L 8 R 301/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 5990/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 301/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. März 2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Anpassung des monatlichen Höchstwerts des Rechts auf Altersrente zum Die Klägerin ist 1942 geboren worden. Sie hat ihr Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurückgelegt, wo sie n den Dienst der Zollverwaltung eingetreten war. Am wurde sie als Beamtin in die Zollverwaltung der Bundesrepublik Deutschland übernommen.

Auf ihren Antrag hin bewilligte ihr die Beklagte ab 1. September 2007 Regelaltersrente (Bescheid vom 23. Mai 2007). Den monatlichen Höchstbetrag des Rechts auf Rente errechnete sie aus einem Rangwert von 39,6362 Entgeltpunkten (Ost). Bei der Berechnung berücksichtigte sie Daten, welche die Bundesrepublik Deutschland als Versorgungsträger für die Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung der DDR nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz festgestellt hatte.

Mit ihrem Widerspruch gegen den Rentenbescheid, mit dem sie sich unter anderem gegen die Art der Überführung der Anwartschaften aus der Sonderversorgung und die Bewertung rentenrechtlicher Zeiten für Sachverhalte aus DDR-Zeiten gewandt hatte, ist die Klägerin erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2008).

Ohne Erfolg geblieben ist sie bezüglich einer Rente aus eigener Versicherung auch mit Rechtsbehelfen gegen die Entscheidung über die Rentenanpassung zum 1. Juli 2008 (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 18. November 2008; Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 22. März 2011 - S 17 R 7700/08 -; Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 14. Juni 2012 - L 17 R 448/11 -, Beschluss des BSG vom 19. November 2012 - B 5 R 305/12 B -).

Mit ihrem Widerspruch gegen die Entscheidung über die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 machte die Klägerin erneut geltend, dass sich - wie bereits in den Vorjahren - eine reale Kürzung ihrer Rente ergeben habe. Die Zusicherungen aus dem Einigungsvertrag, der Eigentumsschutz des Grundgesetzes und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts würden nicht beachtet. Durch Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Höhe der Rentenanpassung entspreche dem geltenden Recht.

Mit ihrer Klage, die in der Sache mit den Anträgen geführt wurde, die Beklagte zu verpflichten, unter Änderung des "Bescheides" zum 1. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2012 eine höhere Rente zu zahlen, sowie "die Beklagte zu verpflichten, die Rente nach den verbindlichen Vorgaben des Einigungsvertrages und des Grundgesetzes unter Berücksichtigung der gestiegenen Lohn- und Gehaltsentwicklung im Beitrittsgebiet zum 1. Juli 2012 anzupassen und den der Anpassung zu Grunde liegenden Rentenwert Ost an den Rentenwert West anzugleichen, wobei hierzu auch die Faktoren in der Rentenanpassungsformel zur Entwicklung der Bruttolöhne gemäß den Angaben des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2005 um 50,00 EUR, für das Jahr 2006 um 130,00 EUR und für das Jahr 2007 um 3,00 EUR bei der Bestimmung des Rentenwertes der Vorjahre zu erhöhen sind und die Anpassung nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (B 4 RA 120/00 R) mindestens in Höhe der Inflationsrate bzw. der Höhe der durchgeführten Anpassung bei der Beamtenversorgung vorzunehmen ist", verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze ihres Bevollmächtigten vom 29. April 2014 und 22. März 2015 Bezug genommen.

Durch Urteil vom 23. März 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Rente ab 1. Juli 2012 auf der Grundlage des ab dann geltenden aktuellen Rentenwerts zutreffend neu berechnet. Die Rentenanpassung zu diesem Datum verstoße nicht gegen die Verfassung, auch nicht, soweit die Rentenangleichung West und Ost noch nicht abgeschlossen sei (wird ausgeführt).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Anliegen unter Bezug auf ihre Ausführungen erster Instanz weiter. Sie beantragt der Sache nach,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. März 2015 aufzuheben und

1. den Bescheid der Beklagten zum 1. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2012 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine höhere Rente zu zahlen,

2. die Beklagte zu verpflichten, die Rente nach den verbindlichen Vorgaben des Einigungsvertrages und des Grundgesetzes unter Berücksichtigung der gestiegenen Lohn- und Gehaltsentwicklung im Beitrittsgebiet zum 1. Juli 2012 anzupassen und den der Anpassung zu Grunde liegenden Rentenwert Ost an den Rentenwert West anzugleichen, wobei hierzu auch die Faktoren in der Rentenanpassungsformel zur Entwicklung der Bruttolöhne gemäß den Angaben des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2005 um 50,00 EUR, für das Jahr 2006 um 130,00 EUR und für das Jahr 2007 um 3,00 EUR bei der Bestimmung des Rentenwertes der Vorjahre zu erhöhen sind und die Anpassung nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (B 4 RA 120/00 R) mindestens in Höhe der Inflationsrate bzw. der Höhe der durchgeführten Anpassung bei der Beamtenversorgung vorzunehmen ist,

3. hilfsweise das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob durch eine den Geldwert des Rechts auf Rente real kürzende Rentenanpassung seit 2000 und zum 1. Juli 2012 sowie durch mehrfach unterlassene Rentenangleichungen rechtsstaatliche Grundsätze verletzt worden seien und Verstöße unter anderem gegen die Art. 3, 14, 19 Abs. 1, 2 GG sowie gegen den Art. 20 GG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts und ihre Bescheide für zutreffend.

Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Senat bei seiner Entscheidung vor.

II.

Der Senat konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Er hält sie einstimmig für unbegründet. Eine mündliche Verhandlung sieht er nicht als erforderlich an, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht weiter aufklärungsbedürftig und die einfachgesetzliche Rechtslage eindeutig ist, weiter weil verfassungsrechtliche Gründe, die einer Sachentscheidung entgegenstehen könnten, nicht vorliegen.

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die den alleinigen Streitgegenstand bildende Entscheidung der Beklagten betreffend die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 rechtmäßig ist und die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten verletzt. Für die geltend gemachte Verpflichtung gibt es keine Rechtsgrundlage.

Nach der sogenannten Rentenformel berechnet sich der auf rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet beruhende anfängliche monatliche Höchstwert des Rechts auf Rente, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (§ 77 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) ermittelten persönlichen Entgeltpunkte Ost (§§ 66, 254d SGB VI), der Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und der aktuelle Rentenwert Ost (§ 255a SGB VI) mit ihrem Wert bei Rentenbeginn vervielfältigt werden (§§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI).

Die Entscheidung über die Rentenanpassung beschränkt sich darauf, gemäß den Vorgaben der §§ 65, 254c SGB VI den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente neu festzusetzen, indem der bisher angewendete aktuelle Rentenwert (Ost) durch den neu geltenden ersetzt wird.

Es ist zwischen den Beteiligen nicht streitig und steht nach eigener Prüfung auch für den Senat fest, dass die Beklagte diese Entscheidung auf der Grundlage des geltenden Rechts in Gestalt des § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli 2012 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2012 [RWBestV 2012] vom 21. Juni 2012, BGBl. I S. 1389) ordnungsgemäß getroffen und den ab dann geltenden aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 24,92 EUR der Rentenberechnung zugrunde gelegt hat.

Es steht nach eigener Prüfung durch den Senat weiter fest, dass der Verordnungsgeber die Vorgaben der Ermächtigungsgrundlagen (für den aktuellen Rentenwert [Ost] § 255b Abs. 1 i.V. mit §§ 68, 68a, 228b, 255e) bei der Festlegung des ab 1. Juli 2012 geltenden aktuellen Rentenwerts beachtet hat.

Rechtsgrundlagen des einfachen Rechts, die zum 1. Juli 2012 zu einer höheren Rentenanpassung führen könnten, gibt es nicht.

Eine Sachentscheidung war zu treffen und die Berufung zurückzuweisen. Die Gerichte sind von Verfassungs wegen an Recht und Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz [GG]). Sie müssen deshalb grundsätzlich auf der Grundlage des geltenden einfachen Gesetzesrechts - gegebenenfalls nach Auslegung mittels anerkannter Methoden der Rechtswissenschaft - entscheiden. Lediglich dann, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer anzuwendenden Rechtsvorschrift überzeugt ist, muss es das Verfahren aussetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen (Art. 100 Abs. 1 GG). Unter Berücksichtigung der bereits ergangenen Rechtsprechung des BSG und des BVerfG ergeben sich nicht einmal durchgreifende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen für die streitige Verwaltungsentscheidung (s. konkret zur Anpassung des aktuellen Rentenwertes Ost - auch - zum 1. Juli 2012 LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2013 - L 22 R 57/11 -, mit umfangreichen Nachweisen; zur Verfassungsmäßigkeit [auch] der Rentenanpassungen der Folgejahre jeweils ausführlich LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 2. September 2015 - L 8 R 405/14 - [betreffend 2013] und - wiederum konkret zur Anpassung des aktuellen Rentenwertes Ost - Sächsisches LSG, Urteile vom 6. Januar 2015 - L 5 R 970/13 - [betreffend 2014] und vom 5. Januar 2016 - L 5 R 160/15 - [betreffend 2015]; in allen genannten Verfahren ist die Revision nicht zugelassen worden). Umso weniger Grundlagen gibt es dafür, von der Verfassungswidrigkeit überzeugt zu sein. Auf die Ausführungen der Klägerin zu der aus ihrer Sicht bestehenden Verfassungsrechtslage muss deshalb nicht eingegangen werden, weil sie nicht entscheidungserheblich sind.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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