Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 3247/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2792/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.05.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung der Berufskrankheiten (BKen) nach Nr. 4301 (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, einschließlich Rhinopathie), Nr. 4302 (durch chemisch-irritative oder toxisch wirkende Stoffe verursachte ob-struktive Atemwegserkrankungen), Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe), Nr. 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol) und Nr. 1317 (Poly-neuropathie oder Encephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der am 1949 geborene Kläger war von Juni 1970 bis Oktober 1974 bei der P. H. AG im Fertig-teilewerk (Tätigkeiten: Ein- und Ausschalen von zu gießenden bzw. gegossenen und ausgehärte-ten Fertigteilen, Beton in Schalungen einbringen und verdichten) und anschließend bis Ende 1974 bei der Fa. D. und W. Systembau (Tätigkeiten: Verarbeitung von Heißteer) beschäftigt. Anschließend war er von 1975 bis 1992 bei der Firma R. W. als Dachdecker tätig, wo er bis Ende 1980 wiederum Heißteer verarbeitete und ab 1981 zu 95% seiner Arbeitszeit Polymerbi-tumenschweißbahnen verlegte und im Übrigen Astbestzementplatten im Sockelbereich schnitt. Ab Februar 1993 war der Kläger bei der M. K. GmbH wiederum als Dachdecker beschäftigt und hatte dabei zu ca. 45% Polymerbitumenschweißbahnen und zu 50% Dachziegeln zu verlegen sowie zu 5% Asbestzementwellplatten zu demontieren (vgl. Angaben des Klägers vom 14.06.2010, S. 45 VerwA). An Materialien wurden dabei Bitumen, Mineralfaser, Styropor, PVC, ECB, EVA, PUR, Dachziegel und Dachsteine verarbeitet (vgl. Auskunft der Fa. K. vom 13.04.2010, S. 14 VerwA).
Wegen einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) mit Belastungsdyspnoe wurde der Kläger vom 19.01. bis 17.02.2010 in der Rehaklinik H.-K. stationär behandelt. Wegen eines auffälligen Röntgenbefundes und der beruflichen Asbestexposition äußerten die behandelnden Ärzte den Verdacht auf eine Asbestose und erstatteten bei der Beklagten Anzeige wegen des Verdachts auf eine BK nach Nr. 4103. Nach Abschluss der durchgeführten Ermittlungen lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach den Nrn. 4101 (Silikose) und 4103 ab. Im an-schließenden Klageverfahren (S 1 U 1200/11) vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erstattete Prof. Dr. H. , Chefarzt in der Thoraxklinik am Universitätsklinikum H. , ein pneumologisches Gutachten und diagnostizierte eine mäßiggradige obstruktive Ventilationsstörung mit Besserung auf Broncholyse im Sinne einer COPD Grad II. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer BK nach den Nrn. 4101 und 4103 sah er nicht.
Ausgehend hiervon machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, die diagnostizierte COPD stelle zwar keine BK nach den Nrn. 4101 und 4103 dar, einschlägig seien allerdings die BKen nach den Nrn. 4301 bzw. 4302. Zu seinen arbeitsplatzbezogenen Beschwerden äußerte sich der Kläger in dem Fragebogen der Beklagten dann dahingehend, dass er gelegentlich unter Atemnot (vorwiegend morgens), an Husten sowie an Hustenattacken leide, wobei die Beschwer-den durch körperliche Belastung, Kontakt mit Farben/Lösungsmitteln sowie Staub beeinflusst würden. Das Vorliegen von Fließschnupfen, Allergien, Hautkrankheiten sowie Milchschorf, Nesselsucht oder ähnliches verneinte er. Ein Kontakt habe zu Glaswolle, Kemperol (Lösungsmit-tel) und Asbest bestanden (vgl. S. 88 ff. VerwA).
Desweiteren beantragte der Kläger die Anerkennung einer BK nach Nr. 1303 und machte gel-tend, eine TRI-induziertes hirnorganisches Psychosyndrom im Sinne dieser BK habe Dr. W. in seinem im Verfahren S 17 SB 4662/10 erstatteten Gutachten festgestellt. In diesem auf Grund Untersuchung im Dezember 2011 erstatteten Gutachten vom 30.12.2011 führte der Allgemein-mediziner Dr. W. aus, dass der Kläger Druck auf die Fußsohlen, Knöchel und Muskulatur bis zu den Knien als unangenehm bis sehr schmerzhaft angegeben habe und die Suche nach einer mög-lichen Ursache aufgezeigt habe, dass er über 20 Jahre in seinem Beruf mit einem silikonartigen Dichtungsmittel (Kemperol) gearbeitet habe. Verarbeitungsstelle, Arbeitsgerät und Hände seien üblicherweise täglich mit dem Lösungsmittel TRI (Trichlorethen) gereinigt worden. Dies werde über die Atemwege aufgenommen und schnell resorbiert; es sei stark neurotoxisch. Bei chroni-scher Exposition seien u.a. Parästhesien zu erwarten, was beim Kläger der Fall sei. Es liege daher eine bisher nicht erkannte Neuropathie der unteren Extremitäten vor. Die depressive Ver-stimmung könne als TRI-induziertes hirnorganisches Psychosyndrom gewertet werden. Das komplexe Krankheitsbild sei als BK Nr. 1302 anzuerkennen.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes PD Dr. K. , Facharzt für Allge-meinmedizin/Allergologie/Umweltmedizin ein, der keinen Verdacht auf das Vorliegen einer BK nach Nr. 4301 (kein Hinweis auf eine Allergie), Nr. 4302 (kein Hinweis auf einen chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Arbeitsstoff und eine in nahem zeitlichen Zusammenhang aufge-tretene obstruktive Atemwegsreaktion) und Nr. 1303 (kein Verarbeitung von Benzol, eines Ho-mologes oder Styrol) sah. Die von Dr. W. genannte BK nach Nr. 1302 ziele angesichts der erho-benen Befunde in Richtung einer BK nach Nr. 1317, wobei allerdings die erforderliche jahrelan-ge chronische Exposition nicht vorliege. Soweit der Kläger Arbeitsgeräte mit TRI gereinigt habe, sei dies nicht in der überwiegenden Arbeitszeit erfolgt, sondern allenfalls ca. 15 bis 30 Minuten täglich. Für eine BK nach Nr. 1317 fehle es zudem an einer exakten neurologischen Diagnose. Dem fehlenden Hinweis auf einen beruflichen Zusammenhang der Erkrankung des Klägers stehe gegenüber, dass der Kläger ca. 33 Jahre eine Packung Zigaretten pro Tag geraucht habe. Dies stelle einen hochsignifikanten Verursacher für eine COPD und ein Lungenemphysem dar. Mit entsprechender Argumentation schlug auch die staatliche Gewerbeärztin E. die in Rede stehen-den BKen nicht zur Anerkennung vor.
Mit Bescheid vom 21.03.2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung von BKen nach den Nrn. 4301, 4302, 1317, 1302 und 1303 ab. Eine berufsbedingte obstruktive Atemwegserkran-kung nach den Nrn. 4301 und 4302 sei ausgeschlossen, da der Kläger beruflich keinen Arbeits-stoffen ausgesetzt gewesen sei, die Allergien oder Reizungen der Atemwege verursachten. Auch sei er während seiner beruflichen Tätigkeiten in keinem arbeitsmedizinisch relevanten Ausmaß organischen Lösungsmitteln, Halogenkohlenwasserstoffen oder Benzolhomologen ausgesetzt gewesen. Im Übrigen habe auch weder eine Polyneuropathie noch eine Encephalopathie objekti-viert werden können. Die festgestellten leichten Parästhesien im Bereich der distalen unteren Extremitäten bei Wirbelsäulenbeschwerden und eine depressive Verstimmung könne nicht als Beweis für lösungsmittelinduzierte Erkrankungen gewertet werden. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, als allergisierender Stoff im Sinne der BK Nr. 4301 komme Feinstaub in Betracht, dem er während seiner Tätigkeit bei der P. H. AG ausgesetzt gewesen sei. Er habe seinerzeit in einer schlecht gelüfteten Produktionshalle gearbeitet, in der produktionsbedingt Quarzfeinstaub vorhanden gewesen sei. Als allergisierender Stoff komme zudem Asbest sowie der verarbeitete Teer bzw. das verarbeitete Silikon nebst Lösungsmittel in Frage. All diese Stoffe wirkten auch chemisch-irritativ bzw. toxisch, so dass auch die Voraussetzungen der BK nach Nr. 4302 erfüllt seien. Das Vorliegen einer BK nach Nr. 1302 habe im Übrigen bereits Dr. W. in dem vorgelegten Gutachten festgestellt. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 19.09.2013 hat der Kläger dagegen beim SG Klage erhoben und im Wesentlichen sein Vor-bringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Das SG hat das Gutachten des Prof. Dr. K. , Arzt für Arbeitsmedizin, Sozialmedi-zin/Umweltmedizin, auf Grund Untersuchung des Klägers im Februar 2014 eingeholt. Der Sach-verständige hat ein panlobuläres Lungenemphysem mit chronischer Emphysembronchitis im Sinne einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD Stadium II nach GOLD) mit in-konstanter, mäßiggradiger bronchospasmolytisch teilreversibler obstruktiver Ventilationsstörung und ventilatorischen Verteilungsstörungen, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit am rechten Bein mit multiplen leicht- bis mäßiggradigen Stenosen sowie eine Polyarthrose in den Interphalangealgelenken der rechten Hand diagnostiziert und hat sowohl die arbeitstechnischen als auch die medizinischen Voraussetzungen für die BKen nach den Nrn. 1302, 1303, 1317, 4301 und 4302 verneint.
Mit Urteil vom 20.05.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und sich dabei auf die überein-stimmenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. , des PD Dr. K. und der staatli-chen Gewerbeärztin Dr. E. gestützt. Eine BK nach Nr. 4301 (durch allergisierende Stoffe verur-sachte obstruktive Atemwegserkrankung) liege schon deshalb nicht vor, weil der Kläger keinen allergieauslösenden Arbeitsstoffen ausgesetzt gewesen sei und es damit schon an einer geeigne-ten Exposition fehle. Eine BK nach Nr. 4302 (durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung) sei zu verneinen, weil der Kläger mit ein-schlägigen Stoffen nur in einem zeitlich sehr stark eingeschränktem Umfang in Kontakt gewesen sei; zudem sei es in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Exposition nicht zu Atembe-schwerden gekommen. Demgegenüber seien die aufgetretenen Atembeschwerden auf Grund einschlägiger Studien mit dem erheblichen Nikotinkonsum des Klägers zu erklären. Eine BK nach Nr. 1317 (Polyneuropathie oder Encephalopathie durch organische Lösungsmittel oder de-ren Gemische) scheide schon deshalb aus, weil weder eine Polyneuropathie noch eine Encepha-lopathie nachgewiesen sei. Bei der von Dr. W. vertretenen Auffassung handele es sich lediglich um eine Vermutung, die nicht einmal durch konkrete Befunde gestützt werde. Dessen Feststel-lungen seien nicht objektivierbar bzw. nachprüfbar und die Beweiskraft daher gering. Eine BK nach Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) liege nicht vor, weil beim Klä-ger keine für diese BK einschlägige Erkrankung nachgewiesen sei und im Übrigen ein Kontakt mit TRI nur in einem geringen zeitlichen Umfang bestanden habe, der nicht ausreichend für die Entstehung dieser BK sei. Schließlich sei auch eine BK nach Nr. 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol) zu verneinen. Denn der Kläger habe bei seiner Arbeit keinen relevanten Kontakt mit den einschlägigen Stoffen gehabt und es liege kein typischerweise zu erwartendes Krankheitsbild vor.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 03.06.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.07.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er hat im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und es für rechtsfehlerhaft erachtet, dass das SG das gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beantragte Gutachten nicht eingeholt hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.05.2014 aufzuheben und unter Auf-hebung des Bescheids vom 21.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.2013 Berufskrankheiten nach den Nrn. 4301, 4302, 1317, 1302 und 1303 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat das Gutachten des Allgemeinmedizi-ners Dr. W. eingeholt, das dieser auf der Grundlage seiner im Dezember 2011 erfolgten Untersu-chung und einer im Juni 2015 durchgeführten Begutachtung mit dem Kläger erstattet hat. Der Sachverständige hat das Vorliegen sämtlicher im Streit stehenden BKen bejaht.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genom-men. II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 21.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Klä-ger nicht in seinen Rechten. BKen nach den Nrn. 4301, 4302, 1317, 1302 und 1303 der Anlage 1 zur BKV liegen beim Kläger nicht vor. Entsprechend lehnte die Beklagte deren Anerkennung auch zutreffend ab.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer der den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechts-verordnung Erkrankungen als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizini-schen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personen-gruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählen nach Nr. 4301 durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, einschließlich Rhinopa-thie, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Ver-schlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, nach Nr. 4302 durch chemisch-irritative oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atem-wegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entste-hung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, nach Nr. 1302 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe, nach Nr. 1303 Erkran-kungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol sowie nach Nr. 1317 eine Polyneuropa-thie oder Encephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründen¬den Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hin-sichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädi-genden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller we-sentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammen-hang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Ver-fahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des je-weiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann beim Kläger das Vorliegen einer BK nach den Nrn. 4301, 4302, 1317, 1302 und 1303 der Anlage 1 zur BKV nicht festgestellt werden. Dies hat das SG gestützt auf die übereinstimmenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. und des von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen PD Dr. K. , dessen Auf-fassung auch die staatliche Gewerbeärztin E. teilte, mit zutreffender Begründung entschieden. Der Senat sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ebenso wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass hinsichtlich der BK nach Nr. 4301 be-reits die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, weil der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten beruflichen Allergenen nicht ausgesetzt war. Hierbei handelt es sich um Arbeitsstoffe mit allergisierender Potenz, wobei als bekannte Gefahrenquellen insbeson-dere pflanzliche Allergene, wie Staub von Mehl, Holzarten oder Futtermittel, tierische Allergene, wie Insekten- oder Haarstaub, und sonstige Allergene, wie bspw. Arzneimittel, in Betracht kommen (Merkblatt zur BK 4301 in der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 10.07.1979, Bundesarbeitsblatt 7/8/1979, abgedruckt in Mehr-tens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, M 4301 S. 1). Die vom Kläger im Beru-fungsverfahren wiederum aufgeführten Stoffe (Quarzfeinstaub, Asbest, Teer, Silikon Lösungs-mittel, Glaswolle) hat Prof. Dr. K. diesen allergisierenden Stoffen nicht zugeordnet.
Auch im Hinblick auf die BK nach Nr. 4302 sind bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu verneinen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger mit hinreichender Intensität und Dau-erhaftigkeit chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ausgesetzt war. So übte der Kläger seine Tätigkeiten überwiegend im Freien aus und er berichtete - abgesehen von der Angabe bronchialer Reizungen in Form von Husten beim Umgang mit Glaswolle gegenüber dem Sach-verständigen - auch nicht von regelrechten bronchialasthmatischen Anfällen im Zusammenhang mit den von ihm als Inhalationsnoxen aufgeführten Stoffen.
Hinsichtlich der in Rede stehenden BK nach Nr.1317 liegt im Hinblick auf die Verwendung von Kemperol, das der Kläger seinen Angaben zufolge zur Reinigung von Arbeitsgeräten und Hän-den einsetzte, zwar eine Exposition gegenüber Lösungsmitteln vor, allerdings hat das SG zutref-fend dargelegt und begründet, dass und aus welchen Gründen beim Kläger schon keine Erkran-kung im Sinne dieser BK, nämlich eine Polyneuropathie oder Encephalopathie, zu objektivieren ist und die Anerkennung einer entsprechenden BK daher bereits aus diesem Grund ausscheidet. Auf die Frage der Auswirkungen des ohnehin nur sehr eingeschränkten Kontakts mit dem ver-wendeten Lösungsmittel, den PD Dr. K. auf täglich höchstens 15 bis 30 Minuten schätzte, kommt es insoweit daher nicht an.
Entsprechendes gilt schließlich auch in Bezug auf die BKen nach den Nrn. 1302 und 1303. Zwar hatte der Kläger durch die Verwendung von Lösungsmitteln in dem vom SG dargelegten gerin-gen Umfang Kontakt mit Trichlorethen und - entgegen der Auffassung des SG - auch mit dem damals weit verbreiteten Benzol (so Prof. Dr. K. ) und daher mit Arbeitsstoffen im Sinne dieser BKen (Halogenkohlenwasserstoffe bzw. Benzol und seine Homologe), jedoch leidet der Kläger - so Prof. Dr. K. in seinem Gutachten - nicht an Erkrankungen, die mit derartigen Expositionen verknüpft sind, wie Erkrankungen des zentralen Nervensystems, der Haut, Nieren und Leber. Die in Rede stehenden Verbindungen sind gerade nicht mit der beim Kläger diagnostizierten COPD, deren Behandlung Ausgangspunkt für das vorliegende Verfahren war, assoziiert. Dem-gegenüber lässt sich die beim Kläger aufgetretene COPD zwanglos mit dem langjährig erfolgten Tabakrauchen in Verbindung bringen, was nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. der weitaus wichtigste externe Verursachungsfaktor für das Auftreten einer COPD dar-stellt.
Eine abweichende Beurteilung rechtfertigt insbesondere nicht das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten des Dr. W. , das ebenso wenig überzeugt wie das vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegte, von diesem Sachverständigen im Verfahren S 17 SB 4662/10 erstattete Gutachten. Der Sachverständige hat nach seinen Ausführungen zwar eine kör-perliche Untersuchung des Klägers vorgenommen, jedoch keine konkreten Befunde erhoben und dargestellt. Vielmehr hat er sich auf ein mit dem Kläger ergänzend zu seiner im Dezember 2011 erfolgten Untersuchung geführtes Gespräch gestützt, so dass - wie schon in Bezug auf das im Verwaltungsverfahren vom Kläger vorgelegte Gutachten (siehe hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des PD Dr. K. ) - die von Dr. W. gestellten Diagnosen nicht nachvollzogen wer-den können. Soweit der Sachverständige die von ihm diagnostizierten Erkrankungen auf die be-ruflichen Tätigkeiten des Klägers zurückgeführt hat, hat er weder die Erfüllung der arbeitstechni-schen Voraussetzungen geprüft noch seine entsprechende Einschätzung nachvollziehbar begrün-det. Er hat vielmehr aus den vom Kläger beklagten Beschwerden auf eine berufliche Ursache geschlossen bzw. zum Teil sogar wegen der zu Grunde gelegten beruflichen Exposition mit po-tentiell schädigenden Arbeitsstoffen auf eine Erkrankung geschlossen. Entsprechend erschöpft sich das Gutachten im Wesentlichen in allgemeinen Erwägungen und Vermutungen, ohne sich auch nur ansatzweise mit den Ausführungen des Vorgutachters Prof. Dr. K. auseinander zu set-zen. So überzeugt es insbesondere auch nicht, wenn der Sachverständige seine abweichende Auffassung mit seiner landärztlichen Erfahrung, seiner langjährigen Vorlesungstätigkeit in der Arbeitsmedizin, eigenen Arbeitszeiten in Gewerken der BASF und einem vierjährigen Einsatz als U-Boot-Offizier begründet, wodurch sein Blick und das Empfinden für die Patienten mit den Jahren immer realistischer und auch kritischer geworden sei, wobei die apparative Medizin nur der Stützung eigener Urteilsfindungen dienen solle.
Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung der Berufskrankheiten (BKen) nach Nr. 4301 (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, einschließlich Rhinopathie), Nr. 4302 (durch chemisch-irritative oder toxisch wirkende Stoffe verursachte ob-struktive Atemwegserkrankungen), Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe), Nr. 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol) und Nr. 1317 (Poly-neuropathie oder Encephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der am 1949 geborene Kläger war von Juni 1970 bis Oktober 1974 bei der P. H. AG im Fertig-teilewerk (Tätigkeiten: Ein- und Ausschalen von zu gießenden bzw. gegossenen und ausgehärte-ten Fertigteilen, Beton in Schalungen einbringen und verdichten) und anschließend bis Ende 1974 bei der Fa. D. und W. Systembau (Tätigkeiten: Verarbeitung von Heißteer) beschäftigt. Anschließend war er von 1975 bis 1992 bei der Firma R. W. als Dachdecker tätig, wo er bis Ende 1980 wiederum Heißteer verarbeitete und ab 1981 zu 95% seiner Arbeitszeit Polymerbi-tumenschweißbahnen verlegte und im Übrigen Astbestzementplatten im Sockelbereich schnitt. Ab Februar 1993 war der Kläger bei der M. K. GmbH wiederum als Dachdecker beschäftigt und hatte dabei zu ca. 45% Polymerbitumenschweißbahnen und zu 50% Dachziegeln zu verlegen sowie zu 5% Asbestzementwellplatten zu demontieren (vgl. Angaben des Klägers vom 14.06.2010, S. 45 VerwA). An Materialien wurden dabei Bitumen, Mineralfaser, Styropor, PVC, ECB, EVA, PUR, Dachziegel und Dachsteine verarbeitet (vgl. Auskunft der Fa. K. vom 13.04.2010, S. 14 VerwA).
Wegen einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) mit Belastungsdyspnoe wurde der Kläger vom 19.01. bis 17.02.2010 in der Rehaklinik H.-K. stationär behandelt. Wegen eines auffälligen Röntgenbefundes und der beruflichen Asbestexposition äußerten die behandelnden Ärzte den Verdacht auf eine Asbestose und erstatteten bei der Beklagten Anzeige wegen des Verdachts auf eine BK nach Nr. 4103. Nach Abschluss der durchgeführten Ermittlungen lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach den Nrn. 4101 (Silikose) und 4103 ab. Im an-schließenden Klageverfahren (S 1 U 1200/11) vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erstattete Prof. Dr. H. , Chefarzt in der Thoraxklinik am Universitätsklinikum H. , ein pneumologisches Gutachten und diagnostizierte eine mäßiggradige obstruktive Ventilationsstörung mit Besserung auf Broncholyse im Sinne einer COPD Grad II. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer BK nach den Nrn. 4101 und 4103 sah er nicht.
Ausgehend hiervon machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, die diagnostizierte COPD stelle zwar keine BK nach den Nrn. 4101 und 4103 dar, einschlägig seien allerdings die BKen nach den Nrn. 4301 bzw. 4302. Zu seinen arbeitsplatzbezogenen Beschwerden äußerte sich der Kläger in dem Fragebogen der Beklagten dann dahingehend, dass er gelegentlich unter Atemnot (vorwiegend morgens), an Husten sowie an Hustenattacken leide, wobei die Beschwer-den durch körperliche Belastung, Kontakt mit Farben/Lösungsmitteln sowie Staub beeinflusst würden. Das Vorliegen von Fließschnupfen, Allergien, Hautkrankheiten sowie Milchschorf, Nesselsucht oder ähnliches verneinte er. Ein Kontakt habe zu Glaswolle, Kemperol (Lösungsmit-tel) und Asbest bestanden (vgl. S. 88 ff. VerwA).
Desweiteren beantragte der Kläger die Anerkennung einer BK nach Nr. 1303 und machte gel-tend, eine TRI-induziertes hirnorganisches Psychosyndrom im Sinne dieser BK habe Dr. W. in seinem im Verfahren S 17 SB 4662/10 erstatteten Gutachten festgestellt. In diesem auf Grund Untersuchung im Dezember 2011 erstatteten Gutachten vom 30.12.2011 führte der Allgemein-mediziner Dr. W. aus, dass der Kläger Druck auf die Fußsohlen, Knöchel und Muskulatur bis zu den Knien als unangenehm bis sehr schmerzhaft angegeben habe und die Suche nach einer mög-lichen Ursache aufgezeigt habe, dass er über 20 Jahre in seinem Beruf mit einem silikonartigen Dichtungsmittel (Kemperol) gearbeitet habe. Verarbeitungsstelle, Arbeitsgerät und Hände seien üblicherweise täglich mit dem Lösungsmittel TRI (Trichlorethen) gereinigt worden. Dies werde über die Atemwege aufgenommen und schnell resorbiert; es sei stark neurotoxisch. Bei chroni-scher Exposition seien u.a. Parästhesien zu erwarten, was beim Kläger der Fall sei. Es liege daher eine bisher nicht erkannte Neuropathie der unteren Extremitäten vor. Die depressive Ver-stimmung könne als TRI-induziertes hirnorganisches Psychosyndrom gewertet werden. Das komplexe Krankheitsbild sei als BK Nr. 1302 anzuerkennen.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes PD Dr. K. , Facharzt für Allge-meinmedizin/Allergologie/Umweltmedizin ein, der keinen Verdacht auf das Vorliegen einer BK nach Nr. 4301 (kein Hinweis auf eine Allergie), Nr. 4302 (kein Hinweis auf einen chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Arbeitsstoff und eine in nahem zeitlichen Zusammenhang aufge-tretene obstruktive Atemwegsreaktion) und Nr. 1303 (kein Verarbeitung von Benzol, eines Ho-mologes oder Styrol) sah. Die von Dr. W. genannte BK nach Nr. 1302 ziele angesichts der erho-benen Befunde in Richtung einer BK nach Nr. 1317, wobei allerdings die erforderliche jahrelan-ge chronische Exposition nicht vorliege. Soweit der Kläger Arbeitsgeräte mit TRI gereinigt habe, sei dies nicht in der überwiegenden Arbeitszeit erfolgt, sondern allenfalls ca. 15 bis 30 Minuten täglich. Für eine BK nach Nr. 1317 fehle es zudem an einer exakten neurologischen Diagnose. Dem fehlenden Hinweis auf einen beruflichen Zusammenhang der Erkrankung des Klägers stehe gegenüber, dass der Kläger ca. 33 Jahre eine Packung Zigaretten pro Tag geraucht habe. Dies stelle einen hochsignifikanten Verursacher für eine COPD und ein Lungenemphysem dar. Mit entsprechender Argumentation schlug auch die staatliche Gewerbeärztin E. die in Rede stehen-den BKen nicht zur Anerkennung vor.
Mit Bescheid vom 21.03.2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung von BKen nach den Nrn. 4301, 4302, 1317, 1302 und 1303 ab. Eine berufsbedingte obstruktive Atemwegserkran-kung nach den Nrn. 4301 und 4302 sei ausgeschlossen, da der Kläger beruflich keinen Arbeits-stoffen ausgesetzt gewesen sei, die Allergien oder Reizungen der Atemwege verursachten. Auch sei er während seiner beruflichen Tätigkeiten in keinem arbeitsmedizinisch relevanten Ausmaß organischen Lösungsmitteln, Halogenkohlenwasserstoffen oder Benzolhomologen ausgesetzt gewesen. Im Übrigen habe auch weder eine Polyneuropathie noch eine Encephalopathie objekti-viert werden können. Die festgestellten leichten Parästhesien im Bereich der distalen unteren Extremitäten bei Wirbelsäulenbeschwerden und eine depressive Verstimmung könne nicht als Beweis für lösungsmittelinduzierte Erkrankungen gewertet werden. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, als allergisierender Stoff im Sinne der BK Nr. 4301 komme Feinstaub in Betracht, dem er während seiner Tätigkeit bei der P. H. AG ausgesetzt gewesen sei. Er habe seinerzeit in einer schlecht gelüfteten Produktionshalle gearbeitet, in der produktionsbedingt Quarzfeinstaub vorhanden gewesen sei. Als allergisierender Stoff komme zudem Asbest sowie der verarbeitete Teer bzw. das verarbeitete Silikon nebst Lösungsmittel in Frage. All diese Stoffe wirkten auch chemisch-irritativ bzw. toxisch, so dass auch die Voraussetzungen der BK nach Nr. 4302 erfüllt seien. Das Vorliegen einer BK nach Nr. 1302 habe im Übrigen bereits Dr. W. in dem vorgelegten Gutachten festgestellt. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 19.09.2013 hat der Kläger dagegen beim SG Klage erhoben und im Wesentlichen sein Vor-bringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Das SG hat das Gutachten des Prof. Dr. K. , Arzt für Arbeitsmedizin, Sozialmedi-zin/Umweltmedizin, auf Grund Untersuchung des Klägers im Februar 2014 eingeholt. Der Sach-verständige hat ein panlobuläres Lungenemphysem mit chronischer Emphysembronchitis im Sinne einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD Stadium II nach GOLD) mit in-konstanter, mäßiggradiger bronchospasmolytisch teilreversibler obstruktiver Ventilationsstörung und ventilatorischen Verteilungsstörungen, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit am rechten Bein mit multiplen leicht- bis mäßiggradigen Stenosen sowie eine Polyarthrose in den Interphalangealgelenken der rechten Hand diagnostiziert und hat sowohl die arbeitstechnischen als auch die medizinischen Voraussetzungen für die BKen nach den Nrn. 1302, 1303, 1317, 4301 und 4302 verneint.
Mit Urteil vom 20.05.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und sich dabei auf die überein-stimmenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. , des PD Dr. K. und der staatli-chen Gewerbeärztin Dr. E. gestützt. Eine BK nach Nr. 4301 (durch allergisierende Stoffe verur-sachte obstruktive Atemwegserkrankung) liege schon deshalb nicht vor, weil der Kläger keinen allergieauslösenden Arbeitsstoffen ausgesetzt gewesen sei und es damit schon an einer geeigne-ten Exposition fehle. Eine BK nach Nr. 4302 (durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung) sei zu verneinen, weil der Kläger mit ein-schlägigen Stoffen nur in einem zeitlich sehr stark eingeschränktem Umfang in Kontakt gewesen sei; zudem sei es in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Exposition nicht zu Atembe-schwerden gekommen. Demgegenüber seien die aufgetretenen Atembeschwerden auf Grund einschlägiger Studien mit dem erheblichen Nikotinkonsum des Klägers zu erklären. Eine BK nach Nr. 1317 (Polyneuropathie oder Encephalopathie durch organische Lösungsmittel oder de-ren Gemische) scheide schon deshalb aus, weil weder eine Polyneuropathie noch eine Encepha-lopathie nachgewiesen sei. Bei der von Dr. W. vertretenen Auffassung handele es sich lediglich um eine Vermutung, die nicht einmal durch konkrete Befunde gestützt werde. Dessen Feststel-lungen seien nicht objektivierbar bzw. nachprüfbar und die Beweiskraft daher gering. Eine BK nach Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) liege nicht vor, weil beim Klä-ger keine für diese BK einschlägige Erkrankung nachgewiesen sei und im Übrigen ein Kontakt mit TRI nur in einem geringen zeitlichen Umfang bestanden habe, der nicht ausreichend für die Entstehung dieser BK sei. Schließlich sei auch eine BK nach Nr. 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol) zu verneinen. Denn der Kläger habe bei seiner Arbeit keinen relevanten Kontakt mit den einschlägigen Stoffen gehabt und es liege kein typischerweise zu erwartendes Krankheitsbild vor.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 03.06.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.07.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er hat im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und es für rechtsfehlerhaft erachtet, dass das SG das gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beantragte Gutachten nicht eingeholt hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.05.2014 aufzuheben und unter Auf-hebung des Bescheids vom 21.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.2013 Berufskrankheiten nach den Nrn. 4301, 4302, 1317, 1302 und 1303 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat das Gutachten des Allgemeinmedizi-ners Dr. W. eingeholt, das dieser auf der Grundlage seiner im Dezember 2011 erfolgten Untersu-chung und einer im Juni 2015 durchgeführten Begutachtung mit dem Kläger erstattet hat. Der Sachverständige hat das Vorliegen sämtlicher im Streit stehenden BKen bejaht.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genom-men. II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 21.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Klä-ger nicht in seinen Rechten. BKen nach den Nrn. 4301, 4302, 1317, 1302 und 1303 der Anlage 1 zur BKV liegen beim Kläger nicht vor. Entsprechend lehnte die Beklagte deren Anerkennung auch zutreffend ab.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer der den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechts-verordnung Erkrankungen als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizini-schen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personen-gruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählen nach Nr. 4301 durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, einschließlich Rhinopa-thie, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Ver-schlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, nach Nr. 4302 durch chemisch-irritative oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atem-wegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entste-hung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, nach Nr. 1302 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe, nach Nr. 1303 Erkran-kungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol sowie nach Nr. 1317 eine Polyneuropa-thie oder Encephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründen¬den Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hin-sichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädi-genden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller we-sentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammen-hang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Ver-fahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des je-weiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann beim Kläger das Vorliegen einer BK nach den Nrn. 4301, 4302, 1317, 1302 und 1303 der Anlage 1 zur BKV nicht festgestellt werden. Dies hat das SG gestützt auf die übereinstimmenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. und des von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen PD Dr. K. , dessen Auf-fassung auch die staatliche Gewerbeärztin E. teilte, mit zutreffender Begründung entschieden. Der Senat sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ebenso wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass hinsichtlich der BK nach Nr. 4301 be-reits die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, weil der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten beruflichen Allergenen nicht ausgesetzt war. Hierbei handelt es sich um Arbeitsstoffe mit allergisierender Potenz, wobei als bekannte Gefahrenquellen insbeson-dere pflanzliche Allergene, wie Staub von Mehl, Holzarten oder Futtermittel, tierische Allergene, wie Insekten- oder Haarstaub, und sonstige Allergene, wie bspw. Arzneimittel, in Betracht kommen (Merkblatt zur BK 4301 in der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 10.07.1979, Bundesarbeitsblatt 7/8/1979, abgedruckt in Mehr-tens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, M 4301 S. 1). Die vom Kläger im Beru-fungsverfahren wiederum aufgeführten Stoffe (Quarzfeinstaub, Asbest, Teer, Silikon Lösungs-mittel, Glaswolle) hat Prof. Dr. K. diesen allergisierenden Stoffen nicht zugeordnet.
Auch im Hinblick auf die BK nach Nr. 4302 sind bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen zu verneinen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger mit hinreichender Intensität und Dau-erhaftigkeit chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ausgesetzt war. So übte der Kläger seine Tätigkeiten überwiegend im Freien aus und er berichtete - abgesehen von der Angabe bronchialer Reizungen in Form von Husten beim Umgang mit Glaswolle gegenüber dem Sach-verständigen - auch nicht von regelrechten bronchialasthmatischen Anfällen im Zusammenhang mit den von ihm als Inhalationsnoxen aufgeführten Stoffen.
Hinsichtlich der in Rede stehenden BK nach Nr.1317 liegt im Hinblick auf die Verwendung von Kemperol, das der Kläger seinen Angaben zufolge zur Reinigung von Arbeitsgeräten und Hän-den einsetzte, zwar eine Exposition gegenüber Lösungsmitteln vor, allerdings hat das SG zutref-fend dargelegt und begründet, dass und aus welchen Gründen beim Kläger schon keine Erkran-kung im Sinne dieser BK, nämlich eine Polyneuropathie oder Encephalopathie, zu objektivieren ist und die Anerkennung einer entsprechenden BK daher bereits aus diesem Grund ausscheidet. Auf die Frage der Auswirkungen des ohnehin nur sehr eingeschränkten Kontakts mit dem ver-wendeten Lösungsmittel, den PD Dr. K. auf täglich höchstens 15 bis 30 Minuten schätzte, kommt es insoweit daher nicht an.
Entsprechendes gilt schließlich auch in Bezug auf die BKen nach den Nrn. 1302 und 1303. Zwar hatte der Kläger durch die Verwendung von Lösungsmitteln in dem vom SG dargelegten gerin-gen Umfang Kontakt mit Trichlorethen und - entgegen der Auffassung des SG - auch mit dem damals weit verbreiteten Benzol (so Prof. Dr. K. ) und daher mit Arbeitsstoffen im Sinne dieser BKen (Halogenkohlenwasserstoffe bzw. Benzol und seine Homologe), jedoch leidet der Kläger - so Prof. Dr. K. in seinem Gutachten - nicht an Erkrankungen, die mit derartigen Expositionen verknüpft sind, wie Erkrankungen des zentralen Nervensystems, der Haut, Nieren und Leber. Die in Rede stehenden Verbindungen sind gerade nicht mit der beim Kläger diagnostizierten COPD, deren Behandlung Ausgangspunkt für das vorliegende Verfahren war, assoziiert. Dem-gegenüber lässt sich die beim Kläger aufgetretene COPD zwanglos mit dem langjährig erfolgten Tabakrauchen in Verbindung bringen, was nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. der weitaus wichtigste externe Verursachungsfaktor für das Auftreten einer COPD dar-stellt.
Eine abweichende Beurteilung rechtfertigt insbesondere nicht das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten des Dr. W. , das ebenso wenig überzeugt wie das vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegte, von diesem Sachverständigen im Verfahren S 17 SB 4662/10 erstattete Gutachten. Der Sachverständige hat nach seinen Ausführungen zwar eine kör-perliche Untersuchung des Klägers vorgenommen, jedoch keine konkreten Befunde erhoben und dargestellt. Vielmehr hat er sich auf ein mit dem Kläger ergänzend zu seiner im Dezember 2011 erfolgten Untersuchung geführtes Gespräch gestützt, so dass - wie schon in Bezug auf das im Verwaltungsverfahren vom Kläger vorgelegte Gutachten (siehe hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des PD Dr. K. ) - die von Dr. W. gestellten Diagnosen nicht nachvollzogen wer-den können. Soweit der Sachverständige die von ihm diagnostizierten Erkrankungen auf die be-ruflichen Tätigkeiten des Klägers zurückgeführt hat, hat er weder die Erfüllung der arbeitstechni-schen Voraussetzungen geprüft noch seine entsprechende Einschätzung nachvollziehbar begrün-det. Er hat vielmehr aus den vom Kläger beklagten Beschwerden auf eine berufliche Ursache geschlossen bzw. zum Teil sogar wegen der zu Grunde gelegten beruflichen Exposition mit po-tentiell schädigenden Arbeitsstoffen auf eine Erkrankung geschlossen. Entsprechend erschöpft sich das Gutachten im Wesentlichen in allgemeinen Erwägungen und Vermutungen, ohne sich auch nur ansatzweise mit den Ausführungen des Vorgutachters Prof. Dr. K. auseinander zu set-zen. So überzeugt es insbesondere auch nicht, wenn der Sachverständige seine abweichende Auffassung mit seiner landärztlichen Erfahrung, seiner langjährigen Vorlesungstätigkeit in der Arbeitsmedizin, eigenen Arbeitszeiten in Gewerken der BASF und einem vierjährigen Einsatz als U-Boot-Offizier begründet, wodurch sein Blick und das Empfinden für die Patienten mit den Jahren immer realistischer und auch kritischer geworden sei, wobei die apparative Medizin nur der Stützung eigener Urteilsfindungen dienen solle.
Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung
Rechtskraft
Aus
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