Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Cottbus (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 18 KR 157/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 5.7.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.8.2013 verurteilt, dem Kläger auch für die Zeit ab 10.7.2013 Krankengeld zu zahlen. 2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Krankengeld ab 10.7.2013.
Der am 1967 geborene Kläger ist als bei der S GmbH, W, beschäftigter Markie-rer/Verkehrstechniker Mitglied der Beklagten. Am 18.2.2013 unterzog er sich einer Operation an der rechten Hand (Dupuytren-Kontraktur). Die ihn behandelnde Fach-ärztin für Allgemeinmedizin DM D bescheinigte u.a. am 12.6.2013 die voraussicht-lich bis 12.7.2013 fortbestehende Arbeitsunfähigkeit. Nach den Feststellungen des SMD der Beklagten vom 27.05.2013 bestehen bei dem Kläger noch deutliche Restbeschwerden in Form einer Beugeparese des 4. Fingers rechts mit unvollständigem Faustschluss und deutlicher Kraftminderung der Hand; es sei von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit von zunächst 8 Wochen auszugehen. Nach eigenen Angaben hatte der Kläger bereits Ende Februar für seine Familie einschließlich seiner schulpflichtigen Tochter und sich einen Jahresurlaub in den Sommerferien für 3.173,- Euro geplant und gebucht. Zu diesem Zeitpunkt sei er nicht von Komplikationen im Heilungsprozess ausgegangen.
Seinen Antrag vom 4.7.2013 auf Verlegung des Aufenthaltes ins Ausland bei beste-hender Arbeitsunfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5.7.2013 ab und wies den dagegen am 10.7.2013 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbe-scheid 21.8.2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentli-chen aus, der Anspruch u.a. auf Krankengeld ruhe gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 bei Aufenthalt des Versicherten im Ausland. Zwar trete kein Ruhen ein, solange sich der Versicherte nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit mit Zustimmung der Krankenkasse im Ausland aufhalte. Vorliegend sei eine derartige Zustimmung seitens der Beklagten jedoch nicht erteilt worden. Die im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Einwände führten hierbei zu keinem anderen Ergebnis.
Mit seiner am 29.8.2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. Er be-ruft sich insbesondere darauf, bei der Urlaubsnahme handele es sich nicht um eine Last-Minute-Entscheidung, außerdem seien Komplikationen während des Heilungsprozesses ursprünglich nicht vorhersehbar gewesen.
Er beantragt schriftsätzlich,
den Widerspruchsbescheid vom 21.8.2013 der Knappschaft Bahn-See, Widerspruchsstelle, aufzuheben und damit die Krankenkasse zu ver- pflichten, ihm die ausgefallenen Krankengeldzahlungen vom 10.7.2013 bis 19.7.2013 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Aktenvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Sozialgericht Cottbus ist gemäß § 105 SGB befugt, über die Klage durch Ge-richtsbescheid zu entscheiden.
II.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid vom 5.7.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.8.2013 erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, da ihm für die Zeit ab 10.7.2013 ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld zusteht, der nicht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruht. Dass dem Grunde nach ein Anspruch auf Krankengeld gemäß §§ 5, 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V für die Zeit ab 10.7.2013 besteht, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Das Sozialgericht Cottbus verweist analog § 136 Abs. 3 SGG auf die vorherige Krankengeldgewährung. Dass
der Anspruch auf Gewährung von Krankengeld entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruht, folgt darauf, dass die Beklagte die Zustimmung gemäß § 16 Abs. 4 SGB hätte erteilen müssen. Insofern enthält der streitgegenständliche Bescheid weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht eine Grundlage dafür, weshalb die Beklagte dem Kläger eine befristete Zustimmung für den überaus überschaubaren Zeitraum hätte verweigern dürfen. Schon deshalb ist im Rahmen der gerichtsseits nachgelagerten Bescheidkontrolle der vorliegende Bescheid aufzuheben. Darüber hinaus ist das Sozialgericht Cottbus davon überzeugt, dass vorliegend die Zustimmung hätte erteilt werden müssen und demgemäß – da anderweitige Ruhen-s- tatbestände weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind – der begehrte Kranken-geldanspruch besteht. Ratio legis der in Bezug genommenen Vorschrift ist – worauf die Beklagte einzugehen sträflich unterlässt – der Gedanke, dass Sachleistungen nur im Inland erbracht werden können (Peter, in Kasseler Kommentar, Rdn. 7 zu § 16 SGB V). Da die den Kläger behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin DM Dominik keine Einwände gegen die Reise erhob und der Kläger in dem Reisezeitraum auch keine Behandlungen oder Arzttermine wahrnehmen musste, konnte dieser Gedanke zum Nachteil des Klägers nicht wirksam werden. Weitere ratio legis der in Bezug genommenen Vorschrift ist, dass der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit im Ausland häufig mit Schwierigkeiten verbunden ist und auch eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme dieser Leistungen vermieden werden solle (Peters, a.a.O.). Insofern ist zu berücksichtigen, dass nicht zuletzt der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten höchstselbst unter dem 27.5.2013 von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit für 8 Wochen ausging, so dass auch dieser Gesetzeszweck mitnichten zum Nachteil des Klägers wirksam zu werden vermochte. Schließlich sind in Bezug auf die Krankengeldgewährung beim Kläger Missbrauchsaspekte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Mit zumindest der vermittelnden Literaturansicht (Peter, in Kasseler Kommentar Rdn 8 zu § 16 SGB V) ist vorliegend eine befristete Zustimmung angebracht.
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Krankengeld ab 10.7.2013.
Der am 1967 geborene Kläger ist als bei der S GmbH, W, beschäftigter Markie-rer/Verkehrstechniker Mitglied der Beklagten. Am 18.2.2013 unterzog er sich einer Operation an der rechten Hand (Dupuytren-Kontraktur). Die ihn behandelnde Fach-ärztin für Allgemeinmedizin DM D bescheinigte u.a. am 12.6.2013 die voraussicht-lich bis 12.7.2013 fortbestehende Arbeitsunfähigkeit. Nach den Feststellungen des SMD der Beklagten vom 27.05.2013 bestehen bei dem Kläger noch deutliche Restbeschwerden in Form einer Beugeparese des 4. Fingers rechts mit unvollständigem Faustschluss und deutlicher Kraftminderung der Hand; es sei von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit von zunächst 8 Wochen auszugehen. Nach eigenen Angaben hatte der Kläger bereits Ende Februar für seine Familie einschließlich seiner schulpflichtigen Tochter und sich einen Jahresurlaub in den Sommerferien für 3.173,- Euro geplant und gebucht. Zu diesem Zeitpunkt sei er nicht von Komplikationen im Heilungsprozess ausgegangen.
Seinen Antrag vom 4.7.2013 auf Verlegung des Aufenthaltes ins Ausland bei beste-hender Arbeitsunfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5.7.2013 ab und wies den dagegen am 10.7.2013 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbe-scheid 21.8.2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentli-chen aus, der Anspruch u.a. auf Krankengeld ruhe gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 bei Aufenthalt des Versicherten im Ausland. Zwar trete kein Ruhen ein, solange sich der Versicherte nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit mit Zustimmung der Krankenkasse im Ausland aufhalte. Vorliegend sei eine derartige Zustimmung seitens der Beklagten jedoch nicht erteilt worden. Die im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Einwände führten hierbei zu keinem anderen Ergebnis.
Mit seiner am 29.8.2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. Er be-ruft sich insbesondere darauf, bei der Urlaubsnahme handele es sich nicht um eine Last-Minute-Entscheidung, außerdem seien Komplikationen während des Heilungsprozesses ursprünglich nicht vorhersehbar gewesen.
Er beantragt schriftsätzlich,
den Widerspruchsbescheid vom 21.8.2013 der Knappschaft Bahn-See, Widerspruchsstelle, aufzuheben und damit die Krankenkasse zu ver- pflichten, ihm die ausgefallenen Krankengeldzahlungen vom 10.7.2013 bis 19.7.2013 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Aktenvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Sozialgericht Cottbus ist gemäß § 105 SGB befugt, über die Klage durch Ge-richtsbescheid zu entscheiden.
II.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid vom 5.7.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.8.2013 erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, da ihm für die Zeit ab 10.7.2013 ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld zusteht, der nicht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruht. Dass dem Grunde nach ein Anspruch auf Krankengeld gemäß §§ 5, 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V für die Zeit ab 10.7.2013 besteht, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Das Sozialgericht Cottbus verweist analog § 136 Abs. 3 SGG auf die vorherige Krankengeldgewährung. Dass
der Anspruch auf Gewährung von Krankengeld entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruht, folgt darauf, dass die Beklagte die Zustimmung gemäß § 16 Abs. 4 SGB hätte erteilen müssen. Insofern enthält der streitgegenständliche Bescheid weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht eine Grundlage dafür, weshalb die Beklagte dem Kläger eine befristete Zustimmung für den überaus überschaubaren Zeitraum hätte verweigern dürfen. Schon deshalb ist im Rahmen der gerichtsseits nachgelagerten Bescheidkontrolle der vorliegende Bescheid aufzuheben. Darüber hinaus ist das Sozialgericht Cottbus davon überzeugt, dass vorliegend die Zustimmung hätte erteilt werden müssen und demgemäß – da anderweitige Ruhen-s- tatbestände weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind – der begehrte Kranken-geldanspruch besteht. Ratio legis der in Bezug genommenen Vorschrift ist – worauf die Beklagte einzugehen sträflich unterlässt – der Gedanke, dass Sachleistungen nur im Inland erbracht werden können (Peter, in Kasseler Kommentar, Rdn. 7 zu § 16 SGB V). Da die den Kläger behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin DM Dominik keine Einwände gegen die Reise erhob und der Kläger in dem Reisezeitraum auch keine Behandlungen oder Arzttermine wahrnehmen musste, konnte dieser Gedanke zum Nachteil des Klägers nicht wirksam werden. Weitere ratio legis der in Bezug genommenen Vorschrift ist, dass der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit im Ausland häufig mit Schwierigkeiten verbunden ist und auch eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme dieser Leistungen vermieden werden solle (Peters, a.a.O.). Insofern ist zu berücksichtigen, dass nicht zuletzt der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten höchstselbst unter dem 27.5.2013 von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit für 8 Wochen ausging, so dass auch dieser Gesetzeszweck mitnichten zum Nachteil des Klägers wirksam zu werden vermochte. Schließlich sind in Bezug auf die Krankengeldgewährung beim Kläger Missbrauchsaspekte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Mit zumindest der vermittelnden Literaturansicht (Peter, in Kasseler Kommentar Rdn 8 zu § 16 SGB V) ist vorliegend eine befristete Zustimmung angebracht.
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
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