Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 20 R 1596/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 312/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger die gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren ist.
Der 1970 geborene Kläger leidet seit Geburt an einer Wirbelsäulenskoliose. Ab dem 20. Lebensjahr traten intermittierend Schmerzen im BWS- und LWS-Bereich auf, die über die Jahre hinweg an Intensität und Häufigkeit zunahmen. Der Kläger war nach seinem Hauptschulabschluss als ungelernter Arbeiter zunächst bis 1988 im E. R. an einem Fahrgeschäft beschäftigt. Im August 1988 nahm er dann eine Tätigkeit bei der Firma G. auf, zunächst als Transporteur, dann in der Endkontrolle mit der Erforderlichkeit, auch Gegenstände zwischen 30 und 50 kg anheben und tragen zu müssen, bevor eine Hebebühne 1998 die Arbeit erleichterte. Ein Wiedereingliederungsversuch nach einer Arbeitsunfähigkeit seit Februar 2004 scheiterte aufgrund von vermehrten Schmerzen und Müdigkeit. Eine Schmerztherapie wurde im November 2005 wegen Unverträglichkeit abgebrochen. Ein weiterer Arbeitsversuch im März 2007 scheiterte wegen starker Rückenschmerzen, auch weil sich der Betrieb nicht an die ärztliche Empfehlung einer leichten Arbeit gehalten hatte.
Durch Bescheid des Landratsamtes O. vom 02.07.2012 ist ein Grad der Behinderung von 70 seit 05.04.2012 anerkannt wegen der Funktionsbeeinträchtigungen: Wirbelsäulenverformung, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Beinverkürzung rechts, Lungenfunktionseinschränkung, Teillähmung des linken Wadenbeinnervens, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke, Knorpelschäden am rechten Kniegelenk, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Bauchwandschwäche, Bauchnarbenbruch, Zwerchfellbruch mit Verlagerung innerer Organe in den Brustraum, Refluxkrankheit der Speiseröhre und Schuppenflechte mit Gelenkbeteiligung.
Der Kläger übt seit dem 01.10.2012 eine geringfügige Beschäftigung bei der Gemeinde Rust aus. Nach dem Arbeitsvertrag für die befristete Einstellung bis 30.09.2013 richtet sich die regelmäßige Arbeitszeit nach dem Bedarf des Arbeitgebers.
Anträge auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 29.07.2004 und 25.05.2007 blieben ohne Erfolg, da die Beklagte unter Berücksichtigung mehrerer Gutachten davon ausgegangen war, dass dem Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenigstens sechs Stunden am Tag unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes möglich und zumutbar waren (dies bestätigend: Urteil des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 01.12.2009 – S 13 R 1593/08 –, Berufungsrücknahme nach Zusage der Beklagten, dem Kläger eine Rehabilitationsmaßnahme zur beruflichen Wiedereingliederung zu gewähren). Die daraufhin bewilligte Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben ab 17.09.2012, eine berufliche Integrationsmaßnahme, musste aus gesundheitlichen Gründen am 12.10.2012 abgebrochen werden.
Mit Rentenbescheid vom 27.03.2013 gewährte die Beklagte auf den Antrag des Klägers vom 21.12.2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall am 26.09.2011 ab dem 01.04.2012 und befristet bis zum 31.03.2014. Die Beklagte führte aus, dass der Rentenanspruch zeitlich begrenzt sei, weil die volle Erwerbsminderung nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Klägers, sondern auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruhe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, den der durch einen Rentenberater vertretene Kläger nicht weiter begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2013 zurück.
Mit einen am 14.10.2013 eingegangenen Schreiben, dem die entsprechenden Antragsvordrucke beigefügt waren, begehrte der Kläger die Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung und gab dabei an, dass sich sein Gesundheitszustand nicht verändert habe. Hierzu legte er das Attest des Dr. W. vom 12.11.2013 vor, der mitteilte, dass sich seit dem Zeitpunkt der Gewährung der Rente (2012) der gesundheitliche Zustand in keiner Weise verbessert habe, sondern eher verschlechtert, was in der Natur der vorliegenden chronischen Erkrankungen liege.
Mit Bescheid vom 06.12.2013 verfügte die Beklagte, dass der Kläger weiterhin einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 30.11.2015 habe.
Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Rentenberater Widerspruch, worin er sich gegen die "Zeitberentung" wandte.
Unter Berücksichtigung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. Z. vom 20.01.2014, der darauf hinwies, dass der Versicherte mit unterschiedlicher Stundenzahl bei der Gemeinde Rust berufstätig sei und bei drei bis unter sechs Stunden Leistungsvermögen eine sogenannte Arbeitsmarktrente beziehe, die immer befristet sei, und zudem eine Besserung der Schmerzen trotz unveränderter Skoliose in der Reha 1998 habe erreicht werden können, sowie auch operative Maßnahmen nicht ausgeschlossen seien, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2014 zurück. Sie hat zur Begründung ausgeführt, dass Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit als zeitlich begrenzte Leistungen höchstens für drei Jahre gewährt werden könnten. Sie könnten jedoch – auch wiederholt – verlängert werden. Die Höchstgrenze für Verlängerungen liege bei neun Jahren. Diese Höchstgrenze gelte aber dann nicht, wenn die Erwerbsminderungsrente gewährt worden sei, weil der Arbeitsmarkt verschlossen sei. Eine dauerhafte Gewährung der Erwerbsminderungsrente lasse § 102 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nur zu, wenn die Behebung der Erwerbsminderung unwahrscheinlich sei und der Rentenanspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage bestehe. Der Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung sei abhängig von der Arbeitsmarktlage und könne daher nur befristet auf Zeit gewährt werden. Zudem sei nach Auffassung des sozialmedizinischen Sachverständigen eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht unwahrscheinlich.
Hiergegen hat der Kläger (vertreten durch seinen Rentenberater) am 01.04.2014 Klage zum SG erhoben und unter Verweis auf ein ärztliches Attest des Dr. W. bei weiter verschlechtertem Gesundheitszustand die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Orthopäden Dr. S., dem Dermatologen Dr. Z., den Hausärzten Dres. S. und beim Internisten und Rheumatologen Dr. L. Wegen der gemachten Angaben wird auf Bl. 18 ff., 24 ff., 27 nd 54 der Akten verwiesen.
Hierzu hat Dr. Schlicht für die Beklagte Stellung genommen (05.08.2014).
Ergänzend hat das SG Dr. S. zu der Frage gehört, welche weiteren Behandlungsmöglichkeiten bestehen und ob durch die genannten Behandlungsmöglichkeiten eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes erzielt werden kann (vgl. hierzu die sachverständige Zeugenaussage des Dr. S. vom 20.11.2014, Bl. 59 der Akten). Auch hierzu hat die Beklagte eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. S. vom 23.02.2015 vorgelegt.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen eines fachorthopädischen Gutachtens beim Chefarzt der orthopädischen Klinik Dr. S., O. Klinikum O. In seinem, zusammen mit der Fachärztin für Orthopädie B. erstellten Gutachten vom 15.06.2015 hat Dr. S. ein chronisches lokales belastungsabhängiges BWS-/LWS-Schmerzsyndrom Stufe 1 nach WHO bei schwerer angeborener linkskonvexer thorakolumbaler Torsionsskoliose, eine Schuppenflechtenarthritis ohne Bewegungseinschränkungen der Finger- und Zehengelenke, ohne Bewegungs- und Belastungsschmerzen und ohne Schwellungszustände, eine Omphalozele (Nabelschnurbruch durch eine physiologische Verlagerung einiger Bauchorgane nach außen (physiologischer Nabelbruch) durch die Bauchwand des ungeborenen Kindes), welche operativ versorgt wurde, einen zweit- bis drittgradigen Knorpelschaden an der rechten Hüfte, ein Carpaltunnelsyndrom der rechten Hand, welches neurologisch noch zu verifizieren wäre, festgestellt. Er hat ausgeführt, dass eine deutlich eingeschränkte Erwerbsfähigkeit vorliege, was sowohl das qualitative als auch das quantitative Leistungsvermögen angehe, insbesondere ausgelöst durch das chronische Schmerzsyndrom der schwerst verformten Brust- und Lendenwirbelsäule mit statischer muskulärer Insuffizienz und degenerativen Veränderungen. In quantitativer Hinsicht liege auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch eine Leistungsfähigkeit von drei bis unter sechs Stunden, in seinem zuletzt bis 2004 ausgeübten Beruf als Endkontrolleur nur noch ein Leistungsbild von unter drei Stunden vor. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne regelmäßiges schweres Heben und Tragen über 10 kg und mit der Möglichkeit, die Arbeitshaltung häufig zwischen Stehen, Gehen und Sitzen wechseln zu können, sollten möglich sein, wenn Arbeiten in Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Bückvorgänge vermieden würden. Gleiches gelte für Schieben, Drücken, Ziehen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen, lange Gehstrecken, insbesondere auf unebenem Gelände, stetes oder gehäuft notwendiges Treppensteigen, monotone Arbeitsabläufe und Arbeitshaltungen, für Akkord-, Fließband-, Schicht-, Nachtarbeit. Arbeiten in Kälte und Nässe und im Freien seien nicht zuträglich. Es spreche aber nichts gegen eine Arbeit unter leichtem Wärmeeinfluss und auch nicht mit starker Beanspruchung des Sehvermögens, auch nichts gegen Arbeit unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen. Eine starke Beanspruchung des Gehörs sei nicht möglich wegen des Tinnitus, Anforderungen an das Konzentrationsvermögen seien zumutbar. Es könnten leichte Tätigkeiten geistiger Art, auch mit Publikumsverkehr und ohne besondere nervliche Beanspruchung durchgeführt werden. Viel Stress sollte vermieden werden, die Arbeit sollte in einer ruhigen Atmosphäre stattfinden ohne Hektik. Lange Gehstrecken seien ebenso zu vermeiden. Ohne Gefährdung der Gesundheit könnten Arbeiten drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich durchgeführt werden. Die gesundheitlichen Einschränkungen machten es vorstellbar, dass allerhöchstens leichteste Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich seien bis knapp über drei Stunden, mit der Möglichkeit sich die Zeit selbst einzuteilen, individuell zu pausieren und die Tätigkeiten und Arbeitsabläufe so zu gestalten, dass sie für den Kläger durchführbar seien. Dr. S. hat darauf hingewiesen, dass mehrere Reha-Maßnahmen zur Linderung der Beschwerden und Stabilisierung des Gesundheitszustandes erfolgt seien, jedoch nur kurzfristig Erfolge zeitigten. Durch konservative Maßnahmen könne das Krankheitsbild nicht nachhaltig bzw. anhaltend positiv beeinflusst werden. Eine im Laufe der Zeit eintretende sogenannte wohltuende Versteifung bzw. Einsteifung der Wirbelsäule sei zwar möglich, jedoch bei noch relativ guter Beweglichkeit nicht alsbald zu erwarten. Sofern eine Versteifung der jetzt betroffenen Wirbelsäulenabschnitte einträte, käme es folglich zu einer Überlastung der angrenzenden Bezirke und erwartbaren Beschwerden hierin, so dass keine Änderung des Gesamtzustandes eintreten werde. Operative Maßnahmen seien vom Kläger in Erwägung gezogen worden, könnten aber sowohl qualitativ als auch quantitativ keine Besserung der Belastbarkeit und damit des Leistungsbildes garantieren. Aufgrund der diversen intraabdominalen Gefäß- und Organanomalien sei auch das Wagnis eines solchen sehr aufwändigen Eingriffes zu groß. Die Tatsache, dass der Kläger eine einigermaßen stabile Situation habe liege auch daran, dass er keinen Belastungen ausgesetzt sei und seinen Alltag so einteilen und gestalten könne, dass es erträglich sei, weshalb auch erklärt sei, dass er "nur" im WHO-Stufenschema zum Schmerz "auf der 1" rangiere und keine höher potenten Analgetika benötige. Die Einnahme höher potenter Analgetika wie Opiate führe ihrerseits dann wieder zu Einschränkungen des Leistungsvermögens. Insgesamt sei zu attestieren, dass keine Maßnahmen weder in absehbarer Zeit noch überhaupt im Gesundheitszustand des Klägers eine so wesentliche Besserung erwarten ließen, dass die genannten Einschränkungen ganz oder teilweise entfallen könnten.
Hierzu hat die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. S. vom 24.08.2015 vorgelegt. Er trat der Einschätzung des Sachverständigen entgegen, dass bei dem Versicherten "betriebsunübliche Pausen" notwendig wären. Denn es sei schon berücksichtigt, dass die Tätigkeit einen freien Positionswechsel zulassen müsse. Eine zusätzliche über die Verteilzeiten hinausgehende irgendwie geartete Arbeitspause sei nicht zwingend. Der Versicherte könne nach dem Gutachten immerhin am Stück eine Dreiviertelstunde sitzen, 10 Minuten am Stück stehen und gehen. Die Behauptung, dass weitere Pausen erforderlich seien, die selbst bei einer Tätigkeit, die den freien Wechsel erlaube, über die persönlichen Verteilzeiten hinausgingen, sei durch nichts belegt. Er hat weiter darauf hingewiesen, dass eine Versteifungs- oder Aufrichtungsoperation eine therapeutische Option sei, die auch die Schmerzsituation positiv beeinflussen und damit das Leistungsvermögen steigern könne. Allein darauf komme es an, wenn es um die Frage der Besserungsmöglichkeit des Leistungsvermögens gehe. Im Übrigen sei es auch nicht zutreffend, dass jegliche Einnahme höher potenter Schmerzmittel zusätzliche negative Auswirkungen auf das Leistungsvermögen habe. Gerade chronische Schmerzpatienten, die auf Opiate gut eingestellt seien, seien zum Teil erst dadurch wieder in der Lage, einer Erwerbstätigkeit, auch einer vollschichtigen, nachzugehen. Entscheidend sei das Ansprechen auf die Medikation, zumal sich die Nebenwirkungsrate bei retardierter Galenik und gleichbleibender Dosis meist nach kurzer Zeit deutlich reduziere, so dass dann auch wieder Autofahren erlaubt sei. Die hochgradige Einschränkung der Gehstrecke könne angesichts des geschilderten Gangbildes, selbst unter erschwerten Bedingungen, noch dazu ohne Hilfsmittel und der Angabe einer zehnminütigen Gehzeit, nicht nachvollzogen werden, sei aber ohne Bedeutung angesichts der Fähigkeit des Versicherten, weiterhin PKW zu fahren.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage durch Gerichtsbescheid vom 05.01.2016 abgewiesen und sich zur Begründung der Auffassung von Dr. S. angeschlossen. Es habe sich nicht von einer vollständigen Aufhebung des Leistungsvermögens überzeugen können, wofür auch spreche, dass der Kläger eine Tätigkeit bei der Gemeinde Rust ausübe und eine Ausweitung dieser Tätigkeit in erster Linie daran scheitere, dass dann auch körperlich anstrengende Tätigkeiten verrichtet werden müssten. Der Kläger habe daher aufgrund seines Restleistungsvermögens nur Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Weil die Gewährung der vollen Erwerbsminderung nur auf der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes beruhe, sei die Rente nach § 102 SGB VI zwingend zu befristen.
Gegen den dem Kläger am 12.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser durch seinen Bevollmächtigten am 21.01.2016 Berufung eingelegt. Er hält an seiner Rechtsauffassung fest und verweist darauf, dass ihm vom Sachverständigen eine Wegeunfähigkeit attestiert worden sei. Der Gerichtsbescheid verstoße damit gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Er weist darauf hin, dass sich sein Gesundheitszustand zulasten der Restgesundheit verschlechtert habe. Eine Besserungsfähigkeit liege nicht vor.
Der Kläger beantragt, sachdienlich gefasst,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Januar 2016 aufzuheben, den Bescheid vom 6. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer statt auf Zeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 15.10.2015 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterhin auf Zeit bis zum 30.11.2018 bewilligt. Hiergegen hat der Kläger nach Angaben der Beklagten Widerspruch eingelegt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist unbegründet. Denn mit Erlass des auf Antrag des Klägers ergangenen Bescheides vom 15.10.2015 ist die Klage unzulässig geworden.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 06.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014, mit welchem die Beklagte dem Kläger die zuvor mit Bescheid vom 27.03.2013 und bis 31.03.2014 bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung, welche nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Klägers beruhte, über diesen Zeitpunkt hinaus bis 30.11.2015 bewilligte. Mit der erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung der Rente über den 30.11.2015 hinaus (Anfechtungsklage) und begehrt mit der Leistungsklage, die Verurteilung der Beklagten zu dieser Leistung. Diese Klage war ursprünglich zulässig.
Der Bescheid vom 15.10.2015 ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist geworden. Mit diesem Verwaltungsakt hat die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung wiederum auf Zeit – bis 30.11.2018 – verfügt.
Dieser Bescheid ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Nach Klageerhebung wird gemäß § 96 Abs. 1 SGG ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert und ersetzt. Eine Änderung liegt vor, wenn ein Verwaltungsakt teilweise aufgehoben und durch eine neue Regelung ersetzt wird, eine Ersetzung, wenn ein neuer Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 96 Rn. 4 m.w.N.). Mit dem Bescheid vom 15.10.2015 hat die Beklagte die Weitergewährung der bereits bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung verfügt. Dadurch wurde die zuvor ausgesprochene zeitlich befristete Entscheidung über eine Rentengewährung weder ganz noch teilweise aufgehoben und durch eine neue Regelung ersetzt, sondern vielmehr – bezogen auf einen späteren Zeitpunkt – bestätigt. Eine Änderung oder Ersetzung folgt auch nicht daraus, dass auch der Bescheid vom 15.10.2015 die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt hat.
Eine analoge Anwendung der Bestimmung ist seit deren Neufassung zum 01.01.2008, wonach eine Einbeziehung nur in Fällen der Änderung und Ersetzung möglich ist, nicht mehr zulässig (BSG, Urteil vom 07.02.2012 – B 13 R 85/09 R –, SozR 4-1200 § 52 Nr. 5, m.w.N.). Eine analoge Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG kommt nach dem Wortlaut der mit Wirkung zum 01.04.2008 vorliegenden Fassung der Vorschrift und nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers zum Anwendungsbereich der Norm, wonach eine Einbeziehung des neu ergangenen Verwaltungsaktes nur in direkter und nicht in entsprechender Anwendung der Vorschrift erfolgen kann (vgl. hierzu BT-Drucksache 16/7716, Seite 18 f.), nicht mehr in Betracht. Die Notwendigkeit einer Einbeziehung ergibt sich auch nicht aus der Gefahr einer doppelten gerichtlichen Prüfung mit eventuell widersprüchlichen Entscheidungen. Denn für den Fall des Erfolges in dem vorliegenden Verfahren könnte die Beklagte aufgrund der Bewilligung der in der Höhe nicht unterschiedlichen Leistungen die Erfüllung für die bis 30.11.2018 erbrachten Leistungen entgegenhalten.
Zudem liegt eine Einbeziehung aufgrund einer Klageänderung nach § 99 SGG nicht vor. Hierfür fehlt es schon an deren Voraussetzungen. Vorliegend ist vom Kläger eine solche Klageänderung zu keinem Zeitpunkt erklärt worden. Entsprechend liegt weder eine diesbezügliche Einwilligung der Beklagten hierzu vor (§ 99 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGG), noch hat das SG eine Klageänderung für sachdienlich gehalten (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Zudem setzt eine Klageänderung grundsätzlich voraus, dass die neue Klage zulässig ist, also ein Vorverfahren durchgeführt worden ist (§ 78 SGG), was in Bezug auf den Bescheid vom 15.10.2015 nicht der Fall ist.
Die Anfechtungsklage ist durch diese Weiterbewilligung mit Bescheid vom 15.10.2015 unzulässig geworden (so auch Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.07.2014 – L 10 R 2929/13 – juris).
Der Kläger wendet sich gegen den Bewilligungsbescheid vom 06.12.2013 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014) nur insoweit, als mit diesem der weitergehend geltend gemachte Rentenanspruch für die Zeit nach dem 30.11.2015 abgelehnt wurde. Hierdurch war der Kläger auch zunächst beschwert. Diese Beschwer ist jedoch durch die Bewilligung für die Zeit ab 01.12.2015 bis 30.11.2018 weggefallen, die erhobene Anfechtungsklage ist dadurch unzulässig geworden.
Zulässig ist eine Anfechtungsklage nur, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Beschwert ist ein Kläger nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtungsklage ist somit, dass der Kläger behauptet, durch einen Verwaltungsakt beschwert zu sein, weil dieser Verwaltungsakt objektiv rechtswidrig sei und subjektiv in rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingreife (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 54 RdNrn. 7, 9 f. - so genannte Klagebefugnis -).
Eine solche Rechtsverletzung durch die Ablehnung der Rente über den 30.11.2015 hinaus im Bescheid vom 06.12.2013 kann der Kläger nicht mehr behaupten. Denn mit dem während des Klageverfahrens ergangenen Bescheid vom 15.10.2015 (Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung im Anschluss an die bisherige Bewilligung und bis zum 30.11.2018) hat sich der Verfügungssatz im Bescheid vom 06.12.2013, mit dem die Rente über den 30.11.2015 hinaus abgelehnt wurde, in sonstiger Weise erledigt und er entfaltet deshalb keine Rechtswirkungen mehr (§ 39 Abs. 2 SGB X). Denn Regelungsinhalt dieses Verfügungssatzes im Bescheid vom 06.12.2013 war allein die Ablehnung von Rente über den 30.11.2015 hinaus. Mit der Rentenbewilligung vom 15.10.2015 ist gerade für den anschließenden Zeitraum auf Grund des Weitergewährungsantrages des Klägers die begehrte Rente bewilligt worden. Damit ist die ursprüngliche zeitliche Begrenzung im Bescheid vom 06.12.2013 gegenstandslos geworden. Entfaltet aber die Rentenablehnung im Bescheid vom 06.12.2013 keine Wirkung mehr, ist der Kläger hierdurch auch nicht mehr beschwert, die Anfechtungsklage somit unzulässig geworden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.07.2014 – L 10 R 2929/13 R –, juris).
Damit ist auch das vom Kläger erhobene Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente über den 30.11.2015 hinaus unzulässig. Der 10. Senat des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 17.07.2014, a.a.O.) hat hierzu ausgeführt:
"Grundsätzlich ist zwar eine solche Leistungsklage auf Verurteilung eines Leistungsträgers zur Gewährung von Rente möglich (§ 54 Abs. 4 SGG). Voraussetzung ist jedoch, dass zunächst die Verwaltung mit der Sache befasst war und über das Begehren gerade in den streitgegenständlichen Bescheiden entschied (BSG Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R; Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5; Urteil vom 16.11.2005, B 2 U 28/04 R). Andernfalls fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in Form eines derartigen Leistungsbegehrens (Keller, a.a.O., RdNrn. 21, 39b). So liegt der Fall hier: Durch die Erledigung fehlt es - in den streitgegenständlichen Bescheiden - an einer anfechtbaren und damit an einer im vorliegenden Rechtsstreit angefochtenen Regelung zur Frage der Rentendauer. Die unzulässige Anfechtungsklage zieht gleichsam die Unzulässigkeit der Leistungsklage nach sich (BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R)."
Im Ergebnis ist somit die Anfechtungs- und Leistungsklage in Bezug auf den Bescheid vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010 unzulässig geworden. Damit hat das SG die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass selbst dann, wenn man entgegen der oben gemachten Ausführungen davon ausgehen wollte, die Klage sei weiterhin zulässig, sich nichts anderes ergeben würde.
Denn ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer besteht nicht, wie das SG und die Beklagte zutreffend entschieden haben.
Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid die maßgeblichen Vorschriften genannt und unter Bezugnahme auf die von Dr. S. vorgenommene Leistungsbeurteilung, auf die es sich gestützt hat und wonach beim Kläger noch ein Leistungsvermögen von mehr als drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt besteht, zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Dauerrente schon deswegen nicht vorliegen, weil dies durch § 102 Abs. 2 Satz 1 bis 4 SGB VI ausgeschlossen ist. Denn dem Kläger wird durch die hier streitige Entscheidung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nur deshalb bewilligt, weil der Arbeitsmarkt als verschlossen angesehen wird (siehe hierzu Gürtner in Kasseler Kommentar, Stand März 2016, SGB VI § 43 Rdnr. 34). Diese auf die Einschätzung von Dr. S. gestützten Ausführungen sind auch nach der Überprüfung durch den Senat nicht zu beanstanden. Die Benennungspflicht bei schweren spezifischen Leistungseinschränkungen bzw. bei einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. hierzu: vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 75; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50) belegt zudem, dass es sich in diesen Fallgestaltungen ebenfalls um Umstände handelt, die abhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage sind, und damit einer Dauerrente ebenfalls entgegenstehen.
Doch auch wenn man mit dem Kläger davon ausgehen wollte, seine zeitliche Leistungsfähigkeit sei entgegen der Einschätzung des gehörten Sachverständigen auf unter drei Stunden am Tag abgesunken, ergäbe sich nach Überzeugung des Senats hier kein anderes Bild. Denn nach § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI werden solche Renten nur dann unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann.
Das BSG (Urteil vom 29.03.2006 – B 13 RJ 31/05 R –, SozR 4-2600 § 102 Nr. 2, BSGE 96, 147-153) hat zur Auslegung der am 01.01.2001 mit Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbG) vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827) in Kraft getretenen Neuregelung Folgendes ausgeführt:
"Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Neuordnung auch des § 102 SGB VI durch das RRErwerbG nicht um marginale inhaltliche Änderungen, sondern um eine komplette Umgestaltung, deren Auswirkungen allenfalls - rechtstatsächlich - dadurch begrenzt werden, dass der Eintritt vollständiger Erwerbsminderung regelmäßig auf progredienten gesundheitlichen Beeinträchtigungen beruhen wird, die eine Besserung des Leistungsvermögens in der Zukunft zumeist nicht mehr erwarten lassen (Lange, rv 2004, 25, 32; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, aaO). Entgegen der Auffassung der Klägerin kann schon nach der gesetzlichen Ausgangslage der Begriff ‚unwahrscheinlich‘ in § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI nicht i.S. des § 102 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI a.F. gelesen werden, dass eine "begründete Aussicht" auf Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit auch nach neuem Recht Voraussetzung für die Gewährung der zeitlich befristeten Rente wäre. Vielmehr handelt es sich bei dem Tatbestandsmerkmal ‚unwahrscheinlich‘ um ein völliges Novum (vgl. Majerski-Pahlen, NZS 2002, 475 ff., 478). Die Behebung der Leistungsminderung muss zudem – im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage – nicht ‚in absehbarer Zeit‘ wahrscheinlich sein. Mithin kann auch die bisherige Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 17. Februar 1982 - 1 RJ 102/80 - BSGE 53, 100 = SozR 2200 § 1276 Nr 6), wonach die Behebung der Erwerbsminderung innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren wahrscheinlich sein muss, zur Auslegung des Merkmals "unwahrscheinlich" nicht - auch nicht im Umkehrschluss - herangezogen werden (so auch: Bayerlein, Bönisch ua, MittLVA Oberfr 2001, 10, 69). Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Behebung der Leistungsminderung ist gerade nicht erforderlich; Unsicherheiten der Prognose gehen zu Lasten des Versicherten, wobei allerdings sowohl Rentenversicherungsträger als auch Sozialgerichte nach dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 20 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch; § 103 SGG) weiterhin gehalten sind, den Sachverhalt erschöpfend aufzuklären. ‚Unwahrscheinlich‘ iS des § 102 Abs 2 Satz 4 SGB VI ist vielmehr dahingehend zu verstehen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine - rentenrechtlich relevante - Besserungsaussicht sprechen müssen, so dass ein Dauerzustand vorliegt (vgl Majerski-Pahlen , aaO; ebenso Jörg in Kreikebohm, SGB VI, 2. Aufl 2003, Rdnr 5 zu § 102). Von solchen Gründen kann jedoch erst dann ausgegangen werden, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und auch hiernach ein aufgehobenes Leistungsvermögen besteht. Daher liegt es nahe, Unwahrscheinlichkeit i.S. des § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI n.F. dann anzunehmen, wenn aus ärztlicher Sicht bei Betrachtung des bisherigen Verlaufs nach medizinischen Erkenntnissen - auch unter Berücksichtigung noch vorhandener therapeutischer Möglichkeiten - eine Besserung nicht anzunehmen ist, durch welche sich eine rentenrechtlich relevante Steigerung der Leistungsfähigkeit des Versicherten ergeben würde. Rein vom Wortsinn kann es allerdings nicht darauf ankommen, ob - wie das LSG (ähnlich auch VerbKomm, Anm. 5 zu § 102 SGB VI, Stand April 2003; Bayerlein, Bönisch u.a., a.a.O.) meint - eine solche Besserung "auszuschließen" ist (wie hier bereits das SG; vgl. ferner Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, Rdnr 18 zu § 102 SGB VI; Stand Mai 2001). Erheblich ist allein, dass alle therapeutischen Möglichkeiten in Betracht gezogen werden müssen, um ein qualitatives oder quantitatives Leistungshindernis zu beheben. Diese schließen alle Therapiemöglichkeiten nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)) ein, also auch Operationen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese duldungspflichtig sind. Denn die Frage der Duldungspflicht stellt sich allein im Bereich der Mitwirkungsobliegenheiten des Versicherten (§§ 60 ff. des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I)). Ist ein Eingriff nicht duldungspflichtig, stellt dies zumindest einen "wichtigen Grund" i.S. des § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dar, die Mitwirkung zu verweigern. Als besondere Ausprägung eines solchen Grundes regelt § 65 Abs. 2 SGB I, unter welchen Umständen Behandlungen und Untersuchungen abgelehnt werden können. Dieser Gedanke kann nicht aus § 65 Abs. 2 SGB I in das Rentenrecht übertragen werden (vgl. LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 25. Februar 2004, NZS 2005, 31; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 5. April 2005 - L 11 R 3020/03, veröffentlicht bei Juris). Denn die in §§ 60 ff SGB I normierten Mitwirkungsobliegenheiten führen bei Nichtbefolgung allein zu verfahrensrechtlichen Konsequenzen (Versagung der Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkungshandlung) und setzen einen materiell-rechtlichen Anspruch voraus; § 102 SGB VI hingegen regelt gerade einen materiell-rechtlichen Anspruch (auf Gewährung befristeter oder unbefristeter Rente). Angesichts des gegenüber der vorherigen Gesetzesfassung umgekehrten Regel-Ausnahme-Verhältnisses ist die Rechtsprechung des BSG zu § 1276 Abs. 1 RVO (BSG SozR 2200 § 1276 Nr 4; BSG Urteil vom 8. September 1982 - 5b RJ 38/81 - veröffentlicht bei Juris) überholt, wonach (nur) eine ‚zumutbare‘ ärztliche Behandlung der Gewährung befristeter (statt unbefristeter) Rente nicht entgegensteht."
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, und insbesondere der Umstände, dass eine Behebung der Leistungsminderung weder in absehbarer Zeit noch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Behebung der Leistungsminderung notwendig sind, vermögen die Einlassungen von Dr. S. nicht zu überzeugen. Denn soweit er ausführt, nicht mit einer so genannten wohltuenden Versteifung bzw. Einsteifung der Wirbelsäule "alsbald" zu rechnen, ist dies hier nach den obigen Ausführungen nicht relevant. Im Gegensatz zu dessen Ausführungen vermag der Senat sich aber auch nicht davon zu überzeugen, dass es mit einer (auch operativen) Versteifung an den betroffenen Wirbelsäulenabschnitten, als einer Behandlungsoption, zwangsläufig zu einer Überlastung der angrenzenden Bezirke und zu erwartenden Beschwerden an angrenzenden Bezirken kommen muss, die in ihrer Ausprägung genauso einschneidend sind, dass sich keine Änderung im Gesamtzustand ergibt. Dies steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass Versteifungsoperationen gerade zur Schmerzlinderung durchgeführt werden und Dr. S. hierfür keine Belege nennt. Darüber hinaus sind weitere Behandlungsoptionen, wie die Verordnung höherpotenter Schmerzmittel nach den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen von Dr. S., die der Senat als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwertet, noch nicht ausgeschöpft. Der Senat vermag insoweit nicht zu erkennen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine solche Verordnung sprechen, da die Auswirkungen einer solchen Behandlung, wie Dr. S. überzeugend darlegte, von der Verträglichkeit im Einzelfall abhängen. Schon weil eine entsprechende Therapie bislang nicht durchgeführt wurde und ein Ansprechen auf eine solche nicht ausgeschlossen werden kann, liegt keine unwahrscheinliche Behebung der Leistungsminderung vor, weshalb die gewährte Rente zu befristen war.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger die gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren ist.
Der 1970 geborene Kläger leidet seit Geburt an einer Wirbelsäulenskoliose. Ab dem 20. Lebensjahr traten intermittierend Schmerzen im BWS- und LWS-Bereich auf, die über die Jahre hinweg an Intensität und Häufigkeit zunahmen. Der Kläger war nach seinem Hauptschulabschluss als ungelernter Arbeiter zunächst bis 1988 im E. R. an einem Fahrgeschäft beschäftigt. Im August 1988 nahm er dann eine Tätigkeit bei der Firma G. auf, zunächst als Transporteur, dann in der Endkontrolle mit der Erforderlichkeit, auch Gegenstände zwischen 30 und 50 kg anheben und tragen zu müssen, bevor eine Hebebühne 1998 die Arbeit erleichterte. Ein Wiedereingliederungsversuch nach einer Arbeitsunfähigkeit seit Februar 2004 scheiterte aufgrund von vermehrten Schmerzen und Müdigkeit. Eine Schmerztherapie wurde im November 2005 wegen Unverträglichkeit abgebrochen. Ein weiterer Arbeitsversuch im März 2007 scheiterte wegen starker Rückenschmerzen, auch weil sich der Betrieb nicht an die ärztliche Empfehlung einer leichten Arbeit gehalten hatte.
Durch Bescheid des Landratsamtes O. vom 02.07.2012 ist ein Grad der Behinderung von 70 seit 05.04.2012 anerkannt wegen der Funktionsbeeinträchtigungen: Wirbelsäulenverformung, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Beinverkürzung rechts, Lungenfunktionseinschränkung, Teillähmung des linken Wadenbeinnervens, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke, Knorpelschäden am rechten Kniegelenk, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Bauchwandschwäche, Bauchnarbenbruch, Zwerchfellbruch mit Verlagerung innerer Organe in den Brustraum, Refluxkrankheit der Speiseröhre und Schuppenflechte mit Gelenkbeteiligung.
Der Kläger übt seit dem 01.10.2012 eine geringfügige Beschäftigung bei der Gemeinde Rust aus. Nach dem Arbeitsvertrag für die befristete Einstellung bis 30.09.2013 richtet sich die regelmäßige Arbeitszeit nach dem Bedarf des Arbeitgebers.
Anträge auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 29.07.2004 und 25.05.2007 blieben ohne Erfolg, da die Beklagte unter Berücksichtigung mehrerer Gutachten davon ausgegangen war, dass dem Kläger leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenigstens sechs Stunden am Tag unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes möglich und zumutbar waren (dies bestätigend: Urteil des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 01.12.2009 – S 13 R 1593/08 –, Berufungsrücknahme nach Zusage der Beklagten, dem Kläger eine Rehabilitationsmaßnahme zur beruflichen Wiedereingliederung zu gewähren). Die daraufhin bewilligte Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben ab 17.09.2012, eine berufliche Integrationsmaßnahme, musste aus gesundheitlichen Gründen am 12.10.2012 abgebrochen werden.
Mit Rentenbescheid vom 27.03.2013 gewährte die Beklagte auf den Antrag des Klägers vom 21.12.2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall am 26.09.2011 ab dem 01.04.2012 und befristet bis zum 31.03.2014. Die Beklagte führte aus, dass der Rentenanspruch zeitlich begrenzt sei, weil die volle Erwerbsminderung nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Klägers, sondern auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruhe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, den der durch einen Rentenberater vertretene Kläger nicht weiter begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2013 zurück.
Mit einen am 14.10.2013 eingegangenen Schreiben, dem die entsprechenden Antragsvordrucke beigefügt waren, begehrte der Kläger die Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung und gab dabei an, dass sich sein Gesundheitszustand nicht verändert habe. Hierzu legte er das Attest des Dr. W. vom 12.11.2013 vor, der mitteilte, dass sich seit dem Zeitpunkt der Gewährung der Rente (2012) der gesundheitliche Zustand in keiner Weise verbessert habe, sondern eher verschlechtert, was in der Natur der vorliegenden chronischen Erkrankungen liege.
Mit Bescheid vom 06.12.2013 verfügte die Beklagte, dass der Kläger weiterhin einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 30.11.2015 habe.
Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Rentenberater Widerspruch, worin er sich gegen die "Zeitberentung" wandte.
Unter Berücksichtigung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. Z. vom 20.01.2014, der darauf hinwies, dass der Versicherte mit unterschiedlicher Stundenzahl bei der Gemeinde Rust berufstätig sei und bei drei bis unter sechs Stunden Leistungsvermögen eine sogenannte Arbeitsmarktrente beziehe, die immer befristet sei, und zudem eine Besserung der Schmerzen trotz unveränderter Skoliose in der Reha 1998 habe erreicht werden können, sowie auch operative Maßnahmen nicht ausgeschlossen seien, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2014 zurück. Sie hat zur Begründung ausgeführt, dass Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit als zeitlich begrenzte Leistungen höchstens für drei Jahre gewährt werden könnten. Sie könnten jedoch – auch wiederholt – verlängert werden. Die Höchstgrenze für Verlängerungen liege bei neun Jahren. Diese Höchstgrenze gelte aber dann nicht, wenn die Erwerbsminderungsrente gewährt worden sei, weil der Arbeitsmarkt verschlossen sei. Eine dauerhafte Gewährung der Erwerbsminderungsrente lasse § 102 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nur zu, wenn die Behebung der Erwerbsminderung unwahrscheinlich sei und der Rentenanspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage bestehe. Der Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung sei abhängig von der Arbeitsmarktlage und könne daher nur befristet auf Zeit gewährt werden. Zudem sei nach Auffassung des sozialmedizinischen Sachverständigen eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht unwahrscheinlich.
Hiergegen hat der Kläger (vertreten durch seinen Rentenberater) am 01.04.2014 Klage zum SG erhoben und unter Verweis auf ein ärztliches Attest des Dr. W. bei weiter verschlechtertem Gesundheitszustand die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Orthopäden Dr. S., dem Dermatologen Dr. Z., den Hausärzten Dres. S. und beim Internisten und Rheumatologen Dr. L. Wegen der gemachten Angaben wird auf Bl. 18 ff., 24 ff., 27 nd 54 der Akten verwiesen.
Hierzu hat Dr. Schlicht für die Beklagte Stellung genommen (05.08.2014).
Ergänzend hat das SG Dr. S. zu der Frage gehört, welche weiteren Behandlungsmöglichkeiten bestehen und ob durch die genannten Behandlungsmöglichkeiten eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes erzielt werden kann (vgl. hierzu die sachverständige Zeugenaussage des Dr. S. vom 20.11.2014, Bl. 59 der Akten). Auch hierzu hat die Beklagte eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. S. vom 23.02.2015 vorgelegt.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen eines fachorthopädischen Gutachtens beim Chefarzt der orthopädischen Klinik Dr. S., O. Klinikum O. In seinem, zusammen mit der Fachärztin für Orthopädie B. erstellten Gutachten vom 15.06.2015 hat Dr. S. ein chronisches lokales belastungsabhängiges BWS-/LWS-Schmerzsyndrom Stufe 1 nach WHO bei schwerer angeborener linkskonvexer thorakolumbaler Torsionsskoliose, eine Schuppenflechtenarthritis ohne Bewegungseinschränkungen der Finger- und Zehengelenke, ohne Bewegungs- und Belastungsschmerzen und ohne Schwellungszustände, eine Omphalozele (Nabelschnurbruch durch eine physiologische Verlagerung einiger Bauchorgane nach außen (physiologischer Nabelbruch) durch die Bauchwand des ungeborenen Kindes), welche operativ versorgt wurde, einen zweit- bis drittgradigen Knorpelschaden an der rechten Hüfte, ein Carpaltunnelsyndrom der rechten Hand, welches neurologisch noch zu verifizieren wäre, festgestellt. Er hat ausgeführt, dass eine deutlich eingeschränkte Erwerbsfähigkeit vorliege, was sowohl das qualitative als auch das quantitative Leistungsvermögen angehe, insbesondere ausgelöst durch das chronische Schmerzsyndrom der schwerst verformten Brust- und Lendenwirbelsäule mit statischer muskulärer Insuffizienz und degenerativen Veränderungen. In quantitativer Hinsicht liege auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch eine Leistungsfähigkeit von drei bis unter sechs Stunden, in seinem zuletzt bis 2004 ausgeübten Beruf als Endkontrolleur nur noch ein Leistungsbild von unter drei Stunden vor. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne regelmäßiges schweres Heben und Tragen über 10 kg und mit der Möglichkeit, die Arbeitshaltung häufig zwischen Stehen, Gehen und Sitzen wechseln zu können, sollten möglich sein, wenn Arbeiten in Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Bückvorgänge vermieden würden. Gleiches gelte für Schieben, Drücken, Ziehen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen, lange Gehstrecken, insbesondere auf unebenem Gelände, stetes oder gehäuft notwendiges Treppensteigen, monotone Arbeitsabläufe und Arbeitshaltungen, für Akkord-, Fließband-, Schicht-, Nachtarbeit. Arbeiten in Kälte und Nässe und im Freien seien nicht zuträglich. Es spreche aber nichts gegen eine Arbeit unter leichtem Wärmeeinfluss und auch nicht mit starker Beanspruchung des Sehvermögens, auch nichts gegen Arbeit unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen. Eine starke Beanspruchung des Gehörs sei nicht möglich wegen des Tinnitus, Anforderungen an das Konzentrationsvermögen seien zumutbar. Es könnten leichte Tätigkeiten geistiger Art, auch mit Publikumsverkehr und ohne besondere nervliche Beanspruchung durchgeführt werden. Viel Stress sollte vermieden werden, die Arbeit sollte in einer ruhigen Atmosphäre stattfinden ohne Hektik. Lange Gehstrecken seien ebenso zu vermeiden. Ohne Gefährdung der Gesundheit könnten Arbeiten drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich durchgeführt werden. Die gesundheitlichen Einschränkungen machten es vorstellbar, dass allerhöchstens leichteste Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich seien bis knapp über drei Stunden, mit der Möglichkeit sich die Zeit selbst einzuteilen, individuell zu pausieren und die Tätigkeiten und Arbeitsabläufe so zu gestalten, dass sie für den Kläger durchführbar seien. Dr. S. hat darauf hingewiesen, dass mehrere Reha-Maßnahmen zur Linderung der Beschwerden und Stabilisierung des Gesundheitszustandes erfolgt seien, jedoch nur kurzfristig Erfolge zeitigten. Durch konservative Maßnahmen könne das Krankheitsbild nicht nachhaltig bzw. anhaltend positiv beeinflusst werden. Eine im Laufe der Zeit eintretende sogenannte wohltuende Versteifung bzw. Einsteifung der Wirbelsäule sei zwar möglich, jedoch bei noch relativ guter Beweglichkeit nicht alsbald zu erwarten. Sofern eine Versteifung der jetzt betroffenen Wirbelsäulenabschnitte einträte, käme es folglich zu einer Überlastung der angrenzenden Bezirke und erwartbaren Beschwerden hierin, so dass keine Änderung des Gesamtzustandes eintreten werde. Operative Maßnahmen seien vom Kläger in Erwägung gezogen worden, könnten aber sowohl qualitativ als auch quantitativ keine Besserung der Belastbarkeit und damit des Leistungsbildes garantieren. Aufgrund der diversen intraabdominalen Gefäß- und Organanomalien sei auch das Wagnis eines solchen sehr aufwändigen Eingriffes zu groß. Die Tatsache, dass der Kläger eine einigermaßen stabile Situation habe liege auch daran, dass er keinen Belastungen ausgesetzt sei und seinen Alltag so einteilen und gestalten könne, dass es erträglich sei, weshalb auch erklärt sei, dass er "nur" im WHO-Stufenschema zum Schmerz "auf der 1" rangiere und keine höher potenten Analgetika benötige. Die Einnahme höher potenter Analgetika wie Opiate führe ihrerseits dann wieder zu Einschränkungen des Leistungsvermögens. Insgesamt sei zu attestieren, dass keine Maßnahmen weder in absehbarer Zeit noch überhaupt im Gesundheitszustand des Klägers eine so wesentliche Besserung erwarten ließen, dass die genannten Einschränkungen ganz oder teilweise entfallen könnten.
Hierzu hat die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. S. vom 24.08.2015 vorgelegt. Er trat der Einschätzung des Sachverständigen entgegen, dass bei dem Versicherten "betriebsunübliche Pausen" notwendig wären. Denn es sei schon berücksichtigt, dass die Tätigkeit einen freien Positionswechsel zulassen müsse. Eine zusätzliche über die Verteilzeiten hinausgehende irgendwie geartete Arbeitspause sei nicht zwingend. Der Versicherte könne nach dem Gutachten immerhin am Stück eine Dreiviertelstunde sitzen, 10 Minuten am Stück stehen und gehen. Die Behauptung, dass weitere Pausen erforderlich seien, die selbst bei einer Tätigkeit, die den freien Wechsel erlaube, über die persönlichen Verteilzeiten hinausgingen, sei durch nichts belegt. Er hat weiter darauf hingewiesen, dass eine Versteifungs- oder Aufrichtungsoperation eine therapeutische Option sei, die auch die Schmerzsituation positiv beeinflussen und damit das Leistungsvermögen steigern könne. Allein darauf komme es an, wenn es um die Frage der Besserungsmöglichkeit des Leistungsvermögens gehe. Im Übrigen sei es auch nicht zutreffend, dass jegliche Einnahme höher potenter Schmerzmittel zusätzliche negative Auswirkungen auf das Leistungsvermögen habe. Gerade chronische Schmerzpatienten, die auf Opiate gut eingestellt seien, seien zum Teil erst dadurch wieder in der Lage, einer Erwerbstätigkeit, auch einer vollschichtigen, nachzugehen. Entscheidend sei das Ansprechen auf die Medikation, zumal sich die Nebenwirkungsrate bei retardierter Galenik und gleichbleibender Dosis meist nach kurzer Zeit deutlich reduziere, so dass dann auch wieder Autofahren erlaubt sei. Die hochgradige Einschränkung der Gehstrecke könne angesichts des geschilderten Gangbildes, selbst unter erschwerten Bedingungen, noch dazu ohne Hilfsmittel und der Angabe einer zehnminütigen Gehzeit, nicht nachvollzogen werden, sei aber ohne Bedeutung angesichts der Fähigkeit des Versicherten, weiterhin PKW zu fahren.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage durch Gerichtsbescheid vom 05.01.2016 abgewiesen und sich zur Begründung der Auffassung von Dr. S. angeschlossen. Es habe sich nicht von einer vollständigen Aufhebung des Leistungsvermögens überzeugen können, wofür auch spreche, dass der Kläger eine Tätigkeit bei der Gemeinde Rust ausübe und eine Ausweitung dieser Tätigkeit in erster Linie daran scheitere, dass dann auch körperlich anstrengende Tätigkeiten verrichtet werden müssten. Der Kläger habe daher aufgrund seines Restleistungsvermögens nur Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Weil die Gewährung der vollen Erwerbsminderung nur auf der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes beruhe, sei die Rente nach § 102 SGB VI zwingend zu befristen.
Gegen den dem Kläger am 12.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser durch seinen Bevollmächtigten am 21.01.2016 Berufung eingelegt. Er hält an seiner Rechtsauffassung fest und verweist darauf, dass ihm vom Sachverständigen eine Wegeunfähigkeit attestiert worden sei. Der Gerichtsbescheid verstoße damit gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Er weist darauf hin, dass sich sein Gesundheitszustand zulasten der Restgesundheit verschlechtert habe. Eine Besserungsfähigkeit liege nicht vor.
Der Kläger beantragt, sachdienlich gefasst,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Januar 2016 aufzuheben, den Bescheid vom 6. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer statt auf Zeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 15.10.2015 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterhin auf Zeit bis zum 30.11.2018 bewilligt. Hiergegen hat der Kläger nach Angaben der Beklagten Widerspruch eingelegt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist unbegründet. Denn mit Erlass des auf Antrag des Klägers ergangenen Bescheides vom 15.10.2015 ist die Klage unzulässig geworden.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 06.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014, mit welchem die Beklagte dem Kläger die zuvor mit Bescheid vom 27.03.2013 und bis 31.03.2014 bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung, welche nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Klägers beruhte, über diesen Zeitpunkt hinaus bis 30.11.2015 bewilligte. Mit der erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung der Rente über den 30.11.2015 hinaus (Anfechtungsklage) und begehrt mit der Leistungsklage, die Verurteilung der Beklagten zu dieser Leistung. Diese Klage war ursprünglich zulässig.
Der Bescheid vom 15.10.2015 ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist geworden. Mit diesem Verwaltungsakt hat die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung wiederum auf Zeit – bis 30.11.2018 – verfügt.
Dieser Bescheid ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Nach Klageerhebung wird gemäß § 96 Abs. 1 SGG ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert und ersetzt. Eine Änderung liegt vor, wenn ein Verwaltungsakt teilweise aufgehoben und durch eine neue Regelung ersetzt wird, eine Ersetzung, wenn ein neuer Verwaltungsakt ganz an die Stelle des alten tritt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 96 Rn. 4 m.w.N.). Mit dem Bescheid vom 15.10.2015 hat die Beklagte die Weitergewährung der bereits bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung verfügt. Dadurch wurde die zuvor ausgesprochene zeitlich befristete Entscheidung über eine Rentengewährung weder ganz noch teilweise aufgehoben und durch eine neue Regelung ersetzt, sondern vielmehr – bezogen auf einen späteren Zeitpunkt – bestätigt. Eine Änderung oder Ersetzung folgt auch nicht daraus, dass auch der Bescheid vom 15.10.2015 die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt hat.
Eine analoge Anwendung der Bestimmung ist seit deren Neufassung zum 01.01.2008, wonach eine Einbeziehung nur in Fällen der Änderung und Ersetzung möglich ist, nicht mehr zulässig (BSG, Urteil vom 07.02.2012 – B 13 R 85/09 R –, SozR 4-1200 § 52 Nr. 5, m.w.N.). Eine analoge Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG kommt nach dem Wortlaut der mit Wirkung zum 01.04.2008 vorliegenden Fassung der Vorschrift und nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers zum Anwendungsbereich der Norm, wonach eine Einbeziehung des neu ergangenen Verwaltungsaktes nur in direkter und nicht in entsprechender Anwendung der Vorschrift erfolgen kann (vgl. hierzu BT-Drucksache 16/7716, Seite 18 f.), nicht mehr in Betracht. Die Notwendigkeit einer Einbeziehung ergibt sich auch nicht aus der Gefahr einer doppelten gerichtlichen Prüfung mit eventuell widersprüchlichen Entscheidungen. Denn für den Fall des Erfolges in dem vorliegenden Verfahren könnte die Beklagte aufgrund der Bewilligung der in der Höhe nicht unterschiedlichen Leistungen die Erfüllung für die bis 30.11.2018 erbrachten Leistungen entgegenhalten.
Zudem liegt eine Einbeziehung aufgrund einer Klageänderung nach § 99 SGG nicht vor. Hierfür fehlt es schon an deren Voraussetzungen. Vorliegend ist vom Kläger eine solche Klageänderung zu keinem Zeitpunkt erklärt worden. Entsprechend liegt weder eine diesbezügliche Einwilligung der Beklagten hierzu vor (§ 99 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGG), noch hat das SG eine Klageänderung für sachdienlich gehalten (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Zudem setzt eine Klageänderung grundsätzlich voraus, dass die neue Klage zulässig ist, also ein Vorverfahren durchgeführt worden ist (§ 78 SGG), was in Bezug auf den Bescheid vom 15.10.2015 nicht der Fall ist.
Die Anfechtungsklage ist durch diese Weiterbewilligung mit Bescheid vom 15.10.2015 unzulässig geworden (so auch Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.07.2014 – L 10 R 2929/13 – juris).
Der Kläger wendet sich gegen den Bewilligungsbescheid vom 06.12.2013 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014) nur insoweit, als mit diesem der weitergehend geltend gemachte Rentenanspruch für die Zeit nach dem 30.11.2015 abgelehnt wurde. Hierdurch war der Kläger auch zunächst beschwert. Diese Beschwer ist jedoch durch die Bewilligung für die Zeit ab 01.12.2015 bis 30.11.2018 weggefallen, die erhobene Anfechtungsklage ist dadurch unzulässig geworden.
Zulässig ist eine Anfechtungsklage nur, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Beschwert ist ein Kläger nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtungsklage ist somit, dass der Kläger behauptet, durch einen Verwaltungsakt beschwert zu sein, weil dieser Verwaltungsakt objektiv rechtswidrig sei und subjektiv in rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingreife (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 54 RdNrn. 7, 9 f. - so genannte Klagebefugnis -).
Eine solche Rechtsverletzung durch die Ablehnung der Rente über den 30.11.2015 hinaus im Bescheid vom 06.12.2013 kann der Kläger nicht mehr behaupten. Denn mit dem während des Klageverfahrens ergangenen Bescheid vom 15.10.2015 (Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung im Anschluss an die bisherige Bewilligung und bis zum 30.11.2018) hat sich der Verfügungssatz im Bescheid vom 06.12.2013, mit dem die Rente über den 30.11.2015 hinaus abgelehnt wurde, in sonstiger Weise erledigt und er entfaltet deshalb keine Rechtswirkungen mehr (§ 39 Abs. 2 SGB X). Denn Regelungsinhalt dieses Verfügungssatzes im Bescheid vom 06.12.2013 war allein die Ablehnung von Rente über den 30.11.2015 hinaus. Mit der Rentenbewilligung vom 15.10.2015 ist gerade für den anschließenden Zeitraum auf Grund des Weitergewährungsantrages des Klägers die begehrte Rente bewilligt worden. Damit ist die ursprüngliche zeitliche Begrenzung im Bescheid vom 06.12.2013 gegenstandslos geworden. Entfaltet aber die Rentenablehnung im Bescheid vom 06.12.2013 keine Wirkung mehr, ist der Kläger hierdurch auch nicht mehr beschwert, die Anfechtungsklage somit unzulässig geworden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.07.2014 – L 10 R 2929/13 R –, juris).
Damit ist auch das vom Kläger erhobene Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente über den 30.11.2015 hinaus unzulässig. Der 10. Senat des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 17.07.2014, a.a.O.) hat hierzu ausgeführt:
"Grundsätzlich ist zwar eine solche Leistungsklage auf Verurteilung eines Leistungsträgers zur Gewährung von Rente möglich (§ 54 Abs. 4 SGG). Voraussetzung ist jedoch, dass zunächst die Verwaltung mit der Sache befasst war und über das Begehren gerade in den streitgegenständlichen Bescheiden entschied (BSG Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R; Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5; Urteil vom 16.11.2005, B 2 U 28/04 R). Andernfalls fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in Form eines derartigen Leistungsbegehrens (Keller, a.a.O., RdNrn. 21, 39b). So liegt der Fall hier: Durch die Erledigung fehlt es - in den streitgegenständlichen Bescheiden - an einer anfechtbaren und damit an einer im vorliegenden Rechtsstreit angefochtenen Regelung zur Frage der Rentendauer. Die unzulässige Anfechtungsklage zieht gleichsam die Unzulässigkeit der Leistungsklage nach sich (BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R)."
Im Ergebnis ist somit die Anfechtungs- und Leistungsklage in Bezug auf den Bescheid vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010 unzulässig geworden. Damit hat das SG die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass selbst dann, wenn man entgegen der oben gemachten Ausführungen davon ausgehen wollte, die Klage sei weiterhin zulässig, sich nichts anderes ergeben würde.
Denn ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer besteht nicht, wie das SG und die Beklagte zutreffend entschieden haben.
Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid die maßgeblichen Vorschriften genannt und unter Bezugnahme auf die von Dr. S. vorgenommene Leistungsbeurteilung, auf die es sich gestützt hat und wonach beim Kläger noch ein Leistungsvermögen von mehr als drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt besteht, zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Dauerrente schon deswegen nicht vorliegen, weil dies durch § 102 Abs. 2 Satz 1 bis 4 SGB VI ausgeschlossen ist. Denn dem Kläger wird durch die hier streitige Entscheidung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nur deshalb bewilligt, weil der Arbeitsmarkt als verschlossen angesehen wird (siehe hierzu Gürtner in Kasseler Kommentar, Stand März 2016, SGB VI § 43 Rdnr. 34). Diese auf die Einschätzung von Dr. S. gestützten Ausführungen sind auch nach der Überprüfung durch den Senat nicht zu beanstanden. Die Benennungspflicht bei schweren spezifischen Leistungseinschränkungen bzw. bei einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. hierzu: vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 75; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50) belegt zudem, dass es sich in diesen Fallgestaltungen ebenfalls um Umstände handelt, die abhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage sind, und damit einer Dauerrente ebenfalls entgegenstehen.
Doch auch wenn man mit dem Kläger davon ausgehen wollte, seine zeitliche Leistungsfähigkeit sei entgegen der Einschätzung des gehörten Sachverständigen auf unter drei Stunden am Tag abgesunken, ergäbe sich nach Überzeugung des Senats hier kein anderes Bild. Denn nach § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI werden solche Renten nur dann unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann.
Das BSG (Urteil vom 29.03.2006 – B 13 RJ 31/05 R –, SozR 4-2600 § 102 Nr. 2, BSGE 96, 147-153) hat zur Auslegung der am 01.01.2001 mit Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbG) vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827) in Kraft getretenen Neuregelung Folgendes ausgeführt:
"Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Neuordnung auch des § 102 SGB VI durch das RRErwerbG nicht um marginale inhaltliche Änderungen, sondern um eine komplette Umgestaltung, deren Auswirkungen allenfalls - rechtstatsächlich - dadurch begrenzt werden, dass der Eintritt vollständiger Erwerbsminderung regelmäßig auf progredienten gesundheitlichen Beeinträchtigungen beruhen wird, die eine Besserung des Leistungsvermögens in der Zukunft zumeist nicht mehr erwarten lassen (Lange, rv 2004, 25, 32; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, aaO). Entgegen der Auffassung der Klägerin kann schon nach der gesetzlichen Ausgangslage der Begriff ‚unwahrscheinlich‘ in § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI nicht i.S. des § 102 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI a.F. gelesen werden, dass eine "begründete Aussicht" auf Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit auch nach neuem Recht Voraussetzung für die Gewährung der zeitlich befristeten Rente wäre. Vielmehr handelt es sich bei dem Tatbestandsmerkmal ‚unwahrscheinlich‘ um ein völliges Novum (vgl. Majerski-Pahlen, NZS 2002, 475 ff., 478). Die Behebung der Leistungsminderung muss zudem – im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage – nicht ‚in absehbarer Zeit‘ wahrscheinlich sein. Mithin kann auch die bisherige Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 17. Februar 1982 - 1 RJ 102/80 - BSGE 53, 100 = SozR 2200 § 1276 Nr 6), wonach die Behebung der Erwerbsminderung innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren wahrscheinlich sein muss, zur Auslegung des Merkmals "unwahrscheinlich" nicht - auch nicht im Umkehrschluss - herangezogen werden (so auch: Bayerlein, Bönisch ua, MittLVA Oberfr 2001, 10, 69). Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Behebung der Leistungsminderung ist gerade nicht erforderlich; Unsicherheiten der Prognose gehen zu Lasten des Versicherten, wobei allerdings sowohl Rentenversicherungsträger als auch Sozialgerichte nach dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 20 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch; § 103 SGG) weiterhin gehalten sind, den Sachverhalt erschöpfend aufzuklären. ‚Unwahrscheinlich‘ iS des § 102 Abs 2 Satz 4 SGB VI ist vielmehr dahingehend zu verstehen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine - rentenrechtlich relevante - Besserungsaussicht sprechen müssen, so dass ein Dauerzustand vorliegt (vgl Majerski-Pahlen , aaO; ebenso Jörg in Kreikebohm, SGB VI, 2. Aufl 2003, Rdnr 5 zu § 102). Von solchen Gründen kann jedoch erst dann ausgegangen werden, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und auch hiernach ein aufgehobenes Leistungsvermögen besteht. Daher liegt es nahe, Unwahrscheinlichkeit i.S. des § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI n.F. dann anzunehmen, wenn aus ärztlicher Sicht bei Betrachtung des bisherigen Verlaufs nach medizinischen Erkenntnissen - auch unter Berücksichtigung noch vorhandener therapeutischer Möglichkeiten - eine Besserung nicht anzunehmen ist, durch welche sich eine rentenrechtlich relevante Steigerung der Leistungsfähigkeit des Versicherten ergeben würde. Rein vom Wortsinn kann es allerdings nicht darauf ankommen, ob - wie das LSG (ähnlich auch VerbKomm, Anm. 5 zu § 102 SGB VI, Stand April 2003; Bayerlein, Bönisch u.a., a.a.O.) meint - eine solche Besserung "auszuschließen" ist (wie hier bereits das SG; vgl. ferner Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, Rdnr 18 zu § 102 SGB VI; Stand Mai 2001). Erheblich ist allein, dass alle therapeutischen Möglichkeiten in Betracht gezogen werden müssen, um ein qualitatives oder quantitatives Leistungshindernis zu beheben. Diese schließen alle Therapiemöglichkeiten nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)) ein, also auch Operationen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese duldungspflichtig sind. Denn die Frage der Duldungspflicht stellt sich allein im Bereich der Mitwirkungsobliegenheiten des Versicherten (§§ 60 ff. des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I)). Ist ein Eingriff nicht duldungspflichtig, stellt dies zumindest einen "wichtigen Grund" i.S. des § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dar, die Mitwirkung zu verweigern. Als besondere Ausprägung eines solchen Grundes regelt § 65 Abs. 2 SGB I, unter welchen Umständen Behandlungen und Untersuchungen abgelehnt werden können. Dieser Gedanke kann nicht aus § 65 Abs. 2 SGB I in das Rentenrecht übertragen werden (vgl. LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 25. Februar 2004, NZS 2005, 31; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 5. April 2005 - L 11 R 3020/03, veröffentlicht bei Juris). Denn die in §§ 60 ff SGB I normierten Mitwirkungsobliegenheiten führen bei Nichtbefolgung allein zu verfahrensrechtlichen Konsequenzen (Versagung der Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkungshandlung) und setzen einen materiell-rechtlichen Anspruch voraus; § 102 SGB VI hingegen regelt gerade einen materiell-rechtlichen Anspruch (auf Gewährung befristeter oder unbefristeter Rente). Angesichts des gegenüber der vorherigen Gesetzesfassung umgekehrten Regel-Ausnahme-Verhältnisses ist die Rechtsprechung des BSG zu § 1276 Abs. 1 RVO (BSG SozR 2200 § 1276 Nr 4; BSG Urteil vom 8. September 1982 - 5b RJ 38/81 - veröffentlicht bei Juris) überholt, wonach (nur) eine ‚zumutbare‘ ärztliche Behandlung der Gewährung befristeter (statt unbefristeter) Rente nicht entgegensteht."
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, und insbesondere der Umstände, dass eine Behebung der Leistungsminderung weder in absehbarer Zeit noch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Behebung der Leistungsminderung notwendig sind, vermögen die Einlassungen von Dr. S. nicht zu überzeugen. Denn soweit er ausführt, nicht mit einer so genannten wohltuenden Versteifung bzw. Einsteifung der Wirbelsäule "alsbald" zu rechnen, ist dies hier nach den obigen Ausführungen nicht relevant. Im Gegensatz zu dessen Ausführungen vermag der Senat sich aber auch nicht davon zu überzeugen, dass es mit einer (auch operativen) Versteifung an den betroffenen Wirbelsäulenabschnitten, als einer Behandlungsoption, zwangsläufig zu einer Überlastung der angrenzenden Bezirke und zu erwartenden Beschwerden an angrenzenden Bezirken kommen muss, die in ihrer Ausprägung genauso einschneidend sind, dass sich keine Änderung im Gesamtzustand ergibt. Dies steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass Versteifungsoperationen gerade zur Schmerzlinderung durchgeführt werden und Dr. S. hierfür keine Belege nennt. Darüber hinaus sind weitere Behandlungsoptionen, wie die Verordnung höherpotenter Schmerzmittel nach den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen von Dr. S., die der Senat als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwertet, noch nicht ausgeschöpft. Der Senat vermag insoweit nicht zu erkennen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine solche Verordnung sprechen, da die Auswirkungen einer solchen Behandlung, wie Dr. S. überzeugend darlegte, von der Verträglichkeit im Einzelfall abhängen. Schon weil eine entsprechende Therapie bislang nicht durchgeführt wurde und ein Ansprechen auf eine solche nicht ausgeschlossen werden kann, liegt keine unwahrscheinliche Behebung der Leistungsminderung vor, weshalb die gewährte Rente zu befristen war.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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