Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 1072/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1529/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 31.03.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem mittlerweile in Berlin lebenden Kläger ein Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses für eine angegebene, in Konstanz gegründete selbständige Tätigkeit zusteht.
Der 1964 geborene Kläger wohnte in der S. und war dort bis 04.12.2012 abhängig beschäftigt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15). Nach Bezug von schweizerischem Arbeitslosengeld verzog er am 28.06.2013 nach Konstanz (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15), wo er sich am 01.07.2013 bei der Beklagten persönlich arbeitslos meldete und die Gewährung von Alg beantragte (Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15). Die Beklagte bewilligte dem Kläger unter Berücksichtigung einer Zwischentätigkeit und einer Sperrzeit von drei Wochen (vgl. Vergleich vom 02.10.2013 im Verfahren S 2 AL 2304113 ER, vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15) Arbeitslosengeld (Alg) vom 01.07.2013 bis 14.07.2013 und 04.09.2013 bis 10.12.2013 (dazu vgl. das Klageverfahren S 2 AL 2825/13 und das anschließende Berufungsverfahren L 8 AL 2675/15 mit Beschluss vom 30.10.2015).
Am 09.05.2014 meldete sich der Kläger dann zum 08.05.2014 erneut bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15). Mit Bescheid vom 20.05.2014 lehnte die Beklagte durch die Agentur für Arbeit Berlin Mitte die Gewährung von Alg ab (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15); der am 01.07.2013 erworbene Anspruch sei erschöpft und seither kein neuer Anspruch auf Alg entstanden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15).
Der Kläger sprach am 31.10.2013 bei der Beklagten vor und teilte seine Absicht mit, sich als Monteur/Tischler selbständig zu machen (Blatt 1 der Beklagtenakte). Der Kläger wurde informiert, dass ein Gründungszuschuss nicht gewährt werden könne, da kein Anspruch auf Alg für mindestens 150 Tage mehr bestehe. Er gab an, dagegen Klage erheben zu wollen (dazu vgl. das Klageverfahren S 2 AL 2825/13 und das anschließende Berufungsverfahren L 8 AL 2675/15 mit Beschluss vom 30.10.2015).
Am 19.11.2013 verlangte der Kläger bei der Beklagten einen erneuten Termin zur Besprechung des Gründungszuschusses (Blatt 2 der Beklagtenakte). Am 02.12.2013 informierte sich der Kläger erneut über die Gewährung eines Gründungszuschusses (Blatt 4/5 der Beklagtenakte). Auch bei diesem Gespräch wurde der Kläger auf den mangelnden Restanspruch auf Alg hingewiesen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24.03.2014 (Blatt 9/10 der Beklagtenakte) den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab. Der Kläger habe eine selbständige Tätigkeit bisher nicht aufgenommen, so dass ein Gründungszuschuss nicht gewährt werden könne.
Dagegen erhob der Kläger mit am 26.03.2014 beim Sozialgericht (SG) Konstanz eingegangenem Schreiben (Blatt 13 der Beklagtenakte) Widerspruch und führte aus, dass sich die Beklagte fünf Monate Zeit genommen habe. Dies sei nach dem Arbeitsrecht und dem Grundrecht unzulässig. Außerdem würden Länderabkommen für Wanderarbeiter und internationale Arbeitsrecht nicht eingehalten. Es werde auch Strafanzeige - auch wegen unterlassener Hilfeleistung - gestellt. Alles sei an den Internationalen Strafgerichtshof weiterzuleiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2014 (Blatt 18/20 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe bisher keine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Somit könne er keinen Gründungszuschuss erhalten.
Am 04.04.2014 hat der Kläger dagegen beim SG Klage erhoben, die das SG mit Gerichtsbescheid vom 31.03.2015 abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten vom 24.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2014 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung eines Gründungszuschusses. Die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit sei bisher vom Kläger nicht nachgewiesen.
Gegen den ihm am 02.04.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 08.04.2015 beim SG Berlin Berufung eingelegt (Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 17.04.2015). Der Kläger hat u.a. sinngemäß ausgeführt, dass er seinen stillgelegten Betrieb am 01.10.2015 bei der Handwerkskammer K. mit der Betriebsnummer 48855 reaktiviert habe. Gleichzeitig habe er sich bei der Schreiner Innung R. eintragen lassen, ebenso bei der Industrie und Handelskammer. Ein handfestes, bewährtes Konzept habe ebenfalls vorgelegen. Nach 17 Jahren der Selbständigkeit, davon mehrere Jahre im Ausland, mache er keine Fehler mehr. Die Regelung eines Restanspruchs an Alg über 150 Tage sei rechtlich nicht verankert und somit nicht zulässig. Er habe sehr wohl Anspruch auf Alg. Nur hielten sich die Behörden nicht an Länderabkommen und grenzübergreifende Abkommen. Die Selbständigkeit habe er nur deshalb nicht aufnehmen können, da gesetzlich zugesicherte, durch Länderabkommen unterzeichnete Verträge nicht eingehalten worden seien. Zu dieser Zeit sei er noch nicht krank gewesen und habe keine Beschwerden gehabt. Nun sei er es, durch schwerste Vergiftungsattacken und auch noch durch ein kaputtes Hüftgelenk und einen Haarriss im unteren Wirbel. Mit Frau M. vom Jobcenter B. S. Z. sei die zuständige Behörde immer aktuell informiert gewesen. Da es für ihn in seiner jetzigen Situation nicht einfach sei überhaupt wieder in Arbeit zu kommen, erlaube er sich als Handwerksmeister seinen reaktivierten Betrieb weiterhin aufrecht zu erhalten, auch wenn komplett alle Betriebsmittel fehlten. Er habe mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt, gegebenenfalls als Freiberufler oder durch die Auszahlung seiner gesetzlich zustehenden Gelder.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 31.03.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2014 zu verurteilen, ihm einen Gründungszuschuss zu gewähren hilfsweise über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Kläger habe keine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Selbst wenn er formell einen stillgelegten Betrieb reaktiviert haben wolle, fehlten ihm nach eigenen Angaben "komplett alle Betriebsmittel". Zudem habe er vorgetragen, krank zu sein. Auch bei tatsächlicher Aufnahme der Tätigkeit hätte sich jedoch kein Anspruch auf Gründungszuschuss ergeben. Es mangele bereits an der Voraussetzung, dass bei Aufnahme der Tätigkeit noch ein Restanspruch auf Alg von mindestens 150 Tage vorhanden sein müsse. Der Kläger habe einen Anspruch in diesem Umfang nie erworben. Bei seiner erstmaligen Antragstellung sei ihm ein Anspruch auf 132 Tage zuerkannt worden. Der Alg-Anspruch sei seit 11.12.2013 erschöpft.
Der Kläger hat sich weiter mit Schreiben vom 20.07.2015 (Blatt 32/38 der Senatsakte) und 26.07.2015 (Blatt 39/45 der Senatsakte) geäußert. Die Reaktivierung seines stillgelegten Betriebes sei bei der Handwerkskammer K. am 01.10.2013 erfolgt. Der Namen seines Unternehmens laute F.-Design und sei ehemalig bei der AGJ K. Lutherplatz 6, in 78462 K., danach Radolfzellerstr. 30 in K.-W. ansässig gewesen. Nach dieser Zeit sei er im Hotel Post in der Bahnhofstr. 1 in CH-K. gemeldet gewesen. Im Moment sei er in Berlin gemeldet dies sei nun auch die Unternehmensadresse. Da er Tischlermeister sei, versuche er mit über fünfzig Jahren einen Fuß auf den Boden zu bekommen und zweigleisig zu fahren, ob im Angestelltenverhältnis, freiberuflich oder als selbständiges Unternehmen. Daher habe er den Montagebetrieb gegründet bzw. reaktiviert. Da ihm alle finanziellen Mittel, wie Abfindungen, Steuererstattungen, Kfw-Gelder, Fördergelder, die ihm als deutschem Staatsbürger gesetzlich zugestanden hätten, von allen Behörden und Ämtern vorenthalten worden seien, habe er den Betrieb ohne Betriebsmittel eröffnet. Er habe zwei Auftraggeber gehabt. Einen Auftrag bei Frau und Herr S. aus K., wo er Küchen und Wohnzimmerschränke komplett wieder aufgefrischt habe (Einnahmen inkl. MwSt. rund 1200,- EUR) habe er gehabt und im Januar 2014 einen bei der Fa. B. in CH-K., für zwei Tage als Materialausfahrer und Monteur nach B. (Vorschuss 300,00 CHFr). Alle Rechnungen und Belege habe er beim Finanzamt mit Steuererklärung und nachträglicher Veranlagung abgegeben. Original Schreiben habe er nicht mehr in Berlin. Werkzeug habe er bei der wenigen Auftragslage nicht benötigt bzw. sei vom Kunden gestellt worden. Da alle Fördergelder verweigert worden seien, habe er auch kein Werkzeug kaufen können. Seine Krankheit beruhe auf der wenigen, schleppenden, unregelmäßigen oder gar nicht ausbezahlten Sozialhilfe bzw. Harz IV-Leistung und von Alg in Deutschland und der S ... Daher habe er mit schwerem Gepäck sehr viel zu Fuß gehen müssen. Nun habe er einen Haarriss im unteren Wirbel und die Hüftgelenke sind so stark abgenutzt, das er nun Dauerschmerzen habe. Weiterhin habe er bei der Fa. K. Badezimmer Möbel, in B. S., als Freiberufler oder Selbständiger anfangen zu arbeiten. Angestellte habe er nie gehabt.
Vom Senat befragt hat die Handwerkskammer K. mit Schreiben vom 26.10.2015, Korrektur vom 29.10.2015 (Blatt 47, 49/50 der Senatsakte) mitgeteilt, der Kläger habe am 15.10.2013 in der Radolfzeller Str. 30 in 78467 K. sein Gewerbe angemeldet. Er sei zum 01.10.2013 mit dem handwerksähnlichen Gewerbe "Einbau genormter Baufertigteile" bei der Handwerkskammer Konstanz eingetragen worden. Nachdem der Kläger unter der angegebenen Adresse nicht mehr erreichbar gewesen sei, sei das Gewerbe durch die Stadt K. von Amts wegen abgemeldet worden (17.02.2014). Die Handwerkskammer habe ihm daraufhin die Löschung seiner Eintragung mitgeteilt, wogegen er am 24.04.2015 Widerspruch eingelegt habe mit der Begründung, dass er seinen Betriebssitz künftig am Lutherplatz 6 in K. habe. Nach Auskunft der Stadt K. war dort jedoch eine gewerbliche Niederlassung nicht zulässig - es habe sich um hierbei eine Fachberatungsstelle für wohnungslose Menschen, gehandelt - worauf die Löschung bei der Handwerkskammer mit Schreiben vom 14.05.2015 vollzogen worden sei, da keine Gewerbeanmeldung mehr bestanden habe. Ob das Gewerbe in K. tatsächlich ausgeübt wurde sei nicht bekannt.
Zuletzt hat sich der Kläger mit Schreiben vom 08.06.2016 und 18.06.2016 (Blatt 55, 58 der Senatsakte) geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers im Termin entscheiden können, denn der ordnungsgemäß geladene Kläger war mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auf seine Ankündigung, zum Termin nicht erscheinen zu können (Schreiben vom 08.06.2016), ist ihm mit Verfügung des Vorsitzenden vom 15.06.2016 ein rechtlicher Hinweis zur Fahrtkostenerstattung erteilt worden.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der Senat war zur Entscheidung über den Rechtsstreit zuständig, auch wenn der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Ausland (hier: Schweiz) gewohnt hatte bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort hatte, weshalb eine Verweisung des Rechtsstreits an das SG Berlin nicht in Betracht kommt. Denn das LSG ist nach § 29 Abs. 1 SGG i.V.m. § 1 AGSGG BW zur Entscheidung über Berufungen gegen die Urteile der baden-württembergischen SG berufen. Dabei prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig und die örtliche Zuständigkeit gegeben ist (§ 98 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 SGG). Im Übrigen war das SG Konstanz zur Entscheidung auch örtlich zuständig, nachdem der Kläger bei ausländischem Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthaltsort sein Wahlrecht nach § 369 SGB III dadurch ausgeübt hat, dass er beim SG Konstanz Klage erhoben und somit nicht die Zuständigkeit des SG Nürnberg gewählt hat.
Der Kläger hat jedoch weder einen Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses noch auf Neubescheidung seines Antrages auf Gründungszuschuss durch die Beklagte. Der Bescheid der Beklagten vom 24.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 93 Abs. 1 SGB III in der seit 01.04.2012 geltenden und somit hier anzuwendenden Fassung können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Ein Gründungszuschuss kann gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer (1.) bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, (2.) der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und (3.) ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Ein Fall des § 93 Abs. 4 SGB III liegt nicht vor, da die frühere, vor September 2010 ausgeübte Selbständigkeit (dazu vgl. Beschluss vom 30.10.2015, L 8 Al 2675/15) nicht von der Beklagten gefördert wurde und auch nicht innerhalb des 24-Monatszeitraums liegt.
Vorliegend hatte der Kläger zum Zeitpunkt der angegebenen (Wieder-)Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Jahr 2013 keinen (Rest-)Anspruch auf Alg über mindestens 150 Tage. Er hatte am 01.07.2013 – mithin vor Anmeldung des Gewerbes am 115.10.2013 - lediglich einen Alg-Anspruch über 132 Kalendertage erworben (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775). Dass dem Kläger aus der S. exportierbare Alg-Ansprüche zugestanden hätten, ist nicht ersichtlich (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775). Auch war der Kläger – bevor er sich am 28.06.2013 in K. meldete – weder echter noch unechter Grenzgänger (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775). Er war bis zur Wiedereinreise vielmehr mit dauerhaftem Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort in der S. verblieben (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775); so hat er selbst angegeben, sich zum Zweck des Bezugs von Sozialhilfe aus der Bundesrepublik Deutschland abmelden gemusst zu haben (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775). Der Kläger war vor seiner Wiedereinreise im Juni 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ohne sozialen Bezug/Kontakt nach Deutschland oder der Gemeinde B. gewesen und nicht mindestens einmal pro Woche in das Bundesgebiet eingereist (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775). Damit hatte der Kläger ab dem 01.07.2013 – mithin vor Anmeldung des Gewerbes am 15.10.2013 - lediglich Anspruch auf Alg im Umfang von 132 Kalendertagen, die er durch Leistungsbezug bis 10.12.2013 verbraucht hatte. Damit hat der Kläger die Voraussetzung des § 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nicht erfüllt.
Auch hat der Kläger nicht i.S.d. § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachgewiesen durch Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle i.S.d. § 93 Abs. 2 Satz 2 SGB III.
Darüber hinaus konnte der Senat die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nicht feststellen. Zwar hat der Kläger ein Gewerbe bei der Stadt Konstanz angemeldet und war vorübergehend bei der Handwerkskammer in die Handwerksrolle eingetragen gewesen, doch genügt dies alleine nicht. Gegen die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit spricht, dass der Kläger über keinerlei Werkzeug zur Ausübung von Schreinertätigkeiten, in deren Bereich er sich selbständig machen wollte, verfügte und auch heute noch nicht verfügt. Er ist nicht werbend am Markt aufgetreten und konnte Aufträge als selbständiger Schreiner nicht darlegen. Soweit er angegeben hat, bei Fa. B. in CH-K. für zwei Tage als Materialausfahrer und Monteur nach B. tätig gewesen zu sein, handelt es sich nicht um die selbständige Tätigkeit als Schreiner, auf die sich der Antrag auf Gründungszuschuss bezogen hatte. Der Gründungszuschuss ist immer bezogen auf eine konkrete selbständige Tätigkeit, nicht allgemein auf irgendeine Selbständigkeit, wie sich daraus ergibt, dass nach § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachzuweisen ist, was nur im Hinblick auf eine konkrete selbständige Tätigkeit möglich ist. Soweit der Kläger daher eine Tätigkeit selbständig ausgeübt haben sollte, die sich nicht auf die von ihm zur Existenzgründung angegebene Schreinertätigkeit bezieht, ist das für die Gewährung des Gründungszuschusses ohne Belang. Auch soweit der Kläger einen Auftrag bei Familie S. aus K. angegeben hat, wo er Küchen und Wohnzimmerschränke aufgefrischt haben soll, ist dies nicht der Beweis einer selbständigen Tätigkeit. Denn ohne Werkzeug – der Kläger hat angegeben, dieses sei vom Auftraggeber gestellt worden – konnte er den Auftrag rechtlich betrachtet wohl lediglich als abhängig Beschäftigter – ggf. als geringfügig oder kurzzeitig abhängig Beschäftigter (vgl. § 8 SGB IV) – ausüben. Damit ergibt sich auch aus diesem Auftrag kein Hinweis auf die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Denn der Kläger hatte – mangels Werkzeug, Werkstatt und eigenen Mitarbeitern - außer seiner Arbeitskraft keinerlei Unternehmenskapital bzw. Unternehmerleistungen eingesetzt und trug damit kein Unternehmerrisiko; er war auch am Markt nicht aufgetreten (zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Fahrern ohne Fahrzeug vgl. zuletzt z.B. LSG Baden-Württemberg 20.10.2015 – L 11 R 3898/14 – juris RdNr. 24 ff.). Für die fehlende Aufnahme der selbständigen Tätigkeit spricht auch der spontane und schnelle Umzug des Klägers nach B., der sich mit Werkstatt, Werkzeug, Kundenstamm und Werbung am Markt nicht so einfach hätte bewältigen lassen.
Im Übrigen erscheint auch zweifelhaft, ob eine fachkundige Stellungnahme i.S.d. § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III, hätte sie vorgelegen, auch dann noch Wirkung entfalten könnte, als der Sitz der selbständigen Tätigkeit von K. nach B. verlegt worden ist bzw. die Bewilligung eines Gründungszuschusses auch den Umzug des selbständigen Unternehmens erlaubt. Denn die fachkundige Stellungnahme kann die Tragfähigkeit der Existenzgründung lediglich im Hinblick auf den konkreten Bezug zu einem Ort, mithin mit einem konkreten räumlichen Bezug zu einem Wettbewerbsumfeld beurteilen;: mag die selbständige Tätigkeit zwar an einem Ort tragfähig sein, so kann dieselbe selbständige Tätigkeit im Hinblick auf eine andere (schlechtere) Markt- und Wettbewerbssituation an einem anderen Ort durchaus wenig Aussicht auf Erfolg haben und damit nicht tragfähig sein. Mithin kann auch der Anspruch auf Gründungszuschuss im Hinblick auf das mit der Gewährung verfolgte Ziel der Sicherung der Existenzgrundlage des Selbständigen während der Dauer der Gründungsphase einer an sich tragfähigen, also die Existenzgrundlage des Unternehmers sichernden Tätigkeit, auch lediglich bezogen auf eine konkrete Selbständigkeit an einem konkreten Ort beurteilt werden. Das räumliche und markt- bzw. wettbewerbsbezogene Umfeld ist vorliegend Konstanz, wie vom Kläger bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids der Beklagten angegeben; dieses hat er aber nach der angegebenen (Wieder-)Aufnahme der selbständigen Tätigkeit spätestens im Juni 2014, wie der Beklagten bekannt wurde (vgl. ihre Mitteilung vom 04.06.2014 an das SG, Bl. 12 SG-Akte), verlassen. Ob die in K. geplante Selbständigkeit aber in Berlin tragfähig sein würde, konnte die Beklagte zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung – vorliegend im Widerspruchsbescheid – nicht beurteilen.
Nachdem der Senat aber die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in diesem räumlichen und markt- wettbewerbsbezogenen Umfeld (Konstanz) nicht feststellen konnte und der Kläger dieses Umfeld Richtung B. auch verlassen hatte, auch ein (Rest-)Anspruch auf Alg über mindestens 150 Tage und eine fachkundige Stellungnahme über die Tragfähigkeit der Existenzgründung nicht vorliegt, mithin die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 93 Abs. 2 SGB III nicht erfüllt sind, kommt vorliegend weder ein Anspruch auf Gründungszuschuss noch auf pflichtgemäße Ausübung des nach § 93 Abs. 1 SGB III eingeräumten Ermessens in Betracht.
Etwas anderes konnte der Senat entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht dem supranationalen Sozial- bzw. Arbeitsrecht, den Verträgen mit der S., Ö. oder L., dem EU-Recht oder dem internationalen Arbeitsrecht, entnehmen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem mittlerweile in Berlin lebenden Kläger ein Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses für eine angegebene, in Konstanz gegründete selbständige Tätigkeit zusteht.
Der 1964 geborene Kläger wohnte in der S. und war dort bis 04.12.2012 abhängig beschäftigt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15). Nach Bezug von schweizerischem Arbeitslosengeld verzog er am 28.06.2013 nach Konstanz (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15), wo er sich am 01.07.2013 bei der Beklagten persönlich arbeitslos meldete und die Gewährung von Alg beantragte (Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15). Die Beklagte bewilligte dem Kläger unter Berücksichtigung einer Zwischentätigkeit und einer Sperrzeit von drei Wochen (vgl. Vergleich vom 02.10.2013 im Verfahren S 2 AL 2304113 ER, vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15) Arbeitslosengeld (Alg) vom 01.07.2013 bis 14.07.2013 und 04.09.2013 bis 10.12.2013 (dazu vgl. das Klageverfahren S 2 AL 2825/13 und das anschließende Berufungsverfahren L 8 AL 2675/15 mit Beschluss vom 30.10.2015).
Am 09.05.2014 meldete sich der Kläger dann zum 08.05.2014 erneut bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15). Mit Bescheid vom 20.05.2014 lehnte die Beklagte durch die Agentur für Arbeit Berlin Mitte die Gewährung von Alg ab (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15); der am 01.07.2013 erworbene Anspruch sei erschöpft und seither kein neuer Anspruch auf Alg entstanden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.10.2015, L 8 Al 2676/15 und L 8 AL 2675/15).
Der Kläger sprach am 31.10.2013 bei der Beklagten vor und teilte seine Absicht mit, sich als Monteur/Tischler selbständig zu machen (Blatt 1 der Beklagtenakte). Der Kläger wurde informiert, dass ein Gründungszuschuss nicht gewährt werden könne, da kein Anspruch auf Alg für mindestens 150 Tage mehr bestehe. Er gab an, dagegen Klage erheben zu wollen (dazu vgl. das Klageverfahren S 2 AL 2825/13 und das anschließende Berufungsverfahren L 8 AL 2675/15 mit Beschluss vom 30.10.2015).
Am 19.11.2013 verlangte der Kläger bei der Beklagten einen erneuten Termin zur Besprechung des Gründungszuschusses (Blatt 2 der Beklagtenakte). Am 02.12.2013 informierte sich der Kläger erneut über die Gewährung eines Gründungszuschusses (Blatt 4/5 der Beklagtenakte). Auch bei diesem Gespräch wurde der Kläger auf den mangelnden Restanspruch auf Alg hingewiesen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24.03.2014 (Blatt 9/10 der Beklagtenakte) den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab. Der Kläger habe eine selbständige Tätigkeit bisher nicht aufgenommen, so dass ein Gründungszuschuss nicht gewährt werden könne.
Dagegen erhob der Kläger mit am 26.03.2014 beim Sozialgericht (SG) Konstanz eingegangenem Schreiben (Blatt 13 der Beklagtenakte) Widerspruch und führte aus, dass sich die Beklagte fünf Monate Zeit genommen habe. Dies sei nach dem Arbeitsrecht und dem Grundrecht unzulässig. Außerdem würden Länderabkommen für Wanderarbeiter und internationale Arbeitsrecht nicht eingehalten. Es werde auch Strafanzeige - auch wegen unterlassener Hilfeleistung - gestellt. Alles sei an den Internationalen Strafgerichtshof weiterzuleiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2014 (Blatt 18/20 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe bisher keine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Somit könne er keinen Gründungszuschuss erhalten.
Am 04.04.2014 hat der Kläger dagegen beim SG Klage erhoben, die das SG mit Gerichtsbescheid vom 31.03.2015 abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten vom 24.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2014 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung eines Gründungszuschusses. Die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit sei bisher vom Kläger nicht nachgewiesen.
Gegen den ihm am 02.04.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 08.04.2015 beim SG Berlin Berufung eingelegt (Eingang beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg am 17.04.2015). Der Kläger hat u.a. sinngemäß ausgeführt, dass er seinen stillgelegten Betrieb am 01.10.2015 bei der Handwerkskammer K. mit der Betriebsnummer 48855 reaktiviert habe. Gleichzeitig habe er sich bei der Schreiner Innung R. eintragen lassen, ebenso bei der Industrie und Handelskammer. Ein handfestes, bewährtes Konzept habe ebenfalls vorgelegen. Nach 17 Jahren der Selbständigkeit, davon mehrere Jahre im Ausland, mache er keine Fehler mehr. Die Regelung eines Restanspruchs an Alg über 150 Tage sei rechtlich nicht verankert und somit nicht zulässig. Er habe sehr wohl Anspruch auf Alg. Nur hielten sich die Behörden nicht an Länderabkommen und grenzübergreifende Abkommen. Die Selbständigkeit habe er nur deshalb nicht aufnehmen können, da gesetzlich zugesicherte, durch Länderabkommen unterzeichnete Verträge nicht eingehalten worden seien. Zu dieser Zeit sei er noch nicht krank gewesen und habe keine Beschwerden gehabt. Nun sei er es, durch schwerste Vergiftungsattacken und auch noch durch ein kaputtes Hüftgelenk und einen Haarriss im unteren Wirbel. Mit Frau M. vom Jobcenter B. S. Z. sei die zuständige Behörde immer aktuell informiert gewesen. Da es für ihn in seiner jetzigen Situation nicht einfach sei überhaupt wieder in Arbeit zu kommen, erlaube er sich als Handwerksmeister seinen reaktivierten Betrieb weiterhin aufrecht zu erhalten, auch wenn komplett alle Betriebsmittel fehlten. Er habe mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt, gegebenenfalls als Freiberufler oder durch die Auszahlung seiner gesetzlich zustehenden Gelder.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 31.03.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2014 zu verurteilen, ihm einen Gründungszuschuss zu gewähren hilfsweise über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Kläger habe keine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Selbst wenn er formell einen stillgelegten Betrieb reaktiviert haben wolle, fehlten ihm nach eigenen Angaben "komplett alle Betriebsmittel". Zudem habe er vorgetragen, krank zu sein. Auch bei tatsächlicher Aufnahme der Tätigkeit hätte sich jedoch kein Anspruch auf Gründungszuschuss ergeben. Es mangele bereits an der Voraussetzung, dass bei Aufnahme der Tätigkeit noch ein Restanspruch auf Alg von mindestens 150 Tage vorhanden sein müsse. Der Kläger habe einen Anspruch in diesem Umfang nie erworben. Bei seiner erstmaligen Antragstellung sei ihm ein Anspruch auf 132 Tage zuerkannt worden. Der Alg-Anspruch sei seit 11.12.2013 erschöpft.
Der Kläger hat sich weiter mit Schreiben vom 20.07.2015 (Blatt 32/38 der Senatsakte) und 26.07.2015 (Blatt 39/45 der Senatsakte) geäußert. Die Reaktivierung seines stillgelegten Betriebes sei bei der Handwerkskammer K. am 01.10.2013 erfolgt. Der Namen seines Unternehmens laute F.-Design und sei ehemalig bei der AGJ K. Lutherplatz 6, in 78462 K., danach Radolfzellerstr. 30 in K.-W. ansässig gewesen. Nach dieser Zeit sei er im Hotel Post in der Bahnhofstr. 1 in CH-K. gemeldet gewesen. Im Moment sei er in Berlin gemeldet dies sei nun auch die Unternehmensadresse. Da er Tischlermeister sei, versuche er mit über fünfzig Jahren einen Fuß auf den Boden zu bekommen und zweigleisig zu fahren, ob im Angestelltenverhältnis, freiberuflich oder als selbständiges Unternehmen. Daher habe er den Montagebetrieb gegründet bzw. reaktiviert. Da ihm alle finanziellen Mittel, wie Abfindungen, Steuererstattungen, Kfw-Gelder, Fördergelder, die ihm als deutschem Staatsbürger gesetzlich zugestanden hätten, von allen Behörden und Ämtern vorenthalten worden seien, habe er den Betrieb ohne Betriebsmittel eröffnet. Er habe zwei Auftraggeber gehabt. Einen Auftrag bei Frau und Herr S. aus K., wo er Küchen und Wohnzimmerschränke komplett wieder aufgefrischt habe (Einnahmen inkl. MwSt. rund 1200,- EUR) habe er gehabt und im Januar 2014 einen bei der Fa. B. in CH-K., für zwei Tage als Materialausfahrer und Monteur nach B. (Vorschuss 300,00 CHFr). Alle Rechnungen und Belege habe er beim Finanzamt mit Steuererklärung und nachträglicher Veranlagung abgegeben. Original Schreiben habe er nicht mehr in Berlin. Werkzeug habe er bei der wenigen Auftragslage nicht benötigt bzw. sei vom Kunden gestellt worden. Da alle Fördergelder verweigert worden seien, habe er auch kein Werkzeug kaufen können. Seine Krankheit beruhe auf der wenigen, schleppenden, unregelmäßigen oder gar nicht ausbezahlten Sozialhilfe bzw. Harz IV-Leistung und von Alg in Deutschland und der S ... Daher habe er mit schwerem Gepäck sehr viel zu Fuß gehen müssen. Nun habe er einen Haarriss im unteren Wirbel und die Hüftgelenke sind so stark abgenutzt, das er nun Dauerschmerzen habe. Weiterhin habe er bei der Fa. K. Badezimmer Möbel, in B. S., als Freiberufler oder Selbständiger anfangen zu arbeiten. Angestellte habe er nie gehabt.
Vom Senat befragt hat die Handwerkskammer K. mit Schreiben vom 26.10.2015, Korrektur vom 29.10.2015 (Blatt 47, 49/50 der Senatsakte) mitgeteilt, der Kläger habe am 15.10.2013 in der Radolfzeller Str. 30 in 78467 K. sein Gewerbe angemeldet. Er sei zum 01.10.2013 mit dem handwerksähnlichen Gewerbe "Einbau genormter Baufertigteile" bei der Handwerkskammer Konstanz eingetragen worden. Nachdem der Kläger unter der angegebenen Adresse nicht mehr erreichbar gewesen sei, sei das Gewerbe durch die Stadt K. von Amts wegen abgemeldet worden (17.02.2014). Die Handwerkskammer habe ihm daraufhin die Löschung seiner Eintragung mitgeteilt, wogegen er am 24.04.2015 Widerspruch eingelegt habe mit der Begründung, dass er seinen Betriebssitz künftig am Lutherplatz 6 in K. habe. Nach Auskunft der Stadt K. war dort jedoch eine gewerbliche Niederlassung nicht zulässig - es habe sich um hierbei eine Fachberatungsstelle für wohnungslose Menschen, gehandelt - worauf die Löschung bei der Handwerkskammer mit Schreiben vom 14.05.2015 vollzogen worden sei, da keine Gewerbeanmeldung mehr bestanden habe. Ob das Gewerbe in K. tatsächlich ausgeübt wurde sei nicht bekannt.
Zuletzt hat sich der Kläger mit Schreiben vom 08.06.2016 und 18.06.2016 (Blatt 55, 58 der Senatsakte) geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers im Termin entscheiden können, denn der ordnungsgemäß geladene Kläger war mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auf seine Ankündigung, zum Termin nicht erscheinen zu können (Schreiben vom 08.06.2016), ist ihm mit Verfügung des Vorsitzenden vom 15.06.2016 ein rechtlicher Hinweis zur Fahrtkostenerstattung erteilt worden.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der Senat war zur Entscheidung über den Rechtsstreit zuständig, auch wenn der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Ausland (hier: Schweiz) gewohnt hatte bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort hatte, weshalb eine Verweisung des Rechtsstreits an das SG Berlin nicht in Betracht kommt. Denn das LSG ist nach § 29 Abs. 1 SGG i.V.m. § 1 AGSGG BW zur Entscheidung über Berufungen gegen die Urteile der baden-württembergischen SG berufen. Dabei prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig und die örtliche Zuständigkeit gegeben ist (§ 98 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 SGG). Im Übrigen war das SG Konstanz zur Entscheidung auch örtlich zuständig, nachdem der Kläger bei ausländischem Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthaltsort sein Wahlrecht nach § 369 SGB III dadurch ausgeübt hat, dass er beim SG Konstanz Klage erhoben und somit nicht die Zuständigkeit des SG Nürnberg gewählt hat.
Der Kläger hat jedoch weder einen Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses noch auf Neubescheidung seines Antrages auf Gründungszuschuss durch die Beklagte. Der Bescheid der Beklagten vom 24.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 93 Abs. 1 SGB III in der seit 01.04.2012 geltenden und somit hier anzuwendenden Fassung können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Ein Gründungszuschuss kann gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB III geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer (1.) bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, (2.) der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und (3.) ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Ein Fall des § 93 Abs. 4 SGB III liegt nicht vor, da die frühere, vor September 2010 ausgeübte Selbständigkeit (dazu vgl. Beschluss vom 30.10.2015, L 8 Al 2675/15) nicht von der Beklagten gefördert wurde und auch nicht innerhalb des 24-Monatszeitraums liegt.
Vorliegend hatte der Kläger zum Zeitpunkt der angegebenen (Wieder-)Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Jahr 2013 keinen (Rest-)Anspruch auf Alg über mindestens 150 Tage. Er hatte am 01.07.2013 – mithin vor Anmeldung des Gewerbes am 115.10.2013 - lediglich einen Alg-Anspruch über 132 Kalendertage erworben (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775). Dass dem Kläger aus der S. exportierbare Alg-Ansprüche zugestanden hätten, ist nicht ersichtlich (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775). Auch war der Kläger – bevor er sich am 28.06.2013 in K. meldete – weder echter noch unechter Grenzgänger (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775). Er war bis zur Wiedereinreise vielmehr mit dauerhaftem Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort in der S. verblieben (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775); so hat er selbst angegeben, sich zum Zweck des Bezugs von Sozialhilfe aus der Bundesrepublik Deutschland abmelden gemusst zu haben (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775). Der Kläger war vor seiner Wiedereinreise im Juni 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ohne sozialen Bezug/Kontakt nach Deutschland oder der Gemeinde B. gewesen und nicht mindestens einmal pro Woche in das Bundesgebiet eingereist (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 30.10.2015 im Verfahren L 8 Al 26775). Damit hatte der Kläger ab dem 01.07.2013 – mithin vor Anmeldung des Gewerbes am 15.10.2013 - lediglich Anspruch auf Alg im Umfang von 132 Kalendertagen, die er durch Leistungsbezug bis 10.12.2013 verbraucht hatte. Damit hat der Kläger die Voraussetzung des § 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nicht erfüllt.
Auch hat der Kläger nicht i.S.d. § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachgewiesen durch Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle i.S.d. § 93 Abs. 2 Satz 2 SGB III.
Darüber hinaus konnte der Senat die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nicht feststellen. Zwar hat der Kläger ein Gewerbe bei der Stadt Konstanz angemeldet und war vorübergehend bei der Handwerkskammer in die Handwerksrolle eingetragen gewesen, doch genügt dies alleine nicht. Gegen die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit spricht, dass der Kläger über keinerlei Werkzeug zur Ausübung von Schreinertätigkeiten, in deren Bereich er sich selbständig machen wollte, verfügte und auch heute noch nicht verfügt. Er ist nicht werbend am Markt aufgetreten und konnte Aufträge als selbständiger Schreiner nicht darlegen. Soweit er angegeben hat, bei Fa. B. in CH-K. für zwei Tage als Materialausfahrer und Monteur nach B. tätig gewesen zu sein, handelt es sich nicht um die selbständige Tätigkeit als Schreiner, auf die sich der Antrag auf Gründungszuschuss bezogen hatte. Der Gründungszuschuss ist immer bezogen auf eine konkrete selbständige Tätigkeit, nicht allgemein auf irgendeine Selbständigkeit, wie sich daraus ergibt, dass nach § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachzuweisen ist, was nur im Hinblick auf eine konkrete selbständige Tätigkeit möglich ist. Soweit der Kläger daher eine Tätigkeit selbständig ausgeübt haben sollte, die sich nicht auf die von ihm zur Existenzgründung angegebene Schreinertätigkeit bezieht, ist das für die Gewährung des Gründungszuschusses ohne Belang. Auch soweit der Kläger einen Auftrag bei Familie S. aus K. angegeben hat, wo er Küchen und Wohnzimmerschränke aufgefrischt haben soll, ist dies nicht der Beweis einer selbständigen Tätigkeit. Denn ohne Werkzeug – der Kläger hat angegeben, dieses sei vom Auftraggeber gestellt worden – konnte er den Auftrag rechtlich betrachtet wohl lediglich als abhängig Beschäftigter – ggf. als geringfügig oder kurzzeitig abhängig Beschäftigter (vgl. § 8 SGB IV) – ausüben. Damit ergibt sich auch aus diesem Auftrag kein Hinweis auf die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Denn der Kläger hatte – mangels Werkzeug, Werkstatt und eigenen Mitarbeitern - außer seiner Arbeitskraft keinerlei Unternehmenskapital bzw. Unternehmerleistungen eingesetzt und trug damit kein Unternehmerrisiko; er war auch am Markt nicht aufgetreten (zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Fahrern ohne Fahrzeug vgl. zuletzt z.B. LSG Baden-Württemberg 20.10.2015 – L 11 R 3898/14 – juris RdNr. 24 ff.). Für die fehlende Aufnahme der selbständigen Tätigkeit spricht auch der spontane und schnelle Umzug des Klägers nach B., der sich mit Werkstatt, Werkzeug, Kundenstamm und Werbung am Markt nicht so einfach hätte bewältigen lassen.
Im Übrigen erscheint auch zweifelhaft, ob eine fachkundige Stellungnahme i.S.d. § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III, hätte sie vorgelegen, auch dann noch Wirkung entfalten könnte, als der Sitz der selbständigen Tätigkeit von K. nach B. verlegt worden ist bzw. die Bewilligung eines Gründungszuschusses auch den Umzug des selbständigen Unternehmens erlaubt. Denn die fachkundige Stellungnahme kann die Tragfähigkeit der Existenzgründung lediglich im Hinblick auf den konkreten Bezug zu einem Ort, mithin mit einem konkreten räumlichen Bezug zu einem Wettbewerbsumfeld beurteilen;: mag die selbständige Tätigkeit zwar an einem Ort tragfähig sein, so kann dieselbe selbständige Tätigkeit im Hinblick auf eine andere (schlechtere) Markt- und Wettbewerbssituation an einem anderen Ort durchaus wenig Aussicht auf Erfolg haben und damit nicht tragfähig sein. Mithin kann auch der Anspruch auf Gründungszuschuss im Hinblick auf das mit der Gewährung verfolgte Ziel der Sicherung der Existenzgrundlage des Selbständigen während der Dauer der Gründungsphase einer an sich tragfähigen, also die Existenzgrundlage des Unternehmers sichernden Tätigkeit, auch lediglich bezogen auf eine konkrete Selbständigkeit an einem konkreten Ort beurteilt werden. Das räumliche und markt- bzw. wettbewerbsbezogene Umfeld ist vorliegend Konstanz, wie vom Kläger bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids der Beklagten angegeben; dieses hat er aber nach der angegebenen (Wieder-)Aufnahme der selbständigen Tätigkeit spätestens im Juni 2014, wie der Beklagten bekannt wurde (vgl. ihre Mitteilung vom 04.06.2014 an das SG, Bl. 12 SG-Akte), verlassen. Ob die in K. geplante Selbständigkeit aber in Berlin tragfähig sein würde, konnte die Beklagte zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung – vorliegend im Widerspruchsbescheid – nicht beurteilen.
Nachdem der Senat aber die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in diesem räumlichen und markt- wettbewerbsbezogenen Umfeld (Konstanz) nicht feststellen konnte und der Kläger dieses Umfeld Richtung B. auch verlassen hatte, auch ein (Rest-)Anspruch auf Alg über mindestens 150 Tage und eine fachkundige Stellungnahme über die Tragfähigkeit der Existenzgründung nicht vorliegt, mithin die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 93 Abs. 2 SGB III nicht erfüllt sind, kommt vorliegend weder ein Anspruch auf Gründungszuschuss noch auf pflichtgemäße Ausübung des nach § 93 Abs. 1 SGB III eingeräumten Ermessens in Betracht.
Etwas anderes konnte der Senat entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht dem supranationalen Sozial- bzw. Arbeitsrecht, den Verträgen mit der S., Ö. oder L., dem EU-Recht oder dem internationalen Arbeitsrecht, entnehmen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht
Rechtskraft
Aus
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