung schuldig, weshalb trotz von ihm beschriebener stark eingeschränkter Untersuchbarkeit, mangelnder Kooperationsfähigkeit, dem Verdacht auf demonstratives Verhalten des Klägers und der Tatsache, dass laut dem Gutachter objektive Messdaten praktisch nicht zu erheben gewesen sind, dennoch ein untervollschichtiges Leistungsvermögen nachgewiesen sein soll. Alleine aus der Bildgebung mit sich dort zeigenden deutlich vorauseilenden Verschleißerscheinungen im unteren HWS-Abschnitt sowie gesamten LWS-Bereich lässt sich jedenfalls eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründen.

Der Kläger leidet unter folgenden orthopädischen und psychiatrischen Gesundheitsstörungen: &61485; Polyneuropathie mit Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen, ohne Paresen &61485; Restless-Legs-Syndrom &61485; anhaltende Depression mit leichter depressiver Episode im Grenzbereich zu einer mittelgradigen depressiven Episode &61485; anhaltende somatoforme Schmerzstörung &61485; Chronische Zervikalgie bei degenerativen Veränderungen ohne neurologische Ausfallerscheinungen &61485; chronische Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen ohne neurologische Ausfallerscheinungen &61485; Subacromiales Schmerzsyndrom links &61485; Cupitalarthrose links &61485; Verdacht auf intermittierende Trochantertendinose links &61485; Varusgonarthrose beidseits, Zustand nach Umstellungsosteotomie beidseits, Streckdefizit rechtes Knie &61485; leichte Fußdeformität mit Knick-Spreizfuß beidseits sowie Großzehengrundgelenksarthrose links &61485; Hypercholesterinämie, anamnestisch CTS beidseits, Hiatushernie, Zustand nach Unterschenkelthrombose links 2009, Adipositas

Weder auf orthopädischem noch auf psychiatrischem Fachgebiet lässt sich eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachvollziehbar begründen. Das durchgehend demonstrative und aggravatorische Verhalten des Klägers bei allen Untersuchungen kann schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigungen nicht belegen. Vielmehr zeigte sich mehrmals auch in unbeobachteten Situationen ein besserer Funktionsbefund als in der Untersuchungssituation. Alle Gutachter haben auf eine erhebliche Diskrepanz zwischen den geklagten Beschwerden und den objektiven Befunden hingewiesen. Der neurologische Befund war – soweit objektivierbar - sowohl bei Prof. Dr. St. wie auch bei Dr. He. unauffällig. Dies gilt auch für den allgemein-körperlichen Befund.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zB Urteile vom 14.12.2010, L 11 R 3243/09, vom 20.07.2010, L 11 R 5140/09 und vom 24.09.2009, L 11 R 742/09) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen. Es ist jedoch zu beachten, dass die Tagesstrukturierung mit jedem Gutachten dürftiger ausfallen kann. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob und in welcher Form der Betroffene versucht, einem sich aus der Schmerzstörung ergebenden Leidensdruck durch angemessene therapeutische Bemühungen entgegenzuwirken. Beim Kläger liegt diesbezüglich keine schwerwiegende Einschränkung vor. Aus seinen eigenen Angaben bei der Untersuchung durch Dr. He. ergibt sich, dass die Tagesstruktur noch vorhanden ist, wenn auch auf niedrigem Niveau. Zudem konnte Dr. He. keinen schwergradigen psychischen Befund erheben. Er geht nur von einer leichten depressiven Episode aus, weil nicht alle Merkmale einer mittelgradigen depressiven Episode erfüllt sind. Die Stimmungslage war leicht gedrückt, die affektive Schwingungsfähigkeit leicht reduziert bei etwas starrer Psychomotorik sowie leicht reduziertem Antrieb. Eine Angststörung sowie kognitive Leistungseinschränkungen haben sich nicht gezeigt. Dies verbunden mit dem demonstrativen Verhalten des Klägers lässt keine schwerwiegende psychiatrische Gesundheitsstörung und damit auch keine zeitliche Leistungseinschränkung begründen.

Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile vom 18.06.2013, L 11 R 506/12; 17.01.2012, L 11 R 4953) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens in der Regel keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Deshalb folgt der Senat hier nicht den Stellungnahmen der behandelnden Ärzte des Klägers.

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht. Ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Nachdem zur Überzeugung des Senats auch kein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beim Kläger nachgewiesen ist, kommt es auf die von ihm aufgeworfene Frage der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes bei konkreter Betrachtungsweise nicht an. Aus der Gewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit durch die Beklagte lässt sich ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen nicht schließen. Insoweit erhält der Kläger die Rente ausschließlich wegen bestehendem Berufsschutz als Bauflaschner gemäß § 240 SGB VI. Bei teilweiser oder voller Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI ist auf den allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen.

Die Wegefähigkeit ist ebenfalls gegeben. Der Kläger ist in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies gilt zur Überzeugung des Senats unabhängig von der Frage, ob der Kläger tatsächlich auf die von ihm benutzten Unterarmgehstützen objektiv angewiesen ist. Denn er hat selbst bei der Untersuchung durch Dr. He. angegeben, dass er mit seiner Frau regelmäßig eine halbe oder sogar eine ganze Stunde spazieren gehe. Auch lässt sich aus den objektiven Funktionsbefunden der Kniegelenke sowie der Lendenwirbelsäule keine Limitierung der Wegstrecke ableiten. Darauf haben alle Sachverständige übereinstimmend hingewiesen.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Prof. Dr. St., Dr. D. und Dr. He. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.

Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtenergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen zur Leistungsfähigkeit des Versicherten gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst. Eine Verpflichtung zu weiterer Beweiserhebung besteht auch bei einander widersprechenden Gutachtenergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesem anschließen, ohne eine weitere Sachaufklärung zu betreiben. Bei einer derartigen Fallkonstellation ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (BSG 08.12.2009, B 5 R 148/09 B, juris).

2. Die Beklagte hat die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit richtig berechnet und zutreffende Berechnungsgrundlagen zugrunde gelegt. Die Rentenberechnung im Bescheid vom 05.01.2015 ist nicht zu beanstanden.

a) Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn vervielfältigt werden (§§ 63 Abs 6, 64 SGB VI). Der Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und der aktuelle Rentenwert (§ 68 SGB VI) werden vom Kläger nicht beanstandet. Der bei der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte zu berücksichtigende Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn (§ 77 Abs 1 SGB VI). Er ist für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für jeden Kalendermonat, für den die Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0 (§ 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI). Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit - wie hier - vor Vollendung des 62. Lebensjahres, ist die Vollendung des 62. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend (§ 77 Abs 3 Satz 3 SGB VI). Für die 36 Kalendermonate vom 62. bis zum 65. Lebensjahr ist der Zugangsfaktor für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung von 1,0 um 0,108 (36 * 0,003) zu vermindern (dies sind 10,80 %), so dass er 0,892 beträgt. Diesen Wert hat die Beklagte im Bescheid vom 05.01.2015 der Rentenberechnung zugrunde gelegt. Eine Verfassungsbeschwerde, mit der die Vereinbarkeit des § 77 SGB VI mit dem Grundgesetz bezweifelt wurde, hat das Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen (BVerfG 11.01.2011, 1 BvR 3588/08 und 1 BvR 555/09, BVerfGE 128, 138).

b) Für Zeiten nach Beginn der zu berechnenden Rente werden Entgeltpunkte nur für eine Zurechnungszeit und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt (§ 75 Abs 1 SGB VI). Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden grundsätzlich für Beitragszeiten und Anrechnungszeiten, die nach Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit liegen, Entgeltpunkte nicht ermittelt (§ 75 Abs 2 SGB VI). Leistungsfall der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI ist der 29.11.2010 (Rentenantragstellung), so dass die Rente - wie von der Beklagten festgestellt - am 01.12.2010 beginnt (§ 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI). Soweit der Kläger deshalb Beitragszeiten bzw abweichende Entgeltpunkte für Beitragszeiten für Zeiträume über den 29.11.2010 hinaus begehrt, ist dies gesetzlich ausgeschlossen. Fehler bei der Bewertung der Zurechnungszeit vom 29.11.2010 bis 16.09.2017 sind nicht ersichtlich.

c) Als Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf eine höhere Bewertung der in Polen zurückgelegten Zeiten (17.09.1974 bis 21.12.1988) kommt Art 4 Abs 2 DPRA 1975 iVm Art 2 Abs 1 des Gesetzes zum DPRA 1975 (vom 12.3.1976 - BGBl II 393, insoweit zuletzt geändert durch Art 2 Nr 1 des Gesetzes zu dem Abkommen vom 8.12.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 18.6.1991 - BGBl II 741) in Betracht. Nach Art 2 Abs 1 des Gesetzes zum DPRA 1975 sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, auf der Grundlage von Art 4 Abs 2 DPRA 1975 in demselben zeitlichen Umfang in der deutschen Rentenversicherung in entsprechender Anwendung des FRG und des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 02.10.1990 wohnt.

Das FRG bestimmt insoweit, dass Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen (§ 15 Abs 1 Satz 1 FRG). Aufgrund dieser "Eingliederung" werden die Renten davon Begünstigter im Ergebnis so berechnet, als ob sie ihr gesamtes Erwerbsleben - also auch die in Polen absolvierten Zeiten - rentenrechtlich in Deutschland zurückgelegt hätten. Die Anwendung des Eingliederungsprinzips bei der Rentenberechnung auf Grundlage des DPRA 1975 wurde durch das spätere deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen (Abk Polen SozSich) vom 08.12.1990 (BGBl II 1991, 743), welches nunmehr auch im Verhältnis zwischen Polen und Deutschland das im Bereich des europäischen koordinierenden Sozialrechts seit jeher angewandte Leistungsexportprinzip (anteilige Rentenzahlung aus jeder nationalen Rentenkasse bei Zusammenrechnung der für eine Rentenleistung erforderlichen Versicherungszeiten) einführte, nicht ausnahmslos verdrängt. Nach den Übergangs- und Schlussbestimmungen des Abk Polen SozSich ist das DPRA 1975 unter den Voraussetzungen des Art 27 Abs 2 bis 4 Abk Polen SozSich weiterhin anwendbar (hierzu sowie zum Folgenden zuletzt eingehend BSG 10.12.2013, B 13 R 9/13 R, NZS 2014, 264 RdNr 15 ff). Auf Berechtigte, die nach Maßgabe des Abk Polen SozSich Ansprüche und Anwartschaften auf der Grundlage des DPRA 1975 haben, findet nach Art 6 § 4 Abs 5 FANG eine Minderung der ermittelten Entgeltpunkte um den Faktor 0,6 gemäß § 22 Abs 4 FRG in der ab 1.1.1992 sowie in der vom 7.5.1996 an geltenden Fassung keine Anwendung. An dieser Rechtslage hat sich mit dem Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union zum 01.05.2004 nichts geändert (zum Ganzen BSG 16.06.2015, B 13 R 36/13 R, juris). Das DPRA 1975 bezieht sich nach seinem Art 2 Abs 1 2. Spiegelstrich hinsichtlich der Volksrepublik Polen auf die Altersversorgung der Arbeitnehmer einschließlich der Versorgungssysteme für Bergleute und Eisenbahner. Nicht unter das Abkommen fallen grundsätzlich die Altersversorgungen in besonderen Sicherungssystemen. Der durch das Versicherungssystemgesetz vom 13.10.1998 in Polen bedingte Wegfall der polnischen Sondersysteme zum 01.01.1999 bleibt für Leistungsfälle nach dem 31.12.1998 ohne Auswirkung. Die konkrete Bezugnahme in Art 2 Abs 1 DPRA 1975 auf die Altersversorgung der Arbeitnehmer schließt die Ausweitung des sachlichen Geltungsbereichs des DPRA 1975 auf Versorgungssysteme eigener Art aus (BSG 13.09.1990, B 5 RJ 76/89, BSGE 67, 214; LSG Rheinland-Pfalz 17.12.1998, L 5 Kn 1/98, juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen fallen die vom Kläger in Polen zurückgelegten Zeiten vom 17.09.1974 bis zum 22.06.1982 unter das DPRA 1975, nicht aber die Zeiten vom 01.08.1982 bis zum 21.12.1988.

Der Kläger war vom 01.08.1982 bis 28.06.1985 bei seinem Schwiegervater als Flaschner beschäftigt und legte schließlich im April 1985 seine Gesellenprüfung im Dachdeckerhandwerk ab. Die ZUS bestätigte für diese Zeit eine Beitragszeit aufgrund von Mitarbeit bei dem Verrichten einer Wirtschaftstätigkeit (Art 6 Abs 2 Nr 15 des polnischen Gesetzes vom 17.12.1998 über Altersrenten und Renten aus dem Sozialversicherungsfonds). Vom 01.07.1985 bis 21.12.1988 war der Kläger selbstständig. Nach eigenen Angaben im Kontenklärungsantrag hat der Kläger für diese Zeit freiwillige Beiträge zur polnischen Sozialversicherung gezahlt. Die ZUS bestätigte eine Beitragszeit für Wirtschaftstätigkeit im Gebiet des polnischen Staates außerhalb der Landwirtschaft, die von der Sozialversicherungspflicht erfasst war (Art 6 Abs 2 Nr 14 lit a). Beide Zeiträume unterfielen daher vor 1999 nicht dem Arbeitnehmersystem. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Auskünfte der ZUS richtig und vollständig sind und die ZUS die Sozialversicherung betreffend den Kläger zutreffend eingestuft hat. Die davon abweichenden Einlassungen des Klägers überzeugen nicht.

Die Zeit vom 01.08.1982 bis 28.06.1985 und 01.07.1985 bis 21.12.1988 könnte nur dann auf der Grundlage des DPRA 1975 ins deutsche Rechtssystem eingegliedert werden, wenn der Versicherte einen Anspruch auf eine polnische Arbeitnehmerrente gehabt hätte, zB weil er zuletzt in Polen Arbeitnehmer gewesen ist. War der Versicherte dagegen zuletzt in Polen als Nichtarbeitnehmer tätig und ist er damit aus dem anspruchsberechtigten Personenkreis der Arbeitnehmer ausgeschieden, hat dies zur Folge, dass die Zeiten als Nichtarbeitnehmer nicht unter das Abkommen fallen. Bis zu seiner Ausreise aus Polen am 22.12.1988 war der Kläger zuletzt als Selbstständiger tätig und daher nicht Arbeitnehmer. Eine Berücksichtigung dieser Beitragszeiten kommt demnach ausschließlich nach dem FRG in Betracht. Die Anwendung des FRG ist beim Kläger auch ohne Berücksichtigung des DPRA 1975 möglich, da er als Vertriebener anerkannt ist (§ 1 FRG). Konkret hat dies zur Folge, dass die Tabellenwerte für die nachgewiesenen Zeiten nach dem FRG in Polen vom 01.08.1982 bis 21.12.1988 gemäß § 22 Abs 4 FRG - anders als die Zeiten vom 17.09.1974 bis zum 22.06.1982 - mit dem Faktor 0,6 multipliziert werden.

d) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Pflichtbeitragszeit vom 26.10.1979 bis 26.10.1981 von der Beklagten zu Recht als Wehrdienstzeit berücksichtigt und bewertet worden. Die vom Kläger in dieser Zeit ausgeübte Tätigkeit als Berufsfeuerwehrmann galt nach polnischem Recht als Wehrdienstzeit (Ersatzdienst). Dies ergibt sich schon alleine aus dem vorliegenden Wehrbuch und wurde vom Kläger im ursprünglichen Kontenklärungsantrag auch so beschrieben. Im Übrigen ist die Berücksichtigung dieser Zeit als Wehrdienstzeit für den Kläger günstiger als die Bewertung als Beschäftigungszeit. Denn die Wehrdienstzeit wird jährlich mit einem ganzen Entgeltpunkt bewertet (§ 256 Abs 3 SGB VI). Auf der Grundlage der für den Kläger anzuwendenden Tabellenwerte nach Anl 13 und 14 zum SGB VI würden sich als Beschäftigungszeit jeweils niedrigere jährliche Entgeltpunkte ergeben.

e) Für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.08.2007 hat die Beklagte zutreffend 23.256 EUR (und nicht wie gefordert 29.255,69 EUR) als Entgelt für eine Beschäftigung berücksichtigt. Dieser Betrag wurde vom Arbeitgeber so als sozialversicherungspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt gemeldet und ist als solcher in der im Klageverfahren vorgelegten Gehaltsmitteilung (Bl 116 der SG-Akte) ausgewiesen.

f) Für Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld sowie sonstigen Entgeltersatzleistungen (zB Krankengeld, Übergangsgeld und Arbeitslosengeld), die beim Kläger vom 31.08.2007 bis 30.11.2010 vorliegen, sind als beitragspflichtige Einnahmen nur 80% des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens zugrunde zu legen, nach dem die Entgeltersatzleistung berechnet worden ist (§ 166 Abs 1 Nr 2 SGB VI). Die Beklagte hat diese Zeiten in der Rentenberechnung zutreffend bewertet. So kann zB für die Zeit vom 05.08.2010 bis zum 18.10.2010 kein monatliches Entgelt in Höhe von 2.668,50 EUR, mithin täglich 88,95 EUR, sondern nur – wie im Bescheid geschehen – ein tägliches Entgelt von 71,16 EUR (2.668,50 EUR * 0,80 = 2.134,80 EUR, geteilt durch 30 Tage), für 75 Tage also 5.337 EUR berücksichtigt werden. Im Übrigen ist die Forderung eines Bemessungsentgelts i.H.v. 16.644,60 EUR für die Zeit vom 31.08.2007 bis 26.02.2009 für den Senat nicht nachvollziehbar, da im Versicherungsverlauf bereits weit mehr berücksichtigt ist.

g) Ein Leistungszuschlag wegen ständiger Arbeiten unter Tage gemäß § 85 SGB VI steht dem Kläger nicht zu, da er keine ständigen Arbeiten unter Tage gemäß § 61 SGB VI verrichtet hat. Die Tätigkeit als Berufsfeuerwehrmann kann mangels gesetzlicher Grundlage nicht vergleichbar bewertet werden.

h) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die im Bescheid vom 05.01.2015 ausgewiesene Nachzahlung zusätzlich zu der im Bescheid vom 17.10.2011 ausgewiesenen Nachzahlung anfällt und diese nicht ersetzt. Wird dem Berechtigten von einem Träger der Sozialversicherung oder einer anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder an Stelle einer solchen eine andere Leistung gewährt, so ruht die Rente gem § 31 FRG in Höhe des in Euro umgerechneten Betrags, der als Leistung des Trägers der Sozialversicherung oder der anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgezahlt wird. Deshalb hat die Beklagte den Nachzahlungsbetrag im Bescheid vom 17.10.2011 zu Recht vorsorglich einbehalten.

i) Auch im Übrigen sind Fehler bei der Berücksichtigung und Bewertung von rentenrechtlichen Zeiten sowie der Berechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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