Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 1051/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1490/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. März 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Rechtstreit betrifft die Versorgung der schwerhörigen Klägerin mit einer Lichtsignalanlage für die Türklingel sowie das Telefon.
Die Klägerin ist am 1975 geboren und bei der Beklagten als abhängig Beschäftigte krankenversichert. Sie leidet an einer beidseitigen Schwerhörigkeit. Sie ist mit Hörgeräten versorgt.
Die Klägerin beantragte am 15. Oktober 2012 bei der Beklagten durch ihre Hörgeräteakustikerin L. (W. GmbH & Co KG) die Versorgung mit einer Lisa-Lichtsignalanlage zum Preis von EUR 766,00. Trotz einer technisch sehr guten Versorgung mit Hörsystemen könne sie das Türklingelsignal und das Telefonläuten nicht ausreichend wahrnehmen. Für eine optimale Teilnahme am Leben in der Gesellschaft in ihrer 63 m² großen Wohnung (zwei Zimmer, Küche, Bad) benötige sie die Lichtsignalanlage. Diese ermögliche es ihr, Türklingel- und Telefonsignale in ihrer Küche, in ihrem Wohnzimmer und ihrem Schlafzimmer optisch wahrzunehmen. Sie leide nicht nur an ihrer Schwerhörigkeit, sondern auch an Epilepsie, habe einen Bandscheibenvorfall und leide an Depressionen. Sie legte Verordnungen ihres Hals-Nasen-Ohrenarztes Lö. vom 12. Oktober 2012 über einen Lisa-Funk-Converter, drei transportable Funkblitzlampen, einen Combisender akustisch sowie zwei Mikrofonkabel für akustischen Sender vor.
Auf Anfrage der Beklagten äußerte sich Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in einer sozialmedizinischen Fallberatung vom 22. November 2012 dahingehend, dass die medizinischen Voraussetzungen für die begehrte Leistung nicht erfüllt seien. Nach telefonischer Rücksprache mit der Firma W. am 2. November 2012 habe diese per Fax das aktuellste Ton- und Sprachaudiogramm beidseits zur Verfügung gestellt. Die Hörschwelle zwischen 0,5 und 4 Kilohertz verlaufe rechts zwischen 30 und 60 Dezibel, links zwischen 40 und 60 Dezibel. Im Sprachaudiogramm verstehe die Klägerin beim Pegel optimaler Einsilberverständlichkeit (dBopt) 100 Dezibel rechts 95 Prozent und links 100 Prozent Einsilber. Nach dem Tonaudiogramm errechne sich nach Röser 1973 ein Hörverlust rechts von 43 Prozent und links von 53 Prozent, entsprechend einer mittelgradigen Schwerhörigkeit beidseits. Insoweit liege die vereinbarte Indikation – eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit – nicht vor, so dass eine Kostenübernahme für die Lichtsignalanlage nicht empfohlen werden könne.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 6. November 2012 unter Hinweis auf das Gutachten des MDK ab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 23. November 2012 Widerspruch. Eine Versorgung mit Hörgeräten sei für sie nicht ausreichend für die Wahrnehmung der akustischen Signale von Telefon und Türklingel. Sie könne diese oft nicht hören, beispielsweise wenn sie sich in ihrer Küche aufhalte und koche. Dabei sei die Dunstabzugshube eingeschaltet und deren Geräusche überdeckten die Signale von Telefon und Türklingel. Wenn sie in der kälteren Jahreszeit im Wohnzimmer am Esstisch sitze, könne sie weder Türklingel noch Telefon hören. Sie könne die Türen nicht offen stehen lassen, da sie ansonsten unnötig mehr heizen müsste. Es sei schon mehrfach vorgekommen, dass ihre Eltern oder eine Freundin sie hätten besuchen wollen, sie aber die Türklingel trotz Hörgeräten nicht gehört habe. Es würde auch nicht helfen, wenn Besuch telefonisch angekündigt würde. Denn sie sitze zu Hause nicht die ganze Zeit neben dem Telefon. Darüber hinaus trage sie ihre Hörgeräte nicht 24 Stunden am Tag. Wenn sie schlafe, lege sie sie ab, ebenso beim Duschen, Baden und Haarewaschen. Ohne Hörgeräte höre sie die akustischen Signale von Telefon und Türklingel nicht. Sie leide an Migräne und bei Anfällen nehme sie ihre Hörgeräte heraus. Denn alles, was sie höre, führe zu einer Verschlimmerung der Migräne. Auch in solchen Situationen könne sie die Türklingel oder das Telefon nicht hören. Sie sei alleinstehend und lebe allein in ihrer Wohnung. Es gebe also auch keine andere Person, die sie auf das Klingeln an der Türe oder des Telefons aufmerksam machen könne. Sie sei deshalb darauf angewiesen, dass die akustischen Signale von Türklingel und Telefon mittels der Lichtsignalanlage in optische Signale umgewandelt würden. Die Lichtsignalanlage diene dem Behinderungsausgleich. Ohne Lichtsignalanlage würde sie die Türklingel und das Telefon überwiegend nicht hören. Das habe zur Folge, dass ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft stark eingeschränkt wäre. Außerdem würde das ihre vorhandenen Depressionen weiter verstärken.
Auf Anfrage der Beklagten äußerte sich Dr. C. vom MDK unter dem 17. Dezember 2012 dahingehend, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen werden könne. Der Widerspruch der Klägerin enthalte keinen neuen medizinischen Sachverhalt.
Die Beklagte lehnte daraufhin das Begehren (erneut) mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 ab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 7. Januar 2013 Widerspruch. Sie verwies auf ihren früheren Widerspruch sowie ergänzend darauf, sie sei ein schwerbehinderter Mensch. Die Schwerhörigkeit habe sich im Dezember 2012 weiter verschlechtert. Sie könne die Klingeln an der Tür und am Telefon nicht mehr hören, insbesondere in der Küche, im Schlafzimmer und im Wohnzimmer am Fenster. Sie habe Besuch gehabt. Der Besuch habe 20 Minuten vor der Türe gestanden und sei dann wieder gegangen. Wenn ein Päckchen komme, gehe der Briefträger wieder und sie müsse dann zur Post gehen.
Auf Anfrage der Beklagten äußerte sich Dr. C. vom MDK unter dem 16. Januar 2013 erneut. Die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung seien nicht erfüllt. Die Diagnosen Depression, Epilepsie sowie Bandscheibenvorfälle stellten keine Indikation für eine Lichtsignalanlage dar.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin (erneut) mit Bescheid vom 21. Januar 2013 ab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 23. Januar 2013 unter Hinweis auf ihren früheren Widerspruch vom 7. Januar 2013 erneut Widerspruch.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 6. November 2012 mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2013 zurück. Indikation für eine Versorgung mit einer Lichtsignalanlage sei nach dem Hilfsmittelverzeichnis eine Taubheit oder eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit trotz optimaler Hörgeräteversorgung. Nach Auswertung des aktuellen Ton- und Sprachaudiogramms liege keine Taubheit bzw. eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit vor. Es liege eine mittelgradige Schwerhörigkeit beidseitig vor. Eine situationsgerechte Versorgung mit Hörgeräten sei erfolgt. Eine Indikation für eine Lichtsignalanlage liege nicht vor.
Hiergegen erhob die Klägerin am 2. April 2013 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Der Grad der Behinderung habe auf 90 erhöht werden müssen (Bescheid des Landratsamts L. vom 10. April 2013). Sie leide an Anfallsleiden, Depression, seelischer Störung, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden, Nervenwurzelreizerscheinungen, Migräne, Schwerhörigkeit und Sehbehinderung. Sie könne das Telefon und die Türklingel überhaupt nicht hören, wenn sie in der Küche sei und wenn sie im Wohnzimmer am Fenster sitze. Nur wenn das Telefon direkt neben ihr sei, dann höre sie dies. Das Telefon sei jedoch auch in der Ladestation. Da sie einen Telefonanruf des Arbeitgebers nicht gehört habe, habe sie von diesem eine (vorgelegte) Abmahnung erhalten. Sie könne das Hörgerät nicht ganztags tragen. Sie müsse es in der Nacht ablegen. Es bestehe für sie dann eine lebensbedrohliche Situation, wenn zum Beispiel Feuer ausbreche oder Gas austrete. Es bestehe ein Härtefall. Es liege auch ein Systemversagen und eine Lücke im Versorgungssystem vor. Sie erinnere an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, juris). Die Klägerin trug zum Gutachten des Prof. Dr. Li. (dazu unten) vor, dass sie nicht in der Lage sei, die Türklingel und die Telefonklingel akustisch wahrzunehmen.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihren Widerspruchsbescheid entgegen. Ein dauerhaft behinderter Versicherter könne nicht solche Hilfsmittel beanspruchen, die allein wegen der Besonderheit seiner individuellen Wohnsituation benötigt würden (Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 7. Oktober 2010 – B 3 KR 13/09 R – juris).
Das SG befragte Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Lö. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Facharzt Lö. teilte unter dem 28. Juni 2013 mit, dass die Klägerin seines Erachtens in der Lage sei, das Klingeln einer Türklingel oder eines Telefons mit den 2012 angepassten Hörgeräten zu hören, wenn diese entsprechend laut eingestellt seien.
Auf Antrag der Klägerin bestellte das SG gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie des Klinikums am G. in H. Prof. Dr. Li. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser erstattete unter dem 16. Dezember 2014 ein HNO-ärztliches Gutachten auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 9. September 2014. Ohne Hörgeräteversorgung zeigten sich nach Röser 1973 im Tonaudiogramm rechts eine geringgradige Schwerhörigkeit mit einem prozentualen Hörverlust von 36 Prozent, links eine mittelgradige Schwerhörigkeit mit einem prozentualen Hörverlust von 52 Prozent. Nach Bönninghaus und Röser (Tabelle zur Ermittlung des prozentualen Hörverlustes aus den Werten der sprachaudiometrischen Untersuchung von 1973) und der Berücksichtigung des gewichteten Gesamtwortverstehens bestehe im Sprachaudiogramm ohne Hörgeräte ein prozentueller Hörverlust von null Prozent rechts und 40 Prozent links. Es könne somit keine Taubheit oder eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit festgestellt werden. Mit Hörgeräteversorgung bestehe beidseits im Sprachaudiogramm Normakusis. Die Hörgeräte der Klägerin wären optimal eingestellt. Mit Hörgeräten bestehe ein Grad der Schwerhörigkeit von null Prozent. Bei optimaler Hörgeräteversorgung bestehe keine besondere Beeinträchtigung des Hörvermögens in den Frequenzbereichen, in denen üblicherweise Tür- und Telefonklingel lägen. Nach telefonischer Auskunft von Dipl.-Ing. R. (Geschäftsführer Deutsches Hörgeräteinstitut L.) lägen handelsübliche Türklingeln nach dem Prinzip des Wagnerschen Hammers üblicherweise in den Frequenzbereichen von zwei bis vier Kilohertz bei 80 bis 85 Dezibel in einem Meter Abstand. Sogenannte Türgongs längen in den Frequenzbereichen von 800 Hertz bis 2 Kilohertz bei ca. 80 Dezibel in einem Meter Abstand. In diesen Frequenzbereichen bestehe bei der Klägerin keine besondere Beeinträchtigung des Hörvermögens. Für Telefone liege keine verbindliche Norm vor. Die Klägerin sei bei optimaler Hörgeräteversorgung in der Lage, eine handelsübliche Telefon- oder Türklingel unter Zugrundelegung durchschnittlicher Raumverhältnisse zu hören. Es bestünden dringende Gründe gegen das Tragen von Hörgeräten während des Schlafes. Die Klägerin gebe an, durch das Tragen der Hörgeräte während des Schlafens Druckstellen zu bekommen. Des Weiteren müssten sie gereinigt werden und über Nacht trocknen.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 SGG führte Prof. Dr. Li. am 21. August 2015 einen Hausbesuch bei der Klägerin durch und berichtete hierüber in einer Stellungnahme vom 1. September 2015. Die Klägerin habe angegeben, dass sie bei eingeschalteten Hörgeräten die Türklingel auch bei geschlossener Schlafzimmer- und Wohnzimmertür höre, was jedoch bei ausgeschaltetem Hörgerät oder auch bei Zusatzgeräuschen wie der Dunstabzugshaube nicht mehr möglich sei. Die Klägerin besitze ein tragbares Telefon mit Mobilteil, welches an einer Aufladestation aufgeladen werde. Auf Nachfrage gebe sie an, dass sie das Telefon in das Schlafzimmer mitnehmen könne. Wenn der Ladezustand gut sei, könne sie das Telefonklingel auch bei abgeschalteten Hörgeräten gut wahrnehmen, nicht jedoch, wenn der Ladezustand schlecht sei. Mit einer handelsüblichen Smartphone-App namens "Sound Meter" sei die Lautstärke der Türklingel an verschiedenen Orten und bei offenen und geschlossenen Türen gemessen worden. Die Klingel selbst erzeuge in unmittelbarer Nähe im Flur einen Wert von bis zu 84 Dezibel. Sowohl im Schlafzimmer als auch im Wohnzimmer – auch an den entferntesten Stellen – werde die Klingel immer noch mit 70 Dezibel wahrgenommen. Bei geschlossener Tür im Wohnzimmer betrage der Wert hingegen nur noch mit 55 Dezibel und bei geschlossener Tür im Schlafzimmer 50 Dezibel. Auch in der Küche könne die Türklingel bei geöffneter Tür mit 70 Dezibel gemessen werden, bei geschlossener Tür hingegen mit 50 Dezibel. Die eingeschaltete Dunstabzugshaube produziere einen messbaren "Lärm" von über 70 Dezibel. Unter Berücksichtigung der bereits im Gutachten vom 16. Dezember 2014 dargestellten handelsüblichen Frequenzen von Türklingeln könne die Türklingel daher in der gesamten Wohnung bei geöffneten Türen auch ohne Hörgeräte problemlos gehört werden. Allein bei geschlossenen Türen bzw. zusätzlichem Lärmquellen könne die Türklingel nicht mehr gehört bzw. überdeckt werden. Auch Normalhörige müssten in Kauf nehmen, dass bei anders lautenden Geräuschquellen wie Staubsäuger, Fön oder Abzugshaube Telefon oder Tür überhört werden könnten. Die Klägerin treffe hier auf Grund der Schwerhörigkeit keine Sonderstellung. Bezüglich des Problems der geschlossenen Türen sei anzumerken, dass die Hörgeräte in der Regel während des Schlafens herausgenommen würden und die Klägerin bei geschlossener Schlafzimmertür seitens der Messwerte die Türklingel überhören könne. Eine einfache Lösungsmöglichkeit in diesem Fall wäre, die Tür geöffnet zu lassen bzw. auf kleine technische Hilfsmittel wie ein Babyphone zurückzugreifen, die kostengünstig zu erwerben seien. Auf Nachfrage gebe die Klägerin an, dass sie sich bisher noch nicht mit der Hausverwaltung ins Einvernehmen gesetzt habe, ob ihre Türklingel überhaupt justiert werden könne (verstärkt, anderer Klingelton). Dies sollte zunächst der weitere Schritt sein. Die Klägerin gebe an, dass sie das Telefon auch bei ausgeschalteten Hörgeräten im Schlafzimmer bei gutem Ladungszustand der Akkus hören könne. Diesbezüglich sei festzustellen, dass es der Sorgfaltspflicht der Klägerin obliege, für einen ordnungsgemäß geladenen Zustand des Akkus im Mobilteil des Telefons zu sorgen, wenn sie es nachts aus der Ladestation nehme. Nach Besichtigung der Wohnung habe sich gezeigt, dass die Türklingel allein bei ausgeschalteten Hörgeräten und zusätzlich geschlossener Schlafzimmertür nachts überhört werden könne. Die Anforderung für eine Kostenübernahme für Funktürklingelsets, die im Handel für bereits knapp EUR 200,00 erhältlich seien, durch die Krankenkasse seien nicht erfüllt. Einfache Lösungen wie das Offenlassen der Tür oder Kontaktaufnahme mit der Hausverwaltung, um gegebenenfalls die Klingel anders zu justieren, oder auch ein handelsübliches Babyphone zur Übermittlung der Türklingel bei geschlossener Schlafzimmertür und ausgeschalteten Hörgeräten reichten aus, um Abhilfe zu schaffen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 21. März 2016 ab. Die Versorgung der Klägerin mit einer Lichtsignalanlage sei nicht erforderlich, um die bestehende Behinderung (Schwerhörigkeit) auszugleichen. Die Klägerin sei mit den Hörgeräten in der Lage, das Klingeln der Türklingel und des Telefons zu hören. Hieran vermöge der Vortrag der Klägerin, sie trage die Hörgeräte nicht rund um die Uhr, sondern nehme sie zum Beispiel zum Duschen, Haarewaschen und Schlafen ab, nichts zu ändern. Der Sachverständige Prof. Dr. Li. habe schlüssig und nachvollziehbar daraufhin gewiesen, dass nach der gemessenen Laufstärkewerten sowie dem festgestellten Hörrestvermögen der Klägerin diese durchaus in der Lage sei, bei geöffneten Türen auch ohne Hörgeräte in der gesamten Wohnung die Türklingel zu hören. Der Sachverständige empfehle insoweit nachvollziehbar, die Türen nachts offen zu lassen. Soweit die Klägerin darauf hingewiesen habe, dass dies in der Heizperiode nicht möglich sei, habe der Sachverständige zutreffend auf die Möglichkeit der Nutzung eines Babyphones hingewiesen. Da das Telefon über Nacht in geladenem Zustand mit ins Schlafzimmer genommen werden und dort neben das Bett der Klägerin gelegt werden könne, bestünden auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, nachts das Telefonklingel ebenso wahrzunehmen wie ein normalhöriger Mensch. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, sie könne bei Nebengeräuschen wie zum Beispiel der Dunstabzugshaube oder dem Staubsauger weder die Türklingel noch das Telefon hören, habe der Sachverständige zutreffend darauf hingewiesen, dass es auch Normalhörigen in solchen Situationen schwerer falle, das Läuten des Telefons sowie die Türklingel zu hören. Die Klägerin befinde sich bei Nutzung ihrer Hörgeräte in keiner anderen Situation als ein Versicherter mit normalem Hörvermögen.
Gegen das ihr am 18. April 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. April 2016 Berufung eingelegt. Eine Telefonanlage und eine Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlage sei medizinisch notwendig und erforderlich. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, dass sie an Epilepsie leide und nachts immer Angst habe, dass etwas passieren und sie deshalb nicht einschlafen könne. Sie leide dann an Schlafmangel. Das Ganze sei ein Teufelskreis. Ein Babyphone sei nicht ausreichend, weil sie mit dem Babyphone eben nicht aufwache und dies habe seinen Grund darin, dass der Blitz beim Babyphone nicht hell genug sei. Wenn sie die Telefonanlage und die Klingelanlage mit ausreichend heller Blitzlampe und Lichtsignalanlage erhalte, dann könne sie nachts wieder einschlafen, weil sie nicht immer mit der Angst einschlafen müsse, dass etwas passiere.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. März 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Telefon- und eine Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt ihr bisheriges Vorbringen.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beteiligten haben sich nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagte Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hatten die Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung.
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht der Zulassung, da die Klage eine Sachleistung von EUR 766,00 betrifft und der Beschwerdegegenstand damit mehr als EUR 750,00 beträgt.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013. Zwar richtete sich die Klageschrift vom 19. März 2013 gegen den Bescheid vom 21. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013. In diesem Widerspruchsbescheid wurde aber ausdrücklich (nur) über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 6. November 2012 entschieden, so dass das Klagebegehren entsprechend auszulegen war. Auch das SG hat ausdrücklich über den Bescheid vom 6. November 2011 entschieden. Bei den Schreiben der Beklagten vom 18. Dezember 2012 und vom 21. Januar 2013 handelt es sich zudem um sog. wiederholende Verfügungen ohne eigenen Regelungsgehalt (vgl. hierzu etwa Luthe, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 31 Rn. 45 m.w.N.).
3. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Telefonanlage und einer Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlage.
a) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R – juris, Rn. 14). Insoweit hat der in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck für die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen (zum Folgenden BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 31 ff.).
(1) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion – hier das Hören – selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fort-schritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 31; BSG, Urteil vom 16. September 2004 – B 3 KR 20/04 R – juris, Rn. 12).
(2) Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog. mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 32). Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSG, Urteil vom 26. März 2003 – B 3 KR 23/02 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 32). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen – etwa Gebrauchsvorteile im Beruf – haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 31).
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder die unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach etwa Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (ständige Rechtsprechung des BSG, etwa Urteil vom 16. April 1998 – B 3 KR 6/97 R – juris, Rn. 17; Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 34). Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet.
(3) Bei der von der Klägerin begehrten Telefonanlage und Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlagen handelt es sich um ein Mittel des mittelbaren Behinderungsausgleichs, denn mit diesen Anlagen wird die beeinträchtigte Körperfunktion des Hören nicht wiederhergestellt, sondern sie soll lediglich zu einem Ausgleich der Folgen der Behinderung führen und gehört daher nur dann zum Aufgabenkreis der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens dient (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 3 KR 5/09 R – juris, Rn. 14; BSG, Urteil vom 18. Juni 2014 – B 3 KR 8/13 R – juris, Rn. 21). Nicht das Hören selbst wird ermöglicht oder erleichtert, sondern das fehlende Hörvermögen durch die Nutzung des nicht beeinträchtigten Sehvermögens kompensiert, indem akustische Signale in optische Signale umgewandelt werden. Der gehörlose Versicherte hört nicht das Läuten der Türklingel, sondern sieht, dass die Türklingel bedient wird (BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 3 KR 5/09 R – juris, Rn. 14).
b) Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin eine Versorgung mit einer Telefonanlage und einer Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlagen schon deswegen nicht zu, weil eine solche Versorgung zum Ausgleich einer Behinderung nicht erforderlich ist.
Die bei der Klägerin bestehende (gering- bzw. mittelgradige) Hörbehinderung ist bereits durch die bestehende Hörgeräteversorgung vollständig kompensiert. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Li. vom 16. Dezember 2014 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. September 2015. Er hat ausdrücklich festgestellt, dass mit Hörgeräteversorgung beidseits im Sprachaudiogramm Normakusis besteht, die Klägerin mit Hörgeräten also genauso hört wie eine nicht hörbehinderte Person. Die Klägerin hat selbst gegenüber dem Sachverständigen angegeben, bei eingeschalteten Hörgeräten die Türklingel auch bei geschlossener Schlafzimmer und Wohnzimmertür zu hören. Soweit die Klägerin im Verlaufe des Verfahrens vorgetragen hat, dass sie bei zusätzlichem Lärm – etwa dem einer Dunstabzugshaube – trotz Hörgeräteverwendung das Klingeln von Telefon und Haustüre nicht höre, führt dies zu keinem anderen rechtlichen Befund. Denn solche Zusatzgeräusche können – dies ist allgemein bekannt – auch bei Normalhörigen dazu führen, dass sie Telefon- und Haustürklingeln nicht hören. Insofern besteht bei der Klägerin also keine besondere, behinderungsspezifische Situation.
Eine Notwendigkeit zum Behinderungsausgleich durch eine Telefonanlage und einer Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlagen besteht auch nicht für die Phasen, in denen die Klägerin die Hörgeräte nicht trägt. Dies ist nach ihrem Vortrag – durchaus nachvollziehbar – der Fall während des nächtlichen Schlafens, aber auch beim Duschen, Baden und Haarewaschen. Der Sachverständige Prof. Dr. Li. hat bei seiner Besichtigung der Wohnverhältnisse der Klägerin und aufgrund der von ihm durchgeführten Messungen festgestellt, dass die Türklingel allein bei ausgeschalteten Hörgeräten und zusätzlich geschlossener Wohnzimmer- oder Schlafzimmertür überhört werden könnte. Sollte hierin ein Nachteil zu erblicken sein, könnte dem bereits allein durch das Offenlassen der Wohnzimmer- bzw. Schlafzimmertür abgeholfen werden. Abgesehen davon wird aber ohnehin während des nächtlichen Schlafens es weithin als vorteilhaft angesehen, wenn der Schlaf nicht durch nächtliches Klingeln an der Haustür oder des Telefons unterbrochen wird. Entsprechend enthalten moderne Telefone und Hausklingeln gerade die Funktion, den Klingelton bei Bedarf – und dieser besteht eben gerade nachts – auszuschalten. Ein etwaiges Überhören von Tür- und Telefonklingel während des Schlafens erweist sich damit nicht als nachteiliges Resultat einer Behinderung, sondern als ein weithin als adäquat beurteiltes Phänomen. Im Übrigen hat die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen ausweislich seiner Darstellung in der Stellungnahme vom 1. September 2015 ausdrücklich mitgeteilt, dass sie das Telefonklingeln bei gutem Ladezustand des Telefons auch bei abgeschalteten Hörgeräten hört. Es obliegt insofern der Klägerin, während des Tragens der Hörgeräte für das Aufladen des Telefonakkus zu sorgen, um dann während des Nichttragens der Hörgeräte das Telefon gleichwohl zu hören. Hierauf hat der Sachverständige zutreffend hingewiesen. Die Klägerin hat gegenüber dem Sachverständigen im Übrigen auch eingeräumt, die Hausverwaltung bezüglich ein anderer Justierung der Türklingel überhaupt nicht kontaktiert zu haben. Da somit andere, kostengünstigere bzw. kostenlose Möglichkeiten, die akustische Wahrnehmung der Türklingel zu verbessern, bislang nicht genutzt wurden, besteht auch insofern keine Notwendigkeit zur Versorgung mit Hilfsmitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse.
c) Den geltend gemachten Anspruch kann die Klägerin im Übrigen auch nicht aus § 2 Abs. 1a SGB V herleiten, der auf dem von der Klägerin angeführten sog. Nikolausbeschluss des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris) beruht. Nach dieser Norm können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die auf dem linken Ohr bestehende mittel- bzw. auf dem rechten Ohr bestehende geringgradige Schwerhörigkeit der Klägerin stellt offensichtlich keine lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung dar.
d) Es kann dahinstehen, ob die Beklagte aufgrund von § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verpflichtet gewesen ist, auch zu prüfen, ob ein Anspruch der Klägerin auf §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) gestützt werden kann. Denn es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Klägerin im sozialhilferechtlichen Sinne bedürftig (dazu Urteil des Senats vom 8. März 2012 – L 4 KR 1373/10 – nicht veröffentlicht) ist. Im Gegenteil geht der Senat davon aus, dass sie nicht bedürftig ist, denn die Klägerin geht einer Beschäftigung nach (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 14. Oktober 2013; Angabe der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen anlässlich der Untersuchung).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Rechtstreit betrifft die Versorgung der schwerhörigen Klägerin mit einer Lichtsignalanlage für die Türklingel sowie das Telefon.
Die Klägerin ist am 1975 geboren und bei der Beklagten als abhängig Beschäftigte krankenversichert. Sie leidet an einer beidseitigen Schwerhörigkeit. Sie ist mit Hörgeräten versorgt.
Die Klägerin beantragte am 15. Oktober 2012 bei der Beklagten durch ihre Hörgeräteakustikerin L. (W. GmbH & Co KG) die Versorgung mit einer Lisa-Lichtsignalanlage zum Preis von EUR 766,00. Trotz einer technisch sehr guten Versorgung mit Hörsystemen könne sie das Türklingelsignal und das Telefonläuten nicht ausreichend wahrnehmen. Für eine optimale Teilnahme am Leben in der Gesellschaft in ihrer 63 m² großen Wohnung (zwei Zimmer, Küche, Bad) benötige sie die Lichtsignalanlage. Diese ermögliche es ihr, Türklingel- und Telefonsignale in ihrer Küche, in ihrem Wohnzimmer und ihrem Schlafzimmer optisch wahrzunehmen. Sie leide nicht nur an ihrer Schwerhörigkeit, sondern auch an Epilepsie, habe einen Bandscheibenvorfall und leide an Depressionen. Sie legte Verordnungen ihres Hals-Nasen-Ohrenarztes Lö. vom 12. Oktober 2012 über einen Lisa-Funk-Converter, drei transportable Funkblitzlampen, einen Combisender akustisch sowie zwei Mikrofonkabel für akustischen Sender vor.
Auf Anfrage der Beklagten äußerte sich Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in einer sozialmedizinischen Fallberatung vom 22. November 2012 dahingehend, dass die medizinischen Voraussetzungen für die begehrte Leistung nicht erfüllt seien. Nach telefonischer Rücksprache mit der Firma W. am 2. November 2012 habe diese per Fax das aktuellste Ton- und Sprachaudiogramm beidseits zur Verfügung gestellt. Die Hörschwelle zwischen 0,5 und 4 Kilohertz verlaufe rechts zwischen 30 und 60 Dezibel, links zwischen 40 und 60 Dezibel. Im Sprachaudiogramm verstehe die Klägerin beim Pegel optimaler Einsilberverständlichkeit (dBopt) 100 Dezibel rechts 95 Prozent und links 100 Prozent Einsilber. Nach dem Tonaudiogramm errechne sich nach Röser 1973 ein Hörverlust rechts von 43 Prozent und links von 53 Prozent, entsprechend einer mittelgradigen Schwerhörigkeit beidseits. Insoweit liege die vereinbarte Indikation – eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit – nicht vor, so dass eine Kostenübernahme für die Lichtsignalanlage nicht empfohlen werden könne.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 6. November 2012 unter Hinweis auf das Gutachten des MDK ab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 23. November 2012 Widerspruch. Eine Versorgung mit Hörgeräten sei für sie nicht ausreichend für die Wahrnehmung der akustischen Signale von Telefon und Türklingel. Sie könne diese oft nicht hören, beispielsweise wenn sie sich in ihrer Küche aufhalte und koche. Dabei sei die Dunstabzugshube eingeschaltet und deren Geräusche überdeckten die Signale von Telefon und Türklingel. Wenn sie in der kälteren Jahreszeit im Wohnzimmer am Esstisch sitze, könne sie weder Türklingel noch Telefon hören. Sie könne die Türen nicht offen stehen lassen, da sie ansonsten unnötig mehr heizen müsste. Es sei schon mehrfach vorgekommen, dass ihre Eltern oder eine Freundin sie hätten besuchen wollen, sie aber die Türklingel trotz Hörgeräten nicht gehört habe. Es würde auch nicht helfen, wenn Besuch telefonisch angekündigt würde. Denn sie sitze zu Hause nicht die ganze Zeit neben dem Telefon. Darüber hinaus trage sie ihre Hörgeräte nicht 24 Stunden am Tag. Wenn sie schlafe, lege sie sie ab, ebenso beim Duschen, Baden und Haarewaschen. Ohne Hörgeräte höre sie die akustischen Signale von Telefon und Türklingel nicht. Sie leide an Migräne und bei Anfällen nehme sie ihre Hörgeräte heraus. Denn alles, was sie höre, führe zu einer Verschlimmerung der Migräne. Auch in solchen Situationen könne sie die Türklingel oder das Telefon nicht hören. Sie sei alleinstehend und lebe allein in ihrer Wohnung. Es gebe also auch keine andere Person, die sie auf das Klingeln an der Türe oder des Telefons aufmerksam machen könne. Sie sei deshalb darauf angewiesen, dass die akustischen Signale von Türklingel und Telefon mittels der Lichtsignalanlage in optische Signale umgewandelt würden. Die Lichtsignalanlage diene dem Behinderungsausgleich. Ohne Lichtsignalanlage würde sie die Türklingel und das Telefon überwiegend nicht hören. Das habe zur Folge, dass ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft stark eingeschränkt wäre. Außerdem würde das ihre vorhandenen Depressionen weiter verstärken.
Auf Anfrage der Beklagten äußerte sich Dr. C. vom MDK unter dem 17. Dezember 2012 dahingehend, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen werden könne. Der Widerspruch der Klägerin enthalte keinen neuen medizinischen Sachverhalt.
Die Beklagte lehnte daraufhin das Begehren (erneut) mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 ab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 7. Januar 2013 Widerspruch. Sie verwies auf ihren früheren Widerspruch sowie ergänzend darauf, sie sei ein schwerbehinderter Mensch. Die Schwerhörigkeit habe sich im Dezember 2012 weiter verschlechtert. Sie könne die Klingeln an der Tür und am Telefon nicht mehr hören, insbesondere in der Küche, im Schlafzimmer und im Wohnzimmer am Fenster. Sie habe Besuch gehabt. Der Besuch habe 20 Minuten vor der Türe gestanden und sei dann wieder gegangen. Wenn ein Päckchen komme, gehe der Briefträger wieder und sie müsse dann zur Post gehen.
Auf Anfrage der Beklagten äußerte sich Dr. C. vom MDK unter dem 16. Januar 2013 erneut. Die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung seien nicht erfüllt. Die Diagnosen Depression, Epilepsie sowie Bandscheibenvorfälle stellten keine Indikation für eine Lichtsignalanlage dar.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin (erneut) mit Bescheid vom 21. Januar 2013 ab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 23. Januar 2013 unter Hinweis auf ihren früheren Widerspruch vom 7. Januar 2013 erneut Widerspruch.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 6. November 2012 mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2013 zurück. Indikation für eine Versorgung mit einer Lichtsignalanlage sei nach dem Hilfsmittelverzeichnis eine Taubheit oder eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit trotz optimaler Hörgeräteversorgung. Nach Auswertung des aktuellen Ton- und Sprachaudiogramms liege keine Taubheit bzw. eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit vor. Es liege eine mittelgradige Schwerhörigkeit beidseitig vor. Eine situationsgerechte Versorgung mit Hörgeräten sei erfolgt. Eine Indikation für eine Lichtsignalanlage liege nicht vor.
Hiergegen erhob die Klägerin am 2. April 2013 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Der Grad der Behinderung habe auf 90 erhöht werden müssen (Bescheid des Landratsamts L. vom 10. April 2013). Sie leide an Anfallsleiden, Depression, seelischer Störung, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden, Nervenwurzelreizerscheinungen, Migräne, Schwerhörigkeit und Sehbehinderung. Sie könne das Telefon und die Türklingel überhaupt nicht hören, wenn sie in der Küche sei und wenn sie im Wohnzimmer am Fenster sitze. Nur wenn das Telefon direkt neben ihr sei, dann höre sie dies. Das Telefon sei jedoch auch in der Ladestation. Da sie einen Telefonanruf des Arbeitgebers nicht gehört habe, habe sie von diesem eine (vorgelegte) Abmahnung erhalten. Sie könne das Hörgerät nicht ganztags tragen. Sie müsse es in der Nacht ablegen. Es bestehe für sie dann eine lebensbedrohliche Situation, wenn zum Beispiel Feuer ausbreche oder Gas austrete. Es bestehe ein Härtefall. Es liege auch ein Systemversagen und eine Lücke im Versorgungssystem vor. Sie erinnere an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, juris). Die Klägerin trug zum Gutachten des Prof. Dr. Li. (dazu unten) vor, dass sie nicht in der Lage sei, die Türklingel und die Telefonklingel akustisch wahrzunehmen.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihren Widerspruchsbescheid entgegen. Ein dauerhaft behinderter Versicherter könne nicht solche Hilfsmittel beanspruchen, die allein wegen der Besonderheit seiner individuellen Wohnsituation benötigt würden (Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 7. Oktober 2010 – B 3 KR 13/09 R – juris).
Das SG befragte Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Lö. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Facharzt Lö. teilte unter dem 28. Juni 2013 mit, dass die Klägerin seines Erachtens in der Lage sei, das Klingeln einer Türklingel oder eines Telefons mit den 2012 angepassten Hörgeräten zu hören, wenn diese entsprechend laut eingestellt seien.
Auf Antrag der Klägerin bestellte das SG gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie des Klinikums am G. in H. Prof. Dr. Li. zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser erstattete unter dem 16. Dezember 2014 ein HNO-ärztliches Gutachten auf Grund einer Untersuchung der Klägerin vom 9. September 2014. Ohne Hörgeräteversorgung zeigten sich nach Röser 1973 im Tonaudiogramm rechts eine geringgradige Schwerhörigkeit mit einem prozentualen Hörverlust von 36 Prozent, links eine mittelgradige Schwerhörigkeit mit einem prozentualen Hörverlust von 52 Prozent. Nach Bönninghaus und Röser (Tabelle zur Ermittlung des prozentualen Hörverlustes aus den Werten der sprachaudiometrischen Untersuchung von 1973) und der Berücksichtigung des gewichteten Gesamtwortverstehens bestehe im Sprachaudiogramm ohne Hörgeräte ein prozentueller Hörverlust von null Prozent rechts und 40 Prozent links. Es könne somit keine Taubheit oder eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit festgestellt werden. Mit Hörgeräteversorgung bestehe beidseits im Sprachaudiogramm Normakusis. Die Hörgeräte der Klägerin wären optimal eingestellt. Mit Hörgeräten bestehe ein Grad der Schwerhörigkeit von null Prozent. Bei optimaler Hörgeräteversorgung bestehe keine besondere Beeinträchtigung des Hörvermögens in den Frequenzbereichen, in denen üblicherweise Tür- und Telefonklingel lägen. Nach telefonischer Auskunft von Dipl.-Ing. R. (Geschäftsführer Deutsches Hörgeräteinstitut L.) lägen handelsübliche Türklingeln nach dem Prinzip des Wagnerschen Hammers üblicherweise in den Frequenzbereichen von zwei bis vier Kilohertz bei 80 bis 85 Dezibel in einem Meter Abstand. Sogenannte Türgongs längen in den Frequenzbereichen von 800 Hertz bis 2 Kilohertz bei ca. 80 Dezibel in einem Meter Abstand. In diesen Frequenzbereichen bestehe bei der Klägerin keine besondere Beeinträchtigung des Hörvermögens. Für Telefone liege keine verbindliche Norm vor. Die Klägerin sei bei optimaler Hörgeräteversorgung in der Lage, eine handelsübliche Telefon- oder Türklingel unter Zugrundelegung durchschnittlicher Raumverhältnisse zu hören. Es bestünden dringende Gründe gegen das Tragen von Hörgeräten während des Schlafes. Die Klägerin gebe an, durch das Tragen der Hörgeräte während des Schlafens Druckstellen zu bekommen. Des Weiteren müssten sie gereinigt werden und über Nacht trocknen.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 SGG führte Prof. Dr. Li. am 21. August 2015 einen Hausbesuch bei der Klägerin durch und berichtete hierüber in einer Stellungnahme vom 1. September 2015. Die Klägerin habe angegeben, dass sie bei eingeschalteten Hörgeräten die Türklingel auch bei geschlossener Schlafzimmer- und Wohnzimmertür höre, was jedoch bei ausgeschaltetem Hörgerät oder auch bei Zusatzgeräuschen wie der Dunstabzugshaube nicht mehr möglich sei. Die Klägerin besitze ein tragbares Telefon mit Mobilteil, welches an einer Aufladestation aufgeladen werde. Auf Nachfrage gebe sie an, dass sie das Telefon in das Schlafzimmer mitnehmen könne. Wenn der Ladezustand gut sei, könne sie das Telefonklingel auch bei abgeschalteten Hörgeräten gut wahrnehmen, nicht jedoch, wenn der Ladezustand schlecht sei. Mit einer handelsüblichen Smartphone-App namens "Sound Meter" sei die Lautstärke der Türklingel an verschiedenen Orten und bei offenen und geschlossenen Türen gemessen worden. Die Klingel selbst erzeuge in unmittelbarer Nähe im Flur einen Wert von bis zu 84 Dezibel. Sowohl im Schlafzimmer als auch im Wohnzimmer – auch an den entferntesten Stellen – werde die Klingel immer noch mit 70 Dezibel wahrgenommen. Bei geschlossener Tür im Wohnzimmer betrage der Wert hingegen nur noch mit 55 Dezibel und bei geschlossener Tür im Schlafzimmer 50 Dezibel. Auch in der Küche könne die Türklingel bei geöffneter Tür mit 70 Dezibel gemessen werden, bei geschlossener Tür hingegen mit 50 Dezibel. Die eingeschaltete Dunstabzugshaube produziere einen messbaren "Lärm" von über 70 Dezibel. Unter Berücksichtigung der bereits im Gutachten vom 16. Dezember 2014 dargestellten handelsüblichen Frequenzen von Türklingeln könne die Türklingel daher in der gesamten Wohnung bei geöffneten Türen auch ohne Hörgeräte problemlos gehört werden. Allein bei geschlossenen Türen bzw. zusätzlichem Lärmquellen könne die Türklingel nicht mehr gehört bzw. überdeckt werden. Auch Normalhörige müssten in Kauf nehmen, dass bei anders lautenden Geräuschquellen wie Staubsäuger, Fön oder Abzugshaube Telefon oder Tür überhört werden könnten. Die Klägerin treffe hier auf Grund der Schwerhörigkeit keine Sonderstellung. Bezüglich des Problems der geschlossenen Türen sei anzumerken, dass die Hörgeräte in der Regel während des Schlafens herausgenommen würden und die Klägerin bei geschlossener Schlafzimmertür seitens der Messwerte die Türklingel überhören könne. Eine einfache Lösungsmöglichkeit in diesem Fall wäre, die Tür geöffnet zu lassen bzw. auf kleine technische Hilfsmittel wie ein Babyphone zurückzugreifen, die kostengünstig zu erwerben seien. Auf Nachfrage gebe die Klägerin an, dass sie sich bisher noch nicht mit der Hausverwaltung ins Einvernehmen gesetzt habe, ob ihre Türklingel überhaupt justiert werden könne (verstärkt, anderer Klingelton). Dies sollte zunächst der weitere Schritt sein. Die Klägerin gebe an, dass sie das Telefon auch bei ausgeschalteten Hörgeräten im Schlafzimmer bei gutem Ladungszustand der Akkus hören könne. Diesbezüglich sei festzustellen, dass es der Sorgfaltspflicht der Klägerin obliege, für einen ordnungsgemäß geladenen Zustand des Akkus im Mobilteil des Telefons zu sorgen, wenn sie es nachts aus der Ladestation nehme. Nach Besichtigung der Wohnung habe sich gezeigt, dass die Türklingel allein bei ausgeschalteten Hörgeräten und zusätzlich geschlossener Schlafzimmertür nachts überhört werden könne. Die Anforderung für eine Kostenübernahme für Funktürklingelsets, die im Handel für bereits knapp EUR 200,00 erhältlich seien, durch die Krankenkasse seien nicht erfüllt. Einfache Lösungen wie das Offenlassen der Tür oder Kontaktaufnahme mit der Hausverwaltung, um gegebenenfalls die Klingel anders zu justieren, oder auch ein handelsübliches Babyphone zur Übermittlung der Türklingel bei geschlossener Schlafzimmertür und ausgeschalteten Hörgeräten reichten aus, um Abhilfe zu schaffen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 21. März 2016 ab. Die Versorgung der Klägerin mit einer Lichtsignalanlage sei nicht erforderlich, um die bestehende Behinderung (Schwerhörigkeit) auszugleichen. Die Klägerin sei mit den Hörgeräten in der Lage, das Klingeln der Türklingel und des Telefons zu hören. Hieran vermöge der Vortrag der Klägerin, sie trage die Hörgeräte nicht rund um die Uhr, sondern nehme sie zum Beispiel zum Duschen, Haarewaschen und Schlafen ab, nichts zu ändern. Der Sachverständige Prof. Dr. Li. habe schlüssig und nachvollziehbar daraufhin gewiesen, dass nach der gemessenen Laufstärkewerten sowie dem festgestellten Hörrestvermögen der Klägerin diese durchaus in der Lage sei, bei geöffneten Türen auch ohne Hörgeräte in der gesamten Wohnung die Türklingel zu hören. Der Sachverständige empfehle insoweit nachvollziehbar, die Türen nachts offen zu lassen. Soweit die Klägerin darauf hingewiesen habe, dass dies in der Heizperiode nicht möglich sei, habe der Sachverständige zutreffend auf die Möglichkeit der Nutzung eines Babyphones hingewiesen. Da das Telefon über Nacht in geladenem Zustand mit ins Schlafzimmer genommen werden und dort neben das Bett der Klägerin gelegt werden könne, bestünden auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, nachts das Telefonklingel ebenso wahrzunehmen wie ein normalhöriger Mensch. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, sie könne bei Nebengeräuschen wie zum Beispiel der Dunstabzugshaube oder dem Staubsauger weder die Türklingel noch das Telefon hören, habe der Sachverständige zutreffend darauf hingewiesen, dass es auch Normalhörigen in solchen Situationen schwerer falle, das Läuten des Telefons sowie die Türklingel zu hören. Die Klägerin befinde sich bei Nutzung ihrer Hörgeräte in keiner anderen Situation als ein Versicherter mit normalem Hörvermögen.
Gegen das ihr am 18. April 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. April 2016 Berufung eingelegt. Eine Telefonanlage und eine Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlage sei medizinisch notwendig und erforderlich. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, dass sie an Epilepsie leide und nachts immer Angst habe, dass etwas passieren und sie deshalb nicht einschlafen könne. Sie leide dann an Schlafmangel. Das Ganze sei ein Teufelskreis. Ein Babyphone sei nicht ausreichend, weil sie mit dem Babyphone eben nicht aufwache und dies habe seinen Grund darin, dass der Blitz beim Babyphone nicht hell genug sei. Wenn sie die Telefonanlage und die Klingelanlage mit ausreichend heller Blitzlampe und Lichtsignalanlage erhalte, dann könne sie nachts wieder einschlafen, weil sie nicht immer mit der Angst einschlafen müsse, dass etwas passiere.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. März 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Telefon- und eine Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt ihr bisheriges Vorbringen.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beteiligten haben sich nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagte Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hatten die Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung.
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht der Zulassung, da die Klage eine Sachleistung von EUR 766,00 betrifft und der Beschwerdegegenstand damit mehr als EUR 750,00 beträgt.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013. Zwar richtete sich die Klageschrift vom 19. März 2013 gegen den Bescheid vom 21. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013. In diesem Widerspruchsbescheid wurde aber ausdrücklich (nur) über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 6. November 2012 entschieden, so dass das Klagebegehren entsprechend auszulegen war. Auch das SG hat ausdrücklich über den Bescheid vom 6. November 2011 entschieden. Bei den Schreiben der Beklagten vom 18. Dezember 2012 und vom 21. Januar 2013 handelt es sich zudem um sog. wiederholende Verfügungen ohne eigenen Regelungsgehalt (vgl. hierzu etwa Luthe, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 31 Rn. 45 m.w.N.).
3. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Telefonanlage und einer Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlage.
a) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R – juris, Rn. 14). Insoweit hat der in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck für die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen (zum Folgenden BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 31 ff.).
(1) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion – hier das Hören – selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fort-schritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 31; BSG, Urteil vom 16. September 2004 – B 3 KR 20/04 R – juris, Rn. 12).
(2) Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog. mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig (BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 32). Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSG, Urteil vom 26. März 2003 – B 3 KR 23/02 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 32). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen – etwa Gebrauchsvorteile im Beruf – haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 31).
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder die unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach etwa Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (ständige Rechtsprechung des BSG, etwa Urteil vom 16. April 1998 – B 3 KR 6/97 R – juris, Rn. 17; Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R – juris, Rn. 34). Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet.
(3) Bei der von der Klägerin begehrten Telefonanlage und Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlagen handelt es sich um ein Mittel des mittelbaren Behinderungsausgleichs, denn mit diesen Anlagen wird die beeinträchtigte Körperfunktion des Hören nicht wiederhergestellt, sondern sie soll lediglich zu einem Ausgleich der Folgen der Behinderung führen und gehört daher nur dann zum Aufgabenkreis der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens dient (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 3 KR 5/09 R – juris, Rn. 14; BSG, Urteil vom 18. Juni 2014 – B 3 KR 8/13 R – juris, Rn. 21). Nicht das Hören selbst wird ermöglicht oder erleichtert, sondern das fehlende Hörvermögen durch die Nutzung des nicht beeinträchtigten Sehvermögens kompensiert, indem akustische Signale in optische Signale umgewandelt werden. Der gehörlose Versicherte hört nicht das Läuten der Türklingel, sondern sieht, dass die Türklingel bedient wird (BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 3 KR 5/09 R – juris, Rn. 14).
b) Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin eine Versorgung mit einer Telefonanlage und einer Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlagen schon deswegen nicht zu, weil eine solche Versorgung zum Ausgleich einer Behinderung nicht erforderlich ist.
Die bei der Klägerin bestehende (gering- bzw. mittelgradige) Hörbehinderung ist bereits durch die bestehende Hörgeräteversorgung vollständig kompensiert. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Li. vom 16. Dezember 2014 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. September 2015. Er hat ausdrücklich festgestellt, dass mit Hörgeräteversorgung beidseits im Sprachaudiogramm Normakusis besteht, die Klägerin mit Hörgeräten also genauso hört wie eine nicht hörbehinderte Person. Die Klägerin hat selbst gegenüber dem Sachverständigen angegeben, bei eingeschalteten Hörgeräten die Türklingel auch bei geschlossener Schlafzimmer und Wohnzimmertür zu hören. Soweit die Klägerin im Verlaufe des Verfahrens vorgetragen hat, dass sie bei zusätzlichem Lärm – etwa dem einer Dunstabzugshaube – trotz Hörgeräteverwendung das Klingeln von Telefon und Haustüre nicht höre, führt dies zu keinem anderen rechtlichen Befund. Denn solche Zusatzgeräusche können – dies ist allgemein bekannt – auch bei Normalhörigen dazu führen, dass sie Telefon- und Haustürklingeln nicht hören. Insofern besteht bei der Klägerin also keine besondere, behinderungsspezifische Situation.
Eine Notwendigkeit zum Behinderungsausgleich durch eine Telefonanlage und einer Klingelanlage mit Blitzlampen und Lichtsignalanlagen besteht auch nicht für die Phasen, in denen die Klägerin die Hörgeräte nicht trägt. Dies ist nach ihrem Vortrag – durchaus nachvollziehbar – der Fall während des nächtlichen Schlafens, aber auch beim Duschen, Baden und Haarewaschen. Der Sachverständige Prof. Dr. Li. hat bei seiner Besichtigung der Wohnverhältnisse der Klägerin und aufgrund der von ihm durchgeführten Messungen festgestellt, dass die Türklingel allein bei ausgeschalteten Hörgeräten und zusätzlich geschlossener Wohnzimmer- oder Schlafzimmertür überhört werden könnte. Sollte hierin ein Nachteil zu erblicken sein, könnte dem bereits allein durch das Offenlassen der Wohnzimmer- bzw. Schlafzimmertür abgeholfen werden. Abgesehen davon wird aber ohnehin während des nächtlichen Schlafens es weithin als vorteilhaft angesehen, wenn der Schlaf nicht durch nächtliches Klingeln an der Haustür oder des Telefons unterbrochen wird. Entsprechend enthalten moderne Telefone und Hausklingeln gerade die Funktion, den Klingelton bei Bedarf – und dieser besteht eben gerade nachts – auszuschalten. Ein etwaiges Überhören von Tür- und Telefonklingel während des Schlafens erweist sich damit nicht als nachteiliges Resultat einer Behinderung, sondern als ein weithin als adäquat beurteiltes Phänomen. Im Übrigen hat die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen ausweislich seiner Darstellung in der Stellungnahme vom 1. September 2015 ausdrücklich mitgeteilt, dass sie das Telefonklingeln bei gutem Ladezustand des Telefons auch bei abgeschalteten Hörgeräten hört. Es obliegt insofern der Klägerin, während des Tragens der Hörgeräte für das Aufladen des Telefonakkus zu sorgen, um dann während des Nichttragens der Hörgeräte das Telefon gleichwohl zu hören. Hierauf hat der Sachverständige zutreffend hingewiesen. Die Klägerin hat gegenüber dem Sachverständigen im Übrigen auch eingeräumt, die Hausverwaltung bezüglich ein anderer Justierung der Türklingel überhaupt nicht kontaktiert zu haben. Da somit andere, kostengünstigere bzw. kostenlose Möglichkeiten, die akustische Wahrnehmung der Türklingel zu verbessern, bislang nicht genutzt wurden, besteht auch insofern keine Notwendigkeit zur Versorgung mit Hilfsmitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse.
c) Den geltend gemachten Anspruch kann die Klägerin im Übrigen auch nicht aus § 2 Abs. 1a SGB V herleiten, der auf dem von der Klägerin angeführten sog. Nikolausbeschluss des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris) beruht. Nach dieser Norm können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die auf dem linken Ohr bestehende mittel- bzw. auf dem rechten Ohr bestehende geringgradige Schwerhörigkeit der Klägerin stellt offensichtlich keine lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung dar.
d) Es kann dahinstehen, ob die Beklagte aufgrund von § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verpflichtet gewesen ist, auch zu prüfen, ob ein Anspruch der Klägerin auf §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) gestützt werden kann. Denn es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Klägerin im sozialhilferechtlichen Sinne bedürftig (dazu Urteil des Senats vom 8. März 2012 – L 4 KR 1373/10 – nicht veröffentlicht) ist. Im Gegenteil geht der Senat davon aus, dass sie nicht bedürftig ist, denn die Klägerin geht einer Beschäftigung nach (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 14. Oktober 2013; Angabe der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen anlässlich der Untersuchung).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
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