L 10 U 76/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 8561/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 76/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.11.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist in erster Linie streitig, ob die Beklagte die Zahlung von Verletztengeld zu Recht mit dem 25.09.2009 einstellte, hilfsweise ob die für die Zeit ab 26.09.2009 bewilligte Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um zumindest 70 vom Hundert (v. H.) zu gewähren ist.

Der am 1963 geborene Kläger erlitt am 04.04.2003 einen Arbeitsunfall als er im Rahmen seiner Tätigkeit als Techniker und Projektleiter der Firma E. GmbH bei einer Baubegehung in M. im Gebäude eines Kunden auf einer Eisentreppe (vermutlich) mit dem Rücken auf die Metallkanten der Treppenstufen stürzte.

Der Kläger wurde durch den Notarzt in die Klinik für Traumatologie des Universitätsklinikums F. verbracht, wo nach umfangreicher Röntgendiagnostik knöcherne Verletzungen ausgeschlossen und vor dem Hintergrund der beklagten Sensibilitätsstörungen und Schwäche des rechten Beines (initial beklagte Parese bereits leicht rückläufig) der Verdacht auf eine Contusio spinalis geäußert wurde (vgl. Durchgangsarztbericht vom 07.04.2003, Bl. 2 VerwA). Der Kläger wurde stationär bis 10.04.2003 behandelt (Diagnosen: Contusio spinalis C4 bis C6, inkomplette sensomotorische Tetraparese C5, Nierenkontusion links) und sodann zur Frührehabilitation in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. (BG-Klink) verlegt (vgl. Zwischenbericht vom 08.07.2003, Bl. 108/109 VerwA). Dort wurde er in der Abteilung für Querschnittgelähmte, Orthopädie und Rehabilitationsmedizin aufgenommen, wo mit einer akuten Querschnittbehandlung begonnen wurde. Es erfolgte eine intensive physiotherapeutische und ergotherapeutische Betreuung sowie eine Mobilisierung im Rollstuhl. Im Befund- und Entlassungsbericht über die Behandlung bis 17.07.2003 führte der Chefarzt der Abteilung, Prof. Dr. K. , aus, bezüglich der Blasen- und Mastdarmsituation sei eine vollständige Restitutio erfolgt. Im weiteren Verlauf habe sich eine latente posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, die zu einer Verlangsamung der Rückbildung der neurologischen Störungen geführt habe. Nachdem der klinisch-neurologische Befund eine inkomplette Tetraplegie ergeben habe und die elektrophysiologischen Untersuchungen weitgehend normale Befunde gezeigt hätten, sei neurologischerseits von einer funktionellen Überlagerung der Ausfälle ausgegangen worden. Eine erneut durchgeführte Kernspintomographie der Halswirbelsäule habe keinen Hinweis auf eine medulläre Läsion ergeben (vgl. Befund- und Entlassungsbericht vom 17.07.2003, Blatt 110/111 VerwA).

Nach der Krankenhausentlassung hielt sich der Kläger ca. sechs Wochen bei seinen Schwiegereltern in B. auf, wohin die Beklagte auch den dem Kläger gewährten Elektrorollstuhl, den Faltrollstuhl und den Dusch-/WC-Stuhl transportierte. Die physikalische Therapie wurde dort fortgesetzt. Neben der im Mai 2003 aufgenommenen Zahlung von Verletztengeld bewilligte die Beklagte dem Kläger im September 2003 ab dem Tag der Entlassung aus der stationären Behandlung u.a. Pflegegeld. Im weiteren Verlauf plante der Kläger Umbaumaßnahmen bezüglich seiner Eigentumswohnung, insbesondere einen barrierefreien Zugang und einen Badumbau. Im Übrigen begann er eine psychotherapeutische Behandlung bei dem Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie F ...

Auf Veranlassung der Beklagten äußerte sich der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Neuroradiologie Priv.-Doz. Dr. R. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 26.11.2003 zum Umfang der neurologischen Unfallfolgen (vgl. Bl. 337a/337k VerwA). Darin führte er aus, dass die Befunde bildgebender Verfahren und das Ergebnis der klinischen Untersuchungen gegen eine erhebliche Rückenmarksschädigung sprächen. Das Ausmaß der eindeutig organischen Funktionsstörungen sei nicht zu bestimmen, da sowohl die Prüfung der Motorik als auch der Sensibilität von der Mitarbeit des zu Untersuchenden abhänge. Aus den Untersuchungsberichten gehe jedoch hervor, dass zum Teil sehr bewusstseinsnahe und demonstrative Verhaltensweisen das Beschwerdebild ganz wesentlich mitbestimmten. Seines Erachtens handle es sich um eine persönlichkeitsbedingte psychoreaktive Fehlentwicklung. Er empfahl deshalb eine stationäre psychotherapeutische Behandlung.

In seinem Arztbrief vom 19.12.2003 berichtete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. von der Ende November 2003 erfolgten Vorstellung des Klägers dahingehend, dass das klinische Verteilungsmuster der Paresen und Sensibilitätsstörungen so widersprüchlich und diskrepant sei, dass eine alleinige organische Genese der aktuellen Ausprägung der Tetraparese ausgeschlossen werden könne. Es müsse von einer erheblichen funktionellen Überlagerung im Sinne einer dissoziativen Bewegungsstörung ausgegangen werden, wobei zu betonen sei, dass es sich hierbei nicht um eine Aggravation oder Simulation handele (vgl. Arztbrief vom 19.12.2003, Bl. 364/365 VerwA). Hierzu und zu dem zwischenzeitlich beigezogenen Befundbericht über die magnetresonanztomographische Untersuchung (MRT) der Wirbelsäule vom 05.04.2003 (Verdacht auf einen kleinen ventralen Contusionsherd auf Höhe HWK 5/6) äußerte sich Priv.-Doz. Dr. R. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16.02.2004 dahingehend, dass mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass es über eine Commotio spinalis hinaus nur zu einer geringfügigen bleibenden Rückenmarksschädigung gekommen sei. Er empfahl die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens unter stationärer Behandlung und Beobachtung in einer psychosomatischen Klinik, um Erkenntnisse über die Genese der dissoziativen Symptomatik zu gewinnen und die Kausalitätsfrage zu klären (Bl. 448/451 VerwA). Einen entsprechenden Aufenthalt lehnte der Kläger anlässlich mehrerer im März 2004 geführter Telefonate ab, da klar sei, dass sein Zustand auf den Sturz zurückzuführen sei. Im Übrigen bezweifelte er die Aussagekraft der von der Beklagten herangezogenen MRT-Aufnahmen (vgl. Aktenvermerk Bl. 523 VerwA).

Nachfolgend hielt sich der Kläger im Zeitraum von Mai bis September 2004 unter Fortführung der physikalischen Behandlungen ca. vier Monate wiederum bei seinen Schwiegereltern in N. auf, wobei der Facharzt für Chirurgie K. unter dem 26.07.2004 mitteilte, dass die letzte Tätigkeit mit Bauaufsicht und Begehen von Baustellen voraussichtlich nicht wieder ausgeführt werden könne. Möglich seien Planung und Projektierung von Baumaßnahmen sowie Organisation und Leitung. Sinnvoll sei, die mögliche berufliche Rehabilitation durch eine stationäre Maßnahme zu überprüfen (vgl. Zwischenbericht vom 26.07.2004, Bl. 715/716). Zur Klärung der Frage, ob der Kläger ggf. durch geeignete Maßnahmen beim bisherigen Arbeitgeber wieder eingegliedert werden kann, fanden nachfolgend Gespräche mit dem Arbeitgeber statt. Der Kläger sah sich zu einer Wiederaufnahme seiner früheren Tätigkeit nicht in der Lage, allerdings mit der nunmehr erfolgten Orthesenversorgung, mit der er sein Büro aufsuchen könne, zu einer Innendiensttätigkeit. Im Rahmen eines im Februar 2005 geführten Gesprächs wurde deutlich, dass eine Weiterbeschäftigung nicht möglich war, da der Kläger in der bisherigen Tätigkeit auf Baustellen nicht einsetzbar war und es angesichts der betrieblichen Organisation (Betreuung eines gesamten Projekts durch einen Mitarbeiter) keine reinen Innendiensttätigkeiten gebe. Aussichten auf eine wettbewerbsfähige Arbeitstätigkeit im Bau- und Ingenieurwesen sah der Arbeitgeber nicht, weshalb er es für sinnvoll erachtete, wenn sich der Kläger neu orientiere.

Prof. Dr. K. berichtete sodann über die Vorstellung des Klägers im Februar 2005, bei der der Kläger an zwei Unterarmgehstützen mit einer Oberschenkelorthese rechts und einer Schiene links erschienen sei, mit denen er - so seine Angaben - 1,7 km Laufen könne. Er erachtete mittelfristig die Ausübung von Bürotätigkeiten für möglich (vgl. Untersuchungsbericht der BG-Klinik vom 18.02.2005, Bl. 942/945 VerwA).

Am 17.03.2005 wurde die Beklagte seitens der Polizeidienststelle W. darüber informiert, dass die S. -Versicherung Gebäudeversicherung AG (im Folgenden: S. -Versicherung) bei der Staatsanwaltschaft S. gegen den Kläger Anzeige wegen Betrugs, und zwar wegen der Vorspiegelung einer Querschnittslähmung, erstattet habe, worauf die Beklagte die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft (91 Js 4226/05) beizog. Danach hatte die S. -Versicherung auf Grund der Schadensanzeige des Klägers vom 18.05.2003 bei dem Leitenden Arzt an der Neurochirurgischen Klinik im E. Krankenhaus O. Dr. M. ein neurochirurgisches Gutachten auf Grund Untersuchung des Klägers im Juni 2004 eingeholt, wobei dieser ausführte, dass der objektivierbare neurophysiologische und neurologische Status sowie das fehlende Substrat einer neuroradiologisch nachgewiesenen medullären Läsion im Halsmarkbereich gegen eine Halsmarkverletzung sprächen und damit eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit nicht zu erkennen sei. Nicht auszuschließen sei, dass die vom Kläger angegebenen Beeinträchtigungen Ursachen haben, die nicht somatischer Art seien, was am ehesten durch ein psychiatrisches Zusammenhangsgutachten zu klären sei (vgl. Gutachten vom 25.06.2004, Bl. 980/1007 VerwA). Ergänzend hierzu führte Dr. M. auf Rückfrage der S. -Versicherung unter dem 26.07.2004 aus, die vom Kläger derzeit geltend gemachten Beeinträchtigungen seien Ausdruck einer schweren funktionellen Körperstörung, er halte den Kläger für einen Simulanten. Nachfolgend beauftragte die S. -Versicherung ein Detektivbüro, das eine Observation des Klägers durchführte und dokumentierte, dass dieser auf seiner Terrasse ohne Hilfen herumgelaufen sei. Am 14.01.2005 erstattete die S. -Versicherung sodann Strafanzeige. Am 21.06.2005 führte die Staatsanwaltschaft S. beim Kläger eine Wohnungsdurchsuchung durch und erhob schließlich Anklage beim Amtsgericht W. (4 Ls 91 Js 4226/05).

Angesichts des Umstandes, dass die Auffassung des Dr. M. mehreren Arztberichten widersprach, beabsichtigte die Beklagte eine Zusammenhangsbegutachtung von chirurgisch-neuroradiologischer, neurologischer und psychiatrischer Seite. Die von ihr vorgeschlagenen Gutachter lehnte der Kläger unter Benennung anderer Gutachter ab. Im Dezember 2005 berichtete Prof. Dr. K. von der weiteren Nachuntersuchung des Klägers, bei der sich im Vergleich zu der Voruntersuchung im Februar 2005 eine weitere deutliche Besserung des klinischen Befundes gezeigt habe. Der Kläger sei jetzt in der Lage, teilweise frei zu laufen und sicher zu stehen. Es sei davon auszugehen, dass sich die dissoziative Bewegungsstörung durch die multimodale Therapie gravierend gebessert habe. Es werde nun eine unfallchirurgische und neurologisch-psychiatrische Begutachtung empfohlen (vgl. Schreiben vom 07.12.2005, Bl. 1216/1217 VerwA). Im Januar 2006 beauftragte die Beklagte sodann Prof. Dr. H. und Prof. Dr. Dr. W. , Direktor der Neurologischen Klinik im Bezirkskrankenhaus G. , mit einer entsprechenden Begutachtung. Zu den anberaumten Vorstellungsterminen erschien der Kläger nicht und die vorgeschlagenen Termine lehnte er ab. Schließlich legte er das ärztliche Attest des behandelnden Facharztes u.a. für Psychotherapie F. vom 29.03.2006 vor, wonach eine Verschlechterung des psychischen Zustandes ohne Besserungsaussicht in den nächsten vier Wochen eingetreten sei. Gleichzeitig lehnte er eine Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. ab, da seine Erkrankung die Begutachtung durch einen Facharzt für Psychosomatische Medizin erfordere.

Schließlich erstattete Prof. Dr. Dr. W. unter dem 12.06.2006 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten nach Aktenlage, in dem er zu der Auffassung gelangte, dass auf Grund der Befunde weder ein relevanter körperlicher noch ein psychischer Primärschaden zu sichern sei (vgl. Bl. 1508/1522 VerwA). In diesem Sinne äußerte sich nachfolgend auch Priv.-Doz. Dr. R. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.07.2006 (vgl. Bl. 1608/1613 VerwA).

Vom 11.07.2006 bis 26.09.2006 wurde der Kläger in der A. -Klinik O. , Fachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie, stationär behandelt (Diagnosen: u.a. reaktive depressive Krise, mittelgradig mit somatischem Syndrom, posttraumatische Belastungsstörung, dissoziative Bewegungsstörung im Sinne einer Konversionsstörung, V.a. andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung, DD kombinierte Persönlichkeitsstörung - narzisstisch, selbstunsicher, anankastisch -, vgl. Blatt 2024/2033 VerwA).

Nach Beiziehung weiterer Krankenunterlagen (Befundbericht der Neurologischen Universitätsklinik vom 01.07.2003, Bl. 1733ff. VerwA; Auszüge aus der Akte der BG-Klinik, Bl. 1771/1823 VerwA) äußerte sich Prof. Dr. Dr. W. unter dem 02.11.2006 ergänzend dahingehend, dass eine schwerwiegende neurologische Symptomatik mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Zu verneinen sei auch eine posttraumatische Belastungsstörung, da bereits das sogenannte A-Kriterium nicht erfüllt sei. Allerdings liege eine ängstlich-depressive Anpassungsstörung mit zeitweise dissoziativen Lähmungen bei iatrogen verstärkter Verunsicherung vor, die sich durch die Behandlung auf der Querschnittsabteilung in der BG-Klinik und der Diagnose einer inkompletten Tetraplegie nach Contusio spinalis bei bestehender Rollstuhlpflichtigkeit erklären lasse, obwohl bereits auf Grund der neurologisch-elektrophysiologischen Untersuchungen am Aufnahmetag festgestanden habe, dass es sich um eine dissoziative Störung handele. Die wenig konsequente Behandlung habe Anlass zu einer Verunsicherung und einer Verfestigung von Ängsten gegeben. Die MdE schätzte Prof. Dr. Dr. W. in der ersten Zeit in der Größenordnung von 70 v.H. ein und seit Wiedererlangung der Gehfähigkeit und Selbständigkeit im täglichen Leben mit etwa 40 v.H. Nach hoffentlich erfolgreichem Abschluss der psychosomatischen Behandlungsmaßnahme im Herbst 2006 könnten 20 v.H. erreichbar sein (vgl. Stellungnahme vom 02.11.2006, Bl. 1826/1839 VerwA).

Im Hinblick auf den Entlassungsbericht der A. -Klinik, in dem eine gestufte Wiedereingliederung empfohlen worden war, fand im Juli 2007 ein Gespräch mit dem Kläger statt, zu dem er ohne Begleitung mit zwei Unterarmgehstützen erschien. Dabei machte die Beklagte deutlich, dass es wünschenswert sei, dass der Kläger an einem sog. Re-Integrations-Management teilnehme, im Rahmen dessen eine Leistungsanalyse erstellt werde, um so zu klären, welche Tätigkeit für den Kläger in Betracht komme. Der Kläger machte deutlich, dass er die Wiederaufnahme einer Tätigkeit bei seinem früheren Arbeitgeber anstrebe, wofür eine CAD-Schulung erforderlich sei (vgl. Bericht vom 19.07.2007, Bl. 2092/2095). Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 07.08.2007 (vgl. Bl. 2138 VerwA) lehnte der Kläger die Teilnahme an der von der Beklagten für erforderlich erachteten Maßnahme sodann ab, da ein dreiwöchiger Aufenthalt nicht genüge, um die für eine Beurteilung relevanten Erkenntnisse zu gewinnen. Im Übrigen strebe er den Beginn einer Wiedereingliederung im Betrieb des jetzigen Arbeitgebers an. Ein vor diesem Hintergrund im September 2007 mit dem Arbeitgeber geführtes Gespräch ergab zwar, dass für den Einsatz des Klägers im Innendienst eine CAD-Fortbildung erforderlich sei, allerdings sah sich dieser wegen der Größe der Firma (weiterhin) nicht dazu in der Lage, dem Kläger eine reine Innendiensttätigkeit (Projektplanung) zur Verfügung zu stellen. Da der Kläger Außendiensttermine nicht wahrnehmen konnte, kam es schließlich nicht zu einer Arbeits- und Belastungserprobung bei dem früheren Arbeitgeber.

Vor diesem Hintergrund und der seitens der Beklagten zu prüfenden anderweitigen Rehabilitationsmaßnahmen erachtete diese es nun für erforderlich, zunächst die erwerbs-, berufs- oder arbeitsbezogene Leistungsfähigkeit und die Defizite des Klägers im Rahmen eines Re-Integrations-Managements festzustellen. Sie forderte den Kläger deshalb mit Schreiben vom 04.10.2007 (vgl. Bl. 2232 VerwA) auf, sich zu den für diese Maßnahme von ihr angebotenen Kliniken (M. -Klinik Bad K. oder Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik L. ) zu äußern, worauf der behandelnde Facharzt u.a. für Psychotherapie F. mitteilte, dass sich die Befindlichkeit des Klägers deutlich verschlechtert habe, er in seiner psychischen Entwicklung vor dem Hintergrund des laufenden Strafverfahrens blockiert sei und derzeit keine Schritte in Richtung einer beruflichen Wiedereingliederung unternommen werden sollten. Rehabilitationsfähigkeit bestehe derzeit nicht, eine Prognose sei frühestens nach Beendigung der belastenden Strafverfolgung möglich. Der Kläger ließ durch seinen Bevollmächtigten mitteilen, dass er sich zu einer derartigen Maßnahme derzeit nicht in der Lage fühle, die geforderte Handlungsweise könne angesichts des gegen ihn laufenden Strafverfahrens strafrechtliche Auswirkungen haben.

Nachfolgend teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 15.02.2008 mit, dass sie beabsichtige, die Verletztengeldzahlung einzustellen, da mit dem Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht in Betracht kämen, weil solche mangels Rehabilitationsfähigkeit nicht konzipiert werden könnten. Mit weiterem Schreiben schlug sie dem Kläger für die Erstattung des erforderlichen Gutachtens verschiedene Ärzte vor, worauf sich der Kläger durch seinen Bevollmächtigten dahingehend äußerte, dass die Beklagte es selbst zu verantworten habe, dass es bisher nicht zu einer Wiedereingliederung gekommen sei und im Übrigen keine Veranlassung bestehe, einen Gutachter auszuwählen.

Mit Bescheid vom 10.03.2008 stellte die Beklagte die Verletztengeldzahlung sodann mit dem 14.03.2008 ein, wogegen der Kläger Widerspruch erhob, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.2008 zurückwies. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage (S 1 U 6711/08).

Nach fortgesetzter Weigerung, einen Gutachter für die erforderliche Untersuchung zu wählen, teilte die Beklagte dem Kläger schließlich mit, dass sie beabsichtige, das Verwaltungsverfahren zur Feststellung einer möglichen Verletztenrente einzustellen, falls er weiterhin keinen Gutachter vorschlage. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich vom Amtsgericht eingeholte Gutachten des Prof. Dr. T. (erstellt zur Frage einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der §§ 20, 21 des Strafgesetzbuchs - StGB) erachtete der Kläger die Einholung von Gutachten durch die Beklagte zwar weiterhin nicht für sinnvoll, jedoch schlug er gleichwohl den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. B. als Gutachter vor, den die Beklagte schließlich mit der Erstattung eines Zusammenhangsgutachtens (Unfallfolgen, unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit, Rehabilitationsfähigkeit) beauftragte und der den Kläger am 19.07. und 10.10.2008 und am 04.04.2009 untersuchte. Zur einer Untersuchung zu dem mit einer neuroradiologischen Begutachtung beauftragten Dr. P. erschien der Kläger nicht.

Mit Urteil des Amtsgerichts W. vom 01.12.2008 wurde der Kläger von dem Vorwurf des Betrugs freigesprochen, weil beim Kläger eine subjektiv falsche oder überzeichnete Darstellung des Krankheitsbildes nicht vorliege, sondern vielmehr nach einer schweren Rückenmarksprellung und posttraumatischen Belastungsstörung eine psychosomatische Überlagerung aufgetreten sei. Das von der Staatsanwaltschaft S. gesondert eingeleitete Ermittlungsverfahren zum Nachteil der Beklagten 90 Js 29148/07 wurde daraufhin am 26.01.2009 gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt (Bl. 34/36 LSG-Akte).

Nachfolgend legte Dr. B. sein unter dem 30.04.2009 verfasstes Gutachten vor. Als Unfallfolgen führte er eine posttraumatische Belastungsstörung, psychogene Lähmungserscheinungen im Sinne einer Konversionsstörung und eine schwere reaktive Depression auf Grund der Maßnahmen der Unfallversicherungsträger und Strafverfolgungsbehörden auf. Im Hinblick auf den Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit führte er aus, dass die Unfallfolgen einer psychotherapeutischen Behandlung zugänglich seien und der Kläger nicht nur behandlungsbedürftig und behandlungsfähig, sondern auch beruflich rehabilitationsfähig sei.

Auf der Grundlage dieser von Dr. B. gestellten positiven Prognose erklärte sich die Beklagte mit Schreiben vom 26.05.2009 (vgl. Bl. 2848 VerwA) bereit, weiterhin, d.h. über den 14.03.2008 hinaus, Verletztengeld zu gewähren, worauf nachfolgend das beim SG geführte Verfahren S 1 U 6711/08 durch das vom Kläger angenommene Anerkenntnis der Beklagten erledigt wurde. In dem genannten Schreiben führte die Beklagte weiter aus, dass sie zur Beantwortung der Frage, welche Umschulungsmaßnahme oder Qualifikation geeignet sei, eine Evaluation der funktionellen Leistungsdiagnostik (EFL) durchführen lassen möchte. Hierbei handele es sich um ein standardisiertes Testverfahren mit dem die Leistungsfähigkeit auf die jeweilige berufliche Belastungssituation hin überprüft und beurteilt werde. Sie schlug dem Kläger drei Einrichtungen (M. -Klinik Bad K. , Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik L. , BG-Klinik) vor und bat diesen bis spätestens 17.06.2009 um Mitteilung, in welcher Einrichtung er die Maßnahme durchführen wolle. Darüber hinaus forderte die Beklagte von dem Facharzt u.a. für Psychotherapie F. einen Behandlungsbericht an, worauf dieser unter dem 02.07.2009 (vgl. Bl. 2876 VerwA) mitteilte, dass im Verlauf der Behandlung deutlich zu erkennen sei, dass eine Besserung der seelischen und körperlichen Symptome immer dann auftrete, wenn die erlebte Bedrohung (rechtlich belangt zu werden, finanziell ruiniert zu sein) sinke. Jüngstes Beispiel sei eine Zeit deutlicher Besserung, nachdem der Kläger von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen der S. -Versicherung freigesprochen worden sei. Diese Erleichterung mache jedoch einer zunehmenden Beschäftigung mit dem noch offenen Verfahren Platz. Insgesamt seien zwei Tatsachen festzuhalten: die Behandlung sei weiter sinnvoll und erfolgversprechend, wobei der Abschluss des laufenden Gerichtsverfahrens für den Fortgang der Therapie große Bedeutung habe, die Besserungstendenz bei sinkendem Bedrohungsgefühl zeige, dass für die Therapie größte Vorsicht bei Kontakt des Klägers oder seines Behandlers mit Personen oder Instanzen geboten sei, die direkt oder indirekt verfahrensbeteiligt seien, da solche Kontakte geeignet seien, das Bedrohungsgefühl zu reaktivieren.

Nach mehrmaligen Erinnerungen teilte der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 20.07.2009 (vgl. Bl. 2889 VerwA) schließlich mit, mit einer EFL-Testung zwar dem Grunde nach einverstanden zu sein, jedoch nur bereit zu sein, eine solche Maßnahme ambulant durchzuführen. Er tendiere zur BG-Klinik, wobei es darauf ankäme, welcher Arzt für ihn zuständig sei. In Betracht komme nur Dr. B. , dem er ein gewisses Maß an Vertrauen entgegen bringe. Ziel einer solchen Untersuchung könne im Übrigen nur sein, festzustellen, in welchem zeitlichen Umfang er täglich noch eine Innendiensttätigkeit ausüben könne, insbesondere inwieweit er für einen CAD-Kurs geeignet sei. Er sei nämlich nicht daran interessiert, seine berufliche Tätigkeit wesentlich zu verändern. Er verwies ferner darauf, dass die Maßnahme erst ab September beginnen könne, da er bis Ende August urlaubsabwesend sei. Da er zur Zeit an einer schmerzhaft motorisch eingeschränkten Hand und einem schmerzhaften ISG-Gelenk leide, könne die EFL-Testung im Übrigen erst nach erfolgreicher Behandlung durchgeführt werden. Schließlich müsse unabhängig davon zunächst auch noch geklärt werden, ob vor dieser EFL-Testung aus ärztlicher Sicht nochmals eine stationäre Behandlung in der A. -Klinik erfolgen solle, nachdem ausweislich des Gutachtens des Dr. B. durch das Verhalten der Beklagten eine sekundäre Traumatisierung stattgefunden habe.

Mit Schreiben vom 31.08.2009 hörte die Beklagte den Kläger sodann zu der beabsichtigten Einstellung des Verletztengeldes an und führte aus, eine positive Prognose hinsichtlich seiner Rehabilitationsfähigkeit ließen die zuletzt erfolgten Ausführungen in Bezug auf die Beschwerden im Bereich der Hand nicht zu, nachdem trotz intensiver physiotherapeutischer Maßnahmen die schon im Dezember 2006 beklagten Überlastungsbeschwerden anhaltend seien. Entgegen der Einschätzung des Dr. B. habe auch die Beendigung des Strafverfahrens nicht zu psychischer Stabilität geführt, da vor der Integrationsmaßnahme noch eine stationäre Behandlung in der A. -Klinik für notwendig erachtet werde.

Mit Bescheid vom 09.09.2009 (Bl. 2942 VerwA) bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 60 v.H., und zwar ab 26.09.2009, dem Tag der beabsichtigten Einstellung des Verletztengelds. Als Folgen des Versicherungsfalls anerkannte sie eine dissoziative Störung mit körperlich-funktioneller Einschränkung und psychisch emotionaler Beeinträchtigung (Konversionsstörung). Grundlage dessen war ein am 31.08.2009 mit dem Beratungsarzt Priv.-Doz. Dr. R. geführtes Gespräch, im Rahmen dessen die festgestellten Beeinträchtigungen in einer Gesamtschau mit einer MdE um 60 v.H. eingeschätzt wurden.

Mit Bescheid vom 22.09.2009 stellte die Beklagte darüber hinaus die laufende Verletztengeldzahlung mit dem 25.09.2009 ein. Hinsichtlich der Begründung - keine positive Prognose bezüglich der Rehabilitationsfähigkeit - wird auf den Bescheid Bezug genommen (Bl. 2970 VerwA).

Gegen diese Bescheide erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, das Verletztengeld sei zu Unrecht eingestellt und seine Verrentung festgestellt worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehe hinsichtlich seiner Rehabilitationsfähigkeit eine positive Prognose. Er verwies insoweit insbesondere auf das vorgelegte "Ärztliche Gutachten" des behandelnden Facharztes für Innere Medizin Dr. H. vom 08.10.2009 (vgl. Bl. 3022 VerwA), die Ausführungen des Facharztes u.a. für Psychotherapie F. vom 02.07.2009 und das Gutachten des Dr. B ... Die Widersprüche wurden mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 19.11.2009 zurückgewiesen. Hinsichtlich der Begründung, u.a. sei mit dem Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen, wird auf die Bescheide (Bl. 3066/3068, Bl. 3074/3075 VerwA) verwiesen.

Am 17.12.2009 hat der Kläger dagegen beim SG Klage erhoben und geltend gemacht, die Beklagte habe das Verletztengeld zu Unrecht eingestellt. Er hat unter Wiederholung seines Vorbringens im Widerspruchsverfahren die entsprechenden Ausführungen des Dr. H. , des Facharztes u.a. für Psychotherapeutische Medizin F. und des Dr. B. verwiesen. Auch im Entlassungsbericht der A. -Klinik vom 23.10.2006 sei von einer Wiedereingliederungsfähigkeit ausgegangen worden. Soweit die Beklagte die Auffassung vertrete, die Beendigung des Strafverfahrens habe noch zu keiner psychischen Stabilität geführt, gehe sie von völlig falschen Voraussetzungen aus. Schließlich habe er erst im Oktober 2009 über das Sozialgericht die Mitteilung erhalten, dass das Strafverfahren tatsächlich eingestellt sei. Im Übrigen seien seine unfallbedingten Beeinträchtigungen auch mit einer MdE um mehr als 60 v.H. zu bemessen. Insoweit sei unberücksichtigt geblieben, dass unfallbedingt ein Hörsturz und Tinnitus, eine Schädigung des linken Kniegelenks und ein Fersensporn im linken Fuß gangbildbedingt aufgetreten seien und eine sekundäre Traumatisierung durch das Verhalten der Beklagten erzeugt worden sei.

Mit Urteil vom 10.11.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Im Hinblick auf die Einstellung des Verletztengeldes hat es sich der Prognoseentscheidung der Beklagten, wonach mit dem Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit nicht mehr zu rechnen sei und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien, angeschlossen. Die Prognoseentscheidung der Beklagten sei angesichts des Alters des Klägers, der Dauer der bisherigen Verletztengeldgewährung, des Verhaltens des Klägers während des gesamten Verwaltungsverfahrens, seiner Einlassungen gegenüber der Beklagten und seiner in der mündlichen Verhandlung wiederholte Aussage, keine weiteren ärztlichen Untersuchungen mehr durchführen lassen zu wollen, nicht zu beanstanden. Entsprechendes gelte, soweit die Beklagte die als Unfallfolge anerkannte dissoziative Störung mit einer MdE um 60 v.H. bemessen habe, wobei dieser Wert bereits im oberen Bereich angesiedelt sei. Eine höhere MdE sei auch nicht unter Berücksichtigung der behaupteten Unfallfolgen auf orthopädischem und HNO-ärztlichem Gebiet gerechtfertigt. Insoweit seien der Beklagten auf Grund der Weigerung des Klägers sich Untersuchungen und Begutachtungen zu unterziehen, keine weiteren Ermittlungen möglich gewesen. Eine posttraumatische Belastungsstörung liege im Übrigen nicht vor.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 02.12.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.12.2010 Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht mehr damit zu rechnen sei, dass er Arbeitsfähigkeit in seinem Beruf wiedererlange. Insbesondere habe sich das SG nicht damit auseinander gesetzt, dass der Psychiater F. eine Rehabilitationsfähigkeit lediglich während des nicht beendeten Strafverfahrens angenommen habe, zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten im September 2009 jedoch absehbar gewesen sei, dass das noch anhängige Ermittlungsverfahren in Kürze abgeschlossen sein würde, da er bereits Ende 2008 in dem angeklagten Strafverfahren freigesprochen worden sei. Zu der Frage, ob damit zu rechnen gewesen sei, dass er seine Arbeitsfähigkeit wiedererlange, hätte das SG im Übrigen ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Zu Unrecht habe das SG im Rahmen der Bemessung der MdE auch ohne Einholung eines Gutachtens eine posttraumatische Belastungsstörung als Unfallfolge verneint. Schon die seinerzeitige Krankenhauseinlieferung mittels Rettungshubschrauber sei neben dem Gefühl, nicht mehr aufstehen und laufen zu können, geeignet gewesen, eine posttraumatische Belastungsstörung zu erzeugen. Auch die Belastung durch das Strafverfahren sei ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. Schließlich habe auch Dr. B. in seinem vom Senat eingeholten Gutachten weitere, auf den Unfall zurückzuführende Krankheiten festgestellt, wie etwa Persönlichkeitsstörungen, psychische, somatische und psychosomatische Folgeerkrankungen einer sekundären Traumatisierung und eine schwere reaktive Depression.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.11.2010 sowie den Bescheid vom 22.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.11.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld auch über den 25.09.2009 hinaus zu gewähren, hilfsweise den Bescheid vom 09.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.11.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 70 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig, insbesondere sei die zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung getroffene Prognoseentscheidung zutreffend. Ob der Kläger heute bereit sei, eine EFL-Testung durchzuführen, sei nicht von Belang. Die unfallbedingte MdE sei mit 60 v.H. im Übrigen großzügig bemessen, nachdem Prof. Dr. Dr. W. von einer MdE um 40 v.H. ausgegangen sei.

Der Senat hat die erwähnten Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft S. bzw. die erwähnten Akten des Amtsgerichts W. zu dem Verfahren beigezogen und auf den Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des Dr. B. eingeholt. Dieser hat den Kläger im Juni 2013 untersucht und erhebliche somatoforme Schmerzstörungen, dissoziative Lähmungserscheinungen, dysthyme Störungen und eine Anpassungsstörung mit längerdauernder depressiver Reaktion, die inzwischen in eine Persönlichkeitsänderung übergegangen sei, diagnostiziert und sämtliche Erkrankungen direkt oder indirekt mit größter Wahrscheinlichkeit wesentlich auf das Unfallereignis zurückgeführt. Die MdE für die verschiedenen psychischen Störungen und die Schmerzen, die die Kontakt- und Kooperationsfähigkeit des Klägers, seine Arbeitsfähigkeit im Allgemeinen, seine Denk- und Konzentrationsfähigkeit, seine Durchhaltefähigkeit und seine Fähigkeit, Stress auszuhalten in sehr hohem Maße reduzierten, sei zwischen 50 v.H. und 100 v.H. anzusiedeln. Die zusätzlich und ohne Überlappung zu bewertenden Teillähmungen der unteren Extremitäten rechtfertigten eine MdE um 40 v.H., weshalb die Gesamt-MdE mit 80 bis 90 v.H. einzuschätzen sei.

Gegen dieses Gutachten hat die Beklagte zahlreiche Einwände erhoben (u.a. fehlende körperliche Untersuchung, Fehlen einer strukturierten Darstellung der Lebensumstände in den letzten vier Jahren, primäre diagnostische Zuordnung lasse nicht auf kausalen Zusammenhang des jetzigen Zustands mit dem Unfallereignis schließen, Anknüpfungspunkt für die beschriebene Fehlentwicklung sei nicht das Unfallereignis, sondern der Umgang des Klägers mit den rechtlichen Folgen, somatoforme Schmerzstörung sei ohne körperliche Untersuchung nicht zu diagnostizieren).

Der Senat hat darüber hinaus den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. Z. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Er hat von einer chronischen Epicondylitis lateralis beidseits und einer überlastungsbedingten Arthrose im Bereich des rechten Schultergelenkes auf Grund der Gehstützenbenutzung berichtet, ferner über eine Tractus iliotibialis-Reizung im Bereich der linken Hüfte und eine überlastungsbedingte Gonarthrose links. Darüber hinaus hat der Senat das orthopädische Gutachten des Dr. H. , nebst ergänzenden Stellungnahmen eingeholt, der das Gutachten nach Aktenlage erstattet hat, nachdem der Kläger sich mit einer gutachtlichen Untersuchung, auch bei ihm zuhause, nicht einverstanden erklärt hat. Der Sachverständige hat sich auf der Grundlage der aktenkundigen Befunde nicht in der Lage gesehen, das Ausmaß der Einschränkungen der Gehfähigkeit festzustellen und im Übrigen lediglich (variable) Schmerzen in unterschiedlichen Körperregionen beschreiben können. Er hat es für zweifelhaft erachtet, dass die von Dr. Z. beschriebenen Gesundheitsstörungen als Folge der Gehstützenbenutzung bzw. als Folge einer Überlastung aufgetreten sind. Der Senat hat schließlich das Gutachten des Prof. Dr. S. , Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I im Psychiatrischen Zentrum N. , eingeholt. Auch dieser Sachverständige hat sein Gutachten nach Aktenlage erstattet, da der Kläger nicht bereit gewesen ist, an einer gutachtlichen Untersuchung teilzunehmen. Der Sachverständige ist diagnostisch von einer dissoziativen Bewegungsstörung, einer dissoziativen Empfindungsstörung, einer somatoformen Schmerzstörung und einer rezidivierenden depressiven Störung mit leicht- bis mittelgradiger depressiver Episode ausgegangen, hat jedoch die erstmals Mitte 2006 dokumentierte depressive Störung - solche würden grundsätzlich von einem multifaktoriellen Bedingungsgeflecht ausgelöst - nicht wesentlich auf den erlittenen Unfall zurückgeführt. Die diagnostizierten Gesundheitsstörungen hat er jeweils mit Teil-MdE Werten von 30, 20, 40 und 30 v.H. eingeschätzt und die Gesamt-MdE bei integrierender Betrachtung mit maximal 60 v.H. bewertet.

Gegen dieses Gutachten hat der Kläger Einwände erhoben und die Stellungnahme des Dr. B. vom 26.03.2016 vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft S. sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Bescheide der Beklagten vom 09.09.2009 und 22.09.2009 in der Gestalt der beiden Widerspruchsbescheide vom 19.11.2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist weder zu beanstanden, dass die Beklagte mit Bescheid vom 22.09.2009 die Gewährung von Verletztengeld zum 25.09.2009 einstellte, also die weitere Zahlung ablehnte, noch dass sie mit Bescheid vom 09.09.2009 ab 26.09.2009 Verletztenrente nicht nach einer MdE um mehr als 60 v.H. bewilligte. Dementsprechend endete der Verletztengeldanspruch des Klägers mit dem 25.09.2009. Verletztenrente nach einer MdE um 60 v.H. steht dem Kläger somit ab 26.09.2009 zu.

Rechtsgrundlage für den vom Kläger über den 25.09.2009 hinaus geltend gemachten Anspruch auf Verletztengeld ist § 45 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach wird - soweit hier von Interesse - Verletztengeld erbracht, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist (unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit) und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen hatte.

Da der Kläger in diesem Sinne arbeitsunfähig war, gewährte die Beklagte dem Kläger seit dem erlittenen Sturz Verletztengeld.

Rechtsgrundlage für die Beendigung des Verletztengeldes ist § 46 Abs. 3 SGB VII.

Nach § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VII endet das Verletztengeld mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlung. Damit werden die Folgen des Wegfalls der in § 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII normierten Grundvoraussetzung für Verletztengeld wiederholt.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift, deren Beendigungswirkung keine ausdrückliche Entscheidung des Unfallversicherungsträgers voraussetzt, liegen hier allerdings nicht vor. Denn der Kläger war durchgehend arbeitsunfähig. Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles liegt vor, wenn ein Versicherter auf Grund der Folgen eines Versicherungsfalles nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen (BSG, Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 31/01 R in SozR 4-2700 § 46 Nr. 3, auch zum Nachfolgenden). Arbeitsunfähigkeit ist danach gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Ob er eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben kann, ist insoweit unerheblich. Gibt er nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt innegehabte Arbeitsstelle auf, ändert sich der rechtliche Maßstab nur insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Kranken- bzw. Verletztengeldes eng zu ziehen ist.

Vorliegend endete das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Fa. E. nicht. Vielmehr hat der Kläger noch im Berufungsverfahren durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 09.09.2011 (vgl. Bl. 44/45 LSG-Akte) mitgeteilt, dass der entsprechende Arbeitsvertrag nicht beendet wurde und nach wie vor besteht. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger im hier streitigen Zeitpunkt arbeitsunfähig war, ist daher die zuletzt vom Kläger bei der Fa. E. ausgeübte Tätigkeit eines Technikers und Projektleiters, im Rahmen derer er Bauprojekte betreute und dabei entsprechend der betrieblichen Organisation - wie auch die übrigen vergleichbaren Beschäftigten - ein Bauprojekt jeweils von Anfang bis zu dessen Ende betreute und dementsprechend auch Baustellen zu begehen hatte, wie dies auch am Unfalltag der Fall war. Derartige Baubegehungen waren dem Kläger seit dem erlittenen Unfall auf Grund seiner eingeschränkten Gehfähigkeit nicht mehr möglich, und zwar insbesondere auch über das Jahr 2009 hinaus, weshalb er zweifellos auch über den 25.09.2009 hinaus arbeitsunfähig war.

Da der Kläger Verletztengeld nicht wegen des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die ihn an einer ganztätigen Erwerbstätigkeit gehindert hätte, erhielt (so die anspruchsbegründende Regelung des § 46 Abs. 1 SGB VII), kommt die zweite Alternative des § 46 Abs. 3 Satz 1 SGB VII von vornherein als Beendigungstatbestand nicht in Betracht.

Des Weiteren endet das Verletztengeld nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII, wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, 1. mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung soweit abgeschlossen ist, dass der Versicherte eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen kann, 2. mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) genannten Leistungen (z.B. Renten wegen voller Erwerbsminderung, Vollrente wegen Alters), es sei denn, dass diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen, 3. im Übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.

Dabei kommt das Ende des Verletztengeldanspruches nach Nr. 3 erst in Betracht ("im Übrigen"), wenn die Beendigungstatbestände der Nrn. 1 und 2 nicht vorliegen (BSG, Urteil vom 13.09.2005, B 2 U 4/04 R). Dies ist allerdings der Fall. Eine Berufs- oder Erwerbstätigkeit (Nr. 1) stand dem Kläger zu keinem Zeitpunkt zur Verfügung, ebenso wenig bezog er eine Leistung im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V unabhängig von den Folgen des hier in Rede stehenden Arbeitsunfalls.

Damit kommt als Rechtsgrundlage für die Einstellung (genau: Feststellung des Endes) des Verletztengeldes nur § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen hier vor.

Sämtliche Tatbestände in § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII, und damit auch die Nr. 3, setzen voraus, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist, d.h. mit der Beendigung der infolge des Versicherungsfalls eingetretenen Arbeitsunfähigkeit zumindest für die nächsten 78 Wochen nicht zu rechnen sein darf (BSG, Urteil vom 13.09.2005, B 2 U 4/04 R). Weiter darf zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen, bestehen (BSG, Urteil vom 13.09.2005, B 2 U 4/04 R). Erst wenn dies der Fall ist, endet der Anspruch auf Verletztengeld mit Ablauf der 78. Woche seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit bzw. zu dem festgestellten späteren Zeitpunkt, wobei das Ende des Verletztengeldanspruches durch Verwaltungsakt festzustellen ist, weil es hierfür einer Prognoseentscheidung bedarf (BSG, Urteil vom 13.09.2005, B 2 U 4/04 R und BSG, Urteil vom 30.10.2007, a.a.O.). Maßgebend für diese Prognoseentscheidung sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers (BSG, Urteil vom 13.09.2005, B 2 U 4/04 R), also jene im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides (s. u.a. BSG, Urteil vom 11.05.2000, B 7 AL 18/99 R in SozR 3-4100 § 36 Nr. 5).

Vorliegend traf die Beklagte eine solche Entscheidung - Feststellung des Endes des Anspruches auf Verletztengeld mit Ablauf des 25.09.2009 - durch den angefochtenen Bescheid vom 22.09.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.11.2009.

Auch die Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII und damit der Nr. 3 der Regelung lagen vor. Denn zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten war nicht damit zu rechnen, dass beim Kläger in absehbarer Zeit wieder Arbeitsfähigkeit eintreten würde; auch waren Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen. Damit waren die gesetzlichen Voraussetzungen zur Einstellung des Verletztengeldes erfüllt.

Was die Frage nach dem Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit betrifft, sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten Ende des Jahres 2009 - konkret zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im November 2009 - damit zu rechnen war, dass der Kläger in absehbarer Zeit seiner bisherigen Tätigkeit als Techniker und Projektleiter wieder würde nachgehen, Bauprojekte von Anfang an würde betreuen können und dabei insbesondere die erforderlichen Baubegehungen hätte durchführen können. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger selbst sechs Jahre nach dem Unfall noch erheblich in seiner Gehfähigkeit beeinträchtigt, was weder die Fortbewegung auf Baustellen mit unebenem Gelände zuließ noch das Besteigen von Leitern oder Gerüsten. Insoweit war in absehbarer Zeit mit einer wesentlichen Änderung nicht zu rechnen. Soweit sich Dr. B. in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten zeitnah im Jahr 2009 zum Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit äußerte, ergibt sich hieraus nichts anderes. Zwar beantwortete Dr. B. die insoweit gestellte Frage dahingehend, dass nichts gegen einen möglichen Behandlungserfolg im Sinne des Wiedereintritts von Arbeitsfähigkeit spreche. Allerdings begründete er diese Einschätzung nicht. Aus seinen Ausführungen zur fortbestehenden Behandlungsbedürftigkeit lässt sich jedoch schließen, dass Dr. B. gerade nicht von einer in absehbarer Zeit zu erwartenden Arbeitsfähigkeit ausging. Denn bezüglich der fortbestehenden Behandlungsbedürftigkeit legte er dar, dass im Laufe der Behandlung Gründe aufgetreten seien, die eine sachgerechte Behandlung verhindert und zusätzlich zu einer sekundären Traumatisierung geführt hätten. Insoweit nannte er das Verhalten der S. -Versicherung und der Staatsanwaltschaft, wodurch die notwendige Therapie mit der Möglichkeit, die unfallbedingten Faktoren in den Hintergrund zu drängen, verhindert worden sei. Zweifellos hätte - so Dr. B. weiter - eine Behandlung ohnehin lange Zeit - viele Monate bis zu mehreren Jahren - in Anspruch genommen, wobei offengeblieben wäre, ob die Behandlung tatsächlich erfolgreich verlaufen wäre. Allerdings sei durch die sekundäre Traumatisierung eine sachgerechte Behandlung unterblieben und es bestehe nun nach Ende des Strafverfahrens mit rechtskräftigem Freispruch erst die Aussicht, die Unfallfolgen psychotherapeutisch zu behandeln, was nun jedoch mehr als die Jahre in Anspruch nehme, die eine Behandlung erfordert hätte, wenn sie nicht verhindert worden wäre (vgl. Bl. 2799 VerwA). Damit beschreibt Dr. B. zwar einen Gesundheitszustand, der zu einem unbestimmt in der Zukunft liegenden Zeitpunkt eine Besserung erwarten lässt, jedoch keinen Zustand, der die Annahme erlaubt, dass die Erkrankungen des Klägers sich in absehbarer Zeit so weit bessern, dass er wieder in der Lage sein würde, seine Tätigkeit bei der Fa. E. aufzunehmen. Seine Einschätzung, wonach nichts gegen einen möglichen Behandlungserfolg im Sinne des Wiedereintritts von Arbeitsfähigkeit spreche, hat Dr. B. im Rahmen seines für den Senat erstatteten Gutachtens schließlich nicht mehr aufrecht erhalten. Denn zur Frage der Wiedererlangung von Arbeitsfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit hat sich Dr. B. dahingehend geäußert, dass der Kläger die erforderlichen Baustellenbegehungen sicher nicht mehr werde durchführen können (vgl. Bl. 86 LSG-Akte).

Hiervon ging der Kläger seinerzeit auch selbst nicht aus. So wurde schon anlässlich der ersten, im Jahre 2005 gemeinsam mit dem Arbeitgeber im Hinblick auf eine mögliche Wiedereingliederung geführten Gespräche besprochen, dass für den Kläger lediglich eine Innendiensttätigkeit in Frage kam, weshalb ein Eingliederungsversuch bereits daran scheiterte, dass seitens der Firma E. eine solche reine Innendiensttätigkeit nicht zur Verfügung gestellt werden konnte. Auch anlässlich der nachfolgend im Jahr 2007 aufgenommenen Gespräche mit dem Arbeitgeber ging der Kläger davon aus, dass er Baubegehungen nicht mehr würde durchführen können und war deshalb bestrebt, sich mittels einer CAD-Schulung fortzubilden, um hinreichend qualifiziert zu sein, für die von ihm gewünschte Innendiensttätigkeit. Entsprechendes ergibt sich auch aus dem Schreiben seines Bevollmächtigten vom 20.07.2009, in dem er sich zu der von der Beklagten für erforderlich erachteten EFL-Testung äußerte und mitteilte, dass Ziel einer solchen Untersuchung allein die Feststellung sein könne, in welchem Umfang er noch eine Innendiensttätigkeit ausüben könne. Schließlich beschränkte der Kläger seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.09.2009 - und ebenso sein Vorbringen im nachfolgenden Klageverfahren - auch auf das Vorbringen, die Beklagte habe zu Unrecht seine Rehabilitationsfähigkeit verneint, weil er mit einer CAD-Schulung die Aussicht auf eine Innendiensttätigkeit in seinem früheren Berufsbereich wesentlich verbessern könne. Auf die Tatbestandsvoraussetzung des Wiedereintritts von Arbeitsfähigkeit ging er von vorneherein schon nicht ein. Auch dies zeigt auf, dass der Kläger von der Notwendigkeit einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme gerade deshalb ausging, weil die Ausübung der bisherigen Tätigkeit (auf absehbare Zeit) nicht mehr möglich sein würde.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten waren auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) Anspruch auf u.a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Der Unfallversicherungsträger hat mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den Versicherten einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern (§ 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII). Diese Regelungen geben einen Anspruch dem Grunde nach (BSG, Urteil vom 20.03.2007, B 2 U 18/05 R in SozR 4-2700 § 35 Nr. 1). Entsprechend bestimmt § 35 Abs. 1 SGB VII, dass die Unfallversicherungsträger die entsprechenden Leistungen "erbringen". Damit steht die Frage, "ob" Leistungen zur Teilhabe zu erbringen sind (anders als die Auswahl derartiger Leistungen, vgl. BSG, Urteil vom 20.03.2007, a.a.O.) nicht im Ermessen des Unfallversicherungsträgers. Ein Vergleich mit Regelungen aus dem Bereich der medizinischen Rehabilitation bestätigt dies. Dort ist anerkannt (s. BSG, Urteil vom 23.02.2000, B 5 RJ 8/99 R in SozR 3-2600 § 10 Nr. 2), dass die Entscheidung der Frage, ob medizinische Rehabilitationsleistungen zu gewähren sind (sog. Eingangsprüfung), nicht im Ermessen des Rentenversicherungsträgers steht, sondern davon abhängig ist, ob die entsprechenden allgemeinen Leistungsvoraussetzungen vorliegen, obwohl in § 9 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Wendung gebraucht wird, medizinische Leistungen zur Rehabilitation "können erbracht werden". Dies muss dann im Bereich der Leistungen zur Teilhabe nach dem SGB VII umso mehr gelten, wo - wie dargelegt - die Leistungen zu "erbringen" sind.

Die Frage, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen sind, richtet sich nach den Erfolgsaussichten, dem Alter des Versicherten und weiteren Umständen, wie sie vom Unfallversicherungsträger zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 13.09.2005, B 2 U 4/04 R), s. hierzu die Regelungen der §§ 26 und 35 SG&61506; VII sowie der §§ 33 ff. SGB IX.

Dabei ist - wie eingangs dargestellt - zu berücksichtigen, dass im Sinne der genannten Regelung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur solche Leistungen sind, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen. Übergangsgeld wird erbracht, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten (§ 49 SGB VII). Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Regelung wegen des Charakters des Übergangsgeldes als Entgeltersatzleistung nur für solche Teilhabe-Maßnahmen gilt, die ihrer Art nach überhaupt einen Entgeltausfall zur Folge haben können, also einer Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise entgegenstehen, insbesondere also wegen der aktiven Mitwirkung und der zeitlichen Inanspruchnahme des Versicherten, wie dies bspw. bei der Teilnahme an Umschulungslehrgängen der Fall ist (Ricke in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, § 49 SGB VII Rdnr. 3).

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbringen die Unfallversicherungsträger gemäß § 35 SGB VII nach den Regelungen der §§ 33 bis 38 SGB IX. Dabei werden gemäß § 33 Abs. 1 SGB IX zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohten Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilnahme am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Die hiervon insbesondere umfassten Leistungen werden in Abs. 2 der Regelung aufgeführt, wobei angesichts der zu berücksichtigenden Beschränkung auf Leistungen, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen, im Wesentlichen Leistungen der Berufsvorbereitung, einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung (Nr. 2), der beruflichen Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen (Nr. 3) sowie der beruflichen Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden (Nr. 4), in Betracht kommen.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten kamen für den Kläger angesichts seines Gesundheitszustandes keine derartigen Leistungen zur Teilhabe in Form von beruflichen oder schulischen Bildungs- oder Weiterbildungsmaßnahmen, die einen Anspruch auf Übergangsgeld ausgelöst hätten, in Betracht. Der Senat verneint ebenso wie die Beklagte und das SG, dass eine derartige Maßnahme seinerzeit mit Aussicht auf Erfolg hätte durchgeführt werden können. So sah sich der Kläger schon nicht in der Lage, an einer Maßnahme zur Evaluations- und Leistungsdiagnostik teilzunehmen, die zunächst lediglich dazu dienen sollte, seine Leistungsfähigkeit für berufliche Belastungssituationen zu ermitteln, um dann entscheiden zu können, welche Umschulungsmaßnahme oder Qualifikation für den Kläger in Betracht gekommen wäre. Damit war es mangels hinreichender Belastbarkeit noch nicht einmal möglich, das Ausmaß der Belastbarkeit des Klägers zu ermitteln, einerseits in Bezug auf seine berufliche Einsatzfähigkeit, andererseits aber auch um beurteilen zu können, ob und inwieweit überhaupt und ggf. in welcher zeitlichen Form eine Umschulungs- oder Qualifikationsmaßnahme mit Aussicht auf Erfolg durchgeführt werden könnte. Damit ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Beklagte hieraus schloss, dass erst recht Leistungen zur Teilhabe der in Rede stehenden Art nicht zu erbringen sind. Schließlich wären mit einer derartigen, über einen gewissen Zeitraum hinweg kontinuierlich laufenden Maßnahme - sollte sie mit Aussicht auf Erfolg durchgeführt werden - Belastungen verbunden, die die Belastung durch die in Rede stehende Testung deutlich übersteigt.

Eine andere Beurteilung lässt sich auch nicht aus den vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegten und mit "Ärztliches Gutachten" überschriebenen Ausführungen des Dr. H. ableiten. Soweit er im Hinblick auf die geklagten Schmerzen im Bereich der rechten Hand, des rechten Armes, des rechten Kniegelenks und der Leisten eine deutliche Besserung unter der derzeitigen physiotherapeutischen Behandlung beschrieb und unter Bezugnahme auf den bisherigen Verlauf mit zunehmend erreichter Mobilität von einer positiven Prognose einer weiteren Rehabilitationsfähigkeit ausging, mag zwar durchaus die Aussicht bestanden haben, dass bei Fortsetzung der Behandlungsmaßnahmen zunehmende Verbesserungen hätten erreicht werden können, allerdings lässt dies lediglich den Schluss zu, dass zukünftig möglicherweise berufliche Leistungen zur Teilhabe in Betracht gekommen wären, nicht aber, dass solche bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten konkret mit Aussicht auf Erfolg hätten durchgeführt werden können. Entsprechendes ergibt sich aus den Ausführungen des Dr. B ... Soweit dieser in seinem Gutachten für die Beklagte die berufliche Rehabilitationsfähigkeit des Klägers bejahte, stand dies - wie er in seinem Gutachten zu Frage 10 (vgl. Bl. 2803 VerwA) ausführte - unter dem Vorbehalt, dass die psychotherapeutischen Maßnahmen anschlagen würden. Ausgehend von einer von ihm angenommenen sekundären Traumatisierung, durch die - so seine Einschätzung - gerade nicht mit schnellen Behandlungserfolgen gerechnet werden konnte, weisen auch seine Ausführungen lediglich auf eine in Zukunft möglicherweise erreichbare Wiedereingliederung hin, nicht aber darauf, dass Schulungs- oder Qualifikationsmaßnahmen der oben beschriebenen Art zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten in Betracht gekommen wären. Auch die Ausführungen des behandelnden Facharztes u.a. für Psychotherapie F. vom 02.07.2009 belegen nicht, dass entsprechende berufliche Bildungsmaßnahmen seinerzeit mit Erfolg hätten durchgeführt werden können. Zwar beschrieb dieser, dass die psychotherapeutische Behandlung weiter sinnvoll und erfolgversprechend sei und sich bei sinkendem Bedrohungsgefühl auch eine Besserungstendenz zeige, allerdings machte er auch deutlich, dass Vorsicht bei Kontakten zu "Personen oder Instanzen geboten ist, die direkt oder indirekt verfahrensbeteiligt sind, da solche Kontakte geeignet sind, das Bedrohungsgefühl zu reaktivieren." Dies zeigt auf, dass eine hinreichende Belastbarkeit für die Durchführung einer der in Rede stehenden Maßnahmen aber gerade (noch) nicht bestand. Die Durchführung einer solchen Maßnahme wäre ohne vorherigen Kontakt zur Beklagten nicht möglich gewesen. Diese wäre nicht nur in die Entscheidung, welche konkrete berufliche Einsatzmöglichkeit für den Kläger überhaupt in Betracht gekommen wäre, eingebunden gewesen, sondern hätte auch darüber zu befinden gehabt, mit welcher Schulungs- oder Qualifikationsmaßnahmen das Ziel der Wiedereingliederung ins Erwerbsleben zu erreichen gewesen wäre. Ein intensiver Kontakt zur Beklagten wäre seinerzeit daher unvermeidlich und - so der behandelnde Facharzt u.a. für Psychotherapie F. - mit der Gefahr der Reaktivierung der Bedrohungsgefühle verbunden gewesen, zumal ernstliche Zweifel daran bestehen, ob zwischen dem Kläger und der Beklagten überhaupt Einigkeit hinsichtlich der anzustrebenden Qualifizierung hätte erzielt werden können. Schließlich war der Kläger hinsichtlich seiner Rehabilitation weitgehend festgelegt, wie er mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 20.07.2009 (Bl. 2889 VerwA) deutlich zum Ausdruck brachte. Wie zuvor schon im Zusammenhang mit den Gesprächen mit seinem Arbeitgeber machte er auch nun wiederum geltend, dass er kein Interesse daran habe, seinen bisherigen Berufsbereich zu verlassen und eine CAD-Schulung anstrebe. In diesem Sinne führte sein Bevollmächtigter dann auch aus, Ziel der EFL-Testung könne nur die Feststellung sein, in welchem zeitlichen Umfang der Kläger eine Innendiensttätigkeit ausüben könne und er insbesondere für einen CAD-Kurs geeignet sei. Denn ein Interesse daran, seine berufliche Tätigkeit wesentlich zu ändern, bestehe nicht. Im Hinblick auf eine Wiedereingliederung des Klägers ins Erwerbsleben hatte jedoch bereits sein Arbeitgeber anlässlich der im Jahr 2005 geführten Gespräche hervorgehoben, dass er Aussichten auf eine wettbewerbsfähige Arbeitstätigkeit im Bau- und Ingenieurwesen für den Kläger nicht sehe und er es deshalb für sinnvoll erachte, wenn sich der Kläger neu orientiere. Die von dem behandelnden Facharzt u.a. für Psychotherapie F. angesprochene Bedrohungsproblematik zeigt sich auch in den weiteren Ausführungen seines Bevollmächtigten in dem genannten Schriftsatz, wonach der Kläger sich nicht in der Lage sah, für eine EFL-Testung aus den von der Beklagten vorgeschlagenen drei Einrichtungen (Berufsgenossenschaftliche Unfallkliniken L. , BG-Klinik, M. -Klinik in Bad K. ) eine auszuwählen oder selbst eine geeignete Einrichtung vorzuschlagen. Diesbezüglich äußerte er sich dahingehend, dass er lediglich dazu bereits sei, die Maßnahme ambulant durchzuführen und er dazu neige, die BG-Klinik auszuwählen. Allerdings müsse er vorab wissen, welcher Arzt für ihn zuständig sei, wobei die Testung von einem Arbeits- und Sozialmediziner vorgenommen werden sollte. Dabei könne er sich allerdings auch nur Dr. B. vorstellen, dem er ein gewisses Maß an Vertrauen entgegenbringen könne. All diese Vorbehalte schon in Bezug auf eine Testung, mit der erst die grundlegenden Erkenntnisse für eine später zu treffende Entscheidung bezüglich weitergehender Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung gewonnen werden sollten, machen hinreichend deutlich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten jedenfalls eine Leistung in Form einer beruflichen oder schulischen Bildungs- oder Weiterbildungsmaßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld nicht in Betracht gekommen wäre. Schließlich stellte der Kläger zusätzlich auch noch in den Raum, dass zunächst eine erneute stationäre Behandlung in der A. -Klinik sinnvoll sein könnte bzw. deren Sinnhaftigkeit von ärztlicher Seite noch abgeklärt werden sollte. Der Durchführung einer entsprechenden Bildungsmaßnahme war der Kläger von Seiten seiner psychischen Belastbarkeit daher nicht gewachsen. In diesem Sinne äußerte sich im Übrigen auch Dr. B. in seinem für den Senat erstatteten Gutachten, wobei er schon die Fähigkeit des Klägers verneint hat, an der seinerzeit zur Prüfung der Leistungsfähigkeit vorgesehenen EFL-Testung teilzunehmen.

Angesichts dessen kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob auf Seiten des Klägers seinerzeit überhaupt die Bereitschaft bestand, an einer Prüfung seiner Leistungsfähigkeit für berufliche Belastungssituationen mitzuwirken, um zu klären, welche Umschulungs- oder Qualifikationsmaßnahme für ihn in Betracht gekommen wäre. All die von ihm geäußerten Bedingungen und Vorbehalte weisen nicht darauf hin.

Im Ergebnis bejaht der Senat damit die Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII. Damit endete der Anspruch auf Verletztengeld mit dem im Bescheid vom 22.09.2009, der dem Bevollmächtigten des Klägers am 24.09.2009 (Bl. 2980 Verw-Akte) zuging, genannten Zeitpunkt, mithin am 25.09.2009.

Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens auf höhere Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Soweit die Beklagte dem Kläger ausgehend hiervon und unter Anwendung des § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, wonach Renten von dem Tag an gezahlt werden, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet, mit Bescheid vom 09.09.2009 ab 26.09.2009 Verletztenrente nach einer MdE um 60 v.H. bewilligte, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass die anerkannten Unfallfolgen (dissoziative Störung mit körperlich-funktioneller Einschränkung und psychisch-emotionaler Beeinträchtigung) die Bewertung mit einer MdE um mehr als 60 v.H. rechtfertigen, ebenso wenig, dass darüber hinausgehend Unfallfolgen aufgetreten sind - sei es unmittelbar oder mittelbar -, die zusammen mit den anerkannten Unfallfolgen die Bemessung der MdE mit zumindest 70 v.H. rechtfertigen würden.

Der Senat vermag nicht festzustellen, dass der Kläger seit September 2009 durch funktionelle Beeinträchtigungen in seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen unfallbedingt so weitreichend eingeschränkt ist, dass diesen Einschränkungen mit einer MdE um 60 v.H. nicht ausreichend Rechnung getragen wird, diese vielmehr nur mit einer höheren MdE um 70 v.H. oder mehr angemessen bewertet sind. Als Grundlage für entsprechende Feststellungen kommen im Wesentlichen lediglich die Gutachten des Dr. B. in Betracht, zum einen dessen von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholtes Gutachten vom 30.04.2009 und zum anderen das vom Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten auf Grund Untersuchung des Klägers im Juni 2013. Zu weiteren gutachterlichen Untersuchungen erklärte sich der Kläger weder im VerwaltungS. erfahren noch im gerichtlichen Verfahren bereit. So ist der Kläger weder zu einer gutachtlichen Untersuchung bei dem Sachverständigen Dr. H. bereit gewesen, der sich in erster Linie zu den geltend gemachten Folgebeschwerden wegen der eingeschränkten Gehfähigkeit äußern sollte, noch zu einer gutachtlichen Untersuchung bei dem Sachverständigen Prof. Dr. S. , der die Auswirkungen der psychischen Unfallfolgen zu beurteilen hatte. Die Gutachten des Dr. B. sind für eine sachgerechte Beurteilung indessen nicht ausreichend. So verzichtete Dr. B. sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in seinem Gutachten für den Senat auf eine körperliche Untersuchung des Klägers, so dass von ihm schon nicht die körperlichen Leistungsdefizite konkret erfasst wurden. Ohne Beschreibung der funktionellen Bewegungseinschränkungen kann deren Ausmaß jedoch weder festgestellt noch bewertet werden. Soweit Dr. B. - wie schon anlässlich seines für die Beklagte erstatteten Gutachtens - auch anlässlich der vom Senat veranlassten Begutachtung auf eine körperliche Untersuchung verzichtet hat, hat er dies damit begründet, dass eine Fülle somatischer Befunde vorliege und insbesondere die in Rede stehenden psychischen Erkrankungen somatisch nicht untersucht werden könnten. Dies ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Zutreffend hat Prof. Dr. S. insoweit darauf hingewiesen, dass das umfangreiche Aktenmaterial gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass das Ausmaß der Bewegungsdefizite nur sehr mangelhaft dokumentiert ist und es bei der Beurteilung einer dissoziativen Bewegungsstörung, also einer funktionellen Einschränkung der Bewegungsfähigkeit aus psychischen Gründen, doch gerade auf die Erfassung des Ausmaßes der Bewegungsstörung ankommt, um die Schwere der Einschränkungen auf Grund der psychischen Störungen beurteilen zu können. Zutreffend hat er vor dem Hintergrund der gleichermaßen zu würdigenden somatoformen Schmerzstörung auch deutlich gemacht, dass ohne körperliche Untersuchung auch offen bleibt, ob und inwieweit hiervon zusätzliche weitere Einschränkungen ausgehen, die im Rahmen der Bemessung der MdE zu bewerten sind. So enthalten die Ausführungen von Dr. B. weder eine Darstellung der Schmerzqualität, der Schmerzintensität und der Schmerzentwicklung im Tagesverlauf noch der Entwicklung des Schmerzerlebens im Verlauf der zurückliegenden Jahre. Auch findet sich keine konkrete Darstellung, welche Funktionsdefizite aus den entsprechenden Schmerzen im Einzelnen resultieren.

Damit ist der Senat weder in die Lage versetzt, das konkrete Ausmaß der durch die dissoziative Störung hervorgerufenen Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit, insbesondere im Bereich der unteren Extremitäten festzustellen, noch ob und inwieweit hierdurch, ggf. durch die Benutzung von Gehstöcken - wie geltend gemacht - weitere somatische Erkrankungen aufgetreten sind.

Darüber hinaus sind für den Senat auch weitergehende psychisch bedingte funktionelle Einschränkungen und deren konkrete Auswirkungen im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit nicht festzustellen. Auch insoweit reichen die Ausführungen des Dr. B. zur Feststellung eines psychischen Leistungsbildes nicht aus. Überzeugend hat der Sachverständige Prof. Dr. S. darauf hingewiesen, dass im Gutachten des Dr. B. die aktuelle Anamnese, die Erfassung von subjektiven Beschwerden und insbesondere auch die gegenwärtigen Lebensumstände nur insuffizient dargestellt sind. So enthält das Gutachten keine strukturierte Darstellung von Beschwerdeangaben des Klägers, Verhaltensbeobachtung und psychiatrischen Befunden. Vielmehr werden die entsprechenden Gesichtspunkte mit Deutungen und der Darstellung emotionaler Gegenübertragungserlebnissen des Gutachters vermischt. Obwohl der Sachverständige im Übrigen aggravatorisches Verhalten des Klägers in der Begutachtungssituation ausdrücklich nicht ausgeschlossen hat, ist er diesem Gesichtspunkt nicht weiter nachgegangen und hat lediglich ausgeführt, dass dies nach allem verständlich und nicht unangemessen sei. Damit hat er jedoch zum Ausdruck gebracht, dass er eine solche Verhaltenstendenz (wohl) für angemessen hält. Demgegenüber ist eine Aggravation jedoch eine bewusste, absichtlich verschlimmernde bzw. überhöhende Darstellung einer tatsächlich vorhandenen Störung, was die Feststellung erschwert bzw. ausschließt, in welchem Ausmaß eine Störung tatsächlich vorliegt. Dementsprechend ist es Aufgabe des Sachverständigen eine Aggravationen in der Untersuchungssituation konkret zu benennen und insbesondere transparent zu machen, ob und inwieweit ein Beschwerdevorbringen verifiziert werden kann.

Nach alledem findet sich in den Gutachten des Sachverständigen Dr. B. kein hinreichend fassbares Bild der Defizite des Klägers und damit auch kein Bild in Bezug auf das noch vorhandene Restleistungsvermögen. Soweit der Sachverständige die psychischen Störungen des Klägers daher in einen Bereich einer MdE um 50 bis 100 v.H. bewertet hat, die Lähmungen mit einer MdE um 30 bis 40 v.H. und hieraus eine Gesamt-MdE um 80 bis 90 v.H. gebildet hat, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar.

Der Nachteil dieser Nichterweislichkeit geht nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers. Denn nach diesem Grundsatz hat jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen zu tragen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen.

Eine höhere MdE als die von der Beklagten für die Unfallfolgen bereits zuerkannte MdE um 60 v.H. lässt sich schließlich auch aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. S. nicht herleiten. So hat Prof. Dr. S. die von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen dissoziative Bewegungsstörung, dissoziative Empfindungsstörung, somatoforme Schmerzstörung und rezidivierende depressive Störung mit leicht- bis mittelgradiger depressiver Episode mit Teil-MdE Werten von 30, 20, 40 und 30 v.H. eingeschätzt und die Gesamt-MdE bei integrierender Betrachtung mit maximal 60 v.H. bewertet, mithin nicht höher, als die Beklagte im Rahmen der angefochtenen Entscheidung. Angesichts dessen kann auch offen bleiben, ob die depressive Störung entsprechend der Einschätzung des Prof. Dr. S. überhaupt dem Unfall zugeordnet werden kann, nachdem diese - wovon auch Dr. B. ausgeht - als Folge der Maßnahmen der S. -Versicherung, der Staatsanwaltschaft S. bzw. der Polizei und des Strafverfahrens vor dem Amtsgericht W. auftrat, also gerade nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall und den dadurch verursachten Gesundheitsstörungen.

Im Hinblick auf die vom Kläger als mittelbare Unfallfolgen geltend gemachten orthopädischen Beeinträchtigungen lässt sich nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. H. ein Unfallzusammenhang nicht wahrscheinlich machen. So ist im Hinblick auf die angegebene chronische Epicondylitis lateralis beidseits bereits nicht festzustellen, dass der Kläger tatsächlich an dieser Erkrankung leidet. Denn mangels Untersuchungsbereitschaft des Klägers ist der Sachverständige schon nicht in die Lage versetzt gewesen, die von Dr. Z. mitgeteilte Diagnose zu verifizieren, nachdem sich diese mangels konkreter Befunddokumentation - so Dr. H. zutreffend - nicht nachvollziehen lässt. Seinen weiteren Ausführungen zufolge handelt es sich hierbei allerdings auch nicht um eine klassische Überlastungsfolge auf Grund eines langjährigen Gebrauchs von Unterarmgehstützen. Demgegenüber gehören - seinen weiteren Ausführungen zufolge - Schulterbeschwerden zwar zu den typischen Beschwerden nach langjährigem Gebrauch von Unterarmgehstützen, angesichts der Häufigkeit degenerativer Schulterbeschwerden setzt die Anerkennung als Unfallfolge - so Dr. H. - jedoch den kombinierten Nachweis der funktionellen Störung und anatomisch-struktureller Schädigungen voraus, wobei als Kriterien ein mindestens fünfjähriger Gehstützen- oder Rollstuhlgebrauch, ein doppelseitiger Befall, ein chronisch persitierender nicht episodischer Verlauf, der Ausschluss von Schulterbeschwerden bei Eintritt der Schädigung sowie klinisch eindeutige Zeichen der Rotatorenmanschettenaffektion verlangt werden. Da beim Kläger demgegenüber lediglich ein einseitiger Befund dokumentiert ist und sich keine radiologischen Hinweise auf eine bedeutsame Schädigung der Rotatorenmanschette oder eine Defektarthropathie des Schultergelenks finden, ferner die dokumentierte Schultereckgelenksarthrose im mittleren Alter, in dem sich der Kläger befindet, auch ohne äußere Belastung sehr häufig ist, hat er überzeugend einen Unfallzusammenhang verneint. Schließlich hat er überzeugend auch keinen Zusammenhang zwischen der Tractus iliotibialis-Reizung im Bereich der linken Hüfte, die schon nicht zu den klassischen Spätfolgen langjährigen Gehstützengebrauchs gehöre, bzw. der Gonarthrose links mit der Gehstützenbenutzung gesehen. So sind Gelenkknorpelschäden in den Knien nach besonderen Belastungen und Überlastungen zu erwarten, nicht jedoch nach langjährigen Entlastungen. Darüber hinaus sind auch die kernspintomographischen Befunde für das Lebensalter des Klägers - so Dr. H. - grundsätzlich nicht ungewöhnlich.

Im Hinblick auf die Ausführungen des Prof. Dr. S. und des Dr. H. ist zwar einzuräumen, dass sich diese Sachverständigen kein eigenes Bild von den Beeinträchtigungen des Klägers gemacht und sich vielmehr allein auf die vorliegenden Akten und deren Auswertung gestützt haben. Allerdings beruht dies allein auf dem Umstand, dass sich der Kläger einer gutachtlichen Untersuchung nicht stellte, weshalb es nach dem dargelegten Beweislastgrundsatz zu seinen Lasten geht, dass eine ggf. bestehende weitreichendere Einschränkung nicht festzustellen ist.

Schließlich rechtfertigen auch die gegen das Gutachten des Prof. Dr. S. seitens des Dr. B. in dem vom Kläger zuletzt vorgelegten Schreiben vorgebrachten Einwendungen keine abweichende Beurteilung. Soweit Dr. B. deutlich macht, dass das Gutachten des Prof. Dr. S. keinen weiteren Erkenntnisgewinn erbracht habe, nachdem es ohne persönliche Untersuchung des Klägers erstellt worden sei, ist dies insoweit zutreffend, als der Sachverständige seiner Beurteilung tatsächlich lediglich die wenig aussagekräftigen Darlegungen des Dr. B. hat zu Grunde legen können. Allerdings hat das Gutachten deutlich gemacht, dass sich anhand der unzureichenden Dokumentation der von Dr. B. erhobenen Befunde und angesichts der fehlenden Untersuchung des Klägers eine sachgerechte Beurteilung der MdE nicht treffen lässt, was wiederum auch Dr. B. letztlich nicht in Zweifel zieht. Soweit er das Gutachten deshalb für entbehrlich erachtet hat, weil bereits genügend unterschiedliche Gutachten mit unterschiedlichen Bewertungen der MdE vorlägen, trifft dies gerade nicht zu. Denn mit den Erkrankungen des Klägers und den daraus resultierenden Funktionseinschränkungen war neben Dr. B. gerade kein weiterer Gutachter befasst, weil sich der Kläger zuvor konsequent weigerte, einen Gutachter für die von der Beklagten bereits seit Jahren für erforderlich erachtete Zusammenhangsbegutachtung auszuwählen und er auch nicht zu einer Untersuchung durch Dr. H. und Prof. Dr. S. bereit gewesen ist. Soweit Dr. B. bemängelt, dass Prof. Dr. S. die von ihm bewerteten psychodynamisch-psychotherapeutischen Hintergründe der Erkrankung nicht dargestellt habe, ist darauf hinzuweisen, dass dies für die vorliegend zu treffende Beurteilung nicht zwingend erforderlich ist. Denn für die Bemessung der MdE sind psychodynamische Gesichtspunkte weniger von Bedeutung als vielmehr die Darstellung der aus der Krankheit resultierenden funktionellen Einschränkungen. Zu einer solchen Darstellung ist zwar auch der Sachverständige Prof. Dr. S. auf Grund der fehlenden Mitwirkung des Klägers nicht in der Lage gewesen, allerdings führt dies nicht dazu, dass dann dem Gutachten des Sachverständigen kritiklos zu folgen wäre, dem sich der Kläger zur Durchführung einer gutachtlichen Untersuchung allein zur Verfügung stellt.

Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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