Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 18 AS 5887/12
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 714/15 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle (SG) vom 27. Januar 2014. In der Sache streiten die Beteiligten über Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Die Klägerin steht seit längerem beim Beklagten im Bezug von SGB II-Leistungen und bewohnte zusammen mit ihrem Enkelsohn ein Wohnhaus, dessen Eigentümer zu gleichen Teilen sie und ihr geschiedener Mann waren. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2011 bewilligte ihr der Beklagte – wegen einer selbstständigen Tätigkeit vorläufig – Leistungen i.H.v. 374 EUR, wobei er ausschließlich den Regelbedarf berücksichtigte. Am 10. Januar 2012 verzogen die Klägerin und ihr Enkelsohn in eine Mietwohnung im selben Ort, für die insgesamt 350 EUR aufzubringen waren. Mit Schreiben vom 12. Januar 2012 teilte sie dem Beklagten mit: Sie stehe seit 2009 im gerichtlichen Streit mit ihrem geschiedenen Mann. Sie habe mit diesem gemeinsam ein Haus gebaut, in dem sie bisher wohne. Im Sommer 1990 sei er ausgezogen, stehe aber noch im Grundbuch und habe nun Rechte auf die Hälfte des Hauses erhoben. Am Haus habe er kein Interesse, wolle aber ausgezahlt werden. Da sie dazu nicht in der Lage sei, sei es inzwischen zu drei Zwangsversteigerungsterminen gekommen, bei denen sich jedoch kein Interessent gefunden habe. Nun wolle er eine Nutzungsentschädigung i.H.v. 350 EUR monatlich ab 1. Januar 2010. Da sie auch diese nicht zahlen könne, sei sie ausgezogen und wohne seit dem 10. Januar 2012 zur Miete.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2012 hörte der Beklagte die Klägerin wegen einer Aufhebung der Bewilligung an und teilte mit: Nach § 22 Abs. 1 SGB II würden Unterkunftskosten nach einem nicht erforderlichen Umzug nur in bisheriger Höhe übernommen, sodass die anfallenden Mietkosten nicht übernommen werden könnten. Zudem stelle eine nicht selbst genutzte Immobilie grundsätzlich zu berücksichtigendes Vermögen dar. Eine Verwertung sei vorrangig. Sollte diese nicht sofort möglich sein, könnten Leistungen nach dem SGB II als Darlehen erbracht werden. Zur Vermeidung (weiterer) Überzahlungen und (weiterer) Erstattungsforderungen sei die laufende Zahlung vorläufig eingestellt worden. Hiergegen erhob die Klägerin am 17. Februar 2012 "Widerspruch". Sie habe seit Januar 2010 Schulden infolge der Nichtzahlung der Nutzungsentschädigung angehäuft und sei daher überstürzt ausgezogen. Wäre sie noch länger im Haus geblieben, wären diese Schulden angewachsen. Sie selbst habe vergeblich versucht, das Haus zu verkaufen.
Mit Bescheid vom 9. März 2012 hob der Beklagte den Bescheid vom 22. Dezember 2011 ab 10. Februar 2012 wegen die Freibeträge übersteigenden Vermögens ganz auf. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag bewilligte der Beklagte für den Zeitraum von 1. März bis 30. Juni 2012 Leistungen i.H.v. wiederum 374 EUR monatlich als Darlehen. Zur Begründung führte er aus: Die Klägerin habe nachgewiesen, dass der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von grundsätzlich zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich sei oder eine besondere Härte bedeuten würde. Hinsichtlich der KdU teilte er mit, dass diese infolge des nicht erforderlichen Umzugs nur in bisheriger Höhe anerkannt würden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 20. März 2012 Widerspruch. Zur Begründung wiederholte sie teilweise ihr Vorbringen aus der Anhörung und ergänzte: Bislang habe sie sich nicht mit Mietangelegenheiten konfrontiert gesehen und sich deshalb nicht damit auseinandergesetzt. Selbst wenn der Beklagte die 350 EUR Nutzungsentschädigung an den geschiedenen Mann gezahlt hätte, wäre das für ihre persönliche Situation keine Lösung gewesen. Sie wäre damit eine ständige Geldquelle für diesen gewesen und er hätte sich aufgrund dessen niemals aus dem Grundbuch austragen lassen. Statt der 350 EUR Nutzungsentschädigung könne der Beklagte genauso gut die Miete für sie übernehmen, noch dazu, weil sie ja das Geld sowieso zurückzahle, sobald das Haus verkauft sei.
Mit Änderungsbescheid vom 6. September 2012 berücksichtigte der Beklagte ab 1. April 2012 zusätzlich zur ursprünglichen Bewilligung darlehensweise monatlich weitere 221,15 EUR wegen in dieser Höhe anfallender Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Am 20. September 2012 teilte die Bevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten fernmündlich mit, dass im Juli 2012 ein familiengerichtliches Verfahren sein Ende gefunden habe und sich kein Anspruch des Ehemanns auf die Nutzungsentschädigung ergeben habe.
Mit Änderungsbescheid vom 16. November 2012 bewilligte der Beklagte zusätzlich zur ursprünglichen Bewilligung darlehensweise monatlich weitere 50,13 EUR als KdU. Dabei orientierte er sich an den Kosten, die für das zuvor bewohnte Haus im Jahr 2012 entstanden waren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2012 wies der Beklagte den Widerspruch nach Erlass des Änderungsbescheids vom 16. November 2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Der Klägerin seien bis einschließlich 9. Januar 2012 angemessene Unterkunftskosten für die selbst bewohnte Immobilie i.H.v. 17,63 EUR monatlich entstanden. Dann sei sie ohne leistungsrechtliche Notwendigkeit umgezogen und er habe dem Umzug nicht zugestimmt. Die erhöhten Unterkunftskosten seien durch einen nicht notwendigen Umzug entstanden, sodass diese auch nur in bisheriger Höhe erbracht werden könnten. Die 17,63 EUR entsprächen einem kopfteiligen Anteil, da im Haushalt eine weitere Person lebe. Zusätzlich seien Heizkosten i.H.v. 65 EUR anzuerkennen, woraus sich ein kopfteiliger Anteil von 32,50 EUR ergäbe. Hieraus resultierten insgesamt 50,13 EUR.
Hiergegen hat die Klägerin am 12. Dezember 2012 Klage vor dem SG erhoben und die Berücksichtigung höherer KdU begehrt. Die Klage hat sie trotz Aufforderungen des Kammervorsitzenden vom 13. August und 10. Oktober 2013 nicht begründet. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 hat er dem Beklagten und der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt, dass das Gericht durch Gerichtsbescheid gem. § 105 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von drei Wochen gegeben. Hierauf hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Januar 2014 geäußert, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. Januar 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Gericht habe nach § 105 Abs. 1 SGG entscheiden dürfen, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und der Sachverhalt geklärt sei. Ein Gerichtsbescheid könne nur dann nicht erlassen werden, wenn es sich um Fälle überdurchschnittlicher Schwierigkeit handele, die tatsächlicher und rechtlicher Art seien. Im vorliegenden Fall sei der Sachverhalt weder besonders schwer zu übersehen noch bestünden besondere rechtliche Schwierigkeiten. Ein Gerichtsbescheid sei daher verfahrensmäßig möglich. Die Beteiligten seien zuvor gehört worden. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Wegen der Begründung im Einzelnen hat es auf Widerspruchsbescheid Bezug genommen und sich dessen nach Ansicht der Kammer zutreffende Begründung zu Eigen gemacht. Ferner hat es ausgeführt, dass gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung statthaft sei und eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung angefügt.
Gegen den ihr am 3. Februar 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Kläger am 28. Februar 2014 Berufung eingelegt (Az. L 2 AS 104/14) und die Erstattung der hälftigen KdU i.H.v. 175 EUR monatlich weiter begehrt. Zur Begründung hat sie angegeben, der Umzug sei erforderlich gewesen. Mit Verfügung vom 14. August 2015 hat der Berichterstatter des Verfahrens L 2 AS 104/14 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Berufung unzulässig sei: Der Beschwerdewert i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG werde nicht erreicht und die Berufung sei vom SG nicht zugelassen worden. Daraufhin hat die Klägerin am 7. September 2015 die Berufung zurückgenommen und Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Ferner hat sie hierfür Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihrer Rechtsanwältin beantragt.
Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde trägt die Klägerin vor: Es werde ein Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen könne. Das SG habe ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden, ohne sie vorher anzuhören. Die Pflicht ergäbe sich aus § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG. Der Verfahrensfehler verletze sie in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Diese Vorschrift gewährleiste jedem Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem ihr zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern. Ferner bestehe für das Gericht die Pflicht, vor dem Erlass seiner Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör auch tatsächlich gewährt worden sei. Insbesondere treffe dieser Fall dann zu, wenn – wie im vorliegenden Fall – dem Gebot des Art. 103 Abs. 1 GG durch die Übersendung von Schriftsätzen genügt werden solle. Dann habe das Gericht – etwa durch förmliche Zustellung oder Beifügen einer rückgabepflichtigen Empfangsbescheinigung – zu überwachen, ob die Verfahrensbeteiligten in ihren Besitz gekommen seien. Hiergegen habe das SG verstoßen. Bei diesem Verfahrensmangel handele es sich auch um einen wesentlichen Mangel i.S.v. § 145 SGG. Die Entscheidung des SG könne auf der unterlassenen Anhörung beruhen, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass es im Falle einer ordnungsgemäßen Anhörung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Halle vom 27. Januar 2014 zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor: Sollte eine Verletzung des § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG überhaupt vorliegen, so stelle dies keinen rügbaren Verfahrensfehler dar. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es, den Beteiligten Gelegenheit zu geben, Gründe für die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vorzubringen oder aber Beweisanträge zu stellen. Insofern sei schon fraglich, ob überhaupt der erlassene Gerichtsbescheid auf diesem Verfahrensmangel beruhen könne. Denn sofern gegen einen Gerichtsbescheid als Rechtsmittel keine Berufung zulässig, sondern wegen fehlender Zulassung nur die Nichtzulassungsbeschwerde möglich sei, bestehe nur die eingeschränkte Möglichkeit der Überprüfung von Verfahrensmängeln. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde könnten keine behebbaren Mängel der Tatsachenfeststellung gerügt werden, da das SG sachnäher sei und der Antrag auf mündliche Verhandlung insoweit auch der richtigere Rechtsbehelf gewesen sei. Folglich sei bei der Rüge des rechtlichen Gehörs mündliche Verhandlung zu beantragen und nicht eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Da aufgrund der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung keine frist laufe, dürfte der Antrag auf mündliche Verhandlung auch noch möglich sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese haben vorgelegen und ihr Inhalt war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Die form- und – wegen unzutreffend erteilter Rechtsmittelbelehrung – fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft nach § 145 Abs. 1 Satz 1 SGG. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des SG, dem gem. § 105 Abs. 3 Halbs. 1 SGG ein Gerichtsbescheid gleichsteht, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt, sofern nicht die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. So verhält es sich hier. Die Zulässigkeit der Berufung scheitert daran, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht überschreitet. Denn es ist lediglich streitig, ob der Klägerin für die Monate März bis Juni 2012 darlehensweise weitere KdU i.H.v. monatlich 124,87 EUR (175 EUR abzgl. gewährter 50,13 EUR), mithin i.H.v. insgesamt 499,48 EUR, zu zahlen sind. Es sind auch keine Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen.
Eine Zulassung der Berufung ist durch das SG nicht erfolgt. Ein entsprechender Ausspruch im Tenor des Gerichtsbescheids oder in den Entscheidungsgründen findet sich nicht (zur Erforderlichkeit Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 144 Rn. 39). Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt, genügt allein nicht (vgl. Leitherer a.a.O., § 144 Rn. 40 m.w.N.).
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Berufung gegen den Gerichtsbescheid nicht zugelassen.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil, dem gem. § 105 Abs. 3 Halbs. 1 SGG der Gerichtsbescheid gleichsteht, von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn die Sache bisher nicht geklärte, aber klärungsbedürftige und fähige Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Leitherer a.a.O., § 144 Rn. 28). Solche Rechtsfragen sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Maßgeblicher Zeitpunkt ist derjenige, in dem das LSG über die Beschwerde entscheidet. Zu diesem Zeitpunkt können die Probleme der Deckelung von KdU auf die bis zum Umzug zu tragenden Kosten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II) als geklärt angesehen werden, wobei auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 84) verwiesen werden kann.
Auch der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor. Divergenz ist anzunehmen, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen, und kommt nur dann in Betracht, wenn das SG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Spruchkörper aufgestellt hat. Eine Divergenz in diesem Sinne zu Entscheidungen des LSG Sachsen-Anhalt und des BSG ist vorliegend weder vorgetragen noch erkennbar. Zwar kommt eine Divergenz auch dann in Betracht, wenn eine Entscheidung der höheren Instanz i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nach der anzugreifenden Entscheidung ergangen ist (vgl. Leitherer a.a.O., § 160 Rn. 12). Es genügt jedoch für eine Divergenz nicht, dass das SG lediglich falsch entschieden hat, weil es eine Rechtsfrage schlicht übersehen hat (vgl. Leitherer a.a.O., § 160 Rn. 14). Die Divergenz kann folglich nicht darauf gestützt werden, dass eine Deckelung der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach einem nicht erforderlichen Umzug auf die bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen nur dann zulässig ist, wenn zutreffend ermittelte Angemessenheitsgrenzen für die Unterkunfts- und Heizkosten bestanden (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 84). Denn diese Frage hat das SG nicht problematisiert.
Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG wegen eines Verfahrensmangels nicht vor. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Dabei bezieht sich der Mangel nicht auf den sachlichen Inhalt der Entscheidung, sondern auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg dorthin (vgl. dazu Leitherer a.a.O., § 144 Rn. 32). Die Klägerin rügt hier, dass sie nicht gem. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG vor Erlass des Gerichtsbescheids angehört wurde. Darin liegt zwar ein Verfahrensmangel, da die Regelung den Beteiligten die Möglichkeit geben soll, Gründe für die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vorzubringen oder Beweisanträge zu stellen (Leitherer a.a.O., § 105 Rn. 10a). Sie dient damit der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs. Hierauf kann allerdings eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Gerichtsbescheid nicht gestützt werden. Das dem Unterliegenden nach § 105 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGG eingeräumte Wahlrecht zwischen dem Antrag auf Zulassung der Berufung oder einer mündlichen Verhandlung reduziert sich bei der Rüge, das SG habe den Anspruch auf rechtliches Gehör versagt, auf den Antrag auf mündliche Verhandlung. Macht ein Kläger diesen ihm nach der Prozessordnung zur Verfügung stehenden Rechtsbehelf nicht geltend, ist er im Zulassungsverfahren mit seiner Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ausgeschlossen. Die Garantie des rechtlichen Gehörs ist nämlich nicht verletzt, wenn es ein Beteiligter versäumt, sich unter Einsatz der ihm nach der Prozessordnung zur Verfügung stehenden Mittel rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. Leitherer a.a.O., § 145 Rn. 3c; Hauck in Hennig, SGG, Stand April 2010, § 105 Rn. 94, jeweils m.w.N.). Andere Verfahrensfehler sind nicht gerügt.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
III.
PKH war für das Beschwerdeverfahren nicht zu bewilligen, da die Rechtsverfolgung nach den vorstehenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung).
IV.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum BSG angefochten werden, § 177 SGG.
Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle (SG) vom 27. Januar 2014. In der Sache streiten die Beteiligten über Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Die Klägerin steht seit längerem beim Beklagten im Bezug von SGB II-Leistungen und bewohnte zusammen mit ihrem Enkelsohn ein Wohnhaus, dessen Eigentümer zu gleichen Teilen sie und ihr geschiedener Mann waren. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2011 bewilligte ihr der Beklagte – wegen einer selbstständigen Tätigkeit vorläufig – Leistungen i.H.v. 374 EUR, wobei er ausschließlich den Regelbedarf berücksichtigte. Am 10. Januar 2012 verzogen die Klägerin und ihr Enkelsohn in eine Mietwohnung im selben Ort, für die insgesamt 350 EUR aufzubringen waren. Mit Schreiben vom 12. Januar 2012 teilte sie dem Beklagten mit: Sie stehe seit 2009 im gerichtlichen Streit mit ihrem geschiedenen Mann. Sie habe mit diesem gemeinsam ein Haus gebaut, in dem sie bisher wohne. Im Sommer 1990 sei er ausgezogen, stehe aber noch im Grundbuch und habe nun Rechte auf die Hälfte des Hauses erhoben. Am Haus habe er kein Interesse, wolle aber ausgezahlt werden. Da sie dazu nicht in der Lage sei, sei es inzwischen zu drei Zwangsversteigerungsterminen gekommen, bei denen sich jedoch kein Interessent gefunden habe. Nun wolle er eine Nutzungsentschädigung i.H.v. 350 EUR monatlich ab 1. Januar 2010. Da sie auch diese nicht zahlen könne, sei sie ausgezogen und wohne seit dem 10. Januar 2012 zur Miete.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2012 hörte der Beklagte die Klägerin wegen einer Aufhebung der Bewilligung an und teilte mit: Nach § 22 Abs. 1 SGB II würden Unterkunftskosten nach einem nicht erforderlichen Umzug nur in bisheriger Höhe übernommen, sodass die anfallenden Mietkosten nicht übernommen werden könnten. Zudem stelle eine nicht selbst genutzte Immobilie grundsätzlich zu berücksichtigendes Vermögen dar. Eine Verwertung sei vorrangig. Sollte diese nicht sofort möglich sein, könnten Leistungen nach dem SGB II als Darlehen erbracht werden. Zur Vermeidung (weiterer) Überzahlungen und (weiterer) Erstattungsforderungen sei die laufende Zahlung vorläufig eingestellt worden. Hiergegen erhob die Klägerin am 17. Februar 2012 "Widerspruch". Sie habe seit Januar 2010 Schulden infolge der Nichtzahlung der Nutzungsentschädigung angehäuft und sei daher überstürzt ausgezogen. Wäre sie noch länger im Haus geblieben, wären diese Schulden angewachsen. Sie selbst habe vergeblich versucht, das Haus zu verkaufen.
Mit Bescheid vom 9. März 2012 hob der Beklagte den Bescheid vom 22. Dezember 2011 ab 10. Februar 2012 wegen die Freibeträge übersteigenden Vermögens ganz auf. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag bewilligte der Beklagte für den Zeitraum von 1. März bis 30. Juni 2012 Leistungen i.H.v. wiederum 374 EUR monatlich als Darlehen. Zur Begründung führte er aus: Die Klägerin habe nachgewiesen, dass der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von grundsätzlich zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich sei oder eine besondere Härte bedeuten würde. Hinsichtlich der KdU teilte er mit, dass diese infolge des nicht erforderlichen Umzugs nur in bisheriger Höhe anerkannt würden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 20. März 2012 Widerspruch. Zur Begründung wiederholte sie teilweise ihr Vorbringen aus der Anhörung und ergänzte: Bislang habe sie sich nicht mit Mietangelegenheiten konfrontiert gesehen und sich deshalb nicht damit auseinandergesetzt. Selbst wenn der Beklagte die 350 EUR Nutzungsentschädigung an den geschiedenen Mann gezahlt hätte, wäre das für ihre persönliche Situation keine Lösung gewesen. Sie wäre damit eine ständige Geldquelle für diesen gewesen und er hätte sich aufgrund dessen niemals aus dem Grundbuch austragen lassen. Statt der 350 EUR Nutzungsentschädigung könne der Beklagte genauso gut die Miete für sie übernehmen, noch dazu, weil sie ja das Geld sowieso zurückzahle, sobald das Haus verkauft sei.
Mit Änderungsbescheid vom 6. September 2012 berücksichtigte der Beklagte ab 1. April 2012 zusätzlich zur ursprünglichen Bewilligung darlehensweise monatlich weitere 221,15 EUR wegen in dieser Höhe anfallender Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Am 20. September 2012 teilte die Bevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten fernmündlich mit, dass im Juli 2012 ein familiengerichtliches Verfahren sein Ende gefunden habe und sich kein Anspruch des Ehemanns auf die Nutzungsentschädigung ergeben habe.
Mit Änderungsbescheid vom 16. November 2012 bewilligte der Beklagte zusätzlich zur ursprünglichen Bewilligung darlehensweise monatlich weitere 50,13 EUR als KdU. Dabei orientierte er sich an den Kosten, die für das zuvor bewohnte Haus im Jahr 2012 entstanden waren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2012 wies der Beklagte den Widerspruch nach Erlass des Änderungsbescheids vom 16. November 2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Der Klägerin seien bis einschließlich 9. Januar 2012 angemessene Unterkunftskosten für die selbst bewohnte Immobilie i.H.v. 17,63 EUR monatlich entstanden. Dann sei sie ohne leistungsrechtliche Notwendigkeit umgezogen und er habe dem Umzug nicht zugestimmt. Die erhöhten Unterkunftskosten seien durch einen nicht notwendigen Umzug entstanden, sodass diese auch nur in bisheriger Höhe erbracht werden könnten. Die 17,63 EUR entsprächen einem kopfteiligen Anteil, da im Haushalt eine weitere Person lebe. Zusätzlich seien Heizkosten i.H.v. 65 EUR anzuerkennen, woraus sich ein kopfteiliger Anteil von 32,50 EUR ergäbe. Hieraus resultierten insgesamt 50,13 EUR.
Hiergegen hat die Klägerin am 12. Dezember 2012 Klage vor dem SG erhoben und die Berücksichtigung höherer KdU begehrt. Die Klage hat sie trotz Aufforderungen des Kammervorsitzenden vom 13. August und 10. Oktober 2013 nicht begründet. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 hat er dem Beklagten und der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt, dass das Gericht durch Gerichtsbescheid gem. § 105 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von drei Wochen gegeben. Hierauf hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Januar 2014 geäußert, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. Januar 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Gericht habe nach § 105 Abs. 1 SGG entscheiden dürfen, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und der Sachverhalt geklärt sei. Ein Gerichtsbescheid könne nur dann nicht erlassen werden, wenn es sich um Fälle überdurchschnittlicher Schwierigkeit handele, die tatsächlicher und rechtlicher Art seien. Im vorliegenden Fall sei der Sachverhalt weder besonders schwer zu übersehen noch bestünden besondere rechtliche Schwierigkeiten. Ein Gerichtsbescheid sei daher verfahrensmäßig möglich. Die Beteiligten seien zuvor gehört worden. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Wegen der Begründung im Einzelnen hat es auf Widerspruchsbescheid Bezug genommen und sich dessen nach Ansicht der Kammer zutreffende Begründung zu Eigen gemacht. Ferner hat es ausgeführt, dass gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung statthaft sei und eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung angefügt.
Gegen den ihr am 3. Februar 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Kläger am 28. Februar 2014 Berufung eingelegt (Az. L 2 AS 104/14) und die Erstattung der hälftigen KdU i.H.v. 175 EUR monatlich weiter begehrt. Zur Begründung hat sie angegeben, der Umzug sei erforderlich gewesen. Mit Verfügung vom 14. August 2015 hat der Berichterstatter des Verfahrens L 2 AS 104/14 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Berufung unzulässig sei: Der Beschwerdewert i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG werde nicht erreicht und die Berufung sei vom SG nicht zugelassen worden. Daraufhin hat die Klägerin am 7. September 2015 die Berufung zurückgenommen und Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Ferner hat sie hierfür Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihrer Rechtsanwältin beantragt.
Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde trägt die Klägerin vor: Es werde ein Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen könne. Das SG habe ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden, ohne sie vorher anzuhören. Die Pflicht ergäbe sich aus § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG. Der Verfahrensfehler verletze sie in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Diese Vorschrift gewährleiste jedem Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem ihr zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern. Ferner bestehe für das Gericht die Pflicht, vor dem Erlass seiner Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör auch tatsächlich gewährt worden sei. Insbesondere treffe dieser Fall dann zu, wenn – wie im vorliegenden Fall – dem Gebot des Art. 103 Abs. 1 GG durch die Übersendung von Schriftsätzen genügt werden solle. Dann habe das Gericht – etwa durch förmliche Zustellung oder Beifügen einer rückgabepflichtigen Empfangsbescheinigung – zu überwachen, ob die Verfahrensbeteiligten in ihren Besitz gekommen seien. Hiergegen habe das SG verstoßen. Bei diesem Verfahrensmangel handele es sich auch um einen wesentlichen Mangel i.S.v. § 145 SGG. Die Entscheidung des SG könne auf der unterlassenen Anhörung beruhen, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass es im Falle einer ordnungsgemäßen Anhörung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Halle vom 27. Januar 2014 zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor: Sollte eine Verletzung des § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG überhaupt vorliegen, so stelle dies keinen rügbaren Verfahrensfehler dar. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es, den Beteiligten Gelegenheit zu geben, Gründe für die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vorzubringen oder aber Beweisanträge zu stellen. Insofern sei schon fraglich, ob überhaupt der erlassene Gerichtsbescheid auf diesem Verfahrensmangel beruhen könne. Denn sofern gegen einen Gerichtsbescheid als Rechtsmittel keine Berufung zulässig, sondern wegen fehlender Zulassung nur die Nichtzulassungsbeschwerde möglich sei, bestehe nur die eingeschränkte Möglichkeit der Überprüfung von Verfahrensmängeln. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde könnten keine behebbaren Mängel der Tatsachenfeststellung gerügt werden, da das SG sachnäher sei und der Antrag auf mündliche Verhandlung insoweit auch der richtigere Rechtsbehelf gewesen sei. Folglich sei bei der Rüge des rechtlichen Gehörs mündliche Verhandlung zu beantragen und nicht eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Da aufgrund der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung keine frist laufe, dürfte der Antrag auf mündliche Verhandlung auch noch möglich sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese haben vorgelegen und ihr Inhalt war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Die form- und – wegen unzutreffend erteilter Rechtsmittelbelehrung – fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft nach § 145 Abs. 1 Satz 1 SGG. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des SG, dem gem. § 105 Abs. 3 Halbs. 1 SGG ein Gerichtsbescheid gleichsteht, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt, sofern nicht die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. So verhält es sich hier. Die Zulässigkeit der Berufung scheitert daran, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht überschreitet. Denn es ist lediglich streitig, ob der Klägerin für die Monate März bis Juni 2012 darlehensweise weitere KdU i.H.v. monatlich 124,87 EUR (175 EUR abzgl. gewährter 50,13 EUR), mithin i.H.v. insgesamt 499,48 EUR, zu zahlen sind. Es sind auch keine Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen.
Eine Zulassung der Berufung ist durch das SG nicht erfolgt. Ein entsprechender Ausspruch im Tenor des Gerichtsbescheids oder in den Entscheidungsgründen findet sich nicht (zur Erforderlichkeit Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 144 Rn. 39). Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt, genügt allein nicht (vgl. Leitherer a.a.O., § 144 Rn. 40 m.w.N.).
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Berufung gegen den Gerichtsbescheid nicht zugelassen.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil, dem gem. § 105 Abs. 3 Halbs. 1 SGG der Gerichtsbescheid gleichsteht, von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn die Sache bisher nicht geklärte, aber klärungsbedürftige und fähige Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Leitherer a.a.O., § 144 Rn. 28). Solche Rechtsfragen sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Maßgeblicher Zeitpunkt ist derjenige, in dem das LSG über die Beschwerde entscheidet. Zu diesem Zeitpunkt können die Probleme der Deckelung von KdU auf die bis zum Umzug zu tragenden Kosten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II) als geklärt angesehen werden, wobei auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 84) verwiesen werden kann.
Auch der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor. Divergenz ist anzunehmen, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen, und kommt nur dann in Betracht, wenn das SG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Spruchkörper aufgestellt hat. Eine Divergenz in diesem Sinne zu Entscheidungen des LSG Sachsen-Anhalt und des BSG ist vorliegend weder vorgetragen noch erkennbar. Zwar kommt eine Divergenz auch dann in Betracht, wenn eine Entscheidung der höheren Instanz i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nach der anzugreifenden Entscheidung ergangen ist (vgl. Leitherer a.a.O., § 160 Rn. 12). Es genügt jedoch für eine Divergenz nicht, dass das SG lediglich falsch entschieden hat, weil es eine Rechtsfrage schlicht übersehen hat (vgl. Leitherer a.a.O., § 160 Rn. 14). Die Divergenz kann folglich nicht darauf gestützt werden, dass eine Deckelung der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach einem nicht erforderlichen Umzug auf die bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen nur dann zulässig ist, wenn zutreffend ermittelte Angemessenheitsgrenzen für die Unterkunfts- und Heizkosten bestanden (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 84). Denn diese Frage hat das SG nicht problematisiert.
Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG wegen eines Verfahrensmangels nicht vor. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Dabei bezieht sich der Mangel nicht auf den sachlichen Inhalt der Entscheidung, sondern auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg dorthin (vgl. dazu Leitherer a.a.O., § 144 Rn. 32). Die Klägerin rügt hier, dass sie nicht gem. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG vor Erlass des Gerichtsbescheids angehört wurde. Darin liegt zwar ein Verfahrensmangel, da die Regelung den Beteiligten die Möglichkeit geben soll, Gründe für die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vorzubringen oder Beweisanträge zu stellen (Leitherer a.a.O., § 105 Rn. 10a). Sie dient damit der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs. Hierauf kann allerdings eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Gerichtsbescheid nicht gestützt werden. Das dem Unterliegenden nach § 105 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGG eingeräumte Wahlrecht zwischen dem Antrag auf Zulassung der Berufung oder einer mündlichen Verhandlung reduziert sich bei der Rüge, das SG habe den Anspruch auf rechtliches Gehör versagt, auf den Antrag auf mündliche Verhandlung. Macht ein Kläger diesen ihm nach der Prozessordnung zur Verfügung stehenden Rechtsbehelf nicht geltend, ist er im Zulassungsverfahren mit seiner Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ausgeschlossen. Die Garantie des rechtlichen Gehörs ist nämlich nicht verletzt, wenn es ein Beteiligter versäumt, sich unter Einsatz der ihm nach der Prozessordnung zur Verfügung stehenden Mittel rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. Leitherer a.a.O., § 145 Rn. 3c; Hauck in Hennig, SGG, Stand April 2010, § 105 Rn. 94, jeweils m.w.N.). Andere Verfahrensfehler sind nicht gerügt.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
III.
PKH war für das Beschwerdeverfahren nicht zu bewilligen, da die Rechtsverfolgung nach den vorstehenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung).
IV.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum BSG angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
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