Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 151/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1978/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 29.04.2016 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf jeweils 26.645,27 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen den Vollzug einer Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen inklusive Säumniszuschlägen iHv insgesamt 106.581,09 EUR.
Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH die Gaststätte B. in H. Das Stammkapital iHv 25.000 EUR wird zu 100% von dem Gesellschafter und seit 07.12.2006 alleinigen Geschäftsführer A. A. (im Folgenden: A) gehalten. Das Finanzamt M.-N. führt im Rahmen einer Betriebsprüfung ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gegen A. Ein daraufhin eingeleitetes Strafverfahren wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt wurde im September 2013 wegen des zu erwartenden Steuerschadens nach § 154 Strafprozessordnung eingestellt. Die Steuerfahndungsbehörden haben 31 Arbeitnehmer der Antragstellerin ermittelt und 27 davon als Zeugen vernommen. Bei 23 davon ergaben sich Anhaltspunkte für Schwarzlohnzahlungen. Die Antragsgegnerin berechnete unter dem 23.11.2012 im Wege der Schätzung (Summenbeitragsbescheid nach § 28f Abs 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) einen Schaden von 495.193,04 EUR an Beiträgen und Umlagen zuzüglich 337.915,50 EUR Säumniszuschläge.
Nach den Ausführungen im Bericht über die steuerlichen Feststellungen vom 11.06.2015 täuschten die in der Buchhaltung ausgewiesenen Lohnzahlungen für die Bereiche Küche, Theke, Service und Putzkraft bei jedem Arbeitnehmer eine monatlich nahezu gleichbleibende Vergütung vor, tatsächlich sei jedoch eine höhere Entlohnung monatlich schwankend vorgenommen worden. Darüber hinaus seien Lohnzahlungen an eine Vielzahl von kurzfristig Beschäftigten geleistet worden, ohne die Zahlungen zu verbuchen. Die nicht in der Buchhaltung erfassten Lohnanteile seien bar und ohne Quittung durch den Arbeitgeber ausgezahlt worden, ohne den sich daraus ergebenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Die Zeugen hätten Angaben gemacht zur Höhe des gezahlten Stundenlohnes und zur Personalstärke im Lokal. Hieraus ließen sich für die entsprechenden Arbeitsbereiche mit einem Sicherheitsabschlag von 10% nicht gebuchte Jahreslohnzahlungen ermitteln.
Mit Anhörung vom 12.12.2014 teilte die Antragsgegnerin die beabsichtigte Nachforderung von Beiträgen und Säumniszuschlägen für den Zeitraum 01.09.2004 bis 31.12.2011 iHv insgesamt 105.871,75 EUR mit. Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge habe die Antragsgegnerin die sich aus den Zeugenaussagen ergebenden Löhne zugrunde gelegt und die Schwarzgeldzahlungen entsprechend § 14 Abs 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) hochgerechnet.
Die Antragstellerin verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass die Zeugenaussagen kritisch zu beurteilen seien, da bei allen Personen die Beschäftigung Jahre zurückliege. Den Zeugen seien bei der Polizei Antworten in den Mund gelegt worden, die Aussagen seien unter Druck entstanden und die Zeugen hätten teilweise gar nicht verstanden, was sie gefragt worden seien. Die geschätzten Beiträge seien völlig überzogen. Es habe auch kein Vorsatz im Hinblick auf die Vorenthaltung von Beiträgen bestanden. Es solle konkret ermittelt werden, wie viel Arbeitslohn tatsächlich an die Angestellten ausgezahlt worden sei. Die Antragsgegnerin forderte daraufhin mit Schreiben vom 28.05.2015 und 05.08.2015 von der Antragstellerin vergeblich die Stundenaufzeichnungen für die betroffenen Arbeitnehmer an.
Mit Bescheid vom 25.11.2015 forderte die Antragsgegnerin für namentlich genannte Beschäftigte personenbezogen für den Zeitraum 01.09.2004 bis 31.12.2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen iHv insgesamt 106.581,09 EUR nach inklusive 46.546,50 EUR Säumniszuschläge. Es seien Mitarbeiter zum Teil nicht oder nicht für die gesamte Dauer der Beschäftigung gemeldet worden, zudem seien geringere Entgelte gemeldet worden als tatsächlich ausbezahlt. Aufgrund der schwankenden Arbeitszeiten hätten die Zeugen einen Durchschnittsverdienst angegeben. Für die Berechnung der Beiträge sei daher von einem Mittelwert ausgegangen worden. Die Schwarzlohnzahlungen seien nach § 14 Abs 2 SGB IV hochgerechnet worden. Für die geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer seien Pauschalbeiträge nachgefordert worden. Soweit bei als geringfügig gemeldeten Personen die Geringfügigkeitsgrenze überschritten worden sei, werde die Differenz zwischen zu Unrecht gezahlten und geschuldeten Beiträgen geltend gemacht. Da die Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden seien, seien die Beiträge gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV nicht verjährt. Säumniszuschläge seien zu erheben, es habe Kenntnis von der Zahlungspflicht bestanden.
Mit ihrem Widerspruch vom 10.12.2015 machte die Antragstellerin geltend, der Bescheid beruhe auf unzureichenden Ermittlungsergebnissen der Steuerfahndung. Im Rahmen einer weiteren Durchsuchung (Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 19.10.2015) seien weitere Unterlagen beschlagnahmt worden, die bislang noch nicht ausgewertet seien. Hinsichtlich der Verjährung werde darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer nicht Arbeitgeber der Angestellten gewesen sei und auch nicht die Entlohnung übernommen habe. Zudem sei er in den Jahren 2004 bis 2006 gar nicht Geschäftsführer gewesen.
Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheids lehnte die Antragsgegnerin unter dem 14.01.2016 ab.
Am 18.01.2016 hat die Antragstellerin daraufhin beim Sozialgericht Mannheim (SG) "Antrag auf Aussetzung der Vollziehung" gestellt. Die Antragsgegnerin habe sich allein auf die vorläufigen Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndungsstelle gestützt, die zudem noch gar nicht abgeschlossen seien. Aufgrund der widersprüchlichen Angaben der vernommenen Zeugen könnten schon dem Grunde nach Schwarzlohnzahlungen nicht eindeutig festgestellt werden. Die Aussagen der vernommenen Arbeitnehmer könnten angesichts des Zeitablaufs nicht hinreichend zuverlässig sein, insbesondere nicht hinsichtlich möglicher nicht entlohnter Fehlzeiten. Im Übrigen werde Verjährungseinrede erhoben, ein bedingter Vorsatz der Geschäftsführung könne nicht festgestellt werden. Die Vollziehung des Beitragsbescheids bedeute zudem eine unbillige Härte, denn bei Betreibung der Gesamtforderung drohe der Antragstellerin Zahlungsunfähigkeit. Hierzu hat die Antragstellerin den vorläufigen Jahresabschluss 2014 und die vorläufige betriebswirtschaftliche Auswertung 2015 vorgelegt.
Mit Beschluss vom 29.04.2016 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 25.11.2015 komme nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht in Betracht, weil keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestünden. Die Antragsgegnerin habe Beiträge für namentlich genannte Beschäftigte mit genauer zeitlicher Zuordnung gefordert. Sie sei nach § 28f Abs 2 Satz 3 SGB IV berechtigt gewesen, die Entgelte aufgrund der fehlenden Aufzeichnungen zu schätzen. Die Schätzung beruhe auf sorgfältig ermittelten Tatsachen und sei nachvollziehbar. Grundlage seien die Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren der Finanzbehörde. Die pauschalen Einwände der Antragstellerin hinsichtlich der fehlenden Verlässlichkeit der Aussagen griffen nicht durch. Es liege allein in der Sphäre der Antragstellerin, die tatsächlich gezahlten Löhne darzulegen. Eine Verjährung der Beiträge stehe nicht im Raum. Vorliegend seien Lohnzahlungen in bar und ohne Quittung in Abweichung zu der gebuchten und gemeldeten Höhe der Lohnzahlungen über Jahre hinweg getätigt worden. Damit habe die Geschäftsführung zumindest billigend in Kauf genommen, dass dadurch Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten wurden. Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjährten in 30 Jahren (§ 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Die Erhebung von Säumniszuschlägen beruhe auf § 24 SGB IV. Die Vollziehung bedeute für die Antragstellerin auch keine unbillige Härte. Die mit der Zahlung der Beitragsforderung verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen seien lediglich Ausfluss der gesetzlich auferlegten Pflichten. Die Antragstellerin habe nicht substantiiert dargelegt, dass das Betreiben der Forderung aktuell die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage zur Folge habe, der Hinweis auf ein mögliches Insolvenzverfahren reiche nicht aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2016 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch zurückgewiesen. Die vom Finanzamt durchgeführten Vernehmungen von Personen seien ausgewertet worden. Von einer erneuten Befragung sei abgesehen worden, da den schlüssigen Aussagen zusätzliche Barlohnzahlungen über die üblichen Lohnabrechnungen hinaus zu entnehmen seien. Soweit weitere Ermittlungen gefordert würden, seien am 28.05.2015 und 10.08.2015 Stundenaufzeichnungen bezüglich der betroffenen Personen angefordert, jedoch nicht eingereicht worden. Für die Vorenthaltung der Beiträge sei der Geschäftsführer der GmbH rechtlich verantwortlich; dem stehe nicht entgegen, dass ggf andere Mitarbeiter mit der Abwicklung der Beitragszahlung beauftragt gewesen seien. Die Beiträge seien auch mit bedingtem Vorsatz vorenthalten. Nach Rücksprache mit der Steuerfahndung des Finanzamtes Mannheim am 07.01.2016 sei eine Auswertung der neu beschlagnahmten Unterlagen noch nicht abgeschlossen, es seien jedoch keine Lohnunterlagen, Stundenaufzeichnungen, Schichtzettel oä in den beschlagnahmten Unterlagen vorhanden. Es komme nur zu steuerrechtlichen Auswirkungen. Ein Hauptsacheverfahren ist nach telefonischer Mitteilung des SG vom 05.07.2016 noch nicht anhängig.
Bereits am 30.05.2016 hat die Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 29.04.2016 eingelegt. Das Aussetzungsinteresse überwiege das Vollzugsinteresse, da eine Vollziehung die Antragstellerin bei laufendem Geschäftsbetrieb wirtschaftlich vernichten würde. Das SG habe seinen Schlussfolgerungen selbst einen unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt. Allein die Möglichkeit der Erlangung neuer Erkenntnisse reiche aus, um von einer rechtswidrigen Festsetzung auszugehen. Die Antragstellerin habe umfassend dargestellt, dass die Zeugenaussagen unbrauchbar seien. Soweit Zeugen Mehrzahlungen angegeben hätten, sei unklar, wie diese einzuordnen seien (als Lohn, Trinkgeld oder Umsatzbeteiligung). Da in der Gastronomie tätige Personen einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen über Trinkgelder generierten, dränge sich die Frage nach der Einbehaltung und Auszahlung von Trinkgeldern im Zusammenhang mit den etwaig geleisteten Mehrzahlungen geradezu auf. Bei Durchsicht der Vernehmungsprotokolle sei auffällig, dass die Aussagen zu den Mehrzahlungen zum Teil wortwörtlich übereinstimmten ("wie vorstehend ausgeführt" ). Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die Protokolle nicht den originalen Wortlaut der Zeugen wiedergäben. Auffällig sei zudem, dass mehrere Zeugen mehrmals vernommen worden seien und erst bei der zweiten Vernehmung ausgesagt hätten, dass sie Mehrzahlungen erhalten hätten. Die Zeugin G. sei sogar dreimal vernommen worden, erst dem letzten Protokoll könnten angebliche Mehrzahlungen entnommen werden. Nahezu alle Zeugen hätten angegeben, den Lohn von den Schichtleitern und nicht vom Geschäftsführer erhalten zu haben. Soweit das SG die Schätzung wegen der nicht vorgelegten Stundenzettel für gerechtfertigt halte, sei anzumerken, dass sich alle Unterlagen bei der Steuerfahndungsstelle befänden, weshalb keine weiteren Unterlagen vorgelegt werden könnten. Unabhängig davon sei die Antragstellerin auch nicht verpflichtet, Stundenzettel zu führen. Die Aufstellung der Löhne ergebe sich aus der Lohnbuchhaltung. Die Antragstellerin bestreite die angeblichen Schwarzlohnzahlungen in vollem Umfang. Es fehle auch an fallbezogenen tatsächlichen Feststellungen zum Vorsatz. Schließlich würde die Vollziehung bei laufendem Geschäftsbetrieb zu einem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Antragstellerin führen. Aus den vorgelegten Unterlagen könne entnommen werden, dass die Antragstellerin zum Ende des Jahres 2014 über ein Betriebsvermögen von ca 208.000 EUR verfügt habe. Die Nachforderung der Antragsgegnerin entspreche mehr als der Hälfte des Betriebsvermögens. Aus der zum 30.04.2016 erstellten Summen- und Saldenliste gingen liquide Mittel von nur noch ca 40.000 EUR hervor, was zur Begleichung der Forderung nicht ausreiche. Die Abwicklung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens würde den Geschäftsbetrieb beenden und der Antragstellerin die Existenzgrundlage entziehen. Den Gläubigern entstünden durch eine Aussetzung der Vollziehung keine Nachteile, da die Antragstellerin über einen laufenden Geschäftsbetrieb verfüge.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 29.04.2016 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.04.2016 bzw der Klage gegen den Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 19.02.2016 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die vom Finanzamt M.-N. durchgeführten Vernehmungen von Arbeitnehmern der Antragstellerin seien herangezogen und ausgewertet worden. Von einer erneuten Befragung sei abgesehen worden, da den Aussagen zweifelsfrei zusätzliche Barlohnzahlungen über die üblichen Lohnabrechnungen hinaus zu entnehmen seien. Die Zeugenaussagen seien diesbezüglich sowie hinsichtlich der Beschäftigungszeiten schlüssig. Eine unbillige Härte lasse mit den eingereichten Unterlagen nicht belegen; insoweit komme es nicht allein auf die Liquidität der Antragstellerin an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs 1 SGG statthaft, insbesondere nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen, da angesichts des Beschwerdewerts auch in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die Beschwerde ist zudem form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG). Sie ist aber nicht begründet.
Nach § 86a Abs 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Zu den Entscheidungen, die unter § 86a Abs 2 Nr 1 SGG fallen, gehören auch Bescheide des Rentenversicherungsträgers, die - wie hier - auf der Grundlage von § 28p SGB IV nach einer Prüfung beim Arbeitgeber ergehen (Beschlüsse des Senats vom 04.09.2013, L 11 2315/13 ER-B, 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, mwN und vom 29.07.2010, L 11 R 2595/10 ER-B, alle veröffentlicht in juris).
Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsachverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (st Rspr des Senats; vgl Beschlüsse vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B, und 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, veröffentlicht in juris). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel iSv § 86a Abs 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (Senatsbeschluss vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 Er-B mwN, juris). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, juris). Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs 2 Nr 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, juris). Die Wirkung der gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs tritt rückwirkend ab Erlass des mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheides ein und endet in den Fällen, in denen Klage erhoben wird, erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung (Beschlüsse des Senats vom 03.08.2012, L 11 KR 2566/12 ER-B, juris; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; LSG Baden-Württemberg 20.03.2006, L 8 AS 369/06 ER-B, juris).
Das SG hat zu Recht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt, denn ein Erfolg in der Hauptsache ist nicht überwiegend wahrscheinlich.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen. Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht.
Hinsichtlich des Vorliegens abhängiger Beschäftigungen bezüglich der Tätigkeiten im Lokal B. in H. in den Bereichen Küche, Bar, Service und Reinigung bestehen keinerlei Zweifel. Umstritten ist in tatsächlicher Hinsicht allein, in welchem Umfang die Mitarbeiter beschäftigt waren und in welcher Höhe sie Lohn erhalten haben.
Nach im Eilverfahren gebotener, aber auch ausreichender summarischer Prüfung bestehen auch insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Die Antragsgegnerin hat Beiträge nachgefordert für die namentlich genannten Beschäftigten mit genauer zeitlicher Zuordnung. Aufgrund der fehlenden Arbeitgeberaufzeichnungen hat sie die Entgelte nach § 28f Abs 2 Satz 3 SGB IV geschätzt. Hierzu ist sie grundsätzlich berechtigt, wenn die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand des prüfenden Trägers der Rentenversicherung ermittelt werden kann. Die Schätzung ist so exakt vorzunehmen, wie dies unter Wahrung eines nach den genannten Maßstäben noch verhältnismäßigen Verwaltungsaufwands möglich ist. Sie ist nicht zu beanstanden und - bis zum Nachweis der tatsächlichen Höhe des Arbeitsentgelts (§ 28f Abs 2 Satz 5 SGB IV) - verbindlich, wenn sie auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründet und nachvollziehbar ist, weil sie insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BSG 16.12.2015, B 12 R 11/14 R, juris). Dies ist hier der Fall. Grundlage für die Schätzung sind vorliegend die Aussagen der von den Steuerfahndungsbehörden vernommenen Beschäftigten. Dieser Ansatzpunkt ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin darf sich im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht auf die Beweiserhebungen anderer Behörden stützen und diese auswerten, sie muss keineswegs sämtliche Ermittlungen selbst und unmittelbar durchführen. Die Schätzungsbefugnis besteht, weil (bislang) die Antragstellerin keinerlei Unterlagen zur Verfügung gestellt hat, welche eine genaue Aufschlüsselung der Arbeitsentgelte ermöglichen würde, solche sind auch im Rahmen der Durchsuchungen bei der Antragstellerin bislang nicht aufgefunden worden, wie die Steuerbehörden auch bezüglich der letzten Durchsuchung auf Anfrage der Antragsgegnerin bestätigt haben. Zutreffend können daher die von den Beschäftigten angegebenen Durchschnittslöhne als Ausgangspunkt der Berechnung zugrunde gelegt werden. Die Antragsgegnerin hat die Aussagen im Einzelnen gewürdigt und insbesondere nicht für alle vernommenen Mitarbeiter Beiträge nachgefordert. So erfolgt beispielsweise keine Nachforderung für Y. K., die wegen ihres Wegzugs in die Türkei nicht vernommen werden konnte oder für M. H. Aw., dessen Vernehmung wegen eines fehlenden Dolmetschers abgebrochen wurde.
Soweit die Antragstellerin die Aussagen der Zeugen generell für unbrauchbar hält, folgt der Senat dieser Einschätzung nicht. Allein der Zeitablauf macht die Aussagen nicht unbrauchbar. So hat beispielsweise der Koch Ma. H. zu seiner Beschäftigung von 9/2004 bis 1/2008 in der B. sehr klare Angaben machen können sowohl zu seinem Verdienst, dem Umfang seiner Tätigkeit als auch zu den üblichen Abläufen und der Personalstärke im Lokal. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen die Fragen nicht verstanden hätten. Soweit Sprachschwierigkeiten aufgetreten sind – dies war nur einmal der Fall – wurde die Vernehmung ohne Dolmetscher abgebrochen. Alle befragten Zeugen, bei denen tatsächlich Beiträge nacherhoben worden sind, haben bestätigt, dass die Lohnabrechnungen (soweit überhaupt welche erstellt worden sind) nicht mit dem tatsächlich bezahlten Lohn übereinstimmten und der Lohn meist am Ende der Schicht, in manchen Fällen auch am Ende der Woche bar ausgezahlt wurde ohne Quittung unter Ansatz des vereinbarten Stundenlohns (idR zwischen 5 EUR und 8 EUR, je nach Zeitraum und Tätigkeit) und der Zahl der gearbeiteten Stunden. Angesichts der insoweit völlig übereinstimmenden Aussagen der Zeugen besteht für den Senat überhaupt kein Zweifel, dass in der B. ein System von Schwarzlohnzahlungen fest etabliert und üblich war. Dies bestätigt beispielsweise ganz klar die Aussage des Zeugen J. Mar., der angegeben hat, nach einer angemeldeten Beschäftigung gefragt zu haben und die Antwort erhalten zu haben, dann könne ihm nicht mehr so viel ausgezahlt werden und es sei auch kein Problem, einen Lohn über 400 EUR so auszuzahlen. Aus den Zeugenaussagen ist zu entnehmen, dass die Beschäftigten angehalten waren, einen Zettel idR für jede Schicht auszufüllen mit Namen, Arbeitsstunden und Tageslohn, nach dem dann die Schichtleitung oder eine Servicekraft den Lohn in bar ausgezahlt hat. Damit ist ausgeschlossen, dass es sich bei den Zahlungen über die verbuchten Löhne hinaus lediglich um eine Verteilung von Trinkgeldern gehandelt hat. Auch wenn die in den Zeugenaussagen wiederholt auftauchende Formulierung mit Bezug auf "vorstehende" Ausführungen auf den vernehmenden Beamten zurückgehen mag, ändert dies nichts an den inhaltlichen Aussagen der Zeugen, die sich keineswegs als bausteinhafte, vorformulierte Aussagen darstellen.
Auch der Hinweis auf mehrfache Vernehmungen von Zeugen führt zu keiner anderen Beurteilung. Das von der Antragstellerin genannte Beispiel der Zeugin V. G., die insgesamt dreimal befragt wurde und erst bei der dritten Vernehmung Schwarzlohnzahlungen bestätigt hat, zeigt dies besonders deutlich. Zunächst hatte sie angegeben, die in den Lohnabrechnungen bescheinigten monatlichen Einkünfte von 48 EUR entsprechend 8 Arbeitsstunden erschienen ihr realistisch. Allerdings wurden in der B. Listen geführt über den Verkauf von Bierkrügen und Hörnern, deren Bestand in jeder Schicht von einer Servicekraft abgezeichnet werden musste. Bei Fehlbeständen haftete die jeweilige Servicekraft. Nach Auswertung von beschlagnahmten Listen "Krug- und Hornverkauf" ergab sich, dass die Zeugin G. weitaus häufiger tätig war, als monatlich 8 Stunden. Die Zeugin hat sodann am 28.03.2012 ausgesagt, dass ihre bisherigen Angaben ein Fehler seien und sie diese korrigieren wolle, auch um sich ihre Chancen bei ihrem neuen Arbeitgeber nicht zu verbauen. Schwarzlohnzahlungen hat sie sodann bestätigt.
Die auf der Basis der Aussagen der Mitarbeiter zugrunde gelegten Durchschnittslöhne sind von der Antragsgegnerin zu Recht nach § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV hochgerechnet worden. Nach dieser Vorschrift, die im Zuge der Bekämpfung illegaler Schattenwirtschaft ("Schwarzarbeit") eingeführt worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 13 RdNr 17), gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Demnach gelten als Arbeitsentgelt zunächst die Einnahmen des Beschäftigten. Hinzugerechnet werden auf den Nettobetrag entfallende Lohn- und Kirchensteuer sowie Sozialversicherungsbeitragsanteile des Arbeitnehmers (vgl Seewald, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB IV, § 14 RdNr 134). Der Senat geht im Rahmen der summarischen Prüfung davon aus, dass vorliegend neben der objektiven Verletzung zentraler arbeitgeberbezogener Pflichten bei der Antragstellerin auch diesbezüglich mindestens bedingter Vorsatz vorgelegen hat (vgl zu dieser Voraussetzung BSG 09.11.2011, B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254, SozR 4-2400 § 14 Nr 13 Rn 28).
Zunächst ist Voraussetzung das Vorliegen einer sog illegalen Beschäftigung. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt hierzu in objektiver Hinsicht die Verletzung arbeitgeberbezogener Pflichten mit spezifischem Bezug zur Beschäftigung. Dies ist der Fall bei fehlender Zahlung von Lohnsteuer und Beiträgen unter Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung hierzu und gegen die vorausgehenden Melde-, Aufzeichnungs- und Nachweispflichten. Ausreichend ist, wenn insoweit auch nur Entgeltteile nicht ordnungsgemäß verbucht und gemeldet und dadurch gesetzliche Abzüge umgangen werden (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB IV, § 14 RdNr 39; BGH 07.10.2009, 1 StR 320/09, juris). In subjektiver Hinsicht ist darüber hinaus zumindest bedingter Vorsatz bezogen auf die Vorenthaltung der Beiträge und Steuern zu fordern (BSG 09.11.2011, B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254, SozR 4-2400 § 14 Nr 13). Bedingt vorsätzlich handelt, wer seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat (LSG Nordrhein-Westfalen 16.09.2013, L 8 R 361/13 B ER mwN). Bei der hier vorliegenden Konstellation der Zahlung des Lohnes bar ohne Quittung in abweichender Höhe zu verbuchten und gemeldeten Entgelten durch die jeweiligen Schichtleiter oder Servicekräfte des Lokals B. über viele Jahre hinweg erscheint es ausgeschlossen, dass dieses Geschäftsmodell ohne Wissen und Wollen der Geschäftsführung erfolgen konnte, zumal ganz offensichtlich war, dass die zur Sozialversicherung gemeldeten Entgelte für den tatsächlichen Personaleinsatz im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb nicht ansatzweise ausreichen konnten – genau dies war der Ansatzpunkt der Steuerprüfung. Fehlverhalten von Mitarbeitern wäre iÜ der Geschäftsführung nach § 278 BGB zuzurechnen.
Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf Verjährung berufen. Nach § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Vorsätzlich handelt, wer in Kenntnis seiner Zahlungspflicht bewusst und gewollt die Beitragsentrichtung unterlässt (BSG 21.03.2007, B 11 AL15/06 R, SozR 4-2400 § 25 Nr 1) oder seine Beitragspflicht für möglich hält, jedoch billigend in Kauf nimmt, dass die Beiträge nicht entrichtet werden (bedingter Vorsatz, BSG 13.08.1996, 12 RK 76/94, SozR 3-2400 § 25 Nr 6). Hier ist schon das ganze Modell der Barlohnzahlung ohne Meldung bzw abweichend von gemeldetem Lohn darauf ausgelegt, Beiträge zu hinterziehen. Es gilt daher die 30jährige Verjährungsfrist.
Auch die Festsetzung der Säumniszuschläge ist zutreffend erfolgt und nicht zu beanstanden. Nach § 24 Abs 2 SGB IV ist ein auf eine durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellte Beitragsforderung entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Angesichts des hier vorliegenden Vorsatzes liegt ersichtlich keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht vor.
Die Vollziehung des Beitragsbescheides über eine Forderung von 106.581,09 EUR bedeutet für die Antragstellerin keine unbillige Härte. Zur Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs hat sich der Senat der vom LSG Nordrhein-Westfalen für die Vollziehung von Beitragsbescheiden vertretenen Rechtsauffassung angeschlossen (Senatsbeschlüsse vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B; 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER). Danach führen allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein keine unbillige Härte. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile durch eine Zahlung müssen vom Antragsteller substantiiert dargelegt werden. Diese müssen darüber hinaus auch noch das Interesse an der aktuellen Einziehung der Forderung überwiegen. Das Interesse an einer zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung kann oft gerade dann hoch sein, wenn der Antragsteller behauptet, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. Gerade in einer solchen Situation sind die Versicherungsträger gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung sicherzustellen (Bayerisches LSG 30.07.2012, L 5 R 267/12 B ER, juris). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Zerstörung seiner Lebensgrundlage zur Folge hätte (zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen 10.01.2012, L 8 R 774/11 ER-B, juris). Dies ist hier jedoch auch nach den ergänzenden Ausführungen der Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren erfolgt nach § 197a SGG iVm §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3, 53 Abs 2 Nr 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Es entspricht der Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz einen geringeren Streitwert anzunehmen als im Hauptsacheverfahren. In Beitragsstreitigkeiten der vorliegenden Art bemisst der Senat inzwischen den Streitwert nach einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (vgl Senatsbeschlüsse vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B; 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER), dies sind hier ein Viertel von 106.581,09 EUR, also 26.645,27 EUR. Der Senat ist insoweit berechtigt, auch die erstinstanzliche Kostenfestsetzung zu ändern (§ 197a SGG iVm § 63 Abs 3 Satz 1 Nr 2 GKG).
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf jeweils 26.645,27 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen den Vollzug einer Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen inklusive Säumniszuschlägen iHv insgesamt 106.581,09 EUR.
Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH die Gaststätte B. in H. Das Stammkapital iHv 25.000 EUR wird zu 100% von dem Gesellschafter und seit 07.12.2006 alleinigen Geschäftsführer A. A. (im Folgenden: A) gehalten. Das Finanzamt M.-N. führt im Rahmen einer Betriebsprüfung ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gegen A. Ein daraufhin eingeleitetes Strafverfahren wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt wurde im September 2013 wegen des zu erwartenden Steuerschadens nach § 154 Strafprozessordnung eingestellt. Die Steuerfahndungsbehörden haben 31 Arbeitnehmer der Antragstellerin ermittelt und 27 davon als Zeugen vernommen. Bei 23 davon ergaben sich Anhaltspunkte für Schwarzlohnzahlungen. Die Antragsgegnerin berechnete unter dem 23.11.2012 im Wege der Schätzung (Summenbeitragsbescheid nach § 28f Abs 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) einen Schaden von 495.193,04 EUR an Beiträgen und Umlagen zuzüglich 337.915,50 EUR Säumniszuschläge.
Nach den Ausführungen im Bericht über die steuerlichen Feststellungen vom 11.06.2015 täuschten die in der Buchhaltung ausgewiesenen Lohnzahlungen für die Bereiche Küche, Theke, Service und Putzkraft bei jedem Arbeitnehmer eine monatlich nahezu gleichbleibende Vergütung vor, tatsächlich sei jedoch eine höhere Entlohnung monatlich schwankend vorgenommen worden. Darüber hinaus seien Lohnzahlungen an eine Vielzahl von kurzfristig Beschäftigten geleistet worden, ohne die Zahlungen zu verbuchen. Die nicht in der Buchhaltung erfassten Lohnanteile seien bar und ohne Quittung durch den Arbeitgeber ausgezahlt worden, ohne den sich daraus ergebenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Die Zeugen hätten Angaben gemacht zur Höhe des gezahlten Stundenlohnes und zur Personalstärke im Lokal. Hieraus ließen sich für die entsprechenden Arbeitsbereiche mit einem Sicherheitsabschlag von 10% nicht gebuchte Jahreslohnzahlungen ermitteln.
Mit Anhörung vom 12.12.2014 teilte die Antragsgegnerin die beabsichtigte Nachforderung von Beiträgen und Säumniszuschlägen für den Zeitraum 01.09.2004 bis 31.12.2011 iHv insgesamt 105.871,75 EUR mit. Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge habe die Antragsgegnerin die sich aus den Zeugenaussagen ergebenden Löhne zugrunde gelegt und die Schwarzgeldzahlungen entsprechend § 14 Abs 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) hochgerechnet.
Die Antragstellerin verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass die Zeugenaussagen kritisch zu beurteilen seien, da bei allen Personen die Beschäftigung Jahre zurückliege. Den Zeugen seien bei der Polizei Antworten in den Mund gelegt worden, die Aussagen seien unter Druck entstanden und die Zeugen hätten teilweise gar nicht verstanden, was sie gefragt worden seien. Die geschätzten Beiträge seien völlig überzogen. Es habe auch kein Vorsatz im Hinblick auf die Vorenthaltung von Beiträgen bestanden. Es solle konkret ermittelt werden, wie viel Arbeitslohn tatsächlich an die Angestellten ausgezahlt worden sei. Die Antragsgegnerin forderte daraufhin mit Schreiben vom 28.05.2015 und 05.08.2015 von der Antragstellerin vergeblich die Stundenaufzeichnungen für die betroffenen Arbeitnehmer an.
Mit Bescheid vom 25.11.2015 forderte die Antragsgegnerin für namentlich genannte Beschäftigte personenbezogen für den Zeitraum 01.09.2004 bis 31.12.2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen iHv insgesamt 106.581,09 EUR nach inklusive 46.546,50 EUR Säumniszuschläge. Es seien Mitarbeiter zum Teil nicht oder nicht für die gesamte Dauer der Beschäftigung gemeldet worden, zudem seien geringere Entgelte gemeldet worden als tatsächlich ausbezahlt. Aufgrund der schwankenden Arbeitszeiten hätten die Zeugen einen Durchschnittsverdienst angegeben. Für die Berechnung der Beiträge sei daher von einem Mittelwert ausgegangen worden. Die Schwarzlohnzahlungen seien nach § 14 Abs 2 SGB IV hochgerechnet worden. Für die geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer seien Pauschalbeiträge nachgefordert worden. Soweit bei als geringfügig gemeldeten Personen die Geringfügigkeitsgrenze überschritten worden sei, werde die Differenz zwischen zu Unrecht gezahlten und geschuldeten Beiträgen geltend gemacht. Da die Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden seien, seien die Beiträge gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV nicht verjährt. Säumniszuschläge seien zu erheben, es habe Kenntnis von der Zahlungspflicht bestanden.
Mit ihrem Widerspruch vom 10.12.2015 machte die Antragstellerin geltend, der Bescheid beruhe auf unzureichenden Ermittlungsergebnissen der Steuerfahndung. Im Rahmen einer weiteren Durchsuchung (Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 19.10.2015) seien weitere Unterlagen beschlagnahmt worden, die bislang noch nicht ausgewertet seien. Hinsichtlich der Verjährung werde darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer nicht Arbeitgeber der Angestellten gewesen sei und auch nicht die Entlohnung übernommen habe. Zudem sei er in den Jahren 2004 bis 2006 gar nicht Geschäftsführer gewesen.
Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheids lehnte die Antragsgegnerin unter dem 14.01.2016 ab.
Am 18.01.2016 hat die Antragstellerin daraufhin beim Sozialgericht Mannheim (SG) "Antrag auf Aussetzung der Vollziehung" gestellt. Die Antragsgegnerin habe sich allein auf die vorläufigen Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndungsstelle gestützt, die zudem noch gar nicht abgeschlossen seien. Aufgrund der widersprüchlichen Angaben der vernommenen Zeugen könnten schon dem Grunde nach Schwarzlohnzahlungen nicht eindeutig festgestellt werden. Die Aussagen der vernommenen Arbeitnehmer könnten angesichts des Zeitablaufs nicht hinreichend zuverlässig sein, insbesondere nicht hinsichtlich möglicher nicht entlohnter Fehlzeiten. Im Übrigen werde Verjährungseinrede erhoben, ein bedingter Vorsatz der Geschäftsführung könne nicht festgestellt werden. Die Vollziehung des Beitragsbescheids bedeute zudem eine unbillige Härte, denn bei Betreibung der Gesamtforderung drohe der Antragstellerin Zahlungsunfähigkeit. Hierzu hat die Antragstellerin den vorläufigen Jahresabschluss 2014 und die vorläufige betriebswirtschaftliche Auswertung 2015 vorgelegt.
Mit Beschluss vom 29.04.2016 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 25.11.2015 komme nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht in Betracht, weil keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestünden. Die Antragsgegnerin habe Beiträge für namentlich genannte Beschäftigte mit genauer zeitlicher Zuordnung gefordert. Sie sei nach § 28f Abs 2 Satz 3 SGB IV berechtigt gewesen, die Entgelte aufgrund der fehlenden Aufzeichnungen zu schätzen. Die Schätzung beruhe auf sorgfältig ermittelten Tatsachen und sei nachvollziehbar. Grundlage seien die Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren der Finanzbehörde. Die pauschalen Einwände der Antragstellerin hinsichtlich der fehlenden Verlässlichkeit der Aussagen griffen nicht durch. Es liege allein in der Sphäre der Antragstellerin, die tatsächlich gezahlten Löhne darzulegen. Eine Verjährung der Beiträge stehe nicht im Raum. Vorliegend seien Lohnzahlungen in bar und ohne Quittung in Abweichung zu der gebuchten und gemeldeten Höhe der Lohnzahlungen über Jahre hinweg getätigt worden. Damit habe die Geschäftsführung zumindest billigend in Kauf genommen, dass dadurch Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten wurden. Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjährten in 30 Jahren (§ 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Die Erhebung von Säumniszuschlägen beruhe auf § 24 SGB IV. Die Vollziehung bedeute für die Antragstellerin auch keine unbillige Härte. Die mit der Zahlung der Beitragsforderung verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen seien lediglich Ausfluss der gesetzlich auferlegten Pflichten. Die Antragstellerin habe nicht substantiiert dargelegt, dass das Betreiben der Forderung aktuell die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage zur Folge habe, der Hinweis auf ein mögliches Insolvenzverfahren reiche nicht aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2016 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch zurückgewiesen. Die vom Finanzamt durchgeführten Vernehmungen von Personen seien ausgewertet worden. Von einer erneuten Befragung sei abgesehen worden, da den schlüssigen Aussagen zusätzliche Barlohnzahlungen über die üblichen Lohnabrechnungen hinaus zu entnehmen seien. Soweit weitere Ermittlungen gefordert würden, seien am 28.05.2015 und 10.08.2015 Stundenaufzeichnungen bezüglich der betroffenen Personen angefordert, jedoch nicht eingereicht worden. Für die Vorenthaltung der Beiträge sei der Geschäftsführer der GmbH rechtlich verantwortlich; dem stehe nicht entgegen, dass ggf andere Mitarbeiter mit der Abwicklung der Beitragszahlung beauftragt gewesen seien. Die Beiträge seien auch mit bedingtem Vorsatz vorenthalten. Nach Rücksprache mit der Steuerfahndung des Finanzamtes Mannheim am 07.01.2016 sei eine Auswertung der neu beschlagnahmten Unterlagen noch nicht abgeschlossen, es seien jedoch keine Lohnunterlagen, Stundenaufzeichnungen, Schichtzettel oä in den beschlagnahmten Unterlagen vorhanden. Es komme nur zu steuerrechtlichen Auswirkungen. Ein Hauptsacheverfahren ist nach telefonischer Mitteilung des SG vom 05.07.2016 noch nicht anhängig.
Bereits am 30.05.2016 hat die Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 29.04.2016 eingelegt. Das Aussetzungsinteresse überwiege das Vollzugsinteresse, da eine Vollziehung die Antragstellerin bei laufendem Geschäftsbetrieb wirtschaftlich vernichten würde. Das SG habe seinen Schlussfolgerungen selbst einen unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt. Allein die Möglichkeit der Erlangung neuer Erkenntnisse reiche aus, um von einer rechtswidrigen Festsetzung auszugehen. Die Antragstellerin habe umfassend dargestellt, dass die Zeugenaussagen unbrauchbar seien. Soweit Zeugen Mehrzahlungen angegeben hätten, sei unklar, wie diese einzuordnen seien (als Lohn, Trinkgeld oder Umsatzbeteiligung). Da in der Gastronomie tätige Personen einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen über Trinkgelder generierten, dränge sich die Frage nach der Einbehaltung und Auszahlung von Trinkgeldern im Zusammenhang mit den etwaig geleisteten Mehrzahlungen geradezu auf. Bei Durchsicht der Vernehmungsprotokolle sei auffällig, dass die Aussagen zu den Mehrzahlungen zum Teil wortwörtlich übereinstimmten ("wie vorstehend ausgeführt" ). Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die Protokolle nicht den originalen Wortlaut der Zeugen wiedergäben. Auffällig sei zudem, dass mehrere Zeugen mehrmals vernommen worden seien und erst bei der zweiten Vernehmung ausgesagt hätten, dass sie Mehrzahlungen erhalten hätten. Die Zeugin G. sei sogar dreimal vernommen worden, erst dem letzten Protokoll könnten angebliche Mehrzahlungen entnommen werden. Nahezu alle Zeugen hätten angegeben, den Lohn von den Schichtleitern und nicht vom Geschäftsführer erhalten zu haben. Soweit das SG die Schätzung wegen der nicht vorgelegten Stundenzettel für gerechtfertigt halte, sei anzumerken, dass sich alle Unterlagen bei der Steuerfahndungsstelle befänden, weshalb keine weiteren Unterlagen vorgelegt werden könnten. Unabhängig davon sei die Antragstellerin auch nicht verpflichtet, Stundenzettel zu führen. Die Aufstellung der Löhne ergebe sich aus der Lohnbuchhaltung. Die Antragstellerin bestreite die angeblichen Schwarzlohnzahlungen in vollem Umfang. Es fehle auch an fallbezogenen tatsächlichen Feststellungen zum Vorsatz. Schließlich würde die Vollziehung bei laufendem Geschäftsbetrieb zu einem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Antragstellerin führen. Aus den vorgelegten Unterlagen könne entnommen werden, dass die Antragstellerin zum Ende des Jahres 2014 über ein Betriebsvermögen von ca 208.000 EUR verfügt habe. Die Nachforderung der Antragsgegnerin entspreche mehr als der Hälfte des Betriebsvermögens. Aus der zum 30.04.2016 erstellten Summen- und Saldenliste gingen liquide Mittel von nur noch ca 40.000 EUR hervor, was zur Begleichung der Forderung nicht ausreiche. Die Abwicklung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens würde den Geschäftsbetrieb beenden und der Antragstellerin die Existenzgrundlage entziehen. Den Gläubigern entstünden durch eine Aussetzung der Vollziehung keine Nachteile, da die Antragstellerin über einen laufenden Geschäftsbetrieb verfüge.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 29.04.2016 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.04.2016 bzw der Klage gegen den Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 19.02.2016 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die vom Finanzamt M.-N. durchgeführten Vernehmungen von Arbeitnehmern der Antragstellerin seien herangezogen und ausgewertet worden. Von einer erneuten Befragung sei abgesehen worden, da den Aussagen zweifelsfrei zusätzliche Barlohnzahlungen über die üblichen Lohnabrechnungen hinaus zu entnehmen seien. Die Zeugenaussagen seien diesbezüglich sowie hinsichtlich der Beschäftigungszeiten schlüssig. Eine unbillige Härte lasse mit den eingereichten Unterlagen nicht belegen; insoweit komme es nicht allein auf die Liquidität der Antragstellerin an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs 1 SGG statthaft, insbesondere nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen, da angesichts des Beschwerdewerts auch in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die Beschwerde ist zudem form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG). Sie ist aber nicht begründet.
Nach § 86a Abs 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Zu den Entscheidungen, die unter § 86a Abs 2 Nr 1 SGG fallen, gehören auch Bescheide des Rentenversicherungsträgers, die - wie hier - auf der Grundlage von § 28p SGB IV nach einer Prüfung beim Arbeitgeber ergehen (Beschlüsse des Senats vom 04.09.2013, L 11 2315/13 ER-B, 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, mwN und vom 29.07.2010, L 11 R 2595/10 ER-B, alle veröffentlicht in juris).
Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsachverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (st Rspr des Senats; vgl Beschlüsse vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B, und 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, veröffentlicht in juris). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel iSv § 86a Abs 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (Senatsbeschluss vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 Er-B mwN, juris). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, juris). Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs 2 Nr 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, juris). Die Wirkung der gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs tritt rückwirkend ab Erlass des mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheides ein und endet in den Fällen, in denen Klage erhoben wird, erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung (Beschlüsse des Senats vom 03.08.2012, L 11 KR 2566/12 ER-B, juris; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; LSG Baden-Württemberg 20.03.2006, L 8 AS 369/06 ER-B, juris).
Das SG hat zu Recht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt, denn ein Erfolg in der Hauptsache ist nicht überwiegend wahrscheinlich.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen. Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht.
Hinsichtlich des Vorliegens abhängiger Beschäftigungen bezüglich der Tätigkeiten im Lokal B. in H. in den Bereichen Küche, Bar, Service und Reinigung bestehen keinerlei Zweifel. Umstritten ist in tatsächlicher Hinsicht allein, in welchem Umfang die Mitarbeiter beschäftigt waren und in welcher Höhe sie Lohn erhalten haben.
Nach im Eilverfahren gebotener, aber auch ausreichender summarischer Prüfung bestehen auch insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Die Antragsgegnerin hat Beiträge nachgefordert für die namentlich genannten Beschäftigten mit genauer zeitlicher Zuordnung. Aufgrund der fehlenden Arbeitgeberaufzeichnungen hat sie die Entgelte nach § 28f Abs 2 Satz 3 SGB IV geschätzt. Hierzu ist sie grundsätzlich berechtigt, wenn die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand des prüfenden Trägers der Rentenversicherung ermittelt werden kann. Die Schätzung ist so exakt vorzunehmen, wie dies unter Wahrung eines nach den genannten Maßstäben noch verhältnismäßigen Verwaltungsaufwands möglich ist. Sie ist nicht zu beanstanden und - bis zum Nachweis der tatsächlichen Höhe des Arbeitsentgelts (§ 28f Abs 2 Satz 5 SGB IV) - verbindlich, wenn sie auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründet und nachvollziehbar ist, weil sie insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BSG 16.12.2015, B 12 R 11/14 R, juris). Dies ist hier der Fall. Grundlage für die Schätzung sind vorliegend die Aussagen der von den Steuerfahndungsbehörden vernommenen Beschäftigten. Dieser Ansatzpunkt ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin darf sich im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht auf die Beweiserhebungen anderer Behörden stützen und diese auswerten, sie muss keineswegs sämtliche Ermittlungen selbst und unmittelbar durchführen. Die Schätzungsbefugnis besteht, weil (bislang) die Antragstellerin keinerlei Unterlagen zur Verfügung gestellt hat, welche eine genaue Aufschlüsselung der Arbeitsentgelte ermöglichen würde, solche sind auch im Rahmen der Durchsuchungen bei der Antragstellerin bislang nicht aufgefunden worden, wie die Steuerbehörden auch bezüglich der letzten Durchsuchung auf Anfrage der Antragsgegnerin bestätigt haben. Zutreffend können daher die von den Beschäftigten angegebenen Durchschnittslöhne als Ausgangspunkt der Berechnung zugrunde gelegt werden. Die Antragsgegnerin hat die Aussagen im Einzelnen gewürdigt und insbesondere nicht für alle vernommenen Mitarbeiter Beiträge nachgefordert. So erfolgt beispielsweise keine Nachforderung für Y. K., die wegen ihres Wegzugs in die Türkei nicht vernommen werden konnte oder für M. H. Aw., dessen Vernehmung wegen eines fehlenden Dolmetschers abgebrochen wurde.
Soweit die Antragstellerin die Aussagen der Zeugen generell für unbrauchbar hält, folgt der Senat dieser Einschätzung nicht. Allein der Zeitablauf macht die Aussagen nicht unbrauchbar. So hat beispielsweise der Koch Ma. H. zu seiner Beschäftigung von 9/2004 bis 1/2008 in der B. sehr klare Angaben machen können sowohl zu seinem Verdienst, dem Umfang seiner Tätigkeit als auch zu den üblichen Abläufen und der Personalstärke im Lokal. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen die Fragen nicht verstanden hätten. Soweit Sprachschwierigkeiten aufgetreten sind – dies war nur einmal der Fall – wurde die Vernehmung ohne Dolmetscher abgebrochen. Alle befragten Zeugen, bei denen tatsächlich Beiträge nacherhoben worden sind, haben bestätigt, dass die Lohnabrechnungen (soweit überhaupt welche erstellt worden sind) nicht mit dem tatsächlich bezahlten Lohn übereinstimmten und der Lohn meist am Ende der Schicht, in manchen Fällen auch am Ende der Woche bar ausgezahlt wurde ohne Quittung unter Ansatz des vereinbarten Stundenlohns (idR zwischen 5 EUR und 8 EUR, je nach Zeitraum und Tätigkeit) und der Zahl der gearbeiteten Stunden. Angesichts der insoweit völlig übereinstimmenden Aussagen der Zeugen besteht für den Senat überhaupt kein Zweifel, dass in der B. ein System von Schwarzlohnzahlungen fest etabliert und üblich war. Dies bestätigt beispielsweise ganz klar die Aussage des Zeugen J. Mar., der angegeben hat, nach einer angemeldeten Beschäftigung gefragt zu haben und die Antwort erhalten zu haben, dann könne ihm nicht mehr so viel ausgezahlt werden und es sei auch kein Problem, einen Lohn über 400 EUR so auszuzahlen. Aus den Zeugenaussagen ist zu entnehmen, dass die Beschäftigten angehalten waren, einen Zettel idR für jede Schicht auszufüllen mit Namen, Arbeitsstunden und Tageslohn, nach dem dann die Schichtleitung oder eine Servicekraft den Lohn in bar ausgezahlt hat. Damit ist ausgeschlossen, dass es sich bei den Zahlungen über die verbuchten Löhne hinaus lediglich um eine Verteilung von Trinkgeldern gehandelt hat. Auch wenn die in den Zeugenaussagen wiederholt auftauchende Formulierung mit Bezug auf "vorstehende" Ausführungen auf den vernehmenden Beamten zurückgehen mag, ändert dies nichts an den inhaltlichen Aussagen der Zeugen, die sich keineswegs als bausteinhafte, vorformulierte Aussagen darstellen.
Auch der Hinweis auf mehrfache Vernehmungen von Zeugen führt zu keiner anderen Beurteilung. Das von der Antragstellerin genannte Beispiel der Zeugin V. G., die insgesamt dreimal befragt wurde und erst bei der dritten Vernehmung Schwarzlohnzahlungen bestätigt hat, zeigt dies besonders deutlich. Zunächst hatte sie angegeben, die in den Lohnabrechnungen bescheinigten monatlichen Einkünfte von 48 EUR entsprechend 8 Arbeitsstunden erschienen ihr realistisch. Allerdings wurden in der B. Listen geführt über den Verkauf von Bierkrügen und Hörnern, deren Bestand in jeder Schicht von einer Servicekraft abgezeichnet werden musste. Bei Fehlbeständen haftete die jeweilige Servicekraft. Nach Auswertung von beschlagnahmten Listen "Krug- und Hornverkauf" ergab sich, dass die Zeugin G. weitaus häufiger tätig war, als monatlich 8 Stunden. Die Zeugin hat sodann am 28.03.2012 ausgesagt, dass ihre bisherigen Angaben ein Fehler seien und sie diese korrigieren wolle, auch um sich ihre Chancen bei ihrem neuen Arbeitgeber nicht zu verbauen. Schwarzlohnzahlungen hat sie sodann bestätigt.
Die auf der Basis der Aussagen der Mitarbeiter zugrunde gelegten Durchschnittslöhne sind von der Antragsgegnerin zu Recht nach § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV hochgerechnet worden. Nach dieser Vorschrift, die im Zuge der Bekämpfung illegaler Schattenwirtschaft ("Schwarzarbeit") eingeführt worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 13 RdNr 17), gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Demnach gelten als Arbeitsentgelt zunächst die Einnahmen des Beschäftigten. Hinzugerechnet werden auf den Nettobetrag entfallende Lohn- und Kirchensteuer sowie Sozialversicherungsbeitragsanteile des Arbeitnehmers (vgl Seewald, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB IV, § 14 RdNr 134). Der Senat geht im Rahmen der summarischen Prüfung davon aus, dass vorliegend neben der objektiven Verletzung zentraler arbeitgeberbezogener Pflichten bei der Antragstellerin auch diesbezüglich mindestens bedingter Vorsatz vorgelegen hat (vgl zu dieser Voraussetzung BSG 09.11.2011, B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254, SozR 4-2400 § 14 Nr 13 Rn 28).
Zunächst ist Voraussetzung das Vorliegen einer sog illegalen Beschäftigung. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt hierzu in objektiver Hinsicht die Verletzung arbeitgeberbezogener Pflichten mit spezifischem Bezug zur Beschäftigung. Dies ist der Fall bei fehlender Zahlung von Lohnsteuer und Beiträgen unter Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung hierzu und gegen die vorausgehenden Melde-, Aufzeichnungs- und Nachweispflichten. Ausreichend ist, wenn insoweit auch nur Entgeltteile nicht ordnungsgemäß verbucht und gemeldet und dadurch gesetzliche Abzüge umgangen werden (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB IV, § 14 RdNr 39; BGH 07.10.2009, 1 StR 320/09, juris). In subjektiver Hinsicht ist darüber hinaus zumindest bedingter Vorsatz bezogen auf die Vorenthaltung der Beiträge und Steuern zu fordern (BSG 09.11.2011, B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254, SozR 4-2400 § 14 Nr 13). Bedingt vorsätzlich handelt, wer seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat (LSG Nordrhein-Westfalen 16.09.2013, L 8 R 361/13 B ER mwN). Bei der hier vorliegenden Konstellation der Zahlung des Lohnes bar ohne Quittung in abweichender Höhe zu verbuchten und gemeldeten Entgelten durch die jeweiligen Schichtleiter oder Servicekräfte des Lokals B. über viele Jahre hinweg erscheint es ausgeschlossen, dass dieses Geschäftsmodell ohne Wissen und Wollen der Geschäftsführung erfolgen konnte, zumal ganz offensichtlich war, dass die zur Sozialversicherung gemeldeten Entgelte für den tatsächlichen Personaleinsatz im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb nicht ansatzweise ausreichen konnten – genau dies war der Ansatzpunkt der Steuerprüfung. Fehlverhalten von Mitarbeitern wäre iÜ der Geschäftsführung nach § 278 BGB zuzurechnen.
Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf Verjährung berufen. Nach § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Vorsätzlich handelt, wer in Kenntnis seiner Zahlungspflicht bewusst und gewollt die Beitragsentrichtung unterlässt (BSG 21.03.2007, B 11 AL15/06 R, SozR 4-2400 § 25 Nr 1) oder seine Beitragspflicht für möglich hält, jedoch billigend in Kauf nimmt, dass die Beiträge nicht entrichtet werden (bedingter Vorsatz, BSG 13.08.1996, 12 RK 76/94, SozR 3-2400 § 25 Nr 6). Hier ist schon das ganze Modell der Barlohnzahlung ohne Meldung bzw abweichend von gemeldetem Lohn darauf ausgelegt, Beiträge zu hinterziehen. Es gilt daher die 30jährige Verjährungsfrist.
Auch die Festsetzung der Säumniszuschläge ist zutreffend erfolgt und nicht zu beanstanden. Nach § 24 Abs 2 SGB IV ist ein auf eine durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellte Beitragsforderung entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Angesichts des hier vorliegenden Vorsatzes liegt ersichtlich keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht vor.
Die Vollziehung des Beitragsbescheides über eine Forderung von 106.581,09 EUR bedeutet für die Antragstellerin keine unbillige Härte. Zur Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs hat sich der Senat der vom LSG Nordrhein-Westfalen für die Vollziehung von Beitragsbescheiden vertretenen Rechtsauffassung angeschlossen (Senatsbeschlüsse vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B; 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER). Danach führen allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein keine unbillige Härte. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile durch eine Zahlung müssen vom Antragsteller substantiiert dargelegt werden. Diese müssen darüber hinaus auch noch das Interesse an der aktuellen Einziehung der Forderung überwiegen. Das Interesse an einer zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung kann oft gerade dann hoch sein, wenn der Antragsteller behauptet, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. Gerade in einer solchen Situation sind die Versicherungsträger gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung sicherzustellen (Bayerisches LSG 30.07.2012, L 5 R 267/12 B ER, juris). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Zerstörung seiner Lebensgrundlage zur Folge hätte (zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen 10.01.2012, L 8 R 774/11 ER-B, juris). Dies ist hier jedoch auch nach den ergänzenden Ausführungen der Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren erfolgt nach § 197a SGG iVm §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3, 53 Abs 2 Nr 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Es entspricht der Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz einen geringeren Streitwert anzunehmen als im Hauptsacheverfahren. In Beitragsstreitigkeiten der vorliegenden Art bemisst der Senat inzwischen den Streitwert nach einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (vgl Senatsbeschlüsse vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B; 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER), dies sind hier ein Viertel von 106.581,09 EUR, also 26.645,27 EUR. Der Senat ist insoweit berechtigt, auch die erstinstanzliche Kostenfestsetzung zu ändern (§ 197a SGG iVm § 63 Abs 3 Satz 1 Nr 2 GKG).
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