L 13 R 3715/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1709/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3715/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1981 geborene Kläger hat den Beruf des Stuckateurs erlernt und war als solcher bis September 2011 versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos; eine begonnene Umschulung wurde nach kurzer Zeit abgebrochen.

In der Zeit vom 8. bis 29. Juli 2009 befand sich der Kläger zur Anschlussheilbehandlung nach einer Wirbelsäulenoperation in der Rehabilitationsklinik B. W ... Im Entlassungsbericht vom 29. Juli 2009 gelangten die behandelnden Ärzte zu der Auffassung, dass der Kläger unter Beachtung qualitativer Einschränkungen künftig vollschichtig leistungsfähig sei.

Am 20. Oktober 2011 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Wegen seines zweiten Bandscheibenvorfalls im Jahr 2009 und den Schmerzen halte er sich für erwerbsgemindert. In der Zeit vom 3. November bis 1. Dezember 2011 befand sich der Kläger erneut in der Rehabilitationsklinik B. W ... Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 24. November 2011 über das Heilverfahren gelangten die behandelnden Ärzte zu der Auffassung, dass der Kläger einer leichten körperlichen Tätigkeit, wechselnd im Stehen, Gehen und Sitzen, unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig nachgehen könne.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2011 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne. Hiergegen legte der Kläger am 29. Dezember 2011 Widerspruch ein. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Internisten, Psychotherapeuten und Rehabilitationsmediziner Dr. W ... Unter dem 1. März 2012 diagnostizierte der Gutachter eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung nach mehrfachen Wirbelsäulenoperationen mit Dysthymie, beidseitige rezidivierende Lumboischialgie sowie leichtes Übergewicht. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten weiterhin vollschichtig verrichten; Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufiges Heben und Tragen über 15 kg, Überkopftätigkeiten, Arbeiten mit häufigem Bücken, Knien, Hocken und Klettern bzw. Steigen, Nachtschicht seien zu vermeiden. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2012 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.

Am 29. Juni 2012 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Chirurg R. hat unter dem 2. Oktober 2012 ausgesagt, dass der Kläger nach einer stufenweisen Wiedereingliederung leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne. Der Allgemeinmediziner W. hat über die Behandlung des Klägers berichtet und zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Fachärzte verwiesen. Der Neurochirurg Dr. K. hat von einem chronischen Schmerzsyndrom berichtet, weshalb der Kläger momentan nicht in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes drei Stunden oder mehr auszuführen. Der Neurologe und Psychiater Dr. F. hat eine reduzierte Belastbarkeit angenommen. Eine Aussage über die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei ihm jedoch nicht möglich.

Vom 23. Januar bis 20. Februar 2013 hat sich der Kläger in stationäre Behandlung der Fachklinik E. befunden. Im Entlassungsbericht vom 14. März 2013 wurden als Diagnosen ein chronisches Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen mit pseudoradikulärer Lumboischialgie, Faild-back-Syndrom, eine Wurzelläsion S-1 links, eine chronische Schmerzstörung sowie eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome aufgeführt. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger für leichte Tätigkeiten unter drei Stunden täglich einsetzbar.

Das SG hat dann ein Gutachten von Amts wegen beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. eingeholt. Im Gutachten vom 9. August 2013 ist der Gutachter zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger unter einer chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren, unter einer chronifizierten depressiven Störung im Sinne einer Dysthymie sowie unter einem Wirbelsäulensyndrom mit sensiblen Wurzelreizerscheinungen S1 links nach mehrfachen Bandscheibenoperationen leidet. Die beim Kläger bestehende depressive Symptomatik sei als Ausdruck einer chronifizierten depressiven Störung im Sinne einer Dysthymie anzusehen. Der Kläger könne keine schweren und wohl auch keine mittelschweren körperlichen Tätigkeiten mehr verrichten. Wirbelsäulenzwangshaltungen seien zu meiden. Dem Kläger solle ein Wechsel der Körperhaltung ermöglicht werden und er solle nicht auf Leitern, Gerüsten oder Treppen arbeiten sowie schwere Gegenstände heben müssen. Tätigkeiten unter Zeitdruck, Nacht- und Wechselschicht oder mit besonderer Verantwortung für Menschen und Maschinen übernehmen. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen sei der Kläger noch in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig auszuüben.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das SG schließlich noch ein nervenärztliches Gutachten des Dr. H. eingeholt. Unter dem 31. Januar 2014 hat der gerichtliche Sachverständige ein chronisches LWS-Syndrom, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und eine chronifizierte mittelgradige depressive Episode diagnostiziert. Insgesamt komme es beim Kläger durch das chronische Schmerzsyndrom zu erheblichen Beeinträchtigungen in allen Alltagsbereichen. Leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien mit einigen funktionellen Einschränkungen drei bis unter sechsstündig möglich.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 27. Mai 2014, in der der Kläger persönlich anwesend gewesen ist, haben die Beteiligten einen widerruflichen Vergleich geschlossen, der vom Kläger anschließend widerrufen worden ist. Hiernach haben die Beteiligten einer Entscheidung des SG ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. Mit Urteil vom 17. Juli 2014 hat das SG ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert; er könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch vollschichtig verrichten. Das SG hat sich hierbei auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. D. gestützt, das in Übereinstimmung stehe mit der Einschätzung des Dr. W. und den Entlassungsberichten aus B. W ... Auch der behandelnde Chirurg R. habe keine zeitliche Leistungsminderung gesehen. Dem Gutachter Dr. H., dem behandelnden Arzt Dr. K. und der Klinik E. sei nicht zu folgen. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheitere bereits daran, dass der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren worden sei.

Gegen das dem Kläger am 29. Juli 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. August 2014 Berufung eingelegt und sich auf die Beurteilung des Dr. H. gestützt. Schließlich habe auch der Versorgungsarzt einem - vom SG beigezogenen - Gutachten des Dr. H. in einem Schwerbehindertenverfahren zugestimmt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Juli 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Januar 2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat von Prof. Dr. St. das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 21. Januar 2015 eingeholt. Der gerichtliche Sachverständige hat auf neurologischem Fachgebiet eine ältere Wurzelschädigung S1 links diagnostiziert. Ein Wurzelkompressionssyndrom liege aber derzeit nicht vor. Gewisse subjektive Beschwerden seien aufgrund der älteren Wurzelschädigung nachzuvollziehen. Hinweise für anhaltende und wesentliche Schmerzen lägen nicht vor. Auf psychiatrischem Fachgebiet sei keine Gesundheitsstörung zu diagnostizieren. Der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten vollschichtig verrichten. Das Gehen über lange Strecken, das Ersteigen von Leitern und das Arbeiten auf Gerüsten sei aufgrund der verminderten Kraftentfaltung der Fußsenker erschwert. Aufgrund der verminderten Beweglichkeit der Wirbelsäule seien auch Tätigkeiten, die häufiges Bücken oder Arbeiten in kniender oder kauernder Position erfordern, zu vermeiden. Eine Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten bestehe nicht, die Konzentration sei nicht vermindert.

Gemäß § 109 SGG hat der Senat eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme des Dr. H. eingeholt. In der Stellungnahme vom 16. Dezember 2015 hat der gerichtliche Sachverständige Dr. H. ausgeführt, er könne sich der Annahme des Prof. Dr. St., es liege überhaupt keine Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Fachgebiet vor, nicht anschließen. Dem sei entgegenzuhalten, dass sehr wohl eine psychiatrisch-antidepressive Behandlung durchgeführt werde, im Übrigen auch eine durchaus hochdosierte Schmerztherapie. Er komme daher zu keinem anderen Ergebnissen, als in seinem Gutachten dargelegt.

Unter dem 26. Januar 2016 hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. St. eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme abgegeben. Prof. Dr. St. ist bei seiner Beurteilung im Gutachten geblieben.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 2. Mai 2016 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, gemäß § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden.

Am 19. Mai 2016 ist das vom Kläger persönlich eingelegte Ablehnungsgesuch gegen den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. St. eingegangen; hierüber entscheidet der Senat durch separaten Beschluss.

Am 27. Mai 2016 hat der Kläger beantragt, ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG auf neurologischem Fachgebiet bei Prof. Dr. W. einzuholen. Mit gerichtlicher Verfügung vom 2. Juni 2016 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass der Befangenheitsantrag bereits unzulässig sein dürfte und nicht beabsichtigt sei, das beantragte weitere Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Hierauf hat der Kläger darauf hingewiesen, dass ja die Rechtsschutzversicherung die Kosten der Begutachtung tragen würde und eine Diskrepanz in den vorliegenden Gutachten die Ablehnung eines weiteren Gutachtens nicht nachvollziehbar erscheinen lasse. Dem Kläger ist auf Nachfrage mitgeteilt worden, dass es weiterhin nicht beabsichtigt sei, ein weiteres Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nach § 109 SGG einzuholen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, zumal der Kläger in Person in der Verhandlung am 27. Mai 2014 vor dem SG erschienen ist und sein Anliegen vorgebracht hat. Die Beteiligten wurden zu dieser Vorgehensweise gehört.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, denn er hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung - § 43 SGB VI - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder auch teilweiser Erwerbsminderung hat, weil er in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers auch im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Ergänzend ist festzustellen, dass sich auch aus der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren nichts anderes entnehmen lässt. Prof. Dr. St. hat den Kläger eingehend untersucht und hierbei unter Mitberücksichtigung der in den Akten enthaltenen Angaben festgestellt, dass der Kläger auf neurologischem Fachgebiet unter einer älteren Wurzelschädigung S1 links leidet, ohne dass jedoch ein Wurzelkompressionssyndrom vorliegt. Gewisse subjektive Schmerzen waren hiernach nachzuvollziehen. Hinweise für anhaltende und wesentliche Schmerzen hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. St. jedoch plausibel nicht feststellen können. Zum einen hat keine Muskelverhärtung an der LWS vorgelegen, zum anderen hat die seitengleiche Bemuskelung der Beine und Beschwielung der Füße einen regelrechten Gebrauch beider Beine angezeigt und fanden sich keine Zeichen vegetativer Fehlregulation. Die Verhaltensbeobachtung einschließlich des An- und Auskleidens hat ebenfalls gegen eine wesentliche schmerzbedingte Bewegungseinschränkung gesprochen. Prof. Dr. St. hat auch weder eine depressive Verstimmung noch eine Antriebsminderung oder eine wesentliche Gewichtsveränderung und auch keine verminderte Konzentration feststellen können. Aufgrund der Gesundheitsstörung auf neurologischem Fachgebiet ist das Leistungsvermögen des Klägers hiernach zwar eingeschränkt. Der Kläger kann aber nach den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. St. leichte körperliche Arbeiten vollschichtig verrichten; zu vermeiden sind das Gehen über lange Strecken, das Ersteigen von Leitern und das Arbeiten auf Gerüsten sowie Tätigkeiten, die häufiges Bücken oder arbeiten in kniender oder kauernder Position erfordern. Dass der Kläger auch vor der Begutachtung durch Prof. Dr. St. vollschichtig leistungsfähig gewesen ist, ergibt sich für den Senat aus den schlüssig und nachvollziehbaren Gutachten des Dr. W. sowie des Dr. D., die beide anhand der von ihnen erhobenen Befunde schlüssig und nachvollziehbar dargelegt haben, dass der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten noch sechs Stunden täglich verrichten konnte.

Soweit hiervon abweichend der gerichtliche Sachverständige Dr. H. von einer weitergehenden Einschränkung des Leistungsvermögens ausgeht, ist dessen Einschätzung für den Senat nicht überzeugend, da er sie nicht anhand von objektiven Befunden nachvollziehbar begründet. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. St. hat insofern überzeugend darauf hingewiesen, dass das Vorliegen einer Schmerzstörung nicht aus den durchgeführten Operationen und dem Krankheitsverlauf folge, auch nicht daraus, dass der Kläger über Schmerzen klage und Schmerzmittel einnehme. Die diagnostischen Kriterien einer depressiven Störung waren und sind nicht erfüllt. Eine wesentliche Antriebshemmung hat weder bei der Untersuchung bei Dr. H. noch bei Prof. Dr. St. vorgelegen. Die Stimmungslage ist von Dr. H. nur als bedrückt beschrieben worden und zum Zeitpunkt der Untersuchung bei Prof. Dr. St. lag auch diese nicht mehr vor. Weder ist eine wesentliche Gewichtsänderung noch ein Appetitverlust festgestellt worden. Ebenfalls lag keine ausgeprägte psychomotorische Hemmung vor, sodass Prof. Dr. St. überzeugend dargelegt hat, dass eine depressive Störung nicht nachgewiesen ist. Darüber hinaus hat Dr. H. auch nicht die aus der angenommenen depressiven Störung folgenden Leistungsbeeinträchtigungen nachvollziehbar abgeleitet, worauf Prof. Dr. St. ebenfalls zutreffend hingewiesen hat. Aus den oben festgestellten qualitativen Einschränkungen ergibt sich auch nicht die Pflicht, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung ist nicht gegeben. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 5 RJ 64/02 R- juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung" ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen - ohne im Einzelnen oder auf den ersten Blick ungewöhnlich zu sein - das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG Urteil vom 10. Dezember 2003, B 5 RJ 64/02 R - juris). Weder liegt eine ungewöhnliche schwerwiegende Behinderung noch eine Vielzahl von Einschränkungen vor. Mit den festgestellten nur geringen qualitativen Einschränkungen kann der Kläger beispielsweise leichte Industrie- und Handelsprodukte zureichen, abnehmen, reinigen, verpacken und sortieren (vgl. BSG SozR -2600 $ 32 Nr. 18), so dass es genügend Arbeitsfelder gibt, die für den Kläger in Betracht kommen.

Damit fehlt es am Nachweis einer rentenberechtigenden Leistungsminderung, weswegen ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht besteht. Bereits das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger aufgrund seines Alters keinen Anspruch nach § 240 SGB VI hat.

Der Senat hat die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG bei Prof. Dr. W. auf neurologischem Fachgebiet abgelehnt. Denn einem Antrag auf Anhörung mehrerer Ärzte gemäß § 109 SGG muss das Gericht nur nachkommen, wenn dafür ein besonderer Grund vorliegt (vgl. dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. § 109 SGG Rdnr. 4, 10b m.w.N.). Das SG hat bereits vom Neurologen und Psychiater Dr. H. das Gutachten vom 31. Januar 2014 und der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme nach § 109 SGG eingeholt. Ein besonderer Grund für die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegt nicht vor. Insbesondere gebietet eine unterschiedliche Beurteilung nicht die Einholung eines weiteren Gutachtens auf demselben Fachgebiet. Die beantragte Einholung eines neurologischen Gutachtens ist darüber hinaus nicht geboten, weil die neurologische Erkrankung (ältere Wurzelschädigung S1 links) nachgewiesen ist und weiterer Aufklärungsbedarf auf diesem Fachgebiet nicht ansatzweise ersichtlich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8 erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved