L 8 U 592/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 470/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 592/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17.12.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Unfall des Klägers am 02.02.2013 als Arbeitsunfall festzustellen ist.

Der 1971 geborene Kläger befand sich am Unfalltag auf der dem K -H W (KH. W.) gehörenden, baumbestandenen Wiese, um Äste einer Buche zu entfernen, die über das Dach der auf der Wiese stehenden Scheune gewachsen waren. KH. W. ist der Bruder des Schwiegervaters des Klägers. Aus gesundheitlichen Gründen war KH. W. seit mehreren Jahren nicht mehr in der Lage, das mit 25 Obstbäumen bewachsene Wiesengrundstück von ca. 0,5 ha zu bewirtschaften. Seinen Angaben zufolge sei das Mähen der Wiese sowie die notwendigen Baumschnittarbeiten sporadisch durch seinen Bruder G W (G. W.), dem Schwiegervater des Klägers, durchgeführt worden (vgl. Bericht des Technischen Aufsichtsdienstes – TAD – der Beklagten vom 20.11.2013, Bl. 56 ff der Beklagtenakte). Der Kläger hatte auf einer Leiter stehend mit einer ihm gehörenden Motorsäge in etwa 5-7 m Höhe mehrere Äste abgesägt, als er durch einen herunterfallenden abgesägten Ast durch Erschütterung der Leiter aus dem Gleichgewicht geriet und zu Boden stürzte (Bericht des TAD vom 20.11.2013). Hierbei zog er sich eine Clavicula-Fraktur links, eine Kopfplatzwunde, eine distale Radiusfraktur links und Risswunden am Ringfinger links zu (Durchgangsarztbericht von Dr. St. vom 02.02.2013, Bl. 179 der Beklagtenakte). Der Kläger wurde stationär in der B.-Klinik T. vom Unfalltag bis 20.02.2013 behandelt (Bericht der B.-Klinik T. vom 18.02.2013).

Nach Bekanntwerden des Unfalls trat die Beklagte in Ermittlungen ein. Im Telefonat am 06.03.2013 gab KH. W. an, er habe G. W. beauftragt, vor dem Mähen der Wiese das Altholz auf dem Grundstück zu beseitigen, sein Bruder habe dann die Hilfe seines Schwiegersohns in Anspruch genommen. Wofür das beseitigte Holz verwendet worden sei, könne er nicht sagen, eventuell zum Grillen (Gesprächsnotiz vom 06.03.2013, Bl. 152 der Beklagtenakte). Im übersandten Fragebogen gab KH W. unter dem 10.03.2013 an, der Kläger habe bereits schon früher in seinem landwirtschaftlichen Unternehmen ausgeholfen, im Jahr vor dem Unfall zuletzt in der Baumpflege mit 1 Stunde im Monat (Bl. 141 f der Beklagtenakte).

Mit Bescheid vom 18.03.2013 lehnte die Beklagte die Entschädigung des Unfalls ab, da es sich nicht um einen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall gehandelt habe. Der Kläger helfe dem Grundstückseigentümer einmal monatlich und nur bei erhöhtem Arbeitsaufwand aus. Die unfallbringende Tätigkeit erfolgte zudem nur ausnahmsweise, so dass sich die unfallbringende Tätigkeit im Rahmen einer Gefälligkeitsleistung bewegt habe.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, es sei von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis auszugehen. Es werde verkannt, dass die ausgeübte Tätigkeit über den Rahmen dessen hinausgeht, was in einem Gefälligkeitsverhältnis üblicherweise gegenseitig oder auch einseitig geleistet werde. Das Aussägen von Ästen in einer Höhe von etwa 3 m sei nicht vergleichbar mit anderen Tätigkeiten, die üblicherweise gefälligkeitshalber erbracht würden. Im Übrigen werde auf die Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 14.12.2007 – L 9 U 5/05 – verwiesen, wonach das Baumastaussägen in 2-3 m Höhe nicht als geringfügige Gefälligkeitsleistung anzusehen sei. Es bestehe unter Nachbarn auch Versicherungsschutz für arbeitnehmerähnliche Tätigkeit, wenn der Verunglückte in die Arbeitsorganisation seines Nachbarn eingegliedert gewesen sei und die Arbeit nach dessen konkreten Anweisungen ausgeführt habe. Dies liege auch hier vor.

Die Beklagte beauftragte den TAD mit weiteren Ermittlungen. Der Aufsichtsbeamte B. besichtigte das Grundstück am 19.11.2013 in Begleitung des Klägers und KH. W. Im Bericht vom 20.11.2013 führte der Aufsichtsbeamte aus, der ungepflegte Zustand der Obstbäume belege die Angaben, dass der Bewirtschaftung des Grundstücks seit längerem nicht mehr nachgekommen worden sei. Durch den Standort der Buche unmittelbar an der Scheunenwand seien die über Jahre hinweg gewachsenen Äste über das Dach des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes, bestehend aus Scheune/Schuppen und angebauten Verschlägen, gewachsen. Um Schäden am Dach bei Sturm oder Schneelast durch herunterbrechende Äste zu vermeiden, habe der KH. W. den Kläger um Hilfe gebeten. Im Rahmen einer Feierlichkeit sei das Thema vom Kläger, KH. W. und G. W. angesprochen worden. Der Kläger habe außerdem angegeben, eine Entgeltzahlung sei nicht vereinbart worden, schließlich sei man entfernt miteinander verwandt. Er sei Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in T. und habe vor etwa 15 Jahren einen Motorsägelehrgang besucht. Das Thema Motorsägearbeiten sei immer wieder aktuell bei der Freiwilligen Feuerwehr. KH. W. habe auf Nachfrage erläutert, dass die Scheune weitestgehend leer stehe. Früher sei Heu und Gras darin gelagert worden, was allerdings seit langem nicht mehr praktiziert werden. Jetzt stünde ein Tisch und ein paar Stühle in der Scheune, die man früher nach den Arbeiten zum Ausruhen verwendet habe, auch wenn am Wochenende im familiären Kreis gegrillt werde, würden die Sitzmöbel verwendet. Ansonsten würde ein alter Balkenmäher, ein paar Handsägen sowie Gartengeräte wie z.B. Rechen, Harke oder eine Heugabel im Schuppen gelagert. Außerdem sei noch in westlicher Richtung geringfügig Holz gelagert, das aus früheren Baumpflegearbeiten stamme und hauptsächlich zum Anfeuern der Grillstelle verwendet werde. Das Tor des Schuppens sei verschlossen gewesen, weshalb der Innenraum vom Aufsichtsbeamten nicht habe besichtigt werden können. Der Grundstückseigentümer habe erklärt, dass sein Bruder, G. W., den Schlüssel für das Tor habe, da dieser sich seit ca. drei Jahren notdürftig um das Grundstück kümmere (Bericht des TAD vom 20.11.2013).

Auf ergänzende Fragen der Beklagten hat der Kläger erklären lassen, am Unfalltag seien ausschließlich Baumschnittarbeiten beabsichtigt gewesen (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 20.12.2013, Bl. 48 der Beklagtenakte). Die freiwillige Feuerwehr T. erteilte unter dem 20.12.2013 die Auskunft (Bl. 47 der Beklagtenakte), dass der Kläger 1989 und 1995 Lehrgänge mit den Ausbildungseinheiten "Arbeiten mit der Motorsäge" durchlaufen habe. Im Rahmen von Feuerwehreinsätzen sei der Kläger in der Lage, alle an ihn gestellten Arbeiten mit der Motorsäge durchführen zu können.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen und der auch im Widerspruchsverfahren gemachten Angaben könne die im Unfallzeitpunkt durchgeführte Tätigkeit nicht der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens zugerechnet werden, da es sich dabei um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit bzw. um eine verwandtschaftliche Gefälligkeitsleistung gehandelt habe und diese nicht arbeitnehmerähnlich, sondern unternehmerähnlich leistet worden sei. Der Kläger sei nicht in den Betrieb eingegliedert und weisungsgebunden gewesen. Den Zeitpunkt der Arbeiten habe er selbstbestimmt. Die erforderlichen Arbeitsmittel wie Motorsäge und Schutzkleidung seien in seinem Eigentum gestanden und über die notwendige Sachkunde für Baumschnittarbeiten habe er aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Feuerwehr verfügt.

Der Kläger hat am 26.02.2014 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und im wesentlichen sein Vorbringen Widerspruchsverfahren wiederholt.

Mit Urteil vom 17.12.2014 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte das SG unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid aus, der Kläger habe eine nicht versicherte unternehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt, als es zu dem Unfall gekommen sei. Maßgeblich sei, dass der Kläger die Motorsäge selbst mitgebracht habe und er als einziger über die für den Umgang mit diesem Werkzeug notwendige Sachkunde verfügt habe. Dies schließe es aus, auch wenn der konkret abzusägende Ast im Vorfeld festgelegt worden sein sollte, noch von einer Tätigkeit nach Weisungen auszugehen.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 22.01.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.02.2015 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, es sei nicht relevant ob eine eigene Motorsäge mitgebracht worden sei bzw. ob ein entsprechender Arbeitnehmer für die Arbeiten hätte eingestellt werden müssen, entscheidend sei, dass er weisungsabhängig gehandelt habe. Der Grundstückseigentümer habe ihm genau gesagt, welche Äste zu entfernen seien. Ob ein konkreter Termin ausgemacht worden sei, sei ebenfalls nicht von Relevanz.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17.12.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 02.02.2013 als Arbeitsunfall festzustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf die als zutreffend erachteten Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG.

Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 04.04.2016 ist der Kläger angehört worden und hat Angaben zur Sache gemacht. Auf die Niederschrift vom 04.04.2016 wird verwiesen.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers und seines Bevollmächtigten im Termin entscheiden können, denn der ordnungsgemäß geladene Kläger war mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Absatz 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Klägerbevollmächtigte hat das Ausbleiben telefonisch am Terminstag auch angekündigt und sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt.

Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist zulässig (§ 151 SGG), jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 18.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des geltend gemachten Unfalls als Arbeitsunfall.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R).

Nach diesen Grundsätzen ist zur Überzeugung des Senats nicht festzustellen, dass die unfallbringende Verrichtung, das Absägen des Buchenastes, einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist.

Der Kläger hat bereits keinen Feststellungsanspruch gegen die Beklagte als hierfür zuständiger Versicherungsträger. Der Senat kann nicht feststellen, dass die vom Kläger ausgeübten Sägearbeiten eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SGB VII versicherte Unternehmung eines landwirtschaftlichen Unternehmens war bzw. einem solchem Unternehmen zuzuordnen ist.

Nach der Legaldefinition des § 123 Abs. 1 SGB VII gehören zu den landwirtschaftlichen Unternehmen die dort in Nr. 1-8 aufgezählten Unternehmen. Die in § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII angeführten Unternehmen der Landwirtschaft umfassen nach ständiger Rechtsprechung jede den Boden bewirtschaftende Tätigkeit von der Vorbereitung des Bodens und dessen Verbesserung über den Schutz und die Pflege der Pflanzen bei Aufzucht bis zur Ernte und der Veredelung des Produkts. Der bloße Besitz oder das Nutzungsrecht an landwirtschaftlichen Flächen ohne landwirtschaftliche Arbeiten auf den betreffenden Flächen reicht nicht aus und macht den Eigentümer, Pächter usw. noch nicht zum landwirtschaftlichen Unternehmer (BSG SozR 4-2700 § 182 Nr. 1; SozR 4-2700 § 123 Nr. 1). Auch ein nur geringer Aufwand bei der Bodenbewirtschaftung ist ausreichend, um ein landwirtschaftliches Unternehmen im Sinne des Gesetzes zu begründen. Ebenso wenig kommt es auf die Größe der landwirtschaftlichen Fläche an, es sei denn es treffen die Ausnahmeregelungen des § 123 Abs. 2 SGB VII (Haus- und Ziergärten oder andere Kleingärten, wenn sie nicht regelmäßig oder in erheblichem Umfang mit besonderen Arbeitskräften bewirtschaftet werden oder ihre Erzeugnisse nicht hauptsächlich dem eigenen Haushalt dienen) zu. Die Motivation für die landwirtschaftliche Betätigung ist unbeachtlich, die Tätigkeit muss weder gewerblich noch gewinnorientiert sein, auch eine Freizeitgestaltung, eine Betätigung aus Hobby oder Therapie erfüllt bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die Bedingungen eines landwirtschaftlichen Unternehmens (ständige Rechtsprechung, vgl. insgesamt Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 123 RdNr. 4 bis 4.4).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt der Senat dahinstehen, ob KH. W. zum Zeitpunkt des Unfalls überhaupt noch landwirtschaftlicher Unternehmer war, denn nach seinen eigenen Angaben hatte er aus gesundheitlichen Gründen vor dem Unfall des Klägers bereits seit drei Jahren die regelmäßige Bewirtschaftung des Wiesen- und Obstbaumgrundstückes aufgegeben. Da KH.W. nach Angaben des Klägers im Erörterungstermin am 04.04.2016 das Grundstück aus gesundheitlichen Gründen mittlerweile auch verkauft hat, hat es sich bereits zum Unfallzeitpunkt um eine endgültige und nicht nur vorübergehende Aufgabe der Bewirtschaftung gehandelt. Ob das von KH. W. veranlasste, gelegentlich durchgeführte Mähen der Wiese durch seinen Bruder noch als planmäßige Bodenbewirtschaftung gelten kann, ist nach Auffassung des Senats nicht entscheidungserheblich.

Jedenfalls diente das Absägen der Buchenäste durch den Kläger nicht dem landwirtschaftlichen Unternehmen des KH. W.

Die Buche ist kein Obstbaum, bei dem durch Baumschnitt die Förderung der Obsternte bezweckt wird. Es ist auch nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass die Äste entfernt wurden, um benachbarten Obstbäumen mehr Licht und Raum zu geben. Dies hat der Kläger im Erörterungstermin auch ausdrücklich für den in Richtung Wiese gewachsenen, von ihm abgesägten unfallverursachenden Ast verneint. Er hat auf Nachfrage des Gerichts erklärt, dass ausladende Äste des starken Astes auch über das Scheunendach geragt hätten und deshalb der ganze Ast – in Stammnähe, wie auf den dem Bericht vom 20.11.2013 beigefügten Fotos des TAD ersichtlich, – entfernt worden sei. Ebenso wenig wurde die Buche zum Zwecke der Baumpflege, etwa zur Formgebung oder zur Auslichtung von Astverzweigungen oder zum Entfernen alter Äste, ausgeastet. Eine auch im weiteren Sinne landwirtschaftliche Bodenbewirtschaftung fand insoweit nicht statt. Eine den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 2. HS SGB VII) ist in der einer Gebäudesicherung dienenden zielgerichteten Entfernung einzelner Äste eines einzelnen Baumes auf einem Wiesengrundstück mit Baumbestand nicht erkennbar.

Vielmehr sind am Unfalltag nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Grundstückseigentümers KH. W. nur die Sägearbeiten an der Buche mit Wegräumen des abgesägten Holzes durchgeführt worden, andere Arbeiten wurden nicht ausgeführt und waren auch nicht beabsichtigt. Die Verwendung der abgesägten Äste war zum Unfallzeitpunkt weder dem landwirtschaftlichen Unternehmer KH. W. noch dem Kläger und seinem Schwiegervater klar, voraussichtlich sollte es als Grillholz verwendet werden, wie KH. W bei seinem Telefonat am 06.03.2013 und zusammen mit dem Kläger gegenüber dem TAD am 19.11.2013 angegeben haben. Die Verwendung des Holzes zum Grillen bei Familientreffen auf dem Wiesengrundstück erfüllt aber privatnützige Zwecke und dient nicht dem landwirtschaftlichen Unternehmen.

Zwar ist nach den durchgehenden Angaben von KH. W. und des Klägers die Sägearbeit deshalb ausgeführt worden, um das Dach der alten Scheune vor herabfallenden Ästen der Buche zu sichern. Dies macht zur Überzeugung des Senats aber die Sägearbeit auch nicht zu einer zweckdienlichen Tätigkeit für das landwirtschaftliche Unternehmen. Der Senat konnte nicht feststellen, dass die Scheune noch wesentlich dem landwirtschaftlichen Unternehmen des KH. W. diente. Bei der Grundstücksbesichtigung durch den Aufsichtsbeamten des TAD am 19.11.2013 gab KH. W. an, die Scheune stehe weitgehend leer. Darin befänden sich nur noch ein Tisch und einige Stühle, die am Wochenende Verwendung fänden, wenn im familiären Kreis gegrillt werde. Der Kläger gab bei seiner Anhörung im Erörterungstermin an, außer Gartenstühlen seien noch sonstige Dinge, die man für Gartenfeste benötigt, dort gelagert. Damit wird die Scheune nicht mehr ihrer ursprünglichen Bestimmung gemäß zur Lagerung von Heu oder abgeerntetem Obst verwendet, sondern erfüllt, wenn überhaupt nur dem privaten Bereich zuzuordnende Zwecke. Zwar werden nach Angaben von KH. W. am 19.11.2013 darin auch ein alter Balkenmäher, handgeführte Baumsägen sowie Gartengeräte gelagert, was aber bei der Grundstücksbegehung vom TAD auch nicht durch Besichtigung der Scheune überprüft werden konnte, weil ein Schlüssel für das Scheunentor nicht vorhanden war. Eine nachgehende gerichtliche Überprüfung durch Augenscheineinnahme ist kein geeignetes Beweismittel, nachdem das Grundstück verkauft worden ist und damit nicht mehr die gleichen Verhältnisse wie zum Unfallzeitpunkt gegeben sind. Doch selbst dann, wenn alle diese Gerätschaften in dem Schuppen/der Scheune gelagert worden sein sollten, ist nicht ersichtlich, dass der Schuppen noch wesentlich dem landwirtschaftlichen Unternehmen dient. Baumpflegemaßnahmen wurden nicht mehr durchgeführt und waren wohl auch nicht mehr beabsichtigt. Die Aufbewahrung der Handsägen war unter objektiven Gesichtspunkten dem Unternehmen "Obstbaumwiese" nicht weiter nützlich. Daran ändert sich auch nichts, wenn auch eine Motorsäge, wie vom Kläger im Erörterungstermin behauptet, dort aufbewahrt worden wäre. Dass die Aufbewahrung von Gartengeräten und einem Balkenmäher einschließlich der, wie vom Kläger zuletzt behauptet, Leitern im Schuppen dem landwirtschaftlichen Unternehmen noch wesentlich dienten, nachdem die Wiese nur sporadisch und auch nicht regelmäßig gemäht wurde sowie Baumpflegearbeiten gar nicht mehr stattfanden, ist nicht erkennbar.

Die Annahme einer originär versicherten Tätigkeit des Klägers als – selbstständiger/eigenständiger – landwirtschaftlicher Unternehmer der Park- und Gartenpflege sowie Friedhöfe (§ 123 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII) scheitert schon daran, dass es sich bei dem Obstbaumwiesengrundstück nicht um einen fremden Park oder eine gärtnerische Anlage handelte. Das Grundstück dient zwar auch der Erholung der Familie des KH. W., ist aber nach Art und Gestaltung mit Parkflächen und mit gärtnerischen Anlagen ohne Fruchtziehung nicht vergleichbar.

Zur Beiladung eines anderen Sozialversicherungsträgers, dessen Verurteilung gem. § 75 Abs. 5 SGG in Betracht kommen könnte, sah sich der Senat nicht veranlasst. Ein Versicherungsfall liegt auch im Übrigen nicht vor.

Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 SGB VII für ein landwirtschaftliches Unternehmen scheidet bereits aus den genannten Gründen aus. In Ermangelung einer dem – unterstellt fortbestandenen – landwirtschaftlichen Unternehmen des KH. W zurechenbaren Tätigkeit ist die Annahme einer Eingliederung des Klägers in die landwirtschaftliche Betriebsorganisation des KH. W. bereits rechtlich ausgeschlossen, weshalb vom SG eine unternehmerähnliche Tätigkeit des Klägers zutreffend angenommen worden ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 14.12.2007 (L 9 U 5/05, veröffentlicht in juris), das ausdrücklich seine Auffassung, beim Ausasten eines Baumes in 2-3 m Höhe für den Nachbarn liege eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit vor, dahingehend eingeschränkt hatte, dass eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Nachbarn erfolgt ist. Dass darüber hinaus eine Eingliederung in ein - abstrakt vorstellbares - anderes Unternehmen vorlag, konnte der Senat auch nicht feststellen. Insoweit ergibt sich auch aus den vom SG genannten Gründen eine unternehmerische Tätigkeit. Ob eine fehlende Weisungsabhängigkeit wegen der besonderen Sachkunde im Umgang mit schwierigen Sägearbeiten bestand, wovon das SG ausgegangen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls lag keine Weisungsabhängigkeit vor, da ein Auftraggeber den Umfang des Auftrages auch bis ins Detail dem Unternehmen vorgeben kann. Weitere Hinweise auf eine Weisungsabhängigkeit als die, dass die abzusägenden Äste genau bezeichnet worden sind, sind vom Kläger, der Einsatztag und Einsatz der eigenen Mittel selbst bestimmen konnte, nicht vorgetragen.

Darüber hinaus wäre selbst dann, wenn zu Gunsten des Klägers eine arbeitnehmerähnliche Verrichtung bei einer weisungsabhängigen Tätigkeit grundsätzlich angenommen würde, eine versicherte arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII zu verneinen. Die unentgeltlich ausgeübte Tätigkeit ist nach der Feststellung des Senats eine ohne Rechtspflicht eingegangene Gefälligkeitsleistung gewesen, die wesentlich durch die bestehende Verwandtschaft/Schwägerschaft des Klägers mit G.W. geprägt war.

Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ("Wie Beschäftigter") erfordert eine ernstliche, dem anderen Unternehmen dienende Tätigkeit, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ihrer Art nach auch von Personen verrichtet werden kann, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen. Sie muss außerdem unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (so die ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. BSGE 5, 168, 174; 31, 275, 277; BSG SozR 2200 § 539 Nr. 119). Danach kann zwar auch ein Verwandter wie ein Versicherter tätig werden und unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 2 Abs. 2 SGB VII stehen. Sowohl § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als auch § 2 Abs. 2 SGB VII schließt den Versicherungsschutz wegen Verwandtschaft zum Unternehmer nicht aus. Dem Versicherungsschutz steht auch nicht schon generell entgegen, dass unter Verwandten/Freunden/Nachbarn die Bereitschaft zu Freundschafts- und Gefälligkeitsleistungen größer ist und deshalb die Tätigkeit, die sonst aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses oder jedenfalls gegen Entgelt verrichtet wird, als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst unentgeltlich erbracht wird (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1988 - 2 RU 81/87 - in HV-Info 1988, 1629-1632). Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII besteht jedoch nicht, wenn es sich um einen aufgrund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst handelt oder die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher, nicht rechtlicher Verpflichtungen anzusehen ist, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Verwandten, Freunden oder Nachbarn typisch, üblich und deshalb zu erwarten ist.

Wie bei allen Zurechnungsentscheidungen sind für die Beurteilung des Versicherungsschutzes alle Umstände des Einzelfalles und das sich daraus ergebende Gesamtbild in Betracht zu ziehen, wobei auch Umfang und Zeitdauer der verrichteten bzw. vorgesehenen Tätigkeit zu berücksichtigen sind (vgl. BSG Urteil vom 12.04.2005 B 2 U 5/04 R , juris). Auf den wirtschaftlichen Wert der Arbeit, die der vorübergehend Hilfeleistende verrichtet, kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob durch die helfende Tätigkeit dem unterstützten Unternehmen ein objektiver Nutzen erwachsen ist (BSGE 25,102). Ganz geringfügige (im Handumdrehen) verrichtete Tätigkeiten sind nicht arbeitnehmerähnlich und begründen keinen Versicherungsschutz (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 27.08.2014 L 5 U 35/07 , juris; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.04.2010 L 4 U 119/09 juris). Bei wesentlich durch Nachbarschaftshilfe geprägte Arbeiten werden die Tätigkeiten nicht allein durch ihre Gefährlichkeit und die Dauer zur versicherten arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit (vgl. LSG Schleswig-Holstein Urteil vom 16.09.2004 L 5 U 158/03 juris, Baumausästungsarbeiten).

Auf die Zeitdauer der Verrichtung kommt es somit allein nicht an (Bay. LSG, Urteil vom 28.05.2008 - L 2 U 28/08 -, juris). Vielmehr ist der Zeitdauer lediglich innerhalb des Gesamtbildes, vor allem bei Hilfeleistung unter Verwandten und bei Tätigkeiten im Rahmen von mitgliedschaftlichen, gesellschaftlichen oder körperschaftlichen Verpflichtungen, die ihr zukommende, nicht aber eine selbstständige entscheidende Bedeutung zuzumessen. Maßgebend sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 1992 - 2 RU 6/91 - in SozR 3 - 2200 § 539 RVO Nr. 15). Je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer ist der Rahmen, in dem bestimmte Verrichtungen hierdurch ihr Gepräge erhalten (BSG SozR 2200 § 539 Nr. 49).

Hiervon ausgehend ist auch zur Überzeugung des Senats nach den gesamten Umständen des Einzelfalles beim Kläger das Vorliegen eines Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 2 SGB VII selbst unter Zugrundelegung der eingangs unterstellten übrigen Voraussetzungen nicht erwiesen. Dies entnimmt der Senat den Angaben des Klägers, der am 19.11.2013 gegenüber dem TAD der Beklagten zur Erklärung, weshalb keine Entgeltzahlung vereinbart gewesen und auch nicht erfolgt sei, darauf verwiesen hatte, dass man ja schließlich entfernt miteinander verwandt sei. Er hat damit auf die über Schwägerschaft vermittelte Beziehung zum Grundstückseigentümer abgestellt. Darüber hinaus ist für den Senat aus dem übrigen Vorbringen des Klägers zu entnehmen, dass seine Handlungstendenz darauf ausgerichtet war, seinem Schwiegervater G. W. einen Gefallen zu erweisen. Bei der Anhörung des Klägers durch den Besuchsdienst am 07.02.2013 (Bericht vom 07.02.2013, Bl. 172 der Beklagtenakte) hatte er ausgesagt, er habe Arbeiten auf dem Grundstück des Schwiegervaters bzw. dessen Bruders, das wisse er nicht genau, ausgeübt. Aus den sonstigen Angaben des Klägers und von KH. W. ergibt sich, dass das Vorhaben bei einem Familientreffen auf dem Grundstück im Beisein der Brüder und des Klägers gemeinsam besprochen worden ist, was ebenfalls die Möglichkeit beinhaltet, dass eine eindeutige Zuordnung, in welchem Interesse der Kläger tätig werden soll, nicht gegeben war. Im Erörterungstermin am 04.04.2016 hat der Kläger unter spontaner Aufgabe einer unmittelbar zuvor abgegebenen Erläuterung, ihm sei unklar gewesen, ob die Scheune auf dem Grundstück von KH. W. oder schon auf einem benachbarten Grundstück des G. W. gestanden sei, passend zu seinem Vorbringen gegenüber dem Besuchsdienst ausgeführt, das Wiesengrundstück aus dem Erbe des Vaters seines Schwiegervaters sei von den beiden Brüdern immer gemeinsam genutzt worden. Die letzten drei Jahre vor dem Unfall habe wegen des Gesundheitszustandes des KH. W. sein Schwiegervater das Grundstück gepflegt. Das ist zur Überzeugung des Senats so zu verstehen, dass der Kläger jedenfalls vornehmlich seinen Schwiegervater entlasten wollte, der unter der Voraussetzung, dass die Sicherung der Scheune durch Eigenleistung erfolgen sollte, nach der bisherigen Handhabung vorrangig in Betracht gekommen wäre. Nach Aussage des Klägers wäre dies dem Schwiegervater wohl auch grundsätzlich möglich gewesen, denn, wie im Erörterungstermin von ihm ungefragt dargelegt, hätten sowohl sein Schwiegervater als auch KH. W. einen "Sägeschein" gehabt, womit die Bescheinigung gemeint ist, die u.a. auch von den staatlichen Forstämtern für die Teilnahme an einem Einführungskurs zur Handhabung von Motorsägen erteilt wird, was neben sonstigen Nutzungen auch zwingend für die Berechtigung ist, sogenannte Holzlose zur Eigenverarbeitung von Brennholz ersteigern zu dürfen. Dass der Kläger den lebensälteren Schwiegervater aufgrund seiner Erfahrung im Umgang mit Motorsägen auch in schwierigen Situationen, wie dies bei Ein¬sätzen der Feuerwehr häufig auftreten kann, gefälligkeitshalber von den Sägearbeiten zur Sicherung des Scheunendachs freistellen wollte, steht deshalb zur richterlichen Überzeugung fest. Aus der besonderen Situation, nämlich dass der Kläger seine spezielle Erfahrung und seine Risikobereitschaft einbringen konnte, um den Schwiegervater von Arbeiten auf einem von der gesamten Familie, damit einschließlich des Klägers, genutzten Grundstück zu entlasten, ergibt die Gesamtwürdigung eine durch die Schwägerschaft geprägte reine Gefälligkeitsleistung. Dass die Arbeiten mit einer Motorsäge auf der Leiter in einer Höhe von bis zu 5 m besonders risikobehaftet waren, ist entgegen der Auffassung des Klägers allein kein Umstand, der gegen eine reine Gefälligkeitsleistung spricht. Vielmehr ist vorliegend dies im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung gerade ein Gesichtspunkt, der für eine Gefälligkeitsleistung spricht, wenn ein Verwandter ansonsten die risikobehaftete Arbeit selbst erbringen würde und deshalb unter Ausnutzung der als geeigneteren angesehenen eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten entlastet werden soll.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved