Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3681/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4050/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 01.09.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1961 geborene Kläger war nach eigenen Angaben überwiegend als Hilfsarbeiter (u.a. im Baubereich) versicherungspflichtig beschäftigt. Nach der Geburt seines Sohnes A. K. (A. K.) 1989 beendete der Kläger eine bis dahin ausgeübte Beschäftigung als Lagerarbeiter, um sich der Kindeserziehung zu widmen. In der Folgezeit war der Kläger zeitweise (August 1994 bis September/Dezember 1996) im Gastgewerbe (ohne Zahlung von Pflichtbeiträgen) selbstständig erwerbstätig; er betrieb einen Dönerimbiss. Vom 21.06.2000 bis 11.08.2000 und vom 02.04.2001 bis 31.05.2001 übte der Kläger eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung aus.
Mit Vormerkungsbescheid (§ 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) vom 11.01.2012 stellte die Beklagte die im Versicherungsverlauf des Klägers enthaltenen Daten bis 31.12.2005 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden sind.
Am 14.02.2012 erhob der Kläger Widerspruch; Zeiten der Schulausbildung und der Kindererziehung seien zu Unrecht nicht vorgemerkt worden.
Mit Vormerkungsbescheid vom 16.08.2012 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab. Vorgemerkt wurden (zusätzlich) für die Erziehung des Kindes A. K. Kindererziehungszeiten vom 26.06.1989 bis 30.04.1990 und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 26.06.1989 bis 24.08.1994 und vom 11.12.1996 bis 29.04.1999. Die Vormerkung der Zeit vom 01.05.1989 bis 25.06.1989 als Kindererziehungszeit und der Zeit vom 30.04.1989 bis 25.06.1989 sowie vom 25.08.1994 bis 10.12.1996 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung wurde abgelehnt. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2012 wurde der Widerspruch (soweit ihm nicht abgeholfen worden war) zurückgewiesen. Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) - Verfahren S 5 R 3495/12 -, das am 20.10.2014 vom Kläger für erledigt erklärt wurde, gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis ab; anerkannt wurden Zeiten der Schulausbildung i.S.d. § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI vom 16.07.1978 bis 31.05.1980 und vom 15.09.1982 bis 03.06.1983. Mit Vormerkungsbescheid vom 28.02.2013 wurden die genannten rentenrechtlichen Zeiten (zusätzlich) vorgemerkt.
Am 19.04.2013 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Er halte sich seit 1997 für erwerbsgemindert wegen eines Z.n. Bandscheibenoperation und wegen Schmerzen, verstärkt seit 2005 bei Z.n. Nasenoperation. Seither habe er starke Schmerzen, nach Lagerung bei der Operation, im HWS-Bereich. Hinzukämen Schwindel unklarer Genese und Spannungskopfschmerzen.
Die Beklagte zog Arztunterlagen bei (Klinik M. (Orthopädie): Bandscheibenoperation am 03.11.1997 wegen eines Bandscheibenvorfalls L5/S1 links, stationäre Behandlung vom 30.10.1997 bis 17.11.1997 -; Dr. M. (HNO-Ärztin): Nasenoperation am 21.04.2004, plastische Septumkorrektur, Conchotomia inferior bds.; S. Kliniken H. (HNO): stationäre Behandlung vom 02.09.2011 bis 06.09.2011 wegen V.a. M. Menière rechts; O. Y. Hospital (T.): stationäre Behandlung vom 13.11.2012 bis 16.11.2012, Halswirbelsäulenoperation).
Mit Bescheid vom 14.05.2013 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, vor Eintritt von Erwerbsminderung müsse die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten erfüllt sein (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. 50 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) Daran fehle es. Der Versicherungsverlauf des Klägers enthalte bis zum 14.05.2013 nur 58 (Wartezeit-) Monate.
Am 17.06.2013 erhob der Kläger Widerspruch. Er sei durchgehend bei der Beklagten gemeldet gewesen. Die Wartezeitberechnung sei fehlerhaft.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, von Februar 1981 bis September 1997 habe der Kläger insgesamt 47 mit Beitragszeiten belegte Monate zurückgelegt. Aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für geringfügige versicherungsfreie Beschäftigungen vom 21.06.2000 bis 11.08.2000 (Entgelt 784,00 DM) und vom 02.04.2001 bis 31.05.2001 (Entgelt 1.260,00 DM) ergebe sich ein weiterer Wartezeitmonat. Hinzukämen Kindererziehungszeiten von 10 Monaten (Juli 1989 bis April 1990). Damit seien bei der Wartzeitberechnung insgesamt (nur) 58 Monate zu berücksichtigen, weshalb die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten nicht erfüllt sei. Anrechnungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung könnten bei der Wartezeitberechnung nicht zusätzlich angesetzt werden (§ 51 SGB VI). Für die vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 Abs. 1 SGB VI gebe es keine Anhaltspunkte. Bei Annahme einer Leistungsminderung ab 1997 oder später sei volle Erwerbsminderung auch nicht vor Ablauf von 6 Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eingetreten (§ 53 Abs. 2 SGB VI).
Am 20.12.2013 erhob der Kläger Klage beim SG (Verfahren S 5 R 4454/13). Er habe nach der Rückenoperation (1997) ständig Probleme gehabt und mehrmals jährlich mindestens 6 Wochen lang unter starken Schmerzen gelitten. Im Juni 2011 sei starker Drehschwindel aufgetreten. Der Drehschwindel komme jetzt immer öfter vor. Außerdem habe er öfter Schmerzen an Brust und Rücken.
Mit Beschluss vom 24.02.2014 ordnete das SG das Ruhen des Verfahrens (im Hinblick auf das seinerzeit noch anhängige Klageverfahren S 5 R 3495/12) an.
Mit Vormerkungsbescheid vom 29.09.2014 wurde die Zeit vom 01.05.1990 bis 30.04.1991 (im Hinblick auf eine zwischenzeitlich eingetretene Gesetzesänderung) zusätzlich als Kindererziehungszeit vorgemerkt.
Der Kläger rief das Klageverfahren am 28.10.2014 wieder an; es wurde unter dem Aktenzeichen S 5 R 3681/14 fortgeführt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Nach Vormerkung weiterer Kindererziehungszeiten durch Vormerkungsbescheid vom 29.09.2014 könne die allgemeine Wartezeit zwar erfüllt werden, es fehle aber an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI: in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre mit Pflichtbeiträgen - "Dreifünftelbelegung"). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung wären (insgesamt) nur erfüllt, wenn Erwerbsminderung im Zeitraum vom 01.10.1990 (erstmalige Erfüllung der allgemeinen Wartezeit bei Rentenbeginn nach dem 30.06.2014) bis 31.05.1996 (letztmalige Erfüllung der "Dreifünftelbelegung") eingetreten wäre und seitdem vorliegen würde. Dafür gebe es keine Hinweise. Der Kläger habe den Rentenantrag mit Gesundheitsstörungen ab dem Jahr 1997 begründet, die sich 2005 verstärkt hätten.
Der Kläger wandte (unter Vorlage einer Beschreibung seiner Krankengeschichte seit 1997, zuvor Verlust des rechten Daumens infolge eines Arbeitsunfalls 1983, Blinddarmoperation 1984) abschließend ein, die Bandscheibenoperation 1997 sei nicht der Beginn seiner gesundheitlichen Probleme gewesen. Diese hätten viel früher angefangen. Er habe schwere Arbeit als Bauhilfsarbeiter leisten müssen und deswegen schon in jungen Jahren große gesundheitliche Probleme bekommen. Erwerbsminderung sei deswegen zwischen 1990 und 1996 eingetreten. Er habe das seinerzeit aus Unwissenheit nicht gemeldet und auch weil er auf Besserung gehofft habe.
Am 17.08.2015 führte das SG eine nichtöffentliche Erörterungsverhandlung durch. Der Kläger gab an, so in der Zeit von 1994 bis 1996 habe sich sein Zustand derart verschlechtert, dass er nicht mehr habe arbeiten können. In dieser Zeit habe er das linke Bein überhaupt nicht mehr bewegen können. Er habe das Kupplungspedal im Auto teilweise nicht treten können, weshalb Dritte seine Ehefrau hätten zur Arbeit fahren müssen. Teilweise habe er auch nicht richtig auf die Toilette gehen können. Einen Arzt habe er deswegen aber nicht aufgesucht, weil er seinerzeit eine private Krankenversicherung mit hoher Selbstbeteiligung gehabt habe. Er sei dann 1997 an der Bandscheibe operiert worden. 1996 habe er mit dem Auto in die T. fahren wollen. Als er in U. etwas aus dem Koffer habe holen wollen, habe sich sein Zustand plötzlich sehr verschlechtert und er habe das linke Bein wieder nicht bewegen können. Er habe das Auto noch in die T. fahren können, sei aber über den A. mit dem Flugzeug zurückgereist.
Mit Urteil vom 01.09.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger könne Erwerbsminderungsrente (§ 43 SGB VI) nicht beanspruchen, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung nicht erfüllt seien. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI werde Erwerbsminderungsrente nur gewährt, wenn der Versicherte in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit (5 Jahre bzw. 60 (Beitrags-)Monate) erfüllt habe. Erwerbsgemindert sei nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein könne (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Wie die Beklagte im Hinblick auf den (dem Vormerkungsbescheid vom 29.09.2014 beigefügten) Versicherungsverlauf des Klägers zutreffend dargelegt habe, wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Erwerbsminderungsrente nur erfüllt, wenn Erwerbsminderung im Zeitraum vom 01.10.1990 bis 31.05.1996 eingetreten wäre und bis (mindestens) zur Rentenantragstellung im April 2013 fortbestanden hätte. Es könne schon nicht festgestellt werden, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers in dem genannten Zeitraum dahingehend verschlechtert hätte, dass er auf nicht absehbare Zeit außerstande gewesen wäre, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Voraussetzungen der Rentengewährung müssten mit dem Beweismaß des Vollbeweises festgestellt werden. Nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten verbleibende Zweifel gingen zu Lasten des Versicherten, der den Rentenanspruch geltend mache. Für den maßgeblichen Zeitraum vom 01.10.1990 bis 31.05.1996 lägen keinerlei ärztliche Unterlagen vor. Arztunterlagen könnten für diese Zeit auch nicht beschafft werden. Der Kläger habe in der Erörterungsverhandlung vom 17.08.2015 auf mehrfache Nachfrage ausdrücklich erklärt, er habe während der genannten Zeit bis 31.05.1996 keinen Arzt aufgesucht. Die bei den Akten befindlichen Arztberichte seien unergiebig, weil sie den Gesundheitszustand des Klägers im maßgeblichen Zeitraum nicht beschrieben. Der (medizinische) Sachverhalt könne, etwa durch Einholung eines Gutachtens, nicht weiter aufgeklärt werden, weil es keine (Arzt-)Unterlagen gebe, auf die ein Gutachter eine Leistungseinschätzung für den Zeitraum 01.10.1990 bis 31.05.1996 stützen könnte. Der Kläger habe - als er noch nicht um die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung gewusst habe - zudem selbst angegeben, er halte sich (erst) seit 1997 für erwerbsgemindert. Nach seinen Angaben in der Erörterungsverhandlung vom 17.08.2015 habe er 1996 auch noch mit dem PKW in die T. fahren können.
Gegen das ihm am 08.09.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.09.2015 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen. Er habe schon vor der Bandscheibenoperation im Jahr 1997 unter starken Rückenbeschwerden gelitten. Er habe zuerst zu konservativen Maßnahmen gegriffen, wie Schmerztabletten, Salben, Fango oder Gymnastik und Massagen; alles habe aber nicht geholfen. Nur nach Bettruhe für mehrere Wochen sei die Situation erträglicher geworden. Ein aktuelles Gesundheitsproblem sei der Morbus Menière, der schon 7 Jahre bestehe. Wegen zahlreicher Fehlbehandlungen habe er das Vertrauen zu den Ärzten verloren und vermeide Arztbesuche. Während der Zeit vom 01.10.1990 bis 31.05.1996 habe er zwar noch Vertrauen in die Ärzte gehabt, habe aber wegen der Unwirksamkeit der Behandlungsmethoden auf weitere Arztbesuche verzichtet, ab der Selbstständigkeit im Jahr 1994. Er hätte damals Erwerbsunfähigkeit auch nicht beweisen können, weil er noch jung (zwischen 29 und 35 Jahre) gewesen sei; kein Arzt hätte ihm eine Erwerbsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Er habe außerdem auch noch auf Besserung gehofft. Bis 1994 habe er zwar seinen (mittlerweile verstorbenen) Hausarzt aufgesucht - Behandlungsunterlagen gebe es hierzu nicht mehr -, habe aber keineswegs angenommen, erwerbsunfähig zu sein; an derartiges denke man mit 29 oder 30 Jahren nicht. Unterlagen habe er (auch etwa bei der A.) nicht beschaffen können; die Aufbewahrungsregelungen seien in den 90er Jahren anders gewesen als heute. Er habe seinerzeit nicht gearbeitet und auch keine Sozialleistungen bezogen, vielmehr seinen Sohn A. K. erzogen. Dass er 1996 mit dem Auto in die T. gefahren sei, besage nichts. Da der Vollbeweis nicht geführt werden könne, solle für die Rentengewährung die Wahrscheinlichkeit von Erwerbsminderung genügen. Die Ärzte hätten ihm damals gesagt, er sei noch zu jung und werde wieder gesund. Er habe nicht ahnen können, dass es immer schlimmer werden würde.
Der Kläger hat zur weiteren Berufungsbegründung Arztunterlagen aus der Zeit vom 28.10.1997 bis zum Jahr 2015 vorgelegt, darunter ein Attest des Allgemeinarztes Dr. L. vom 23.09.2015, in dem davon die Rede ist, der Kläger sei zum damaligen Zeitpunkt (90 bis 96) aufgrund der (geklagten) LWS-Beschwerden formal arbeitsunfähig gewesen; es bestehe formal Arbeitsunfähigkeit bzw. eine Erwerbsfähigkeit sei nicht gegeben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 01.09.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.11.2013 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.05.2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die vorgelegten Arztunterlagen seien zum Nachweis des Eintritts von Erwerbsminderung zwischen dem 01.10.1990 und dem 31.05.1996 nicht geeignet. Der Kläger trage die objektive Beweislast für die Voraussetzungen des geltend gemachten Rentenanspruchs.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.
Das SG hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§ 43 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Erwerbsminderungsrente wären (unstreitig) nur bei Eintritt von Erwerbsminderung in der Zeit vom 01.10.1990 bis 31.05.1996 erfüllt. Das ist freilich weder nachgewiesen noch sind weitere Ermittlungen hierzu möglich. Arzt- oder sonstige Behandlungsunterlagen aus der genannten Zeit sind nicht vorhanden, weil der Kläger Ärzte nicht konsultiert hat und etwaige Unterlagen seines (verstorbenen) Hausarztes bereits vernichtet sind. Für eine weitere Sachverhaltsaufklärung, etwa durch Erhebung eines Sachverständigengutachtens (zu einer etwaigen rentenberechtigenden Leistungsminderung in der jetzt 20 bis 25 Jahre zurückliegenden Zeit), fehlt es daher an der erforderlichen Grundlage. Davon abgesehen kommt es für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente nicht auf Diagnosen oder Beschwerden, wie geklagte Rückenbeschwerden, sondern auf sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtliche Leistungseinschränkungen an. Hierfür ist für die maßgebliche Zeit nichts festgestellt und auch nichts mehr festzustellen. Der Kläger hat bei Rentenantragstellung im Übrigen selbst angegeben, er halte sich seit 1997 für erwerbsgemindert; im Berufungsverfahren hat er - dies letztendlich bestätigend - vorgetragen, er habe seinerzeit (Oktober 1990 bis Mai 1996), nicht angenommen erwerbsunfähig zu sein, weil man an derartiges mit 29 oder 30 Jahren auch nicht denke. Die Nichterweislichkeit und Nichtfeststellbarkeit der Voraussetzungen des Rentenanspruchs (bloße Wahrscheinlichkeit genügt hierfür nicht) geht zu Lasten des Versicherten, der hierfür die objektive Beweislast trägt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 28.08.1991, - 13/5 RJ 47/90 -, in juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1961 geborene Kläger war nach eigenen Angaben überwiegend als Hilfsarbeiter (u.a. im Baubereich) versicherungspflichtig beschäftigt. Nach der Geburt seines Sohnes A. K. (A. K.) 1989 beendete der Kläger eine bis dahin ausgeübte Beschäftigung als Lagerarbeiter, um sich der Kindeserziehung zu widmen. In der Folgezeit war der Kläger zeitweise (August 1994 bis September/Dezember 1996) im Gastgewerbe (ohne Zahlung von Pflichtbeiträgen) selbstständig erwerbstätig; er betrieb einen Dönerimbiss. Vom 21.06.2000 bis 11.08.2000 und vom 02.04.2001 bis 31.05.2001 übte der Kläger eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung aus.
Mit Vormerkungsbescheid (§ 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) vom 11.01.2012 stellte die Beklagte die im Versicherungsverlauf des Klägers enthaltenen Daten bis 31.12.2005 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden sind.
Am 14.02.2012 erhob der Kläger Widerspruch; Zeiten der Schulausbildung und der Kindererziehung seien zu Unrecht nicht vorgemerkt worden.
Mit Vormerkungsbescheid vom 16.08.2012 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab. Vorgemerkt wurden (zusätzlich) für die Erziehung des Kindes A. K. Kindererziehungszeiten vom 26.06.1989 bis 30.04.1990 und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 26.06.1989 bis 24.08.1994 und vom 11.12.1996 bis 29.04.1999. Die Vormerkung der Zeit vom 01.05.1989 bis 25.06.1989 als Kindererziehungszeit und der Zeit vom 30.04.1989 bis 25.06.1989 sowie vom 25.08.1994 bis 10.12.1996 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung wurde abgelehnt. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2012 wurde der Widerspruch (soweit ihm nicht abgeholfen worden war) zurückgewiesen. Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) - Verfahren S 5 R 3495/12 -, das am 20.10.2014 vom Kläger für erledigt erklärt wurde, gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis ab; anerkannt wurden Zeiten der Schulausbildung i.S.d. § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI vom 16.07.1978 bis 31.05.1980 und vom 15.09.1982 bis 03.06.1983. Mit Vormerkungsbescheid vom 28.02.2013 wurden die genannten rentenrechtlichen Zeiten (zusätzlich) vorgemerkt.
Am 19.04.2013 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Er halte sich seit 1997 für erwerbsgemindert wegen eines Z.n. Bandscheibenoperation und wegen Schmerzen, verstärkt seit 2005 bei Z.n. Nasenoperation. Seither habe er starke Schmerzen, nach Lagerung bei der Operation, im HWS-Bereich. Hinzukämen Schwindel unklarer Genese und Spannungskopfschmerzen.
Die Beklagte zog Arztunterlagen bei (Klinik M. (Orthopädie): Bandscheibenoperation am 03.11.1997 wegen eines Bandscheibenvorfalls L5/S1 links, stationäre Behandlung vom 30.10.1997 bis 17.11.1997 -; Dr. M. (HNO-Ärztin): Nasenoperation am 21.04.2004, plastische Septumkorrektur, Conchotomia inferior bds.; S. Kliniken H. (HNO): stationäre Behandlung vom 02.09.2011 bis 06.09.2011 wegen V.a. M. Menière rechts; O. Y. Hospital (T.): stationäre Behandlung vom 13.11.2012 bis 16.11.2012, Halswirbelsäulenoperation).
Mit Bescheid vom 14.05.2013 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, vor Eintritt von Erwerbsminderung müsse die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten erfüllt sein (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. 50 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) Daran fehle es. Der Versicherungsverlauf des Klägers enthalte bis zum 14.05.2013 nur 58 (Wartezeit-) Monate.
Am 17.06.2013 erhob der Kläger Widerspruch. Er sei durchgehend bei der Beklagten gemeldet gewesen. Die Wartezeitberechnung sei fehlerhaft.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, von Februar 1981 bis September 1997 habe der Kläger insgesamt 47 mit Beitragszeiten belegte Monate zurückgelegt. Aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für geringfügige versicherungsfreie Beschäftigungen vom 21.06.2000 bis 11.08.2000 (Entgelt 784,00 DM) und vom 02.04.2001 bis 31.05.2001 (Entgelt 1.260,00 DM) ergebe sich ein weiterer Wartezeitmonat. Hinzukämen Kindererziehungszeiten von 10 Monaten (Juli 1989 bis April 1990). Damit seien bei der Wartzeitberechnung insgesamt (nur) 58 Monate zu berücksichtigen, weshalb die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten nicht erfüllt sei. Anrechnungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung könnten bei der Wartezeitberechnung nicht zusätzlich angesetzt werden (§ 51 SGB VI). Für die vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 Abs. 1 SGB VI gebe es keine Anhaltspunkte. Bei Annahme einer Leistungsminderung ab 1997 oder später sei volle Erwerbsminderung auch nicht vor Ablauf von 6 Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eingetreten (§ 53 Abs. 2 SGB VI).
Am 20.12.2013 erhob der Kläger Klage beim SG (Verfahren S 5 R 4454/13). Er habe nach der Rückenoperation (1997) ständig Probleme gehabt und mehrmals jährlich mindestens 6 Wochen lang unter starken Schmerzen gelitten. Im Juni 2011 sei starker Drehschwindel aufgetreten. Der Drehschwindel komme jetzt immer öfter vor. Außerdem habe er öfter Schmerzen an Brust und Rücken.
Mit Beschluss vom 24.02.2014 ordnete das SG das Ruhen des Verfahrens (im Hinblick auf das seinerzeit noch anhängige Klageverfahren S 5 R 3495/12) an.
Mit Vormerkungsbescheid vom 29.09.2014 wurde die Zeit vom 01.05.1990 bis 30.04.1991 (im Hinblick auf eine zwischenzeitlich eingetretene Gesetzesänderung) zusätzlich als Kindererziehungszeit vorgemerkt.
Der Kläger rief das Klageverfahren am 28.10.2014 wieder an; es wurde unter dem Aktenzeichen S 5 R 3681/14 fortgeführt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Nach Vormerkung weiterer Kindererziehungszeiten durch Vormerkungsbescheid vom 29.09.2014 könne die allgemeine Wartezeit zwar erfüllt werden, es fehle aber an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI: in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre mit Pflichtbeiträgen - "Dreifünftelbelegung"). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung wären (insgesamt) nur erfüllt, wenn Erwerbsminderung im Zeitraum vom 01.10.1990 (erstmalige Erfüllung der allgemeinen Wartezeit bei Rentenbeginn nach dem 30.06.2014) bis 31.05.1996 (letztmalige Erfüllung der "Dreifünftelbelegung") eingetreten wäre und seitdem vorliegen würde. Dafür gebe es keine Hinweise. Der Kläger habe den Rentenantrag mit Gesundheitsstörungen ab dem Jahr 1997 begründet, die sich 2005 verstärkt hätten.
Der Kläger wandte (unter Vorlage einer Beschreibung seiner Krankengeschichte seit 1997, zuvor Verlust des rechten Daumens infolge eines Arbeitsunfalls 1983, Blinddarmoperation 1984) abschließend ein, die Bandscheibenoperation 1997 sei nicht der Beginn seiner gesundheitlichen Probleme gewesen. Diese hätten viel früher angefangen. Er habe schwere Arbeit als Bauhilfsarbeiter leisten müssen und deswegen schon in jungen Jahren große gesundheitliche Probleme bekommen. Erwerbsminderung sei deswegen zwischen 1990 und 1996 eingetreten. Er habe das seinerzeit aus Unwissenheit nicht gemeldet und auch weil er auf Besserung gehofft habe.
Am 17.08.2015 führte das SG eine nichtöffentliche Erörterungsverhandlung durch. Der Kläger gab an, so in der Zeit von 1994 bis 1996 habe sich sein Zustand derart verschlechtert, dass er nicht mehr habe arbeiten können. In dieser Zeit habe er das linke Bein überhaupt nicht mehr bewegen können. Er habe das Kupplungspedal im Auto teilweise nicht treten können, weshalb Dritte seine Ehefrau hätten zur Arbeit fahren müssen. Teilweise habe er auch nicht richtig auf die Toilette gehen können. Einen Arzt habe er deswegen aber nicht aufgesucht, weil er seinerzeit eine private Krankenversicherung mit hoher Selbstbeteiligung gehabt habe. Er sei dann 1997 an der Bandscheibe operiert worden. 1996 habe er mit dem Auto in die T. fahren wollen. Als er in U. etwas aus dem Koffer habe holen wollen, habe sich sein Zustand plötzlich sehr verschlechtert und er habe das linke Bein wieder nicht bewegen können. Er habe das Auto noch in die T. fahren können, sei aber über den A. mit dem Flugzeug zurückgereist.
Mit Urteil vom 01.09.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger könne Erwerbsminderungsrente (§ 43 SGB VI) nicht beanspruchen, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung nicht erfüllt seien. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI werde Erwerbsminderungsrente nur gewährt, wenn der Versicherte in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit (5 Jahre bzw. 60 (Beitrags-)Monate) erfüllt habe. Erwerbsgemindert sei nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein könne (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Wie die Beklagte im Hinblick auf den (dem Vormerkungsbescheid vom 29.09.2014 beigefügten) Versicherungsverlauf des Klägers zutreffend dargelegt habe, wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Erwerbsminderungsrente nur erfüllt, wenn Erwerbsminderung im Zeitraum vom 01.10.1990 bis 31.05.1996 eingetreten wäre und bis (mindestens) zur Rentenantragstellung im April 2013 fortbestanden hätte. Es könne schon nicht festgestellt werden, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers in dem genannten Zeitraum dahingehend verschlechtert hätte, dass er auf nicht absehbare Zeit außerstande gewesen wäre, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Voraussetzungen der Rentengewährung müssten mit dem Beweismaß des Vollbeweises festgestellt werden. Nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten verbleibende Zweifel gingen zu Lasten des Versicherten, der den Rentenanspruch geltend mache. Für den maßgeblichen Zeitraum vom 01.10.1990 bis 31.05.1996 lägen keinerlei ärztliche Unterlagen vor. Arztunterlagen könnten für diese Zeit auch nicht beschafft werden. Der Kläger habe in der Erörterungsverhandlung vom 17.08.2015 auf mehrfache Nachfrage ausdrücklich erklärt, er habe während der genannten Zeit bis 31.05.1996 keinen Arzt aufgesucht. Die bei den Akten befindlichen Arztberichte seien unergiebig, weil sie den Gesundheitszustand des Klägers im maßgeblichen Zeitraum nicht beschrieben. Der (medizinische) Sachverhalt könne, etwa durch Einholung eines Gutachtens, nicht weiter aufgeklärt werden, weil es keine (Arzt-)Unterlagen gebe, auf die ein Gutachter eine Leistungseinschätzung für den Zeitraum 01.10.1990 bis 31.05.1996 stützen könnte. Der Kläger habe - als er noch nicht um die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung gewusst habe - zudem selbst angegeben, er halte sich (erst) seit 1997 für erwerbsgemindert. Nach seinen Angaben in der Erörterungsverhandlung vom 17.08.2015 habe er 1996 auch noch mit dem PKW in die T. fahren können.
Gegen das ihm am 08.09.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.09.2015 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen. Er habe schon vor der Bandscheibenoperation im Jahr 1997 unter starken Rückenbeschwerden gelitten. Er habe zuerst zu konservativen Maßnahmen gegriffen, wie Schmerztabletten, Salben, Fango oder Gymnastik und Massagen; alles habe aber nicht geholfen. Nur nach Bettruhe für mehrere Wochen sei die Situation erträglicher geworden. Ein aktuelles Gesundheitsproblem sei der Morbus Menière, der schon 7 Jahre bestehe. Wegen zahlreicher Fehlbehandlungen habe er das Vertrauen zu den Ärzten verloren und vermeide Arztbesuche. Während der Zeit vom 01.10.1990 bis 31.05.1996 habe er zwar noch Vertrauen in die Ärzte gehabt, habe aber wegen der Unwirksamkeit der Behandlungsmethoden auf weitere Arztbesuche verzichtet, ab der Selbstständigkeit im Jahr 1994. Er hätte damals Erwerbsunfähigkeit auch nicht beweisen können, weil er noch jung (zwischen 29 und 35 Jahre) gewesen sei; kein Arzt hätte ihm eine Erwerbsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Er habe außerdem auch noch auf Besserung gehofft. Bis 1994 habe er zwar seinen (mittlerweile verstorbenen) Hausarzt aufgesucht - Behandlungsunterlagen gebe es hierzu nicht mehr -, habe aber keineswegs angenommen, erwerbsunfähig zu sein; an derartiges denke man mit 29 oder 30 Jahren nicht. Unterlagen habe er (auch etwa bei der A.) nicht beschaffen können; die Aufbewahrungsregelungen seien in den 90er Jahren anders gewesen als heute. Er habe seinerzeit nicht gearbeitet und auch keine Sozialleistungen bezogen, vielmehr seinen Sohn A. K. erzogen. Dass er 1996 mit dem Auto in die T. gefahren sei, besage nichts. Da der Vollbeweis nicht geführt werden könne, solle für die Rentengewährung die Wahrscheinlichkeit von Erwerbsminderung genügen. Die Ärzte hätten ihm damals gesagt, er sei noch zu jung und werde wieder gesund. Er habe nicht ahnen können, dass es immer schlimmer werden würde.
Der Kläger hat zur weiteren Berufungsbegründung Arztunterlagen aus der Zeit vom 28.10.1997 bis zum Jahr 2015 vorgelegt, darunter ein Attest des Allgemeinarztes Dr. L. vom 23.09.2015, in dem davon die Rede ist, der Kläger sei zum damaligen Zeitpunkt (90 bis 96) aufgrund der (geklagten) LWS-Beschwerden formal arbeitsunfähig gewesen; es bestehe formal Arbeitsunfähigkeit bzw. eine Erwerbsfähigkeit sei nicht gegeben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 01.09.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.11.2013 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.05.2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die vorgelegten Arztunterlagen seien zum Nachweis des Eintritts von Erwerbsminderung zwischen dem 01.10.1990 und dem 31.05.1996 nicht geeignet. Der Kläger trage die objektive Beweislast für die Voraussetzungen des geltend gemachten Rentenanspruchs.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.
Das SG hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§ 43 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Erwerbsminderungsrente wären (unstreitig) nur bei Eintritt von Erwerbsminderung in der Zeit vom 01.10.1990 bis 31.05.1996 erfüllt. Das ist freilich weder nachgewiesen noch sind weitere Ermittlungen hierzu möglich. Arzt- oder sonstige Behandlungsunterlagen aus der genannten Zeit sind nicht vorhanden, weil der Kläger Ärzte nicht konsultiert hat und etwaige Unterlagen seines (verstorbenen) Hausarztes bereits vernichtet sind. Für eine weitere Sachverhaltsaufklärung, etwa durch Erhebung eines Sachverständigengutachtens (zu einer etwaigen rentenberechtigenden Leistungsminderung in der jetzt 20 bis 25 Jahre zurückliegenden Zeit), fehlt es daher an der erforderlichen Grundlage. Davon abgesehen kommt es für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente nicht auf Diagnosen oder Beschwerden, wie geklagte Rückenbeschwerden, sondern auf sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtliche Leistungseinschränkungen an. Hierfür ist für die maßgebliche Zeit nichts festgestellt und auch nichts mehr festzustellen. Der Kläger hat bei Rentenantragstellung im Übrigen selbst angegeben, er halte sich seit 1997 für erwerbsgemindert; im Berufungsverfahren hat er - dies letztendlich bestätigend - vorgetragen, er habe seinerzeit (Oktober 1990 bis Mai 1996), nicht angenommen erwerbsunfähig zu sein, weil man an derartiges mit 29 oder 30 Jahren auch nicht denke. Die Nichterweislichkeit und Nichtfeststellbarkeit der Voraussetzungen des Rentenanspruchs (bloße Wahrscheinlichkeit genügt hierfür nicht) geht zu Lasten des Versicherten, der hierfür die objektive Beweislast trägt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 28.08.1991, - 13/5 RJ 47/90 -, in juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved